Eine Berufskrankheit ist eine Krankheit, die durch die berufliche (versicherte) Tätigkeit verursacht worden ist und nach dem geltenden Recht auch formal als Berufskrankheit anerkannt ist.
Die Anerkennung als Berufskrankheit ist in § 9 SGB VII in einem Mischsystem geregelt, bestehend aus
- den in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) enumerativ aufgelisteten Krankheiten (Verordnung aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII) und
- den aufgrund der Öffnungsklausel im Einzelfall wie Berufskrankheiten zu behandelnden Krankheiten, wenn sie nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Berufskrankheitenliste erfüllen (§ 9 Abs. 2 SGB VII).
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer unter den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII auslösenden Tätigkeit erleiden.
In der Rechtsverordnung können solche Krankheiten als Berufskrankheiten festgelegt werden, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dabei kann bestimmt werden, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind; denn bestimmte Krankheiten treten nur in bestimmten Gefährdungsbereichen überhäufig auf, z.B. Infektionskrankheiten bei Beschäftigten in Krankenhäusern. Darüber hinaus kann die Rechtsverordnung bestimmen, dass Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Mit diesem Listenvorbehalt hat der Verordnungsgeber insgesamt 9 Berufskrankheiten versehen. Dieser Vorbehalt bedeutet, dass dem von einer Berufskrankheit Betroffenen diese Tätigkeiten untersagt sind.
Gemäß § 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), welche aufgrund der Ermächtigung in § 9 SGB VII erlassen worden ist, sind die Berufskrankheiten in Anlage 1 zu dieser Verordnung aufgeführt. Sie sind dort nach sechs Gruppen unterschiedlicher Ursachen zusammengefasst. Darunter sind Krankheiten genannt, die zu einer Sehbeeinträchtigung oder Erblindung führen können.
Unter Nr. 1 sind durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten aufgeführt, darunter 1306 Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol) und 1313 Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon.
Unter Nr. 2 sind durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten aufgeführt, darunter 2401 Grauer Star durch Wärmestrahlung.
Unter Nr. 3 sind durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten aufgeführt.
Unter Nr. 6 sind Krankheiten sonstiger Ursache aufgeführt. Hier wird bisher als einziges genannt: 6101 Augenzittern der Bergleute.
Unfallversicherungsschutz besteht aber nicht nur bei Krankheiten, die in der Anlage 1 Berufskrankheiten-Verordnung genannt sind (Listenkrankheiten). § 9 Abs. 2 enthält eine Öffnungsklausel, wonach eine Krankheit, die nicht in der Berufskrankheitenliste der Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist, „wie eine Berufskrankheit" anzuerkennen ist und Leistungen zu gewähren sind, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Berufskrankheit nach Absatz 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind. Weil die BKV und die darin enthaltene Berufskrankheitenliste nicht kontinuierlich und nahtlos angepasst werden können, sollen die Regelungen des § 9 Abs. 2 SGB VII im Sinne einer eingeschränkten Generalklausel als Korrektiv dienen (Haufe Onlinekommentar RZ. 62 zu § 9 SGB VII).
Als Beispiel wird in Haufe Onlinekommentar RZ. 67 zu § 9 SGB VII genannt: ein grauer Star, der bei einem Schweißer aber nicht durch Wärmestrahlung (Berufskrankheit nach Nr. 2401 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung), sondern durch UV-Licht hervorgerufen wurde.
Abgelehnt wurde die Anerkennung als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII im Fall einer Netzhautablösung und der Entwicklung eines sekundären Glaukoms infolge der Lese- und Bildschirmarbeit eines Steuerberaters (LSG Niedersachsen, Urteil v. 14.04.1998, L 6 U 354/97).