Vorübergehende Sehstörungen sind nicht zu berücksichtigen. Diese Einschränkung ist in allen Landesblindengeldgesetzen und in § 72 Abs. 5 SGB XII enthalten.
Unter "vorübergehend" ist ein Zeitraum von bis zu 6 Monaten zu verstehen. So ausdrücklich Art. 1 Abs. 2 S. 4 BayBlG, § 1 Abs. 2 S. 2 des Blinden- und Gehörlosengeldgesetzes für Sachsen-Anhalt.
Der Zeitraum von 6 Monaten entspricht auch den Regelungen im sozialen Entschädigungsrecht und im SGB IX. Danach gilt als vorübergehend ein Zeitraum von bis zu 6 Monaten. Vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX. Dieser lautet:
"(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist."
Blindheit oder hochgradige Sehbehinderung, die nur 6 Monate oder weniger anhält (z. B. behebbare Netzhautablösung, Netzhautblutung bei Diabetikern, erfolgreiche Staroperation kurz nach Reduktion des Sehvermögens auf 1/50 bzw. 1/20), ist somit nicht zu berücksichtigen.
Das Erfordernis, dass die Blindheit bzw. die gleichzuachtenden Beeinträchtigungen des Sehvermögens mindestens sechs Monate dauern müssen, bedeutet nicht, dass der Anspruch erst nach sechs Monaten entsteht. Vielmehr muss bei der Beurteilung, ob Blindheit im Sinn des Gesetzes vorliegt, eine entsprechende Prognose gestellt werden. Steht fest, dass die Sehschädigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sechs Monate dauern wird, ist Blindheit oder hochgradige Sehschädigung von Anfang an anzunehmen.