Die vorstehenden Ausführungen zur Zweckbestimmung des Blindengeldes sind auch im Kontext zu sehen mit soziokulturellen Gegebenheiten, auf die die Blindheit des jeweils Betroffenen Einfluss hat, indem sie sich auf Bedarfslagen intensivierend auswirkt. Die durch die Blindheit hervorgerufenen Nachteile müssen deshalb berücksichtigt werden. Der Nachteilsausgleich war, wie sich aus der Entwicklung der Blindengeldgesetze ergibt, Motiv für alle Gesetzgeber; denn stets wurde auf die besondere Situation blinder Menschen hingewiesen. Diese bringt aber nicht nur Mehrausgaben, wie sie oben dargestellt worden sind, sondern auch sich aus der sozialen Konstellation ergebende Nachteile mit sich. Lassen sich schon die entstehenden Mehraufwendungen konkret auch wegen der unterschiedlichen Lebenssituationen kaum beziffern, so ist das für Nachteile erst recht nicht möglich.

Deshalb ist auch insoweit nur ein pauschalierter Ausgleich praktikabel. Solche Nachteile ergeben sich vor allem im beruflichen, familiären oder partnerschaftlichen Bereich. Das Blindengeld stellt in diesem Zusammenhang allerdings keine Entschädigung für immaterielle Schäden dar. Es hat also keine Schmerzensgeldfunktion. Vielmehr soll der blinde Mensch die Mittel in die Hand bekommen, um die für den Ausgleich der sich aus seiner Situation ergebenden Nachteile ausgleichen zu können.

Eine Benachteiligung für viele, vor allem jüngere Blinde, ergibt sich schon daraus, dass sie nicht verheiratet sind oder in einer Partnerschaft leben. In einer Statistik des bayerischen Blindenbundes von 1979 wird angegeben, dass 50,3% alleine und nur 49,7 % in einer Familie oder Partnerschaft leben. Der durch die Blindheit verursachte Wartungs- und Betreuungsaufwand (siehe oben) wird bei Blinden, die in einer Familie oder Partnerschaft leben, in der Regel von den Familienangehörigen (Eltern, Kinder oder Ehegatten) oder Partnern geleistet. So erfreulich das ist, resultieren daraus oft erhebliche wirtschaftliche Nachteile, weil die Betreuungspersonen deshalb häufig nicht oder nur eingeschränkt berufstätig sein können. Auch dem Ausgleich dieses Nachteils dient das Blindengeld; denn es soll die Pflege- und Betreuungsbereitschaft fördern. Allein lebende Blinde müssen für ihre Wartung und Betreuung Hilfskräfte heranziehen, wodurch Mehraufwendungen entstehen (siehe oben).

Wenn durch das Blindengeld blindheitsbedingte Mehraufwendungen und blindheitsbedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen, dann hat das zusammenfassend gesagt den Zweck, den Betroffenen die Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen und diese Eingliederung sicherzustellen. Dieser Zweck wird besonders dadurch deutlich, dass in den Landesblindengeldgesetzen die Leistung nicht von Einkommens- und Vermögensgrenzen abhängig gemacht wird. Einkommens- und Vermögensgrenzen würden nämlich dazu führen, dass Blinde oder hochgradig Sehbehinderte, deren Einkommen oder Vermögen über diesen Grenzen liegt, gegenüber Sehenden, die sich in wirtschaftlich gleicher Situation befinden, erheblich benachteiligt würden, wenn sie die blindheitsbedingten finanziellen Belastungen vollkommen selbst tragen müssten. Sie würden in ihrer gesellschaftlichen Entfaltungsmöglichkeit erheblich benachteiligt. Dieser Nachteil fiele besonders ins Gewicht, wenn sich der Blinde seine wirtschaftliche Position trotz des vorhandenen Handikaps durch berufliche Leistungen erworben hat. Das Blindengeld hat nämlich auch die Teilfunktion, den Blinden, der anspruchsberechtigt ist, berufsmäßig wettbewerbsfähig gegenüber den Sehenden zu halten. Der Eingliederungs- und Rehabilitationsgedanke stand bei der Entwicklung der Landesblindengeldgesetze von Anfang an weit vor einem Versorgungsdenken.

Zur Zweckbestimmung des Blindengeldes vgl. auch Urteil des BVerwG vom 04.11.1976, V C 7.76, FEVS 25 S. 1 und OVG Lüneburg, Urteil vom 21.01,1970 - IV A 104/68 = FEVS 17, 256 sowie BVerwGE 32 § 89, 91 f. Wie das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung feststellt, dient die Blindenhilfe als Mittel, laufende blindheitsspezifische, auch immaterielle Bedürfnisse des Blinden zu befriedigen. Dem Blinden sollen Möglichkeiten offen stehen, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln soziale und gesellschaftliche Kontakte zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen; ebenso zu einem Landesblindengeld: BSG, Urteil vom 05.12.2001 - B 7/1 SF 1/00 R).

Abschließend bleibt noch die Frage der Abgrenzung der Zweckbestimmung.

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