Eltern behinderter Kinder können die ihnen infolge der Behinderung eines Kindes entstehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG geltend machen. § 33 Abs. 1 EStG lautet:
"(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird."
"Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG)."
Die Höhe der bei der Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG vom Steuerpflichtigen zu tragende zumutbare Belastung hängt vom Familienstand und der Höhe der Einkünfte ab und beträgt zwischen 1 und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.
Eltern können beantragen, dass der Pauschbetrag, der einem behinderten Kind für die in § 33b Abs. 1 EStG genannten Aufwendungen zusteht, auf sie übertragen wird.
Nach § 33b Abs. 1 EStG können behinderte Menschen "wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag)". In diesem Fall müssen die Aufwendungen anders als bei den außergewöhnlichen Belastungen im Sinn von § 33 EStG nicht nachgewiesen werden und die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bleibt unberücksichtigt.
Pauschbeträge dienen der Verfahrenserleichterung: Das Finanzamt kann sich eine aufwendige Prüfung, der Steuerpflichtige den Nachweis und Begründung für die notwendigen Ausgaben ersparen.
Wenn ein Kind behindert und der Grad der Behinderung auf mindestens 50 festgestellt ist (§ 33b Abs. 2 Nr. 1), kann der wegen dieser Behinderung zustehende Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 5 EStG auf Antrag auf die Eltern übertragen werden, wenn das Kind ihn nicht selbst in Anspruch nimmt und die Eltern für das Kind Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG erhalten. Zum Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag vgl. Abschnitt 7.2 mit Unterpunkten. Aus § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG ergibt sich, dass ein Kind ohne altersmäßige Beschränkung zu berücksichtigen ist, wenn es "wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist." Dazu, wann das anzunehmen ist, vgl. die Ausführungen in Abschnitt 7.
Der Pauschbetrag ist grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich. Lohn- und Gehaltsempfänger können den Pauschbetrag in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen; der Freibetrag wird dann bei der Lohnauszahlung berücksichtigt. Stattdessen ist aber auch die Geltendmachung beim Lohnsteuerjahresausgleich oder bei der Einkommensteuerveranlagung möglich. Die Behinderung des Kindes ist durch den Schwerbehindertenausweis oder eine Bescheinigung der nach § 69 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörde nachzuweisen (§ 65 EStGDV).
Die Höhe des Pauschbetrages ist § 33b Abs. 3 EStG zu entnehmen. Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem Grad der Behinderung. Je stärker das Kind beeinträchtigt ist, desto höher ist der Betrag. Für Hilflose im Sinn von § 33b Abs. 6 EStG (Merkzeichen "H" im Schwerbehindertenausweis) und Blinde (Merkzeichen Bl im Schwerbehindertenausweis) beträgt er 3.700,00 Euro. Hilflos im Sinn von § 33b Abs. 6 EStG ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Wenn der Pauschbetrag nach § 33b EStG in Anspruch genommen wird, besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 EStG.
Andere Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen können daneben unter den Voraussetzungen von § 33 EStG geltend gemacht werden. Voraussetzung dafür ist somit, dass die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, welche nicht mit dem Behindertenpauschbetrag abgedeckt werden, höher sind als die nach § 33 EStG zumutbaren Belastungen.
Solche außergewöhnliche Belastungen sind z.B. die infolge einer Krankheit entstehenden Kosten. Die Notwendigkeit dieser Kosten muss gem. § 64 EStDV durch die dort genannten Unterlagen, z.B. ärztliche Verordnung oder medizinische Gutachten, nachgewiesen werden.
Unter folgenden Voraussetzungen können als außergewöhnliche Belastungen neben dem Schwerbehindertenpauschbetrag auch Fahrtkosten mit einem KFZ als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden: Wenn bei dem Kind ein GdB von mindestens 80 vorliegt, können Fahrtkosten für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten in angemessenem Rahmen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Das gleiche gilt bei behinderten Menschen, bei denen der GdB mindestens 70 beträgt und bei denen darüber hinaus eine Geh- und Stehbehinderung festgestellt ist. Als Nachweis gilt insoweit das Merkzeichen "G" im Schwerbehindertenausweis. Als angemessen betrachten die Finanzbehörden im Allgemeinen einen Aufwand von Privatfahrten von insgesamt 3.000 km jährlich.
Da ein Kilometersatz von 30 Cent zugrunde gelegt wird, ergibt sich ein steuerlich berücksichtigungsfähiger Aufwand von 900 Euro im Jahr. Wenn ein Fahrtenbuch oder Aufzeichnungen für Fahrten mit dem behinderten Kind geführt wird, können auch die Kosten für mehr als 3.000 km geltend gemacht werden, soweit die Fahrten angemessen und "behinderungsbedingt" sind. Als behinderungsbedingt gelten in jedem Fall solche Fahrten, die der behinderte Mensch unbedingt machen muss, z.B. Fahrten zur Schule, zur Werkstatt für behinderte Menschen, zum Arzt, zu Therapiemaßnahmen oder zu Behörden.
Ist das Kind außergewöhnlich gehbehindert (Merkzeichen "aG"), blind (Merkzeichen "Bl") oder hilflos (Merkzeichen "H"), können sämtliche durch ein Fahrtenbuch oder Aufzeichnungen belegte Kosten für Fahrten mit dem Kind, z.B. Urlaubs-, Freizeit- oder Besuchsfahrten im angemessenen Rahmen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Zugrunde gelegt wird auch hier eine Pauschale von 30 Cent pro km. Als angemessen werden in der Regel höchstens 15.000 km pro Jahr anerkannt (BFH in BStBl. II 1997, 384; H 33.1-33.4 "Fahrtkosten behinderter Menschen", EStH 2009).
Aufwendungen für Besuchsfahrten zu einem Kind, das längere Zeit im Krankenhaus liegt, werden anerkannt, wenn ein Attest des behandelnden Krankenhausarztes bestätigt, dass der Besuch der Eltern zur Linderung oder Heilung der Krankheit entscheidend beitragen kann (R 33.4 EStR 2005).