Private Krankenversicherungen sind für Personen wichtig, die keinen Schutz durch die gesetzliche Krankenversicherung haben, also insbesondere für selbstständig Tätige. Außerdem spielen sie als Ergänzung zur Beihilfeberechtigung (vgl. 3.2.4.1) eine große Rolle.

Rechtsgrundlage für die privaten Krankenversicherungen ist das Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Sie sind im zweiten Teil Kapitel 8 in den §§ 192 ff. geregelt.

Mit der Gesundheitsreform wurde ab 1. Januar 2009 die Versicherungspflicht für die Krankenversicherung eingeführt. Der Krankenversicherungsschutz besteht entweder in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V oder in einer privaten Krankenversicherung. Die Pflicht zum Abschluss eines Vertrages über eine private Krankenkostenversicherung ergibt sich aus § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Danach ist jede Person mit Wohnsitz im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst, abzuschließen und aufrecht zu erhalten. Diese Versicherungspflicht besteht nicht für Personen,

  1. die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder
  2. Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder
  3. Anspruch auf Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes haben oder
  4. Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind, für die Dauer dieses Leistungsbezugs (drittes Kapitel sind Leistungen zum Lebensunterhalt, viertes Kapitel sind Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, siebtes Kapitel sind Leistungen der Eingliederungshilfe und siebentes Kapitel sind Leistungen der Hilfe zur Pflege).

Zu unterscheiden sind die nach den jeweiligen Tarifen der Versicherungen angebotenen Krankenkostenversicherungen sowie Zusatzversicherungen (§ 192 Abs. 1 bis 6 VVG einerseits und die dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenkassen entsprechende Krankheitskostenversicherung im Basistarif, zu denen die privaten Krankenkassen seit 1. Januar 2009 gemäß § 12 Versicherungsaufsichtsgesetz verpflichtet sind (§ 192 Abs. 7 VVG) andererseits.

Bei der Krankheitskostenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen einschließlich solcher bei Schwangerschaft und Entbindung sowie für ambulante Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen zu erstatten (§ 192 Abs. 1 VVG).

Die Versicherungsbedingungen sehen häufig bei Vorerkrankungen oder Behinderungen, die bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages vorhanden sind, gemäß § 203 Abs. 1 S. 2 VVG Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge vor. Das ist nach § 20 Abs. 2 S. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nur zulässig, wenn das behauptete höhere Versicherungsrisiko auf "anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Bewertungen".

Inwieweit eine private Krankenversicherung Kosten für die Ausstattung mit Hilfsmitteln oder für die Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten übernehmen muss, hängt von deren Tarif ab.

Wenn im Tarif bestimmt ist, dass sich die Leistung nach der Beihilfeberechtigung richtet, sind die Beihilferichtlinien maßgebend. Dazu vgl. oben.

Wenn der in den Versicherungsbedingungen aufgeführte Leistungskatalog nicht eindeutig abschließend formuliert ist, wird er von der Rechtsprechung nur als beispielhafte Aufzählung gewertet.

Für behinderte Menschen kann der Basistarif der privaten Krankenversicherungen eine überlegenswerte Alternative sein, weil in ihm Risikoausschlüsse oder Risikozuschläge unzulässig sind. Seit dem 01.01.2009 sind die Unternehmen der privaten Krankenversicherungen (PKV) verpflichtet, in einem Basistarif einen Versicherungsschutz anzubieten, der ähnlich dem ist, den die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach dem SGB V gewährt. Die Rechtsgrundlagen sind in § 12 Versicherungsaufsichtsgesetz und § 193 Versicherungsvertragsgesetz enthalten.

Der PKV-Bundesverband hat die Allgemeinen Bedingungen für den Basistarif (AVB/BT 2009), der neben die bisher bestehenden Tarife tritt, im Internet veröffentlicht (über www.pkv.de zugänglich).

Anders als in der GKV sind in der PKV die Beiträge nicht nach dem Erwerbseinkommen gestaffelt, sondern nach den Versicherungsleistungen und nach den Risiken. Von dieser Regelung weicht der Basistarif ab. Im Basistarif ist der Beitrag nicht risikoabhängig und Vorerkrankungen bleiben unberücksichtigt (§ 203 Abs. 3 S. 3 VVG). Trotzdem muss sich der Versicherte beim Eintritt in den Basistarif nach § 203 Abs. 2 S. 3 VVG einer Risikobewertung unterziehen, da deren Ergebnisse für einen Risikoausgleich zwischen den Versicherungsunternehmen benötigt werden. Die für die PKV neuen Risiken werden unvermeidlich zur Folge haben, dass die Beiträge höher ausfallen werden als in der PKV üblich, sie sind allerdings auf den GKV-Höchstbetrag von knapp 570,00 Euro begrenzt. Im Unterschied zur GKV gibt es auch keine Familienversicherung. Ein Ehepaar mit Kind zahlt dementsprechend 2 mal 570,00 Euro plus 226,00 Euro für das Kind, also in der Summe erheblich mehr als in der GKV.

Eine besondere Variante ist der Basistarif für beihilfeberechtigte Personen. Hier richten sich die Leistungen nach den Beihilfevorschriften und es gibt Sonderregelungen für die Selbstbehalte. (Beispiel: Ein zu 50% Beihilfeberechtigter kann im Basistarif zwischen Selbstbehaltsstufen von 150,00, 300,00, 450,00 und 600,00 Euro wählen.)

Zugang zum PKV-Basistarif haben nach § 12 Abs. 1a Versicherungsaufsichtsgesetz folgende Personen:

  • Privatversicherte mit Wohnsitz in Deutschland, die ihren Versicherungsvertrag ab dem 01.01.2009 abgeschlossen haben. Wer einen Versicherungsvertrag schon vorher abgeschlossen hat, kann bis zum 30.06.2009 unter Anrechnung von Altersrückstellungen in den Basistarif des eigenen oder eines anderen Unternehmens wechseln.
  • Beihilfeberechtigte, die einen die Beihilfe ergänzenden Versicherungsschutz benötigen. Für sie besteht eine besondere Variante des Basistarifs.
  • Alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die weder in der GKV versicherungspflichtig sind, noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beanspruchen können, noch Sozialhilfe erlangen (Ausnahme: Leistungen nach dem 5., 8. und 9. Kapitel SGB XII - der Bezug von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII steht also nicht im Wege). Wenn jemand in den PKV-Basistarif eingetreten ist und dann nachträglich sozialhilfebedürftig wird, so gibt es folgende Regelung: Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder des SGB XII, so vermindert sich der Beitrag um die Hälfte. Wenn dann immer noch Hilfebedürftigkeit besteht, beteiligt sich der Sozialleistungsträger an den Kosten.
  • Personen, die freiwilliges Mitglied in der GKV werden, können dem Basistarif innerhalb von 6 Monaten nach Begründung der freiwilligen Mitgliedschaft beitreten.

Die PKV erbringt im Unterschied zur GKV keine Sachleistungen, sondern nur Geldleistungen. An diesem Grundsatz ändert sich auch im Basistarif nichts.

Die Leistungen des Basistarifs entsprechen denen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem dritten Kapitel des SGB V. Künftige Leistungseinschränkungen oder Ausschlüsse werden deshalb auch im Basistarif übernommen.

Die freie Arztwahl ist im Basistarif insoweit eingeschränkt, als den Versicherten im Basistarif die Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten frei steht, die zur vertragsärztlichen bzw. vertragszahnärztlichen Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen sind.

Für die Ausstattung mit Hilfsmitteln bestimmt Nr. 9 des Basistarifs folgendes:

"(1) Erstattungsfähig sind Aufwendungen für die Versorgung mit im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung in der jeweils geltenden Fassung aufgelisteten Hilfsmitteln in Standardausführung einschließlich der Aufwendungen für Reparatur und Unterweisung im Gebrauch sowie für Gebrauch und Pflege. Die Wartung und Kontrolle von Hilfsmitteln sind nur erstattungsfähig, wenn sie zum Schutz des Versicherten vor unvertretbaren Gesundheitsrisiken erforderlich oder nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit erforderlich sind. Hilfsmittel müssen von einem Vertragsarzt verordnet und innerhalb eines Monats nach Ausstellung der Verordnung bei einem Leistungserbringer, der Vertragspartner eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung ist, bezogen werden. Vor dem Bezug eines Hilfsmittels ist die Genehmigung der Versicherung einzuholen. Hilfsmittel können vom Versicherer auch leihweise überlassen werden. Ist im Einzelfall eine über Satz 1 hinausgehende Hilfsmittelversorgung medizinisch notwendig, um den Erfolg einer Krankheitsbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, sind die Aufwendungen erstattungsfähig, wenn und soweit der Versicherer eine vorherige schriftliche Leistungszusage erteilt hat."

In den Absätzen 2 bis 5 folgen Regelungen über Brillengläser und Kontaktlinsen in Anlehnung an Regelungen in der GKV. Von allgemeinem Interesse ist dann wieder Absatz 6:

"(6) Aufwendungen sind nur bis zur Höhe eines der drei preisgünstigsten Hilfsmittel erstattungsfähig, die für die Versorgung eines Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stehen, oder, im Fall bestehender Festbeträge, bis zu dem jeweiligen Betrag. Abzüglich eines vertraglich vereinbarten Selbstbehaltes und einer Zuzahlung werden die erstattungsfähigen Aufwendungen zu 100 Prozent ersetzt. Die Zuzahlung beträgt 8,00 Euro je Hilfsmittel. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt die Zuzahlung 10,00 Euro für den gesamten Monatsbedarf des jeweiligen Hilfsmittels, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Aufwendungen. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind von der Zuzahlung befreit. Sofern das Hilfsmittel nicht leihweise überlassen wird, benennt der Versicherer mit der Genehmigung gemäß Absatz 1 Satz 4 einen Hilfsmittelanbieter, der den Hilfsmittelbezug in zumutbarer Weise gewährleistet, ohne dass die versicherte Person über die Zuzahlung und einen vertraglich vereinbarten Selbstbehalt hinausgehende Eigenanteile aufzubringen hat."

Die Hilfsmittelversorgung entspricht praktisch derjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V. Dazu vergleiche ausführlich oben 3.2.1.2 mit Unterpunkten. Die Leistungen sind demnach auch nicht auf die im GKV-Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V aufgelisteten Hilfsmittel begrenzt, mag auch die Versorgung mit Hilfsmitteln außerhalb des GKV-Hilfsmittelverzeichnisses eher die Ausnahme sein. Dass nach § 6 Abs. 1 c) AVB/BT die Hilfsmittelnummern des Hilfsmittelverzeichnisses in der Verordnung auszuweisen sind, schränkt jedenfalls den Leistungsumfang nicht ein. Andererseits werden aus dem SGB V alle Einschränkungen (etwa bei der Auswahl des Hilfsmittellieferanten) und Belastungen (Zuzahlungen) übernommen. Übrigens ist hier auch die Praxisgebühr zu zahlen.

Verbindlich sind gemäß § 1 Abs. 5 des Basistarifs auch die Richtlinien und Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 SGB V. Die neuen Hilfsmittel-Richtlinien zu den Sehhilfen sind also anzuwenden. Wie in der GKV gelten auch beim PKV-Basistarif das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V, der Ausschluss von Sehhilfen für Erwachsene nach § 33 Abs. 2 SGB V, die Ausschlüsse nach § 34 SGB V, die Festbeträge nach § 35 SGB V und die Einschränkungen bei den Fahrtkosten. Ebenso gilt der (gegebenenfalls anteilmäßige) Ausschluss der Kosten für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens.

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