Unter "Eingliederungshilfe" versteht man Leistungen der Sozialhilfe, die im 6. Kapitel des SGB XII (§§ 53 bis 60) geregelt sind. Diese Normen sehen keinen abschließenden Leistungskatalog vor. § 53 SGB XII beschränkt sich vielmehr darauf, in den Absätzen 1 und 2 den Personenkreis der Leistungsempfänger zu beschreiben (siehe im Einzelnen dazu unter 2.2.2.) und in Absatz 3 die mit der Eingliederungshilfe verfolgten Ziele wie folgt zu formulieren:

"(3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen."

Die Ziele der Eingliederungshilfe sind damit teilweise identisch mit denen der Teilhabeleistungen, die im SGB IX behandelt werden. Sie gehen aber auch darüber hinaus. So heißt es in § 54 Abs. 1 SGB XII:

"(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere

  1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung, im allgemeinen Schulpflicht, bleiben unberührt,
  2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule,
  3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,
  4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56,
  5. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben.

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit."

Durch den im ersten Satz enthaltenen Verweis auf Vorschriften des SGB IX findet eine Verzahnung des Sozialhilferechts mit dem SGB IX statt. Deshalb gelten die genannten §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch im Bereich der Sozialhilfe unmittelbar. Es handelt sich dabei um drei Leistungsgruppen:

  1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX),
  2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX) einschließlich der Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. 41 SGB IX und § 56 SGB XII),
  3. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX).

Da diese Leistungen auch von anderen Trägern erbracht werden können bzw. gegenüber der Sozialhilfe vorrangig erbracht werden müssen, stellt sich hier in besonderem Maße in jedem Einzelfall die Frage der Zuständigkeit (siehe dazu im Einzelnen unter 2.2.1.). Als Besonderheit ist ferner zu beachten, dass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesanstalt für Arbeit entsprechen. Hier findet also auch noch eine Verzahnung mit dem SGB V bzw. mit dem SGB III statt.

Im Übrigen aber gilt: Sobald die Sozialhilfe als Träger der Eingliederungshilfe handelt (auch im Falle der vorstehend behandelten Teilhabeleistungen nach dem SGB IX), spricht man von "Eingliederungshilfe" und es gelten die §§ 53 bis 60 SGB XII. Darüber hinaus ist insbesondere die auf der Grundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfeverordnung (EHVO) anzuwenden, die den Personenkreis der Leistungsberechtigten und einzelne Leistungen der Eingliederungshilfe genauer beschreibt. Daneben finden sich im SGB XII auch außerhalb des 6. Kapitels noch weitere Regelungen, die bei der Gewährung einzelner Eingliederungshilfeleistungen besonders zu beachten sind.

In welchem Verhältnis steht die Eingliederungshilfe zu den anderen Leistungen der Sozialhilfe? Ursprünglich, d.h. im Bundessozialhilfegesetz, dem Vorläufer des SGB XII, unterschied der Gesetzgeber noch eindeutig zwischen "Leistungen zum Lebensunterhalt" und "Leistungen in besonderen Lebenslagen". Den letztgenannten waren - neben den Hilfen u.a. für Mütter oder für pflege- oder betreuungsbedürftige Personen - die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Blindenhilfe als Leistungen speziell für Behinderte zugeordnet. Mit der Schaffung des SGB XII wurde diese Zweiteilung im Aufbau des Gesetzes jedoch aufgegeben. Begründet wurde dies - in BT-Drucksache 15/1514 S.54 - wie folgt: "Richtig ist aber, dass alle Leistungen der Sozialhilfe der selben Aufgabenstellung und sozialen Grundidee unterliegen: Es soll der Notlage abgeholfen werden, dass ein zur Führung eines menschenwürdigen Lebens notwendiger Bedarf durch eigene Kräfte und Mittel nicht abgedeckt werden kann. Diese einheitliche, auch verfassungsrechtliche Grundlage der Sozialhilfe kann durch die systematische Umstellung besser zum Ausdruck gebracht werden. Davon unberührt bleibt aber, dass die einzelnen, notlagenspezifisch unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen bestehen bleiben." Mit anderen Worten: Man hat mit der Abschaffung der Zweiteilung zwar den Aufbau, nicht aber den Inhalt des Gesetzes geändert. Und so existieren auch heute noch Normen speziell für die "Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel" (statt "für die Hilfe in besonderen Lebenslagen"), und zwar bei den Regelungen über die Einkommensgrenzen in den §§ 85 ff. SGB XII und bei der Regelung zum geschonten Barvermögen in § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII.

Zu den Einkommens- und Vermögensgrenzen siehe unter 2.2.3.

Die Auffassung, dass die Regelungen über "Fachleistungen für Behinderte" (an möglichst alle, die sie brauchen) besser getrennt werden sollten von den Regelungen über die existenzsichernden "Hilfen zum Lebensunterhalt" (mit extrem niedrigen Einkommens- und Vermögensgrenzen, die den Druck zur Selbsthilfe erhöhen und den Kreis der Leistungsberechtigten klein halten sollen) hat auch heute noch und mehr denn je starke Fürsprecher: In der aktuellen Diskussion über die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe hat denn auch die Forderung nach einem selbständigen Leistungsgesetz für behinderte Menschen breite Unterstützung gefunden. Auf die mit der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe angestrebten Neuerungen kann hier jedoch noch nicht eingegangen werden.

Zum Verhältnis der Eingliederungshilfe zu Blindengeld und Blindenhilfe siehe unter 2.2.6.

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