Bei Schädigungen des Sehvermögens, welche rechtlich beachtlich sind, wird zwischen wesentlicher Sehbehinderung, hochgradiger Sehbehinderung und Blindheit unterschieden.

2.3.1 Sehbehinderung

Die Sehbehinderung umfasst alle Störungen des Sehvermögens (Grundsätze Teil B Nr. 4 S. 1). Innerhalb der Sehbehinderungen knüpfen rechtliche Regelungen insbesondere an die Begriffe "wesentliche Sehbehinderung" und "hochgradige Sehbehinderung" an. Wenn die Sehbehinderung so erheblich ist, dass sie in ihrer Auswirkung einer Lichtlosigkeit gleichzuachten ist, liegt rechtlich keine Sehbehinderung mehr, sondern Blindheit vor. Dazu vgl. u. 2.4.

2.3.1.1 Wesentliche Sehbehinderung

Der Begriff der wesentlichen Sehbehinderung spielt insbesondere für die Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff SGB XII eine Rolle. Wesentlich sehbehindert sind nach § 1 Nr. 4 der Verordnung zu § 60 SGB XII, solche Sehbehinderte, "bei denen mit Gläserkorrektion ohne besondere optische Hilfsmittel

  1. auf dem besseren Auge oder beidäugig im Nahbereich bei einem Abstand von mindestens 30 cm oder im Fernbereich eine Sehschärfe von nicht mehr als 3 besteht oder
  2. durch Buchstabe a) nicht erfasste Störungen der Sehfunktion von entsprechendem Schweregrad vorliegen." Grob gesagt darf die Sehschärfe nicht besser als 1/3 sein.

Für die Feststellung des GdS ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze Teil B Nr. 4 "Sehorgan" heranzuziehen.

2.3.1.2 Hochgradige Sehbehinderung

Der Begriff der hochgradigen Sehbehinderung ist für die Annahme von Hilflosigkeit (dazu vgl. unten 2.5) und für die Landesgesetze von Bedeutung, die neben dem Blindengeld eine Leistung für hochgradig Sehbehinderte gewähren. Es sind dies die Landesgesetze von Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt (vgl. Heft 06). Die in diesen Gesetzen enthaltenen Definitionen stimmen inhaltlich mit derjenigen in Teil A Nr. 6 Buchstabe d) der Grundsätze überein.

Teil A Nr. 6 Buchstabe d) der Grundsätze lautet:

"d) Für die Feststellung von Hilflosigkeit ist im Übrigen zu prüfen, ob eine hochgradige Sehbehinderung vorliegt. Hochgradig in seiner Sehfähigkeit behindert ist ein Mensch, dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 0,05 (1/20) beträgt oder wenn andere hinsichtlich des Schweregrades gleichzusetzende Störungen der Sehfunktion vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Einschränkung des Sehvermögens einen GdS von 100 bedingt und noch keine Blindheit vorliegt."

Zur hochgradigen Sehbehinderung vgl. näher Heft 6 Abschnitt 6.2 dieser Schriftenreihe.

2.3.2 Blindheit

Unter Blindheit wird nicht nur Lichtlosigkeit (Amaurose) verstanden. Vielmehr müssen auch weitere Sehbeeinträchtigungen berücksichtigt werden, die in ihrer Auswirkung der Lichtlosigkeit gleichzuachten sind. In der Wissenschaft haben sich verschiedene Definitionen für die Blindheit herausgebildet, die jeweils vom Zweck her bestimmt worden sind. So wird für den sonderpädagogischen Förderbedarf von einem pädagogischen Blindheitsbegriff gesprochen. Auf die Beeinträchtigung im Bereich der Orientierung geht der Begriff der "Orientierungsblindheit" zurück (zu den verschiedenen Blindheitsbegriffen und ihre Entwicklung vgl. Demmel: Die Entwicklung und Bedeutung der öffentlichen Blindengeldleistung als Sozialleistung S. 212 ff.).

Vor allem im Zusammenhang mit dem Sozialrecht war es notwendig, einen "juristischen Blindheitsbegriff" zu entwickeln. Nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), dem Teil 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) und dem Einkommensteuergesetz (EStG) sowie dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) muss die Frage beantwortet werden, ob Blindheit vorliegt. Der Begriff ist besonders für das Blindengeldrecht im SGB 12 und in den Landesblindengeldgesetzen von Bedeutung.

Eine gesetzliche Bestimmung enthält § 72 Abs. 5 SGB 12. § 72 SGB 12 regelt die Blindenhilfe nach dem Sozialhilferecht (vgl. H. 6 dieser Schriftenreihe).

§ 72 Abs. 5 lautet:

"(5) Blinden Menschen stehen Personen gleich, deren beidäugige Gesamtsehschärfe nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen."

Zum Begriff der Blindheit vgl. näher Heft 6 Abschnitt 6.1 mit Unterpunkten.

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