Die in der beruflichen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung erforderlichen Prüfungen werfen für behinderte Menschen eine Reihe von Problemen auf. Die Ausgestaltung der Prüfungen muss es ermöglichen, die mit Nichtbehinderten vergleichbare Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Die mit einer Behinderung verbundenen Nachteile müssen ausgeglichen werden.

Für Blinde ist es z.B. erforderlich, schriftliche Aufgaben nach Möglichkeit in Blindenschrift oder in Form einer Datei auf einem Datenträger zur Verfügung zu stellen. Die Lösung ist mit Hilfe einer Schreibmaschine oder eines Computers niederzuschreiben oder einer Hilfskraft zu diktieren. Als technische Arbeitshilfe ist deshalb z. B. ein Notebook mit Braillezeile erforderlich. Wenn Unterlagen, z. B. Gesetzestexte oder Kommentare nachgeschlagen werden müssen, ist eine Hilfskraft erforderlich. Sowohl das Lesen der Aufgaben als auch das Nachschlagen, z.B. mit einer Hilfskraft, erfordert mehr Zeit. Deshalb muss eine angemessene Arbeitszeitverlängerung gewährt werden.

Für Sehbehinderte müssen die Aufgaben erforderlichenfalls in Großdruck zur Verfügung gestellt werden. Die Benutzung der von dem Prüfling verwendeten Sehhilfen, z.B. auch von Bildschirmlesegeräten, muss ermöglicht werden. Auch Sehbehinderte benötigen eine angemessene Verlängerung der Arbeitszeit.

Vielfach wird es nötig sein, die Prüfung in einem eigenen Raum abzulegen.

Nach § 65 Abs. 1 BBiG sollen in den nach § 47 zu erlassenden Prüfungsordnungen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden. Dies gilt nach dem Wortlaut von § 65 Abs. 1 insbesondere für die „Dauer von Prüfungszeiten, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie Gebärdensprachdolmetscher für hörbehinderte Menschen.“ Das gleiche muss deshalb für Vorlesekräfte für Blinde gelten.

Für die Handwerksordnung enthält § 42l Abs. 1 HWO entsprechende Bestimmungen.

Vom Bundesinstitut für Berufsbildung wurde die Schrift „Nachteilsausgleich für behinderte Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer - Handbuch mit Fallbeispielen und Erläuterungen für die Prüfungspraxis" herausgegeben. Sie ist im Buchhandel erhältlich (ISBN 3-7639-1026-3).

Für Prüfungen an Hochschulen, also Diplom-, Magister- Bachelor- und Master-Prüfungen sind in den Prüfungsordnungen der Hochschulen nach § 16 Hochschulrahmengesetz (HRG) die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung der Chancengleichheit zu berücksichtigen. Maßgebend ist die Umsetzung dieser Rahmenregelung in dem jeweiligen Hochschulgesetz des Landes und der darauf beruhenden Prüfungsordnung. Die Regelungen sind im Allgemeinen sehr pauschal gehalten.

Für Studiengänge oder Ausbildungen, die mit einem Staatsexamen abschließen, wie z. B. die juristischen Staatsprüfungen oder die Staatsprüfungen für das Lehramt gelten die jeweiligen Prüfungsordnungen der Länder.

Eine Übersicht über einschlägige Regelungen in den Landeshochschulgesetzen und in den staatlichen Prüfungsordnungen ist bei der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung des Deutschen Studentenwerks, Monbijouplatz 11, 10178 Berlin (www.studentenwerke.de) erhältlich.

Als Hilfen werden z. B. bei juristischen Staatsexamen zugelassen: die Verwendung eines Notebooks mit Braillezeile, die Verwendung von Gesetzessammlungen auf Datenträgern und die Hilfe durch eine fachlich nicht vorgebildete Vorlesekraft sowie eine Arbeitszeitverlängerung um 50 % bei Klausuren. Die Chancengleichheit erfordert es, dass die Aufgaben in Blindenschrift oder auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt werden.

Auskünfte über Nachteilsausgleiche für blinde und sehbehinderte Menschen erteilen speziell der DVBS, Frauenbergstr. 8, 35039 Marburg und seine Fachgruppen.

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