Wie aus 10.2 ersichtlich ist, kann die gesetzliche Erbfolge zu unerwünschten Ergebnissen führen, wenn ein behindertes Kind auf Dauer auf Sozialhilfe angewiesen ist.

Unser Erbrecht ermöglicht es jedem Menschen, die Erbfolge abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bestimmen (§ 1937 in Verbindung mit §§ 2087 ff. BGB). Die Grenzen ergeben sich lediglich aus dem Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB). Das bedeutet, dass Pflichtteilsberechtigte, die durch eine letztwillige Verfügung von der Erbschaft ausgeschlossen worden sind, gegen die Erben einen Anspruch auf eine Geldleistung in Höhe des halben Wertes haben, der ihrem gesetzlichen Erbanteil entspricht. Pflichtteilsberechtigt sind nach § 2303 Abs. 1 BGB die Abkömmlinge des Erblassers sowie seine Eltern und sein Ehegatte. Beispiel: Wenn zwei Kinder vorhanden sind, ist ihr gesetzlicher Erbteil je ein Halb (§ 1924 Abs. 4 BGB). Wird nun eines der Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen und hat der Nachlass einen Wert von 300.000,00 Euro, so hat es einen Geldanspruch (Pflichtteilsanspruch) in Höhe von 75.000,00 Euro gegen die Erben.

Es ist auch möglich, die Erbschaft durch Anordnung der Vor- und Nacherbschaft zu beschränken (§§ 2100 ff. BGB). Der Nachlass muss dann in seinem Bestand grundsätzlich erhalten werden. Der Vorerbe darf das Vermögen, soweit ihm nicht Befreiung erteilt worden ist, in seiner Substanz nicht verbrauchen, ihm steht im Wesentlichen nur die Nutzung zu. Der Nacherbe soll den Nachlass ungeschmälert erhalten.

Bestimmte Gegenstände oder Rechte, z.B. ein Grundstück, ein Geldbetrag, ein Vermögensanteil, ein Wohnrecht, können einer Person (dabei kann es sich sowohl um natürliche als auch um juristische Personen, wie z. B. Vereine handeln) als Vermächtnis zugewendet werden. Der Anspruch auf die Erfüllung des Vermächtnisses richtet sich gegen den oder die Erben (§ 1939 in Verbindung mit §§ 2147 ff. BGB).

Erben oder Vermächtnisnehmer können durch die Anordnung einer Auflage zu bestimmten Handlungen verpflichtet werden, z.B. zur Betreuung eines Behinderten, ohne dass der Begünstigte diesen Anspruch als eigenes Recht geltend machen könnte (§ 1940 in Verbindung mit §§ 2192 ff. BGB).

Schließlich und endlich kann der Erblasser Testamentsvollstreckung anordnen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses sicherzustellen (§§ 2197 ff. BGB). Wenn ein Erbe so schwer behindert ist, dass er selbst den Nachlass nicht verwalten kann, ist das zweckmäßig. Die Testamentsvollstreckung muss in diesem Fall "auf Lebenszeit" angeordnet werden.

Der Erblasser kann schließlich durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen (§ 2048 BGB). In dieser Teilungsanordnung kann die Aufteilung des Nachlasses so vorgenommen werden, dass die Gegenstände, die dem behinderten Kind zukommen sollen, zum Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII gehören. Zu denken ist z. B. an die Anordnung, dass ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung dem behinderten Kind zufallen soll, wenn es von diesem selbst bewohnt wird (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII).

Den Eltern von schwerstbehinderten Kindern ist dringend zu empfehlen, von diesen Möglichkeiten der Testierfreiheit rechtzeitig Gebrauch zu machen und erbrechtliche Verfügungen durch ein Testament oder einen Erbvertrag zu treffen.

Im Folgenden werden nur einige Hinweise gegeben, die keinesfalls vollständig sind, sondern nur einen ersten Überblick geben können. Sie sollen vor allem zur Vorbereitung auf eine gründliche Beratung dienen.

Form der Errichtung einer letztwilligen Verfügung

Die wichtigsten Formen sind das handschriftlich geschriebene oder das zur Niederschrift eines Notars errichtete Testament (§ 2231 BGB). Wir raten dringend, die Form des notariellen Testaments zu wählen und von einem handschriftlichen Testament abzusehen, weil bei letzterem die Gefahr, falsche Formulierungen zu wählen, sehr groß ist. Für den Fall, dass Sie sich trotzdem für diese Art der letztwilligen Verfügung entscheiden, geben wir zur Vermeidung von Formfehlern folgende Hinweise:

Das eigenhändige Testament muss vom Erblasser handschriftlich geschrieben und unterschrieben werden. Das Testament soll das Datum und den Ort der Errichtung enthalten (§ 2247 BGB).

Ehegatten können ein Testament auch gemeinschaftlich errichten (§ 2265 BGB). Das gemeinschaftliche Testament wird für Eltern mit einem behinderten Kind häufig in Frage kommen. Wenn das gemeinschaftliche Testament handschriftlich errichtet werden soll, genügt es, dass einer der Ehegatten den Text der letztwilligen Verfügung schreibt. Das Testament muss dann von beiden Ehegatten eigenhändig unterschrieben werden. Dabei soll jeder (!) von ihnen den Ort und das Datum der Unterschriftsleistung handschriftlich hinzufügen (§ 2267 BGB).

Häufig setzen sich die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben ein und bestimmen die gemeinsamen Kinder als Erben des überlebenden Ehegatten (Schlusserben). Man spricht hier vom "Berliner Testament" (§§ 2269, 2270 BGB). Beim Tode des erstversterbenden Ehegatten haben die Kinder einen Pflichtteilsanspruch. Das ist ein Anspruch auf Geldleistung in Höhe des halben Wertes, den der gesetzliche Erbteil hätte (§ 2303 BGB). Um zu vermeiden, dass Kinder den Pflichtteilsanspruch geltend machen, treffen die Ehegatten häufig die Regelung, dass Kinder, die beim Erstversterbenden den Pflichtteil verlangen, auch beim Tode des Zweitversterbenden nur einen Pflichtteil erhalten sollen.

Wenn ein behindertes Kind zu den Erben zählt, besteht die Gefahr, dass der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes beim Tode des Erstversterbenden auf sich überleitet und ihn geltend macht, um Sozialhilfeaufwendungen zu ersparen. Das Berliner Testament ist deshalb in den hier behandelten Situationen nicht zu empfehlen. Lösungsmöglichkeiten werden unten gezeigt.

Zur Niederschrift eines Notars wird ein Testament errichtet, in dem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthält. Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen übergeben. Sie braucht nicht von ihm selbst geschrieben sein. Sie muss auch nicht handschriftlich, sondern kann z.B. ebenso gut maschinenschriftlich abgefasst werden (§ 2232 BGB). Bei einem gemeinschaftlichen Testament müssen die Erklärungen von beiden Ehegatten abgegeben werden.

Die Errichtung eines notariellen Testamentes, insbesondere in der Form der mündlichen Erklärung, ist zu empfehlen, weil der Notar verpflichtet ist, die Erblasser rechtlich zu beraten. Sie können dann sicher sein, dass ihr Wille beim Erbfall tatsächlich zur Geltung kommt. Das notarielle Testament wird amtlich verwahrt. Es droht also auch nicht die Gefahr, dass das Testament verloren geht oder gar beseitigt wird.

Auch ein handschriftlich errichtetes Testament muss auf Verlangen des Testierenden in "besondere amtliche Verwahrung" genommen werden. Zuständig dafür ist das Amtsgericht nach Wahl des Erblassers (§§ 2248, 2258a BGB).

Ein Testament kann übrigens jederzeit aufgehoben oder geändert werden. Dadurch können die letztwilligen Verfügungen an veränderte Umstände angepasst werden.

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