Die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen sowie das Diskriminierungsverbot sind verfassungsrechtlich verankerte Prinzipien der Rechtsordnung. Ihre Beachtung ist auch Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Sie ist seit 26. März 2009 in Deutschland geltendes Recht. Tragende Grundsätze der UN-BRK sind die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gemeinschaft und die Achtung ihrer Würde (Art. 3 UN-BRK). Die Regelungen der UN-BRK gelten grundsätzlich nicht unmittelbar. Sie bedürfen in der Regel der Umsetzung in innerstaatliches Recht. Zur Umsetzung der UN-BRK sind, da es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, die Vertragsstaaten verpflichtet (Art. 4 UN-BRK). Vgl. dazu näher Heft 1 Abschnitt 5 dieser Schriftenreihe. In den einzelnen Heften wird im Zusammenhang mit den behandelten Themen auf die UN-BRK eingegangen.
Auf verfassungsrechtlicher Ebene wurde durch das Benachteiligungsverbot in Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG ein Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik eingeleitet. Der Satz lautet: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."
Auch in den Landesverfassungen wurden Benachteiligungsverbote normiert. Z. T. wurde in Landesverfassungen sogar die Förderung behinderter Menschen als Programmsatz aufgenommen. So lautet z. B. Art. 118a der Verfassung des Freistaates Bayern:
"Artikel 118a Gleichheit vor dem Gesetz
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt werden. Der Staat setzt sich für gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung ein."
Diese Verfassungsbestimmungen gewähren zwar Abwehrrechte, aber keine einklagbaren Rechtsansprüche.
Der Umsetzung in die einfach gesetzliche Ebene und damit der Förderung eines selbstbestimmten Lebens behinderter Menschen dienen das Bundesgleichstellungsgesetz und die Gleichstellungsgesetze der Länder, das SGB IX mit seinen Teilhaberechten und zahlreiche weitere Rechtsbestimmungen.
Um die Rechtsstellung behinderter und insbesondere blinder bzw. sehbehinderter Menschen behandeln zu können, müssen zunächst diese Begriffe geklärt werden. In diesem Heft werden deshalb die Begriffe Behinderung, Blindheit, wesentliche Sehbehinderung, hochgradige Sehbehinderung und Hilflosigkeit erläutert. Sodann wird auf die Grundsätze für die medizinische Begutachtung, die Feststellung der Behinderung, die Auswirkung dieser Statusfeststellung und den Nachweis der Behinderung durch den Schwerbehindertenausweis oder andere Urkunden eingegangen. Anschließend werden die Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder behandelt. Auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.08.2006 wird in Heft 09 dieser Schriftenreihe eingegangen, weil dieses im Wesentlichen nur das Privatrecht betrifft.