Das dreistufige Leistungssystem der gesetzlichen Krankenkassen lässt sich mit den Schlagworten: Prävention, Krankenbehandlung und Rehabilitation umreißen.

Krankheitsverhütung und Vorsorge (Prävention § 11 Abs. 1 Nr. 2 und 3) haben Vorrang vor Leistungen zur Krankenbehandlung und Rehabilitation (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 S. 1).

Sowohl bei der Vorsorge als auch bei der Rehabilitation besteht im SGB V ein nahezu identisches dreistufiges Leistungsschema. Dieses ergibt sich aus § 23 Abs. 1, 2 und 4 für die Vorsorge und § 40 Abs. 1 und 2 für die Rehabilitation.

Für die Vorsorge sieht dieses Schema folgendermaßen aus:

Erste Stufe: Ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind

  1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
  2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
  3. Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
  4. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden (§ 23 Abs. 1).

Zweite Stufe: Ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten, wenn die ärztliche Behandlung der ersten Stufe nicht ausreicht (§ 23 Abs. 2)

Dritte Stufe: Stationäre Maßnahmen in einer Vorsorgeeinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht, wenn auch ambulante Vorsorgemaßnahmen nach der zweiten Stufe nicht ausreichen (§ 23 Abs. 4).

Für die Rehabilitation sieht dieses Schema folgendermaßen aus:

  • Erste Stufe: Ambulante Krankenbehandlung, wenn diese ausreicht, die in § 11 Abs. 2 genannten Ziele, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.
  • Zweite Stufe: Ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, mit welchen ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen (§ 40 Abs. 1).
  • Dritte Stufe: Stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung, welche nach § 20 Abs. 2a des SGB IX zertifiziert ist und mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, wenn Maßnahmen nach der ersten und zweiten Stufe nicht ausreichen. Der Versicherte kann zwar auch eine andere zertifizierte Einrichtung wählen, mit welcher kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht. Er muss dann die dadurch entstehenden Mehrkosten selbst tragen (§ 40 Abs. 2 S. 2 SGB V). Dass es sich um eine zertifizierte Einrichtung handeln muss, dient der Qualitätssicherung.

Anmerkungen zur ersten Stufe:

Vorsorge, Krankenbehandlung und Rehabilitation sind trotz der unterschiedlichen Zielsetzung eng miteinander verzahnt. Auszugehen ist bei den Vorsorgeleistungen von der ärztlichen Behandlung, bei der Rehabilitation von der Krankenbehandlung. Die Krankenbehandlung hat das Ziel, Krankheiten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 S. 1).

Was zur Krankenbehandlung gehört, zählt § 27 Abs. 1 SGB V auf

  • ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
  • zahnärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Zahnersatz,
  • Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
  • häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe,
  • Krankenhausbehandlung,
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.

Die Verzahnung der Krankenbehandlung mit der Rehabilitation zeigt sich daran, dass sie trotz unterschiedlicher Zielsetzung in § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 bei der Krankenbehandlung ausdrücklich erwähnt ist. Ihr Ziel ist, nach § 11 Abs. 2 SGB V eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.

Anmerkungen zur zweiten Stufe:

Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB V können ambulante Vorsorgeleistungen in "anerkannten Kurorten" erbracht werden. Die ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen (zweite Stufe) sollen nach § 40 Abs. 1 SGB V zwar auch in Rehabilitationseinrichtungen, mit welchen ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht (vgl. unten Anmerkungen zur dritten Stufe), durchgeführt werden. Das hat den Sinn, dass jederzeit bei Bedarf von einer ambulanten Maßnahme auf eine stationäre Maßnahme übergeleitet werden kann. Die Maßnahmen können aber auch in wohnortnahen Einrichtungen, die nicht auf die Durchführung stationärer Maßnahmen eingerichtet sind, und mit welchen deshalb kein Vertrag nach § 111 SGB V abgeschlossen werden muss, durchgeführt werden (vgl. Schmidt in Peters Kommentar zum SGB V RNr. 118 und 119 zu § 40). Aber auch diese "wohnortnahen Rehabilitationseinrichtungen" müssen zugelassen sein. Anders als für Einrichtungen zur Durchführung stationärer Vorsorge- und Rehamaßnahmen enthält das SGB V keine Bestimmung darüber, auf welche Weise diese Zulassung erfolgen soll. Die Zulassung erfolgt nach der Rechtsprechung des BSG in Analogie zur Zulassung von Heil- und Hilfsmittelerbringern (§ 124 SGB V) durch Verwaltungsakt. Die Einrichtungen müssen die personellen und fachlichen Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V erfüllen. Das bedeutet, sie müssen fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sein, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen, also eine leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten sicherstellen (vgl. BSG Urteil vom 5.7.2000 - B 3 KR 12/99 R = SozR 3-2500 § 40 Nr.3).

Anmerkungen zur dritten Stufe:

Nach § 111 Abs. 1 SGB V dürfen die Krankenkassen medizinische Leistungen zur Vorsorge (§ 23 Abs. 4) oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung (§ 40), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, also Maßnahmen der Stufe drei, nur in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach Absatz 2 besteht.

Die Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen müssen die Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V erfüllen. D. h. Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne dieser Bestimmung sind Einrichtungen, die

  1. der stationären Behandlung der Patienten dienen, um
    1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder
    2. eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen.
  2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung stehen und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen, und
  3. in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.

Für die Konkurrenz zwischen den Leistungsträgern ist noch zu beachten: Für stationäre Behandlungen in einer Reha-Einrichtung sind Krankenkassen nach § 40 Abs. 4 SGB V gegenüber anderen Leistungsträgern, insbes. der RV, nur nachrangig (subsidiär) zuständig. Bei den anderen Leistungsträgern müssen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wie Erfüllung von Wartezeiten erfüllt sein. Bestehen Leistungspflichten aus beiden Versicherungszweigen, also der KV und der RV, lässt sich für die Zuständigkeiten folgende Faustregel aufstellen:

Vorrangig leistungspflichtig sind

  • Krankenkassen für ambulante Krankenbehandlung, einschließlich ambulanter Reha-Leistungen; für Krankenhausbehandlung.
  • RV-Träger für stationäre Behandlung in einer Reha-Einrichtung.

Für Leistungen zur Krankheitsverhütung und Vorsorgeleistungen jeder Art und Stufe der §§ 20-24 SGB V liegt im Verhältnis zur Rentenversicherung die aus-schließliche Zuständigkeit bei den Krankenkassen.

Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007, welches am 01.04.2007 in Kraft getreten ist, wurden die Rehabilitationsleistungen nach § 40 SGB V zu Pflichtleistungen. Ob erforderliche Leistungen zur Rehabilitation erbracht werden, steht nicht mehr im Ermessen der Krankenkassen.

Die Krankenkasse hat nach § 40 Abs. 1 und 2 SGB V kein Ermessen mehr in der Frage, ob sie eine medizinische Reha-Maßnahme bewilligt, und diese Frage kann im Streitfall direkt vom Gericht entschieden werden. Sie hat aber weiterhin ein Ermessen in der Frage, welche Leistung sie von wem erbringen lässt. Das ergibt sich aus § 40 Abs. 3 SGB V. Er beginnt nach wie vor mit dem Satz:

"Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen."

Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung steht dem Versicherten allerdings ein gewisses Wahlrecht zu. Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen sind nach § 40 Abs. 2 S. 1 SGB V zwar in einer Rehabilitationseinrichtung, welche nach § 20 Abs. 2a des SGB IX zertifiziert ist und mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, durchzuführen. Der Versicherte kann aber auch eine zertifizierte Einrichtung wählen, mit welcher kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht. Er muss dann die dadurch entstehenden Mehrkosten selbst tragen (§ 40 Abs. 2 S. 2 SGB V).

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation können gem. § 40 Abs. 1 SGB V nicht nur in wohnortnahen Einrichtungen ambulant, sondern als Sonderform der ambulanten Rehabilitation auch in der Wohnung des Versicherten mobil durch ein Reha-Team erbracht werden (Haufe Onlinekommentar RZ. 12a zu § 40 SGB V). Zielgruppe dieser Leistung sind multimorbide Patienten mit erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen und einem komplexen Hilfebedarf, welche nicht in der Lage sind, die wohnortnahe Rehabilitationseinrichtung aufzusuchen (BT-Drs. 16/3100 S. 106). Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen sind gem. § 40 Abs. 1 S. 2 SGB V auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des SGB XI (das sind anerkannte stationäre Pflegeeinrichtungen) zu erbringen. Die Leistung erfolgt dort durch so genannte mobile Reha-Teams.

Eine Anschlussrehabilitation, welche möglichst nahtlos im Anschluss an eine Akutbehandlung im Krankenhaus erfolgen soll, kann, wie dies der Schluss aus § 40 Abs. 6 zulässt, als ambulante oder stationäre Rehabilitation in Betracht kommen. Einrichtungen, welche Anschlussrehabilitation erbringen, müssen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit stationären Rehabilitationseinrichtungen vergleichbar sein (BSGE 81 S. 189, 195).

Ambulante Rehabilitationsleistungen sollen nach § 40 Abs. 3 S. 1 SGB V für längstens 20 Behandlungstage, stationäre Rehabilitation für längstens 3 Wochen erbracht werden. Eine Verlängerung der Leistung ist möglich, soweit dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist (§ 40 Abs. 3 S. 2 SGB V). Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben für bestimmte Indikationen, z.B. Krebserkrankungen gem. § 40 Abs. 3 S. 2 SGB V eine abweichende Dauer festgelegt.

Die wiederholte Leistungsgewährung ist sowohl bei ambulanten Rehabilitationsleistungen als auch stationären Rehabilitationsmaßnahmen nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, möglich, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich. Aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist eine vorzeitige Leistung nur dann, wenn eine höhere medizinisch begründete Notwendigkeit besteht als die, welche § 40 Abs. 1 und 2 SGB V als Voraussetzung für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen fordern.

Auf die Vierjahresfrist sind nicht anzurechnen ambulante und stationäre Vorsorgemaßnahmen gem. § 23 SGB V (Haufe Onlinekommentar RZ. 19 zu § 40 SGB V).

Das Verfahren zur Gewährung einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation wird durch einen Antrag an die Krankenkasse eingeleitet. Die Krankenkasse hat sodann die Notwendigkeit sowohl der ambulanten als auch der stationären Rehabilitationsmaßnahme vor deren Beginn durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen; dies gilt auch für eine Verlängerung der bereits gewährten Leistung (§ 275 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).

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