Die Rechte behinderter oder in ihrer Mobilität eingeschränkter Flugreisender innerhalb der Europäischen Union wurden durch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität vom 05.07.2006 erheblich gestärkt. Durch diese Verordnung soll die Diskriminierung behinderter Flugreisender verhindert werden (Art. 1 der VO).
Behinderten Flugpassagieren darf nach Artikel 3 der VO innerhalb der Europäischen Union weder die Buchung eines Fluges noch die Beförderung auf Grund ihrer Behinderung verweigert werden, soweit nicht für die Verweigerung ein nach Artikel 4 der VO begründeter Ausnahmefall vorliegt. In Artikel 4 Abs. 1 der VO wird bestimmt, dass die Buchung bzw. Beförderung nur verweigert werden kann, um den geltenden Sicherheitsanforderungen nachzukommen, die in internationalen, in gemeinschaftlichen bzw. nationalen Rechtsvorschriften festgelegt sind oder die von der Behörde aufgestellt wurden, die die Luftverkehrsbetreiberlizenz für das betreffende Luftfahrtunternehmen ausstellt. Somit dürfen sich die Fluggesellschaften nicht mehr auf ihre eigenen Sicherheitsbestimmungen berufen, um die Verweigerung der Buchung oder Anbordnahme zu rechtfertigen.
Im Falle der Verweigerung der Beförderung hat das Unternehmen nach Artikel 4 Abs. 3 der VO dem behinderten Passagier unverzüglich die Gründe mitzuteilen. Auf Wunsch muss das auch schriftlich binnen 5 Werktagen erfolgen. Darüber hinaus ist ihm eine annehmbare Alternative anzubieten.
Die Luftfahrtunternehmen sind insbesondere verpflichtet, Blindenführhunde in der Kabine zu befördern, soweit nationales Recht nicht entgegensteht. Im Hinblick auf Begleithunde heißt es in Artikel 7 Abs. 2 der VO: "Ist der Einsatz eines anerkannten Begleithundes erforderlich, so werden die entsprechenden Vorkehrungen getroffen, sofern dies dem Luftfahrtunternehmen (...) oder dem Reiseunternehmen in Übereinstimmung mit geltenden nationalen Bestimmungen über die Beförderung von Begleithunden an Bord von Luftfahrzeugen gemeldet worden ist."
Die Verordnung verpflichtet das Luftfahrtunternehmen, die Sicherheitsbestimmungen, wie sie der Beförderung behinderter Passagiere zugrundeliegen, öffentlich und in barrierefreien Formaten zugänglich zu machen.
Die Hilfeleistungen, welche seitens der Flughäfen zu erbringen sind, sind in der Anlage I zur Verordnung festgelegt. Die von behinderten Flugreisenden benötigte Assistenz muss innerhalb der Europäischen Union seitens der Flughäfen gewährleistet werden. Die Assistenz muss bereits ab dem vereinbarten Ankunftsort, z.B. am Taxistand, der Bushaltestelle, den Haltestellen von U-Bahnen, S-Bahnen oder Bahnstationen erfolgen. Sie ist auch beim Einsteigen, Umsteigen und beim Verlassen des Flugzeugs zu leisten. Die Ankunfts- und Abfahrtsorte sind nach Artikel 5 Abs. 1 der VO von der Flughafenleitung in Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden festzulegen.
Bei den in der Anlage I aufgeführten Hilfeleistungen handelt es sich u.a. um Assistenz auf den Wegen zum Einchecken und zum Platz im Flugzeug und Abholung am Flugzeug bei der Ankunft. Auch werden die notwendigen Hilfen bei der Gepäckaufgabe und -annahme gewährt, sowie beim Verstauen und Wieder-Inbesitznehmen des Handgepäcks im Flugzeug. Zu den Leistungen gehört ferner die "Abfertigung aller notwendigen Mobilitätshilfen, wie elektrischer Rollstühle, am Boden" und die "Abfertigung anerkannter Begleithunde am Boden".
Die "Hilfeleistung des Luftfahrtunternehmens" im Flugzeug sind in der Anlage II beschrieben. Danach sollen Begleitpersonen ihren Sitzplatz möglichst neben dem behinderten Fluggast erhalten. Die "wesentlichen Informationen" sind zugänglich zu machen. "Erforderlichenfalls" ist die Hilfe, zu leisten, die notwendig ist, um zur Toilette zu gelangen.
Die Verordnung regelt in Artikel 7 Abs. 1, dass ein besonderer Hilfebedarf dem Luftfahrtunternehmen oder dem betreffenden Reisebüro mindestens 48 Stunden vor dem Abflug mitzuteilen ist. Wenn behinderte Flugreisende qualitativ gute Serviceleistungen verlangen, so die Begründung, müssen sie ihren Hilfebedarf im voraus anmelden, damit das Luftfahrtunternehmen sich entsprechend darauf einstellen kann. Erfolgt keine rechtzeitige Anmeldung, muss sich das Leitungsorgan des betreffenden Flughafens nach Artikel 7 Abs. 3 dennoch nach Kräften bemühen, die benötigte Hilfe so weit wie möglich bereitzustellen. Der behinderte Passagier muss sich, soweit von dem Luftfahrtunternehmen nicht anders angegeben, nach Artikel 7 Abs. 4 der VO spätestens eine Stunde vor der veröffentlichten Abflugzeit am Abfertigungsschalter oder spätestens zwei Stunden vor dem Abflug an einem der ausgewiesenen Orte einfinden.
Die Hilfeleistung auf Flughäfen ist kostenlos bereitzustellen (Artikel 8 Abs. 1 der VO).
Die im Flugzeug nach der Anlage II erforderlichen Hilfeleistungen sind nach Artikel 10 der VO von den Fluggesellschaften ebenfalls ohne Aufpreis zu leisten.
Gegen Verletzungen der Verordnung kann nach Artikel 15 der VO durch Beschwerde vorgegangen werden. Ein behinderter Mensch, der der Auffassung ist, dass gegen die Verordnung verstoßen wurde, kann sich beim jeweils Verantwortlichen beschweren, das heißt beim "Leitungsorgan des Flughafens", wenn es um die Hilfen im Flughafen geht, oder beim Luftfahrtunternehmen, wenn es um die Buchung oder um die Hilfen im Flugzeug geht. Wird er auf diesem Wege nicht zufrieden gestellt, kann er Beschwerde bei der zuständigen nationalen Stelle führen, die nach Artikel 14 der VO zur Überwachung der Umsetzung der Verordnung gebildet wird. In Deutschland ist das das Luftfahrt Bundesamt, Hermann-Blenk-Str. 26, 38108 Braunschweig, Mail: fluggastrechte@lba.de.
Manche Fluglinien gewähren Schwerbehinderten oder ihren Begleitpersonen Preisnachlässe. Begleitpersonen von schwerbehinderten Menschen fliegen bei den deutschen Fluggesellschaften (Lufthansa, LTU, Deutsche BA, Eurowings, Hamburg Airlines) im innerdeutschen Luftverkehr bei eingetragenem Merkzeichen B kostenlos.