Diplomaten und andere Personen mit besonderem internationalem Status genießen eine eigene Rechtsstellung. Das Territorialitätsprinzip ist der Anknüpfungspunkt dafür, dass das Aufenthaltsgesetz für bestimmte Personengruppen aufgrund ihres besonderen Status nicht gilt und dass für diese Personengruppen aufgrund spezieller Vereinbarungen kein Anspruch auf Sozialleistungen besteht. Das Territorialitätsprinzip kann als juristischer Begriff elastisch angewandt werden.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Aufenthaltsgesetz findet dieses keine Anwendung auf Ausländer, die nach Maßgabe der §§ 18-20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, bzw. soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Ausländermeldepflicht und dem Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung befreit sind. Nach § 18 GVG sind die Mitglieder der in der Bundesrepublik Deutschland errichteten diplomatischen Missionen, ihre Familienmitglieder und ihre privaten Hausangestellten nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (BGBl. 1964, II, S. 957) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Eine entsprechende Befreiung enthält § 19 Abs. 1 GVG für die Mitglieder der in der Bundesrepublik Deutschland errichteten konsularischen Vertretungen, einschließlich der Wahlkonsularbeamten, nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963 (BGBl. 1969, II, S. 1585).
Nach den Art. 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 und 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) (BGBl 1964 II S. 957) bzw. Art. 48 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) (BGBl 1969 II S. 1585) ist dieser Personenkreis grundsätzlich von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit ausgeschlossen. Es besteht dann kein Anspruch auf Blindengeld nach einem Landesblindengeldgesetz bzw. auf Blindenhilfe nach § 72 SGB XII.
Der Anspruch auf Sozialhilfe, und damit für die Blindenhilfe ist nach der Rechtsprechung von vornherein für Ausländer mit Diplomatenstatus ausgeschlossen. Artikel 33 Abs. 1 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen v. 18.4.1961 (BGBl. II 1964 S. 957, 1006, 1018) lässt sich zur Begründung eines solchen Ausschlusses allerdings nicht heranziehen. Danach sind diplomatische Vertreter nur in Bezug auf ihre Dienste für den Entsendestaat von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit. Das System der deutschen Sozialhilfe knüpft jedoch, anders als die Sozialversicherung, nicht an die Beschäftigung und damit auch nicht an die "Dienste" an. Die Sozialhilfe begründet zudem primär Vorteile und zwingt nicht zur Beteiligung an einem System der sozialen Sicherheit. Nach Auffassung des BVerwG ergibt sich der Anspruchsausschluss für Ausländer mit Diplomatenstatus jedoch daraus, dass er mit dem Wesen und der Funktion des diplomatischen Dienstes unvereinbar sei (BVerwG, Urteil v. 29.2.1996, 5 C 23/95, BVerwGE 100 S. 300; Zeitler, in: Mergler/Zink, BSHG-Kommentar, Stand 2002, § 120 Rn. 18.
Diese Regelungen beziehen sich auf:
- Diplomaten (der Missionschef und die in diplomatischem Rang stehenden Mitglieder des Personals der Mission, wie Gesandte, Räte, Sekretäre, Attachés) und Berufskonsularbeamte (Leiter der konsularischen Vertretung, Konsul, Vizekonsul, Konsularagenten u. a.),
- Mitglieder des Verwaltungspersonals und des technischen Personals der Missionen und Vertretungen (z. B. Kanzleibeamte, Chiffreure, Übersetzer, Stenotypisten),
- Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Missionen und Vertretungen (z.B. Köche, Kraftfahrer), wenn sie weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen noch in Deutschland ständig ansässig sind,
- ausschließlich bei einem Diplomaten oder Konsularbeamten beschäftigte private Hausangestellte, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen noch in Deutschland ständig ansässig sind, sofern sie den Rechtsvorschriften des Entsendestaates oder eines dritten Staates über soziale Sicherheit unterstehen,
- die zum Haushalt eines Diplomaten oder Konsularbeamten gehörenden Familienmitglieder (Ehegatte, Kinder, Eltern), sofern sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen,
- die zum Haushalt eines Mitglieds des Verwaltungspersonals oder des technischen Personals gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, noch in Deutschland ständig ansässig sind.
- Nach europäischem Recht haben jedoch Mitglieder des Geschäftspersonals der diplomatischen Vertretungen und konsularischen Dienststellen eines EU-/EWR-Staates als Staatsangehörige des Entsendestaates ggf. ein Wahlrecht, ob sie dem System der sozialen Sicherheit im Beschäftigungsland oder in Deutschland unterliegen wollen. Wird das Wahlrecht genutzt, erhalten die Wählenden eine Bescheinigung des zuständigen Trägers des Heimatstaates. Anhand dieser Bescheinigung oder der Bescheinigung über die versicherungspflichtige Beschäftigung der deutschen Krankenkasse ist ggf. zu überprüfen, ob der Betroffene unter das deutsche System der sozialen Sicherheit fällt. Wenn dies der Fall ist, besteht Anspruch auf Blindengeld nach einem Landesblindengeldgesetz bzw. auf Blindenhilfe nach § 72 SGB XII, sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
Die gleiche Situation wie für Diplomaten ergibt sich für Angehörige einer in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppe der NATO-Streitkräfte, für die Mitglieder des zivilen Gefolges dieser Truppen sowie für die Familienangehörigen dieses Personenkreises. Sie sind nach dem NATO-Truppenstatut als Exterritoriale zu bezeichnen. Auf die unter das NATO-Truppenstatut fallenden Personen finden
gemäß Art. 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut die Bestimmungen über soziale Sicherung keine Anwendung. Sie haben keinen Anspruch auf ein Blindengeld nach einem Landesblindengeldgesetz bzw. auf Blindenhilfe nach § 72SGB XII. Unter "zivilem Gefolge" ist nach Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b) des NATO-Truppenstatuts das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal zu verstehen. Zum zivilen Gefolge gehören allerdings nicht Staatsangehörige des Staates in welchem die Truppe stationiert ist bzw. die zivilen Bediensteten, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und von NATO-Streitkräften lediglich im Rahmen ihres örtlichen Arbeitskräftebedarfs beschäftigt werden (Art. 9 Abs. 4 NATO-Truppenstatut).
Art. 13 Abs. 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ist auf den Ehegatten des Mitglieds einer Truppe oder eines zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedsstaates dann nicht anwendbar, wenn dieser Deutscher im Sinn von Art. 116 GG ist oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union besitzt, sofern er nicht als dessen Ehegatte in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. In diesen Fällen besteht deshalb bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen Anspruch auf Blindengeld nach einem Landesblindengeldgesetz bzw. auf Blindenhilfe nach § 72SGB XII.