Nach dem Entstehen der Bundesrepublik Deutschland stellte sich für die Blindenselbsthilfeorganisationen der Zivilblinden die Frage, ob sie den Anspruch auf ein Blindengeld auf Bundesebene anstreben oder auf Landesebene weiterverfolgen sollten. Nur durch eine bundeseinheitliche Regelung konnten gleiche Leistungen für alle blinden Menschen in der Bundesrepublik Deutschland erreicht werden. Außerdem waren die Landesregelungen mit Ausnahme des bayerischen Landesblindengeldgesetzes als Übergangslösungen konzipiert.
Der Deutsche Blindenverband e.V. (DBV), der sich als Nachfolgeorganisation des Reichsdeutschen Blindenverbandes, am 18. und 19. Oktober 1949 in Meschede konstituiert hatte, strebte ein Blindengeld auf bundesgesetzlicher Ebene an. Er legte einen ausformulierten Entwurf eines Bundesblindengeldgesetzes vor. Der Bundesgesetzgeber war jedoch nur zu einer Lösung im Rahmen des geltenden Fürsorgerechts bereit, weil nur dazu nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben sei.
Die Fürsorgepflichtverordnung vom 13.02.1924 (RGBl. I, S. 100) und die Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge (RGR) vom 04.12.1924 (RGBl. I, S. 765 in der Fassung vom 01.08.1931 - RGBl. I, S. 441), zuletzt geändert am 26.05.1933 (RGBl. I, S. 316), galten gemäß Art. 123 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 125 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG als Bundesrecht weiter. Sie stellten bis zum Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes am 1.7.1962 die Rechtsgrundlage des in der BRD geltenden Fürsorgerechts dar. Eine Weiterentwicklung und Anpassung des Fürsorgerechts, welches rein auf den Prinzipien des Armenrechts beruhte, war dringend geboten.
Im Rahmen des Fürsorgeänderungsgesetzes vom 20.08.1953 (BGBl. I, S. 967), in Kraft getreten am 1.10.1953, brachte § 11f RGR eine erste bundesrechtliche Lösung für ein Blindengeld. Durch § 11f RGR wurde ein Pflegegeld in Höhe des doppelten Fürsorgerichtsatzes eingeführt. Es durfte allerdings nicht höher sein, als die Pflegezulage eines Kriegsblinden nach § 35 BVB. Bei der Anrechnung des Einkommens blieben neben einem Freibetrag in Höhe des einfachen Fürsorgerichtsatzes 40 % des Arbeitseinkommens, mindestens jedoch 40,00 DM unberücksichtigt.
§ 11f RGR lautete:
"(1) Bei Blinden, die keine entsprechende Pflegezulage aufgrund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen erhalten, ist ein Mehrbedarf für Pflege anzuerkennen. Der Mehrbedarf ist bei alleinstehenden Blinden in Höhe des Zweifachen des für sie maßgebenden Richtsatzes bis zur Höhe der Pflegezulage eines Kriegsblinden, bei haushaltsangehörigen Blinden, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vom vollendeten 2. Lebensjahr ab in Höhe des Zweifachen des für sie maßgebenden Richtsatzes anzuerkennen, soweit nicht im Einzelfall eine höhere Leistung notwendig ist. Bei haushaltsangehörigen Blinden, die das 2. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist der Mehrbedarf nach § 10 anzuerkennen.
(2) Bei Blinden, die sich in Anstalts- oder Heimpflege befinden, ist ein Mehrbedarf zur Deckung ihrer besonderen persönlichen Bedürfnisse anzuerkennen. Die Höhe des Mehrbedarfs bestimmt das Land, sie soll mindestens dem Zweifachen des Betrages entsprechen, der sonst den Anstalts- oder Heimpfleglingen für ihre persönlichen Bedürfnisse gewährt wird.
(3) Kommt der Blinde den nach § 7 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 bestehenden Verpflichtungen nicht nach, kann von der Anerkennung des Mehrbedarfs für Pflege ganz oder teilweise abgesehen werden.
(4) Ein Verwandter, dessen Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt ist, ist zum Ersatz der Kosten der Pflege nur heranzuziehen, wenn es offenbar unbillig wäre, hiervon abzusehen.
(5) Der Mehrbedarf nach § 11d ist bei Blinden mindestens in Höhe von 40 % ihres Erwerbseinkommens, jedoch nicht unter 40,00 DM monatlich, anzuerkennen, falls das Monatseinkommen diesen Betrag erreicht oder übersteigt.
(6) Als Blinde gelten auch Personen, deren Sehkraft so gering ist, dass sie sich in einer ihnen nicht vertrauten Umgebung ohne fremde Hilfe nicht zurechtfinden können."