Das Erreichen des Arbeitsplatzes stellt auch für blinde und sehbehinderte Menschen häufig ein Haupthindernis für die Teilhabe am Arbeitsleben dar.
Unter bestimmten Voraussetzungen gewähren die Rehabilitationsträger bzw. das Integrationsamt Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes.
Folgende Rechtsgrundlagen sind einschlägig: im SGB IX § 33 Abs. 3 Nr. 1 und 6 als erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zu diesen Leistungen gehört nach § 33 Abs. 8 Nr. 1 auch die Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV) vom 28. September 1987 (BGBl I S. 2251). Die Verpflichtung der einzelnen Rehabilitationsträger ergibt sich gemäß § 7 SGB IX aus den jeweils einschlägigen Spezialgesetzen. Für die gesetzliche Rentenversicherung verweist § 16 auf § 33 SGB IX. Für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 41 SGB VII die Rechtsgrundlage. In Abs. 3 wird auf die KfzHV verwiesen. Im Einzelfall können Unfallversicherungsträger zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Notlage nach § 41 Abs. 4 höhere Zuschüsse gewähren. Für den Bereich des Versorgungsrechts ist Kraftfahrzeughilfe nach § 26 Abs. 1 BVG in Verbindung mit § 10 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV) zu gewähren. Dieser verweist auf die KfzHV. Auch der Sozialhilfeträger kommt als Kostenträger für die Kraftfahrzeughilfe in Frage. Rechtsgrundlagen sind § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Verbindung mit § 8 der Eingliederungshilfeverordnung. Soweit diese Leistung nach dem SGB XII der Teilhabe am Arbeitsleben dient, wird in § 8 der Eingliederungshilfeverordnung auf die KfzHV verwiesen. Wegen der im Sozialhilferecht geltenden Einkommens- und Vermögensgrenzen wird der Sozialhilfeträger nur selten für diese Maßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig sein.
Rechtsgrundlagen für das Integrationsamt sind § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b SGB IX, § 20 SchwbAV in Verbindung mit der KfzHV. Nach § 20 SchwbAV können schwerbehinderte Menschen Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach Maßgabe der KfzHV erhalten.
Aus den oben genannten Rechtsquellen ergibt sich, dass das Integrationsamt nur für Beamte und Selbstständige zuständig ist. Bei Arbeitnehmern ist, wenn sie weniger als 15 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung haben, regelmäßig die Agentur für Arbeit zuständiger Rehabilitationsträger. Bei über 15 Jahren Versicherungszeit ist regelmäßig der Rentenversicherungsträger zuständig.
Nach den genannten Bestimmungen können die Rehabilitationsträger bzw. bei Fehlen eines vorrangig Leistungspflichtigen das Integrationsamt nach § 2 Abs. 1 KfzHV Leistungen gewähren:
- für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs,
- für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung und
- zur Erlangung der Fahrerlaubnis.
In besonderen Härtefällen können auch die Kosten für die Benutzung von Taxi oder die Inanspruchnahme von Beförderungsdiensten übernommen werden.
Blinde und hochgradig Sehbehinderte sind von der Kraftfahrzeughilfe nicht ausgeschlossen.
Voraussetzungen für die Leistung sind:
- dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV). Wenn öffentliche Verkehrsmittel zumutbar benutzt werden können, besteht regelmäßig kein Anspruch. Hierfür kommt es nicht nur darauf an, dass das Verkehrsmittel trotz der vorhandenen Behinderung überhaupt benutzt werden kann, sondern auch darauf, dass der Arbeitsweg mit Hilfe des öffentlichen Verkehrsmittels in zumutbarer Weise zurückgelegt werden kann. Das BSG hat in seinem Urteil vom 26. August 1992, Az: 9b RAr 14/91 (SozR 3-5765 § 3 Nr. 1) ausgeführt: „§ 3 Abs. 1 Satz 1 KfzHV verlangt bei Behinderten, deren erhebliche Gehbeeinträchtigung durch das Versorgungsamt bereits festgestellt ist, nicht die Prüfung, ob der Behinderte auch ohne diese Behinderung auf ein Kfz angewiesen wäre. Bei Behinderten mit dem Merkzeichen "G" verlangt § 3 Abs. 1 Satz 1 KfzHV lediglich im Einzelfall zu prüfen, ob sie tatsächlich auf ein Kfz angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn es öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz oder Beförderungsdienste des Arbeitgebers oder sonstige Transportmöglichkeiten gibt, die trotz der Behinderung benutzt werden können." (vgl. auch Urteil des BSG vom 21. März 2001, Az: B 5 RJ 8/00 R = Behindertenrecht 2002, 26-28). Hindernisse bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können für blinde und hochgradig sehbehinderte Personen z.B. sein verkehrsreiche und gefährliche Wegstrecken, welche zum Erreichen des Verkehrsmittels zu Fuß zurückgelegt werden müssen oder schwer zu bewältigende Bedingungen beim Umsteigen.
- Der behinderte Mensch muss ein Kraftfahrzeug führen können oder es muss gewährleistet sein, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KfzHV).
Der Antrag muss vor Beschaffung des Kraftfahrzeugs gestellt werden (§ 10 KfzHV).
Zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges wird ein Zuschuss bis zur Höhe des Kaufpreises, höchstens jedoch bis 9.500,00 Euro geleistet (§ 5 Abs. 1 KfzHV). Ein höherer Zuschuss ist nach § 5 Abs. 2 möglich, wenn wegen Art und Schwere der Behinderung ein teureres, z. B. größeres Fahrzeug zwingend erforderlich ist.
Der Zuschuss ist einkommensabhängig. Das zu berücksichtigende Einkommen ist § 6 KfzHV zu entnehmen.
Für behinderungsbedingte Einrichtungen werden die Kosten nach § 7 KfzHV in vollem Umfang übernommen. Das gilt auch für Einbau und Reparaturen.
Für den Erwerb der Fahrerlaubnis wird ein einkommensabhängiger Zuschuss gewährt (§ 8 KfzHV). Bei blinden oder sehbehinderten Menschen werden die Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis für eine andere Person übernommen, wenn diese zum Führen des Kraftfahrzeuges zur Verfügung steht.
Eine erneute Förderung soll nicht vor Ablauf von 5 Jahren seit der Beschaffung des zuletzt geförderten Fahrzeugs geleistet werden (§ 6 Abs. 4 KfzHV).
An Stelle eines Zuschusses zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges kann nach § 9 Abs. 1 S. 2 KfzHV ein Zuschuss für die Beförderung des behinderten Menschen durch einen Fahrdienst oder durch Übernahme der Taxikosten geleistet werden, wenn er ein Kraftfahrzeug nicht selbst führen kann und auch nicht gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt.
Diese Hilfe wird allerdings nur dann gewährt, wenn die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen der Schwere der Behinderung und/oder der Länge der Fahrzeit nicht zumutbar ist oder am Wohnort keine öffentlichen Verkehrsmittel, mit denen der Arbeitsplatz in angemessener Zeit erreicht werden kann, zur Verfügung stehen. In letzterem Fall wird der Zuschuss u. U. nur für die Beförderung bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels bezahlt.
Der behinderte Mensch hat von den Kosten einen Eigenanteil zu tragen. Dabei ist zwischen dem Eigenanteil, welcher sich bei den Beschaffungskosten und dem Eigenanteil, welcher sich aus den Betriebskosten ergibt, zu unterscheiden. Der Eigenanteil für die Beschaffungskosten bemisst sich danach, welchen Anteil der Betroffene bei der Beschaffung eines Kfz zu tragen hätte. § 9 Abs. 1 S. 2 KfzHV verweist auf § 6 KfzHV. Er ist insoweit einkommensabhängig. Der nutzungsbezogene Eigenanteil ist vom Einkommen unabhängig. Er entspricht den Betriebskosten eines Kfz, welche bei der Förderung eines Kfz vom behinderten Menschen auch selbst getragen werden müssen. Dieser nutzenbezogene Eigenanteil kann im Interesse der praktischen Handhabung und Gleichbehandlung aller Betroffenen pauschaliert werden (BSG 11. Senat Urteil vom 20. Februar 2002, Az: B 11 AL 60/01 R = SozR 3-5765 § 9 Nr. 2).