Bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz tritt die Frage auf, ob und inwieweit man verpflichtet ist, von sich aus auf die Behinderung hinzuweisen bzw. Fragen des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderteneigenschaft zu beantworten.
Nach der Rechtsprechung des BAG muss ein schwerbehinderter Mensch von sich aus (d.h. ungefragt) grundsätzlich nicht darauf hinweisen, dass er schwerbehindert ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die Schwerbehinderung die Unfähigkeit nach sich zieht, die Arbeit, die auf dem neuen Arbeitsplatz zu verrichten ist, zu übernehmen (BAG 2. Senat Urteil vom 1. August 1985, Az: 2 AZR 101/83 - NZA 1986, 635-636).
Da die Blindheit oder hochgradige Sehbehinderung in aller Regel Auswirkungen auf die Ausführung der Arbeit hat, weil z. B. spezielle Hilfsmittel erforderlich sind bzw. der Arbeitsplatz entsprechend ausgestattet sein muss oder eine Arbeitsassistenz benötigt wird, ist es zu empfehlen, mit offenen Karten zu spielen und auf die Behinderung hinzuweisen. Die Sorge, dass der Bewerber dann von vornherein nicht in die Auswahl einbezogen wird, ist zwar verständlich. Dem wirkt aber das Benachteiligungsverbot in Verbindung mit dem Entschädigungsanspruch nach § 81 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 15 AGG entgegen (vgl. 5.2.4.2).
Bei konkreten Fragen des Arbeitgebers nach dem Vorliegen einer Behinderung muss diese Frage nach der Rechtsprechung des BAG wahrheitsgemäß beantwortet werden. Der Grund hierfür wird darin gesehen, dass der Arbeitgeber an der Kenntnis über die Schwerbehinderteneigenschaft ein Interesse hat. Denn er ist nach § 71 ff. SGB IX verpflichtet, Schwerbehinderte auf einem bestimmten Prozentsatz der Arbeitsplätze zu beschäftigen und muss wissen, ob er mit der Einstellung der konkret in Aussicht genommenen Person eventuell seine Beschäftigungspflicht erfüllt oder nicht. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht, ist er gehalten, eine Ausgleichsabgabe zu zahlen, die er in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft eines Arbeitnehmers vergeblich zahlt. Leugnet der schwerbehinderte Mensch aufgrund einer Frage des neuen Arbeitgebers seine Schwerbehinderteneigenschaft, so kann dies für ihn weit reichende Konsequenzen haben. Der Arbeitgeber kann nämlich in einem solchen Fall möglicherweise den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB) mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag mit Erklärung der Anfechtung als unwirksam anzusehen ist (BAG 2. Senat Urteil vom 1. August 1985, Az: 2 AZR 101/83 - NZA 1986, 635-636; BAG 28. Februar 1991 2 AZR 515/90; anderer Ansicht ArbG Siegburg 22. März 1994 1 Ca 3454/93). Das ist allerdings wegen des Diskriminierungsverbotes in § 81 Abs. 2 SGB IX und den Regelungen im AGG, auf welche in § 81 Abs. 2 S. 2 SGB IX verwiesen wird, umstritten. Das BAG hat im Urteil vom 15. Oktober 1992 Az: 2 AZR 227/92 (NZA 1993, 257-259) wegen des Diskriminierungsverbotes in § 611a BGB festgestellt, dass die Frage nach einer Schwangerschaft unzulässig sei und deshalb bei wissentlich unrichtiger Beantwortung kein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB bestehe. So auch für die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft ArbG Siegburg 22. März 1994 1 Ca 3454/93.