Während sich die Wahl der in § 93 Abs. 1 SGB IX genannten betrieblichen Interessenvertretungen für den Betriebsrat nach §§ 7 ff. Betriebsverfassungsgesetz, für die anderen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz bzw. den Personalvertretungsgesetzen der Länder richtet, ist die Wahl, Amtsdauer und Stellung der Schwerbehindertenvertretung in den §§ 94 ff. SGB IX geregelt.

Nach § 94 Abs. 1 SGB IX wird in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Die Schwerbehindertenvertretung besteht aus einer Vertrauensperson und mindestens einem stellvertretenden Mitglied, und zwar unabhängig von der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter. Die Zahl der stellvertretenden Mitglieder ist nicht vorgeschrieben, vielmehr sollte sich die Zahl nach der Betriebsgröße und der Zahl der zu betreuenden schwerbehinderten Menschen richten. Wie viele stellvertretende Mitglieder zu wählen sind, wird von dem zur Vorbereitung der Wahl bestellten (§ 1 Abs. 1 der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen) oder in der Wahlversammlung gewählten (§ 1 Abs. 2 der Wahlordnung) Wahlvorstand nach Erörterung mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebs- oder Personalrat und dem Arbeitgeber beschlossen (§ 2 Abs. 4 der Wahlordnung). Aufgabe des oder der stellvertretenden Mitglieder ist es, die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung durch Abwesenheit oder Wahrnehmung anderer Aufgaben zu vertreten. In Betrieben und Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 schwerbehinderten Menschen kann die Schwerbehindertenvertretung nach Unterrichtung des Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen, in Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 schwerbehinderten Menschen, kann auch das mit der nächsthöchsten Stimmzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied herangezogen werden (§ 95 Abs. 1 S. 4 und 5).

Bei Gerichten, denen mindestens fünf schwerbehinderte Richter oder Richterinnen angehören, wählen diese nach § 94 Abs. 1 Satz 2 einen Richter oder eine Richterin zu ihrer eigenen Schwerbehindertenvertretung. Das gilt nach § 94 Abs. 1 S. 3 entsprechend für schwerbehinderte Staatsanwälte oder Staatsanwältinnen, soweit das Landesrecht für Staatsanwälte und Staatsanwältinnen eine eigenständige Personalvertretung vorsieht. Diese Schwerbehindertenvertretungen der Richter bzw. der anderen Gruppen bestehen neben den Schwerbehindertenvertretungen der übrigen Bediensteten.

Betriebe oder Dienststellen, in welchen weniger als fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, können für die Wahl mit räumlich nahe liegenden Betrieben des Arbeitgebers oder gleichstufigen Dienststellen der selben Verwaltung zusammengefasst werden. Über die Zusammenfassung entscheidet der Arbeitgeber im Benehmen mit dem für den Sitz der Betriebe oder Dienststellen einschließlich Gerichten zuständigen Integrationsamt, d.h., er hat das Integrationsamt um eine Stellungnahme zu ersuchen. Die Entscheidung des Arbeitgebers ist aber nicht von einer Zustimmung des Integrationsamtes abhängig.

Wahlberechtigt sind nach § 94 Abs. 2 alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen. Dabei muss es sich nicht um eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinn von § 73 Abs. 1 SGB IX handeln. So sind z. B. auch schwerbehinderte Menschen, die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen teilnehmen, wahlberechtigt.

Wählbar zur Schwerbehindertenvertretung sind, anders als nach § 94 Abs. 2, wonach das aktive Wahlrecht nur schwerbehinderten Menschen zukommt, gemäß § 94 Abs. 3 alle Beschäftigten, also auch nicht behinderte Beschäftigte. Voraussetzung ist, dass sie in dem Betrieb oder der Dienststelle nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder der Dienststelle seit sechs Monaten angehören. Besteht der Betrieb oder die Dienststelle weniger als ein Jahr, so bedarf es für die Wählbarkeit nicht der sechsmonatigen Zugehörigkeit.

Die Wahlen finden, von einigen Ausnahmen nach § 94 Abs. 5 abgesehen, alle vier Jahre in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November statt. Ist in einem Betrieb oder einer Dienststelle eine Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt, so kann das für den Betrieb oder die Dienststelle zuständige Integrationsamt zu einer Versammlung schwerbehinderter Menschen zum Zwecke der Wahl eines Wahlvorstandes einladen (§ 94 Abs. 6 S. 4). Hierzu kann auch die betriebliche Interessenvertretung, also Betriebs-, Personalrat usw., einladen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 der Wahlordnung).

§ 94 Abs. 6 Satz 1 bestimmt, dass die Vertrauensperson und das stellvertretende Mitglied bzw. die stellvertretenden Mitglieder in geheimer und unmittelbarer Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt werden. Das bedeutet, das Wahlrecht wird durch Abgabe eines Stimmzettels in einem Wahlumschlag ausgeübt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 der Wahlordnung). Das Wahlrecht ist persönlich oder schriftlich auszuüben (§§ 9, 11 der Wahlordnung). Allerdings kann sich, wer infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist, eine Person bestimmen, die bei der Stimmabgabe behilflich sein soll (§ 10 Abs. 4 Satz 1 der Wahlordnung). Blinde und hochgradig Sehbehinderte können eine Vertrauensperson, die ihnen bei der Stimmabgabe behilflich ist, heranziehen. Nach Möglichkeit sollte ihnen aber die selbstständige Wahl mit Hilfe einer ihnen zur Verfügung zu stellenden Wahlschablone ermöglicht werden.

Die persönliche Rechtsstellung der Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen ist in § 96 SGB IX geregelt.

Die Vertrauenspersonen führen ihr Amt ehrenamtlich und unentgeltlich aus (§ 96 Abs. 1), d. h. sie dürfen für die Ausübung ihres Amtes kein Entgelt, keine Entschädigungen und Vergütungen erhalten. Die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten trägt nach § 96 Abs. 8 der Arbeitgeber.

Die Vertrauenspersonen dürfen in der Ausübung ihres Amtes nicht behindert oder wegen ihres Amtes nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung (§ 96 Abs. 2).

Um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten, besitzen die Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebs-, Personal-, Staatsanwalts- oder Richterrates (§ 96 Abs. 3). Das stellvertretende Mitglied besitzt während der Dauer der Vertretung und der Heranziehung nach § 95 Abs. 1 Satz 4 die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson. Im Übrigen besitzt das stellvertretende Mitglied die gleiche Rechtsstellung wie Ersatzmitglieder des Betriebs-, Personal-, Staatsanwalts- oder Richterrates (§ 96 Abs. 3). Zum Kündigungsschutz gelten die Regelungen, wie sie § 15 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) im Rahmen der Betriebsverfassung und Personalvertretung trifft. Danach ist die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Der Kündigungsschutz besteht noch ein Jahr nach Ablauf der Amtszeit, es sei denn, die Amtszeit ist durch gerichtliche Entscheidung beendet worden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 KSchG).

Für den Bereich der Vertrauenspersonen heißt das, dass der Kündigungsschutz nach Ablauf der Amtszeit für die Dauer eines Jahres dann nicht besteht, wenn der Widerspruchsausschuss bei dem Integrationsamt auf Antrag eines Viertels der wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen das Erlöschen des Amtes einer Vertrauensperson wegen grober Verletzung ihrer Pflichten beschlossen hat (§ 94 Abs. 7 Satz 5).

Die Vertrauenspersonen haben nach § 96 Abs. 4 Anspruch auf Befreiung von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge, wenn und soweit das zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Sind in den Betrieben und Dienststellen in der Regel wenigstens 200 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, wird die Vertrauensperson auf ihren Wunsch von der Beschäftigung freigestellt. Der Anspruch auf Befreiung von der beruflichen Tätigkeit gilt auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind. Solche Schulungen werden von den Integrationsämtern oder in deren Auftrag von externen Bildungsträgern angeboten. Der Anspruch auf Befreiung von der beruflichen Tätigkeit besteht auch für das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied, wenn wegen ständiger Heranziehung nach § 95, häufiger Vertretung der Vertrauensperson für längere Zeit oder absehbaren Nachrückens in das Amt der Schwerbehindertenvertretung in kurzer Frist die Teilnahme an Bildungs- und Schulungsveranstaltungen erforderlich ist (§ 96 Abs. 4 S. 4).

Die Vertrauenspersonen unterliegen bezüglich der mit ihrem Amt verbundenen Wahrnehmungen nach § 96 Abs. 7 der Schweigepflicht. Sie sind verpflichtet, über ihnen wegen ihres Amtes bekannt gewordene persönliche Verhältnisse und Angelegenheiten von Beschäftigten, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren. Dies sind alle Angelegenheiten und Verhältnisse, die in der Privatsphäre des Betroffenen liegen, z.B. auch gesundheitliche Probleme. Sie sind auch verpflichtet, die ihnen wegen ihres Amtes bekannt gewordenen und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichneten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse können sich z. B. auf Herstellungsverfahren, die technische Ausstattung des Betriebes oder die Vorbereitung eines neuen Produkts beziehen. Die Schweigepflicht gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt.

Die Schweigepflicht besteht allerdings nach § 96 Abs. 7 S. 3 nicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, den Integrationsämtern und den Rehabilitationsträgern, soweit deren Aufgaben den schwerbehinderten Menschen gegenüber es erfordern. Sie besteht auch nicht gegenüber den Vertrauenspersonen in den Stufenvertretungen (Konzern-, Gesamt-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretung nach § 97) sowie gegenüber den in § 79 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, in welchem die Schweigepflicht der Betriebsratsmitglieder geregelt ist, und den in den entsprechenden Vorschriften des Personalvertretungsrechtes des Bundes und der Länder genannten Vertretungen, Personen und Stellen. Das sind im Wesentlichen die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrates, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sowie betrieblicher Beschwerdestellen.

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