Grundsätzliches zu den die häusliche Pflege sichernden Leistungen:

Die Kostenübernahme für eine Ersatzpflege bei kurzzeitiger Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI), die teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege (§ 41 SGB XI) und die Kurzzeitpflege in einer vollstationären Einrichtung (§ 42 SGB XI) sollen die häusliche Pflege stärken und ergänzen. Diese Vorschriften reihen sich ein in das Bemühen, Pflegebedürftige solange als möglich in der häuslichen Pflege und der häuslichen Umgebung zu belassen. Diese Leistungen gehen den Leistungen der vollstationären Pflege vor (§ 3 SGB XI - vgl. auch die Ausführungen unter 7.3.2.4 mit Unterpunkten, insbesondere für Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI 7.3.2.4.3, für teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI 7.3.2.4.4, für Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI 7.3.2.7.5 und für Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII 7.3.2.6).

Regelungen über die Auswirkung der Ersatzpflege, der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege auf das Blindengeld

Regelungen in den Landesgesetzen:

In neun Landesgesetzen wird in den Bestimmungen über die Anrechnung von Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege ausdrücklich festgestellt, dass diese auch bei Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI), teilstationärer Pflege (§ 41 SGB XI) oder bei der Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) zur Anwendung kommen.

Es handelt sich um die Gesetze von

  • Baden-Württemberg (§ 3 Abs. 2),
  • Berlin (§ 3 Abs. 4),
  • Bremen (§ 4 Abs. 1),
  • Hessen (§ 4 Abs. 2),
  • Mecklenburg-Vorpommern (§ 4 Abs. 2 und 3),
  • Nordrhein-Westfalen (§ 3 Abs. 2),
  • Sachsen (§ 5 Abs. 2 und 3),
  • Sachsen-Anhalt (§ 2 Abs. 2) und
  • Thüringen (§ 4 Abs. 2).

In den Landesgesetzen von Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird an die Regelung für die Anrechnung der Pflegeleistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI angeknüpft und eine prozentuale Anrechnung vorgenommen. In diesen Gesetzen wird damit der Zusammenhang zwischen häuslicher Pflege und Verhinderungspflege, teilstationärer Pflege bzw. Kurzzeitpflege im SGB XI deutlich.

Im Einzelnen:

Für Baden-Württemberg ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Blindenhilfegesetz, dass, ebenso wie bei häuslicher Pflege, auch bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI, bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI in der Pflegestufe I 60 v. H. des Pflegegeldes der Pflegestufe I und in den Pflegestufen II und III 40 % des Pflegegeldes der Pflegestufe II auf die Blindenhilfe angerechnet werden. Bei Minderjährigen verringern sich die Anrechnungsbeträge um 50 % (§ 3 Abs. 3).

Für Berlin gilt nach § 3 Abs. 4 die gleiche Regelung wie für Baden-Württemberg, wobei allerdings zwischen Minderjährigen und Volljährigen kein Unterschied besteht, weil ihr Blindengeld gleich hoch ist.

Für Hessen ergibt sich aus § 4 Abs. 2 die gleiche Regelung wie in Baden-Württemberg. Bei Minderjährigen verringert sich der nach § 4 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 jeweils anzurechnende Betrag um 50 vom Hundert und bei wesentlich Sehbehinderten um 30 vom Hundert.

Für Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich aus § 4 Abs. 2, dass Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach den §§ 36 bis 38, 41 und 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. bei der Pflegestufe I mit 50 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  2. bei der Pflegestufe II mit 33,3 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und
  3. bei der Pflegestufe III mit 25 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch

auf das Landesblindengeld angerechnet werden.

Für Nordrhein-Westfalen ergibt sich aus § 3 Abs. 2 des GHBG, dass bei teilstationärer Pflege (§ 41 SGB XI) und bei Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) in der Pflegestufe I 70 v. H. des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB XI und in den Pflegestufen II und III jeweils 35% des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 angerechnet werden. Bei Minderjährigen erfolgt jedoch keine Anrechnung (§ 3 Abs. 2 S. 4).

Für Sachsen bestimmt § 5 Abs. 2, dass Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 SGB XI sowie bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI bei Blinden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei der Pflegestufe I mit 50 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI, bei der Pflegestufe II mit 33,3 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI und bei der Pflegestufe III mit 25 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI auf das Blindengeld angerechnet werden.

Für Sachsen-Anhalt erfolgt nach § 2 Abs. 1 bei häuslicher Pflege und bei teilstationärer Pflege eine Anrechnung bei Pflegestufe I in Höhe von 60 % des Pflegegeldes der Pflegestufe I und bei Pflegestufe II und III in Höhe von 40 % des Pflegegeldes der Pflegestufe II (§ 37 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 SGB XI).

Für Thüringen bestimmt § 4 Abs. 2, dass das Blindengeld nach § 2 Abs. 1 bei der Pflegestufe I 100 Euro monatlich und bei den Pflegestufen II und III jeweils 70 Euro monatlich beträgt, wenn blinde Menschen Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI), der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI oder der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI erhalten.

Zwar fehlt in diesen Gesetzen teilweise der Hinweis auf § 39 SGB XI "Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson" und auf § 42 SGB XI "Kurzzeitpflege". Da es sich aber bei diesen Leistungen auch um "Sachleistungen" handelt, werden sie von den Anrechnungsregelungen mit umfasst.

In den fünf Landesblindengeldgesetzen von Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Saarland und Schleswig-Holstein finden sich keine speziellen Regelungen über die Anrechnung bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI, bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI oder bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI. Es handelt sich jedoch bei diesen Leistungen ebenso um Leistungen bei häuslicher Pflege wie bei den Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI), dem Pflegegeld (§ 37 SGB XI) und der Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI). Deshalb finden auch hier die allgemeinen Anrechnungsregeln für die häusliche Pflege Anwendung. Vgl. dazu oben 7.3.3.

Eine von den obigen Mustern völlig abweichende Regelung enthalten die Blindengeldgesetze von Brandenburg, Bremen und Rheinland-Pfalz. Diese Regelungen sehen im Einzelnen wie folgt aus:

Brandenburg:

Für Brandenburg ist die Frage, wie sich Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI), teilstationäre Pflege (§41 SGB XI) und Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) auf das Blindengeld nach dem Landespflegegeldgesetz auswirken. Aus einer Auskunft per E-Mail des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und

Familie des Landes Brandenburg vom 14.01.2010 ergibt sich folgende Praxis:

Bei Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) erfolgt die Anrechnung wie bei häuslicher Pflege, wenn diese ambulant durchgeführt wird, also nach § 5 Abs. 2 Landespflegegeldgesetz mit 70 vom Hundert der Leistung der Pflegeversicherung; denn sie ist eine Leistung im Zusammenhang mit der häuslichen Pflege. Wenn die Verhinderungspflege jedoch, wie in der Praxis üblich, stationär durchgeführt wird, besteht nach § 4 Abs. 1 kein Anspruch auf Landespflegegeld, wobei die Einstellung gemäß § 8 Abs. 2 ab dem 1. auf die Aufnahme in die Einrichtung folgenden Monat erfolgt.

Für teilstationäre Pflege (§ 41 SGB XI) gilt folgendes: Da sie der Sicherung und Stärkung der häuslichen

Pflege dient, kommt § 5 Abs. 2 Landespflegegeldgesetz (Anrechnung von 70 % des Wertes der Leistung) zur Anwendung. Darüber hinaus erfolgt eine Kürzung des verbleibenden Pflegegeldes nach § 6 Abs. 2 Landespflegegeldgesetz. § 6 Abs. 2 Landespflegegeldgesetz bestimmt, dass das Pflegegeld angemessen gekürzt werden kann, wenn der Anspruchsberechtigte eine Einrichtung zur teilstationären Betreuung besucht. Bei fünf Ganztagsbetreuungen

Pro Woche sind nach dieser Bestimmung in der Regel zwanzig vom Hundert angemessen. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung.

Für Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) gilt, weil diese in vollstationären Einrichtungen durchgeführt wird, § 4 Abs. 1 des Landespflegegeldgesetzes, wonach bei vollstationärer Betreuung kein Anspruch auf Blindengeld besteht. § 8 Abs. 2 des Landespflegegeldgesetzes ist zu beachten. Nach dieser Vorschrift sind Änderungen von Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Pflegegeldes bewirken, vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat ihres Eintritts folgt.

Rheinland-Pfalz:

Für Rheinland-Pfalz ist ebenfalls die Frage, wie sich Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI), teilstationäre Pflege (§41 SGB XI) und Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) auf das Blindengeld nach dem Landesblindengeldgesetz auswirken.

Bei Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) muss die Anrechnung entsprechend § 4 Abs. 2 Landesblindengeldgesetz wie bei häuslicher Pflege erfolgen, also bei der Pflegestufe I mit 60 v. H. des Pflegegeldes dieser Pflegestufe nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI und bei den Pflegestufen II und III mit 40 v. H. des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des SGB XI.

Für teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI ist die Frage, ob eine Anrechnung nach § 4 Abs. 2 des Landesblindengeldgesetzes in Höhe von 60 % des Pflegegeldes der Stufe I (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI) bzw. 40 % der Pflegestufe II bei Pflegebedürftigen der Stufen II oder III (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI) erfolgt, oder ob eine Kürzung nach § 5 Abs. 3 des Landesblindengeldgesetzes vorgenommen wird. Nach § 5 Abs. 3 Landesblindengeldgesetz ist das Blindengeld unter Berücksichtigung der Dauer des Aufenthaltes um bis zu 25 v. H. zu kürzen, wenn blinde Menschen eine Einrichtung zur teilstationären Betreuung, eine Kindertagesstätte oder eine Schule, besuchen. Weil die teilstationäre Betreuung nach § 41 SGB XI im Zusammenhang mit der häuslichen Pflege steht, geht § 4 Abs. 2 Landesblindengeldgesetz als Lex Spezialis gegenüber § 5 Abs. 3 Landesblindengeldgesetz vor. Für § 5 Abs. 3 Landesblindengeldgesetz kommt es, wie die genannten Einrichtungen (Schule, Kindertagesstätte) zeigen, auf Pflegebedürftigkeit nicht an. Es handelt sich vielmehr häufig um Maßnahmen im Sinn der Eingliederungshilfe.

Auch bei der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI erfolgt eine Anrechnung nach § 4 Abs. 2 Landesblindengeldgesetz. Sie steht im Zusammenhang mit der häuslichen Pflege. Obwohl die Kurzzeitpflege in vollstationären Einrichtungen durchgeführt wird, tritt deshalb kein Ruhen des Blindengeldanspruchs nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Landesblindengeldgesetz ein.

Bremen:

In Bremen besteht eine völlig abweichende Regelung: Dort werden nach § 4 Abs. 1 die Leistungen nach den §§ 36 bis 39 und 41 bis 43a des Elften Buches Sozialgesetzbuch vollständig auf das Landespflegegeld angerechnet.

Blindenhilfe nach § 72 SGB XII:

Für die Blindenhilfe bestimmt § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, dass auf die Blindenhilfe Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, mit 70 vom Hundert des Pflegegeldes der Pflegestufe I und bei Pflegebedürftigen der Pflegestufen II und III mit 50 vom Hundert des Pflegegeldes der Pflegestufe II, höchstens jedoch mit 50 vom Hundert des Betrages der Blindenhilfe, wie er sich aus § 72 Abs. 2 SGB XII ergibt, anzurechnen sind. Diese Anrechnung findet auch bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI, bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI statt.

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