Auf den Blindengeldanspruch wirkt sich die Unterbringung in einer "Einrichtung" in verschiedener Weise aus. Von ihr kann das Bestehen des Anspruchs, die Zuständigkeit des zur Leistung verpflichteten oder auch die Höhe der Leistung abhängen. Die Landesblindengeldgesetze enthalten keine Definition des Begriffes einer Einrichtung. Sie sprechen von "Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen". Auch wenn nicht auf § 13 SGB XII verwiesen wird, ist im Interesse einer Rechtseinheit auf die dort enthaltene Definition, die ja auch für die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII maßgebend ist, zurückzugreifen. Der Begriff der "Einrichtung" wird in § 13 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 SGB XII definiert. Die Definition wurde aus dem früheren § 97 Abs. 4 des Bundessozialhilfegesetzes entnommen, so dass auch auf die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Einrichtungen sind danach alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Vollstationäre Einrichtungen sind nach § 13 Abs. 1 S. 2 SGB XII Einrichtungen, in denen Leistungsberechtigte rund um die Uhr leben und die erforderlichen Hilfen erhalten.
Die Begriffe Anstalt, Heim oder gleichartige Einrichtung sind hinsichtlich ihrer rechtlichen Bedeutung und Qualität identisch, so dass von einem einheitlichen Begriff auszugehen ist. Auf die Bezeichnung kommt es nicht an. Der Anstaltsbegriff wird häufig bei Großeinrichtungen, wie z. B. Kliniken, Krankenhäusern, Sanatorien oder Rehabilitationszentren verwendet. Unter Heimen werden Einrichtungen von mittlerer Größe mit überschaubarem, familiärem Charakter verstanden. Von gleichartigen Einrichtungen spricht man bei heimäquivalenten Institutionen, bei denen die Bezeichnung Anstalt oder Heim nicht recht passen würde, wie z. B. bei therapeutischen Wohngemeinschaften, auf die aber zum Unterschied freier Wohngemeinschaften alle wesentlichen Merkmale des Anstalts- bzw. Heimbegriffes zutreffen. Damit von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen gesprochen werden kann, muss zur Durchführung von Hilfen nach dem SGB XII eine besondere Organisationsform unter verantwortlicher Leitung bestehen. Es muss ein unter dieser Leitung zusammengefasster Bestand an persönlichen und sächlichen Mitteln, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen größeren, wechselnden Personenkreis bestimmt ist, vorhanden sein.
Da sich in der Praxis mittlerweile ganz verschiedene Angebote von "Betreuungsformen bzw. -angeboten" entwickelt haben, muss immer genau geprüft werden, ob eine Einrichtung vorliegt oder nicht.
Zu den Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen zählen z. B.: Altenpflegeheime, Altenheime, Blindenheime, sofern sie keine reinen Wohnheime sind, mit Förderschulen verbundene Internate, Internatsschulen, Kinderheime, SOS-Kinderdörfer, Waisenhäuser, Schüler- und Lehrlingsheime, Wohnheime für Behinderte, die in einer davon getrennten Werkstätte betreut werden, Erholungsheime, Sanatorien und Krankenhäuser. So genannte Wohngruppen sind eine Einrichtung, wenn sie einer Einrichtung zugeordnet oder in einem Einrichtungsverbund angesiedelt sind oder wenn sie etwa als Außenwohngruppe geführt werden.
Nicht zu den Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im Sinn von § 13 Abs. 2 SGB XII zählen z. B. Altenwohnheime, Blindenwohnheime, Wohnheime für Studenten und Berufstätige, Frauenhäuser, Asylbewerberheime, Spätaussiedlerheime, Jugendherbergen, Übernachtungsstätten für Wohnungslose. Wohngemeinschaften, selbst in der Form des "betreuten Wohnens", sind in der Regel keine Heime oder gleichartigen Einrichtungen; denn die Mitglieder der Wohngemeinschaft haben eine höhere Selbständigkeit und Gestaltungsfreiheit. Das gilt insbesondere dann, wenn die notwendige Hilfe selbst organisiert und bezahlt werden muss. In diesen Fällen tritt die durch die Heimunterbringung entstehende Entlastung nicht ein.
Die richterlich angeordnete Freiheitsentziehung spielt im Blindengeldrecht ebenso wie die Betreuung in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen eine Rolle.
Einrichtungen für den Vollzug des richterlich angeordneten Freiheitsentzugs sind jedoch keine Anstalten, Heime oder gleichartigen Einrichtungen im Sinn von § 13 Abs. 2 SGB XII. Sie sind durch den besonderen Zweck geprägte Institutionen. Richterlich angeordnete Freiheitsentziehung liegt vor beim Vollzug von Strafhaft, Untersuchungshaft, der Durchführung von Maßregeln zur Besserung und Sicherung, der Absonderung nach dem Infektionsschutzgesetz, nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, bei der Unterbringung psychisch Kranker und Suchtkranker nach den Unterbringungsgesetzen der Länder. Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung sind z. B. die Justizvollzugsanstalten, die Einrichtungen zur Sicherungsverwahrung, die geschlossenen Abteilungen eines psychiatrischen Krankenhauses und Entziehungsanstalten für Suchtkranke. Zur richterlich angeordneten Freiheitsentziehung vgl. auch 7.4.7.