Der bestehende Anspruch auf Blindengeld entfällt mit dem Tod des Berechtigten. Dies folgt aus dem Zweck des Blindengeldes, die blindheitsbedingten Mehraufwendungen auszugleichen. Der Blindengeldanspruch endet mit Ablauf des Sterbemonats (vgl. dazu 8.1 Ende des Leistungsanspruchs nach den Landesgesetzen). Bereits ausbezahltes aber noch nicht verbrauchtes Blindengeld fällt in die Erbmasse. Im Übrigen gilt folgendes:
Zu unterscheiden sind Landesgesetze, die hinsichtlich der Vererbbarkeit oder Sonderrechtsnachfolge keinerlei Bestimmungen und solchen, die ausdrückliche Regelungen enthalten.
Keine Bestimmungen sind in sieben Landesgesetzen, nämlich in den Landesgesetzen von Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen- Anhalt und Schleswig-Holstein, enthalten. In diesen Landesgesetzen sind das SGB I und das SGB X für anwendbar erklärt (Bayern Art. 7 Abs. 1; Nordrhein-Westfalen § 7; Rheinland-Pfalz § 9; Saarland § 8 Abs. 2; Sachsen-Anhalt § 6 Abs. 2; Schleswig-Holstein § 10 Abs. 2).
Die Rechtsnachfolge richtet sich damit nach §§ 56 ff. SGB I. Das bedeutet:
- War der Anspruch noch nicht geltend gemacht, also das Verwaltungsverfahren noch nicht eingeleitet (§18 S. 2 Nr. 1 SGB X), so erlischt der Anspruch mit dem Tod. Weder eine Sonderrechtsnachfolge (§ 56 SGB I) noch eine Erbfolge (§ 58 SGB I) können eintreten.
- Wurde vor dem Tod des Blinden bereits das Verwaltungsverfahren durch den Antrag eingeleitet oder ist ein Rechtsstreit anhängig, erlischt der Anspruch auf Blindengeld für den Zeitraum zwischen Antragstellung und Tod nicht (§ 59 Satz 2 SGB I). Er geht dann auf den Sonderrechtsnachfolger (§ 56 SGB I) oder die Erben (§ 58 SGB I) über. Zahlungen sind an sie zu leisten; der Anspruch kann, wenn er abgelehnt wird, im Widerspruchs- und Klageverfahren von ihnen weiterverfolgt werden.
Beispiel: A. ist blind, er hat am 15.01.2008 den Antrag auf Blindengeld gestellt. Er ist am 15.03.2008 verstorben. Zu diesem Zeitpunkt war über den Anspruch noch nicht entschieden. Der Anspruch besteht für die Zeit vom 01.01. 2008 bis 31.03.2008, also für drei Monate. Der Anspruch geht auf den Sonderrechtsnachfolger (§ 56 SGB I), oder wenn ein Sonderrechtsnachfolger nicht vorhanden ist, auf die Erben (§ 58 SGB I) über. Sonderrechtsnachfolger sind nach § 56 Abs. 1 in folgender Reihenfolge: 1. der Ehegatte oder Lebenspartner 2. Kinder, 3. Eltern, 4. Haushaltsführer im Sinn von § 56 Abs. 4, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu (§ 56 1 S. 2 SGB I). Wer als Kind oder Eltern im Sinn dieser Bestimmung gilt, ist in § 56 Abs. 2 und 3 geregelt. Ist kein Sonderrechtsnachfolger vorhanden bzw. haben sämtliche Sonderrechtsnachfolger verzichtet, erfolgt die Vererbung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 58 S. 1 SGB I). Die gesetzliche Erbfolge richtet sich nach §§ 1922 ff. BGB, die gewillkürte Erbfolge nach den §§ 1937, 1941 BGB.
Die übrigen Landesblindengeldgesetze enthalten Sonderregelungen zur Vererblichkeit des Blindengeldanspruches (Baden-Württemberg § 4 S. 2, Berlin § 7 S. 1, Brandenburg § 8 Abs. 3 S. 1, Bremen § 7 Abs. 5, Hamburg § 4 S. 2, Hessen § 7 S. 2, Niedersachsen § 4 S. 2, Sachsen § 6 Abs. 2 S. 2 und Thüringen § 6 Abs. 2).
Bereits ausbezahltes Blindengeld für den Zeitraum bis zum Ende des Sterbemonats wird von diesen Bestimmungen nicht betroffen.
In diesen Gesetzen wird bestimmt, dass der Anspruch nicht vererblich ist oder - wie es in den Gesetzen von Berlin (§ 7 S. 1) Brandenburg (§ 8 Abs. 3 S. 1) und Bremen (§ 7 Abs. 5) heißt, beim Tode des Berechtigten erlischt. Diese speziellen Regelungen in den Blindengeldgesetzen gehen nach § 37 SGB I den allgemeinen Regeln der §§ 56 bis 59 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil über die Rechtsnachfolge bei Ansprüchen auf Sozialleistungen vor (Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.02.1991 - Az.: 9 UE 1589/87). Wegen der Nichtvererblichkeit kann von den Erben der Blindengeldanspruch auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn das Verwaltungsverfahren durch den Antrag in Gang gekommen ist (§ 22 der Landesverwaltungsverfahrensgesetze für Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen bzw. § 18 SGB X für die übrigen Länder) bzw. wenn zwar über den Antrag entschieden worden, das Blindengeld aber noch nicht ausbezahlt worden ist. Das gilt selbst dann, wenn über den Blindengeldanspruch zum Zeitpunkt des Todes bereits ein Rechtsstreit bei Gericht anhängig war (Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.02.1991 - Az.: 9 UE 1589/87).
Lediglich wenn infolge von Säumnis noch nicht entschieden bzw. nicht ausbezahlt worden ist, kommt ein Anspruch der Erben in Betracht. Säumigkeit liegt vor, wenn die Behörde innerhalb von drei Monaten über einen Antrag nicht entschieden hat und dem Antragsteller selbst fehlende Mitwirkung bei der Vorbereitung der Entscheidung nicht vorgehalten werden kann (Urteil des OVG Hamburg vom 19. 10. 1984 - BF I 81/82 = ZfSH/SGB 1985, S. 474).
Im Berliner Landespflegegeldgesetz (§ 7 S. 2) und im Pflegegeldgesetz von Brandenburg (§ 8 Abs. 3 S. 2) sind Bestimmungen für eine Sonderrechtsnachfolge getroffen worden. Diese gehen als Spezialnormen (§ 37 SGB I) dem § 56 SGB I vor.
§ 7 Abs. 1 S. 2 des Berliner Landespflegegeldgesetzes bestimmt:
"In Höhe des nicht ausgezahlten Pflegegeldes wird dem überlebenden Ehegatten oder dem Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), geändert durch Artikel XI des Gesetzes vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3513), den Kindern, den Eltern oder den Geschwistern für den Zeitraum Pflegegeld gewährt, in dem sie den Berechtigten überwiegend allein gepflegt haben; sind die Kosten der Pflege ganz oder teilweise übernommen worden, so wird Pflegegeld in Höhe der übernommenen Kosten, höchstens jedoch in Höhe des nicht ausgezahlten Betrages gewährt. Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch anderen Personen das Pflegegeld zu gewähren, wenn ein Bezugsberechtigter im Sinne des S. 2 nicht vorhanden ist."
§ 8 Abs. 3 S. 2 des Pflegegeldgesetzes von Brandenburg bestimmt:
"Wurde das Pflegegeld vor dem Tode des Berechtigten festgestellt, aber noch nicht ausgezahlt, oder hätte der Anspruch bei rechtzeitiger Bearbeitung vor dem Tode des Berechtigten festgestellt werden müssen, so steht das Pflegegeld den Angehörigen des Berechtigten zu, welche ihn bis zu seinem Tode unentgeltlich gepflegt oder die Kosten seiner Pflege getragen haben. Ist ein Angehöriger im Sinne des S. 2 nicht vorhanden, kann das Pflegegeld auch anderen Personen unter den gleichen Voraussetzungen übertragen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht."
In ergänzender Auslegung wird man hier für die Reihenfolge der Angehörigen § 56 SGB I heranziehen können. § 8 Abs. 3 S. 3 enthält eine Ermessensentscheidung. Aus § 8 Abs. 3 ergibt sich, dass für den Fall, dass eine Sonderrechtsnachfolge nicht stattfindet, die Erbfolge nach § 58 SGB I nicht eintritt,