Die Arbeitgeber sind nach § 83 Abs. 1 SGB IX weiterhin verpflichtet, mit den Schwerbehindertenvertretungen und den in § 98 SGB IX genannten betrieblichen Interessenvertretungen (Betriebs-, Personalrat etc.) in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten des Arbeitgebers so genannte Integrationsvereinbarungen zu treffen. Öffentliche Arbeitgeber sind zum Abschluss einer Integrationsvereinbarung nur dann nicht verpflichtet, wenn für die Dienststelle den Anforderungen von § 83 entsprechende Regelungen bestehen und durchgeführt werden (§ 82 S. 4). Ziel der Regelung ist es, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in den Betrieben durchzusetzen. Wenn die Schwerbehindertenvertretung die Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss einer Integrationsvereinbarung beantragt, sind Verhandlungen unter Beteiligung der betrieblichen Interessenvertretungen aufzunehmen. Der Arbeitgeber und die Schwerbehindertenvertretung können die Integrationsämter einladen, sich an den Verhandlungen über die Integrationsvereinbarung zu beteiligen.
Die Integrationsvereinbarungen enthalten nach der nicht abschließenden Auflistung in § 83 Abs. 2 Regelungen über die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb, insbesondere zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen.
Weitere mögliche Inhalte enthält § 83 Abs. 2a. In der Vereinbarung können danach u. a. auch Regelungen zur Durchführung der betrieblichen Prävention (betriebliches Eingliederungsmanagement - § 84 SGB IX) und zur Gesundheitsförderung getroffen werden (§ 83 Abs. 2a Nr. 5).
§ 84 SGB IX mit der Überschrift „Prävention“ dient dem Zweck, bei Eintreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis die spezifischen Schutzinteressen schwerbehinderter Menschen zur Geltung zu bringen und eine mit dem Schutzzweck der besonderen Regelungen des Schwerbehindertenrechts unvereinbare Kündigung präventiv zu verhindern, Schwierigkeiten bei der Beschäftigung möglichst erst nicht entstehen zu lassen, sie jedenfalls möglichst frühzeitig zu beheben.
§ 84 Abs.1 verpflichtet den Arbeitgeber, bei erkennbaren personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits-, Dienst- und Ausbildungsverhältnis, welche zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen können, die Schwierigkeiten und alle in Betracht kommenden inner- und außerbetrieblichen Möglichkeiten zu ihrer Beseitigung mit der Schwerbehindertenvertretung, den betrieblichen Interessenvertretungen und dem Integrationsamt zu erörtern. Ziel der Einschaltung der betrieblichen Interessenvertretungen und der Schwerbehindertenvertretung ist es, zunächst alle innerbetrieblichen Möglichkeiten zur Beseitigung der Schwierigkeiten zu nutzen. Hierzu kommen etwa Umsetzungen oder Versetzungen auf einen anderen Arbeitsplatz, innerbetriebliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 Abs. 3 SGB IX) in Betracht. Können die Schwierigkeiten innerbetrieblich nicht beseitigt werden, ist das Integrationsamt zu beteiligen, damit dieses im Rahmen seiner Aufgaben der begleitenden Hilfe nach § 102 SGB IX die Möglichkeiten hat, dem Arbeitgeber alle ihm zur Verfügung stehenden Hilfen (Beratung, technische Hilfen, finanzielle Leistungen) anzubieten. Es kommen aber nicht nur Leistungen und Hilfen an den Arbeitgeber in Frage, sondern auch Hilfen für den beschäftigten schwerbehinderten Menschen. So kann etwa bei personen- und verhaltensbedingten Schwierigkeiten für eine notwendige psychosoziale Betreuung gesorgt werden. Zu den begleitenden Hilfen im Arbeitsleben vgl. u. 5.3.
Ziel der Maßnahmen der Prävention ist die möglichst dauerhafte Sicherung des Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses.
§ 84 Abs. 2 SGB IX enthält Regelungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement. Dadurch soll gesundheitlichen Störungen entgegengewirkt werden. Beabsichtigt ist eine frühzeitige Intervention im Sinne von Rehabilitation statt Entlassung beim Auftreten gesundheitlicher Störungen. Ziel ist es, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und soweit erforderlich zu verbessern und Schwierigkeiten bei der Beschäftigung möglichst nicht entstehen zu lassen, sie jedenfalls möglichst frühzeitig zu beheben, damit der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Maßnahmen sind ausdrücklich nicht beschränkt auf behinderte oder schwerbehinderte Beschäftigte. Sie sollen alle Beschäftigten einschließen. Konkret ist geregelt, dass der Arbeitgeber in allen Fällen bei einer länger als sechs Wochen andauernden oder bei wiederholter Erkrankung des Beschäftigten zur Kontaktaufnahme mit der betrieblichen Interessenvertretung („Interessenvertretung nach § 93") und bei schwerbehinderten Menschen mit der Schwerbehindertenvertretung verpflichtet ist. Gemeinsam mit diesen Interessenvertretungen und mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person sind die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die nach § 23 SGB IX eingerichteten Servicestellen und das Integrationsamt sollen hinzugezogen werden, wenn es um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. §§ 33, 34) oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben (vgl. § 102 SGB IX) geht. Diese haben darauf hinzuwirken, dass die erforderlichen Leistungen und Hilfen unverzüglich beantragt und schnellstmöglich, nämlich innerhalb der Frist nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IX, also einer Frist von längstens drei Wochen, erbracht werden. Die betriebliche Interessenvertretung und bei schwerbehinderten Menschen natürlich auch die Schwerbehindertenvertretung haben nach § 84 Abs. 2 die ausdrückliche Befugnis, die Klärung der anstehenden Fragen zu verlangen. Außerdem ist es deren ausdrückliche Aufgabe, darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtung aus der Vorschrift des § 84 erfüllt.