Die Beschäftigungspflicht ist im SGB IX im zweiten Kapitel des zweiten Teiles mit den §§ 71 ff. geregelt. Nach § 71 Abs. 1 SGB IX haben private und öffentliche Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich unter 40 Arbeitsplätzen sind abweichend davon verpflichtet, einen schwerbehinderten Arbeitnehmer, Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich unter 60 Arbeitsplätzen, zwei schwerbehinderte Arbeitnehmer zu beschäftigen. Schwerbehinderte Frauen sind bei der Beschäftigung besonders zu berücksichtigen.

Öffentliche Arbeitgeber spielen bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen erfahrungsgemäß eine große Rolle. Ihnen kommt auch eine gewisse Vorbildfunktion zu. Welche Stellen als öffentliche Arbeitgeber gelten, ist § 71 Abs. 3 SGB IX zu entnehmen. Danach sind öffentliche Arbeitgeber

  1. jede oberste Bundesbehörde mit ihren nachgeordneten Dienststellen, das Bundespräsidialamt, die Verwaltungen des Deutschen Bundestages und Bundesrates, das Bundesverfassungsgericht, die obersten Gerichtshöfe des Bundes, der Bundesgerichtshof jedoch zusammengefasst mit dem Generalbundesanwalt sowie das Bundeseisenbahnvermögen,
  2. jede oberste Landesbehörde und die Staats- und Präsidialkanzleien mit ihren nachgeordneten Dienststellen, die Verwaltungen der Landtage, die Rechnungshöfe (Rechnungskammern), die Organe der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder und jede sonstige Landesbehörde, zusammengefasst jedoch diejenigen Behörden, die eine gemeinsame Personalverwaltung haben,
  3. jede sonstige Gebietskörperschaft und jeder Verband von Gebietskörperschaften,
  4. jede sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts.

§ 72 SGB IX verpflichtet die Arbeitgeber, im Rahmen ihrer Beschäftigungspflicht nach § 71 besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Das sind nach Abs. 1:

  1. schwerbehinderte Menschen, die nach Art oder Schwere ihrer Behinderung im Arbeitsleben besonders betroffen sind, insbesondere solche
    1. die zur Ausübung der Beschäftigung wegen ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend einer besonderen Hilfskraft bedürfen oder
    2. deren Beschäftigung infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend mit außergewöhnlichen Aufwendungen für den Arbeitgeber verbunden ist oder
    3. die infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend offensichtlich nur eine wesentlich verminderte Arbeitsleistung erbringen können; also solche, deren Arbeitsleistung wenigstens 30 % geringer ist als diejenige eines Nichtbehinderten in vergleichbarer Funktion oder
    4. bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 allein infolge geistiger oder seelischer Behinderung oder eines Anfallsleidens vorliegt oder
    5. die wegen Art oder Schwere der Behinderung keine abgeschlossene Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes haben,
    6. schwerbehinderte Menschen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.

„Nicht nur vorübergehend" heißt, dass die Beeinträchtigungen von einer gewissen Dauer sein müssen. Als Anhaltspunkt ist ein Zeitraum von wenigstens 6 Monaten anzusehen.

Die Voraussetzungen von Nr. 1 Buchst. a, b und c dürften bei blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen häufig vorliegen.

Der Begriff des Arbeitsplat­zes ist in § 73 SGB IX geregelt. Danach sind nach Abs. 1 Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. § 73 Abs. 2 SGB IX enthält jedoch zahlreiche Ausnahmen. So gelten u.a. solche Stellen nicht als Arbeitsplätze, auf welchen beschäftigt werden:

  • Behinderte Menschen, die an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 in Betrieben oder Dienststellen teilnehmen. (Das sind Maßnahmen zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen),
  • Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften, das sind z. B. Ordensschwestern. Was die Nichtgeltung der Stellen von Geistlichen angeht, wird dem verfassungsrechtlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht in Bezug auf Geistliche Rechnung getragen. Damit ist es allerdings umstritten, ob Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben durch die Integrationsämter für Geistliche, etwa Leistungen der behinderungsgerechten Ausstattung von Arbeitsplätzen, möglich sind (vgl. § 102 Abs. 2 S. 3 SGB IX). Bejaht wird das vom BVerwG in der Entscheidung v. 14.11.2003, 5 C 13/02.
  • Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung erfolgt. (Diese Vorschrift erfasst in erster Linie Beschäftigungen zur Arbeits- und Beschäftigungstherapie),
  • Personen, die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Dritten Buch des SGB teilnehmen. Die Teilnahme schwerbehinderter Menschen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird jedoch dadurch besonders gefördert, dass sie auf Pflichtarbeitsplätze des Arbeitgebers angerechnet werden (§ 75 Abs. 1).

Nach § 73 Abs. 3 gelten ferner als Arbeitsplätze nicht Stellen, die nach der Natur der Arbeit oder nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nur auf die Dauer von höchstens acht Wochen besetzt sind (Saisonarbeitsplätze, z. B. zu Erntearbeiten) sowie Stellen, auf denen Beschäftigte weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.

Anders als in der „Vorgängervorschrift" des § 7 Abs. 3 SchwbG ist in § 73 Abs. 3 nicht mehr die Regelung enthalten, nach der als Arbeitsplätze nicht gelten die Stellen, auf denen Personen beschäftigt sind, die einen Rechtsanspruch auf Einstellung haben. Diese Regelung betraf hauptsächlich Rechts- und Studienreferendare. Die Nichtgeltung dieser Stellen als Arbeitsplätze wurde gestrichen mit der Folge, dass Referendare nunmehr auf „regulären" Arbeitsplätzen beschäftigt sind. Grund für die Streichung war die Absicht, den schwerbehinderten Referendaren ebenfalls Leistungen der begleitenden Hilfe, also auch Leistungen zu den Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz gewähren zu können (vgl. Hans-Peter Schell in Haufe SGB-Onlinekommentar RZ. 25 zu § 73 SGB IX).

Bei der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Pflichtarbeitsplatzzahl sind nicht alle Arbeitsplätze im Sinn von § 73 Abs. 1 SGB IX zu berücksichtigen. Nach § 74 Abs. 1 SGB IX zählen bei der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Zahl der Arbeitsplätze, auf denen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen sind (§ 71), Stellen, auf denen Auszubildende beschäftigt werden, nicht mit. Das Gleiche gilt für Stellen, auf denen Rechts- oder Studienreferendare und -referendarinnen beschäftigt werden, die einen Rechtsanspruch auf Einstellung haben.

Für die Erfüllung der Beschäftigungspflicht ist maßgebend, wie die beschäftigten Schwerbehinderten auf die vorhandenen Pflichtplätze angerechnet werden. Das wird in den §§ 75 und 76 SGB IX geregelt.

Nach § 75 Abs. 1 wird ein schwerbehinderter Mensch, der auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 Abs. 1 beschäftigt wird, auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet, soweit nicht eine Mehrfachanrechnung nach § 76 SGB IX erfolgt. Das gleiche gilt für Schwerbehinderte, die auf Arbeitsplätzen nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 oder 4, beschäftigt werden. Das sind Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 in Betrieben oder Dienststellen, also Maßnahmen zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen (Nr. 1) bzw. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Dritten Buch (Nr. 4).

Nach § 75 Abs. 2 wird ein schwerbehinderter Mensch, der in Teilzeitbeschäftigung kürzer als betriebsüblich, aber nicht weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt wird, auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Trotz Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf weniger als 18 Stunden erfolgt die Anrechnung, wenn die niedrigere Arbeitszeit infolge von Altersteilzeit gilt. Wird ein schwerbehinderter Mensch weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt, lässt die Agentur für Arbeit die Anrechnung auf einen dieser Pflichtarbeitsplätze zu, wenn die Teilzeitbeschäftigung wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist. Dabei steht der Bundesagentur für Arbeit aber kein Ermessen zu. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, muss die Anrechnung erfolgen.

Nach § 75 Abs. 2a wird ein schwerbehinderter Mensch, der im Rahmen einer Maßnahme zur Förderung des Übergangs aus der Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 5 Abs. 4 Satz 1 der Werkstättenverordnung) beschäftigt wird, auch für diese Zeit auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze angerechnet.

Wenn der Arbeitgeber selbst schwerbehindert ist, wird auch er auf einen Pflichtplatz angerechnet (§ 75 Abs. 3 SGB IX). Diese Vorschrift gilt nur für natürliche Personen, nicht jedoch für Arbeitgeber, die juristische Personen oder Personengesamtheiten oder Personen, die Organe oder gesetzliche Vertreter juristischer Personen oder Personengesamtheiten sind. Personen, die als Organe und gesetzliche Vertreter juristischer Personen oder Personengesamtheiten tätig sind, sind selbst nicht Arbeitgeber. Arbeitgeber ist in diesem Fall die juristische Person oder Personengesamtheit (vgl. Haufe SGB-Onlinekommentar RZ. 14 zu § 75 SGB IX).

Um Anreize für die Beschäftigung besonders benachteiligter schwerbehinderter Menschen zu schaffen, sieht § 76 SGB IX als Ausnahme vom Grundsatz des § 75 Abs. 1 SGB IX, wonach Schwerbehinderte auf einen Pflichtplatz angerechnet werden, die Möglichkeit der Mehrfachanrechnung bis zu höchstens 3 Pflichtplätze vor.

Der Gesetzgeber hat die Mehrfachanrechnung auf besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S.d. § 72 Abs. 1 sowie auf solche schwerbehinderte Menschen, die wegen ihrer Behinderung in Teilzeit beschäftigt sind, beschränkt. Die Mehrfachanrechnung (regelmäßig zweifach, in besonderen Fällen dreifach) gilt ferner für schwerbehinderte Menschen, die zur beruflichen Ausbildung beschäftigt werden. Mit dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen werden durch die Ergänzung des Abs. 1 Satz 2 die schwerbehinderten Menschen, die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden, ausdrücklich zu den Personengruppen gezählt, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass ihre Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt.

Schwerbehinderte Menschen im Sinn von § 72 Abs. 1 sind

  1. schwerbehinderte Menschen, die nach Art oder Schwere ihrer Behinderung im Arbeitsleben besonders betroffen sind, insbesondere solche,
    1. die zur Ausübung der Beschäftigung wegen ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend einer besonderen Hilfskraft bedürfen oder
    2. deren Beschäftigung infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend mit außergewöhnlichen Aufwendungen für den Arbeitgeber verbunden ist oder
    3. die infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend offensichtlich nur eine wesentlich verminderte Arbeitsleistung (Minderleistung von mindestens 30 %) erbringen können oder
    4. bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 allein infolge geistiger oder seelischer Behinderung oder eines Anfallsleidens vorliegt oder
    5. die wegen Art oder Schwere der Behinderung keine abgeschlossene Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes haben,
    6. schwerbehinderte Menschen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.

Blinde oder hochgradig Sehbehinderte, welche auf Assistenzleistungen oder auf eine besonders aufwändige Arbeitsplatzausstattung angewiesen sind, werden von dieser Bestimmung erfasst und können danach auf bis zu 3 Pflichtplätze angerechnet werden.

Nach § 76 Abs. 2 SGB IX wird ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Das gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 35 Abs. 2 SGB IX, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Es handelt sich um die Zeiten, die zum Praxiserwerb im Rahmen einer Ausbildung in einem Berufsbildungs- oder Berufsförderungswerk oder vergleichbaren Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt werden. Zu den Ausbildungsstellen gehören auch Stellen, auf denen Beamtenanwärter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ausgebildet werden (BSG, Urteil v. 29.7.1993, 11 RAr 41/92). Die Bundesagentur für Arbeit hat bei Auszubildenden hinsichtlich der Anrechnung auf 2 Plätze kein Ermessen. Sie kann die Anrechnung in diesen Fällen jedoch auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt (§ 76 Abs. 2 S. 3 SGB IX). Das ist für blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen in aller Regel zu bejahen.

Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch nach § 76 Abs. 2 S. 4 SGB IX im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet, sofern nicht nach § 76 Abs. 1 eine Anrechnung auf 3 Pflichtarbeitsplätze erfolgt.

Bei der Entscheidung über Mehrfachanrechnungen in den genannten Fällen hat die Bundesagentur für Arbeit, die für die Mehrfachanrechnung zuständig ist (§ 104 Abs. 1 Nr. 8), volles Ermessen („kann zulassen"). Das Ermessen wird jedoch, was die in § 72 Abs. 1 und – aufgrund des Satzes 2 - die in § 75 Abs. 2 genannten Personengruppen angeht, im Hinblick auf eine Zweifachanrechnung eingeschränkt sein und sich damit im Wesentlichen darauf erstrecken können, ob eine Dreifachanrechnung in Betracht kommt (Haufe SGB-Onlinekommentar RZ. 9 zu § 76).

Die Entscheidung über die Mehrfachanrechnung ist ein Verwaltungsakt, der mit Widerspruch und Klage angegriffen werden kann.

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