Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehört nach § 33 Abs. 3 Nr. 2a SGB IX auch die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen unterstützter Beschäftigung. Ziel einer unterstützten Beschäftigung ist es nach § 38a Abs. 1 S. 1 SGB IX behinderten Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Die unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung (§ 38a Abs. 1 S. 2 SGB IX). § 38a SGB IX eröffnet besonders betroffenen behinderten Menschen, insbesondere denjenigen die bislang typischerweise als werkstattbedürftig nach § 136 SGB IX eingestuft wurden, die Chance auf Arbeit in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die Zielgruppe sind solche behinderten Menschen, die von einer Ausbildung nach dem BBiG oder der HWO überfordert, von der Beschäftigung in einer WfBM aber unterfordert sind. Mit § 38a SGB IX wurde eine Lücke in den Förderinstrumenten geschlossen.
Der Fördertatbestand unterstützte Beschäftigung ist von den Leistungen zur Verbesserung der Qualifizierung und Beschäftigungschancen von jüngeren Menschen mit Vermittlungshemmnissen nach den §§ 235b, 240ff. SGB III und Perspektiven für Langzeitarbeitslose mit besonderen Vermittlungshemmnissen nach § 16a SGB II, zur Verbesserung der Qualifizierung und Beschäftigungschancen von jüngeren Menschen mit Vermittlungshemmnissen abzugrenzen. Gegenüber der unterstützten Beschäftigung zielen diese Leistungen auf andere Personengruppen. Das heißt: Unterstützte Beschäftigung zielt auf behinderte Menschen, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, ohne Hilfe eine Beschäftigung aufzunehmen. Ihr ausschließliches Vermittlungshemmnis ist die Schwere der Behinderung. Daher erhalten sie im Gegensatz zu den neuen Instrumenten der Beschäftigungsförderung beim Erlernen aller einzelnen Arbeitsschritte die Hilfe eines externen Betreuers (Jobcoaching). Eine solche Unterstützung ist bei den genannten neuen Leistungen im SGB III so nicht vorgesehen (Wolfgang Rombach in SGb H. 02 2009 S. 61 ff).
Mit der Einführung der „unterstützten Beschäftigung“ entspricht der Gesetzgeber der Forderung aus Art. 27 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und dem darin enthaltenen Grundsatz der verstärkten Integration behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Wesentlich bei der unterstützten Beschäftigung ist der Grundsatz „erst platzieren, dann qualifizieren", d.h. die Qualifikation erfolgt direkt am Arbeitsplatz und nicht vorab in Sondereinrichtungen, wie z.B. Berufsbildungswerken oder Werkstätten für behinderte Menschen. Mit Hilfe der Qualifizierung im Rahmen einer geförderten Tätigkeit können sich durchaus neue Berufschancen für blinde und sehbehinderte Menschen ergeben, die früher als angelernte Kräfte in der Industrie oder im Blindenhandwerk tätig waren und die einer Qualifizierung nach dem BBiG oder der HWO nicht gewachsen sind, für die aber eine Werkstatt für behinderte Menschen nicht das richtige Angebot ist.
Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten nach § 38a Abs. 2 S. 1 SGB IX behinderte Menschen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Bei ihr wird der behinderte Mensch auf einem konkreten Arbeitsplatz eingearbeitet. Die Leistungen umfassen nach § 38a Abs. 2 S. 2 SGB IX auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der behinderten Menschen.
Auf die Maßnahmen der unterstützten Beschäftigung besteht ein Rechtsanspruch. Die Leistungen werden gem. § 38a Abs. 2 S. 3 SGB IX vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 SGB IX erbracht. Sie muss von allen Rehabilitationsträgern erbracht werden, deren Leistungsgesetze auf diese Vorschrift verweisen (§ 7 SGB IX). Die Bundesagentur für Arbeit erbringt nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 SGB III für behinderte Menschen allgemeine und erforderlichenfalls besondere Leistungen nach dem SGB III und dem SGB IX. Sie fördert die unterstützte Beschäftigung als besondere Maßnahme nach §§ 102 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB III und erbringt Leistungen nach §§ 103 ff. SGB III (§§ 104 und 106 SGB II). Dies wird angesichts der Hauptzielgruppe (Schulabgänger) auch der Regelfall sein. Je nach Fallgestaltung kommen aber auch ein Rentenversicherungsträger (§ 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 2a SGB IX), ein Unfallversicherungsträger (§ 35 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 2a SGB IX) oder ein Träger der Versorgungsverwaltung (§ 26 Abs. 1 BVG i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 2a SGB IX) in Betracht.
Die Maßnahmen der individuellen betrieblichen Qualifizierung werden für die Dauer von bis zu zwei Jahren erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
Die Leistung der individuellen betrieblichen Qualifizierung kann - wie jede Teilhabeleistung - auch in der Form des persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX ausgeführt werden.
Leistungen der Berufsbegleitung erhalten behinderte Menschen nach § 38a Abs. 3 SGB IX insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die berufsbegleitenden Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 oder 5 SGB IX von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
Die unterstützte Beschäftigung und damit auch die Durchführung der Qualifikation ist beim zuständigen Rehabilitationsträger zu beantragen. Sie wird dann in dessen Auftrag durchgeführt (§ 38a Abs. 5 SGB IX). Eingeleitet werden die Maßnahmen durch eine Prognose nach § 33 Abs. 4 SGB IX. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt. Beauftragt mit der Durchführung können Integrationsfachdienste oder andere geeignete Träger werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der behinderten Menschen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und ausreichend Berufserfahrung besitzen,
- in der Lage sein, den Teilnehmern geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
- über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen und
- ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB IX anwenden.
Der Arbeitgeber, bei dem der Rehabilitand unterstützt beschäftigt wird, erhält kein Entgelt, hat aber auch keine Aufwendungen. Der Dienstleister sucht für einen behinderten Menschen gezielt einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen, der seinen Fähigkeiten entspricht und mit seiner Behinderung vereinbar ist. Aufgabe des Dienstleisters ist es, den behinderten Menschen in allen einzelnen Arbeitsschritten soweit anzuleiten und zu qualifizieren, bis er seine Tätigkeit ausüben kann. Ziel einer erfolgreichen Einarbeitung ist, dass ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsvertrag abgeschlossen wird.