Der 3. Abschnitt "Rechtsbehelfe" führt Instrumente ein, die der Durchsetzung der Rechte dienen.

Rechtsvertretung nach § 12 BGG Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren:

Werden behinderte Menschen in ihren Rechten aus § 7 Abs. 2 (Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot durch Bundesbehörden), § 8 (Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr), § 9 Abs. 1 (Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen), § 10 Abs. 1 S. 2 (Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken) oder § 11 Abs. 1 (Barrierefreie Informationstechnik) verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände, die nach § 13 Abs. 3 BGG das Verbandsklagerecht haben, aber nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen, d. h. an Stelle des behinderten Menschen das Verfahren betreiben. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Bundesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 BGG oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 6 Abs. 3 BGG vorsehen. Der Verband tritt hier selbst als Kläger auf. Es handelt sich um eine Prozessstandschaft. Das bedeutet, der Verband hat die Befugnis, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen, während ein Vertreter in fremdem Namen handelt. Die Verfahrensvoraussetzungen müssen aber bei dem in seinen Rechten verletzten behinderten Menschen vorliegen. Es muss also bei diesem die Klagebefugnis gegeben sein. Die Klage muss zulässig sein usw. Selbstverständlich bleibt es dem betroffenen behinderten Menschen überlassen, ob er selbst in eigenem Namen sein Recht verfolgen will, ob er sich dabei eines Vertreters, z. B. eines Rechtsanwaltes oder der Vertretung durch einen Verband bedienen will oder ob er der Wahrnehmung des Rechts im Wege der Prozessstandschaft durch einen Verband zustimmt.

Verbandsklagerecht:

Mit § 13 BGG wurde darüber hinaus ein echtes Verbandsklagerecht gesetzlich normiert.

Ein nach § 13 Abs. 3 anerkannter Verband kann gemäß § 13 Abs. 1 BGG, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben.

Die Klage muss sich auf einen der in § 13 Abs. 1 genannten Gegenstände beziehen. Das sind:

  1. nach dem Bundesgleichstellungsgesetz:
    • Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot durch Bundesbehörden (§ 7 Abs. 2 BGG),
    • die Verpflichtung des Bundes zur Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr (§ 8 Abs. 1),
    • das Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen (§ 9 Abs. 1),
    • die Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken für blinde Menschen in einer für sie wahrnehmbaren Form (§ 10 Abs. 1 Satz 2)
    • die Verwendung barrierefreier Informationstechnik bei Internetauftritten und -angeboten sowie bei grafischen Programmoberflächen (§ 11 Abs. 1),
  2. folgende Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in anderen Bundesgesetzen:
    • § 46 Abs. 1 S. 3 und 4 der Bundeswahlordnung (Barrierefreiheit der Wahlräume),
    • § 39 Abs. 1 S. 3 und 4 der Europawahlordnung (Barrierefreiheit von Wahlräumen),
    • § 54 S. 2 der Wahlordnung für die Sozialversicherung (Stimmabgabe behinderter Wähler). Ein Wähler, der infolge einer Behinderung, oder weil er des Lesens unkundig ist, bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist, kann eine Person seines Vertrauens, der er sich bei der Stimmabgabe bedienen will bestimmen, und dies der Wahlleitung mitteilen. Blinden oder sehbehinderten Wählern wird für das Kennzeichnen des Stimmzettels auf Antrag vom Versicherungsträger kostenfrei eine Wahlschablone zur Verfügung gestellt. Das Nähere regelt der Bundeswahlbeauftragte.
    • § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Danach besteht die Verpflichtung der Leistungsträger von Sozialleistungen, darauf hinzuwirken, dass ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.
    • § 4 Abs. 1 Nr. 2a des Gaststättengesetzes. Die Vorschrift enthält die Voraussetzungen, unter welchen für eine barrierefreie Benutzbarkeit der für die Gäste bestimmten Räume durch behinderte Menschen gesorgt werden muss.
    • § 3 Nr. 1 Buchstabe d des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Die Vorschrift verpflichtet zur Beachtung der Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung und zur möglichst weitreichenden Beachtung der Anforderungen der Barrierefreiheit und macht das zur Voraussetzung für eine Förderung.
    • § 3 Abs. 1 S. 2 Bundesfernstraßengesetz. Gefordert wird die Beachtung der Barrierefreiheit beim Bau und bei der Unterhaltung von Bundesfernstraßen durch die Baulastträger.
    • § 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes. Eine Erlaubnis zur Ausübung einer Sondernutzung an Bundesfernstraßen soll danach nicht erteilt werden, wenn behinderte Menschen durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt würden.
    • § 8 Abs. 3 S. 3 und 4 des Personenbeförderungsgesetzes. Er regelt die Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen bei der Planung des öffentlichen Personennahverkehrs. Der Nahverkehrsplan hat die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen; im Nahverkehrsplan werden Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei seiner Aufstellung sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte der Aufgabenträger - soweit vorhanden - anzuhören.
    • § 13 Abs. 2a des Personenbeförderungsgesetzes. Danach kann im öffentlichen Personennahverkehr die Genehmigung versagt werden, wenn der beantragte Verkehr mit einem Nahverkehrsplan im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 und 3 nicht in Einklang steht.
    • § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung. Danach sind die Vorschriften dieser Verordnung so anzuwenden, dass die Benutzung der Bahnanlagen und Fahrzeuge durch behinderte Menschen und alte Menschen sowie Kinder und sonstige Personen mit Nutzungsschwierigkeiten ohne besondere Erschwernis ermöglicht wird. Die Eisenbahnen sind verpflichtet, zu diesem Zweck Programme zur Gestaltung von Bahnanlagen und Fahrzeugen zu erstellen, mit dem Ziel, eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit für deren Nutzung zu erreichen. Dies schließt die Aufstellung eines Betriebsprogramms mit den entsprechenden Fahrzeugen ein, deren Einstellung in den jeweiligen Zug bekannt zu machen ist. Die Aufstellung der Programme erfolgt nach Anhörung der Spitzenorganisationen von Verbänden, die nach § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannt sind. Die Eisenbahnen übersenden die Programme über ihre Aufsichtsbehörden an das für das Zielvereinbarungsregister zuständige Bundesministerium. Die zuständigen Aufsichtsbehörden können von den Sätzen 2 und 3 Ausnahmen zulassen.
    • § 3 Abs. 5 S. 1 der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung. Zu den baulichen Anforderungen beim Betrieb von Straßenbahnen gehören danach auch Maßnahmen, die Behinderten, älteren oder gebrechlichen Personen, werdenden Müttern, Kindern und Fahrgästen mit kleinen Kindern die Benutzung der Betriebsanlagen und Fahrzeuge ohne besondere Erschwernis ermöglichen. Einrichtungen für diese Personen sollen durch Hinweise gekennzeichnet sein.
    • §§ 19d und 20b des Luftverkehrsgesetzes. Nach § 19d haben die Unternehmer von Flughäfen für eine gefahrlose und leicht zugängliche Benutzung von allgemein zugänglichen Flughafenanlagen, Bauwerken, Räumen und Einrichtungen durch Fluggäste Sorge zu tragen. Dabei sind die Belange von behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung besonders zu berücksichtigen, mit dem Ziel, Barrierefreiheit zu erreichen. Die Einzelheiten der Barrierefreiheit können durch Zielvereinbarungen im Sinne des § 5 des Behindertengleichstellungsgesetzes festgelegt werden. Nach § 20d haben die Luftfahrtunternehmen, die Luftfahrzeuge mit mehr als 5,7 Tonnen Höchstgewicht betreiben für eine gefahrlose und leicht zugängliche Benutzung der Luftfahrzeuge Sorge zu tragen. Dabei sind die Belange von behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung besonders zu berücksichtigen, mit dem Ziel, Barrierefreiheit zu erreichen. Die Einzelheiten der Barrierefreiheit können auch hier durch Zielvereinbarungen im Sinne des § 5 des Behindertengleichstellungsgesetzes festgelegt werden.
  3. die Vorschriften des Bundesrechts außerhalb des BGG zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen. Das sind:
    • § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, die Gebärdensprache zu verwenden. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Das ist für taubblinde Menschen von großer Bedeutung.
    • § 57 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Diese Bestimmung dient der Förderung der Verständigung Hörbehinderter. Bedürfen hörbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit auf Grund ihrer Behinderung zur Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass der Hilfe Anderer, werden ihnen die erforderlichen Hilfen zur Verfügung gestellt oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet. Maßgebend sind für diesen Anspruch jeweils die Regelungen in den Spezialgesetzen. Das ergibt sich aus § 7b SGB IX.
    • § 19 Abs. 1 S. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch Amtssprache. Die Amtssprache ist deutsch. Hörbehinderte Menschen haben das Recht, zur Verständigung in der Amtssprache Gebärdensprache zu verwenden; Aufwendungen für Dolmetscher sind von der Behörde oder dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger zu tragen. Diese Vorschrift muss auch für andere Verständigungsmittel wie das Lormen gelten. Sonst stünde sie im Widerspruch zu § 6 BGG.
Weitere Voraussetzungen für das Verbandsklagerecht:

Eine Klage ist nach § 13 Abs. 2 BGG nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über Besondere Vorschriften für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Bundes- oder einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

Nach § 13 Abs. 3 BGG kann das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung auf Vorschlag der Mitglieder des Beirates für die Teilhabe behinderter Menschen, die nach § 64 Abs. 2 S. 2, 1., 3. oder 12. Aufzählungspunkt des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berufen sind, die Anerkennung erteilen. Es soll die Anerkennung erteilen, wenn der vorgeschlagene Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf Bundesebene zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und
  5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist.

Der DBSV und der DVBS sind anerkannt worden.

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