Nach § 69 Abs. 5 SGB IX stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des § 69 Abs. 4 SGB IX über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Das bedeutet, dass neben dem Bescheid über die Feststellung des Vorliegens einer Behinderung und den GdB ein Ausweis beansprucht werden kann und zwar selbstverständlich auch dann, wenn eine Feststellung durch die dafür zuständige Behörde gemäß § 69 Abs. 2 S. 1 deshalb nicht erfolgt, weil die Behinderung und der GdB bereits in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist. Auf die Ausstellung des Ausweises muss ein gesonderter Antrag gestellt werden. Umstritten ist, ob die Ausstellung des Ausweises neben der Feststellung der Behinderung und ihres Grades ein eigener Verwaltungsakt ist oder nicht, weil die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen einer Behinderung, zum GdB und zu dem Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale sämtlich in dem Verfahren nach § 69 Abs. 1 und 4 getroffen werden, in den Feststellungsbescheid Eingang finden und in den Ausweis lediglich eingetragen werden (Haufe Onlinekommentar Rz. 15 zu § 69 SGB IX). Für die Annahme eines selbständig mit Rechtsmitteln angreifbaren Verwaltungsaktes spricht, dass es Fälle gibt, in denen es zwar einen Anspruch auf die Feststellung der Behinderung nach § 69 Abs. 1 gibt, nicht aber auf Ausstellung des Ausweises nach § 69 Abs. 5, der Antrag auf Ausstellung des Ausweises also abgelehnt wird. Das ist der Fall bei Schwerbehinderten mit Wohnsitz im Ausland , die aufgrund sozial- oder steuerrechtlicher Ansprüche mit sog. Inlandsbezug Anspruch auf die Feststellung der Behinderung haben (die sie dann beim deutschen Finanzamt vorlegen können), nicht aber einen Anspruch auf Ausstellung des Ausweises (der sie dann z.B. auf Reisen in Deutschland zur Freifahrt berechtigen würde). Vgl. zum Ganzen Urteil des BSG vom 05.07.2007 Az. B 9/9a SB 2/07 R = SozR 4-3250 § 69 Nr. 6. Ein solcher Auslandsbezug, bei dem ausnahmsweise das Territorialitätsprinzip des § 30 SGB I durchbrochen wird, ist z.B. der Anspruch auf Rentenleistungen oder eine bestehende Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland.
Der schwerbehinderte Mensch ist nicht verpflichtet, sondern berechtigt, einen Ausweis zu beantragen, da die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch auch mit dem Feststellungsbescheid nachgewiesen werden könnte und ein Ausweis hierfür nicht notwendig wäre. In einer Vielzahl von Rechtsvorschriften wird jedoch für den Nachweis einer Behinderung ausdrücklich die Vorlage eines Ausweises verlangt, so in § 65 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) zur Geltendmachung von Freibeträgen nach § 33b EStG.
Die Einzelheiten zur Ausstellung und Gestaltung des Schwerbehindertenausweises sind in der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) geregelt.
Der Ausweis soll zwar in seiner Gültigkeit grundsätzlich befristet ausgestellt werden (§ 69 Abs. 5 S. 3 SGB IX). In der Regel beträgt die Frist 5 Jahre (§ 6 Abs. 2 S. 1 SchwbAwV). Davon kann aber abgesehen werden, wenn mit Änderungen nicht zu rechnen ist (§ 6 Abs. 2 S. 2 SchwbAwV).
Den Schwerbehindertenausweis gibt es in zwei Ausgestaltungen:
- Der "normale" grüne Ausweis (§ 1 Abs. 1 SchwbAwV) bescheinigt die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, ferner den Grad der Behinderung und genauere gesundheitliche Merkmale. Mit diesem Ausweis kann der Schwerbehinderte belegen, welche Rechte und Nachteilsausgleiche ihm nach dem SGB IX oder nach anderen Vorschriften zustehen (z.B. Steuererleichterungen).
- Den zur Freifahrt im öffentlichen Personenverkehr berechtigenden Schwerbehindertenausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck (linke Seite grün, rechte Seite orange, § 1 Abs. 2 SchwbAwV).
Ab 1. Januar 2015 wird der Schwerbehindertenausweis nur noch als Identifikationskarte nach dem in der Anlage zur SchwbAwV abgedruckten Muster ausgestellt (§ 1 Abs. 5 SchwbAwV). Alte Ausweise bleiben jedoch gültig. Alle Nachteilsausgleiche können auch mit den alten Ausweisen in Anspruch genommen werden.
Der Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen dienen die im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen.
Auf der Vorderseite werden nach § 1 Abs. 3 und § 2 SchbAwV eingetragen, um die Zugehörigkeit zu einer Sondergruppe zu kennzeichnen:
- Die Bezeichnung "Kriegsbeschädigt", wenn der schwerbehinderte Mensch wegen eines Grades der Schädigungsfolgen von mindestens 50 Anspruch auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz hat (§ 2 Abs. 1 SchwbAwV).
- "VB", wenn der schwerbehinderte Mensch wegen eines Grades der Schädigungsfolgen von mindestens 50 Anspruch auf Versorgung nach anderen Bundesgesetzen in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes hat oder wenn der Grad der Schädigungsfolgen wegen des Zusammentreffens mehrerer Ansprüche auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz, nach Bundesgesetzen in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes oder nach dem Bundesentschädigungsgesetz in seiner Gesamtheit mindestens 50 beträgt und nicht bereits die Bezeichnung nach Absatz 1 ("Kriegsbeschädigt") oder ein Merkzeichen nach Nummer 2 einzutragen ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAwV). Das BVG findet u. a. auch Anwendung auf Wehrdienstbeschädigungen im Sinn von § 80 Soldatenversorgungsgesetz, Zivildienstbeschädigungen nach § 47 Zivildienstgesetz, Impfschäden im Sinn von § 60 Infektionsschutzgesetz und gesundheitliche Schäden infolge einer Straftat nach § 1 des Opferentschädigungsgesetzes.
- "EB", wenn der schwerbehinderte Mensch wegen eines Grades der Schädigungsfolgen von mindestens 50 Entschädigung nach § 28 des Bundesentschädigungsgesetzes erhält (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 SchwbAwV).
Im Ausweis sind nach § 3 Abs. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung auf der Rückseite folgende Merkzeichen einzutragen:
- "aG", wenn der schwerbehinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist (zu den gesundheitlichen Voraussetzungen vgl. Versorgungsmedizinische Grundsätze Teil D Nr. 3),
- "H", wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes oder entsprechender Vorschriften ist. (Vgl. dazu Grundsätze Teil A Nr. 4 und 5). Nach den Grundsätzen Teil A Nr. 4 ist bei bestimmten Behinderungen stets von Hilflosigkeit auszugehen, ohne dass es dafür einer besondere Nachprüfung bedarf. Das gilt u. a. für Blindheit und hochgradige Sehbehinderung.
- "BL", wenn der schwerbehinderte Mensch blind im Sinne des § 72 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder entsprechender Vorschriften ist (vgl. Grundsätze Teil A Nr. 6 und oben 2.3),
- "GL", wenn der schwerbehinderte Mensch gehörlos im Sinne des § 145 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist (vgl. Grundsätze Teil D Nr. 4). Dort heißt es: "Gehörlos sind nicht nur Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Das sind in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist."
- "RF", wenn der schwerbehinderte Mensch die landesrechtlich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht erfüllt,
- "1. Kl.", wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit Eisenbahnen tariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt. Dieser Nachteilsausgleich kommt für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes mit einer MdE von mindestens 70 v.H. in Betracht, wenn die Benutzung der 2. Wagenklasse unzumutbar ist.
Im Ausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck sind folgende Eintragungen vorgedruckt (§ 3. Abs. 2 SchwbAwV):
- auf der Vorderseite das Merkzeichen B und der Satz: "Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen." In § 146 Abs. 2 SGB IX heißt es dazu: "(2) Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt." (Zu den gesundheitlichen Voraussetzungen vgl. Grundsätze Teil D Nr. 2.) Vor dem 12.12.2006 lautete der Eintrag noch "Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen". Diese Formulierung führte häufig zu Missverständnissen. Die vor dem 12.12.2006 ausgestellten Schwerbehindertenausweise behalten zwar ihre Gültigkeit. Auf Antrag wird jedoch ein Ausweis mit dem durch Gesetzesänderung ab 12.12.2006 gültigen Vermerk versehener Ausweis ausgestellt.
- auf der Rückseite im ersten Feld das Merkzeichen G bei erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. (Zu den gesundheitlichen Voraussetzungen vgl. Grundsätze Teil D Nr. 1.)
Wenn eines dieser beiden Merkzeichen nicht zutrifft, ist es zu löschen.
Schwerbehinderte Menschen, die das Recht auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr in Anspruch nehmen können, erhalten auf Antrag gem. § 3a Abs. 1 der SchwbAwV ein Beiblatt nach dem in der Anlage zu dieser Verordnung abgedruckten Muster 2 in der Grundfarbe weiß. Das Beiblatt ist Bestandteil des Ausweises und nur zusammen mit dem Ausweis gültig. Zur Wahrnehmung des Rechts auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr ist zum Beiblatt die Wertmarke nach § 3a Abs. 2 SchwbAwV erforderlich.