In der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) haben sich bislang 186 Staaten verpflichtet, die darin festgeschriebenen Menschenrechte in ihrem Land zu verwirklichen. Alle vier Jahre müssen sie Rechenschaft darüber ablegen. Daraufhin formuliert der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung "Abschließende Bemerkungen" (Concluding Observations), in denen er festhält, welche Fortschritte das jeweilige Land gemacht hat und wo er Handlungsbedarf sieht.
Gelobt hatte der Ausschuss bei der letzten Prüfung, die im September 2023 abgeschlossen war, verschiedene gesetzliche Neuregelungen in Deutschland. Beispielsweise die Reform des Betreuungsrechts, das sich jetzt deutlicher am Willen der unterstützten Person orientiert. Oder das Bundesteilhabegesetz, wodurch Leistungen für Menschen mit Behinderungen nun personenzentriert und nach den Wünschen der Menschen angeboten werden sollen. Auch die Aufhebung des bis 2019 geltenden Wahlrechtsausschlusses für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderung zählt zu diesen Fortschritten.
Doch speziell bei den Artikeln der Konvention, in denen es um den Abbau von Sonderstrukturen und Diskriminierung geht, hagelte es deutliche Kritik. Der UN-Ausschuss fordert Deutschland nachdrücklich auf, Sondereinrichtungen wie Förderschulen, Werkstätten oder auch große Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen abzubauen. Außerdem wird Deutschland dafür kritisiert, dass das alltägliche Leben vieler Menschen mit Behinderung durch einen eklatanten Mangel an Barrierefreiheit geprägt ist, etwa beim Zugang zu Kultur- und Freizeitangeboten oder auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Auch der Aufbau eines inklusiven Gesundheitssystems wird angemahnt.
Eine im Auftrag der Aktion Mensch durchgeführte Studie hat nun untersucht, inwiefern sich die Fortschritte der Vertragsstaaten miteinander vergleichen lassen. Hierfür hat die Rechtswissenschaftlerin Dr. Fiona MacDonald 29 Abschließende Bemerkungen analysiert, die der UN-Ausschuss im Prüfverfahren 2011 bis 2015 an 16 Staaten, bzw. im Prüfverfahren 2019 - 2023 an 13 von ihnen gerichtet hat. Auch wenn die Datenlage noch dünn ist, zeichnet sich ab, dass Deutschland in wichtigen Bereichen stärker auf der Bremse steht als andere Länder.
Die 40-seitige Studie von Januar 2024 ist auf Englisch und in deutscher Übersetzung auf der Webseite der aktion-mensch.de zugänglich:
Laengsschnittstudie-Umsetzung-UN-Behindertenrechtskonvention.pdf