Vorbemerkung

"Spielen" ist ein komplexes und vielfältiges Thema. Deshalb gehe ich hier ausschließlich auf das Thema "Gesellschaftsspiele für blinde und sehbehinderte Menschen" sowie die Möglichkeit, diese gemeinsam mit sehenden Spielbegeisterten zu spielen, ein.

Ich bin geburtsblind. Seit meiner Kindheit gehören Gesellschaftsspiele jeglicher Art zu meinem Hobby.

Vorab meine kurze Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage: Natürlich kommt es, wie weiter unten erörtert, auf die Art des jeweiligen Spiels an, wenn es um barrierefreies Spielen geht. Doch so viel lässt sich pauschal sagen: Mit gutem Willen und Kreativität aller Beteiligten ist Vieles, jedoch nicht alles, möglich. Denn: Ohne dass sich sehende Mitspielende minimal umstellen, geht nichts. Für ein gleichberechtigtes Spiel zwischen sehenden und blinden/sehbehinderten Spielenden ist mindestens die Ansage der gewürfelten Zahlen oder der gespielten Karte nötig.

Wo können blinde und sehbehinderte Menschen Spiele ausprobieren oder kaufen?

Die Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte (SBS) in Zürich (www.sbs.ch) verleiht kostenlos die verschiedensten Arten von Spielen, auch mit Spielanleitungen in Brailleschrift, via Fernleihe. Voraussetzung ist die Mitgliedschaft in der SBS.

Blindenhilfsmittel-Firmen bieten eine Palette unterschiedlichster Spiele, die für blinde und sehbehinderte Menschen adaptiert wurden, zum Kauf an. Eine Zusammenstellung dieser Firmen und Einzelpersonen gibt es nach meinen Informationen zwar nicht, jedoch sind auf der Website https://www.pinwand-online.de (Link: Hilfsmittelfirmen und -zentralen) über 60 Anbieter gelistet, darunter auch eine Firma, die sich auf die Umrüstung von Spielen des Ravensburger Spieleverlags spezialisiert hat.

Tipps zur Adaption von Spielen

Mit Hilfe einer sehenden Person lassen sich handelsübliche Karten- und andere Spiele leicht und kostengünstig selbst adaptieren. Eine Adaption mit Klebefolien hält am besten, ist jedoch zeit- und kostenintensiver als andere Methoden.

Wer Kartenspiele adaptiert und keine Klebefolie verwenden möchte, sondern direkt auf die Karte schreibt, sollte darauf achten, dass sehende Mitspielende nicht schon von der Kartenrückseite her die Karte erkennen. Außerdem ist es sinnvoll, bei der Beschriftung der Karten immer dieselbe Zeichenanzahl zu verwenden (z. B. blaue 10 = b#10 und blaue 1 = b#01).

Ideen für die Adaption von Spielen, eine Vielzahl unterschiedlichster Spiele, die für blinde und sehbehinderte Menschen gut zugänglich sind (sortiert nach verschiedensten Kategorien) inklusive einer kurzen Erklärung und vieles mehr ist auf https://www.braillespiel.de zu finden.

Zu einigen Spielen gibt es unter https://www.inkludo-spiele.de/ bereits Erfahrungsberichte und kurze Spiele-Erklärungen von blinden und sehbehinderten Personen. Außerdem ist dort ein Spiel zu finden, das zwar eher für sehende Personen konzipiert wurde, aber leicht umgewandelt werden kann, damit es von blinden/sehbehinderten und sehenden Menschen gemeinsam gespielt werden kann. Zudem haben blinde und sehbehinderte Spielbegeisterte einen Kriterienkatalog zusammengestellt, wie Spiele beschaffen sein sollten, damit sie unkompliziert und barrierefrei gespielt werden können - ob Brett-, Karten-, Denk-, Wissens- oder Vorlesespiele.

Glücklicherweise gibt es aber auch Spiele, bei denen Spielsteine und Brett überhaupt nicht angepasst werden müssen, weil von Beginn an alle Spielekomponenten für blinde oder sehbehinderte Menschen gut handhabbar sind. Zu den Kartenspielen, die völlig ohne Adaption auskommen, gehört z. B. "Port Royal", da es komplett offen gespielt wird.

Wie finde ich Mitspielende?

In vielen Städten gibt es Treffen von Spielbegeisterten. Da dort in der Regel neue Spiele gespielt werden, ist hier ein gleichberechtigtes Miteinanderspielen eher schwierig. Doch auch manche Blinden- und Sehbehindertenvereine organisieren Veranstaltungen, um Spiele kennenzulernen und auszuprobieren. Zudem lassen sich z. B. Quiz- und Würfelspiele auch unkompliziert online oder am Telefon miteinander spielen.

Eine Möglichkeit, sich zum Thema "Gesellschaftsspiele" mit anderen, überwiegend blinden oder sehbehinderten Menschen auszutauschen und Tipps zu erhalten, bietet die WhatsApp-Gruppe "Spieletreff". Beitrittslink: https://chat.whatsapp.com/GtntRW5gw7S1mTikxhX96e

Persönliche Einschätzung

Kartenspiele, bei denen sich die offene Auslage der Karten in Grenzen hält, sind überhaupt kein Problem für ein inklusives Spielen. Ist die Auslage zu groß, kann es hilfreich sein, die Auslage mitzuschreiben. Spiele mit komplexen Spielbrettern, bzw. Spiele, bei denen es auch darauf ankommt, die genaue Position der anderen Mitspielenden präsent zu haben, sind eher schwierig, da sehende Mitspielende sich wesentlich schneller einen Überblick über die Gesamtlage im Spiel verschaffen und dadurch die notwendigen Spielstrategien effizienter anwenden können.

Mein Motto: Spielen gerne, doch nicht um jeden Preis, denn je nach Komplexität des Spiels macht Mitschreiben das Spiel anstrengend und die Freude kommt zu kurz.

Zur Autorin

Rita Schroll ist Diplom-Sozialpädagogin und leitet hauptberuflich das Hessische Koordinationsbüro für Frauen mit Behinderung (HKFB). Für den DVBS koordiniert sie außerdem das Mentoring-Projekt "TriTeam" und organisiert regelmäßig den "Ratschlag Arbeitsassistenz". In ihrer Freizeit bereitet ihr Spielen mit Anderen große Freude. Ihr momentaner Favorit: Stichmaster: Ein Kartenspiel für 3 - 5 Personen. Es kann mit einem Rommé-Kartenspiel gespielt werden, die Regeln variieren je nach ausgespielter Regelkarte - ein sehr abwechslungsreiches, vielfältiges und immer spannendes Spiel.

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