Liebe Leserinnen und Leser, liebe DVBS-Mitglieder,
die Worte Spiel und spielen wecken bei mir eine Unmenge an Assoziationen. Jede und jeder von uns spielt. Da sind die ganz unterschiedlichen Rollen, die wir tagtäglich in unser Leben integrieren, als Familienmitglied, als Studierende oder Mitarbeiter und Mitarbeiterin, in unserem Verein usw. Und da gibt es natürlich die Musikinstrumente, die wir spielen, ein Klavier, eine Gitarre oder eine Flöte (zu ihr siehe den Beitrag von Andrea Katemann). Ob wir sie spielend beherrschen, das muss das geschätzte Publikum entscheiden. Weiter gibt es das Karten- oder das Schachspiel (zu ihm siehe den Beitrag von Florian Weenen) und die anderen sportlichen Spiele, ob Blindenfußball, Blindentennis oder Showdown. Dazu gehört der Spielplan, mit dessen Hilfe die genannten Aktivitäten gesteuert werden, bis hin zum Endspiel.
Mit all diesen Begriffen lässt sich, wie gerade gezeigt, spielerisch umgehen. Nicht von ungefähr gibt es den Begriff des Spieltriebs. Spielen kann unterhalten, belehrend sein und befreiend. Kinder brauchen es, um sich in gewisser Weise die Welt anzueignen, und benötigen dazu die Unterstützung der Erwachsenen, wie Bettina Koletnig darlegt, auch wenn ihre Begeisterung sich manchmal in Grenzen hält.
Ein Spiel kann aber auch zur Sucht werden, wenn man in die Fänge des Glücksspiels gerät. So zeigt sich die Ambivalenz des Spiels. Wollen wir uns einem Spiel nicht ausliefern, so müssen wir seine und unsere Grenzen kennen und beachten, um nicht in seinem Strudel unterzugehen. Wenn ich hier die Schattenseiten des Spiels herausstelle, so bin ich natürlich in gewisser Weise ein Spielverderber. Aber vergessen wir nicht: es gibt auch noch das falsche Spiel, mit dessen Hilfe uns etwas vorgegaukelt, also vorgespielt wird. Solche falschen Spiele erleben wir gerade in unserer Gesellschaft in einem Maße von Wut, Neid und vielleicht auch Verzweiflung, das ich vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Dabei bin ich manchmal fassungslos über die rückwärtsgewandten Vorschläge, die mich über die unterschiedlichsten Kanäle erreichen. Hier wird uns von interessierter Seite vorgespielt, es gebe für die drängenden Probleme ganz einfache Lösungen. Dass sie aber mit Ausgrenzung und Diskriminierung verbunden sind, dass sie vielfach gegen unser Grundgesetz und einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens verstoßen, wird tunlichst unterschlagen. Das hat mit dem spielerischen Austesten von Grenzen nichts mehr zu tun, sondern ist offenbar bitterer Ernst. Als sehbehinderte und blinde Menschen, die auf gesellschaftliche Unterstützung angewiesen sind, dürfen wir solche Ausgrenzungstendenzen, auch wenn sie uns zurzeit noch nicht treffen, nicht einfach hinnehmen. Denken wir gemeinsam darüber nach, wie das aussehen könnte. Das wünscht sich
Ihr und Euer
Uwe Boysen