Von Norbert Bongartz
Der Arbeitsausschuss des DVBS tagte vom 25.–27.10.2024 in Bad Soden-Salmünster. 21 stimmberechtigte Mitglieder (Bezirks- und Fachgruppenleiter sowie die der Interessengruppen) und etwa 25 Stellvertretungen nahmen teil.
Demokratie und politische Teilhabe stärken
Ein wichtiges Thema war die Auseinandersetzung mit dem zunehmenden Rechtsradikalismus in der Gesellschaft und seine Auswirkung auf die Situation blinder und sehbehinderter Menschen. Dr. Mohammad Reza Malmanesh, der an der Philips-Universität in Marburg zum Thema „Blinde unter dem Hakenkreuz“ promoviert hat (1), hielt einen Vortrag zur Lage blinder Menschen im Nationalsozialismus. Er zeigte Parallelen zur heutigen Ausgrenzung von Minderheiten auf. Auch Zitate von Politikerinnen und Politikern der Alternative für Deutschland (AfD) wurden diskutiert. Sie belegten nachdrücklich, dass die AfD die Rechte behinderter Menschen schwächen will.
Malmanesh betonte: Demokratie muss immer verteidigt werden – auch wenn das Bewusstsein dafür abnimmt. In seiner Doktorarbeit zeigte er, wie Blinde damals selbst an der Ausgrenzung jüdischer Menschen beteiligt waren. Der DVBS will das Thema Demokratie künftig stärker aufgreifen. Werner Wörder betonte, dass Demokratie und Inklusion immer verteidigt werden müssten, gerade wenn eine deutlich steigende Zahl dieses als nicht mehr wichtig zu erachten scheine. Offen blieb die Frage, wie der DVBS mit rechtsgerichteten Tendenzen umgehen soll, falls sie in den eigenen Führungsgremien auftauchen sollten.
Bericht des Vorstands
Vorstandsvorsitzender Werner Wörder berichtete über positive Entwicklungen. Ein großer Schritt ist der geplante Neustart der Webseite. Eine Arbeitsgruppe entwickelte das Konzept. Die Agentur „anatom5“ übernimmt die Umsetzung. Der Vorstand ruft zur Mitwirkung an den Inhalten auf.
Ein Schwerpunkt bleibt die Mitgliedergewinnung. Das vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) ausgerichtete Louis-Braille-Festival 2024 war dabei besonders erfolgreich. Fördermitglieder sollen künftig gezielt angesprochen werden – am besten im eigenen Bekanntenkreis.
Vorstandsmitglied Harald Schoen kritisierte den Stillstand in der Rechtspolitik. Auch wenn es politisch nicht vorangeht: Die Selbsthilfe muss gleiche Teilhabe weiterhin einfordern. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt Mitte 2025 in Kraft (vgl. dazu die Beiträge von Uwe Boysen in horus 1/2025, S. 32 ff. / Brailleausgabe: S. 77 ff. und in dieser Ausgabe S. 36 ff. / Brailleausgabe: S. 240 ff.)
Berichte aus Gremien
Harald Schoen berichtete über die Europäische Blindenunion (EBU). Eine neue Zweigstelle in Brüssel soll den Kontakt zur EU-Kommission verbessern. Wolfgang Angermann, ehemals Präsident der EBU, wurde zu deren Ehrenmitglied ernannt.
Christine Beutelhoff vertritt den DVBS im Projekt „KI für ein gutes Altern“ der BAGSO. Vorstandsmitglied Leonore Dreves bringt die Sicht blinder Menschen in das Deutsche Komitee zur Verhütung von Blindheit ein.
Die Online-Seminarreihe „Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz“ läuft weiter. Vorstandsmitglied Sabrina Schmitz koordiniert die Vorbereitung.
Aus der Geschäftsstelle
2023 fanden sieben Präsenzseminare mit 134 Teilnehmenden statt. 2024 gab es bislang fünf Seminare mit 118 Personen. Das Seminarangebot gilt als besondere Stärke des DVBS.
Finanzen
Der Jahresabschluss 2023 wurde vorgestellt. Die Finanzlage hat sich deutlich verbessert. Für 2024 wird ein Plus erwartet. Die Suche nach Fördermitteln ist aber weiterhin ein wichtiger Teil der Arbeit des Geschäftsführers.
Der Vorstand wurde einstimmig entlastet.
Wahlen des Leitungsteams
Norbert Bongartz wurde als Leiter des Arbeitsausschusses bestätigt. Neue Stellvertreter sind Dr. Andreas Wagner und Gabriele Bender. Dr. Heinz Willi Bach trat nicht erneut an. Die Versammlung dankte ihm herzlich für sein langjähriges Engagement.
Anmerkung
(1) Malmanesh, Mohammad Reza.: Blinde unter dem Hakenkreuz. Eine Studie über die Deutsche Blindenstudienanstalt e. V. Marburg und den Verein der blinden Akademiker Deutschlands e. V. unter dem Faschismus. Marburg, Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. und Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg, 2002 (Marburger Schriftenreihe zur Rehabilitation Blinder und Sehbehinderter, Bd. 13). Als Hörbuch produziert in der Deutschen Blinden-Bibliothek, ausleihbar als Buchnr. 545942 (13 Stunden, 17 Minuten).