horus 2/2022
Schwerpunktthema: "Natur und Garten"

Titelbild horus;

Titelbild: Zweig weißer Kirschbaumblüten in der Hand einer Frau mit dunklem, lockigem Haar. Lächelnd nimmt sie den Duft wahr. Foto: Marion Happe


horus 2/2022
Schwerpunktthema: "Natur und Garten"

Inhalt

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Vorschau horus 3/2022

Schwerpunkt: "IT - Digitale Herausforderungen" / Erscheinungstermin: 29.08.2022 / Anzeigenannahmeschluss: 22.07.2022 / Redaktionsschluss: 27.06.2022

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Vorangestellt

Liebe Leserinnen und Leser,

endlich wieder Frühling, werden viele von uns denken. Die Welt riecht wieder bunter, die Tage werden heller und die Vögel stimmen ihre Gesänge an. Vorbei sind die dunklen Tage. Wir können barfuß am Strand spazieren und dem Wellenrauschen zuhören. Die Natur ist ein Ort der Entspannung. Wir können Kraft tanken und den hektischen Alltagstrubel hinter uns lassen.

Diese idyllischen Bilder naturnahen Erlebens sind noch nicht so alt. Früher war die Natur mit ihren Gewalten eher eine Bedrohung für die Menschen. Blitz und Donner, Stürme und extreme Dürren konnten Existenzen gefährden. In der Ära der Naturwissenschaften ist vieles für uns erklärbar geworden, und manchmal glauben wir auch, die Natur bändigen zu können. Dass den Menschen dies nie gelingen wird, haben Starkregen und Sturmfluten im letzten Jahr gezeigt.

In unserer Einstellung hat sich in naher Vergangenheit einiges geändert. Wir haben erkannt, dass wir ein Teil der Natur sind und mit ihr in Koexistenz leben müssen. Dazu gehört Respekt vor und Kenntnis über die Natur.

Deshalb ist die Natur in all ihrer Vielfalt und Faszination zu erleben und zu erkunden im Alltag unserer blista-Schüler*innen seit jeher ein wichtiger Bestandteil. Fahrten nach Westerhever ans Wattenmeer oder das Arbeiten an unseren schuleigenen Hochbeeten sind da nur zwei Beispiele. Naturerfahrungen und Naturerleben in unseren Unterricht zu integrieren bedeutet, das Klassenzimmer zu verlassen und die Lehrbücher beiseite zu legen.

Dieser horus gibt uns einen Einblick in die vielen Möglichkeiten, Natur zu begegnen oder auch sinnvoll zu gestalten. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.

Zum Inhalt

Im Schwerpunkt "Natur und Garten" erzählt Anette Bach von den Tücken des Gärtnerns und Michael Plarre nimmt uns mit auf eine Reise ans tosende Meer. Claudia Böhme beschreibt, wie ein ERASMUS-Projekt unter Beteiligung des DBSV "Natur ohne Barrieren" zugänglich machen möchte. Der blinde Bergsteiger Andy Holzer gibt im Interview mit Isabella Brawata einen Einblick in seine Bergwelt und Matthias Klaus porträtiert einen blinden Bienenzüchter aus Uganda, der mit seinem Engagement vielen blinden Menschen in Uganda eine Zukunftsperspektive aufgezeigt hat. Ein sehr lesenswerter und lohnenswerter Schwerpunkt, wie ich finde.

Danke

Für mich sind diese Zeilen mein letztes "Vorangestellt". Ende Juni gehe ich nach mehr als 30 Jahren an der blista in den Ruhestand und werde somit auch den horus verlassen.

Dem DVBS und der blista wünsche ich weiterhin viel Engagement, Leidenschaft und Kreativität für die Erfüllung unserer gemeinsamen Aufgaben. Dem Redaktionsteam des horus danke ich für die sehr gute Zusammenarbeit. Ich werde der Zeitschrift zukünftig als interessierter Leser erhalten bleiben.

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute!

Herzliche Grüße

Ihr

Claus Duncker
(Direktor der blista)

Bild: Claus Duncker lächelt. Er hat kurzes, graues Haar und trägt eine randlose Brille. Foto: Bruno Axhausen

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Aus der Redaktion

Vielfalt

Wie immer, wenn sich die horus-Redaktionsmitglieder zur Telefonkonferenz treffen, gilt es, sich zu konzentrieren und sich auf Wesentliches zu beschränken, damit eine lesenswerte neue Ausgabe entsteht. Diesmal war es Ende März, und in den tagesaktuellen Medien gab es viele beunruhigende Nachrichten: Über den Krieg in der Ukraine, über immer noch hohe Inzidenz der Corona-Pandemie, über die steigenden Preise von Lebensmitteln sowie Gas und Benzin, Hamsterkäufe bei Sonnenblumenöl und Mehl ... Wie kann zwischen all dem eine Zeitschrift mit dem Schwerpunkt "Natur und Garten" gelingen, die zwei Monate später, im Mai, erscheinen soll? Schließlich kann niemand vorhersehen, wie sich die allgemeine Lage bis zum Erscheinen entwickelt und ob es für Leserinnen und Leser dann drängendere Fragen gibt als Gartengestaltung und Parkbesuche. Nun, wir denken, dieses Heft ist trotz allem nicht vergleichbar mit der Natur- und Gartenidylle, die die bunte Zeitschriftenwelt am Kiosk bietet. Denn neben der Ermutigung, mit allen Sinnen Natur zu erfahren, die Ihnen das Schwerpunkt-Thema vermitteln möchte, beschäftigt sich auch dieser horus mit den Problemen und Stolpersteinen, auf die blinde und sehbehinderte Menschen im Alltag treffen - und ihre Lösungsmöglichkeiten. Wir freuen uns jedenfalls schon jetzt auf Ihr Feedback zu dieser Ausgabe.

horus 3/2022: "Informationstechnik - Digitale Herausforderungen"

Die kommende Ausgabe wird sich mit Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Informationstechnik befassen. Denn der Digitalisierungsschub in Schule, Studium und Beruf der letzten Jahre hat blinde und sehbehinderte Menschen oft vor besondere Herausforderungen gestellt. Die Beiträge werden sich damit beschäftigen, wie Schülerinnen und Schüler auf neue Techniken vorbereitet werden, Hochschulen die mit der IT verbundenen Herausforderungen in Bezug auf blinde und sehbehinderte Studierende bewältigen, wie Menschen im dritten Lebensabschnitt Zugang zu digitalen Medien erhalten und wie die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe die Entwicklungen bewertet. Möchten Sie einen Beitrag beisteuern? Dann senden Sie ihn uns bitte bis zum Redaktionsschluss am 27. Juni an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

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Schwerpunkt: "Natur und Garten"

Mein Garten! Eine wachsende Aufgabe

Von Anette Bach

Es war Mai, als wir in unser neues, eigenes Haus einzogen. Ein Häuschen mit Garten! Ein Reihenhaus mit kleinem Garten, aber immerhin. Drumherum ein Jägerzaun, den hatten fast alle, damit machten wir dann wohl nichts falsch.

Der Einzug war geschafft und nun ging's um den Garten. Vor dem Haus und hinten hatte die Baufirma Rasen eingesät. Mehrmals täglich ging ich in die Hocke, um zu fühlen, ob das Gras schon gewachsen war. Der Mairegen half mit und wirklich, schon nach wenigen Tagen hatten wir ein kindermalbuchgrünes Grundstück. War das schön! Bald danach hieß es: "Ihr müsst jetzt mal mähen, damit der Rasen kräftig und dicht wird." Ach ja, natürlich. Wir brauchen einen Rasenmäher. Nur, welchen? Man rät uns zu einem nicht zu großen, elektrischen. Lächelnd wird uns noch zum Erwerb einer Kabeltrommel geraten, denn Strom brauche er schon.

Mähen muss der Mann! Nachdem der mit seinem offenbar zu geringen Sehrest die Kabelschlange auf der Wiese nicht erkennen konnte, hat er sie kurzerhand durchgeschnitten. Das nächste Kabel war dann knallgelb. So lernt der Mensch!

"Was plant Ihr eigentlich für Euren Garten?" Die Frage wurde uns öfter gestellt. Ehrlich gesagt hatten wir keinen Plan. Wir hatten nämlich keine Ahnung. Sichtschutz zu den Nachbarn sollte sein, Blumen natürlich. Bunt und duftend. Ein paar Obststräucher wären auch nett. Dann war da noch der Traum vom Flieder vor dem Haus. Das war leicht zu verwirklichen. Allerdings lernten wir in der Baumschule, dass man nicht so einfach einen Fliederbaum kauft. Wir jedenfalls nicht. Das, was die Bezeichnung "Baum" verdiente, war unbezahlbar und hätte einen Bautrupp gebraucht, um das Pflanzloch auszuheben. Es wurde ein kleiner, sehr kleiner. Er war hüfthoch und brauchte noch einen Stützstock an seiner Seite.

Mit dem Sichtschutz hatten wir Glück, wie wir dachten. Freunde hatten kleine Tannen zu verschenken. "Die wachsen schnell und Ihr könnt sie zu einer Tannenhecke wachsen lassen." Tannen sind unten breit und oben spitz. Das war nicht zu ändern. So waren sie dann bald unten so breit, dass unser kleines Grundstück darunter zu verschwinden drohte. Und zwischen ihren Spitzen war immer noch so viel Platz, dass von Sichtschutz keine Rede war. Die Alternative hieß Pergola, die zuranken sollte. "Das kann ich als blinder Mensch mit der Heckenschere auch gut im Griff behalten." Das stimmte.

Zunächst! Der schön duftende Jelängerjelieber fühlte sich wohl und hielt sich nicht an die stillschweigend vereinbarte Wuchshöhe von etwa zwei Metern. Er schaffte mehr als das Doppelte. Eine grüne Masse verwob sich zu einer Art Laubendach, das mit meiner Handschere nicht mal annähernd zu bewältigen war. Außerdem bekamen die darunter liebevoll gepflanzten Blumen keinen Sonnenstrahl mehr ab. Die nahmen das übel. Das Unkraut dagegen war in seinem Element. Ach ja, das Unkraut! Manches war schon kniehoch, bis ich begriff, dass es nicht mein mit Spannung erwarteter Phlox war. "Wie zum Teufel kann ich das artenreiche Zeug denn bloß unterscheiden? Und warum finde ich so vieles, was ich im Herbst gepflanzt habe, im Frühling einfach nicht wieder?"

Ich gebe es zu: Garten ist Kampf! Aber gottseidank nicht nur. Ich habe gelernt, welche Pflanzen für meine Standorte geeignet sind. Ich habe gelernt, was Schnecken in einer einzigen Nacht nicht nur an Dahlien verspeisen können. Ich habe gelernt, dass ich abgegrenzte Beete brauche, die nur so groß sind, dass ich mich darin zurechtfinden kann und alle Pflanzen darin kenne. Jedenfalls dann, wenn ich sie gepflanzt habe. Manches Blümchen oder Bäumchen ist aber auch ein Geschenk vom Wind oder von den Vögeln. Das wird dann für eine Weile oder sogar auf Dauer geduldet. Ich habe verstanden, dass Garten niemals fertig ist und die Natur ihren eigenen Willen hat.

Wichtig ist, dass ich die Herrschaft über mein Reich bekomme und behalte. Das geht nur mit Schere, Säge, Spaten, Hacke. Und mit viel Anstrengung und Geduld.

Bücken und Knien ist für jeden auf Dauer mühsam. Für blinde Gärtner ist dabei Geduld ein besonders wichtiges Werkzeug, denn es dauert alles länger als beim sehenden Nachbarn.

So ist es über die Jahre mein Garten geworden. Weit davon entfernt, perfekt zu sein, und ganz ohne sehende Hilfe, wenn wieder was in den Himmel wachsen will, geht es auch nicht. Aber vieles blüht und duftet. Sogar Rosen gibt es, wenngleich deren Kratzbürstigkeit schon eine Herausforderung ist.

Ach ja, den Flieder vorm Haus gibt es noch. Er ist ein prächtiger Baum geworden, der in jedem Frühling üppig blüht und dessen Duft schon von weitem zu atmen ist.

Es ist wieder Mai! Und wieder hat mir die Natur eine weiße Blütenpracht vors Küchenfenster gezaubert, in der die Amseln singen.

Zur Autorin

Anette Bach, 70 Jahre, leitete 27 Jahre den Bezirk Hessen im DVBS und ist seit drei Jahren Mitglied im Leitungsteam der Interessengruppe Ruhestand im DVBS.

Bild: Anette Bach hat blondes, kinnlanges Haar und trägt eine große Brille mit getönten Gläsern. Das Portraitfoto zeigt sie mit Schal und warmer Jacke draußen vor einer dunklen Holzhütte und blauer Zypresse. Foto: privat

Bild: Anette Bach kniet in ihrem Garten am Beet, in dem die Frühlingsblumen blühen. Es ist mit roten Ziegelsteinen, deren Kanten wie Dreiecke nach oben weisen, umrandet. Foto: privat

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"Der Berg gibt mir eine gnadenlose Rückmeldung über meine Fähigkeiten": Hochleistungssport Bergklettern für Körper und Geist

Andy Holzer, einer von zwei blinden Profi-Bergsteigern dieser Erde, im horus-Interview mit Isabella Brawata

horus: Herr Holzer, Sie sind passionierter Bergsteiger und klettern auf höchstem Niveau. Sie waren auf dem Großglockner, auf dem Mont-Blanc, auf dem Aconcagua in den Anden und auch auf dem Everest. Hat Ihre Leidenschaft für das Bergsteigen etwas mit Ihrer Herkunft aus Osttirol zu tun?

Andy Holzer: Ja, ich bin auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf aufgewachsen, das von Bergen eingeschlossen ist. Da lebe ich auch heute noch. Wenn ich am Meer großgeworden wäre, würde ich vielleicht Vorträge über meine Segelabenteuer halten. Die Berge waren als Kind mein "Spielzeug" und sie gehörten fest zu meinem Alltag. Ich habe Berge bestiegen, bevor ich überhaupt verstand, was Bergsteigen überhaupt bedeutet. Wenn ich zu einem Spielkameraden oder dem Nachbarn wollte, musste ich quasi Berge erklimmen, über Zäune klettern und Bäche durchqueren. Ich war dabei, wenn die Kühe auf die Alm getrieben wurden. Ich habe mir auch oftmals viel steilere Wege gesucht als die Sehenden, denn da konnte ich mich festhalten und hinaufkraxeln. Im aufrechten Gang ist die Gefahr zu stolpern viel höher. Die Fortbewegung mit Händen und Füßen gab mir mehr Kontrolle und Sicherheit, egal, ob ich einen Berg bestieg oder auf den Traktor oder das Scheunendach kletterte. außerdem half sie bei der Orientierung.

Wie entstand Ihre Leidenschaft fürs Klettern?

Meine Leidenschaft fürs richtige Alpinklettern erwachte, als ich 23 Jahre alt war. Davor interessierte ich mich mehr für Musik und ging mit einer Band auf Tour. Meine Eltern waren keine Kletterer, aber mein Vater überredete seinen Bekannten Hans, einen Spitzenalpinisten, mir den Umgang mit Seil und Haken zu zeigen. Er hatte zwar keine Ahnung, wie das geht, einem Blinden das Klettern beizubringen, aber, da er Unternehmer ist, war seine Devise: Einfach mal machen. Und es hat nicht nur geklappt, sondern ich hatte plötzlich das Gefühl, als würde durch meinen Körper ein Strom fließen, und ich wusste: Ja, das ist es! Und auf diese erste Tour folgten tausend Weitere.

Wie haben Sie Ihre Partnerinnen und Partner zum Klettern gefunden?

Das war am Anfang gar nicht leicht, denn die meisten sehenden Menschen können sich das gar nicht vorstellen, dass ein Blinder Bergklettern kann. Also habe ich meine Mutter und meine Frau, mit der ich gerade frisch verheiratet war, eingespannt. Wenn die Eine müde von der Tour am Vortag war, übernahm die Andere. Ich kletterte die Touren nach, die ich zuvor mit Hans gemacht hatte, und übernahm die Führung. Später, als ich bekannter war, fragte ich einfach Zufallsbekanntschaften, die ich beim Bier in Almhütten traf.

Wie orientieren Sie sich im Gelände?

Ich nutze natürliche Leitlinien. Eine Kante hinaufzuklettern, sieht für Sehende zwar wesentlich gefährlicher aus, als eine Wand zu besteigen, weil man abstürzen könnte, wenn man eine falsche Bewegung macht, und ich war immer wieder zwei bis dreihundert Meter über einem Abgrund, aber für die Orientierung ist eine Felskante wunderbar, viel einfacher als eine Wand, wo man schnell mal einige Meter nach links oder rechts abdriften kann. Meine ebenfalls blinde Schwester und ich sind, was unsere Fortbewegung angeht, sehr gegensätzlich. Wir beide haben erst im Erwachsenenalter eine Schulung in Orientierung und Mobilität bekommen, weil es das früher einfach noch nicht gab. Während meine Schwester den weißen Langstock voller Überzeugung einsetzt und in einer Großstadt hervorragend zurechtkommt, ist er ihr in der Natur eher hinderlich, aber sie mag sich auch nicht auf Wald- und Feldwegen von ihm trennen. Ich laufe im Gelände völlig sicher, benutze Trekkingstöcke oder, wenn ich klettere, Füße und Hände und komme selbst im unwegsamsten Gelände sicher voran. Aber in der Stadt bin ich auf Begleitung angewiesen, weil ich mich da nicht zurechtfinde und mit dem Langstock nicht warmgeworden bin. Weil ich keinen Langstock benutze und einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen habe, werde ich manchmal von anderen blinden Menschen nicht verstanden.

Was hat Sie die Bildung von Seilschaften gelehrt?

Ich halte viele Vorträge für Unternehmen. Und sowohl in einer Kletterseilschaft als auch einer Firmenseilschaft gilt das Prinzip dynamischer Führung. Das bedeutet: Ich muss Dich führen, damit Du mich führen kannst. Dieser Leitsatz ist auch im Umgang mit einer Behinderung hilfreich. Ich muss als blinde Person die Sehenden an die Hand nehmen, ihnen erklären, wie ich funktioniere.

Da für eine Seilschaft stets Mehrere benötigt werden, ist ein weiterer Leitsatz: Ich muss dafür sorgen, dass immer jemand da ist, weil ich allein gar nichts machen kann. Wenn man also in bestimmten Situationen auf Hilfe angewiesen ist, sollte man sich viele Teams zusammenstellen, damit immer jemand bei Bedarf einspringen kann.

Ein Geheimtipp von mir, wie man langanhaltend hohe Leistung erbringen kann, lautet: Suche Dir Menschen, die auf einem anderen Energielevel sind als Du. Ich suche mir für jeden Tag meiner Tour neue Leute, denn dann bin ich zwar oft brutal ausgepowert, aber die Anderen sind frisch und motivieren mich. Wenn wir alle müde wären, würden wir uns gegenseitig herunterziehen.

Man sollte darauf achten, die eigenen Grenzen zu erweitern, sie aber nicht zu überdehnen. Wenn Du immer nur Gas gibst, wirst Du schlechter.

Eine weitere Beobachtung von mir ist: Wenn es Dir nicht gut geht, bist du fälschlicherweise davon überzeugt, dass Du den schwersten Rucksack trägst.

Wie bereiten Sie sich auf große Touren wie beispielsweise auf den Aufstieg auf den Mount Everest vor?

Was Viele bei der Planung von großen Touren wie etwa auf den Mount Everest unterschätzen, ist, dass hohes Kommunikations- und Organisationsvermögen das A und O sind. Auf großen Touren bin ich die Logistikzentrale. Man muss beispielsweise Verhandlungen mit Grenzschützern oder anderen Stellen führen, um voranzukommen. Man muss wissen, wen man zu welchem Zweck anfragen muss, sich ein großes Netzwerk aufbauen, richtig einschätzen, wer was kann und was weiß.

Selbstverständlich muss man Körper und Geist fit halten. Ich bewege mich weit überdurchschnittlich im Freien. Ich bin jede Woche fünf oder sechs Tage auf Tour, besteige Berge in meiner Heimat, die bis zu 3.800 Meter hoch sind, und bin täglich sechs oder sieben Stunden unterwegs. Man braucht als blinder Mensch wesentlich mehr Energie für das Klettern. Wenn ich eine Acht-Stunden-Tour mache, dann ist es so, als wäre ich zwölf Stunden geklettert, weil alles viel anstrengender ist. Ich muss mehr tun als alle anderen.

Was begeistert sie so am Bergsteigen?

Ich finde es großartig, mich immer wieder zu überwinden und eine neue Dimension der Körperverfassung zu erreichen. Körper und Geist sind extrem gefordert. Das ist Hochleistungssport. Im Gebirge verliert man täglich drei bis vier Kilo Körpergewicht, das man natürlich sofort wiedererlangt, wenn man viel trinkt und mehrere Portionen isst. Auf großen Touren schleppt man zusätzlich zu seinem eigenen Gewicht noch locker zwanzig Kilo mit, denn man hat ja Zelt, Kocher, Verpflegung, Schlafsack, Benzin usw. dabei. Man erlebt Extremsituationen, die einen physisch und mental an die Leistungsgrenze bringen. Ich führe Buch über meine Touren und freue mich über die Entwicklung, die ich in all den Jahren gemacht habe. Ich lerne meinen Körper immer besser kennen und erwerbe ein hervorragendes Körpergefühl. Das gemeinschaftliche Erlebnis bedeutet mir viel, das gemeinsame Glücksgefühl. Ein Freund bedankte sich neulich bei mir, dass ich ihm Berge und Touren vermittle, die er ohne mich nie kennengelernt hätte.

Der Berg gibt mir eine gnadenlose Rückmeldung über meine Fähigkeiten. Wenn ich meine Schritte richtig überlegt und gesetzt habe, komme ich wieder heim, wenn ich einen einzigen Fehler mache, kehre ich nie wieder zurück. Deshalb ist es eine unglaubliche Befreiung für mich, wenn ich dadurch, dass ich mit meiner Umgebung interagiert habe, dass Körper und Geist perfekt zusammengearbeitet haben, es geschafft habe, ohne Augenlicht den Gipfel eines Achttausenders zu bezwingen und meinen Traum zu erfüllen.

Können Sie sich auch für Meere und Wüsten begeistern?

Für mich sind Meere und Berge Brüder. Ob ich das Meer, die Berge, die Wüsten oder den Kosmos betrachte, ich empfinde Ehrfurcht bei dem Gedanken, wie nichtig und ausgeliefert wir den Naturgewalten sind. Gleichzeitig erfüllt es mich mit Bewunderung, dass es dem Menschen gelingt, obwohl er eigentlich völlig chancenlos sein müsste, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, mit Hilfe seines Verstandes mit der Natur zu kommunizieren und in extremsten Umwelten zu überleben.

Wie sind Sie zu dem geworden, der Sie heute sind?

Dazu möchte ich Ihnen eine Begebenheit aus meinem Leben berichten. Ich traf einen ausgezeichneten blinden Klavierspieler und Soulsänger. Ich fragte ihn, welche Farbe sein Klavier hätte, und er antwortete empört, dass ich einen Knall hätte. Er sei doch blind und wisse das nicht. Anschließend erzählte er mir, dass er sich seine Mahlzeiten selber koche, und ich wollte von ihm wissen, wie seine Küche aussieht, wo der Herd steht und welcher Herdtyp. Mit diesen Fragen war er völlig überfordert und wollte nicht glauben, dass ich wirklich blind bin. Später habe ich erfahren, dass er als Vierjähriger in ein Blindenheim gegeben wurde und niemand mit ihm über Bilder und Farben sprach.

Ich bin der Meinung, dass die ersten fünf Jahre im Leben eines Menschen die wichtigsten sind, weil man da die meisten Ressourcen hat und das meiste lernt. Meine Eltern haben mir alles beschrieben. Sie haben in meinem Kopf Bilder entstehen lassen. Ich lasse mir alles erläutern, um eine Vorstellung von der Welt zu erhalten. Meine Eltern haben mir nie gesagt: Du bist blind. Du kannst das nicht. Es war nicht leicht für sie. Sie waren völlig am Boden zerstört, weil meine Schwester und ich blind sind. Ich habe sie oft überfordert, weil ich Dinge eingefordert habe. Ich wollte schon als Vierjähriger Ski laufen und Rad fahren. Meine Eltern hatten Vertrauen in meine Fähigkeiten, und ich hatte immer neue Ideen, was ich ausprobieren wollte und wie es gehen könnte. Hätte ich ein anderes Elternhaus oder wäre ich ein einfallsloses und zurückhaltendes Kind gewesen, wäre mein Leben ganz anders verlaufen.

Die Blindheit ist nur ein einziger kleiner Aspekt des Lebens. Nicht wichtiger als blonde oder braune Haare. Die Blindheit sagt nichts darüber aus, was man erreichen kann. Sie darf nicht als Ausrede dienen. Man braucht eine Ahnung, eine Idee davon, was man wie umsetzen möchte, und wenn man nicht sieht, muss man sich oftmals etwas einfallen lassen und vieles anders machen. Ich bin der lebende Beweis dafür, dass es Sinn macht, einen Traum zu verfolgen.

Herzlichen Dank für das Interview.

Zur Person

Andy Holzer ist 1966 in Osttirol geboren, von Geburt an blind, verheiratet, begeisterter Bergsteiger, Amateurfunker und Motivator. Er nimmt sich immer neue, spannende "Projektln" vor und rät uns allen, sich im Leben ebenfalls etwas vorzunehmen.

Bücher von Andy Holzer

  • Balanceakt: Blind auf die Gipfel der Welt. Ostfildern, Patmos Verlag, 2010.
    Andy Holzer sieht die Berge nicht. Dass er dennoch alles wahrnimmt, beweist er auf seinen Expeditionen auf die höchsten Gipfel der Erde.
  • Mein Everest: Blind nach ganz oben. Ostfildern, Patmos Verlag, 2018.
    Andy Holzer beschreibt, wie er sich in Begleitung zweier Freunde in der lebensfeindlichen Welt des Everest zurechtfindet, dessen Gipfel er im Mai 2017 erreicht.

Beide Titel sind u. a. in der DBH als Hörbücher vorhanden (Balanceakt: Buchnummer: 682542, Spielzeit: 517 Minuten; Everest: Buchnummer: 865901, Spielzeit: 673 Minuten). Bestelladresse: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Am Schlag 2-12, 35037 Marburg, Telefon: 06421 6060, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Barrierefreier Online-Katalog: https://katalog.blista.de

Bild: Andy Holzer am Eder Plan, die schneebedeckten Lienzer Dolomiten im Hintergrund, er lächelt. Er hat einen hellblonden Dreitagebart und trägt die dunkle Sonnenbrille nach oben über die Mütze gezogen. Foto: Andreas Scharnagl

Bild: Andy Holzer in kurzärmligem T-Shirt beim Klettern in einer Steilwand aus der Perspektive eines Seilpartners über ihm. Andy Holzer blickt lächelnd nach oben, sein linker Unterarm sowie der rechten Zeigefinger und Daumen sind bandagiert. Foto: Fritz Trockner (2019)

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Bienenzüchter und Aktivist: Ojok Simon gibt blinden Menschen in Uganda neue Perspektiven

Von Matthias Klaus

Ojok Simon wuchs im ländlichen Uganda in einer Bauernfamilie auf. Im Alter von neun Jahren wurde sein Dorf von der Lord´s Resistance Army überfallen. Beim Versuch ihn zu entführen, um ihn zum Kindersoldaten im Bürgerkrieg zu machen, wurde er so stark auf den Kopf geschlagen, dass er später fast blind wurde. Eigentlich wollte er Arzt werden, doch diesen Plan musste er nun wohl begraben. Überhaupt war damals seine Verzweiflung groß. Blinde Menschen galten in Uganda, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern, nicht viel, weil sie so gut wie nie zum Familieneinkommen beitragen konnten. Heute noch, selbst wenn sie eine Ausbildung haben, sind viele blinde Menschen in Uganda anschließend arbeitslos, weil zum Beispiel das Geld für einen Computer fehlt.

Ojok Simon hatte einen blinden Onkel. Ohne den, sagt er, hätte er es nicht geschafft, doch mit ihm als Vorbild ging er im Alter von 13 Jahren zur Blindenschule in Gulu.

In seiner Gegend war es üblich, Honig von wilden Bienenvölkern zu sammeln. Doch als Blinder konnte er weder nachts allein nach draußen gehen noch auf hohe Bäume klettern, um Honig zu finden. Dass er sich dennoch gerade später mit Bienen beschäftigen würde und sogar eine Organisation zur Ausbildung blinder Bienenzüchter leiten würde, war einem Zufall geschuldet.

Ein leerer Tontopf als Wendepunkt

Auf einem Feld nahe seines Elternhauses fand er als Jugendlicher einen Tontopf, in dem sich ein Bienenvolk angesiedelt hatte. Ojok erzählt, dass dies der Wendepunkt in seinem Leben war, denn er dachte sich, wenn die Bienen in einem alten Tontopf wohnen können, dann sollten sie auch überall sonst leben können.

Er stellte einen zweiten Topf dazu, und als er in den nächsten Schulferien nach Hause kam, war auch der zweite Topf mit Bienen besiedelt. Ojok Simon hatte so für sich eine Möglichkeit gefunden, Honig zu ernten, ohne auf hohe Bäume klettern zu müssen.

Er konnte als Jugendlicher sogar mit seinen Erträgen zum Familieneinkommen beitragen.

Nachdem er die Blindenschule und später ein Bachelor-Studium in der Hauptstadt Kampala abgeschlossen hatte, begann sich Ojok aktiv für die Rechte behinderter Menschen einzusetzen. Er lernte viele seiner ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschüler kennen, die aus Geldmangel die Schule abgebrochen hatten, oder die später arbeitslos waren und auf der Straße bettelten.

Der Aktivist in ihm sagte sich, dass man da etwas machen müsse, und er erinnerte sich an seinen Bienenstock, der fast in Vergessenheit geraten war.

Sprungbrett Kanthari

Mit der Idee, die Imkerei als Einkommensquelle für blinde Menschen zu erschließen, bewarb sich Ojok Simon für einen Kurs im Kanthari Institute for social Change in Trivandrum, Südindien. Das Institut, geleitet von Sabriye Tenberken, unterstützt seit 2008 Menschen, die soziale Projekte ins Leben rufen wollen. Mit viel Management-Knowhow und einer Anschubförderung der Organisation Braille Without Borders begann dann im Jahr 2013 das Projekt Hive Uganda. Zunächst wurden 25 blinde und sehbehinderte Menschen als Bienenzüchter ausgebildet. Inzwischen haben fast 450 Menschen die Ausbildung durchlaufen. Etwa 70 % von ihnen haben dann auch wirklich als Bienenzüchter gearbeitet und so erstmals für sich und ihre Familien ein Einkommen generiert. Einige von ihnen konnten dann sogar die Schulausbildung fortsetzen. Teilweise haben sie auch andere Jobs gefunden, z.B. als Regierungsangestellte.

Bienenzucht und Selbstbewusstsein

450 blinde und sehbehinderte Menschen haben in den letzten zehn Jahren die Kurse von Hive Uganda besucht. Jeder von ihnen bekommt fünf Bienenstöcke als Starthilfe. Ojok erzählt, dass eigentlich alle zumindest diese Bienenstöcke behalten haben. Etwa 70 % von ihnen nutzen die Bienenzucht als Einkommensquelle. Das Projekt wächst bis heute. Allein im letzten Jahr wurden über 100 blinde und sehbehinderte Menschen zu Bienenzüchtern ausgebildet. Die Kurse von Hive Uganda bestehen aus jeweils zehn Tagen Theorie und zwölf Tagen praktischer Arbeit mit den Bienen.

Die Teilnehmenden lernen die Grundlagen des Bienenzüchtens: wie ein Bienenstock aussieht, welche Werkzeuge man braucht oder wie man sich gefahrlos dem Bienenstock nähert.

Natürlich lernen sie auch, wie man Honig gewinnt. Auch gibt es eine Einführung in die Produktion von Honigwein oder Bienenwachs.

Es geht aber gar nicht unbedingt nur um das Bienenzüchten. Viele der Kursbesucher, die oft in Armut leben und noch nie einen Job hatten, lernen hier etwas über Selbstbewusstsein, darüber, dass man sich auch als Blinder um sein eigenes Leben kümmern und für sich eintreten kann. Es geht also nicht nur um ein paar Bienenstöcke, sondern darum, sein Leben in die Hand zu nehmen.

Wenn die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer erst einmal mehr Selbstvertrauen gewonnen haben, werden sie auch in Orientierung und Mobilität geschult.

Arbeiten mit allen Sinnen

Natürlich birgt der Umgang mit Bienen auch Gefahren. Gestochen werden kann jede und jeder, ob blind oder sehbehindert. Auch blinde Bienenzüchter verwenden Schutzmasken und Handschuhe. Um sich dem Bienenstock gefahrlos zu nähern, werden auch Seile eingesetzt, an denen man sich sozusagen entlanghangeln kann. Einen Meter vor dem Bienenstock gibt es dann einen Knoten, der anzeigt, dass ab jetzt Ruhe eintreten muss, um weiterarbeiten zu können.

Ojok Simon betont, dass beim Umgang mit Bienen Sinne wie Gehör und Geruch sehr wichtig sind. Die Auszubildenden lernen, wie der Bienenstock klingt und wann man sich ihm am besten nähern kann. Auch lässt sich per Geruch feststellen, wann die beste Zeit für den Honig ist.

Bienenzüchten ist ein neuer Beruf für blinde und sehbehinderte Menschen in Uganda, allerdings funktioniert der nur mit Unterstützung der Familie. Natürlich gibt es immer wieder Situationen, wo sehende Hilfe notwendig ist.

Neben der Bienenzucht lernen die Auszubildenden auch, welche Arbeiten ein blinder Mensch selbständig in der Landwirtschaft ausüben kann, welche Früchte und Pflanzen man braucht, um guten Honig zu bekommen, aber auch Grundlagen für den Anbau von Getreide. Schließlich leben 85 Prozent der Menschen in Uganda auf dem Land und sind mehr oder weniger Kleinbauern.

Hive Uganda möchte hier noch viel mehr tun, sagt Ojok. Sein Traum ist ein internationales Trainingszentrum, in dem blinde und sehbehinderte Menschen befähigt werden, in ihren eigenen landwirtschaftlichen Kleinbetrieben zu arbeiten.

Mit dem Lastwagen über die Dörfer

Doch woher stammt das Geld für Hive Uganda? Ojok Simon ist aktiv im internationalen Fundraising, was immer wieder Spenden einbringt, außerdem werden natürlich Bienenprodukte, Wachs oder Honig verkauft, um die Organisation zu finanzieren.

Dass Ojok Simon im Jahr 2017 den gerade neu geschaffenen Holman Prize vom San Francisco Light House gewann, half natürlich auch finanziell.

Unterstützung kommt aber auch aus den Niederlanden oder der Schweiz.

Die Corona-Zeit hat auch Hive Uganda schwer getroffen. Doch glücklicherweise gab es keinen strikten Lockdown in der Landwirtschaft, sodass die Bienenzüchter weiterarbeiten konnten. Dass ihre Produkte als besonders gesund galten, erwies sich sogar als Vorteil für die Vermarktung. Allerdings waren die Trainingskurse stark eingeschränkt. Für Online-Kurse im ländlichen Uganda fehlt es schlicht an den technischen Voraussetzungen, oft sogar einfach nur an Elektrizität. Deshalb kommt Hive Uganda derzeit mit einem Trainings-Mobil zu den Menschen. 30 blinde Frauen und Männer werden seit letztem Sommer so direkt vor Ort ausgebildet. Das Projekt wird von der Kanthari-Foundation aus der Schweiz finanziell unterstützt.

Mehr Information und den Kontakt zu Ojok Simon findet man unter www.hiveuganda.org

Bild: Zwei kurze hohle Baumstämme liegen waagrecht in einem Busch, die Öffnungen sind mit einem runden Metallstück, in das Einfluglöcher gestanzt wurden, versehen. Foto: Hive Uganda, www.hiveuganda.org

Bild: Drei Projektteilnehmende zeigen vier Gläser mit dunklem Honig und Hive-Etikett. Foto: Hive Uganda, www.hiveuganda.org

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Nature without Barriers oder Natur ohne Barrieren - Ein europäisches Projekt unter Beteiligung des DBSV

Von Claudia Böhme

Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen Erlebnisse in und mit der Natur zu ermöglichen, war das Ziel des Projekts "Nature without Barriers" oder "Natur ohne Barrieren". Neben Organisationen aus Österreich, Ungarn und Polen war auch der DBSV beteiligt.

Es ging darum, Materialien und Handreichungen zu entwickeln, die insbesondere Naturpädagog*innen in kleinen und mittelgroßen Naturschutzzentren motivieren und unterstützen sollen, inklusive Angebote zu machen.

Die Umweltorganisationen und Anbieter von Umweltbildungsprogrammen aus den beteiligten Ländern hatten sich bereits in der Vergangenheit auf unterschiedliche Weise mit dem Thema Barrierefreiheit auseinandergesetzt. Beispielsweise der Global Nature Fund (GNF) hat im Projekt "Naturerlebnis für alle" begonnen, Angebote in der Natur für blinde und sehbehinderte Menschen zu erarbeiten. Der DBSV konnte auf seine Empfehlungen für Gästeführer*innen und Objektbeschreibungen und die Empfehlungen für Naturführungen für Teilnehmende mit und ohne Sehbehinderung zurückgreifen. Die polnische Umweltvereinigung Stowarzyszenie Ekologiczne Etna (nachfolgend Etna) engagierte sich in der Umweltbildung für Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Altersgruppen. Vorrangig haben Personen mit Lernschwierigkeiten von den Angeboten profitiert.

Die organisatorische Projektleitung lag in den Händen des GNF. Der Global Nature Fund ist eine internationale nichtstaatliche gemeinnützige Umweltstiftung mit Sitz in Deutschland. Es entstanden Leitfäden zur Organisation und Durchführung von geführten Naturerlebnissen, zu selbstbestimmten Ausflügen in die Natur, zu Möglichkeiten der baulichen Barrierefreiheit und zur barrierefreien Kommunikation. Die Inhalte der Leitfäden sollen hier kurz vorgestellt werden.

Leitfäden und Handreichungen für inklusives Naturerleben

Die Handreichung zur Organisation geführter Naturerlebnisse enthält vor allem Angebote für erwachsene Interessent*innen, die für Kindergruppen und Schüler*innen entsprechend angepasst werden können. Es gibt Informationen über notwendige Infrastruktur, hilfreichen Service und Hinweise zur Vorbereitung und Planung einer geführten Tour oder eines Workshops zu einem Thema aus der Natur. Die Handreichung enthält ausgearbeitete Vorschläge für Workshops zu verschiedenen Themen, wie "Ökosystem See" oder "Vogelbeobachtung". Praxisbeispiele aus den Partnerländern geben einen Eindruck davon, wie Angebote funktionieren können. Für die Realisierung dieses Arbeitspakets war der DBSV verantwortlich.

Parallel begann die Arbeit an einem Dokument zu einem selbstbestimmten Naturerleben, für das der Umweltdachverband (UWD) aus Österreich federführend war. Das Dokument konzentriert sich auf die Umgestaltung von Naturlehrpfaden für eine selbstbestimmte Nutzung durch Menschen mit Behinderungen. Nutzer*innen der Handreichung erhalten einen Einblick in die aktuelle Realität der Barrierefreiheit in Naturschutzzentren sowie Hinweise zur Umsetzung einfacher Anpassungen. Damit ist zum Beispiel das Beachten der Wegebeschaffenheit auf Lehrpfaden gemeint, die sowohl Rollstuhlnutzer*innen als auch sehbehinderte und blinde Menschen betrifft.

Wegbegrenzungen sollten deutlich wahrnehmbar (mit dem Langstock ertastbar) sein und bestenfalls so gestaltet werden, dass ein Überfahren mit dem Rollstuhl verhindert wird. Texttafeln sollten gut verständliche Informationen enthalten, sinnvoll platziert und kontrastreich ausgeführt sein. Natürlich geht es nicht darum, die Natur durch Eingriffe umzugestalten, sondern Vorhandenes auf die Nutzbarkeit durch verschiedene Zielgruppen hin zu überprüfen. Eine Matrix soll es den Verantwortlichen ermöglichen, den Ist-Stand der Barrierefreiheit und der bestehenden Angebote einzuschätzen: Ist die Homepage barrierefrei? Welche Informationen werden dort zur Verfügung gestellt? Gleichzeitig bietet sie eine Checkliste für weitere mögliche Anpassungen.

Das ungarische Team von der Lake Balaton Development Coordination Agency (LBDCA) zeichnete für die Ausführungen zur baulichen Barrierefreiheit verantwortlich. Die LBDCA ist ein gemeinnütziges Unternehmen. Die Agentur verfolgt das Ziel, den Plattensee und seine Umgebung zu einer der attraktivsten Regionen Ungarns und Europas zu entwickeln. Im Leitfaden wurde versucht, bauliche Barrierefreiheit in einem europäischen Standard abzubilden, was sich aufgrund unterschiedlicher länderspezifischer Standards als schwierig herausstellte. Beschrieben ist deshalb in eher allgemeinen Formulierungen, was bei einer Anreise zu Fuß oder mit dem Öffentlichen Nahverkehr für Menschen mit Behinderungen mitgedacht werden sollte, wie der Zugang in ein Besucherzentrum geregelt werden kann oder Rastmöglichkeiten an Wanderwegen beschaffen sein müssen.

Das Team von Etna, der Umweltvereinigung aus dem Süden Polens, hat schließlich Informationen zur barrierefreien Kommunikation zusammengetragen. In der Handreichung werden zunächst die Kommunikationsbarrieren für die unterschiedlichen Gruppen von Menschen mit Behinderungen bei einer selbstbestimmten Nutzung von Angeboten in der Natur aufgezeigt, wie etwa eine barrierefreie Website, Videos, das Zugänglichmachen von Audioinformationen für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, die Gestaltung von gedruckten Materialien und Texttafeln im Freien. Zur Handreichung entstand ein Film über die Natur im Barycz-Flusstal, auf das sich die Arbeit von Etna konzentriert. Der Film ist mit Untertiteln versehen. Im gesprochenen Kommentar zu den Bildern wurde versucht, beschreibende Elemente einzuarbeiten und trotzdem Originaltöne von Vogelgesang oder Wasserrauschen zu bewahren.

Die Handreichungen wurden in Zusammenarbeit mit Anwender*innen und Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit verschiedenen Behinderungen evaluiert und mit den so gewonnenen Erkenntnissen überarbeitet.

Radolfzell, Wien und virtuelle Meetings

Für das Projekt waren insgesamt vier Treffen sowie monatliche Telefonkonferenzen zur Abstimmung geplant. Im Februar 2019 kamen wir das erste Mal in Radolfzell am Bodensee für zwei Tage zusammen. Wir haben dort einander kennengelernt und während einer Exkursion ein neu errichtetes Naturschutzzentrum mit angeschlossenem Barfußparcours, einen Turm zur Vogelbeobachtung sowie einen Naturlehrpfad, der mit Texttafeln ausgestattet war, besichtigt. Leitend war hier der Gedanke, ob Menschen mit Behinderungen diese Angebote nutzen könnten bzw. was getan werden müsste, um sie zugänglich zu machen.

Ein zweites Treffen fand im Oktober 2019 in Wien statt. Im Nationalpark Donauauen haben wir ausprobiert, das Außengelände mit einem Rollstuhl zu befahren bzw. mit dem Langstock zu erkunden. Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie es möglich sein könnte, Fische in einem Aquarium für blinde Menschen erfahrbar zu machen, und darüber, wie Fahrzeuge des Öffentlichen Nahverkehrs ausgestattet sein müssen, um möglichst vielen Anforderungen behinderter Menschen zu entsprechen.

Weitere Exkursionen zum Plattensee in Ungarn und dem Barycz-Tal in Polen waren geplant. Wegen Corona musste deren Durchführbarkeit allerdings immer wieder neu bewertet werden. Unsere telefonischen Abstimmungstreffen und virtuellen Meetings fanden nun im Drei-Wochen-Rhythmus statt. Für die meisten Projektbeteiligten begann eine lange Phase der Arbeit im Homeoffice. Einige unserer Mitarbeitenden mussten neben der Arbeit ihre Kinder zu Hause betreuen, andere hatten große Schwierigkeiten, sich in der ungewohnten Situation immer wieder neuer Lockdowns zurechtzufinden. Dies führte zu zeitlichen Verzögerungen in der Erstellung der Materialien.

Abschluss und Ergebnisse

Die Präsentation unserer Ergebnisse konnte nur im Rahmen von insgesamt drei Online-Events erfolgen. Unter anderem hat der DBSV anlässlich des Protesttages der Menschen mit Behinderungen am 5. Mai 2021 das Projekt einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Teilnehmer*innen kamen dabei aus sämtlichen am Projekt beteiligten Ländern. Die Projektergebnisse sind auf der Website www.nature-without-barriers.eu abrufbar.

Den Abschluss des Projekts "Nature without Barriers" bildete schließlich doch noch ein Präsenztreffen im August 2021 in der ungarischen Stadt Siofok am Plattensee in den Räumen des LBDCA. Im Rahmen dieses Treffens haben wir den Nationalpark Kis Balaton (Kleiner Balaton) besucht. Der kleine Balaton ist als großflächiges zusammenhängendes Feuchtbiotop einzigartig in ganz Europa. Das Besucherzentrum mit ebenerdigem Zugang war gerade neu gebaut und eingerichtet worden. Bei der Zugänglichkeit einzelner kleiner Häuser mit Ausstellungen im Park wurde in erster Linie an Rollstuhlnutzer*innen gedacht.

Die am Projekt beteiligten Organisationen sind überzeugt, mit den Handreichungen und Materialien eine breit angelegte Basis für Naturpädagog*innen und Naturschutzzentren bereitgestellt zu haben. Auf dieser Grundlage wird es ihnen möglich sein, Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen auf verschiedenen Wegen zu erreichen und für die Natur zu begeistern, sei es mit Workshops zu Naturthemen, einer gut ausgebauten Infrastruktur oder einer barrierefreien Website.

Zur Autorin

Claudia Böhme studierte Geschichte und Literaturwissenschaften sowie Didaktik der Geschichte und der Kunstpädagogik. Seit 2015 arbeitet sie als Kulturvermittlerin, Museumsberaterin und Autorin in der Audiodeskription.

Bild: Claudia Böhme lächelt. Sie hat rötliches, langes Haar und blaue Augen. Auf der Studiofotografie trägt sie ein beiges Shirt und ein großes Halstuch. Foto: privat

Bild: Wildkatzenskulptur im Nationalpark Hainich in Thüringen. Zwei Hände ertasten die aus einem Holzstamm herausgearbeitete Skulptur einer Wildkatze mit zwei Jungen. Foto: privat

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Ich genieße das Rauschen des Windes und das Summen der Insekten in meinem Garten

Ein horus-Interview mit Christel Krauss, geführt von Andrea Katemann.

Schon oft habe ich mit Christel Krauss, die blind ist, auf ihrer Terrasse gesessen, die Sonne und das Rauschen des Springbrunnens genossen, doch selten habe ich mit ihr über ihren Garten und darüber gesprochen, wie sie ihn geplant hat, und was er für sie bedeutet. Dieses will ich nun nachholen:

horus: Wenn man einen Garten planen möchte, muss man, nehme ich an, eine Vorstellung von Farben haben. Kannst Du Dir Farben noch vorstellen?

Christel Krauss: Ja, das kann ich. Ich hatte bis zu meinem neunten Lebensjahr noch einen geringen Sehrest. Er ging, durch eine fehlerhafte Operation, schlagartig verloren. Natürlich weiß ich nicht immer ganz genau, ob die Erinnerung an Farben, die ich aus meiner Kindheit noch habe, immer zuverlässig stimmen. Daher bin ich für gute Beschreibungen, Beratung und Unterstützung dankbar, doch entscheide ich auf einer anderen Grundlage über das, was in meinem Garten wächst, als es vermutlich ein Mensch machen würde, der wirklich geburtsblind ist.

Nun hast Du Deinen Garten erst, wie ich weiß, seit Du nicht mehr berufstätig bist. War dieses eine bewusste Entscheidung, weil Dir die Pflege während des Arbeitsalltages zu aufwändig gewesen wäre?

Nein, so war es nicht. Ich wollte schon immer einen kleinen Garten, doch hat es sich aufgrund unserer Wohnsituation nicht so ergeben.

Wie hast du deinen Garten geplant?

Dazu habe ich mir Hilfe geholt. Ich habe eine Gärtnerin im Ruhestand gefunden, die mit mir in ein Gartencenter gefahren ist und mir dort viele Dinge gezeigt hat. Ich habe sehr schnell entschieden, dass ich vor dem Haus, im Gegensatz zu unseren sämtlichen Nachbarn, keine Rasenfläche haben möchte. Die müsste man alle zwei Wochen mähen, und das wollte ich nicht. Ich fand ein großes Beet mit Pflanzen schön, praktisch und leicht zu pflegen. Daher stehen vor dem Haus ungefähr 45 Lavendelpflanzen in einem Beet.

Warum hast du dich gerade für Lavendel entschieden? Natürlich weiß ich, dass er gut riecht.

Ja, er riecht gut, aber er ist auch einfach zu pflegen. Man muss ihn lediglich zweimal im Jahr schneiden und darauf achten, ob im Winter eine Pflanze erfroren ist.

Wie ist dein Garten aufgebaut?

In meinem Garten gibt es auch immer wieder mal Veränderungen. Als wir einzogen, hatten wir einen großen Apfelbaum, der jedoch nach fünf Jahren zu breit geworden ist. Daraufhin haben wir ihn entfernt, unsere Terrasse etwas größer gestaltet, kleinere Apfelbäume gepflanzt, und gerade plane ich, einige Blumen und vielleicht auch etwas Gemüse in Tonkübeln zu pflanzen. Zunächst wollte ich ein Hochbeet haben, doch nach eingehender Beratung kam ich zu dem Ergebnis, dass mir dieses im Verhältnis zu teuer ist.

Welche Dinge spielen für dich bei der Planung eine Rolle? Du hast bereits gesagt, dass du dir über die Pflege hinterher durchaus vorher Gedanken machst.

Mein Mann und ich möchten unseren Garten doch mit möglichst wenig Hilfe pflegen können. Hat man Blumenkübel, kann man darum herum gehen und ertasten, wie es um die Pflanzen bestellt ist. Hätte man ein größeres Beet, müsste man sich in anstrengendere Haltungen begeben und würde eventuell doch mehr Unkraut übersehen. Wir wollen es nett und praktisch haben.

Was gefällt dir an deinem Garten besonders gut?

Wenn wir im Mai, Juni oder Juli in der Nähe unseres Lavendelbeetes sitzen, hören wir das Summen der Insekten. Dieses Summen finde ich wirklich schön. Außerdem duftet der Lavendel gut, und man kann manchen damit beglücken, wenn man kleine Säckchen damit verschenkt. Natürlich mag ich es auch, wenn dazu noch ein leichter Windhauch geht.

Sehe ich es richtig, dass Du bei der ständigen Pflege des Gartens zwar wenig Hilfe benötigst, aber die Pflege nicht ganz allein machst?

Ja, so ist es. Es guckt immer mal jemand, ob ich bei einem Topf mit Flieder, den wir auch noch haben, etwas Verblühtes übersehen habe. Das Gleiche gilt für das Lavendelbeet in Bezug auf Unkraut. Ich mache vieles allein, aber lasse in regelmäßigen Abständen eine Hilfskraft nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Meine neuen Blumenkübel sollen, zumindest zum Teil, mit Rosen bepflanzt werden. Hier kann man gut fühlen, wenn sie verblüht sind, und man kann sie dann selbst beschneiden.

Nimmst Du dann Sorten, die weniger stachelig sind?

Nein, danach habe ich nicht gefragt. Ich finde das Stechen von Rosen nicht schlimm. Früher, als ich noch Kind war, habe ich Stachelbeeren gepflückt, das war erheblich schlimmer als stechende Rosen anzufassen. Man kann gut lernen, mit den Stacheln umzugehen.

Vermisst du im Winter die Gartenarbeit, oder bist Du froh, auch einmal Ruhe davon zu haben?

Ich komme aus einer Familie, für die Ackerbau und Viehzucht zum Leben gehörte. Somit war es immer klar, dass man im Winter mit Garten- und Feldarbeit nichts zu tun hat. Ansonsten gehört der Garten zu meinem Lebensalltag.

Ich danke Dir für dieses interessante Gespräch, aus dem ich gelernt habe, dass Du Dich weder vor den stechenden Insekten noch vor den stacheligen Rosen fürchtest.

Bild: Duftet gut und ist leicht zu pflegen: Lavendel. Foto: privat

Bild: Muss der Hibiskus im Kübel wieder gegossen werden? Eine Hand prüft die Erde. Foto. privat

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Im Zahlenwald oder: Wie finde ich (m)einen Baum?

Von Sabine Hahn

"Wo ist der nächste Baum?" Viola Tauber* und ihre sehende Freundin schauen sich um. Eben noch hat Viola Tauber den Ahorn vor ihr sorgsam ertastet, dem Klang der Blätter im Wind gelauscht, sich Höhe und Krone beschreiben lassen. Eingehakt gehen beide Frauen vorsichtig ein paar Schritte durch unebenes Gelände über Grasbüschel und weiches, raschelndes Laub zum nächsten Baum, einer schmalen jungen Eiche. Es ist Frühsommer, die Luft riecht angenehm frisch, die Sonne scheint, Insekten summen - hier lässt es sich aushalten. Nein, die beiden nehmen nicht an einem Kurs zum Waldbaden teil. Aber ja, sie stehen im Wald. Doch es ist kein gewöhnlicher Wald, es ist der RuheForst® Marburg Land / Germershausen, ein Bestattungswald mit Urnen in der Erde am Fuß der Bäume. Die beiden sind auf der Suche nach einem Baum, der sich als letzte Ruhestätte eignet - jetzt schon, obwohl sie gesund und munter sind und niemand weiß, ob das Leben so friedlich endet, dass letzte Wünsche in Erfüllung gehen. Sie wollen vorsorgen, Angehörige entlasten. Etwas anderes als ein Friedhof soll es werden, keine Seebestattung, nichts Exotisches - ein Wald eben.

"Erde zu Erde, Asche zu Asche ...": Zwar passt diese Formel immer, wenn es um das Ende des Lebens und die Auflösung des Körpers geht. Und auch die meisten Friedhöfe sind neben Stätten des Gedenkens und der Erinnerung ohnehin Naturoasen, in denen noch Vögel zu hören sind und Eichhörnchen flink die Wege kreuzen. Auch gehen immer mehr klassische Friedhöfe auf das Bedürfnis nach naturverbundener Bestattung ein und offerieren unter kleineren Baumgruppen Begräbnisplätze. Doch ein Wald ist einfach ein Wald mit einem ganz eigenen Erholungswert und eigenen Lebensrhythmen. Selbst wenn er abseits der Städte liegt, eine Waldbestattung hat Vorteile: Niemand braucht das Grab zu pflegen, Kosten für einen Grabstein erübrigen sich, das Grab muss nach der Nutzungszeit nicht eingeebnet werden, die Urne (Bio) wird sich zersetzen. Oft sind Einzelgrabstätten im durchwurzelten Waldboden preiswerter als auf städtischen Friedhöfen. Theoretisch bietet jeder Baum Platz für zwölf Urnengräber, zumindest in diesem "RuheForst®". So kann ein Einzelbaum auch für diejenigen zu einem Gemeinschaftsgrab werden, die keine Familie haben.

Im RuheForst® werden die Gräber "RuheBiotope®" genannt und liegen ab und an auch unter Findlingen, Steinen oder Sträuchern. Der Begräbniswald ist Teil eines größeren Waldgebiets, am Eingang abgegrenzt durch eine Holzschranke und eine Hinweistafel mit einer Orientierungskarte. Der Hauptweg zieht sich durch dieses Waldstück und weiter in die hügelige Landschaft hinein wie ein ganz normaler Wanderweg. Es gibt zwei einfache Andachtsstätten im Freien mit Bänken, an denen Zeremonien nach individuellen Vorstellungen organisiert werden können.

RuheForst® und RuheBiotop®, das sind geschützte Markenbezeichnungen. Wer dort beerdigt werden möchte, schließt einen Nutzungsvertrag zur Urnenbeisetzung mit einem der über 70 bundesweiten RuheForste ab und schützt so den Baum bzw. das RuheBiotop® vor menschlichen Eingriffen im besten Falle für 99 Jahre. Die RuheForst GmbH mit Verwaltungssitz in Erbach/Odenwald gehört zusammen mit der FriedWald GmbH, deren Unternehmenshauptsitz in Griesheim bei Darmstadt liegt, zu den beiden größten Anbieterinnen für Waldbestattungen in Deutschland. Erstmals umgesetzt wurde die Idee allerdings in der Schweiz: Ueli Sauter erhielt dort 1999 die Genehmigung zur Errichtung eines Bestattungswaldes und verkaufte bereits ein Jahr später die Rechte an der Marke FriedWald® nach Deutschland. Mittlerweile gibt es bundesweit weitere Firmen, über die Bestattungen im Wald möglich sind. Da Friedhöfe in Deutschland nicht privatwirtschaftlich betrieben werden dürfen, gehört auch der RuheForst GmbH in der Regel der Wald nicht selbst, noch ist sie Betreiberin. Vielmehr kooperiert die Firma mit kommunalen oder kirchlichen Trägern und Forstbetrieben und sieht sich als Dienstleisterin.

Zurück auf einem der Wege klappt Viola Tauber ihren weißen Langstock wieder aus. Sie hat sich im Vorhinein über den RuheForst® Marburg Land gut informiert, hat mit der Verwaltung telefoniert, sich vieles erklären lassen. Der Mischwald gehört der Familie von Heydwolff, die bei Bedarf kostenlose Führungen anbietet und den RuheForst® in Kooperation mit der Gemeinde betreibt. "Mir gefällt das Konzept und die Betreuung", sagt Viola Tauber. "Ich habe die Verwalterin mit ihrem Hund getroffen, sie kümmert sich sehr gut um den Wald und die Gäste." Das rund 20 Hektar große Waldstück wurde, nachdem die Kommune die Genehmigung erteilt hatte, Ende 2010 als RuheForst® eingeweiht, es muss bestimmte forstwirtschaftliche Standards erfüllen. "Von den 99 Jahren sind seit 2010 noch gar nicht so viele Jahre vergangen, das reicht mir", meint Viola Tauber.

Jeder Baum ist wie eine eigene Persönlichkeit

Natürlich könnte sich jeder einen Baum einfach zuweisen lassen. Wer sich aber noch zu Lebzeiten "seinen" Baum selbst aussuchen möchte, wählt unter den Bäumen mit den Zahlen zwischen 1 und 794 einen, der mit einem blauen Band als "frei" gekennzeichnet ist. Ein gelbes Band markiert Bäume, unter denen es noch einzelne freie RuheBiotope gibt. Ob Bergahorn, Eiche, Winterlinde oder andere - jeder Baum trägt ein kleines Schild mit seiner Nummer. Niemand muss, aber wer will, darf nach einem Begräbnis ein dezentes Schild in Scheckkartengröße mit Namen und Lebensdaten am Baum anbringen.

Weiterer Schmuck ist nicht erwünscht, manchmal jedoch geduldet - er verwittert mit der Zeit, Moos wächst darüber. Gibt es am Baum keine Namen, müssen Besucherinnen und Besucher wenigstens die Baumnummer kennen, um zum richtigen Grab zu gelangen. Ansonsten bleibt ihnen nur, den Wald als Ganzes wahrzunehmen. Bänke zum Verweilen zwischen den Bäumen gibt es genug, mit ihren professionell in die Lehnen eingravierten Namen oder Initialen bilden sie den augenfälligsten Unterschied zu einem üblichen Wald.

Viola Tauber und ihre Begleiterin schauen sich an diesem Nachmittag noch viele Bäume an, gehen auf den teils gemulchten Haupt- und Nebenwegen hin und her, sehen nach den Nummernschildern der Bäume, prüfen den Abstand zwischen den Bäumen, den Platz zwischen den Wurzeln, stellen Mutmaßungen über das Alter an. Einige RuheBiotope liegen gut erreichbar gleich neben dem Hauptweg, andere mehr im Inneren des Geländes, einige fallen besonders durch die Schönheit eines Baums auf - jeder Baum gleicht bei genauer Betrachtung einer eigenen Persönlichkeit.

Unter einer kräftigen Buche bleiben die beiden Frauen länger stehen. Viola Taubers Arm reicht bis zu einem seiner Äste nach oben. Soll es dieser Baum sein? Was passiert, wenn die Buche im Sturm knickt, in trockenen Sommern eingeht? "Dann wird ein neuer Baum gepflanzt, der Standort bleibt", sagt Viola Tauber. Sie möchte wissen, was ihre Freundin sieht, wenn sie mit dem Rücken zum Baum steht. Zwischen einigen Stämmen hindurch fällt der Blick in ein Tal, und nur zehn Schritte entfernt, leicht bergab am Wegrand gegenüber, befindet sich hinter Fingerhüten und Farnen ein Geländer aus verwittertem Holz. Das wäre ein guter Orientierungspunkt, denn einen bestimmten Baum mitten im Wald zu finden, ist für blinde und sehbehinderte Menschen nicht ganz einfach, der Wald soll ja so naturbelassen wie möglich bleiben. Eine RuheForst-App dient als Hilfe, um vor Ort zum Baum mit der gesuchten Nummer geführt zu werden, vor quer liegenden Ästen, tiefhängenden Zweigen oder Brombeersträuchern abseits der Wege kann sie nicht warnen.

Für Viola Tauber kommen nun zwei Bäume in die engere Wahl. Auch wenn sie noch ein paar Tage nachdenken will, um sich zu entscheiden - eines ist für sie sicher: "Hierher werde ich öfter kommen." In ihrer Freizeit ist sie täglich mit ihrem Führhund unterwegs, gerne auf Waldwegen in der Nähe ihrer Wohnung am Stadtrand. Vielleicht ist auch dies ein Grund, warum es ihr im RuheForst® so gut gefällt? "Ich bin gerne hier, denn die Atmosphäre ist sehr friedvoll", sagt sie. Einen Wermutstropfen gibt es für sie allerdings: "Nur schade, dass nicht auch Haustiere im gleichen RuheBiotop beerdigt werden können."

Und wie geht es dem Wald mit seiner neuen Aufgabe, den Menschen neben Erholung künftig auch Trost zu spenden? Sind die Besucherinnen und Besucher eine Belastung oder profitiert er durch das relativ junge Konzept? Der Wald antwortet, je nach Witterung, mit einem friedlichen oder abweisenden Rauschen. Auf jeden Fall sollte jemand noch einmal nachfragen, bevor die 99 Jahre zu Ende gehen.

* Name geändert. (zurück)

Bild: Nummernschild und blaues Band an einem Baum. Foto: privat

Bild: Wegweiser zum "RuheForst". Foto: privat

Bild: Zwei Deko-Blüten aus Holz haben ihre Farben verloren, sie hängen aufgefädelt im RuheForst an einem Baum, dessen Rinde einen schmalen senkrechten Riss hat. Foto: privat

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Digital und inklusiv - Wie das Projekt "Grüne Oase" der Nikolauspflege Garten neu denkt

Von Veronika Rühl-Hoffmann und Mathias Bastin (Stiftung Nikolauspflege)

Hoch oben auf dem Stuttgarter Kräherwald, wo die Nikolauspflege schon lange Zeit beheimatet ist, eröffnet sich ein herrlicher Blick ins Tal - den Stuttgarter Kessel. Kein Wunder, dass auf dem sonnigen Hügel neben Menschen auch Flora und Fauna gerne leben: Quitten und Kastanien, Mauereidechsen, Zwergfledermäuse, um hier nur wenige zu nennen. Eine richtige Oase also.

Damit dieser Ort in seiner Vielfalt von allen erfahrbar ist, haben sich die Auszubildenden der Garten-, Metall- und IT-Ausbildung des Berufsbildungswerks Stuttgart der Nikolauspflege zusammengeschlossen. Gemeinsam initiierten sie mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern das Projekt "Grüne Oase". Ein Schwerpunkt dieses Projekts ist unter anderem eine Webseite, auf der, wie bei einem Wiki, gemeinschaftlich gesammelte Informationen aufgeführt werden. In diesem Fall das gesamte gebündelte Wissen über die Botanik am Kräherwald. Mittels QR-Codes an den Pflanzen, die zur Webseite führen, ist der Garten so digital inklusiv erfahrbar.

Alle drei Ausbildungsbereiche trugen mit ihrer Expertise zum Gelingen des Projekts bei:

Die Auszubildenden der IT schufen die technische Grundlage. Sie programmierten beispielsweise die Webseite und erstellten die QR-Codes, die sogar auf weite Entfernung gescannt werden können. Das ist wichtig für die Barrierefreiheit, weil nicht alle Pflanzen am Wegesrand stehen.

Die Gartenbau-Azubis recherchierten die Informationen zu den Pflanzen am Stuttgarter Kräherwald und fertigten pointierte Steckbriefe an. Dieses Wissen ist zugleich Teil ihrer Lehrproben. Am Objekt lernt es sich am besten.

Bei den Metall-Azubis wurde es heiß: Sie laserten die QR-Codes und Inhalte auf die Schilder.

Die "Grüne Oase" macht Garten für alle, ob mit oder ohne Sehbeeinträchtigung, auf unterschiedlichsten Sinnesebenen erfahrbar. Gleichzeitig schärft das Projekt Umweltbewusstsein und das Wissen um Nachhaltigkeit. Felix Neher, Leiter des Berufsbildungswerkes Stuttgart, freut sich sehr über die Umsetzung des Projekts: "Toll, dass wir Umweltbildung nachhaltig und barrierefrei vermitteln können. Unsere Auszubildenden setzen sich ganz selbstverständlich mit ökologischen Themen, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit auseinander - ganz im Sinne der im Jahr 2015 verabschiedeten Agenda 2030 der Vereinten Nationen."

Zum Autorenteam

Veronika Rühl-Hoffmann ist seit 2021 in der Stiftung Nikolauspflege Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, zuständig u.a. für das Magazin NIKOAktuell und soziale Medien.

Mathias Bastin ist seit 2020 in der Stiftung Nikolauspflege Referent der Geschäftsbereichsleitung Berufliche Bildung. Zu seinen Aufgabengebieten zählen u.a. die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, das Fundraising und die Projektentwicklung im Geschäftsbereich.

Bild: Ein Weg führt zwischen einem niedrigen Schuppen aus Stein und einem blühenden Busch durchs Grüne (linkes Foto). Eine Mitarbeiterin zeigt einer Personengruppe ein Schildchen mit QR-Code (rechtes Foto). Fotos: Nikolauspflege

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Von der Faszination des Wellenrauschens

Von Michael Plarre

Zu beschreiben, wie ich als von Geburt an vollblinder Mensch die Natur erlebe, ist eine Herausforderung, über die ich lange nachgedacht habe, weil so viele naturgegebene Wahrnehmungen so lange schon zu selbstverständlich sind. Felder und Wälder, Flüsse, Bäche und Seen; Wind, Sonne, Regen und Schnee, all diese Naturphänomene fordern alle meine zum Glück verbliebenen Sinne und sind sämtlich in meiner näheren Umgebung erfahrbar. Daher möchte ich mich in diesem Beitrag auf ein Naturereignis beziehen, das mir persönlich sehr viel bedeutet: das Meer.

Das Meer kann durch sein mannigfaltiges Verhalten ganz unterschiedliche Empfindungen bei mir auslösen. Diese reichen von absoluter Nichtwahrnehmbarkeit über sanfte Beruhigung, schwungvolle Faszination bis hin zum respekteinflößenden, manchmal sogar bedrohlich empfundenen Gebrüll. Die verschiedenen Stufen meiner Empfindung sind abhängig von nur ein paar Windstärken, in ihrer Differenz liegt der Genuss von Entspannung, hervorgerufen durch die sanften Melodien des Meeres, bis zu absolutem Respekt, wenn das Meer mir laut vorführt, wie stark, wie dominierend es an seinen Ufern auftreten kann.

Auf meiner Urlaubsinsel Samos liegt in einer langgezogenen Bucht an der Nordküste das Dorf Kokkari. Weil der Wind meist aus Norden oder Nordwesten weht, werden die Wasser des ägäischen Mittelmeeres häufig gegen Kokkaris Wasser-Land-Grenzen gespült.

Es gibt dort einen alten kleinen Fischereihafen, dessen Hafenbecken meist sehr ruhig daliegt und von einer schmalen langen Hafenmauer zum offenen Meer hin abgegrenzt wird. Wenn ich über die Mauer, deren Ende ein ehemaliger Leuchtturm bildet, spaziere, höre ich bei "normalem" Wetter links das Meer, seine Wellen, die sich an der Mauer brechen; rechts dagegen ist es ganz ruhig, nur ab und zu gibt es ein leichtes Plätschern. Wenn es aber stürmisch ist, dann ist der Spaziergang auf der Hafenmauer ein einzigartiges akustisches Erlebnis und ein Abenteuer, denn dann brodelt auch das Hafenbecken, und zwar nicht im Einklang mit dem Rhythmus des Meeres, sondern in einer eigenen, für sich selbst sprechenden Seemelodie. So dort zu stehen, auf dieser Hafenmauer, und das von Wind und Wellen erzeugte "Naturgebrüll" zu erfahren, flößt mir Respekt und Ehrfurcht ein. Was bin ich doch für ein kleiner Mensch im Vergleich zu diesen Naturgewalten, die ich vor allem deshalb als so gewaltig empfinden muss, weil sie meinen Hörsinn zu hundert Prozent in Anspruch nehmen. Jetzt kann ich mich auf der Mauer nur noch mit ganz kleinen Schritten bewegen, und wenn ich das Ende der Mauer erreiche, tost das Meer nun auch noch vor mir, und ich bin von drei Seiten umgeben von brodelndem Wasser, von zischender Gischt, von aufschäumenden und aufspritzenden Wellen, die mich holen wollen. Es sieht von außen betrachtet sicher nicht dramatisch aus, aber es fasziniert mich; das aber nur, wenn ich ganz allein dort stehe und mich einfach den Gewalten von Wind und Wasser hingebe. Ich tue keinen Fehltritt, ich habe auch keine große Angst, aber ich "kleiner Mensch" muss hier vorsichtig sein, denn wenn der Wind sich direkt auf die Ohren, und wenn es auch nur ein Ohr ist, legt, ist die Orientierung stark beeinträchtigt, so sehr, wie es bei gut sehenden Menschen sicher nicht der Fall wäre.

Ich gehe langsam, Schritt für Schritt, zwischen den beiden tosenden Gewässern zurück, bis an meiner linken Seite wieder Ruhe einkehrt, die Mauer zu Ende ist, das Land mich wieder hat. So manches Mal kommt an dieser Stelle ein Gefühl der Erleichterung auf, aber auch immer eine gewisse Dankbarkeit: Ein Dank an das Meer, das mich an seinen vom Wind bestimmten Aktivitäten teilhaben lässt und mir ins Gewissen redet, dass ich nur ein Gast bin, ein Gast auf dieser Insel, ein Gast zwischen den Elementen. Und sollte ich einmal mehr einen Teil meiner Erholungszeit in Kokkari verbringen und sollte das Wetter wieder einmal so stürmisch sein, dass ein Bad im Meer nicht möglich ist: Werde ich wieder zu der Hafenmauer gehen, um diesen kleinen Kitzel zu suchen? Ich glaube schon.

Zum Autor

Der Diplom-Pädagoge Michael Plarre wurde 1964 in Bochum geboren, legte 1985 sein Abitur an der blista ab und studierte in Marburg. Seit 2013 arbeitet er als Reha-Ausbilder am BFW Düren, wo er im Bereich der "Vorbereitenden Maßnahmen" die Fächer Punktschrift sowie PC- und Hilfsmittelschulung unterrichtet. 1990 reiste er zum ersten Mal nach Samos und ist seither ein Freund griechischer Lebensart. Er ist verheiratet und lebt in Bonn.

Bild: Michael Plarre lächelt. Er hat dunkelblondes Haar und blaue Augen, auf der Studiofotografie trägt er ein Hemd in dunklem Karomuster. Foto: privat

Bild: Meeresbrandung an der Küste von Kokkari (Samos) vor den Häuser des Dorfes. Im Hintergrund sonnen sich Menschen unter Sonnenschirmen. Foto: Kerstin Riemer / pixabay

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Beruf, Bildung und Wissenschaft

Unterstützung am Arbeitsplatz durch agnes@work

Von Oliver Nadig

Berufswelt im Wandel

Digitalisierung, Globalisierung, Flexibilisierung, Telearbeit, Homeoffice, Agilität: Was auch immer sich für einen einzelnen blinden oder sehbehinderten berufstätigen Menschen hinter diesen sechs Stichworten verbirgt, am Ende läuft es auf eines hinaus: Die Arbeitswelt wandelt sich und das tut sie immer schneller; die Anforderungen steigen. Das erleben zunächst und am Unmittelbarsten natürlich wir Betroffenen selbst, aber auch für unsere Unterstützer (Kostenträger, Leistungsträger, Hilfsmittelfirmen) und unser Arbeitsumfeld (Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen, Arbeitsplatzassistenzen, Betriebs- und Personalräte, Schwerbehinderten-Vertrauensleute) ist das spürbar.

Es verschärfen sich zunächst einmal klassische Probleme wie die fehlende Kompatibilität zwischen Hilfsmitteln und den eingesetzten Softwareanwendungen.

Besonders herausfordernd sind aber völlig neue Aspekte, die wir in unsere Überlegungen einbeziehen müssen, wie etwa:

  • Wie kann ich im Homeoffice oder bei alternierender Telearbeit produktiv arbeiten und gleichzeitig den sozialen Anschluss halten?
  • Früher hatten mich meine Vorgesetzten "unter ihren Fittichen". Jetzt soll ich eigenverantwortlich arbeiten und meinen Arbeitsalltag strukturieren und selbständig organisieren. Wie mache ich das am besten?
  • Wie komme ich bei sich ständig ändernden Arbeitsaufgaben zu passgenauen, barrierefreien Fort- und Weiterbildungen?
  • Wie kann ich bei immer vielfältigeren Tätigkeiten selbst den Überblick behalten und meine Arbeitsplatzassistenz optimal anleiten?
  • Die Arbeitsmethoden in unserem Team werden immer visueller; was kann ich tun, damit ich als seheingeschränkte Person nicht abgehängt werde?
  • Am Telefon Kunden betreuen - kein Problem. Neuerdings muss ich immer öfter offen vor Publikum reden und präsentieren. Wie überwinde ich meine Unsicherheiten und welche technische Unterstützung gibt es?

Wir vom Projekt agnes@work sind davon überzeugt, dass man gerade solchen neuen Herausforderungen mit Kompetenzentwicklung, Empowerment und Team-Unterstützung vor Ort am Arbeitsplatz begegnen kann.

Wir suchen Sie

Wenn Sie solchen oder ähnlichen Herausforderungen an Ihrem Arbeitsplatz begegnen und Unterstützung suchen, dann wollen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Wer wir sind und was wir bieten

agnes@work ist ein Projekt des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS), der es zusammen mit Partner*innen wie der Deutschen Blindenstudienanstalt, Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken, beruflichen Interessenvertretungen schwerbehinderter Menschen sowie Leistungs- und Kostenträgern durchführt. Der Name steht für "Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige - Beratungs- und Kompetenznetzwerk am Arbeitsplatz". Gefördert wird agnes@work vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds.

Seit dem Projektstart im August 2020 sind wir mit großenteils selbst blinden und sehbehinderten Expertinnen und Experten zu einem bundesweit handlungsfähigen multiprofessionellen Netzwerk zusammengeschlossen. So können wir gemeinsam u. a. zu den Themen barrierefreie Informations- und Umweltgestaltung, Orientierung und Mobilität, berufspraktische Fähigkeiten, Hilfsmitteleinsatz, Weiterbildung und Empowerment Rat und Hilfe anbieten.

Als berufstätige Person mit Blindheit oder Sehbehinderung können Sie sich zum einen direkt an uns wenden. Sie können den Kontakt aber auch von Unterstützer*innen anbahnen lassen - sei es durch Personen aus Ihrer Firma (Vorgesetzte, Personal- oder Schwerbehindertenvertretung), sei es durch Kostenträger, Fachdienste bzw. Hilfsmittelfirmen.

Im Rahmen einer Auftragsklärung sprechen wir gemeinsam ab, welche Unterstützung von agnes@work geleistet werden soll und kann und welche inner- und außerbetrieblichen Verantwortlichen und Beteiligten in den Prozess mit einzubeziehen sind. Für Sie wird dann aus dem schon angesprochenen Kreis von Expert*innen ein individuell zusammengestelltes Team aus ein bis drei Personen gebildet. Von agnes@work koordiniert, wird dieses Team zeitlich begrenzt an Ihrem Arbeitsplatz tätig. Das Vorgehen ist jeweils individuell, wobei ein Auftaktgespräch mit allen Beteiligten, eine Arbeitsplatzbegehung sowie die Festlegung spezifischer, messbarer und terminierter Einzelziele feste Bestandteile sind.

Über viele Jahre hat der DVBS zudem einen festen Stamm von Mentorinnen und Mentoren aus verschiedensten Berufsfeldern aufgebaut. Mentor*innen sind blinde oder sehbehinderte Personen mit Berufserfahrung, die ehrenamtlich bereit sind, Menschen aus dem gleichen oder einem ähnlichen Berufsfeld über einen längeren Zeitraum "auf Augenhöhe" mit Rat und Hilfe zur Seite zu stehen. Falls gewünscht, finden wir für Sie einen Mentor bzw. eine Mentorin zum langfristigen persönlichen Austausch über die Unterstützung am Arbeitsplatz durch ein Team von Expert*innen hinaus.

All unsere Leistungen bieten wir bundesweit und kostenfrei an.

So erreichen Sie uns

Per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder telefonisch unter 06421 94888-33. Auf unserer Homepage www.agnes-at-work.de finden Sie unter anderem eine Datenbank mit barrierefreien Weiterbildungsanbietern, Qualifizierungsangebote für inner- und außerbetriebliche Unterstützungsakteure sowie Infos und Checklisten zur digitalen Barrierefreiheit.

Bild: Logo agnes@work - Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige. Das @-Zeichen im Logo ist in Form eines stilisierten Auges gestaltet.

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Recht

Triage und Behinderung

Von Uwe Boysen

I. Einführung

Der Begriff Triage ist nicht so neu, wie er manchen scheint, die ihn erst mit der Corona-Pandemie verbinden. Das Problem, das die sog. Triage lösen soll, besteht darin, dass zu wenig medizinische Ressourcen für alle Betroffenen zur Verfügung stehen, Ärzte oder Notfallpersonal also vor der fast unlösbaren Aufgabe stehen, auswählen zu müssen, wem sie zuerst helfen und wem nicht oder später. Das gab es immer schon in Kriegen, aber auch bei Großunfällen oder Naturkatastrophen.

Einleuchten dürfte, dass Menschen mit Beeinträchtigungen bei solchen Abwägungen Gefahr laufen, schnell den Kürzeren zu ziehen. Das versetzte insbesondere Menschen mit extremem Hilfe- und Assistenzbedarf in der Pandemie verständlicherweise in große Sorge. Neun von ihnen zogen daher schon im Sommer 2020 vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und wollten mit Hilfe einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass zur Triage eine gesetzliche Regelung beschlossen werden müsse. Das lehnte das BVerfG ab, da derzeit keine Eilbedürftigkeit bestehe, waren die Zahlen damals doch verhältnismäßig niedrig. Wie wir alle wissen, änderte sich das im Winter 2020 und auch im Winter 2021 wieder, so dass die Frage der Triage erneut akut war und auch in den öffentlichen Medien vielfach erörtert wurde. Das Argument des BVerfG aus dem Jahr 2020 konnte also nicht mehr gelten. Das führte zu dem durchaus bahnbrechenden Beschluss vom 16. Dezember 2021 - 1 BvR 1541/20.

II. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Zunächst stellt das BVerfG fest, dass sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG für den Staat ein Auftrag ergebe, Menschen wirksam vor Benachteiligung wegen ihrer Behinderung auch durch Dritte zu schützen. Ein solcher Schutzauftrag verdichte sich hier, weil das Risiko der Benachteiligung wegen einer Behinderung bei der Zuteilung knapper, überlebenswichtiger intensivmedizinischer Ressourcen bestehe. Dem Gesetzgeber stehe zwar auch bei der Erfüllung einer solchen Schutzpflicht ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Er müsse aber hinreichend wirksamen Schutz vor einer Benachteiligung wegen der Behinderung gewährleisten (gekürzte Leitsätze der Entscheidung).

Die vorhandenen ärztlichen Leitlinien seien nicht ausreichend. Zwar sei das Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht im Sinne des Überlebens der aktuellen Krankheit verfassungsrechtlich so nicht zu beanstanden. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass die Empfehlungen in ihrer derzeitigen Fassung zu einem Einfallstor für eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen werden könnten (Randnummer [im Folgenden: Rn.] 118 der Entscheidung).

Das BVerfG prüft sodann, ob es nicht schon ausreichende gesetzliche Vorschriften gebe, die vor der geschilderten Benachteiligung schützten, und verneint das (Rn. 124). Entsprechend fordert es den Gesetzgeber auf, "unverzüglich" tätig zu werden (Rn. 130), und macht ihm verschiedene Vorschläge (Rn. 128).

III. Reaktionen

In einer Stellungnahme vom 17. Januar 2022 stellt das Forum behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ) Eckpunkte zu einem verfassungsrechtlich gebotenen, diskriminierungsfreien Triage-Gesetz zusammen. Dazu bedürfe es zunächst einer fachübergreifenden Diskussion unter maßgeblicher Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. Vorgeschlagen wird, diejenigen, die zuerst intensivpflichtig werden und eine Aussicht haben, die Intensivtherapie zu überleben, zu behandeln, unabhängig von ihrer Konstitution, Behinderung, ihrem Alter oder Gesundheitszustand. Maßgeblicher Zeitpunkt müsse der Eintritt der Intensivpflichtigkeit sein (zu weiteren Einzelheiten ausführlich unter https://fbjj.de/2022/01/17/eckpunktepapier-triage-gesetz/).

Anders die Formulierungshilfe für die Fraktionen der SPD, Bündnis90/Die Grünen und der FDP im Bundestag zu einem Triagegesetz. Danach soll in einem § 5c des Infektionsschutzgesetzes zunächst in Abs. 1 Satz 1 ein allgemeines Diskriminierungsverbot eingreifen. Nach Abs. 1 Satz 2 darf eine Entscheidung "nur unter Berücksichtigung des Patientenwillens sowie der Dringlichkeit der intensivmedizinischen Behandlung und der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patientinnen und Patienten vorgenommen werden." Satz 3 lautet sodann: "Insbesondere Komorbiditäten oder die Gebrechlichkeit dürfen nur berücksichtigt werden, soweit sie aufgrund ihrer Schwere oder Kombination die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verringern." Hier kommen also doch, wenn auch nur begrenzt, sog. Komorbiditäten, also andere "Gebrechen" wieder ins Spiel, was immerhin noch zu diskutieren wäre. Zuständig sollen zwei besonders geschulte Intensivmediziner*innen sein. Zu erwägen ist, ob hier nicht auch Sachverstand außerhalb des medizinischen Bereiches hinzuzuziehen wäre.

IV. Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie die konkrete Fassung einer Regelung aussehen wird, die den Kriterien der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts genügt. Sehbehinderte und blinde Menschen dürften zwar nicht Hauptadressaten solcher Triageentscheidungen sein. Im Rahmen der Solidarität mit anderen Gruppen von Menschen mit Beeinträchtigungen sollten wir aber ein wachsames Auge auf den weiteren Gesetzgebungsprozess werfen.

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Barrierefreiheit und Mobilität

Kirche barrierefrei? Erfahrungen als Gottesdienstbesucherin und Gottesdienstleiterin

Von Beate Schultes

Zu Beginn meiner Überlegungen möchte ich zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen schildern, die ich als Besucherin von katholischen Gottesdiensten gemacht habe. Dazu nehme ich Sie zunächst mit in meine Kindheit, genauer gesagt in eine Kirche des Kölner Stadtteils Sülz ins Jahr 1970. Da bin ich vier Jahre alt und besuche mit meiner Mutter die Kindermesse am Sonntagmorgen. Die Veränderungen, die das 2. Vatikanische Konzil in der Gestaltung der Messe bewirkt hat, sind schon seit einigen Jahren in der Gemeinde und beim Pfarrer angekommen. Trotzdem ist so eine Kindermesse für ein vierjähriges Mädchen nicht die spannendste Veranstaltung, erst recht nicht, wenn das Mädchen neugierig ist und einen großen Bewegungsdrang hat. Ich mache mich also auf den Weg durch die Kirche. Meine Mutter lässt mich gehen. Sie weiß wohl, dass alles andere dazu führen würde, dass sie mit ihrem schreienden Kind die Kirche verlassen müsste. Der Altar und die Kanzel liegen erhöht. Es geht bestimmt 15 Stufen hinauf. Ich nähere mich diesen Stufen. Denn ich will ja zu dem Mann mit der lauten Stimme. Meine Mutter will aufstehen, mich zurückhalten. Da unterbricht der Pfarrer seine Predigt: "Bleiben Sie ruhig sitzen" sagt er, geht die Stufen hinunter, spricht mich an, nimmt mich auf den Arm, geht zur Kanzel nach oben und führt seine Predigt zu Ende. Dann bringt er mich zu meiner Mutter zurück mit der Bemerkung, er sei froh, dass er mal ein Kind auf dem Arm gehabt habe.

Nun nehme ich Sie mit ins Jahr 1991. Ich bin auf einer Studienreise der evangelischen Blindenseelsorge der westfälischen Landeskirche in der wunderschönen Stadt Krakau. Am Sonntag besuche ich eine Messe in der altehrwürdigen Marienkirche. Mir fällt schmerzlich auf, dass nicht gesungen wird. Die Sprache verstehe ich nicht, aber ich kann mitfeiern, weil die Messe überall nach dem gleichen Schema abläuft. So weiß ich, dass bald die Kommunionausteilung kommt. Als ich mit meinen Begleiterinnen nach vorne gehe, stoße ich auf die Kommunionbank. Die dient dazu, dass die Gläubigen sich beim Kommunionempfang hinknien können. In Deutschland gibt es das zu dieser Zeit kaum noch, aber gut, ich bin in Polen, also knie ich mich hin. Ich strecke die Hände zum Kommunionempfang nach vorne und oben aus. Plötzlich spüre ich, wie eine Hand mir die Hostie in den Mund schiebt. Ich bin sprachlos, entsetzt und verstört. Habe ich nicht deutlich signalisiert, dass ich keine Mundkommunion will? Hat der Priester überhaupt bemerkt, dass ich nicht sehen kann? Meinen Begleiterinnen ist das Gleiche passiert. Noch lange sprechen wir über dieses schockierende Erlebnis. Am Sonntag darauf feiern wir mit den anderen aus der Reisegruppe einen ökumenischen Gottesdienst in unserer Unterkunft.

Bei diesen beiden Erlebnissen spielt meine Behinderung gar keine so entscheidende Rolle. Das vierjährige Mädchen hat sich verhalten, wie sich eine temperamentvolle Vierjährige eben verhält. Auch die sehenden Menschen, die mit uns in der Kirche in Krakau waren, bekamen die Heilige Kommunion in den Mund geschoben. Entscheidend ist also gar nicht die Frage, wie ich eine Behinderung im Gottesdienst berücksichtige, sondern, wie ich mit denen umgehe, die an diesem Gottesdienst teilnehmen. Wenn es nicht gelingt, zwischen denen, die den Gottesdienst leiten, und denen, die ihn besuchen, eine gemeinschaftliche Atmosphäre herzustellen, die die Feier trägt, dann nützen auch Leitsysteme, Großdruckliederbücher und mündliche Liedankündigungen nichts. Es wird nämlich dann so sein, dass die Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, nicht in den Gottesdienst kommen, weil sie sich nicht angesprochen, nicht gemeint fühlen. Wenn wir das zu Ende denken, was meint Barrierefreiheit dann? Aus meiner Sicht hieße das dann, die Barrieren zwischen Gottesdienstzelebrierenden und Teilnehmenden abzubauen. Für die, die vorne stehen, könnte das bedeuten: Ich muss kein Theater spielen, ich muss nicht dem Drang nachgeben, den Leuten besonders viele Worte, Gedanken, Gebete mitgeben zu wollen. Ich muss auch nicht immer politisch oder kirchlich korrekt sein. Für die Teilnehmenden heißt das dann: Gottesdienst ist Gemeinschaft, in der wir Gott loben, preisen, danken und bitten, in der wir sein Wort hören und uns davon anstoßen lassen, in der wir seine Liebe feiern, die Barrieren überwindet. Warum dann nicht mal den sehbehinderten Banknachbarn ansprechen und Begleitung anbieten oder einfach einen Liedtext vorlesen? Das schafft Kontakt und Gemeinschaft, die ja auch ein Ziel unserer Gottesdienste ist.

Und was ist mit all den schönen Vorschlägen zur Barrierefreiheit? Natürlich sind die gut und richtig! Aus meiner beruflichen Erfahrung, in der ich viele Messen vorbereitet, Katechesen und Wortgottesdienste gehalten habe, weiß ich aber auch, wie Vieles bei der Vorbereitung beachtet werden muss. Da kann es schon mal sein, dass nicht alle mit ihren Bedürfnissen berücksichtigt werden. Dennoch ist das Bemühen darum sehr wichtig. Weisen Sie ruhig immer wieder alle in Ihren Gemeinden darauf hin, die Gottesdienste vorbereiten und leiten.

Mut zu mehr Engagement

Barrierefreiheit wird immer da stärker beachtet, wo Menschen mit Handicaps aktiv sind. Das erlebe ich oft als blinde Gemeindereferentin. Sind in einer Gemeinde sehbehinderte Menschen aktiv, wird mehr auf Barrierefreiheit für sie geachtet. Deshalb will ich an dieser Stelle Mut machen zu mehr Engagement, vielleicht auch im Vorbereiten und Leiten von Gottesdiensten. Dies ist in beiden großen Kirchen gut möglich.

Schon in den ersten Entwicklungsjahren christlicher Gemeinden gab es einen Konflikt, der auch mit Barrierefreiheit zu tun hatte. Es ging da um Barrieren zwischen beschnittenen Judenchristen und nicht beschnittenen Heidenchristen, die vor allem durch den Apostel Paulus für Jesus Christus begeistert worden waren. Auch da gab es Barrieren. Können Beschnittene mit Unbeschnittenen zusammen Gottesdienst feiern? Schließlich haben Letztere nicht die jüdischen Gebote gehalten, die für die Beschnittenen so wichtig waren. Diese Frage führte zu einem großen Streit unter den Aposteln, die die ersten Christengemeinden leiteten. Bei Paulus, von dem heute angenommen wird, dass er sich mit einer chronischen Erkrankung herumplagen musste, "dem Stachel in meinem Fleisch", wie er einmal schrieb, finden wir zu dieser Streitfrage eine Aussage, die sicher für die Frage nach der heutigen Barrierefreiheit auch eine gute Antwort ist: "Der Gott der Geduld und des Trostes schenke Euch die Einmütigkeit, die Christus Jesus entspricht, damit Ihr Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, einträchtig und mit einem Munde preist. Darum nehmt einander an, wie Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes." (Römer 15, 5.8). Die Barrieren zwischen Beschnittenen und Unbeschnittenen fielen und führten letztendlich zur weltweiten Verbreitung des Glaubens an Jesus Christus.

Ich erzähle gerne Geschichten. Hier kommt zum Schluss noch eine über Barrierefreiheit. Als Verantwortliche für die Kommunionvorbereitung hatte ich es einmal mit einem schwerhörigen Kommunionkind und dessen gehörlosen Eltern zu tun. Wir verabredeten einen Hausbesuch. Ein Gebärdendolmetscher begleitete mich. Gleich zu Beginn des Besuchs stellte sich heraus, dass die Familie nur polnisch gebärden konnte, mein Dolmetscher aber nur Deutsch. Aus dem Familiennamen hatte ich nicht erkennen können, dass es sich um eine polnischsprachige Familie handelte. Ich hatte mir bis dahin noch nie Gedanken über unterschiedliche Gebärdensprachen gemacht. Zum Glück kam der noch relativ gut hörende ältere Bruder dazu, und der Abend wurde noch sehr schön. Allein der Besuch hatte trotz der Sprachbarriere viele Barrieren aus dem Weg geräumt. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass der gute Wille wertvoller ist als eine perfekte Organisation. Vielleicht ist das eine Erfahrung, die für alle wichtig werden kann, die sich in der Kirche mit Barrierefreiheit beschäftigen.

Bild: Beate Schultes steht während der Lesung im Rahmen eines Gottesdienstes am Altar. Foto: privat / Walter Schlesinger

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Sehbehindertensonntag 2022 - Ein Monat der Begegnung

Vom DBSV

Aus Anlass des Sehbehindertentages am 6. Juni, der dieses Jahr auf den Pfingstmontag fällt, findet 2022 im gesamten Monat Juni die bundesweite Kampagne "Sehbehindertensonntag" statt. Kirchengemeinden, kirchliche Gruppen, die Selbsthilfe und alle Interessierten sind eingeladen, sich mit Gottesdiensten und Aktionen zu beteiligen. Im Mittelpunkt stehen die Themen Sehbehinderung und sehbehinderte Menschen, ihre Mitarbeit in der Kirche, die Barrierefreiheit von Gemeinden und das gemeinsame Miteinander. Neben der Sensibilisierung für die Belange sehbehinderter Menschen will das Projekt einen Impuls mit nachhaltiger Wirkung für mehr Barrierefreiheit geben.

Initiatoren sind die Sehbehindertenselbsthilfe sowie Partnerinnen und Partner aus der evangelischen und katholischen Kirche. Infomaterial, das kostenlos bestellt werden kann, wie z. B. Poster, Postkarten, Lesezeichenlupen oder Simulationsbrillen, sowie eine Broschüre mit tollen Aktionsideen für gemeinsame Aktivitäten sehbehinderter und sehender Menschen in allen Altersgruppen, Tipps und Hintergrundinformationen finden Sie auf der DBSV-Webseite unter www.sehbehindertensonntag.de. Bestellungen sind möglich:

Kontakt

Pia Nömer
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Telefon: 030 285387-171

Bild: Schulter- und Kopfpartie eines jungen Mannes im Profil. Er trägt eine Brille mit dicken Gläsern und zündet aus nächster Nähe ein Opferlicht an. Im Hintergrund weitere leuchtende Kerzen. Foto: DBSV/Friese

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Viele Wege führen zum Buch: Das Angebot von Spezialbibliotheken im Wandel

Von Andrea Katemann

Wer heute bei Audible und in ähnlichen Plattformen unterwegs ist, findet eine stetig wachsende Menge Hörbücher. Diese sind zwar durchaus nutzbar, aber in vielen Fällen nicht wirklich barrierefrei. Auffallend ist auch, dass ganz überwiegend belletristische Werke angeboten werden und dass man oft nicht erkennen kann, ob es sich um gekürzte Fassungen handelt. Aber blinde und sehbehinderte Menschen haben selbstverständlich einen Anspruch auf eine barrierefreie Aufbereitung von Sach- und Fachliteratur.

Dieser Herausforderung durch das veränderte Angebot an verfügbaren Medien müssen sich alle Bibliotheken in der Mediengemeinschaft für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen e. V. (Medibus) stellen. Die Stärke dieser Spezialbibliotheken liegt vor allem darin, dass sie viele Werke anbieten, die man bei kommerziellen Buchanbietern nicht finden wird. Darunter fallen Fach- und Sachbücher sowie Belletristik, beispielsweise aus der Rubrik "Behindertenwesen". Zudem werden die dort eigens produzierten Werke immer vollständig aufgesprochen. Bei der Übernahme von kommerziellen Hörbuchtiteln werden Zusatzinformationen aufgelesen, die man bei einem gekauften Hörbuch lediglich im Beiheft findet. Und nicht zuletzt stellen viele Bibliotheken ihren Kund*innen auch ein umfangreiches Angebot an Braillebüchern zur Verfügung und beraten ihre Leser*innen kompetent. Denn gerade eine kompetente Beratung ist für viele blinde und sehbehinderte Nutzer*innen von besonderer Bedeutung, ist es für sie doch zum Teil überhaupt nicht möglich, eigenständig in Katalogen zu recherchieren, oder aber in dafür vorgesehenen Kursen zu lernen, wie dieses möglich sein könnte.

Beinahe alle Bibliotheken haben inzwischen Apps, über die Hörbücher heruntergeladen und abgespielt werden können. Damit diese bedient werden können, ist es notwendig, gut nutzbare und für blinde und sehbehinderte Menschen verständliche Hilfetexte zu verfassen. Eine einfache, barrierefreie und für ältere Menschen sinnhafte Katalog- und App-Programmierung will gut überlegt sein und setzt geschultes Personal voraus.

Jede Bibliothek verschickt immer noch täglich viele Versandboxen mit CDs per Post, stellt einen Onlinekatalog bereit, über den man Bücher bestellen und herunterladen kann, und von vielen Büchereien wird inzwischen auch das Programm Blibu für PC zur Verfügung gestellt, das eine intuitive, mit der Tastatur gut bedienbare Katalogoberfläche bietet.

Welche dieser Zugangsmöglichkeiten von den Nutzenden bevorzugt wird, hängt von persönlichen Gewohnheiten, von der Hilfsmittelausstattung und von den Lebensumständen ab. So ist es z. B. für eine alleinlebende, ältere, späterblindete Person, bei der die Angehörigen nicht in der Nähe leben, sinnvoll, wenn ihre Bibliothek sie bei der Recherche nach passender Literatur unterstützen kann. Dabei stehen beinahe alle Bibliotheken vor den gleichen Herausforderungen. Es muss im Zeitalter sämtlicher Medien ein Angebot bereitgestellt werden, das spezielle Leistungen bereithält, barrierefrei, attraktiv und intuitiv nutzbar ist. Dabei gehen in vielen Fällen Spenden von Nutzenden zurück, und Bibliotheken stehen unter großem Rechtfertigungsdruck für ihre Aufwendungen. Wie bewältigt man diese Fülle an Herausforderungen?

Die technische Infrastruktur wird zentralisiert

Der Verein Medibus entstand 2006 aus dem Zusammenschluss des Vereins der Brailledruckereien und dem der Hörbüchereien. Es sollte erreicht werden, dass Produktionsdaten, vorwiegend fertiggestellte Bücher, untereinander schnell ausgetauscht werden konnten. Es begann also das System der "rotierenden Festplatten". In einem klar geregelten Verfahren wurden in regelmäßigen Abständen Festplatten mit Hörbüchern verschickt. Somit sollten Doppelproduktionen von Werken vermieden werden und alle Bibliotheken konnten von den Produktionen der anderen profitieren. Dazu wurde in der Medibus-Geschäftsstelle ein System zur Meldung von Produktionen entwickelt. Heute werden die Bücher in erheblich kürzeren Abständen allen Bibliotheken über einen zentralen Austauschserver zur Verfügung gestellt. So können Werke nicht mehr innerhalb von Tagen oder Wochen, sondern innerhalb von Stunden ausgetauscht werden.

In der Anfangszeit des Vereins Medibus erhielten die Nutzenden der Bibliotheken die Hörbücher ausschließlich als Daisy-CD oder als Kassettenversion. Ab 2016 hatten die meisten Bibliotheken dann eine Downloadmöglichkeit. Doch stellte man im Zuge dieser Entwicklungen fest, dass es sehr teuer und aufwändig ist, wenn jede Bücherei ihr eigenes System betreibt. Seither hat sich der Vorstand von Medibus viele Gedanken dazu gemacht, wie Abläufe zentralisiert, vereinfacht und für alle effizient gestaltet werden könnten.

In den bisherigen Ausführungen wurden die Angebote aus Nutzer*innen-Sicht vorgestellt. Damit solche Angebote überhaupt aufrechterhalten werden können, sind eigens entwickelte, technische Systeme notwendig, die keine gewöhnliche Bibliothek vorhalten kann. Allein ein Bibliothekssystem, das mit einer Software zur Steuerung von CD-Brennern gekoppelt ist, über die sämtliche bestellten Werke automatisiert über Nacht in der Ausleihe zugeteilt und gebrannt werden können, ist auf dem normalen Markt nicht zu erwerben. Bestellt also eine Person ein Buch als CD, prüft dieses speziell entwickelte Bibliothekssystem, ob die Person aufgrund ihrer Versandwünsche erneut beliefert werden muss. Ist dieses der Fall, wird der Auftrag automatisch an die Brennsoftware weitergereicht. Ansonsten wird die Bestellung gespeichert und berücksichtigt, wenn ein Buch zurückgeschickt worden ist. Wenn man diese Spezialsoftware dann auch noch barrierefrei bedienbar haben möchte, um blinde und sehbehinderte Mitarbeitende einbinden zu können, wird man auf dem normalen Markt vollständig scheitern.

Die hohe Komplexität der vorgenannten Anforderungen machte eine Eigenentwicklung notwendig, die bereits 2004 in der Norddeutschen Bücherei für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen in Hamburg begann. Das dort von Werner Rupp entwickelte und eingesetzte Bibliothekssystem DIBBS hat sich bewährt und wird bereits heute von der Mehrheit der Spezialbibliotheken genutzt. Mit diesem System lassen sich neben der bereits geschilderten Brenneransteuerung für Mitarbeiter*innen die Daten der Nutzenden verwalten, Bücher in Ausleihlisten eintragen, die Kataloge befüllen und seit neuestem auch die Apps und Daisyplayer einbinden.

Technisch geschieht die Einbindung der Kataloge, Apps und Daisyplayer über Schnittstellen zu einer komplex programmierten Datenbank. Spätestens ab Ende 2023 soll diese Datenbank in beinahe allen deutschsprachigen Bibliotheken zum Einsatz kommen. Damit ist nun die Möglichkeit geschaffen worden, viele technische Leistungen nicht mehr in jeder einzelnen Bibliothek vorhalten zu müssen, sondern diese zentral in der Medibus-Geschäftsstelle ansiedeln zu können. Die Lizenzen für die Programme DIBBS und Blibu gehören nun Medibus und werden gemeinsam gepflegt und weiterentwickelt.

Medibus wird damit zu einem kleinen Bibliotheksverbund. Sämtliche Bibliotheken in Deutschland sind über solche "Verbünde" organisiert, damit Katalogisierung zentralisiert, die Buchbeschaffung vereinfacht und online ausleihfähige Medien über gemeinsame Systeme bereitgestellt werden können. Natürlich ist bei Medibus intensive Zuarbeit aus den einzelnen Häusern notwendig, doch kann jede Bibliothek auf diese Weise durchaus Geld sparen, weil technische Leistungen, die von allen benötigt werden, zentralisiert werden können. Nutzenden ist zum Teil heute schon bekannt, dass die in Marburg, Hamburg, Leipzig, Bonn und Berlin eingesetzten Apps sehr ähnlich sind. Sie sind zwar vom Layout auf jede Bibliothek hin angepasst worden, doch handelt es sich eigentlich um dieselbe App. Das gleiche gilt für das erwähnte Katalogprogramm Blibu. Somit konnte auch hier erheblich von einer zentralen Nutzung profitiert werden. Nutzende können sich zudem in einer ähnlichen Struktur der jeweiligen Apps gut und schnell orientieren.

Sobald von allen Bibliotheken das gleiche Bibliothekssystem eingesetzt wird, ist es naheliegend, dass der Austausch der Katalogdaten mittelfristig schneller und effizienter gestaltet werden kann. Die hauseigenen Kataloge könnten dann von den Menschen gefüllt werden, die für die Medibus-Geschäftsstelle arbeiten, sodass jede Einrichtung auch hier sparen könnte. In diesem Zusammenhang wird auch darüber nachgedacht, das Auswahl- und Meldeverfahren von Büchern weiter zu optimieren, sodass es noch schneller und flexibler wird.

Zukünftig wird es vermutlich sogar möglich sein, beratende Leistungen zu zentralisieren, da sich Strukturen in den Katalogen noch stärker als heute ähneln werden.

Bibliotheken bleiben eigenständig

Nun wird man sich fragen, welche Bedeutung dann jede einzelne Spezialbibliothek noch hat. Bei genauerer Betrachtung gibt es in vielen Bibliotheken eigene Schwerpunkte, die sich nicht zentralisieren lassen. So verleihen einige Büchereien Hörfilme, andere machen dieses nicht. Einige bieten eine Braille-Buchproduktion an oder beschäftigen sich mit der Erstellung von anderen, digitalen Medien. Außerdem wird man in Hamburg wohl kaum den Bayernkrimi und in Bayern wohl kaum denjenigen produzieren, der an der Nordsee spielt, weil man die passenden Sprecher nicht hat. Alle Bibliotheken merken jedoch auch gemeinsam, dass sich die Kontaktwege zu den Nutzenden verändert haben. Einige probieren Medien wie Podcasts, Newsletter und Online-Lesungen aus, andere agieren intensiv und zielführend in sozialen Netzwerken, um neue Nutzergruppen zu erschließen. Andere optimieren ihr Verkaufsangebot und versuchen Nutzer*innen über neue Wege auf die Homepage zu führen. Die Frage, welche Rolle für jede einzelne Bibliothek in der Zukunft sprachgesteuerte Systeme spielen werden, kann in diesem Artikel nicht behandelt werden, doch bleibt festzuhalten, dass diese Technik dabei helfen wird, neue Nutzergruppen zu erschließen, und an Bedeutung gewinnen wird.

Neue Nutzergruppen, neue Medien

Seit 2019 darf Medibus Menschen mit einer Lesebehinderung aufnehmen. Die Personengruppe selbst spricht lieber von Leseeinschränkung, doch wird in gesetzlichen Dokumenten immer das Wort Lesebehinderung verwendet, weshalb auch dieser Artikel davon Gebrauch macht. Für diese Personengruppe ist es ganz sicher attraktiv, ein Angebot aus einer Kombination von E-Books und Hörbüchern vorzuhalten. Wenn E-Books barrierefrei sind, ist ein solches Angebot auch für blinde und sehbehinderte Menschen gut. Somit plant Medibus, sich in den nächsten Jahren verstärkt diesem Thema zu widmen. Dazu arbeitet der Verein intensiv in der Task Force Barrierefreiheit des Börsenvereines des Deutschen Buchhandels mit. Gerade sind durch diese Arbeitsgruppe drei Leitfäden zu barrierefreien ePubs, PDF-Dokumenten und zu Webshops entstanden. Die Task Force ist kein Selbstzweck. Durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind sämtliche Verlage ab 2025 verpflichtet, E-Books barrierefrei anzubieten. Ausdrücklich sei betont, dass dieser Punkt auch für Schulbuchverlage gilt. Somit haben sich in der Task Force Barrierefreiheit Spezialbibliotheken mit den Verlagen zusammengeschlossen, um gemeinsam Wege für eine neue Gestaltung von Büchern mittels der Optimierung von Produktionsprozessen zu finden. Dabei ist es Medibus ein besonderes Anliegen, dass der Begriff Barrierefreiheit nicht aufgeweicht, sondern möglichst eng in Abstimmung mit von den Selbsthilfeverbänden gemachten Vorgaben umgesetzt wird.

Ein zweijähriges Projekt zum Thema E-Books, in dem ebenfalls das Thema Barrierefreiheit eine Rolle gespielt hat, ist gerade von Medibus abgeschlossen und vom Zentrum für barrierefreies Lesen in Leipzig koordiniert worden. Ziel dieses Projektes war es, herauszufinden, welche Software zur Verfügung steht, mit der sich moderne E-Book-Formate, wie ePub3 abspielen und barrierefrei nutzen lassen. Vor allem sollten jedoch Produktionsprozesse für Bücher im ePub3-Format zusammengestellt und unter verschiedenen Bedingungen ausprobiert werden, sodass das Wissen darüber, wie barrierefreie E-Books produziert werden können, inzwischen allen Bibliotheken in umfangreichen Video-Tutorials und Handbüchern zur Verfügung gestellt worden ist.

Möchte man neue Nutzergruppen erschließen, ist es sinnvoll, ein Angebot von professionell mit bekannten Sprechern gelesenen Hörbüchern zur Verfügung zu stellen. Auch hier hat sich der rechtliche Rahmen seit 2019 geändert. Seither ist es Medibus möglich, kommerzielle Hörbücher, somit auch Radiofeatures und Originaltondokumente, zur Ausleihe anzubieten. Um das Sortiment hier zu erweitern, gab es das ebenfalls in diesem Jahr abgeschlossene Projekt "Büchernot lindern", das von der Deutschen Blinden-Bibliothek in Marburg koordiniert worden ist und über das Medibus 6.000 kommerzielle Hörbücher erhalten hat. Diese sind inzwischen in den sämtlichen Katalogen der Bibliotheken recherchier- und ausleihbar.

Beide genannten Projekte wurden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus dem nationalen Aktionsplan dankenswerterweise gefördert. Das Angebot kommerzieller Hörbücher ist eventuell für Menschen mit einer Lesebehinderung in den nächsten Jahren interessant, wenn man noch entsprechende E-Books zur Verfügung stellen kann. Somit können, insbesondere zur Leseförderung, mittelfristig gut aufbereitete Hörbücher sowie E-Books als Kombipaket genutzt werden. Medibus will hier Strukturen schaffen, die sowohl für die Nutzenden als auch für die Bibliotheken beste Voraussetzungen bieten.

Blickt man nur auf die letzten vier Jahre der Arbeit in Medibus zurück, lässt sich sagen, dass dieser Artikel lediglich einen kleinen Ausschnitt der vielfältigen Herausforderungen beschreiben konnte. Wir freuen uns alle darauf, den Nutzenden ein breites, barrierefreies, qualitativ hochwertiges, innovatives, gut sortiertes Angebot und auf entsprechende Bedürfnisse zugeschnittene Beratungsleistungen zur Verfügung stellen zu können.

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Berichte und Schilderungen

"Dieser Krieg ist schwer zu begreifen" - Eine blinde Lehrerin berichtet aus der Ukraine

Von Petra Krines

"Ich höre die Schüsse immer lauter. Das heißt, die Russen kommen näher", erzählt Tetiana Kostina. Die Lehrerin ist gebürtige Ukrainerin und lebt in Charkiw. Bis vor einiger Zeit unterrichtete sie noch in einer Blindenschule. Durch einen Luftangriff wurde das gegenüberliegende Gebäude getroffen und das Internat der Blindenschule schwer beschädigt. "Unsere Schüler haben das miterlebt. Es war schrecklich!" berichtet Tetiana im März 2022 während eines ZOOM-Meetings, zu dem der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) eingeladen hatte. 100 überwiegend selbst betroffene Teilnehmer*innen kamen virtuell zusammen, um mehr über die Situation blinder und sehbehinderter Menschen in der Ukraine zu erfahren.

Ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler der blinden Lehrerin konnte nach Polen fliehen. Dort haben sie polnische Freunde empfangen. "Es geht ihnen gut. Sie sind in Sicherheit und besuchen in einem Rehabilitationszentrum sogar die Schule", erzählt die Ukrainerin. Doch zu einigen Kindern sei der Kontakt abgebrochen, da Charkiw unter starkem Beschuss sei und sie in Kellern säßen.

Tetiana Kostina ist seit ihrer Geburt blind. Sie besuchte einen Kindergarten für seheingeschränkte Kinder, danach eine Blindenschule und studierte Deutsch, Englisch, Sonder- und Blindenpädagogik. Mit 21 Jahren verlor sie bei einem Unfall mit einer U-Bahn einen Arm und ist seitdem auf eine Prothese angewiesen. "Doch es war leichter für mich den Arm zu verlieren, als diese Situation jetzt mitzuerleben", sagt sie.

Ob sie über Flucht nachdenke, wird sie von einer ZOOM-Teilnehmerin gefragt. "Das kommt für mich momentan nicht infrage, obwohl viele meiner Freundinnen und Freunde bereits evakuiert sind. Ich habe mir mein Zuhause so eingerichtet, dass ich mit meiner Behinderung gut zurechtkomme". Auf der Flucht, fürchtet sie, könne sie einen Großteil ihrer Selbstständigkeit einbüßen. Ihr gehe es so weit nicht schlecht, sie müsse eben vorsichtig sein und werde insbesondere nachts "regelmäßig ungebeten von diesem russischen Weckdienst der besonderen Art wach", sagt sie wörtlich.

Aleksander Pavkovic, der Vorsitzende des Deutschen Katholischen Blindenwerks, schildert die Situation in den Ländern Süd-Ost-Europas seit 1991. "Durch die Zeit der Umbrüche nach 1991 verflüchtigten sich viele soziale Standards, und einige Personengruppen, zum Beispiel Menschen mit Behinderung, wurden abgehängt." Das bestätigt auch Tetiana Kostina: "Wir arbeiten kaum mit Braille-Zeilen, weil wir sie uns nicht leisten können. Sprachausgaben werden gerne genutzt, doch auch deren Finanzierung ist ein Problem." Lothar Wüstner, der die Blindenschule in Charkiw schon seit einigen Jahren unterstützt, ergänzt, dass einige blinde Ukrainer*innen sogar Gardinenstäbe als Blindenstock nutzen.

Werner Wörder vom DVBS und die Referenten schworen am Ende der Veranstaltung die Teilnehmenden auf einen "Marathonlauf" ein. "Wenn hoffentlich in einigen Wochen oder Monaten die Waffen schweigen, werden viele Spenden und ein langer Atem für den Wiederaufbau nötig sein." Inzwischen sollen in Deutschland Strukturen aufgebaut werden, um blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland und Polen zielgerichtet zu unterstützen.

Tetiana Kostina hat Charkiw verlassen. Der DVBS hat eine Mailingliste "Ukraine-Hilfe" eingerichtet, die DVBS-Geschäftsstelle trägt Interessierte gerne ein. Kontakt: Telefon: 06421 94888-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Spenden für die Blindenschule in Charkiw sind bei Angabe des Verwendungszwecks über ein Spendenkonto des Deutschen Katholischen Blindenwerks (DKBW) möglich:

Deutsches Katholisches Blindenwerk e. V.
Graurheindorfer Str. 151a
53117 Bonn
Bank im Bistum Essen
IBAN: DE42 3606 0295 0000 0014 14
BIC: GENODED1BBE
(Der BIC enthält keine Null, sondern den Buchstaben O!)
Link für Online-Spenden:
https://blindenwerk.de/all-project-list/blindenhilfe-in-charkow/

Bild: Blau-gelbe Flagge der Ukraine, hier als Symbol der Sehnsucht nach Frieden mit weißer Friedenstaube, die einen Ölzweig im Schnabel hält. Abbildung: Ionel Stanciu / pixabay

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Dr. Hans-Eugen Schulze zum 100. Geburtstag

Von Dr. Imke Troltenier

Die blista hat am 10. April eines Menschen gedacht, dem sein so großartiges Wirken durchaus nicht in den Schoß gefallen war. "Der blinde Bundesrichter a. D. und Träger des Bundesverdienstkreuzes Dr. Hans-Eugen Schulze war ein Wegbereiter für viele blinde Menschen, die ihren Lebensweg selbstständig und selbstbewusst gestalten wollten. Er ist unseren Schülerinnen und Schülern sicher auch künftig ein großes Vorbild. Dafür ist die blista ihm unendlich dankbar", erklärt Direktor Claus Duncker.

In früher Kindheit erblindet, ging er zunächst auf die Soester Blindenschule und wurde anschließend zum Stuhl- und Mattenflechter ausgebildet. Das damals vorherrschende Blindenhandwerk erlaubte jedoch nur gering entlohnte "Kümmerexistenzen" unter Aufsicht, zum Teil in geschlossenen Blindenwerkstätten mit Wohnheimen.

Hans-Eugen Schulze absolvierte eine zweite Ausbildung zum Stenotypisten an der blista. Blinde Stenotypist*innen waren zu der Zeit nachgefragte Arbeitskräfte, denn auf der Basis von Braille erstellten sie Mitschriften oft weitaus schneller als ihre sehenden Kolleg*innen. In der Braille-Systematik der Stenografie werden Wörter durch einen oder mehrere Buchstaben abgekürzt und ganze Redewendungen durch wenige Buchstaben dargestellt. 320 Silben pro Minute waren da keine Seltenheit. So erhielt auch Hans-Eugen Schulze nach seinem Volontariat eine Anstellung als Protokollführer am Landgericht in Dortmund. Und entdeckte seinen wahren Berufswunsch: Jurist wollte er werden!

Die Allgemeine Hochschulreife erwarb er an der Carl-Strehl-Schule quasi in Rekordzeit: von Ostern 1944 bis Ostern 1945. Noch im Frühjahr 1945 trat er in den "Verein der blinden Geistesarbeiter Deutschlands" (VbGD) ein, den heutigen Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS). Zeit seines Lebens fand er in der Selbsthilfe vielfältige Möglichkeiten, um durch ehrenamtlichem Engagement Menschen im Kleinen wie im Großen zu helfen und nachhaltig positive Entwicklungen anzustoßen. Bis zur Wiedereröffnung der Philipps-Universität im Jahr 1946 gab er kriegsblinden Menschen Brailleunterricht und studierte sodann Rechts- und Staatswissenschaften. 1948 schloss er mit Auszeichnung ab, promovierte 1951 ebenfalls mit Auszeichnung in Münster und wurde noch im gleichen Jahr zum Richter ernannt. Zunächst am Landgericht Bochum, später am Oberlandesgericht Hamm tätig, war es 1963 durchaus eine Sensation, als man ihn als ersten blinden Richter an den Bundesgerichtshof berief.

Der blista stets auf das Engste verbunden, trat er dem Verein im gleichen Jahr als Mitglied bei. 1997 gründete er mit seiner Ehefrau - beide hatten 1955 geheiratet - die Marga Schulze Stiftung zur Förderung blinder und sehbehinderter Mädchen und Frauen in Afrika und Asien. Er beriet über mehr als drei Jahrzehnte die Christoffel-Blindenmission und wurde 2002 Ehrenmitglied ihres Missionsrates (heute Aufsichtsrat).

Im gleichen Jahr wurde er "in Würdigung seines herausragenden Wirkens für die Rehabilitation und Integration blinder und sehbehinderter Menschen in Deutschland und in den Entwicklungsländern" mit der Carl-Strehl-Plakette ausgezeichnet. Gern hat er noch im Jahr 2006 die CSS beim Landeswettbewerb "Tränen, Trümmer, Tatendrang - Hessen wird 60 Jahre jung" unterstützt. Dr. Hans-Eugen Schulze starb im Alter von 91 Jahren in Karlsruhe.

Linktipps

Bild: "Ein blinder Senior auf dem Weg in die Zukunft", so wünschte sich Dr. Schulze 2005 die Unterschrift zu diesem Foto. Es zeigt ihn in hellem Anzug und mit weißem Stock während eines Spaziergangs und entstand für seine Webseite www.ma-ha-schulze.de. Foto: Dr. Schulze

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Zeitenwende - Vom Leben nach der blista: Neue Herausforderungen

Von Karina Schaude, Abitur 2014

Von 2011 bis 2014 habe ich als Schülerin die Oberstufe der Carl-Strehl-Schule besucht und meine blista-Zeit im Sommer 2014 mit dem allgemeinen Abitur abgeschlossen.

Bis zur 12. Klasse war ich mir noch unsicher, welche Richtung ich beruflich nach meiner Schulzeit einschlagen wollte, kurzzeitig liebäugelte ich mit einem Lehramtsstudium. Aber im Abschlussjahr war ich mir dann sicher, dass ich Psychologie studieren werde. Also habe ich mich nach dem Abitur an mehreren Universitäten beworben. Zusagen bekam ich von Ulm, Marburg, Bochum und Tübingen. Ich bin jetzt 29 Jahre und studiere im zweiten Master-Semester Schulpsychologie an der Eberhard Karls Universität in Tübingen.

Psychologie ist, wie Informatik oder Jura, ein Studiengang, den viele Schulabgänger*innen der blista wählen - aus Interesse, aber vor allem auch, weil es sich hierbei um Studienfächer handelt, in denen hochgradig seheingeschränkte Menschen wie ich sehr gute Berufsaussichten haben. Da ich bereits mehrere Sehrestverschlechterungen hinter mir hatte, wollte ich auf keinen Fall ein Fach studieren, in dem ich später womöglich gar nicht arbeiten kann. Psychologie war für mich also eine naheliegende Wahl, die ich bisher keine Sekunde bereut habe.

Die Wahl meines Studienortes

Warum Tübingen? Mein ursprünglicher Plan war, nach dem Abitur in Marburg zu bleiben, so wie viele meiner Mitschüler*innen. Andererseits habe ich mein ganzes Leben lang ausschließlich Förderschulen für Menschen mit Seheinschränkung besucht, weshalb ich unbedingt einmal die "reale Welt" außerhalb der Schutzglocke erkunden wollte. Bliebe ich in Marburg, so kamen mir damals Bedenken, würde ich wahrscheinlich nur schwer neue Kontakte zu sehenden Kommilitonen knüpfen, denn ich wusste schon von einigen Klassenkamerad*innen, die ebenfalls Psychologie in Marburg studieren wollten, und schneller als einem lieb ist, wäre man wieder unter sich.

Um also ein bisschen frische Luft zu schnuppern und meine eigenen Grenzen auszuloten, nahm ich den Studienplatz in Tübingen an. Da ich aus Süddeutschland komme, spielte die Nähe zu meinem Heimatort natürlich bei der Wahl der Uni auch eine Rolle. Für eine Zusage wäre eigentlich ein Abi-Schnitt von mindestens 1,2 nötig gewesen, aber dank eines Härtefallantrags bekam ich trotzdem einen Studienplatz.

Das Studium in Tübingen ist extrem methodenlastig und naturwissenschaftlich ausgerichtet. Das heißt, viel Statistik, Forschungsmethoden und Diagnostik. Sogar eine Programmiersprache musste ich lernen. Sigmund Freud findet hier nur Erwähnung, wenn meine Dozent*innen ein Beispiel vorbringen, wie wissenschaftliches Arbeiten eben NICHT funktioniert.

Aller Anfang ist schwer

In Tübingen galt es für mich zunächst erst einmal die sogenannten "Aussiebe-Semester" zu überstehen, so nennt man die ersten zwei bis drei Semester im Bachelor. In dieser Zeit muss man bestimmte Prüfungen ablegen und bestehen, um weiter studieren zu dürfen. Für jede Prüfung hat man nur zwei Versuche. Das führt dazu, dass für einen nicht unerheblichen Teil der Studierenden nach diesen ersten Semestern Schluss ist. Nach diesen Prüfungen kommen die eigentlich interessanten Sachen, wie etwa klinische Psychologie. Auch darf man nun gezielt Seminarthemen auswählen, die man ansprechend findet, und auch ein Praxissemester wartet bereits.

Uni und Sehbehinderung

Anders als in Marburg, wo die Uni auf Menschen mit Sehbehinderung bestens vorbereitet ist, gibt es in Tübingen nur sehr wenige Studierende mit Behinderung. Im Moment bin ich die Einzige an meinem Fachbereich, die eine Seheinschränkung hat. Auch die Stadt ist alles andere als behindertengerecht gestaltet. Leitlinien sind Mangelware, viele Gebäude sind alt und nicht barrierefrei zugänglich, akustische Ampeln gibt es vielleicht drei oder vier in der ganzen Stadt. Trotzdem fühle ich mich an der Uni sehr wohl. Meine Dozent*innen sind alle sehr nett und ermöglichen mir meine Nachteilsausgleiche für Prüfungen oder Hausarbeiten. Was man bei einem Studium natürlich nicht unterschätzen darf - und ich habe am Anfang diesen Fehler auch gemacht -, ist, dass man selbst Experte bzw. Expertin für die eigene Behinderung und Bedürfnisse sein muss. Es gibt zwar an allen Unis Behindertenbeauftragte, diese fungieren aber eher als eine Art Mediator*in und unterstützen einen bei auftretenden Problemen, z. B. bei der Formulierung von Anträgen usw. Das Studium zu organisieren, Arbeitsmaterial zu beschaffen und aufzubereiten, seine Bedürfnisse zu kennen, zu äußern und zu vertreten, muss man aber schon selbst in die Hand nehmen - klar, dass gerade am Beginn des Studiums nicht alles gleich reibungslos läuft.

Ich hatte mir ein supertolles Hilfsmittel organisiert: eine Kamera, die Texte z. B. aus Lehrbüchern gleich in ein Word-Format einscannt. Klingt erst mal prima, in der Praxis stellte sich diese Kamera aber als vollkommen ungeeignet heraus, wenn man mit wissenschaftlichen Texten arbeitet, die mehr Sonderzeichen haben als auf eine Tastatur passen. Ich verschwendete anfangs leider viel Zeit und Aufwand mit diesem "Hilfsmittel", das mein Leben nicht erleichterte, sondern das genaue Gegenteil bewirkte - es passte einfach nicht zu den Texten, die ich im Studium bearbeiten musste. Wie ich sonst an die für mich unabdingbaren Informationen rankommen sollte, hatte ich aber nie richtig gelernt. Denn in der Schule gab es ja alle Texte immer im Word-Format, aber diesen Luxus gibt es an der Uni nicht. Zwar gibt es digitale Bücher, aber leider nicht immer. Also musste ich mir etwas einfallen lassen. Für mich lag die naheliegendste Lösung, um weiter mit dem Stoff voranzukommen - denn die Prüfungen mussten ja zu einem bestimmten Zeitpunkt geschafft sein -, darin, erst einmal alles selbst zu lesen, mit einer Lupe, was mir einen Krankenhausaufenthalt einbrachte, weil meine Augen nach ein paar Monaten exzessivem Lesen und zu wenig Schlaf vollkommen überarbeitet waren. In der Schule wurde uns Schüler*innen immer nahegelegt, dass man seine Hilfsmittel benutzen soll. Mir war aber damals noch nicht klar, dass Hilfsmittel auch ihre Grenzen haben und nicht für jede Art von Text geeignet sind - und wenn doch, dass der Faktor Zeit dabei eine wichtige Rolle spielt. Eine Seite fehlerfrei einzuscannen darf eben nicht zu lange dauern. In diesen Tagen habe ich mir gewünscht, dass mich die blista besser auf das Arbeiten unter suboptimalen Bedingungen vorbereitet hätte.

Nach meinem zweiten Semester wurde mir dann aber klar, dass ich unbedingt eine Assistenz brauchte, wenn ich das Studium nicht aufgeben wollte, und dass ich mich von dem Gedanken an eine Regelstudienzeit verabschieden musste. Seither nutze ich immer Assistenzkräfte, gerade für die Arbeit mit wissenschaftlichen Texten, was eine enorme Zeit- und Energieersparnis für mich bedeutet.

Was ich zukünftigen Studierenden mit Seheinschränkung mit auf den Weg geben möchte

Hört auf euren Körper und lernt vor eurem Studium schon Arbeitstechniken zur Informationsbeschaffung. Wenn ihr bereits wisst, was ihr studieren wollt, leiht euch einfach mal Schwarzschriftbücher (am besten Fachliteratur) zu diesen Themen aus und versucht euch die Informationen selbstständig zugänglich zu machen. Fordert auch im Unterricht ein, Texte nicht immer aufbereitet zu bekommen, sondern es auch einmal selbst zu machen. Das ist zwar in dem Moment mühsam, erspart euch aber später eine Menge Frust, und ihr freut euch dann umso mehr, wenn euch im Studium dann doch mal ein perfekt barrierefreier Text begegnet. So merkt ihr nicht nur, welche Hilfsmittel für euch in Frage kommen könnten und welche nutzlos für euch sind, sondern vor allem auch, wie lange ihr für das Aufbereiten von Informationen braucht. Dauert es zu lange oder ist es für euch zu anstrengend, wäre eine Assistenz vielleicht das Richtige für euch.

Selbst bereits eingescannte Texte können eine Herausforderung sein, denn die Texte, die man an der Uni von Dozenten bekommt, sind meist sehr schlecht aufbereitet und müssen ebenfalls von euch angepasst werden. Ich glaube, die Textarbeit war für mich die größte Herausforderung im Studium. Durch die Assistenz, die mir die Texte dann vorgelesen oder für mich eingescannt hat, ging es aber wesentlich leichter und vor allem schneller.

Das Studentenleben

Das Studium besteht natürlich nicht nur aus Lernen und durchwachten Nächten. Auch das Sozialleben ist ein nicht unerheblicher Teil davon. Gerade ist das wegen der Pandemie natürlich etwas schwierig, denn die meisten Veranstaltungen finden online statt, und deshalb sehe ich meine Kommiliton*innen nur über den Bildschirm oder wenn wir im Praktikum in der Kinderpsychiatrie miteinander zu tun haben. Vor Corona war das natürlich anders. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Kommiliton*innen sehr gut mit meiner Sehbehinderung umgehen. Sie machen meine Behinderung nicht zum Thema und behandeln mich wie alle anderen Studierenden auch. Brauche ich dann doch mal Hilfe bei etwas, ist das kein Problem. Über die Jahre haben sich gute Freundschaften entwickelt, die heute noch Bestand haben. Natürlich muss man sich auch damit abfinden, dass gerade am Anfang des Studiums viele Bekannte, die man ins Herz geschlossen hat, das Studium abbrechen oder einen anderen Weg einschlagen, aber das gehört leider auch dazu. Ich habe viele schöne Momente mit meinen Freund*innen in Cafés oder unserem Lieblingsrestaurant verbracht, um eine bestandene Prüfung zu feiern oder einfach mal die Seele baumeln zu lassen.

Aber nicht nur soziale Kontakte zu den Studierenden sind wichtig: Ich habe auch viele tolle Erlebnisse mit meinen Mitbewohner*innen aus dem Studentenwohnheim sammeln können. Seit dem Beginn meines Studiums habe ich in Sechser-WGs gewohnt - mit einer einjährigen Unterbrechung wegen meines Praxissemesters. Im Studentenwohnheim kann man sich seine Mitbewohner*innen nicht aussuchen. Man bekommt ein Zimmer, das grade frei ist, und trifft über die Zeit hinweg sehr viele unterschiedliche Leute. Ich hatte schon Mitbewohner*innen aus der französischen Schweiz, Kanada, den USA, Brasilien, Italien, Taiwan, Japan, Spanien, Afrika, Bulgarien und natürlich Deutschland. Auch hier war meine Sehbehinderung nie ein Problem und ich kann auf viele schöne Erinnerungen zurückblicken. Natürlich sind diese WGs anders als die an der blista. Manchmal sehe ich meine Mitbewohner*innen ein oder zwei Wochen am Stück nicht, weil sie im Zimmer oder der Bibliothek lernen und wir zu verschiedenen Zeiten kochen. Trotzdem haben wir auch ab und zu Zeit zusammen verbracht, z. B. im Sommer auf dem Balkon oder beim Grillen, bei einem gemeinsamen Filmabend, der einen oder anderen Putzaktion, einem Abendessen oder bei Monopoly. Zu manchen meiner Mitbewohner*innen habe ich heute noch Kontakt, auch wenn sie mittlerweile am anderen Ende von Deutschland wohnen oder wieder zurück in ihre Heimat auf der anderen Seite der Welt sind. Falls ihr also die Möglichkeit habt, in einem Studentenwohnheim in einer WG zu wohnen, macht das unbedingt, es lohnt sich sehr.

Wie geht es weiter?

Mittlerweile steht für mich die letzte Etappe im Studium an, die Masterarbeit. So sehr ich das Studentenleben auch zu schätzen gelernt habe mit all seinen Höhen und Tiefen, freue ich mich mittlerweile auch darauf, dass es endlich geschafft ist und ich finanziell unabhängig werden kann. Da ich mich ja auf die Fachrichtung Schulpsychologie spezialisiert habe, ist für mich auch schon relativ klar, wo es mich später hinzieht. Wenn alles so läuft wie geplant, werde ich vielleicht wieder an die Nikolauspflege in Stuttgart zurückkehren und dort den Psychologischen Dienst unterstützen.

In Stuttgart habe ich bereits während meines Praxissemesters ein halbes Jahr gearbeitet und sehr viel Spaß dort gehabt. Wo ich aber letzten Endes landen werde, sehe ich ja dann, wenn es soweit ist. Ich habe nicht nur die Möglichkeit, direkt an einer Schule zu arbeiten, son­dern könnte auch an eine Beratungsstelle gehen. Auch die Ausbildung zur Kinder- und Jugendpsychotherapeutin wäre möglich.

Allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob ich nochmal fünf mögliche Berufsjahre für eine teure Ausbildung aufwenden will ...Egal wo die Reise am Ende hingeht, fest steht für mich, dass ich dann eine Menge neuer und nützlicher Erfahrungen mit im Gepäck habe, die ich für nichts eintauschen will.

Bild: Bücherregale mit Lehrbüchern in der Universitäts-Bibliothek in Tübingen - nicht alle Bücher gibt es auch digital. Foto: privat

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"Der Blindenfußball hat sich weiterentwickelt - genau wie ich"

Von Thorsten Büchner

2012 war für die Blindenfußballer der SF BG blista Marburg ein ganz besonderes Jahr. Vor zehn Jahren wurde die Mannschaft zum zweiten Mal, nach 2008, Deutscher Meister im Blindenfußball. Außerdem wurden die blista-Kicker bei der Leserwahl der "Oberhessischen Presse" zur "Mannschaft des Jahres" gewählt. Ihr damaliger Trainer, Peter Gößmann, entschied die Publikumswahl als "Trainer des Jahres 2012" für sich. Welche Rolle spielt der Blindenfußball eigentlich heute im Leben der damaligen Meistermannschaft? Und was machen sie außerhalb des Platzes? Fünf Meisterspieler von 2012 geben einen Einblick.

Thomas Horn

Mir hat der Blindenfußball immer sehr viel bedeutet. Ich durfte durch ihn viele Dinge und Orte erleben, die ich sonst nie erlebt hätte. Er brachte mir viel Spaß und Selbstbewusstsein.

Heute bin ich in Blindenfußballrente und betreibe Showdown (Blindentischtennis) als sportliche Betätigung. Ich arbeite beim Regierungspräsidium Gießen als Barrierefreiheitstester für das Land Hessen.

Robert Warzecha

In den letzten zehn Jahren hat sich erheblich viel in meinem Leben bewegt. Ich habe meine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten abgeschlossen und arbeite seit 2019 in einer psychotherapeutischen Praxis. Im Jahr der Approbation habe ich noch geheiratet, 2019 meine eigene Familie gegründet mit meinem Sohn und 2021 noch eine Tochter hinzugewonnen. Seit gut drei Jahren bin ich Familienvater und habe mit dem Blindenfußball nur noch am Rande etwas zu tun. Aktiv bin ich nicht mehr. Jetzt stelle ich mich anderen sportlichen Herausforderungen und das ist auch gut so.

Taime Kuttig

In der Zwischenzeit habe ich mein Abitur im Jahr 2013 erfolgreich absolviert und bin seit dem Jahr 2012 fester Bestandteil der Blindenfußball-Nationalmannschaft. Zudem absolvierte ich mein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Mainz und anschließend mein Studium im Master Sport Management an der Sporthochschule Köln. Mittlerweile bin ich allerdings wieder in Marburg angekommen und arbeite bei der Sepp-Herberger-Stiftung des DFB. Dabei beschäftige ich mich nun mittlerweile auch aus der anderen Perspektive, nämlich aus der organisatorischen, insbesondere mit dem Blindenfußball. In der Nationalmannschaft spiele ich weiterhin. Im Juni reisen wir zur Europameisterschaft nach Italien.

Björn Hoppmann

Ich habe im Jahr 2014 mein Abitur gemacht und seitdem Mathematik in Dresden studiert. In den ersten drei Jahren musste der Blindenfußball für mich daher aus diversen Gründen ruhen, allen voran wegen der räumlichen Distanz und dem hohen Arbeitsaufwand zu Beginn des Studiums. Außerdem war ich in den Jahren vor 2014 alles andere als ein Stammspieler. Die für mich passende Position musste erst noch gefunden werden. Bei meiner Rückkehr hatte der Blindenfußball sich taktisch weiterentwickelt - und ebenso ich mich. Mit der für mich passenden Position kam auch eine stärkere Integration des Sports in mein Leben und eine größere Bereitschaft, für meine höheren persönlichen sportlichen Ziele zu arbeiten.

Ali Can Pektas

2012 war ein äußerst ereignisreiches Jahr für mich, das Abitur stand an, danach der fliegende Wechsel ins Studium, das erste Länderspiel meiner Karriere, die Meisterschaft in der Blindenfußballbundesliga rundeten das Jahr mit vielen Highlights ab, an das ich mich sehr gerne zurückerinnere. Anschließend habe ich Betriebswirtschaft studiert und anschließend ein Trainee bei der Deutschen Bank begonnen, wo ich immer noch im Corporate Cash Management beschäftigt bin. Der Blindenfußball begleitet mich seitdem noch immer. Deutlich intensiver als damals vermutlich erträumt. Mit dem großen Ziel, Deutschland hoffentlich bald bei den Paralympics vertreten zu dürfen und das größte sportliche Highlight der Welt hautnah zu erleben und mitzugestalten.

Bild: Deutsche Meister Blindenfußball 2012: Die Mannschaft der Sportfreunde Blau-Gelb blista Marburg jubelt. Mit dabei: Spieler Ali Can Pektas (untere Reihe, 3. v. l.), Robert Warzecha (obere Reihe, 2. v. l.), Thomas Horn (o., 4. v. l.), Björn Hoppmann (o., 5. v. l.), Taime Kuttig (o., 6. v. l.) sowie Chefcoach Peter Gößman (u., 1. v. l.), Assistenztrainer Manfred Duensing (o., 7. v. l.) und Oliver Einhoff (o., 8. v. l.). Foto: blista

Bild: Nah am Ball: Taime Kuttig. Foto: blista

Bild: Ali Can Pektas (rechts) im Zweikampf um den Ball mit Alex Fangmann (MTV Stuttgart). Foto: blista

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Aus der Arbeit des DVBS

Vorstandsarbeit als Lernplattform

Von Nina Odenius

Hättest Du Lust für den DVBS-Vorstand zu kandidieren? Diese Frage stellte man mir vor ungefähr zwei Jahren. Ich war einerseits überrascht, aber andererseits freute ich mich darüber, dass mir eine solche Arbeit zugetraut wurde. Ich kannte den DVBS bereits aus meiner Arbeit im Leitungsteam der Fachgruppe Studium und Ausbildung. Dort war ich von 2014 bis 2016 tätig. Danach organisierte ich in einer Arbeitsgruppe ein Seminar für Studierende aus verschiedenen europäischen Ländern, das sich u.a. mit den Themen Studium im Ausland und Hilfsmittelbeschaffung beschäftigte. Diese beiden ehrenamtlichen Tätigkeiten haben mir viel Freude bereitet.

DVBS-Mitglied bin ich bereits seit 2010. Damals hatte ich gerade mein Studium der Romanistik und Politikwissenschaften in Düsseldorf begonnen und wollte mich mit anderen Studierenden mit Seheinschränkung vernetzen. Zwei Auslandsaufenthalte führten mich während des Studiums nach Paris und Pisa. Nach meinem Studium in Düsseldorf absolvierte ich ein zweijähriges journalistisches Volontariat bei DOMRADIO.DE in Köln.

Als ich im September 2021 als Beisitzerin in den Vorstand gewählt wurde, war ich gerade fertig ausgebildete Journalistin. Seit Oktober 2021 arbeite ich als Redakteurin bei der Agentur für Bildungsjournalismus in Düsseldorf und bin freiberuflich für das Domradio tätig.

Über meine Wahl in den DVBS-Vorstand habe ich mich sehr gefreut. Schon in den zurückliegenden Monaten vor der Vorstandswahl hatte ich mich in einigen Fach- und Bezirksgruppen per Telefonchat den Mitgliedern vorgestellt. Schon damals fand ich es spannend, mit den Mitgliedern zu diskutieren und Fragen zu beantworten. Ja, ich bin neu im Vorstand und im Berufsleben, und es gibt viele Dinge, in die es sich einzuarbeiten gilt. Ich glaube aber, dass das viele Vorteile bringt. Die Vorstandsarbeit sehe ich als Chance und Herausforderung zugleich.

In den letzten Monaten hatten wir viele Videokonferenzen, da ein persönliches Treffen der Vorstandsmitglieder aufgrund der Corona-Situation noch nicht möglich war. Trotzdem haben wir gut in unsere Arbeit hineingefunden und uns mit vielen spannenden Themen befasst. Für mich als Berufseinsteigerin sind die Personalangelegenheiten des Vereins besonders spannend, denn ich habe dadurch die Möglichkeit, die Perspektive des Arbeitgebers einzunehmen. Diese Sichtweise kann in vielen Bereichen, auch im eigenen Berufsleben, hilfreich sein.

In meine Zuständigkeit innerhalb der Vorstandsarbeit fallen vor allem die medialen Angebote des DVBS. Dazu gehören die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die horus-Redaktion und der DVBS-Podcast. Dabei bin ich in enger Abstimmung mit den jeweils Verantwortlichen in der Geschäftsstelle und im Ehrenamt.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle und den Vereinsmitgliedern. Zudem hoffe ich, dass ich neue Ideen in den Verein miteinbringen kann. Mir ist es wichtig, die Vorstandsarbeit für die Mitglieder transparent zu gestalten und offen mit allen Beteiligten zu kommunizieren. Auch möchte ich mich den Anliegen der jungen Vereinsmitglieder widmen und die Digitalisierung im DVBS vorantreiben. Außerdem ist es mir ein Anliegen, die persönliche und vereinsübergreifende Vernetzung in der Blindenselbsthilfe auszubauen.

Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit und einen regen Austausch mit Euch und Ihnen allen.

Kasten: Nina Odenius ist seit September 2021 ehrenamtlich als DVBS-Vorstandsmitglied aktiv. Hauptberuflich ist sie als Redakteurin in Köln und Düsseldorf tätig. Sie ist seit ihrer Geburt blind. Bild: Nina Odenius lächelt. Sie hat schulterlanges, blondes Haar und trägt zur weißen Bluse einen schwarzen Blazer. Foto: privat

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Nach ein paar Telefonaten kam die Nominierung und dann die Wahl - Neu im DVBS-Vorstand

Von Malek Alaamri

Als ich die Nachricht bekam, ich sei als Beisitzer für den DVBS-Vorstand vorgeschlagen worden, dachte ich erst einmal "Wie cool, Danke an diejenigen, die diese Idee hatten". Aber irgendwie dachte ich auch: "Nein Alaamri, Du hast schon genug Arbeit, warum noch mehr dazu?"

Nachdem ich dann mit Ursula Weber wegen der inhaltlichen Arbeit im Vorstand und mit Andrea Katemann wegen meiner Vorstellung auf "intern spezial" telefoniert hatte, war mir klar: Der Ball ist bereits ins Rollen gekommen. Ich werde die Herausforderung, bei der ich nur hinzulernen kann, annehmen und hoffentlich erfolgreich umsetzen.

Erfahrungen in der Vorstandsarbeit hatte ich bisher nur wenig im Verein "Dialog im Dunkeln - Verein zur Förderung der Sozialen Kreativität e. V." in Frankfurt sammeln können. Über einen anderen Verein, das Deutsch-Marokkanische Kompetenznetzwerk (DMK) e. V., bekam ich die Möglichkeit, von 2012 bis 2014 bei einem Elternprojekt für Migranten "Bildungsbrücken Aufstieg" mitzuarbeiten. Hier hatten wir die Aufgabe, in verschiedenen Bildungsbereichen Foren für Eltern aus der Marokkanischen Gesellschaft zu organisieren. Über dieses Netzwerk bekam ich auch die Chance, 2010 im Rahmen eines Förder- und Austauschprogramms zwei Blindenschulen in Marokko zu besuchen.

Beim DVBS bin ich seit 1997 Mitglied. Bisher habe ich beim Projekt Job-Aktiv mitgearbeitet. Hier haben wir im Bereich der beruflichen Teilhabe einige Telefonkonferenzen zu den Themen Weiterbildung, Bewerbung, Qualifizierung, Fördermöglichkeiten usw. durchgeführt. Dieser Bereich interessiert mich sehr, weil ich auch beruflich damit zu tun habe: Nach meinem Studium Sozialwesen in Kassel fing ich 2005 beim Jobcenter MainArbeit in Offenbach in der Beratung und Vermittlung von ALG-II-Empfängern an. Ich bin in verschiedenen Bereichen, vom Profiling bis zur Beratung, Qualifizierung und Arbeitsvermittlung tätig.

Meine Zuständigkeit im DVBS-Vorstand wird der Bereich Berufliche Teilhabe und die Betreuung der erwerbslosen Mitglieder sein. Für mich wird es eine Freude sein, wenn ich irgendwie helfen kann.

Die Arbeit und der Austausch mit den Vorstandsmitgliedern waren bisher interessant, spannend und sehr angenehm. Allein die vielen Abkürzungen zu lernen und die verschiedenen Bereiche zu verstehen, waren und sind eine Herausforderung. Konferenzen fanden bisher per Zoom statt, und ich hoffe und freue mich jetzt schon, die anderen Kollegen auch mal - wenn es Corona erlaubt - persönlich kennenzulernen.

Ich freue mich auf eine erfolgreiche und gute Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsstelle und mit den Mitgliedern und hoffe, dass wir schöne Ideen und interessante Projekte gemeinsam planen und umsetzen können.

Kasten: Abdelmalek "Malek" Alaamri gehört seit September 2021 dem DVBS-Vorstand an, einem fünfköpfigen Gremium, das ehrenamtlich tätig ist. Hauptberuflich arbeitet er beim Kommunalen Jobcenter in Offenbach. Bild: Malek Alaamri hat kurzes, lichtes Haar, trägt einen Dreitagebart und eine dunkel getönte Brille. Foto: privat

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Stabwechsel "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz"

Der "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz", den DVBS e. V. und PRO RETINA Deutschland e. V. seit Frühjahr 2021 in Form von Video-Konferenzen anbieten, hat sich im ersten Jahr seines Bestehens zu einer sehr gut besuchten Veranstaltungsreihe entwickelt. Moderator und Planer des Ratschlags war bisher der Diplom-Pädagoge Klaus Winger, ehemaliger DVBS-Geschäftsführer. Nun übergibt er den Staffelstab an die Sozialarbeiterin und Peer Counselorin Rita Schroll, die selbst seit vielen Jahren mit Arbeitsassistenz arbeitet und sowohl Assistenznutzer*innen als auch Assistenzgebende berät.

Beim "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz" tauschen blinde und sehbehinderte Berufstätige, die auf die Unterstützung durch Arbeitsassistenz zurückgreifen, ihre Erfahrungen aus. Da sie in den verschiedensten Bereichen des Arbeitsmarktes tätig sind und unterschiedliche Formen von Assistenz nutzen, ermöglicht das Forum, das gebündelte Wissen Betroffener als Expertinnen und Experten in eigener Sache zu teilen. Geeignet ist der Ratschlag sowohl für potenziell Interessierte, die erste Informationen benötigen, als auch für Assistenzerfahrene, die weitergehende Fragen haben. Aber auch Assistenzkräfte können teilnehmen. Beim "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz" stehen die Themen der Teilnehmenden im Mittelpunkt, die etwa von der gut vorbereiteten Antragstellung über die Suche nach geeigneten Bewerber*innen, die Gestaltung des Arbeitsvertrags und der Arbeitsbeziehung bis hin zu Personalführung, Zielabsprachen, Konfliktbearbeitung u.v.m. reichen.

Der "Ratschlag" findet alle 2 bis 3 Monate über Zoom statt, eine Teilnahme per Telefon ist daher ebenfalls möglich. "Wichtig für Interessierte ist, dass der Ratschlag offen für Nichtmitglieder des DVBS ist", so Rita Schroll. Der DVBS dankt anlässlich des Stabwechsels an dieser Stelle Klaus Winger für sein Engagement herzlich.

Der nächste Ratschlag mit dem Schwerpunkt "Präsentieren auf und Moderieren von Tagungen/Veranstaltungen" ist für den 29.06.2022 von 19:00 - 21:00 Uhr geplant.

Wer in den Verteiler "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz" eingetragen werden möchte, um z. B. regelmäßig über Termine informiert zu werden, kann sich gerne melden bei:

Kontakt

DVBS-Geschäftsstelle
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Telefon: 06421 94888-0

Kasten: DVBS-Mitglied Rita Schroll ist Ansprechpartnerin für das Austauschforum "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz". Bild: Rita Schroll lacht, sie trägt ihr silberfarbenes Haar offen, zur schwarzen Bluse hat sie Ohrringe in Silber gewählt. Foto: privat

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Leselust - Haben auch Sie Lust am Punktschrift-Lesen?

Von Leonore Dreves

Eine Handvoll interessierter DVBS-Mitglieder hat sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Punktschrift zu lesen. Die Voraussetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein: Sie reichen vom Punktschrift-Anfänger bis zur erfahrenen Leseratte; dennoch eint uns die Freude am Braille-Lesen. Wohin die gemeinsame Reise der Gruppe Leselust geht, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten noch zeigen; denkbar wäre eine Art Literaturkreis oder gemeinsames Lesen während einer Video-Konferenz. Als erste Aktion konnten alle Leselust-Teilnehmenden den horus 1/2022 in Punktschrift erhalten.

Wir freuen uns, wenn der Kreis der Leselustigen größer wird!

Wenn Sie Interesse an weiteren Informationen haben oder in die Mailingliste Leselust aufgenommen werden möchten, dann wenden Sie sich an:

Kontakt

Leonore Dreves
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Seminare

Von Christian Axnick

Das vom 12.-15. Mai geplante Seminar der Interessengruppe Sehbehinderte in Herrenberg ist auf den 22.-25. September verschoben worden.

Die Seminarwoche der Interessengruppe Ruhestand wird vom 11.-18. Juni 2022 in Saulgrub stattfinden (Anmeldeschluss war der 16. Mai).

Vom 28.-31. Juli veranstaltet die FG Wirtschaft ihr Seminar zum Biografischen Theater. Dabei geht es stets darum, die individuellen Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in konkreten Spielsituationen nachzuerleben, sie auf eine fiktive Bühne zu holen und möglichst authentisch wichtige Aspekte des eigenen gelebten Berufslebens darzustellen. Das detaillierte Programm kann auf der DVBS-Webseite dvbs-online.de unter Aktuelles/Termine unter dem Eintrag zum 28.07.2022 heruntergeladen werden. Anmeldeschluss ist der 20. Juni 2022.

Die zweite Seminarwoche zum Thema "Arbeitsassistenz effektiv einsetzen" soll vom 24.- 28. Oktober in Kassel-Baunatal stattfinden. Das Wochenseminar hat das Ziel, erfahrene Assistenznehmende bei der bestmöglichen Gestaltung ihrer Assistenznutzung und Assistenzbeziehung zu unterstützen und Interessierte an Arbeitsassistenz auf eine Antragstellung und Ausgestaltung passender Assistenzformen vorzubereiten. Das Programm ist identisch mit dem der Seminarwoche vom 20. - 24. Juni und im Terminkalender auf der DVBS-Webseite zu finden (https://dvbs-online.de).

Für nähere Informationen zum DVBS-Seminarangebot wenden Sie sich an:

Kontakt

Christian Axnick
DVBS-Geschäftsstelle
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-28
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Aus der blista

"Ihr habt einen tollen Aufschlag gemacht" - Großes Engagement für geflüchtete Schüler*innen aus den ukrainischen Partnerschulen

Auf dem blistaCampus und weit darüber hinaus arbeiten Schüler*innen, Eltern, Mitarbeiter*innen aller Ressorts und nicht zuletzt der Vorstand in diesen Tagen engagiert zusammen. Mit einer beeindruckenden Spendenaktion unterstützt die große blista-Familie gemeinsam mit ihren vielen Partnerorganisationen die vom Krieg in der Ukraine betroffenen Schüler*innen und Kolleg*innen unserer Partnerschule, der Blinden- und Sehbehindertenschule in Charkiw, und der Blindenschule in Lwiw u.a.m. Zugleich startet die blista die Hilfe auch hier vor Ort.

Nachdem am ersten März der allererste Anstoß für eine Spendenaktion aus der Schülerschaft seine Runde macht, überschlagen sich fortan die Ereignisse. Durch persönliche Kontakte erfahren wir, dass ein zur Schule in Charkiw gehöriges Wohngebäude von einer Rakete getroffen wurde und dass der Aufenthalt dort für niemanden mehr sicher war. Die Schüler*innen konnten zum Glück nach Lodz und Dabrowa Górnicza in Polen evakuiert werden, waren nun aber heimat- und mittellos.

Zugleich erreichen die ersten Geflüchteten die Universitätsstadt Marburg und die Internatsleitung stellt eine freie blista-Wohngruppe zur Aufnahme bereit. Inzwischen bietet sie für sieben geflüchtete Ukrainer*innen mit Sehbeeinträchtigung eine sichere, ruhige und freundliche Unterkunft. Zusammen mit den weiteren hessischen Einrichtungen wurden wenig später insgesamt rund 100 Plätze für Geflüchtete mit Blindheit und Sehbehinderung und ihre Angehörigen bereitgestellt.

Wichtiges Signal

Um die ukrainischen Schüler*innen schnell mit dem Nötigsten zu versorgen, insbesondere hinsichtlich blinden- und sehbehindertenspezifischer Bedarfe, werden Sachspenden gesammelt. Nicht immer laufen alle Informationen ganz rund, aber am 19. März machen sich zwei vollbeladene Kleinbusse auf den Weg zu unserer Partnerschule in Krakau, die sich dankenswerterweise mit großem Engagement einsetzt und die Spenden an die ukrainischen Schüler*innen weitergeben wird.

"Dass die beiden Busse nach Krakau tatsächlich so voll geworden sind, ist ein wichtiges Signal. Das könnt ihr euch mit auf die Fahnen schreiben", sagte der stellvertretende Vorsitzende der blista, Patrick Temmesfeld, im gemeinsamen Gespräch mit den Schülern Till Zipprich und Florian Weenen, Vertrauenslehrerin Sabrina Dörr und Schulleiter Peter Audretsch anerkennend. Der Austausch ist wichtig. "Es ist schön zu sehen, was man hat anstoßen können", bestätigt Till.

Langstöcke, Lebensmittel, Punktschriftmaschinen, Snacks, Buntstifte, Schreibmäppchen, Spiele, Tastbücher, Desinfektionsmittel, Erste-Hilfe-Boxen und vieles mehr - sorgfältig wurden die vielen Sachspenden vorsortiert. Dazu zählen liebevoll zusammengestellte individuelle Päckchen genauso wie die umfangreichen Gebinde der Fertiggerichte. "Das ist richtig toll", sagt Schulassistent Lukas Bernsdorff: "So viele haben sich Gedanken gemacht und genau überlegt, was gebraucht wird. Allein in der Carl-Strehl-Schule haben die Schüler*innen acht große Kartons gefüllt. Sogar Osterhasen sind dabei!"

Kontinuität aufrechterhalten

"Wie sich die Situation weiter entwickeln wird, ist leider unklar, doch wir möchten die Kontinuität aufrechterhalten. Sicherlich brauchen wir auch in den kommenden Wochen dazu noch viel Kraft", gibt Schulleiter Peter Audretsch zu bedenken. Er betont: "Auf dem blistaCampus eint uns jetzt die faszinierende Erfahrung, was für eine positive Dynamik entsteht, wenn wir uns gemeinsam kümmern. Und damit sind wir noch lange nicht fertig!" Peter Audretsch regt in diesem Zusammenhang etwa den Kontakt mit den geflüchteten Menschen an der blista an und bittet um Sensibilität und Aufmerksamkeit für die schwierige Situation russischer Mitschüler*innen. Beides greifen Florian und Till gerne auf. Probleme aber seien hier nicht spürbar, berichtet Till: "Bei uns in der Klasse gibt es drei russische Schüler*innen, und die Meinung ist einhellig, Feindbilder entwickeln wir absolut nicht."

Dass auch die bundesweite Netzwerkarbeit enorm angezogen hat, darüber informiert Patrick Temmesfeld die Schüler auf Nachfrage gern. Denn an den Schulen in Friedberg, Homberg, Frankfurt sowie an der Nikolauspflege und beim DBSV wurde gleichfalls sehr engagiert für den Transport nach Krakau gesammelt, während das Deutsche Katholische Blindenwerk e. V. (DKBW) 7.000 Euro Spendenmittel bereitstellte. Als Vorsitzender des Verbands für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS) hatte Patrick Temmesfeld in den vergangenen Tagen die Ukraine-Nothilfe mit den weiteren hessischen und bundesweiten Einrichtungen abgestimmt und war in Gemeinschaftsprojekten mit der Selbsthilfe auf deutscher (DVBS) und europäischer Ebene (EBU) eingebunden.

Mit vielen Grüßen und erlebter Dankbarkeit zurück

Die Fahrt nach Krakau und das Überbringen der Spenden lässt er sich nicht nehmen und steuert selbst einen der beiden Kleinbusse am Wochenende über rund 1.900 Kilometer nach Krakau und wieder zurück. Der mitfahrende Kollege im zweiten Bus ist "focus arbeit"-Ressortleiter Otfrid Altfeld.

Bei der Ankunft werden sie schon erwartet, Direktor Marcin Debski, ein Entladeteam und das örtliche Fernsehen heißen sie Willkommen. Rund eine Stunde braucht es, dann sind die vollbepackten Busse entladen. Zwischendurch ein Interview mit der Kernfrage "Warum?": Weil wir, blista, Schüler*innen, Mitarbeiter*innen, befreundete Einrichtungen, DKBW und DBSV den Einsatz der polnischen Freunde großartig finden, weil er wichtig und notwendig ist und weil wir jetzt helfen können.

Nach einem traditionellen Abendbrot mit dem Direktor, einer kurzen, ruhigen Nacht in Krakau kehrt man mit vielen Grüßen und erlebter Dankbarkeit zurück, die wir hier unbedingt weitergeben wollen.

Derweil ist die Klasse 5a mit einer eigenen Spendensammelaktion in jeder ersten großen Pause auf dem blistaCampus unterwegs. Sie bieten selbstgebastelte Ketten mit kleinen Friedenstauben gegen eine Spende an und freuen sich über die Resonanz auf ihre schöne Aktion.

Ein Spendenportal für Geldspenden bietet das
Deutsche Katholische Blindenwerk e. V.
unter https://blindenwerk.de/all-project-list/blindenhilfe-in-charkow

Bild: 23 Schülerinnen und Schüler der blista haben sich vor einem der weißen Kleinbusse, der ihre Spenden für die ukrainischen Partnerschulen zunächst nach Krakau bringt, zum Gruppenfoto aufgestellt und winken. Foto: blista

Bild oben: Patrick Temmesfeld, stellvertretender Vorsitzende der blista, steht fahrbereit in der offenen Tür des Transporters, eine Hand am Lenkrad.

Bild unten: Die Klasse 5b und zwei Erwachsene stehen in durchsichtigen leichten Hygiene-Schutzmänteln, mit Kopfhauben und Mund-Nasen-Schutz beieinander. Zwei Schülerinnen strecken ihre Zeige- und Mittelfinger zu einem "V"-Zeichen aus. Die Klasse hat Muffins gebacken, um Spenden zu sammeln. Fotos: blista

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"Für mich ist es besonders cool, dass wir viel Spaß haben ..." - die Fachoberschule Gesundheit

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie haben junge Leute oft die Freude am Lernen verloren. Sich mit digitalen theoretischen Lerninhalten ranzuhalten, fällt vielen schwerer. Schulische Bildungswege mit hohen Praxisanteilen sprechen junge Leute leichter an und motivieren mit fachpraktischem Unterricht.

Die Fachoberschule Gesundheit, kurz FOG, an der blista bietet einen solchen Mix aus Theorie und Praxis. Damit richtet sich die Carl-Strehl-Schule der blista an Schüler*innen mit Sehbehinderung und Blindheit, die sich für Themen wie Gesundheit und Fitness interessieren und die sich zugleich ein breites Spektrum beruflicher Ziele offenhalten möchten.

"Es ist mal was ganz anderes als die anderen Schulzweige", sagt Sarah und ist davon überzeugt, dass die FOG für viele interessant sein kann, die sich für Gesundheit, den eigenen Körper und Ernährung interessieren. Ihre Klassenkameradin Kim-Denise ergänzt: "Für mich ist es besonders cool, dass wir viel Spaß haben und unglaublich viel lachen. Wenn wir zum Beispiel bei Bewegung und Sport selbst etwas ausprobieren und die Gelenke bewegen. Wir kommen auch alle wirklich gut miteinander klar." "Ich war erst auf dem beruflichen Gymnasium, weil mich der Bereich Gesundheitstourismus interessiert, aber das Fach "Wirtschaft" ist nicht mein Ding. Da lag die FOG als Alternative nahe. Im Praktikum hat mir dann die Physiotherapie enorm viel Spaß gemacht, und ich habe auch gemerkt, dass ich richtig gut darin bin. Das Schöne ist, in dem Beruf kann ich auch arbeiten, wenn sich mein Sehen durch die Augenkrankheit verschlechtern sollte", erzählt Jeanne. Für Hanna lag die Entscheidung von Anfang an fest, denn sie möchte Köchin werden und da passt die FOG gut. Auch ihr hat das Praktikum in der Großküche die Sicherheit gegeben, einen Weg zu gehen, der genau zu ihren Interessen und Fähigkeiten passt.

Seit 2016 gibt es den zukunftsorientierten Bildungsweg auf dem inklusiven blistaCampus, der sorgfältig und exakt auf die Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Schüler*innen zugeschnitten wurde. Wer mit einem mittleren Bildungsabschluss auf die FOG wechselt, muss nur noch zwei Jahre dranhängen, dann sehen die Chancen für Studium und Beruf mit dem Abschluss "Allgemeine Fachhochschulreife" deutlich besser aus. Man kann an Fachhochschulen in jede Richtung studieren oder mit Gesundheitsmanagement, Physiotherapie oder Studium im Gesundheitsbereich bleiben - die FOG eröffnet eine Vielzahl beruflicher Wege. So besteht z. B. am Studienzentrum Mainz die Möglichkeit, den Hochschulabschluss "Bachelor of Arts Medizinalfachberufe" anzuschließen. Das Gesundheitswesen jedenfalls ist ein beliebtes und vielfältiges Arbeitsfeld. Bundesweit ist bereits jede*r achte Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig. Die Zahl der Arbeitsplätze wächst hier rund dreimal so stark wie in der Gesamtwirtschaft.

Linktipps

  • Kim-Denise hat im Magazin blista-News über ihr FOG-Praktikum in Mainz berichtet. Der folgende Link führt zu ihrem gleichnamigen Artikel: de/blista-News/fog-praktikum-mainz
  • Im YouTube-Kanal der blista sind zwei Videos neu eingestellt: com/blistaCampus

Kontakt

Gerne berät Martina Dirmeier alle Interessierten persönlich und individuell. Die Abteilungsleiterin berufliche Schulzweige der Carl-Strehl-Schule hat folgende Kontaktdaten:

Martina Dirmeier
Carl-Strehl-Schule der blista
blistaCampus
Am Schlag 6a
35037 Marburg
Tel.: 06421 606-113
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: https://www.blista.de/FOG

Bild: Schülerinnen betasten den Ansatz des Oberarmknochens im Schultergelenk eines Skelettmodels. Foto: blista

Bild: Drei Schülerinnen der FOG im Gespräch, im Hintergrund eine bunte Graffitiwand. Foto: blista

Bild: Zwei FOG-Schüler unterhalten sich während eines Spaziergangs, der an der bunten Graffitiwand einer Unterführung entlangführt, einer der beiden steht dabei auf einem rollenden Skateboard. Foto: blista

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"Echte Abenteuer im Hörbuchstudio"

Carl Bock ist 17 Jahre alt und kommt aus Bordeaux in Frankreich. Seit Beginn des Schuljahres absolviert er ein Austauschjahr in Marburg. Dort besucht er die elfte Klasse der Walldorfschule. Sein Schulpraktikum absolviert er an der blista. Im Interview mit Thorsten Büchner erzählt er von seinen Erfahrungen.

Warum hast Du dich entschieden, Dein Schulpraktikum an der blista zu machen?

Als ich im September 2021 zum ersten Mal nach Marburg kam, ist mir natürlich sofort aufgefallen, dass in Marburg viele blinde Menschen unterwegs sind. In meiner Heimatstadt Bordeaux habe ich eher selten blinde Menschen in der Stadt getroffen. Meine Marburger Gastmutter hat mir dann von der blista erzählt. Das fand ich sehr spannend und habe mich dann gefreut, als es mit meinem Praktikum geklappt hat.

Was hast Du bislang in deinem Praktikum erlebt?

Ich habe bei vielen Unterrichtsstunden hospitiert. Beim Musikunterricht fand ich es beeindruckend, wie intensiv sich alle mit den Musikstücken, hier war es etwa eine Oper von Wagner, beschäftigt haben. Natürlich war es für mich sehr interessant, wie in Deutschland wohl Französischunterricht aussieht. Da war ich positiv überrascht, wie gut die blista-Schüler*innen französisch sprechen. Besonders spannend war für mich das inklusive Malatelier. Da konnte ich selbst mal ausprobieren, wie es ist, ein Bild taktil, also zum Fühlen, anzufertigen.

Während Deines Praktikums hast du auch einen blista-Flyer ins Französische übersetzt und diesen Flyer dann auch in den Hörbuchstudios der blista aufgesprochen. Wie war das für Dich?

Das war ein echtes Abenteuer, weil ich sowas noch nie vorher in meinem Leben gemacht habe. Es war absolut super! André Schlegl vom Technik-Team der Hörbücherei hat mich toll beim Aufsprechen unterstützt und mir Tipps gegeben, wie ich die Aufnahme verbessern kann. Langsamer sprechen hilft genauso wie - daran erinnere ich mich gut - den Mund weit aufmachen beim Sprechen. Dann wird die Aussprache verständlicher. Das war sehr interessant und lehrreich.

Dein Austauschjahr geht bis zum Beginn der Sommerferien. Was nimmst Du aus Marburg und der blista mit nach Bordeaux?

Mein Deutsch hat sich total verbessert. Das bleibt hoffentlich auch nach meiner Rückkehr so. Die Offenheit und Hilfsbereitschaft in Marburg hat mir gut gefallen. Das inklusive Malatelier und der Kunstunterricht an der blista haben mich fasziniert. Deswegen würde ich sehr gerne, wenn ich wieder zuhause in Bordeaux bin, mich damit beschäftigen, wie Kunst für alle angeboten und zugänglich gemacht werden kann. Für Menschen mit und ohne Sehbehinderung. Das wäre spannend.

Bild: Carl Bock trägt einen Kopfhörer auf dem lockigen Kopf und steht vor dem großen Mikrofon im Hörbuchstudio der blista, lachend hält er beide Daumen nach oben. Foto: blista

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Bücher

Hörbuchtipps aus der blista

Von Thorsten Büchner

Hörbücher aus der DBH

Dr. Eckart von Hirschhausen: Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben

Deutscher Taschenbuch-Verlag, München, 2021. Buchnummer: 1497171. Laufzeit: 13 Std. 39 Min.

Eckart von Hirschhausen zeigt, was die globalen Krisen unserer Zeit für die Gesundheit jedes Einzelnen von uns bedeuten. Er trifft Vordenker und Vorbilder und macht sich auf die Suche nach guten Ideen für eine bessere Welt. Warum kann man gegen Viren immun werden, aber nie gegen Wassermangel und Hitze? Wieso haben wir für nichts Zeit, aber so viel Zeug? Verbrauchen wir so viel, weil wir nicht wissen, was wir wirklich brauchen? Und wie viel CO2 stößt man eigentlich aus, wenn man über die eigenen Widersprüche lacht?

Martina Hahn/Frank Herrmann: Fair einkaufen - aber wie?

Brandes und Apsel, Frankfurt am Main, 2019. Buchnummer: 1491701. Laufzeit: 25 Std. 13 Min.

Fairer Konsum boomt. Er entspricht einer Lebenseinstellung, die Konsum nicht verdammt, solange mit Herz und Verstand eingekauft wird.

Immer mehr Verbraucher möchten wissen, wo sie fair gehandelte Lebensmittel erhalten: In welchem Laden hängen T-Shirts, die nicht von Kindern zusammengenäht worden sind? Wo kann eine Reise gebucht werden, bei der auch das Zimmermädchen einen gerechten Lohn erhält, und welcher Investmentfonds ist wirklich nachhaltig angelegt?

Mithilfe dieses Ratgebers kann jede und jeder fair konsumieren - vom Szene-Kenner über die Fairtrade-Einsteigerin bis hin zum Bio-Käufer. Hier findet sich alles, um sich zurechtzufinden: ausführliche Hintergrundinfos, jede Menge Adressen, Weblinks, Literaturempfehlungen und Einkaufstipps.

Antona Bontscheva: Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere

Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main, 2021. Buchnummer: 1496391. Laufzeit: 12 Std. 10 Min.

Die Hauptperson des Buches hat Bulgarien kurz vor der Wende verlassen und lebt nun mit Mann und Tochter in einem Mietshaus in Bremen, wo Lockenwickler und Seifenlauge regieren. Als ihr Vater stirbt, reist sie in ihre Heimatstadt am Schwarzen Meer. Dort trifft sie mit ihrer Großmutter, Mutter und Schwiegermutter auf dominante Frauen, die seit jeher die Fäden in der Hand halten. Sie versteht, wie sehr sie eingewebt ist in dieses bunt gewirkte Familiengeflecht, und erkennt, welche Verbindungen Halt geben - und welche Fäden es zu lösen gilt.

Jens Mühling: Schwere See. Eine Reise um das Schwarze Meer

Rowohlt, Reinbek, 2020. Buchnummer: 1496981. Laufzeit: 10 Std. 15 Min.

"Schwere See" porträtiert das Schwarze Meer als Lebensraum. Geschrieben in Form einer Reisereportage, die den Leser und die Leserin im Kreis um das eurasische Binnengewässer führt, schlägt das Buch gleichzeitig Haken in die Historie, thematisiert Konflikte unter den Anrainern, setzt sich mit der Umwelt- und Wirtschaftssituation des Gewässers auseinander und trägt Sagen, Legenden und literarische Annäherungen zusammen.

Hörbuchtipps zum Schwerpunkt "Natur und Garten"

Jakob Augstein: Die Tage des Gärtners. Vom Glück, im Freien zu sein

Deutscher Taschenbuch-Verlag, München, 2013. Buchnummer: 718751. Laufzeit: 7 Std. 34 Min.

Wo finde ich die schönsten Tulpen? Darf ich in meinem Garten eine Statue aufstellen? Und neigen Gärtner zu Gewaltverbrechen? Jakob Augstein hat ein ungewöhnliches, sehr subjektives Buch über die Gartenarbeit verfasst.

Ulla Lachauer: Der Akazienkavalier. Von Menschen und Gärten

Rowohlt, Reinbek, 2008. Buchnummer: 637431. Laufzeit: 8 Std. 50 Min.

In einzelnen Geschichten erzählt die Autorin von Begegnungen mit Menschen und ihren Gärten: Vom alten Birnbaum, um den sich die ganze Familie versammelt, wenn es etwas zu besprechen gibt; von der blinden Gärtnerin, die von den Farben der Pfingstrosen spricht ... Jede*r sieht seinen oder ihren Garten anders.

Stefan Schwarz: Der kleine Gartenversager

Buschfunk Musikverlag, Leipzig, 2020. Buchnummer: 1454751. Laufzeit: 82 Min.

Garten ist, wenn Du von Selbstversorgung träumst und mit einer halben Tasse schrumpeliger Erdbeeren und zwei oberschenkelgroßen Hartschalen-Zucchini nach Hause kommst. Garten ist, wenn auf dem Nachbargrundstück die Kindergeburtstagsfeier beginnt, sobald du in den Liegestuhl sinkst. Garten ist, wenn Unkräuter dir Mathe-Nachhilfestunden in exponentieller Vermehrung geben. Garten ist, wenn Du Dir irgendwann wünschst, dass Obstbäume wie Männer aus dem Orient einmal und für immer beschnitten bleiben. Stefan Schwarz, seit zwanzig Jahren einer der erfolglosesten Kleingärtner Leipzigs, erzählt auf umwerfend komische Weise vom Glück des Scheiterns im Grünen und warum alles vergebliche Stutzen, Jäten, Sprengen, Zupfen dennoch glücklich macht. Gekürzte Lesung.

Ihr Kontakt zur DBH

Deutsche Blindenstudienanstalt e. V.
Am Schlag 2-12
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Hörbuchtipps zum Krieg in der Ukraine

Von Thorsten Büchner

Seit dem 24. Februar 2022 blicken wir entsetzt und fassungslos in die Ukraine. Seit diesem Zeitpunkt herrscht nach dem Angriff Russlands mitten in Europa wieder Krieg. Stündlich erreichen uns schreckliche Nachrichten und Bilder von kriegerischen Auseinandersetzungen, menschlichem Leid und Verzweiflung.

Trotz vielfältiger Berichterstattung in Radio und Fernsehen möchten wir Ihnen mit unseren vier Hörbuchempfehlungen wichtige historische und politische Hintergrundinformationen zur Ukraine und zu den ukrainisch-russischen Beziehungen anbieten. Sie helfen vielleicht dabei, die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine besser einordnen und verstehen zu können.

Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine

Buchnummer: 378972. Spielzeit: 606 Minuten. Sprecher: Hans-Joachim Domschat.

Die Ukraine, zweitgrößter Staat Europas, steht in ihrer Geschichte bis heute im Schatten Russlands. Dieses Buch informiert über die Ukraine vom Mittelalter bis zur Gegenwart, wobei auch die dort lebenden Frauen und Männer aus Polen, Russland, Deutschland sowie Menschen jüdischen Glaubens berücksichtigt werden. Eine Zeittafel, ein Glossar und ein Literaturverzeichnis vervollständigen dieses informative Geschichtsbuch. Die "Kleine Geschichte der Ukraine" erschien zwar bereits Mitte der 90er Jahre, liefert aber wichtige historische Informationen, die zum Verständnis der Gegenwart beitragen.

Andreas Kappeler: Ungleiche Brüder

Buchnummer: 842611. Spielzeit: 577 Minuten. Sprecher: Daniel Kasztura.

Andreas Kappeler ist Osteuropahistoriker und gehört zu den besten Kennern ukrainischer Geschichte im deutschsprachigen Raum. In diesem 2017 erschienenen Buch geht Kappeler auf die russisch-ukrainischen Beziehungen ein und beleuchtet das - über die Jahrhunderte - ambivalente Verhältnis.

Russen und Ukrainer bezeichnen sich seit Jahrhunderten als Brudervölker, wobei sich die Russen in der Rolle des großen Bruders sehen. Andreas Kappeler erzählt die Geschichte dieser ungleichen Brüder als Wechselspiel von Verflechtungen und Entflechtungen. Nicht zuletzt trägt es zum Verständnis des aktuellen russisch-ukrainischen Konflikts bei.

Katja Gloger: Putins Welt

Buchnummer: 780381. Spielzeit: 795 Minuten. Sprecher: Tilman Leher.

Katja Gloger ist Journalistin und war unter anderem Russland-Korrespondentin des "stern". Sie hat den Aufstieg Wladimir Putins erlebt, als erste Journalistin aus dem Westen konnte sie ihn über Monate begleiten. Mit der Ukraine-Krise begann 25 Jahre nach dem Fall der Mauer ein neuer Ost-West-Konflikt, womöglich ein neuer Kalter Krieg. 2015, nach der Annexion der Krim durch Russland, hat Katja Gloger dieses hochgelobte Buch über den russischen Präsidenten und das neue Russland geschrieben. Sie begibt sich auf eine Expedition in ein stolzes, gekränktes und zorniges Land.

"Putins Welt" ist ein vielschichtiger und äußerst lesenswerter Einblick, der sich auch 2022 noch zu lesen lohnt.

Christian Wehrschütz: Brennpunkt Ukraine

Buchnummer: 773631. Spielzeit: 716 Minuten. Sprecher: Peter Holliger.

Im Jahr 2014 hat der österreichische Journalist Christian Wehrschütz, der übrigens immer noch Kiew-Korrespondent des ORF ist, Interviews in der Ukraine geführt und sie in "Brennpunkt Ukraine" versammelt. Die Ukraine ist heute mehr denn je ein gespaltenes Land. Christian Wehrschütz spricht mit einflussreichen Politikern, politischen und militärischen Akteuren - auf Seite der ukrainischen Freiwilligen und der prorussischen Rebellen - sowie mit "ganz normalen" Menschen. Es entsteht ein vielstimmiges Porträt der aktuellen Krise, das Bruchlinien, Hintergründe und mögliche Zukunftsszenarien verdeutlicht.

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Politische Sachbücher aus der Braille-Druckerei

Von Wencke Gemril und Jochen Schäfer

In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen einige politische Sachbücher präsentieren. Zunächst stellen wir einen Bundespolitiker vor, danach gibt es "Aufklärung gegen rechts".

Susanne Gaschke: Robert Habeck

3 Bände in reformierter Kurz- und Vollschrift (Spiralbindung), Bestell-Nr. 6235.

Robert Habeck ist ein außergewöhnlicher Politiker. Erst hatte er Erfolg als Schriftsteller, dann machte er eine Blitzkarriere bei den Grünen. Viele Menschen finden bei ihm, was sie sonst in der Politik vermissen: Echtheit, Ehrlichkeit, Spontaneität.

In der Zeit des Parteivorsitzes von Robert Habeck und Annalena Baerbock waren die Grünen im Dauerhoch, doch bei der ersten Kanzlerkandidatur der Grünen musste Habeck zurückstecken. Obwohl er lange Zeit als Favorit galt, stand Annalena Baerbock an der Spitze - eine persönliche Niederlage und doch eine Entscheidung, die er mitgetragen hat. Auch darin zeigt sich der andere Politiker, der seiner Mitkandidatin ohne offenen Machtkampf den Vortritt ließ.

Für diese Biografie hat die "Welt"-Journalistin Susanne Gaschke mit Weggefährt*innen, Freund*innen und politischen Gegner*innen gesprochen: Was macht Robert Habeck aus? Wie wurde er zu dem Politiker, der er heute ist? Was sehen die Menschen in ihm? Wo sind seine Grenzen? Und wohin kann sein Weg ihn noch führen? Heute ist er Bundeswirtschaftsminister und Baerbock Außenministerin.

Ulrich Herbert: Wer waren die Nationalsozialisten?

5 Bände in reformierter Kurz-, 6 in Vollschrift (Spiralbindung), Bestell-Nr. 6211.

Wer waren die Nationalsozialisten? Diese einfache Frage berührt den Kern der NS-Herrschaft. Denn wer sie präzise beantworten will, muss wissen, wer das Dritte Reich ermöglicht und durch sein Handeln - oft bis zuletzt - unterstützt hat. Ulrich Herbert, einer der angesehensten Zeithistoriker der Gegenwart, geht in diesem Buch den spezifischen Merkmalen der nationalsozialistischen Diktatur nach und analysiert von den Ursprüngen des Judenhasses bis zum Werdegang einstiger NS-Funktionäre in der Bundesrepublik zentrale Themen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. War es eine kleine Gruppe von Verbrechern, die das deutsche Volk ins Schlepptau nahm? Ein Projekt traditioneller Eliten? Oder doch eine von breiten Schichten der Bevölkerung getragene faschistische Bewegung? Die Antworten auf die Frage, wer die Nationalsozialist*innen waren, sind ebenso zahlreich wie die Versuche, personelle Kontinuitäten auszublenden und zwischen den Verbrechen des Regimes und der eigenen Verantwortung einen Trennstrich zu ziehen.

Jan-Werner Müller: Was ist Populismus?

2 Bände in reformierter Kurz-, 3 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6228.

Wer wird heute nicht alles als Populist bezeichnet: Gegner der Eurorettung, Figuren wie Marine Le Pen, Politiker*innen des Mainstreams, die meinen, dem Volk aufs Maul schauen zu müssen. Vielleicht ist ein Populist aber auch einfach nur ein populärer Konkurrent, dessen Programm man nicht mag? Lässt sich das Phänomen schärfer umreißen und seine Ursachen erklären? Worin besteht der Unterschied zwischen Rechts- und Linkspopulismus? Jan-Werner Müller nimmt aktuelle Entwicklungen zum Ausgangspunkt, um eine Theorie des Populismus zu skizzieren und diesen letztlich klar von der Demokratie abzugrenzen. Seine Thesen helfen zudem, neue Strategien in der Auseinandersetzung mit Populisten zu entwickeln. Auch wenn das Buch ursprünglich 2016 geschrieben wurde, als es z.B. noch keine Corona-Krise gab, bleibt es aktuell.

Anne Applebaum: Die Verlockung des Autoritären

2 Bände in reformierter Kurz-, 3 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6213.

Anhand persönlicher Eindrücke beschreibt die Autorin die individuellen Motive u.a. von Boris Johnson, Laura Ingraham und anderen Bildungseliten in Ungarn, Polen, GB und den USA, die ihre liberal-konservativen Ansichten zugunsten autoritärer Standpunkte und manipulativer Strategien aufgegeben haben. Was macht für viele Menschen die Rückkehr zu autoritären, anti-demokratischen Herrschaftsformen so erstrebenswert? Was genau treibt all die Wähler*innen, Unterstützer*innen und Steigbügelhalter*innen der Anti-Demokraten an? Applebaum zeigt, welche Bedeutung dabei soziale Medien, Verschwörungstheorien und Nostalgie haben, welche materiellen Interessen ins Spiel kommen und wie Aufstiegsverheißungen die Energien der vermeintlich Unterprivilegierten befeuern.

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Netzlektüre: Linktipp aus dem Internet

Verena Bentele: "Mein Handicap spornt mich an"

Verena Bentele ist zwölffache Paralympics-Siegerin, war von 2014-2018 Behindertenbeauftragte der Bundesregierung und ist seit 2018 Präsidentin des Sozialverbandes VdK. Im Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 3.2.2022 erzählt sie für die Gesprächsreihe "Meine Schule des Lebens" unter anderem über ihren Eltern, die großes Vertrauen in ihre Kinder hatten, Heimweh im Internat und was sie nicht leiden kann. Siehe: https://www.zeit.de/2022/06/verena-bentele-paralympics-blind-behinderung

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Panorama

Steuermerkblatt

bvkm

Das jährlich neu erscheinende Merkblatt des Bundesverbands für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V (bvkm) gibt Steuertipps für Familien mit behinderten Kindern und folgt Punkt für Punkt dem Aufbau der Formulare für die Steuererklärung 2021.

Die Neuauflage berücksichtigt steuerrechtliche Änderungen, die am 18. März 2021 durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz in Kraft getreten sind. Ebenfalls berücksichtigt sind die zum 1. Januar 2021 wirksam gewordenen Änderungen aufgrund des Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge. Mit diesem Gesetz wurden die Behinderten-Pauschbeträge verdoppelt und neue Pflege-Pauschbeträge für die Pflege von Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 und 3 eingeführt. Auch müssen behinderungsbedingte Fahrtkosten jetzt nicht mehr im Einzelnen nachgewiesen werden. Stattdessen gibt es einen Fahrtkosten-Pauschbetrag.

Aktuelle Informationen gibt es darüber hinaus zum Kindergeld. Gestiegen auf nunmehr 9.984 Euro ist der Grundfreibetrag, der für den Kindergeldanspruch von Eltern, die ein erwachsenes Kind mit Behinderung haben, von Bedeutung ist.

Download unter https://bvkm.de/wp-content/uploads/2010/02/steuermerkblatt-2021_2022.pdf.

(Quelle: https://bvkm.de/ratgeber/steuermerkblatt/)

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Verschwörungserzählungen als Herausforderung für die Selbsthilfe

Paritätischer Gesamtverband

Für die Unterstützung von Selbsthilfekontaktstellen zum Umgang mit Verschwörungserzählungen hat das Projekt "Beratung gegen Rechts" beim Paritätischen Gesamtverband ein Handout mit Informations- und Beratungsmöglichkeiten zusammengestellt. Das dreiseitige Informationsblatt bietet eine Literaturliste mit Download-Links zu PDF-Dateien und Adressen mit Links zur Webpräsenz von Beratungsstellen.

Aktuelle Studien stellen bei bis zu einem Drittel der Bevölkerung in Deutschland eine Empfänglichkeit für Erklärungsmodelle fest, welche die Herrschaft geheimer Eliten nahelegen. Angehörige und Freund*innen von verschwörungsgläubigen Menschen stehen vor der schwierigen Herausforderung, einen adäquaten Umgang mit den Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt in Familien- und Freundeskreis zu finden. Viele von ihnen organisieren sich zunehmend in der Selbsthilfe und versuchen, sich hierdurch gegenseitig zu unterstützen und Wege zu finden, mit der belastenden Situation umzugehen.

Auf diesem Hintergrund hat der Paritätische am 2.3.2022 eine Informationsveranstaltung durchgeführt und stellt nun das Informationsblatt allen, die sich für Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Verschwörungserzählungen sowie Möglichkeiten zur Beratung und Unterstützung von Angehörigen von Verschwörungsgläubigen interessieren, zur Verfügung. Das Handout ist zugänglich unter https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Handout_Verschwoerungserzaehlungen_Beratungsliteratur_und_Beratungsstellen.pdf

Referent des Projekts "Beratung gegen Rechts" ist

Christian Weßling
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Telefon: 030 24636-347

(nach: Fachinfo des Paritätischen Gesamtverbands vom 8.3.2022)

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Quick Guide für barrierefreie Word-Dokumente

DVBS

Damit die Barrierefreiheit im Arbeitsalltag gelingt, wurde im Rahmen des DVBS-Projekts "Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige" (agnes@work) eine Kurzanleitung für barrierefreie Word-Dokumente erstellt. Die Anleitung ermöglicht eine schnelle Übersicht über die wichtigsten Anforderungen zur Erstellung eines barrierefreien Word-Dokuments und seiner Umwandlung in das PDF-Format. Der Quick Guide erläutert kurz und kompakt die wesentlichen Einstellungen und Anpassungen und bildet den Auftakt einer Reihe von Quick Guides, die etwa zu barrierefreien PowerPoint-Präsentationen und PDF-Dokumenten geplant sind.

Der Quick Guide für Word-Dokumente ist online zugänglich unter https://www.agnes-at-work.de/wp-content/uploads/2022/01/Quick-Guide-barrierefreies-Word.pdf.

Während der Projektlaufzeit können die Printausgaben der Quick Guides sowie verschiedene andere Handreichungen kostenlos bestellt werden bei der

Geschäftsstelle des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS)
Projekt agnes@work
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Ohren auf und los - Inklusives Online-Spiel "Blind zum Bus"

Woche des Sehens

Blindheit verstehen, dazu möchte die Aufklärungskampagne der Woche des Sehens beitragen und hat deshalb das inklusive Online-Spiel "Blind zum Bus" veröffentlicht. Sehende und blinde Menschen können es gleichermaßen spielen. Auf einem imaginären Gang bewegen sich die Spielenden von der Haustür bis zur Bushaltestelle. Das Besondere: Der Weg bleibt für alle unsichtbar. Allein akustische Signale und Hinweise geben Anhaltspunkte, wo es lang geht. Bei der Orientierung helfen die Geräusche des Blindenlangstocks auf dem Pflaster und Straßengeräusche. Zudem gibt es Tipps von der blinden Freundin des Protagonisten.

Für blinde Spielerinnen und Spieler ist diese Situation nicht neu. Sie erreichen den Bus vielleicht schneller als sehende Gamer.

Mit "Blind zum Bus" hat die Woche des Sehens ihr zweites Online-Spiel veröffentlicht. Während das erste Spiel "Zug in Sicht" drei verschiedene Sehbehinderungen simuliert, möchte das zweite Spiel "Blind zum Bus" einen Eindruck vermitteln, wie sich blinde Menschen orientieren.

Das Spiel eignet sich besonders für den Schulunterricht, Seminare oder Fortbildungen. Dort kann es als Einstieg dienen, sich über die Themen Blindheit und Augengesundheit zu informieren und mit betroffenen Menschen auszutauschen. Man kann das Spiel aber auch allein spielen.

Beide Games finden sich auf www.woche-des-sehens.de/spiel und in den Appstores.

Vom 8. bis 15. Oktober, der "Woche des Sehens", werden Partner*innen und Veranstalter*innen der Informationskampagne außerdem bundesweit mit vielfältigen Aktionen auf die Bedeutung guten Sehvermögens, die Ursachen vermeidbarer Blindheit sowie die Situation blinder und sehbehinderter Menschen in Deutschland und in den Entwicklungsländern aufmerksam machen. Ein Terminkalender sowie zahlreiche Materialien, auch für den Schulunterricht, stehen auf der Webseite www.woche-des-sehens.de bereit.

(Nach: Newsletter dbsv-direkt, 21.03.2022)

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ICC - Sehbeeinträchtigte Jugendliche treffen sich in Portugal

DVBS

Vom 3. bis 12. August 2022 wird die Universität in Aveiro (Portugal) der "Place to Be" für sehbeeinträchtigte Jugendliche im Alter von 16 bis 21 Jahren aus ganz Europa. Kultur genießen, PC-Kenntnisse vertiefen, internationale Freundschaften schließen und ganz nebenbei die Englischkenntnisse aufpolieren: Das alles ist möglich beim International Camp on Communication and Computers (ICC). Das deutsche Team stellt der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) zusammen.

Weitere Informationen gibt es unter www.icc-camp.info oder auf der Webseite des DVBS unter https://dvbs-online.de/index.php/aktuelles%E2%80%9C-1/nachrichten/icc-2022-in-portugal

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Checkheft zur Bewahrung von Alltagskompetenzen trotz Sehbehinderung

PRO RETINA Deutschland e. V.

Wie überquert man sicher eine Straße, wenn man nicht mehr gut sieht? Wie bezahlt man im Supermarkt? Wie schminkt man sich, wie kocht man oder versorgt sein Haustier, wenn die Sehkraft nachlässt? Antworten und Empfehlungen zum Erhalt der Alltagskompetenzen liefert das Kompetenz-Checkheft, das PRO RETINA Deutschland e. V. in Zusammenarbeit mit der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Münster in Großschrift aufgelegt hat. Es stellt einfache Bewältigungsstrategien für etwa 90 Kompetenzen aus verschiedenen Lebensbereichen wie Mobilität, Ernährung und Freizeit vor. Von den Impulsen und Empfehlungen profitieren alle Menschen, deren Sehvermögen nachlässt - egal, ob es sich um eine altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) oder eine genetisch bedingte Netzhauterkrankung handelt.

Das Checkheft kann kostenlos bestellt werden bei

PRO RETINA Deutschland e. V.
Kaiserstr. 1c
53113 Bonn
Telefon: 0228 227217-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

(Nach: Pressemitteilung der PRO RETINA vom 22.11.2021)

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Impressum

horus 2/2022
Jg. 84 der Schwarzschriftausgabe,
Jg. 96 der Brailleausgabe

Herausgeber

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e. V. (blista)

Redaktion

  • für den DVBS: Peter Beck, Andrea Katemann und Matthias Klaus
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier

Koordination

DVBS-Geschäftsstelle
Sabine Hahn
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
Fax: 06421 94888-10
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: https://dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)

Andrea Katemann (DVBS) und
Dr. Imke Troltenier (blista)

Verlag

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg

ISSN 0724-7389

Punktschriftdruck

Deutsche Blindenstudienanstalt e. V.
Am Schlag 2-12, 35037 Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Digitalisierung und Aufsprache

Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
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Schwarzschrift-Druck

Druckerei Schröder
35083 Wetter/Hessen
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Erscheinungsweise

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.

Jahresbezugspreis

  • 30 Euro (Versandkosten Inland inklusiv) für die Schwarzschriftausgabe
  • 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonto des DVBS

Sparkasse Marburg-Biedenkopf
IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80
BIC: HELADEF1MAR

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Bild: Logo der Glücksspirale

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Anzeigen

Kleinanzeigen

Private Kleinanzeigen bis zu einer Länge von 255 Zeichen werden kostenlos abgedruckt. Danach werden 17 Euro pro angefangene 255 Zeichen berechnet. Für die korrekte Wiedergabe ihres Inhalts (z. B. Namen, Anschrift usw.) kann keine Haftung übernommen werden.

Informationen zur Veröffentlichung gewerblicher Anzeigen und Beilagenerhalten Sie gerne durch die horus-Mediadaten und auf Anfrage.


(gew.) Braille hat Zukunft, und wir wollen, dass das so bleibt!

Deshalb empfehlen wir die APH Mantis Q40 von Humanware:

  • 40-stellige Braillezeile mit Modulen von hoher Qualität mit Cursorrouting
  • Patentierte Humanware Daumentasten zur Navigation an der Gerätefrontseite
  • Griffige Notebooktastatur nach QWERTZ-Standard für sicheres Schreiben, umschaltbar auf Brailleeingabe
  • Einfacher Texteditor, Taschenrechner, Dateiverwaltung, Kurzschriftübersetzer und -Rückübersetzer von RTFC
  • Bibliotheksfunktion für NFB Newsline, Nls Bard und Bookshare
  • Mächtiger Terminalmodus kompatibel zu NVDA und JAWS (Windows) sowie Voiceover (Ios, IpadOs und MacOS)
  • Konnektivität: Bluetooth, USB-C, USB-A, Wlan, SD-Karte
  • Zusammen mit einem Windows Tablet bietet die Mantis ein leichtes und flexibles Arbeitssystem für unterwegs

Com-M Inh. Claudia Mischler-Korz, Sonderpädagogin, Martin Mischler, blinder Hilfsmittelspezialist seit 1983, Tel.: 07764 9 333 700, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Homepage: www.com-m.de

Wir freuen uns auf Ihren Anruf!


(gew.) Schwule erotische Literatur der Extraklasse,

als Hörbuch oder vom Computer vorgelesen, kaum Aufpreis zum Buch. Verlag des Instituts Drachenhaus, 06073 7479278, 10-22 Uhr. Bitte rufen Sie an, dann besprechen wir alle Details nach Ihren Bedürfnissen!


Grafische Anzeigen

blista

Die blista ist ein bundesweites Kompetenzzentrum für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung

  • mit dem Carl-Strehl-Gymnasium für blinde, sehbehinderte und sehende Schüler*innen von Klasse 5 bis 13 und drei Fachoberschulen,
  • einem Zentrum für berufliche Bildung mit sechs modernen Ausbildungen und Umschulungen,
  • dem dezentralen Internat, das vielfältige Möglichkeiten für das Wohnen inmitten unserer quicklebendigen Stadt eröffnet
  • und vielen weiteren Angeboten für Jung und Alt.

Wir suchen:

zum 01.08.2022 eine engagierte, erfahrene Persönlichkeit (m/w/d) für eine besonders werteorientierte und verantwortungsvolle Aufgabe: Internatsgesamtleitung

zum 01.08.2022 eine*n Studiendirektor*in (m/w/d) mit langjähriger Erfahrung im Unterricht an Gymnasien und im Förderschwerpunkt Sehen für die: stellv. Leitung des Gymnasiums im Förderschwerpunkt Sehen

Alle näheren Informationen finden Sie unter: www.blista.de/offene-stellen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
blistaCampus
Am Schlag 2-12
35037 Marburg
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Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.blista.de
blistaCampus. Bildung für alle.


Help Tech GmbH

Endlich wieder lesen können

Entdecken Sie unsere große Auswahl an Hilfsmitteln für zuhause, Schule und Arbeitsplatz. Für mehr Unabhängigkeit im Alltag.

  • Handy Tech Braillezeilen, elektronisch vergrößernde Sehhilfen, Vorlesesysteme und Software
  • Anerkannter Hilfsmittellieferant und Vertragspartner vieler Krankenkassen

Jetzt auch in Hamburg!

Kompetenzzentren in: Stuttgart, Köln, Marburg, Hamburg und Lüneburg
Zentrale in: Horb am Neckar

Help Tech GmbH
www.helptech.de
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Stuttgart 0711-2202299-0
Köln 0221-921556-0
Marburg 06421-690012-0
Hamburg: 040-87963121-0
Lüneburg 04131-699698-0

Bildbeschreibung: Auf dem Bild zu sehen ist die mobile elektronische Lupe Clover 5, mit der ein Kochrezept vergrößert angezeigt wird.


horus

Eine Lektüre mit Gewinn ...

Durch ein Abonnement der Fachzeitschrift "horus" erfahren Sie,

  • wie blinde und sehbehinderte Menschen Beruf und Alltag bewältigen und ihre Träume leben,
  • was schulische und berufliche Bildung blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen bietet,
  • wofür sich die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aktuell engagiert.

Bestelladresse:
DVBS
Frauenbergstr. 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
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IPD

Die EnVision Glasses ist jetzt erhältlich bei ihrem Fachhändler - IPD

Features:

  • kompatibel mit der EnVision App aus dem Googleplay Store & App Store
  • Text oder Raum-, Szenenbeschreibung
  • sofortige Wiedergabe von Text
  • Videoanrufsunterstützung
  • Gesichtserkennung
  • KI-Unterstützung für den Alltag

Wlanverbindung notwendig!

Abbildungen: Ausführung mit Gestell und Brillengläser

IPD
Tel.: 0511 9363090
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web: www.ipd.gmbh


F. H. Papenmeier GmbH & Co. KG

Unser WIR für Ihren Hilfsmittel Notfall

Papenmeier Hotline Service

kostenfreie Hotline: +49 2304 205 205 (Neue Nummer! Ab 1. Januar 2022)

F.H. Papenmeier GmbH & Co. KG
Talweg 2
58239 Schwerte
Telefon: 02304-205-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.papenmeier-rehatechnik.de

Bild: Es ist eine Gruppe von drei RehaTechnik Mitarbeitern, zwei Männer und eine Frau, zu sehen, die lächelnd in die Kamera schauen.


RTB

Gezielte Steuerung der Signale

Per App sicher unterwegs

Immer sicher unterwegs

Ohne Anwohnerkonflikte

Kostenfreie Smartphone-App

LOC id kompatibel

LZA - Detektion - Parken - E-Mobilität

RTB
www.rtb-bl.de
Tel.: 49 5252 9706-272

Bildbeschreibung: Bunte Grafik eines bärtigen Mannes mit dunkler Brille und weißem Langstock, der an einer belebten Straße steht. In der Brusttasche ein Smartphone, das Signale aussendet, im Hintergrund eine Großstadt.


Nikolauspflege

Fit für den Beruf!

Ob Ausbildung, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder berufliche Neuorientierung - wir bieten attraktive Ausbildungs- und Umschulungsplätze in über 20 verschiedenen Berufen in folgenden Bereichen an:

  • Wirtschaft und Verwaltung
  • IT-Informationstechnik
  • Metalltechnik
  • Ernährung und Hauswirtschaft
  • Gartenbau

Interessiert? Wir beraten gerne telefonisch.

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. (0711) 6564-128
www.bbw-stuttgart.de/berufsausbildung

Den Menschen sehen.
Für Menschen mit Sehbehinderung oder psychischer Beeinträchtigung.


SynPhon

Einfach SynPhon!

Die SynPhon GmbH entwickelt einfach zu bedienende elektronische Hilfsmittel, die blinden und sehgeschädigten Menschen das Leben erleichtern.

Der Einkaufs-Fuchs Produkterkenner sagt, was Sache ist.

Die Fledermaus Orientierungshilfe zeigt, wo es lang geht.

Der EinkaufsFuchs

Blinde Menschen stehen täglich vor dem Problem: Was befindet sich in Verpackungen? Welche ist die Lieblings-CD, und wie kann ich erkennen, ob es der gesuchte Gegenstand ist? Hier hilft der EinkaufsFuchs. Nur drei Bedienschalter machen den kompakten Produkterkenner leicht und einhändig bedienbar. Er liest die Informationen von den Strichcodes, die sich auf praktisch allen Handelsgütern befinden, mit klarer Stimme vor. Seine interne Datenbank umfasst bereits viele Millionen Produktinformationen und ist durch regelmäßige Updates stets aktuell. Der EinkaufsFuchs schafft mühelos Übersicht in Haushalt und Büro. Alles, was man verwechslungsfrei kennzeichnen möchte, kann ohne Aufwand auch selbst beschriftet werden. Besonders wichtig: Der EinkaufsFuchs ist als Blinden-Hilfsmittel von den Krankenkassen anerkannt und ist gegen Rezept vom Augenarzt erhältlich.

Die Fledermaus Orientierungshilfe

Diese Weltneuheit erweitert den Aktionsradius des Langstockes entscheidend, schützt dabei Kopf und Oberkörper und ermöglicht es, sich selbstbewusst und zielgerichtet zu bewegen. Die Fledermaus erlaubt es, mobil und orientiert zu bleiben, ohne zu tasten oder zu berühren. Erstmals werden hier die Vorteile von Infrarot und Ultraschall in einem handlichen und intuitiv zu bedienenden Gerät kombiniert. Das Besondere: Die Fledermaus kann sowohl Glastüren erkennen und entfernte Gegenstände verorten, als auch Öffnungen, wie etwa offene Türen, Durchgänge und Lücken zwischen geparkten Autos. Sie reagiert zudem auf weiche Objekte wie Polstermöbel, Felle oder flauschige Stoffe. All dies geschieht vollautomatisch, ohne dass irgendwelche Einstellungen vorgenommen werden müssen.

Weiter Informationen erhalten Sie gerne bei SynPhon unter der Telefonnummer 07250 929555 oder per Mail an E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Haben Sie Fragen? Rufen Sie an!

SynPhon
Elektronische Hilfen für Sehgeschädigte GmbH
Im Steinig 6
76703 Kraichtal

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