horus 2/2020
Schwerpunktthema: "Sport"
Inhalt
- Vorangestellt
- Aus der Redaktion
- Zeitfragen
- Schwerpunkt: "Sport"
- Chr. Kaercher: Blindentennis - ein Erfahrungsbericht
- f. Mehler: "Darf ich bitten?" - Als blinder Tänzer unter sehenden Tanzpaaren
- T. Weber: Yoga als Weg
- Dr. M. Giese: Motorische Fertigkeiten von blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen - internationale Perspektive und bildungspolitische Konsequenzen
- S. Nashwan: Auf nach Japan! - Der Sport war ein Türöffner für mich
- M. Zaumbrecher: Gezielte Talentförderung im Sport - blista wird mit dem Siegel "Schule des paralympischen Leistungssports" ausgezeichnet
- S. Janatzek: Platte schieben nicht erlaubt: Showdown - ein Sport, der verbindet
- M.-E. Peter: Pack-Poi - Eine aufstrebende Sportart für blinde und sehbehinderte Menschen
- R. Narjes: Den Rasselball laufen lassen: Blindenfußball überwindet Grenzen
- Ph. Weiß: Sportklettern als Freizeitbeschäftigung
- J. Schäfer: Sportliche "Beiträge" - ein historischer Überblick
- Beruf, Bildung und Wissenschaft
- Recht
- Barrierefreiheit und Mobilität
- Berichte und Schilderungen
- Aus der Arbeit des DVBS
- Aus der blista
- Bücher
- Panorama
- SightCity Forum: Online-Konferenz "Wert der Versorgungsforschung"
- J. Schäfer: Linktipp: Wie erleben blinde Fußballfans die Bundesligaspiele?
- Universität zu Köln: Neue Internetseite für Erfahrungsberichte
- Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung: Broschüre: Beratung im Profil
- Herzlichen Glückwunsch, Brailleschrift!
- "Silbertelefon" für Ältere - Ein Mittel gegen die Einsamkeit
- Impressum
- Anzeigen
Vorangestellt
Liebe Leserin, lieber Leser,
2020 sollte ein super Sportjahr werden. Eine über den ganzen Kontinent verteilte Fußball-Europameisterschaft und dann die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio. Von den vielen anderen hochspannenden Turnieren der Saison wollen wir gar nicht reden. Besonders Tokio wäre für mich ein besonderer Höhepunkt gewesen. Viele Sportlerinnen und Sportler mit Seheinschränkungen hatten auf diesen Höhepunkt hingearbeitet und hatten sich qualifiziert. Normalerweise. Doch normal ist in diesen Zeiten gar nichts. Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus hat den Alltag, und nicht nur im Sport, für uns alle grundlegend durcheinandergewirbelt.
Aber die sehr gute Nachricht aus meiner Sicht: Bis heute ist in der blista keiner an dem Coronavirus erkrankt.
Diese besonderen Zeiten sind für alle Kolleginnen und Kollegen der blista mit großen Herausforderungen verbunden. Wir fühlen uns all denen verpflichtet, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind, und bemühen uns, unter Einhaltung aller Vorschriften, notwendige Angebote aufrecht zu erhalten: Schülerinnen und Schüler werden mit Lernstoff, Materialien und Aufgaben im Heimunterricht versorgt, die Abiturprüfungen konnten, unter ganz besonderen Bedingungen, erfolgreich durchgeführt werden. Die Beratung von Menschen mit Seheinschränkung sowie die Versorgung mit Punktschrift- und Hörbüchern kann ungehindert fortgesetzt werden.
Aber es wird wieder eine Zeit nach dem Virus geben. Darauf freue ich mich sehr. Dann wird es wieder spannende sportliche Wettkämpfe geben.
Für uns an der blista ist Sport, und besonders auch der Leistungssport, wesentlich mehr als die körperliche Ertüchtigung beim Geräteturnen oder die gestoppte Zeit beim Ausdauerlauf. Hier lernt man, Niederlagen zu verarbeiten, auf ein Ziel hinzuarbeiten und Verantwortung für sein Team zu übernehmen.
In dieser Ausgabe lesen Sie von Menschen, die sich mit großer Leidenschaft, Ehrgeiz und Spaß sportlich betätigen, egal ob leistungsorientiert oder zum reinen Vergnügen und zur Freizeitgestaltung. Das finde ich sehr beeindruckend.
Zum Inhalt
Martin Giese schildert in seinem wissenschaftlichen Beitrag, welche Auswirkungen sportliche Förderung auf die motorischen Fähigkeiten von blinden und sehbehinderten Kindern besitzt. Rasmus Narjes erzählt von seiner Leidenschaft für den Blindenfußball und Shugaa Nashwan lässt uns an seinen Erfahrungen in Japan teilhaben, die er dank seines Judosports sammeln konnte. Markus Zaumbrecher erläutert das Leistungssportkonzept der blista und Christoph Kaercher weiht uns in die noch eher unbekannte Sportart Blindentennis ein. Klettern, Tanzen, Showdown, Pack-Poi oder Yoga. Über all diese Sportarten und wie sie von blinden und sehbehinderten Sportlerinnen und Sportlern begeistert ausgeübt werden lesen Sie in diesem Heft.
Ich wünsche Ihnen anregende Lektüre!
Werden oder bleiben Sie sportlich! Und vor allen Dingen: Bleiben Sie gesund!
Ich freue mich auf ein Wiedersehen
Ihr
Claus Duncker
(blista-Direktor)
Foto: Claus Duncker. Foto: Bruno Axhausen [Claus Duncker lächelt. Er hat kurze graue Haare und trägt eine randlose Brille.]
Aus der Redaktion
Kaum zu glauben, welche Ernsthaftigkeit eine meist aus Höflichkeit gestellte Frage plötzlich bekommt. Mit "Wie geht es Euch, wie ist die Stimmung?", begann Uwe Boysen die Redaktionskonferenz für diese Ausgabe. Und alle waren neugierig: "Wer ist im Homeoffice, wer arbeitet noch im Büro?" Denn diesmal fand unser Treffen telefonisch statt - zum Schutz vor dem neuen Virus mit dem hässlichen Kranz. Alle waren anwesend, allen ging es gut, alle hatten fasziniert die Texte aus den verschiedensten Bereichen des Sports gelesen, die uns zugesandt worden waren (den Einsendern einen herzlichen Dank!). Ob ein Teil der Faszination darauf beruhte, dass wir uns Ende März eben nicht so frei und unbeschwert bewegen konnten, wie es sportlich Aktive tun? Was aber wäre, wenn wir könnten wie wir wollten, was wäre unser Lieblingssport? Diese Frage können nun Sie, liebe Leserin und lieber Leser, nach der Lektüre dieses horus selbst für sich beantworten. Und vielleicht probieren Sie diese Sportart dann doch mal aus, wenn es die Gelegenheit dafür gibt?
Ob Leistungs-, Breiten- oder Gesundheitssport: Das Angebot für blinde und sehbehinderte Menschen ist umfangreich - und wer sagt, dass Sport nicht auch inklusiv möglich ist? Wer den einen oder anderen Aspekt in diesem horus vermisst - Wo bleibt zum Beispiel das Reiten? Was ist mit Schach? - der sei auf die folgenden Ausgaben verwiesen. Denn Sport kann zwar Grenzen überwinden, die Seitengrenzen des horus aber haben wir mit großer Disziplin versucht einzuhalten, so schwer es uns diesmal auch fiel. Das nächste Heft ist ja schon in Planung ...
[Abb: Schattenriss eines Mannes in Sportkleidung, der sich dehnt.]
Technik im Alltag
Unser Alltag funktioniert ohne Technik und digitale Geräte nicht mehr. Abseits der Frage von Gut oder Schlecht beschäftigen wir uns im nächsten horus damit, welche technischen Geräte und welcher Standard nicht nur in der schönen Werbewelt, sondern tatsächlich bei uns im Alltag angekommen sind. Alles eine Frage des Geldes? Auf was würden wir verzichten? Was wünschen wir uns? Und welche Chancen und Risiken bietet die Technik für blinde und sehbehinderte Menschen, zuhause, unterwegs und im Beruf?
Wir freuen uns auf Ihren Beitrag, den Sie per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! senden können. Artikel für den Schwerpunkt sollten bitte nicht länger als 12.000 Zeichen sein, allgemeine Berichte bis 4.000 Zeichen. Redaktionsschluss ist am 19. Juni 2020. Die Ausgabe 3/2020 erscheint dann nach den Sommerferien am 31. August. Bis dahin - genießen Sie den aktuellen horus, den Sie jetzt gerade lesen!
Zeitfragen
Wir, Corona und die Gesellschaft
Von Uwe Boysen
Wie geht es Ihnen heute? Sind Sie gesund? Haben Sie Angst für sich, für Ihre Familie, für Ihre Arbeit, für Ihr Leben? Sind Sie frustriert?
Natürlich ist es ungewöhnlich, dass hier vor unserem Schwerpunkt noch ein Artikel steht. Aber ungewöhnlich ist ja auch all das, was uns derzeit widerfährt. Deshalb möchte ich Ihnen, den Leserinnen und Lesern, einige Gedankenfragmente vortragen, die es vielleicht verdienen, näher bedacht zu werden.
Eine der Fragen, die ich mir stelle, ist, welche besonderen Auswirkungen die ergriffenen Maßnahmen für Blinde und Sehbehinderte haben. Eine endgültige Antwort verbietet sich natürlich so lange, wie wir voneinander nicht wissen, wie es uns geht. Aber einige Fingerzeige sind doch möglich. Einerseits sind blinde und sehbehinderte Menschen immer in ihrer Mobilität eingeschränkt, so dass uns möglicherweise die jetzt getroffenen Maßnahmen gar nicht so schwerwiegend erscheinen wie den sehenden Zeitgenossen. Andererseits treffen uns die Einschränkungen noch mehr, weil wir vermehrt auf Kontakt und Hilfe angewiesen sind, die jetzt spärlicher werden. Wer sich der modernen Informationstechnik bedienen kann, den wird das nicht so schwer treffen. Aber für diejenigen, die damit nicht oder nur eingeschränkt umzugehen in der Lage sind, dürfte das doch ein wesentlicher Einschnitt sein.
Was können wir tun, um dem entgegenzuwirken? Im DVBS haben verschiedene Fach- und Bezirksgruppen zum Mittel der Telefonchats gegriffen, und das hilft offenbar, Isolation etwas zu lindern. Aber was können wir sonst noch unternehmen? Vielleicht hat sich diese Frage bereits erübrigt, wenn diese Zeilen in gedruckter Form vorliegen. Wenn es aber schlecht läuft, ist die Katastrophe dann schon zum Alltag geworden und die Frage immer noch aktuell.
Was wird nach der Krise in unserer Gesellschaft von diesem massiven Einschnitt übrig bleiben? Schon heute sagen viele Auguren, unsere Gemeinschaft werde nicht mehr dieselbe sein. Das ist aber nur halb wahr. Entscheidend wird es darauf ankommen, was wir aus der Krise zu lernen bereit sind. Psychologen bestätigen uns schließlich immer, dass Krisen auch Chancen enthalten. Eine Erkenntnis ist sicher die Wiederkehr des schon lange tot geglaubten Nationalstaats. Auch wenn er bereits im Sarg der Geschichte gelegen haben sollte, so hat er doch jetzt heftig an dessen Deckel geklopft und seine Wiederauferstehung begehrt. Soll man sich darüber freuen? Bei mir bleibt hier eher ein ungutes Gefühl, wenn Grenzen geschlossen werden und Solidarität unter den Einzelstaaten wieder kleingeschrieben wird, jeder seine eigenen Notstandspakete packt und keine Strategie für übergreifende Schutzmaßnahmen erkennbar wird.
Eine weitere Erkenntnis für mich liegt in der Zwiespältigkeit der Rolle, die die Technik in dieser Krise spielt. Einerseits müssen wir uns von dem vielfach verbreiteten Irrglauben lösen, dass technisch alles beherrschbar ist. Einen Virus kann man nicht mit Computern einfangen, und Computer sind auch kein Ersatz für Lebensmittel oder Toilettenpapier! Andererseits hilft die Technik natürlich, wie schon oben erwähnt, in Grenzen einer Vereinsamung der Menschen entgegenzuwirken. Und dafür darf man ihr getrost dankbar sein.
Wirtschaftlich führen Krisen nach ihrem Ende oder schon während ihres Daseins immer zu einem: Zu einer Konzentration des Kapitals, indem kleine Unternehmen auf der Strecke bleiben, aber die großen in der Lage sind, sich deren lukrative Teile einzuverleiben. Der Staat hat sich zwar gezwungenermaßen vom Fetisch der schwarzen Null verabschiedet und pumpt enorme Mengen von Geld in die Wirtschaft. Es bleibt aber abzuwarten, wem das letztlich wirklich zu Gute kommen wird.
Was bedeutet diese Entwicklung für uns als diejenigen, die erheblich auf Transferleistungen des Sozialstaates angewiesen sind? Bei drastisch steigenden Arbeitslosenzahlen wird es insbesondere für sehbehinderte und blinde Arbeitssuchende schwerer werden, sich in der verschärften Konkurrenzsituation durchzusetzen. Damit ist es durchaus denkbar (und leider nicht unwahrscheinlich), dass neue Verteilungskonflikte aufbrechen werden und das sowohl im Bereich der Arbeitsförderung für Menschen mit Beeinträchtigungen wie im Bereich von Sozialleistungen, etwa dem Blindengeld. Wird die Sozialgesetzgebung einem zu erwartenden Druck im Hinblick auf mögliche Kürzungen solcher Leistungen standhalten? Ich hoffe es, bin aber mangels prophetischer Qualitäten nicht in der Lage, es mit der nötigen Sicherheit vorauszusagen.
Was wir aber auf jeden Fall brauchen, ist etwas, das die Selbsthilfe schon immer ausgezeichnet hat, nämlich ein solidarisches Zusammenstehen für unsere Interessen. Vielleicht ergibt diese Krise ja - trotz manchmal gegenteiliger Zeichen - auch einen neuen Schub für diesen Begriff insgesamt. Dann wäre sie möglicherweise nicht so katastrophal, wie sie sich uns bisher präsentiert.
Abb: COVID-19 hat eine Krise ausgelöst. Abb.: pixabay [Stilisierter Coronavirus aus Flaggen verschiedenster Länder]
Schwerpunkt: "Sport"
Blindentennis - ein Erfahrungsbericht
Von Christoph Kaercher
"Are you ready?" - "Yes!" - "Play!" ... und das Match beginnt.
Als ich letzten Sommer von einem Schnuppertraining des Blindentennisstandorts Köln hörte, war ich sofort interessiert. Ich hatte hin und wieder von meinen sehenden Freunden etwas über Tennis gehört, aber die Begriffe "Vorhand", "Rückhand" und "Aufschlag" waren für mich nach wie vor Fremdwörter. Erst recht konnte ich mir nichts unter Blindentennis vorstellen, da ich bis dahin kaum etwas über diese noch sehr junge Sportart gehört hatte.
In den 1980er Jahren unternahm der blinde Student Myoshi Takei erste Versuche, wie blinde Menschen Tennis spielen können. Seit 2016 wird Blindentennis neben einigen anderen Ländern nun auch in Deutschland gespielt. Seitdem wächst die Zahl der Trainingsstandorte stetig.
Schon während des Schnuppertrainings hat mich das dreidimensionale Spielen mit einem fliegenden Ball, der während eines Spieles nicht gestoppt wird, fasziniert und begeistert. Seit August trainiere ich nun wöchentlich am Blindentennisstandort Köln.
Um Blindentennis spielen zu können, benötigt man kein umfangreiches Equipment. Genauso wie beim Tennis für Sehende braucht man einen Tennisplatz, Sportkleidung und einen Tennisschläger in der vorgeschriebenen Größe. Darüber hinaus gehören für Blindentennis taktile Linien sowie der extra entwickelte Ball zum notwendigen Zubehör. Der mit Metallstiften gefüllte Schaumstoffball ist entweder gelb oder schwarz.
Grundsätzlich gelten im Blindentennis die Regeln der International Tennis Federation (ITF). Jedoch gibt es einige Anpassungen. Zunächst ist es entscheidend, ob ein Spieler oder eine Spielerin noch ein Restsehvermögen hat, bzw. wie hoch dieses ist, da sich die Regeln für blinde, hochgradig sehbehinderte und sehbehinderte Spieler und Spielerinnen in Teilen unterscheiden.
So spielen die blinden Spieler auf einem kleinen Feld (ca. 12,80 Meter x 6,10 Meter), hochgradig sehbehinderte oder sehbehinderte Spieler und Spielerinnen auf einem großen Feld (ca. 18,28 Meter x 8,23 Meter). Eine weitere Regelanpassung ist, dass jedes Spiel im Blindentennis mit einem Dialog gestartet werden muss. Bevor der Aufschlag erfolgt - der Schlag, mit dem der Ball ins Spiel gebracht wird -, muss der Aufschläger seinen Gegner fragen: "Are you ready?" Wenn der Gegner bereit ist, bestätigt er dies dem Aufschläger mit "Yes!". Bevor nun der Aufschläger den Aufschlag ausführen kann, muss er "Play!" sagen.
Des Weiteren darf - je nach Restsehvermögen der Spieler oder Spielerinnen - der Ball, nachdem dieser über das Netz gespielt wurde, unterschiedlich häufig auftrumpfen, bevor er wieder über das Netz zurückgespielt werden muss. Bei blinden und hochgradig sehbehinderten Spielern und Spielerinnen darf der Ball dreimal auftrumpfen. Sehbehinderte Spieler und Spielerinnen dürfen den Ball nur zweimal bzw. einmal auftrumpfen lassen.
Um Blindentennis spielen zu können, benötigt man zunächst eine allgemeine Begeisterung für Sport (und für Tennis im Besonderen) sowie eine gewisse "Grundfitness". Ferner ist es meiner Meinung nach - insbesondere für die blinden Spieler und Spielerinnen - notwendig, dass man eine gute Orientierung sowie ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen hat. Darüber hinaus benötigt man die Fähigkeit, Dinge - hier einen Ball - präzise akustisch lokalisieren und die Richtung des Balls antizipieren zu können. Schließlich habe ich festgestellt, dass gerade Anfänger beim Blindentennis viel Geduld mitbringen müssen, da das Spielen doch viel technische Präzision erfordert.
Die technische Komplexität dieser Sportart macht Blindentennis für mich herausfordernd und spannend zugleich. Auch das dreidimensionale Spiel mit einem fliegenden Ball, der während des Spiels nicht gestoppt wird, trägt - insbesondere für Blinde - zur Komplexität, aber gleichzeitig zur Herausforderung dieser Sportart bei. Auch kann man sich beim Blindentennis - genauso wie beim "normalen" Tennis - jederzeit entscheiden, ob man ein Einzel oder ein Doppel spielen möchte. So kann man auch jederzeit im Team spielen.
Seit November 2019 bin ich nun auch Standortsprecher des Blindentennisstandorts Köln. Hier habe ich die Gelegenheit, den Blindentennissport und dessen Strukturen nicht nur lokal, sondern auch national mitzugestalten.
Weitere Infos sowie Ansprechpartner finden sich z.B. unter: www.dtb-tennis.de/Initiativen-und-Projekte/Inklusion/Blindentennis.
Zum Autor
Christoph Kaercher lebt und arbeitet in Bonn. Er erblindete aufgrund von Aniridie, einer seltenen angeborenen Augenkrankheit, bei der die Regenbogenhaut fehlt. Nach seinem Abitur an der blista studierte er in Heidelberg und Ingolstadt Betriebswirtschaftslehre und schloss mit dem Master ab.
Foto 1: Mit Begeisterung fliegende Bälle zurückspielen - das ist Blindentennis. Foto: Marc Hunold [Ein gelber Tennisball fliegt direkt auf den Betrachtenden zu. Der Spieler im Hintergrund befindet sich in einer Tennishalle und trägt Augenpads.]
Foto 2: Christoph Kaercher. Foto: privat [Christoph Kaercher hat kurze braune Haare und braune Augen. Er trägt ein blau-weiß gestreiftes Hemd und lächelt.]
"Darf ich bitten?" - Als blinder Tänzer unter sehenden Tanzpaaren
Von Frank Mehler
Eine Rumba erklingt im Saal. Ich strecke vorsichtig meine Arme aus, Doris ergreift meine linke Hand mit ihrer rechten, und ich lege meine rechte Hand auf ihre linke Schulter. Behutsam setze ich meinen rechten Fuß zur Seite und bewege meinen linken Fuß leicht schräg im Wiegeschritt vor - hoffentlich im richtigen Rhythmus "slow - quick - quick". Im nächsten Takt setze ich den linken Fuß seitwärts links und den anderen für einen Wiegeschritt nach hinten. Doris bewegt sich mir gegenüberstehend spiegelverkehrt: In diesem Augenblick konzentrieren wir uns im Tanzkurs nur noch auf die Rumba. Wenn dieser Grundschritt gut klappt, kann ich meinen linken Arm heben, meine Partnerin tanzt dann eine Rechtsdrehung. Auch wenn ich ihre Drehung nicht sehen kann, spüre ich ihre Bewegung durch einen leichten Luftzug und eine sanfte Berührung ihrer Kleidung. Manchmal gebe ich ihr mit meiner flachen linken Hand einen kleinen Schubs in ihre rechte Handfläche und sie weiß, dass jetzt der Moment für ihre Solodrehung gekommen ist. Während des kurzen Moments ihres Damensolos haben wir keinen Kontakt, aber schon ergreift sie wieder meine linke Hand und ich lege meine rechte Hand zurück auf ihre linke Schulter, wir tanzen weiter.
Vermutlich hat es der Leser schon bemerkt: Doris kann sehen und ich nicht. Bei Rumba, Cha-Cha-Cha, Jive und Discofox wählt sie sicherheitshalber zu Beginn des Tanzes einen Platz für uns, bei dem wir nicht zu nah an anderen Tanzpaaren stehen, denn bei den lateinamerikanischen Tänzen bewegen sich die Paare eher an einer Stelle.
Wie bin ich überhaupt auf die Idee gekommen, als Blinder mit einer sehenden Tanzpartnerin an einem Tanzkurs teilzunehmen? Ich hatte letztes Jahr an einem DVBS-Seminar der IG Ruhestand in Saulgrub teilgenommen. Fünf Mal fand in dieser Woche ein Tanzkurs für blinde und sehbehinderte Paare statt. Unser Tanzlehrer Jörg Muskatewitz hatte in Marburg bereits ähnliche Kurse unterrichtet. Meine blinde Tanzpartnerin Antje und ich hatten sofort viel Spaß beim Tanzen. Wir konnten allerdings auf Tanzerfahrungen als Sehende zurückgreifen. Am Ende des Kurses in Saulgrub ermutigte mich unser Tanzlehrer, an meinem Wohnort Hannover an einem Tanzkurs teilzunehmen.
Wieder zuhause fragte ich eine Freundin, mit der ich vor zwanzig Jahren schon einmal länger getanzt hatte, ob sie sich vorstellen könnte, auch mit mir als blindem Tänzer wieder zu tanzen. Sie war gleich dazu bereit, es auch unter den veränderten Bedingungen mit mir auszuprobieren. Ich rief bei der Tanzschule Familie Bothe in Hannover an und fragte, ob ich als blinder Tänzer mit einer sehenden Partnerin einmal versuchen könnte, an einem Tanzkurs teilzunehmen - die Antwort war "Ja". So meldeten sich Doris und ich gleich für einen Bronze-Kurs an. Schon am ersten Abend merkten wir, dass wir immer noch ganz gut miteinander tanzen konnten.
Doris ist eine erfahrene Tänzerin und hilft mir immer wieder bei rhythmischen Problemen - die ich allerdings auch als sehender Tänzer hätte. Der Salsa ist für mich zum Beispiel ein Tanz, bei dessen Rhythmus ich nicht unbedingt immer mitmuss. Bei Rumba, Cha-Cha-Cha, Discofox und Jive fällt mir das schon leichter, weil der Rhythmus eingängiger ist. Außerdem sind es eher stationäre Tänze, die weitgehend am Platz getanzt werden.
Spannender wird die Angelegenheit allerdings beim Langsamen Walzer und Foxtrott, denn hier bewegen sich die Paare durch den ganzen Raum. Drehen wir uns beim Langsamen Walzer zum Beispiel in halben Rechts- und Linksdrehungen, ist es für mich als blinder Tänzer nicht leicht, festzustellen, ob meine halbe Drehung wirklich 180 Grad beträgt, oder ob ich mich vielleicht zu wenig oder zu stark gedreht habe. Die Herausforderung besteht darin, gleichzeitig zwei Bewegungen auszuführen. Als Tanzpaar bewegen wir uns mit anderen Paaren in einer großen Runde gegen den Uhrzeigersinn durch den Saal und drehen uns außerdem in halben Drehungen zu zweit. Währenddessen versuchen wir im Dreiviertel-Takt zu bleiben und die anderen Paare nicht anzurempeln. Hier korrigiert meine sehende Partnerin durch möglichst kleine Gesten unsere Richtung. Meistens erhalte ich dafür einen leichten Impuls auf Schulter oder Arm. Natürlich ist es auch manchmal notwendig, durch einen leisen Kommentar korrigiert zu werden. Wenn mir aber gar nicht mehr klar ist, in welche Richtung wir tanzen, wenn ich also die Orientierung verloren habe, unterbrechen wir den Tanz, richten uns wieder am Rand des Raumes aus und starten neu.
Bei den Standardtänzen übernimmt Doris eine sehr wichtige Aufgabe als Tanzpartnerin, denn sie sorgt beim Tanz durch den Saal dafür, dass die Choreografie in etwa eingehalten wird. Bei sehenden Paaren soll der Herr führen, was in der Praxis nicht immer gelingt - auch bei sehenden Paaren übernimmt die Dame manchmal "Führungsaufgaben". Bei uns führe ich zwar manchmal, bekomme aber durch Doris diskret zu spüren, dass wir eine Bewegung korrigieren müssen, um andere Paare nicht zu behindern oder in einen toten Winkel des Raumes zu tanzen. Dies gelingt mir nicht immer, und Doris muss dann relativ forsch intervenieren, um Carambolagen zu vermeiden. Auch dann fällt es mir nicht immer leicht, mich ganz ihrer Führung zu überlassen.
Unsere Tanzlehrerin Elli Bloch unterstützt mein Bemühen, blind zu tanzen, sehr und kommt bei Schwierigkeiten mit neuen Schrittfolgen sofort zu uns, um mir die neuen Schritte direkt zu zeigen. Beim Erlernen von Bewegungsabläufen ist der blinde und sehbehinderte Tänzer darauf angewiesen, dass diese möglichst genau beschrieben werden, denn im Vergleich zu sehenden Tänzern und Tänzerinnen sind wir ja nicht in der Lage, die Bewegungsfolge zu beobachten und zu imitieren.
Die anderen Tanzpaare reagieren auf uns als "gemischtes Paar" mit leichter Skepsis oder Bewunderung oder beidem, wie ich aus den kurzen Gesprächen in der Pause mitbekomme. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass wir in den Pausen auch schon mal durch die Sitzordnung der Paare aus ihrer Runde ausgeschlossen wurden. Das kann ich natürlich nicht sehen, aber Doris hat es mir anschließend berichtet. Die Tanzschule und unsere Mittänzer bemühen sich wirklich um Inklusion und versuchen, uns den Zugang zum Tanzen zu erleichtern. Nur wenige verhalten sich abwehrend und abschätzig. Als Blinder wirkt man auf andere Menschen oft etwas unheimlich. Wenn man sich dann auch noch traut, Bewegungen auszuführen, für deren Gelingen die visuelle Kontrolle von den meisten als unbedingt notwendig eingeschätzt wird, kann dies bei Sehenden zu Angst und Abwehr führen.
Doris und ich wollen demnächst einmal probieren, an einer größeren Tanzveranstaltung teilzunehmen. Es muss ja nicht gleich ein Ball sein. Ich werde dann die räumlichen Bedingungen noch nicht kennen und es werden mehr Paare auf dem Parkett sein als in unserem Tanzkurs. Und wir werden auf Paare treffen, die sich noch nicht daran gewöhnt haben, dass ich sie mit dem einen oder anderen Tanzschritt auf ihrem Weg durch den Raum irritieren könnte. Eine besondere Herausforderung wird der Wiener Walzer sein, denn die schnellen Drehungen erfordern schon bei sehenden Paaren eine gute Konzentration und Koordination. Ich bin außerdem neugierig, ob es mir gelingen wird, mit einer Partnerin zu tanzen, die sich noch nicht so gut auf mich eingestellt hat wie Doris. Dafür muss ich noch viel üben.
Aber am wichtigsten ist es uns, dass das Tanzen Spaß macht. Die Freude ist immer groß, wenn beim Tanzen die Bewegung mit der Musik harmoniert, wir genießen diese Momente sehr.
Am 17. März musste die Tanzschule wegen des Coronavirus schließen. Damit zuhause weiterhin getanzt werden kann, hat die Tanzschule auf ihrer Homepage ein Online-Kursportal eingerichtet. Am folgenden Tag wollten wir uns bei mir in der Wohnung zum Tanzen treffen. Wir haben uns dann aber unter Beachtung der zwei wichtigsten Regeln "Zwei Meter Abstand" und "Hände waschen" bei einem Glas Wein nur angeregt unterhalten. Wenn es die Umstände zulassen, wollen wir uns bei mir in der Wohnung auch wieder zum Tanzen treffen. Vielleicht lerne ich dann endlich, wie auch ich beim Rhythmus des Salsas einfach immer mitmuss.
Zum Autor
Frank Mehler, geboren 1951, ist ehrenamtlich in der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aktiv. Neben Tanzen gehören Klavier und Gitarre spielen zu den Hobbys des pensionierten Berufsschullehrers.
Foto: Tanzen schult die Konzentration und Koordination - Freude an der Bewegung mit Musik wird vorausgesetzt. Foto: pixabay / fsHH [Kopf- und Schulterpartie eines Tanzpaares, das die Augen geschlossen hält und leise lächelt.]
Autorenfoto: Frank Mehler. Foto: privat [Frank Mehler hat kurze graue Haare und trägt eine Brille. Er lächelt.]
Yoga als Weg
Von Tobias Weber
"Ganz normal" in einem kleinen Dorf bei Bautzen aufgewachsen, begann ich mich als Heranwachsender wie viele andere in diesem Alter zu fragen: "Was ist der Sinn des Lebens und wo liegt er für mich?". Die vielfältigen Antworten auf diese Frage wurden erdbebenartig erschüttert durch die Diagnose einer fortschreitenden Sehverschlechterung, die ich mit 13 Jahren erhielt. Dennoch habe ich 2014, im Alter von 26 Jahren, mein Studium der Psychologie beendet - mit einer Sehkraft von knapp 5 Prozent, die heute unter 1 Prozent beträgt.
Zum Yoga kam ich während meiner Studienzeit über den Hochschulsport. Yoga half mir, flexibler und kräftiger zu werden, besser zu entspannen, mir trotz chronischer Krankheit mehr zuzutrauen und war ein wunderbarer Ausgleich zum Studienstress. Ich tauchte nach und nach weiter ein, bis ich mich endlich gegen Ende der Studienlaufbahn für eine zweijährige Yogalehrerausbildung entschied, die parallel zum Studium stattfand und als Schwerpunkt meiner Berufstätigkeit danach geplant war.
Leichter gesagt als getan, musste ich während der Yogalehrerausbildung erfahren. Denn nachdem ich zu Beginn der Ausbildung die Yogaübungen noch schemenhaft betrachten konnte, musste ich im zweiten Jahr der Ausbildung feststellen, dass ich das Gezeigte kaum bis gar nicht mehr sah. "Was jetzt?" begann ich mich zu fragen und durfte erkennen, welch unermesslicher Wert in unseren anderen Sinnen fernab der Augen liegt. So begann ich, das Gezeigte direkt am Körper des Vorzeigenden zu ertasten und genauer auf die Ansagen zu achten. Ich stellte fest, dass die verbalen Beschreibungen leider oft an Genauigkeit zu wünschen übrig ließen.
Unüberwindbare Barrieren, könnte man meinen. Nichtsdestotrotz machte es mir einfach Freude, in die Tiefen des Yoga einzutauchen und zu spüren, dass Yoga viel mehr bedeutet als nur verrückte Körperhaltungen einzunehmen. Denn Yoga ist ein ganzheitlicher Weg, mit dem völlig unterschiedliche Ebenen des Lebens und der spirituellen Entwicklung betrachtet werden können. Und so blieb ich beim Yoga und entwickelte meinen eigenen Unterrichtsstil.
Blind-Yoga
Heute geht es mir als blinder Yogalehrer in meinem Unterricht nicht um perfekte Körperhaltungen, sondern vielmehr darum, nach innen zu schauen und erst einmal sich selbst mit allem, was da ist, wahrzunehmen. Das geschieht auf allen Ebenen - auf der physischen, der geistig-emotionalen wie auch der mentalen Ebene. Besonders aber geht es darum, den Blick zu öffnen für den Moment, der wirklich ist. Solche Momente anderen zu schenken, ist mein Anliegen in "Blind-Yoga"-Seminaren und -Workshops, in denen blinde und nicht-blinde Menschen zusammen praktizieren und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer Augenbinden tragen, also physisch blind sind. Zu meinem "Blind-Yoga"-Konzept gehört, mögliche Ängste und Barrieren durch eine geschützte, liebevolle und offene Atmosphäre abzubauen und gleichzeitig die Welt der "Blinden" und "Normal"-sichtigen zu verbinden. Damit ist diese Art Yoga zu praktizieren auch für seheingeschränkte und blinde Menschen gut geeignet.
Da im "Blind-Yoga" niemand sieht, ich ja auch nicht, leite ich die Übungen etwas anders als üblich an und wähle nur Asanas (Körperhaltungen), die nicht zu kompliziert sind. Ein Ziel der jahrtausendalten Yogatradition ist, dass der Geist zur Ruhe kommt, und das geschieht leichter, wenn Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Körper von innen heraus wahrnehmen. Ich setze auch gerne Klänge ein, z.B. Klangschalen oder andere Instrumente. Zudem biete ich Raum zum Erfahrungsaustausch an. Das Teilen von Erlebnissen, das Zuhören und Sich-verstanden-Fühlen schafft Gemeinsamkeit, ob man etwas sieht oder nicht.
Natürlich sind die schier unbegrenzte Weiten des Yoga für uns alle erfahr- und erlernbar, egal welche körperlichen oder mentalen Besonderheiten jeder mitbringt. Genau deshalb kann ich jedem nur empfehlen, diesen Weg zu betreten, sei es in einer Yogastunde oder in vertiefenden Seminaren.
So freue ich mich auf einen regen Austausch zum Thema und Gelegenheiten, in denen wir uns begegnen und miteinander voneinander lernen können.
Zum Autor
Tobias Weber bietet bundesweit Seminare und Fortbildungen für Yoga und Entspannung an. Einige seiner Yogastunden stehen auch online auf YouTube und auf www.weberyoga.de. Seit 2019 arbeitet er außerdem als Diplom-Psychologe in einer Psychosomatischen Klinik in Nordhessen. Kontakt per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Foto 1: Im Yogaunterricht gibt es auf Wunsch konkrete Tipps, hier für die Haltung der "Sphinx". Foto: DVBS / Kronenberg
Foto 2: Entspannungsphasen gehören zum Yoga. Foto: DVBS / Kronenberg [Zwei Yogaschülerinnen liegen in entspannter Bauchlage auf Yogamatten, Tobias Weber sitzt aufrecht.]
Autorenfoto: Tobias Weber. Foto: DVBS / Kronenberg [Tobias Weber sitzt in gelbem Shirt und weißer Hose auf einem Meditationskissen. Er hält einen Klöppel bereit, um eine große Klangschale vor ihm auf dem Boden anzustoßen und lächelt.]
Motorische Fertigkeiten von blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen - internationale Perspektive und bildungspolitische Konsequenzen
Von Martin Giese
Einleitung
Sportwissenschaftliche Forschungsaktivitäten zu Bewegung, Spiel und Sport mit Kindern und Jugendlichen im Förderschwerpunkt Sehen existieren sowohl in der deutschsprachigen Sportwissenschaft als auch im internationalen Raum. Der nachfolgende Beitrag verfolgt das Ziel, internationale Befunde zu motorischen Fertigkeiten darzustellen. Der motorische Funktionsbereich ist von fundamentaler Bedeutung für die kindliche Entwicklung, da eine gut entwickelte Motorik dem Kind ermöglicht, seinen eigenen Körper kennenzulernen, Erfahrungen über das eigene Tun zu sammeln und mit der Umwelt in Kontakt zu treten. Sowohl bei sehenden als auch bei sehbehinderten Kindern ist es für eine gezielte motorische Frühförderung jedoch hilfreich, wenn frühzeitig bekannt ist, welche motorischen Fertigkeiten besonderer Förderung bedürfen. Die internationale Motorikforschung zu blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen versucht darauf antworten zu geben.
Motorische Fertigkeiten (engl. motor skills) kennzeichnen nach Roth (1999) "individuelle Differenzen im Niveau der Steuerungs- und Funktionsprozesse, die der Realisierung jeweils spezifischer Bewegungen zugrunde liegen". Haibach, Reid & Collier (2011) differenzieren motorische Fertigkeiten nach den Aspekten Großmotorik, Feinmotorik und Stabilität. Elementare großmotorische Fertigkeiten werden in der anglo-amerikanischen Fachliteratur in die Bereiche Selbstbewegung (u. a. Rennen, Springen) und Ballfertigkeiten (u. a. Werfen, Fangen) unterteilt.
Motorische Kompetenzen stehen in Abhängigkeit zu weiteren bewegungsbezogenen Konstrukten: Hierunter fällt das motorische Selbstkonzept, die motorische Fitness, die körperliche Aktivität sowie Übergewicht und Adipositas. Im Zentrum steht dabei das Verhältnis zwischen den motorischen Kompetenzen und dem motorischen Selbstkonzept: Verfügen Kinder über eine hohe Selbsteinschätzung ihrer motorischen Kompetenz, sind sie eher bereit, an sportlichen Aktivitäten teilzunehmen, in denen ihnen - auch komplexe - motorische Kompetenzen abverlangt werden. Ist die Selbsteinschätzung der eigenen motorischen Kompetenz jedoch gering, ziehen sich Kinder mit einer höheren Wahrscheinlichkeit aus sportlichen Aktivitäten zurück, die sie als (über-)fordernd empfinden. So kann die Selbsteinschätzung der eigenen motorischen Kompetenz als einer der stärksten Prädiktoren in Bezug auf die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten verstanden werden.
Da jüngere Kinder zu einer positiven Überschätzung ihrer eigenen motorischen Kompetenzen neigen, beteiligen sie sich häufig intensiv an einer Vielzahl sportlicher Aktivitäten. Gleichzeitig zeigen junge Kinder weltweit aber immer niedrigere Grade an motorischer Kompetenz (Rudd, Barnett, Butson, Farrow, Berry & Polman, 2015), was vermuten lässt, dass sich die zu Grunde liegenden elementaren motorischen Fertigkeiten nicht automatisch infolge der körperlichen Reifung oder auf Grund der Teilnahme am freien Spiel entwickeln. Elementare motorische Fertigkeiten müssen offensichtlich gezielt unterrichtet werden, damit Kinder bis in die Adoleszenz und darüber hinaus eine hohe Selbstwahrnehmung ihrer eigenen motorischen Kompetenz beibehalten und einen aktiven Lebensstil wählen.
Internationale Befunde zur motorischen Entwicklung von blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen
In internationalen Studien konnte wiederholt gezeigt werden, dass Kinder mit Sehbehinderung Verzögerungen in der Entwicklung ihrer elementaren großmotorischen Fertigkeiten aufweisen. Insbesondere junge Kinder mit Sehbehinderung benötigen deshalb so viel entwicklungsgemäße und zielgruppenspezifische motorische Förderung wie möglich. Dem steht jedoch gegenüber, dass sich insbesondere in inklusiven Settings nur wenige Lehrkräfte adäquat dafür ausgebildet fühlen, Kinder mit Sehbehinderung in ihren Klassen angemessen zu fördern (Brian, Haibach-Beach, Lieberman & Giese, 2017). Angesichts dieser Selbstwahrnehmung der Lehrkräfte sowie ihrer häufig unzureichenden Ausbildung ist es eher unwahrscheinlich, dass Kinder mit einer Sehbehinderung während der frühen kritischen Jahre auch tatsächlich eine zielgruppen- und entwicklungsgemäße Unterrichtung ihrer elementaren großmotorischen Fertigkeiten erhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, für eine adäquate Ausbildung pädagogischer Fachkräfte zu sorgen (Giese, Brian, Haibach-Beach, Lieberman & Wagner, 2019).
Um betroffene motorische Kompetenzen bei Kindern mit Sehbehinderung besser identifizieren zu können, verglichen Wagner, Haibach & Lieberman (2013) Kinder mit und ohne Sehbehinderung anhand des Test of Gross Motor Development - Second Edition (TGMD-2). Der TGMD stellt eine im anglo-amerikanischen Forschungssektor etablierte Möglichkeit zur Beurteilung der elementaren großmotorischen Fertigkeiten in den Subdomänen "Selbstbewegung" sowie "Ballfertigkeiten" bei Jungen und Mädchen im Alter zwischen drei und zehn Jahren dar. Zu jeder TGMD-Bewegungsaufgabe sind drei bzw. vier Kriterien formuliert, welche die Beurteilung der Ausführungsqualität von einzelnen Teilbewegungen ermöglichen. Hierzu zählen u. a. die Flugphase beim Rennen oder auch der Stemmschritt beim Schlagwurf. Die Ergebnisse von Wagner et al. (2013) zeigen, dass blinde Kinder in allen zwölf untersuchten Kompetenzen signifikant schlechtere Resultate erzielen als sehende Kinder. Die größten Unterschiede zwischen beiden Gruppen sind beim Rennen, dem Überspringen eines am Boden liegenden Säckchens aus dem Lauf, beim Seitstoß eines ruhenden Balles sowie beim Fangen zu finden. Eine Analyse der Teilkomponenten des Rennens ergab zudem, dass blinde Kinder bei dieser Aufgabe eher zu einem schnellen Gehen (ohne Flugphase zwischen den Schritten) als beim Rennen (mit Flugphase) neigen.
Zeigt der Vergleich von Kindern mit und ohne Sehbehinderung ein breites Spektrum großmotorischer Unterschiede, ermöglicht die Beachtung der Grade des Sehvermögens eine weitere Differenzierung der Ergebnisse. Im Rahmen dieser Einteilung erreichen blinde Kinder (B1) durchschnittlich niedrigere motorische Entwicklungsniveaus als Kinder mit Sehbehinderung (B2, B3). Sehbehinderte und hochgradig sehbehinderte Kinder weisen - mit Ausnahmen beim Rennen, Fangen und Werfen - ähnliche Leistungsniveaus auf. Jungen und Mädchen zeigen sowohl bei den locomotor skills (Rennen, Springen etc.) als auch bei den meisten object control skills (Werfen, Fangen etc.) keine signifikant unterschiedlichen Fertigkeitsniveaus. Altersbedingte Unterschiede zwischen jüngeren (6-9 Jahre) und älteren (10-12 Jahre) Kindern mit Sehbeeinträchtigungen sind sowohl bei den lokomotorischen als auch bei den objektkontrollierenden Kompetenzen nicht zu finden, obwohl das Alter ansonsten eine wichtige Variable bei motorischen Fertigkeiten ist. Da bereits diskutiert wurde, dass Kinder mit Sehbehinderung häufig keine angemessene Unterrichtung ihrer elementaren großmotorischen Fertigkeiten erhalten, sensibilisiert das zusätzliche Fehlen altersbedingter Unterschiede für die große Relevanz einer zielgruppenspezifischen Förderung der elementaren großmotorischen Fertigkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Diese Kompetenzen entwickeln sich, wie es bei sehenden Kindern bis zu einem gewissen Grad offensichtlich der Fall ist, nicht von selbst, sondern bedürfen einer spezifischen motorischen Förderung.
Zudem fanden Shapiro, Moffett, Lieberman & Dummer (2005) heraus, dass sehgeschädigte Kinder und Jugendliche im Alter von 8-13 Jahren geschlechtsunabhängig niedrige Vorstellungen von ihrer motorischen Kompetenz zeigten. Auch Brian, Haegele, Lieberman & Bostick (2016) konnten zeigen, dass junge blinde und sehbehinderte Kinder in allen Altersstufen deutlich niedrigere Vorstellungen von ihrer motorischen Kompetenz aufweisen als sehende Peers. Niedrigere motorische Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen mit Sehbehinderung korrespondieren offenbar mit einer niedrigen Selbstwahrnehmung der eigenen motorischen Kompetenz, was - wie vorne diskutiert wurde - bewegungsarme Lebensstile zusätzlich begünstigt. Diese Personengruppe kann somit als Risikogruppe für Bewegungsmangel identifiziert werden, obwohl die betreffenden Kinder und Jugendlichen in passenden Settings durchaus zu ähnlichen Bewegungsumfängen in der Lage sind wie sehende Schülerinnen und Schüler (Giese, Teigland & Gießing, 2017).
Fazit
In Anbetracht der Erkenntnis, dass die körperlichen Aktivitäten sowie motorische Fertigkeiten in der Kindheit und Jugend den Grundstein für das weitere Bewegungsleben legen, erscheinen die Erkenntnisse vielversprechend, dass blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche grundsätzlich zu ähnlichen Fertigkeitsniveaus in der Lage sind. In Bezug auf den schulischen Kontext und vor dem Hintergrund des Inklusionsdiskurses kann schlussfolgert werden, dass die Entwicklung und das Implementieren zielgruppenspezifischer Unterrichtssettings sowohl in der Förderschule als auch in der allgemeinen Schule entsprechend zu fördern sind. Es kann auch geschlussfolgert werden, dass die Bedeutung des Sportunterrichts für die Entwicklung motorischer Fertigkeiten für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche wesentlich größer ist als für die Kontrollgruppe.
Literatur
- Brian, A., Haibach-Beach, P., Lieberman, L. & Giese, M. (2017). Motorische Fertigkeiten im inklusiven Sportunterricht mit sehgeschädigten Schülern vermitteln - eine internationale Bestandsaufnahme. Sonderpädagogische Förderung heute, 62 (3), 288-298.
- Brian, A. S., Haegele, J. A., Lieberman, L. & Bostick, L. (2016). The content and face validity for the Test of Perceived Motor Competence for children with visual impairments: A Delphi investigation. British Journal of Visual Impairment, 34 (3), 238-247.
- Giese, M., Brian, A., Haibach-Beach, P., Lieberman, L. & Wagner, M. (2019). (Inter-)Nationale Befunde zu Bewegung, Spiel und Sport mit Kindern und Jugendlichen im Förderschwerpunkt Sehen. Zeitschrift für Heilpädagogik, 70 (5), 216-225.
- Giese, M., Teigland, C. & Gießing, J. (2017). Physical activity, body composition, and well-being of school children and youths with visual impairments in Germany. British Journal of Visual Impairment, 35 (2), 120-129.
- Haibach, P., Reid, G. & Collier, D. H. (2011). Motor learning and development. Champaign: Human Kinetics.
- Roth, K. (1999). Die fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise. In: K. Roth & K. Willimczik (Hrsg.), Bewegungswissenschaft (S. 227-288). Reinbek: Rowohlt.
- Rudd, J. R., Barnett, L. M., Butson, M. L., Farrow, D., Berry, J. & Polman, R. C. J. (2015). Fundamental Movement Skills Are More than Run, Throw and Catch: The Role of Stability Skills. PloS one, 10 (10).
- Shapiro, D. R., Moffett, A., Lieberman, L. & Dummer, G. M. (2005). Perceived Competence of Children with Visual Impairments. Journal of Visual Impairment & Blindness, 99 (1), 15-25.
- Wagner, M., Haibach, P. & Lieberman, L. (2013). Gross motor skill performance in children with and without visual impairments - research to practice. Research in developmental disabilities, 34 (10), 3246-3252.
Zum Autor
PD Dr. Martin Giese, M.A., arbeitet an der Deutschen Blindenstudienanstalt in Marburg. Nach seinem 2. Staatsexamen für das Lehramt Deutsch und Sport unterrichtete er an unterschiedlichen Gymnasien und promovierte in der Sport- und Bewegungspädagogik. Er ist außerdem habilitierter Privatdozent am Institut für Rehabilitationswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin und setzt sich für die Bewegungsförderung blinder und sehbehinderter Menschen in der Leitung der Arbeitsgemeinschaft Bewegung und Sport im Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik ein.
Foto: Kinder entwickeln motorische Kompetenzen gerne spielerisch. Foto: pixabay / Vladictoria [Ein Junge klettert ein Spielgerüst empor.]
Autorenfoto Dr. Martin Giese. Foto: privat [Martin Giese hat blaue Augen und lichtes kurzes Haar. Er trägt ein dunkles Jackett.]
Auf nach Japan! - Der Sport war ein Türöffner für mich
Von Shugaa Nashwan
Ich bin etwas aufgeregt, denn das wird unsere erste Begegnung. Noch kennen wir uns nicht. Noch haben wir keinen Kontakt. Zwei Menschen gehen aufeinander zu. Jeder Schritt ist langsam und bedacht, bis wir voreinander stehen. Zwischen uns etwa anderthalb Meter Distanz und ich bin sicher, mein Gegenüber ist genauso gespannt. Wir halten inne, es kehrt Ruhe ein. Die Aufmerksamkeit liegt nur in dem kleinen Korridor, der nur durch uns begrenzt wird. Bedächtig gleiten die Hände an den geraden Beinen herab und wir geben unsere evolutionäre stolze Haltung auf. Durch das Vorbeugen unserer Oberkörper überbrücken wir die Distanz, die mit weiteren Schritten nicht hätte überbrückt werden können. Dass wir am gleichen Ort sind, haben wir unseren Beinen zu verdanken; nun möchten wir im Bewusstsein des Anderen ankommen. Vollster Respekt für das Sein, das Leben in ihm und in mir. Auf keinen Fall möchte ich ihn verletzen und wir haben uns stumm und selbstverständlich auf einen fairen Kampf geeinigt. Mit dem Kommando des Kampfrichters geht das Kräftemessen los.
Was für mich am Anfang meiner Judo-Karriere nur zu den Regeln eines Wettkampfes gehörte, ist in Japan die gewöhnliche Form der Begrüßung. Ich habe also ein Stück japanische Kultur schon in Deutschland auf der Judomatte gelebt. Und wenn ich immer behauptet habe, außer "konitschi wa" ("Guten Tag!") kann ich kein einziges Wort auf Japanisch, so habe ich meinen durch das Training gewonnenen Wortschatz nicht berücksichtigt; mit "Ogoshi", dem Begriff für einen Hüftwurf, hätte man bestimmt Konversationen führen können. Tatsächlich kommt man in Japan mit Englisch nicht sonderlich weit, und da ein Blinder im besten Fall nur Sender von nonverbaler Sprache sein kann, empfiehlt es sich schnell, die Sprache zu erlernen.
2017 habe ich meine erste Medaille bei den Männern, nämlich eine Bronze-Medaille bei der EM, gewonnen. Das war der Moment, in dem ich das erste Mal wagte, von Tokio und den Paralympics 2020 zu träumen. Seitdem war ich von Japan und der japanischen Kultur fasziniert. Ich versuchte durch einen Freiwilligendienst nach Japan in die Hauptstadt des Judos, nach Tenri, zu kommen. Das klappte leider nicht und ich begann ein Germanistikstudium, um mit Hilfe dessen nach Japan reisen zu können. Dieser Plan ging auf und mein Traum, Japan zu bereisen, ging tatsächlich in Erfüllung.
2018 hatte sich der Traum von Tokio schon immer mehr gefestigt. Ich dachte mir, wenn ich wirklich bei den Paralympics in Japan kämpfen sollte, will ich auch das Land, die Menschen, die Kultur und die Sprache kennenlernen. Der Sprache habe ich mich an einer Universität in Tenri gewidmet. Meinen Unterhalt verdiente ich mir damit, den Professoren für deutsche Sprache in Japan zu assistieren und Privatstunden zu geben, wobei mir mein Germanistikstudium hoch angerechnet wurde. Nebenbei habe ich immer wieder Vorträge zu verschiedenen Themen gehalten, z.B. zum Thema "Euthanasie" im Dritten Reich im Rahmen einer Vorlesung zur europäischen Geschichte.
Um die Kultur und die Menschen kennenzulernen, lebte ich in japanischen Familien und war viel unterwegs, um möglichst viel zu sehen, wobei mir klar wurde, dass ein halbes Jahr viel zu wenig Zeit ist, um einen umfassenden Überblick zu bekommen.
Neben dem Sammeln von Eindrücken durfte natürlich auch das Judotraining nicht zu kurz kommen und ich trainierte dort mit zwei amtierenden Weltmeistern sowie mit einem Olympiasieger. In dieser Zeit wurde mir klar, dass ich mein Studium Richtung Psychologie ausrichten wollte. Zurück in Deutschland zog ich nach Hannover, den Ort des Olympiastützpunkts, und legte damit meinen Fokus komplett auf den Sport und auf das Ziel der Paralympics 2020. Damals war ich noch der einzige Blinde am Stützpunkt. 2019 begann ich als Stipendiat an der SRH Fernhochschule - The Mobile University ein Fernstudium im Fachbereich Psychologie.
Über meine Zeit in Japan spreche ich ausführlicher in dem Halbekartoffel Podcast, der auf meiner Homepage zu finden ist.
Das Coronavirus stellt zurzeit den Alltag aller Menschen komplett auf den Kopf. Für Sportler erschweren sich durch die Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Spiele die Jahresplanungen. Zuversicht, Flexibilität und Geduld sind demnach gefragter denn je. Letzten Endes ist das Ziel nicht verloren gegangen, nur die Jahreszahl wird ungerade, aber welcher Weg verläuft schon geradlinig? Bis der Olympiastützpunkt wieder geöffnet werden darf, versuche ich, mich mit Tandemfahren und einfachen Sportgeräten fit zu halten. Japanische Judo-Lehrer haben uns glücklicherweise Techniken hinterlassen, mit denen wir ohne jeden Partner Bewegungsabläufe üben können (Tandoku Renshu - "alleine üben"), die werden sonst oft nur zum Aufwärmen genutzt. Die Lehrer wussten wohl schon, dass es die idealen Trainingsbedingungen nicht immer gibt.
Zum Autor
Der 1997 im Jemen geborene Shugaa (sprich: "Tschut-tscha") Nashwan gehört der Deutschen Paralympischen Mannschaft Judo an. Seine Leidenschaft für Judo entdeckte er während seiner Schulzeit an der Marburger blista, wo er sein Abitur ablegte. Der Leistungssportler mit Retinitis Pigmentosa, dessen Vorname übersetzt "Mut" bedeutet, scheut auch inklusive Wettkämpfe mit Sehenden nicht. Einblick in sein Leben als Sportler gibt er auf seiner Webseite http://www.Sugar-Nashwan.de, auf Facebook (http://www.facebook.com/JudoNashwan) und Instagram (http://www.instagram.com/sugarjudo). Kontakt per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Foto 1: Beim Training: Judoka Shugaa Nashwan (unten) mit HBRS-Landestrainer Markus Zaumbrecher. Foto: Reinhard Roskaritz [Der Autor liegt auf dem Rücken, ein Bein gehoben, die linke Hand an der Brust des Partners, der gerade kopfunter durch die Luft fliegt. Beide tragen weiße Judo-Anzüge mit schwarzen Gürteln.]
Foto 2: Beinmuskulaturtraining mit Pezziball. Foto: Funk @100percentme
Autorenfoto: Shugaa Nashwan. Foto: Reinhard Roskaritz [Shugaa Nashwan trägt einen weißen Judo-Anzug mit schwarzem Gürtel und lächelt. Seine dunklen Haare hat er zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden.]
Gezielte Talentförderung im Sport - blista wird mit dem Siegel "Schule des paralympischen Leistungssports" ausgezeichnet
Von Markus Zaumbrecher
Der Sport spielt eine besonders wichtige Rolle für junge Kinder und Jugendliche mit Seheinschränkungen oder Blindheit. Ob Bewegungskoordination oder Mobilisierung, ob Freizeit- und Breitensport oder Leistungssport, für jede Ausrichtung gibt es an der blista schon viele Jahre ein immer größer werdendes Spektrum an Sportangeboten. Neben dem Sportunterricht und den vielfältigen Sport-AGs wird auch die spezielle Förderung von leistungssportlich orientierten sehbehinderten bzw. blinden Schüler*innen immer weiter ausgebaut.
Die Entwicklung und das Aufwachsen junger Menschen verlaufen in vielfältiger Weise, so auch im Sport. Langjährige Erfahrungen mit Schüler*innen haben gezeigt, dass aus einem anfänglichen Interesse an einer Sportart und dem zunächst freizeitsportlich orientierten Praktizieren dieser, der Weg nicht selten bis in die internationale paralympische Spitze geführt hat.
In diesem Beitrag geht es nicht um den Breitensport, sondern um die neuen Entwicklungen an der blista im Leistungssport und die Etablierung einer zielorientierten Talentsichtung und Talentförderung sowie um den Weg über den Leistungssport bis hin zum paralympischen Spitzensport. Kernaufgabe ist es dabei, neben einer professionalisierten und konzeptuell verankerten Sportförderung, gleichzeitig eine fundierte und qualifizierende schulische und lebenspraktische Ausbildung von Schüler*innen zu gewährleisten. Schon viele Jahre ist auch der Nachwuchsleistungssport an der blista etabliert und wird in vielfältiger Weise gefördert. Neben Judo zählen auch Goalball und Blindenfußball zu den derzeit besonders erfolgreichen und konstanten Sportarten. Auch im Alpinski konnten Schüler*innen schon sensationelle internationale Erfolge verbuchen. Nicht nur die blista selber, die Carl-Strehl-Schule und das angeschlossene Internat unterstützen und fördern das große Sportangebot, sondern auch der Hessische Behinderten- und Rehabilitationssportverband (HBRS), die Sehgeschädigtensportgemeinschaft e.V. (SSG), der lokale Sportverein Sportfreunde Blau-Gelb Marburg e.V. sind Institutionen eines umfangreichen Kooperationsverbunds zur Förderung von Breiten- und Spitzensport.
Der blista angeschlossen ist ein paralympischer Stützpunkt Goalball und die Leistungsstützpunkte Para Judo und Blindenfußball. Die sportlichen Leistungen der vergangenen Jahre können sich sehen lassen. Im Mannschaftssport gewann das Goalballteam, dem auch Absolventen der Schule angehören, den EM-Titel. Im Blindenfußball wurde im vergangenen Jahr die Mannschaft der blista erneut Deutscher Meister und die Individualsportart Para Judo verzeichnete ebenfalls etliche nennenswerte Erfolge. Unser ehemaliger Schüler Shugaa Nashwan gewann bei den Senioren zum zweiten Mal EM-Bronze und konnte sich genauso wie Daniel Goral (Abitur 2019) für die Paralympischen Spiele in Tokyo qualifizieren. Tabea Müller (Abitur 2017) wurde bei den Normalsehenden Judoka Deutsche Vizemeisterin der Altersklasse der unter 21-Jährigen. Ebenso konnte im vergangenen Jahr die Para Judo Nachwuchsnationalmannschaft, die nur aus Schülern bzw. Ehemaligen der blista bestand, auf der Junioren-EM in Finnland die meisten Europameister-Titel erkämpfen und ist dadurch wiederholt in der Gesamtwertung der Nationen als erfolgreichstes Team hervorgegangen.
All diese sportlichen Erfolge und Höchstleistungen unserer Schüler*innen haben sich weit über die Grenzen Marburgs hinaus herumgesprochen und sind auch im Hessischen Kultusministerium und im Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport (HMdIS) registriert worden. So hatte die blista das Glück, eine besondere Unterstützung aus dem Landesprogramm "Talentsuche und Talentförderung" durch das Hessische Kultusministerium (unter Beteiligung des Hessischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes) zu erfahren. Seit dem Schuljahr 2019/2020 verfügt die Carl-Strehl-Schule über eine sogenannte Lehrertrainer-Stelle für den Para Leistungssport der Sportarten Para Judo, Goalball sowie Blindenfußball und wurde mit dem Siegel "Schule des paralympischen Leistungssports" ausgezeichnet.
Im Behindertensport ist eine derartige Maßnahme bundesweit wohl einzigartig und stellt damit ein hervorzuhebendes Novum dar. Die Förderung im Nachwuchsbereich wird dadurch institutionalisiert und eröffnet sportlichen Kindern und Jugendlichen mit Sehbehinderung oder Blindheit ganz besondere Chancen in ihrer Entwicklung. Kerngedanke ist es, sportlich talentierten Schüler*innen die sogenannte "Duale Karriere" zu ermöglichen, bei der neben der schulischen und lebenspraktischen Ausbildung auch eine leistungssportlich orientierte Entwicklung gefördert werden soll.
Derzeit arbeiten der Lehrertrainer, die Schulleitung und die Fachschaft Sport u.a. daran,
- Fördermaßnahmen für sportlich besonders talentierte Schüler und Schülerinnen im Bereich der Schwerpunktsportart Judo sowie im Goalball und Fußball auszubauen,
- qualifizierte Trainingsangebote im Rahmen des Schulalltags (vormittags, nachmittags) sowie verlässliche Betreuungsangebote für die in die Förderung eingebundenen Schülerinnen und Schüler einzurichten,
- an der Fördermaßnahme teilnehmende Kinder und Jugendliche in regelmäßiger Absprache mit Fachlehrkräften und Betreuern individuell pädagogisch zu begleiten,
- Sichtungsmaßnahmen durchzuführen und Strukturen der Talentförderung im Para Sport auszubauen,
- die "Duale Karriere" in den Bereichen Schule (einschließlich Internat) und Sport abzusichern und damit den leistungsbereiten Nachwuchssportler*innen einerseits einen erfolgreichen individuellen schulischen Bildungsgang zu ermöglichen und andererseits dabei gleichzeitig die leistungssportliche Entwicklung zu unterstützen.
Das Aufgabenfeld des Lehrertrainers umfasst neben der Durchführung von zielorientiertem Sportunterricht und dem Austausch mit anderen Lehrkräften oder Betreuern auch Aspekte wie etwa sportgerechte Ernährung, funktionales Krafttraining, Doping-Prävention und gesunde Lebensführung, vor allem aber auch den Auftrag, die Schüler*innen pädagogisch und mental auf ihrem Weg in den Leistungssport und auf die internationale Bühne zu begleiten und bei diesem Gang auch auf das Wohlergehen (Kindeswohl) zu achten. Um das Förderkonzept nachhaltig erfolgreich umzusetzen, sind auch Veränderungen oder Neuerungen zu ersinnen, die ggf. den Schul- und Internatsalltag tangieren. Neben dem Ausbau des Sportangebots müssen auch Entlastungsmöglichkeiten für diejenigen Schüler*innen gefunden und umgesetzt werden, die sich zeitintensiv sportlich betätigen.
In der Mittelstufe konnten durch die Anrechnungsmöglichkeit des Talentförderunterrichts als regulärer Sportunterricht und durch das Einrichten von Trainingszeiten im Schulzeitband schon erste Entlastungen gefunden werden. In der Qualifikationsphase der Oberstufe können talentierte und aussichtsreiche Sportler*innen vom Privileg der sogenannten Schulzeitstreckung profitieren. Faktisch verlängert sich dabei die zweijährige Oberstufenzeit auf drei Jahre, so dass zum Bewältigen des gleichen Lernpensums ein Jahr mehr zur Verfügung steht. Wer von dieser Schulzeitstreckung profitiert, hat dadurch über den ganzen dreijährigen Zeitraum hinweg ein Drittel mehr Zeit gewonnen, die zur Intensivierung des Trainings und zur Kompensation ggf. versäumter Lerninhalte, bedingt durch etwa Turnier- oder Lehrgangsabwesenheiten, genutzt werden kann.
Auch wenn schon sehr viel an der blista vorhanden ist, so geschieht die Schaffung leistungssportgerechter Strukturen nicht von heute auf morgen und nicht von alleine. Es handelt sich vielmehr um einen Entwicklungsprozess, der von Schüler*innen, Schule, Internat und dem ganzen Unterstützungssystem bedarfsorientiert im Sinne der "Dualen Karriere" geführt werden muss. Dieser Prozess ist gut angelaufen und das Förderkonzept wird von Schülerinnen und Schülern positiv angenommen. Mit der Auszeichnung der blista als "Schule des Paralympischen Leistungssports" und der Einrichtung einer Lehrertrainerstelle würdigen die Ministerien nicht nur die erfolgreiche Nachwuchsarbeit der letzten Jahre, sondern unterstreichen insbesondere den Stellenwert einer ganzheitlichen und entwicklungsgerechten Betreuung und Begleitung der jungen Athlet*innen.
Für weitere Fragen steht allen Interessierten ein Informations- und Beratungsangebot zur Verfügung. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zum Autor
Markus Zaumbrecher (6. Dan, Trainer-A Lizenz) ist Oberstudienrat an der blista und Lehrertrainer mit dem Schwerpunkt Para Judo. Bereits Mitte der 1990er-Jahre leitete er während seiner Studienzeit das Judo-Training im Hochschulsport. Seitdem engagiert er sich für die Nachwuchsförderung und die Integration sehbehinderter und blinder Judoka in den Wettkampf- und Regelsport. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Foto 1: Der SF Blau-Gelb blista Marburg beim Fußballspiel. Foto: blista
Foto 2: Judotraining in der blista-Sporthalle. Foto: blista [Zwei Jungen üben einen Schulterwurf. Im Hintergrund rechts Erwachsene in Judoanzügen, links ein Frauen-Zweierteam.]
Autorenfoto: Markus Zaumbrecher. Foto: privat. [Markus Zaumbrecher lächelt. Er hat kurze braune Haare, der Kragen eines weißen Judoanzugs ist zu sehen.]
Platte schieben nicht erlaubt: Showdown - ein Sport, der verbindet
Von Simon Janatzek
Von meinem ersten Ballkontakt bis zur Gründung des Leistungszentrums Showdown in Herne hat es über vier Jahre gedauert. Und weder meine Aus- und Weiterbildung am Ball noch das Leistungszentrum sind am Ende ihrer jeweiligen Entwicklung angekommen.
Das erste sehr anschauliche und begeisternde Schnuppertraining durfte ich im Showdown-Standort Frankfurt erleben. Aber ich habe, bedingt durch meinen Beruf als Hilfsmittelvertreiber und PC-Trainer vor Ort bei unseren Kunden, lange gezögert, mich zu festen Trainingszeiten bei einem wohnortnahen Showdown-Standort anzumelden. Der Standort Moers bot mir mit dem Angebot aus Wassersport für Blinde und Sehende und dem Bereich Showdown optimale Bedingungen, um meine Lust nach sportlichen Aktivitäten in verschiedenen Disziplinen zu befriedigen. Ab Sommer 2017 lernte ich, was es bedeutet, einen kleinen leichten rasselnden Ball mit einem Holzschläger möglichst in das Tor des Gegners zu befördern. Das ging so weit, dass wir nicht selten sechs und mehr Stunden an der Platte verbrachten und Ballkontrolle, das punktgenaue Zielen und Formen der Verteidigung, trainierten. Und ja, ich gebe es zu, selbst an Heiligabend und den Feiertagen tüftelten wir zu dritt an der Platte.
Ebenfalls Feuer und Flamme für Showdown ist meine Frau Tanja Janatzek. Sie ist sehend und spielt natürlich trotzdem, wie alle, unter der Dunkelbrille. Ihr gehört mein besonderer Dank, da sie alle meine Ideen bislang geduldig mitgetragen und unterstützt hat.
Bereits im Herbst 2017 reifte in mir der Gedanke, ein Leistungszentrum für Showdown zu gründen, in dem Turniere auf verschiedenen Spieltischen stattfinden können, aber auch Lehrgänge für Spieler und Schiedsrichter angeboten werden. Im Dezember 2017 war es dann so weit: Die erste Showdown-Platte wurde morgens um 6 Uhr aus Tschechien geliefert und in den ersten von mittlerweile drei Spielräumen geschoben. Allerdings ist es natürlich langweilig, immer nur zu zweit in Herne zu trainieren. Also fingen meine Frau und ich an, Werbung für den Showdown-Sport zu machen.
Wir erzählten jedem Kunden von dieser inklusiven Ballsportart und luden auch Gruppen von Lehrern, Schülern und aus verschiedenen Vereinen zu Probetrainings ein. So fanden z. B. Mitglieder des DVBS über ein Gruppenangebot der Bezirksgruppe NRW ihren Weg zum Standort Herne.
Für uns ist besonders der inklusive Gedanke des Showdown-Sports wichtig. Genau aus diesem Grund initiierten wir bereits im September 2018 das erste Turnier unter dem Namen Blind/Sehend. Die 20 Spielenden traten jeweils als Zweier-Teams an. Jedes Team musste dabei aus einem blinden und einem sehenden Spieler bestehen. Bei unserer ersten Umsetzung des inklusiven Spielansatzes ging es natürlich nicht darum, gar die Regeln des Showdown-Sportes neu zu schreiben. Vielmehr wollten wir den inklusiven Gedanken weiter in die breite Öffentlichkeit tragen.
Meiner Frau Tanja ist noch besonders die, wie sie es ausdrückt, "gelebte Inklusion" im Gedächtnis geblieben. Es sei natürlich ein Wettkampf gewesen, aber das Miteinander stand bei dieser Veranstaltung maßgeblich im Vordergrund. Grundsätzlich hebt sie hervor, dass beim Showdown nicht nur sehende und blinde Spielende unter der Dunkelbrille gemeinsam miteinander Sport betreiben können. Vielmehr sei Showdown der perfekte Sport, den auch Menschen mit weiteren Grunderkrankungen ausüben können. Meine Frau betreibt diesen Sport mit einer rheumatischen Erkrankung. Somit sind Höchstleistungen keinesfalls auf Abruf möglich und nach einem Turnierplan verfügbar. Brigitte Otto-Lange vom Standort Moers spielt mit viel Ehrgeiz mit einer zusätzlichen Hörbehinderung. Und so könnte die Liste weiter fortgeführt werden.
Seit etwa einem Jahr nimmt mein persönliches Restsehen stetig ab. Für den Showdown-Sport heißt das, dass ich meine Strategien, Spiele zu analysieren und Menschen praktische Tipps zu geben, nicht mehr nur auf visuelle Eindrücke stützen kann. Auch viele andere aktive Spielende befinden sich immer wieder in der Rolle des Coaches während eines Turniers. So wie Antje Samoray, die aktuelle deutsche Meisterin, wenn sie ihren sehenden Mann an der Platte unterstützt. Sie bereitet sich auf ihre Rolle als blinder Coach sehr bewusst vor, wie sie uns schildert:
"Die Perspektive als Coach neben der Platte ist eine ganz andere, als selbst zu spielen. Ich trainiere das aktive und aufmerksame Hören von "Außen" im Training sehr bewusst. Ich versuche stetig, mein Gehör zu schärfen, damit ich Schläge im Spiel noch besser differenzieren und so konkrete Anweisungen geben kann."
Aktuell gibt es in Herne jeden zweiten Samstag im Monat ein sehr gut besuchtes freies Training, zu dem Spieler aus ganz Deutschland kommen und bereits Anmeldungen aus dem benachbarten Ausland vorliegen.
Der Grundgedanke bei den freien Trainings ist, miteinander und voneinander zu lernen. Dazu setzen wir Anreize, sich selbst Aufgaben zu stellen, diese gemeinsam mit den anderen umzusetzen und sich gegenseitig zu fördern.
Der Ablauf eines freien Trainings sieht bislang so aus, dass wir vorab für alle die erste Spielpaarung vorgeben. Das erleichtert den konkreten Einstieg in den Trainingstag und schafft eine klare Verbindlichkeit. Dann bieten wir Spielaufgaben mit drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden zur freien Wahl an.
In den fest vorgegebenen Pausen erlebte ich bislang einen regen Austausch über Technik, über einzelne Spielsituationen, aber auch über unterschiedliche Herangehensweisen der einzelnen Standorte.
Spannend ist in dem Zusammenhang die Frage nach Unterschieden zwischen blinden und sehenden Aktiven. Kevin Barth, Teilnehmer der Showdown-Weltmeisterschaft 2019 und Spieler des Standortes Dortmund, meint hierzu, dass er schon einen Vorteil bei Sehenden erkennen würde: Das Erlernen und Ausführen von Schlägen ginge durchschnittlich schneller. Eliane Exner, sehende Trainerin und Spielerin des Standortes Düsseldorf, ergänzt, dass das Erlernen von Treffpunkten und das Abgucken von anderen im Wesentlichen den Unterschied ausmache. So hat denn auch der sehende Herner Neuling Sebastian Steffen innerhalb weniger Wochen eine Präzision entwickelt, für die die meisten nichtsehenden Spieler viele Monate oder gar Jahre benötigen. Warum er zum Showdown gefunden hat, erklärt er so:
"Weil ich die Herausforderung mag. Ich kenne das nicht, dass mir einer meiner Sinne fehlt und das reizt mich irgendwie. Es hilft mir, Blinde besser zu verstehen, mich besser in ihre Lage zu versetzen, und es gibt mir Hinweise dazu, wie ich jemandem am besten helfen kann, da ich blind spielend ja merke, was mir fehlt. Dazu kommt noch der Effekt, dass ich meinen Hörsinn damit verbessere. Außerdem macht es einfach nur Spaß mit den Menschen. Diese Herzlichkeit, mit der ich vor knapp einem halben Jahr aufgenommen wurde, war wirklich mega beeindruckend, und ich bereue es in keiner Weise; durch und durch Weltklasse Menschen, die mir viel mehr gegeben haben, als ich es ihnen jemals zurückgeben kann."
In der wöchentlichen Trainingssteuerung lege ich großen Wert auf direkte Rückmeldungen an die Spieler. In einzelnen Spielen korrigiere oder bestätige ich die ausgeführten Schläge direkt in den jeweiligen Situationen. Dieses Vorgehen habe ich mir bei Eliane Exner und ihren Trainings quasi abgeguckt. Somit hat sie nicht nur mein eigenes Spiel entscheidend in den letzten zwei Jahren weiterentwickelt, sondern auch meine Fähigkeiten der Wissensvermittlung auf eine wesentlich breitere Basis gestellt, wofür ihr mein Dank sicher ist.
Zu einzelnen Schlägen führen wir am Standort Herne Spielerstatistiken, wer welchen Schlag bereits besonders gut wiederholt ausführen kann. Aber auch bei diesen Dingen steht bei uns immer der Spaß im Vordergrund.
Was es heißt, bereits den jüngsten Showdownies unter uns eine Spielidee mitzugeben und die einzelnen Schläge mit viel pädagogischem Geschick und immer mit genau diesem Spaß zu vermitteln, durfte ich schon mehrfach in der Johanniter-Schule in Duisburg miterleben. Als quasi Praktikant durfte ich erfahren, wie Andreas Schmitz, Lehrer an der Schule, selbst Spieler und Trainer am Showdown-Standort Dortmund, dem Nachwuchs das Spielsystem erklärte und mit viel Ruhe und Geduld, dem individuellen Niveau des Einzelnen angepasst, die Abwehr und einzelne Schläge vermittelte.
Neben zwei Jugendturnieren fanden am Standort Herne viele weitere Showdown-Veranstaltungen statt: Es waren bislang Landesmeisterschaften und Vorbereitungstrainings für Deutsche Meisterschaften und Internationale Turniere wie Welt- und Europameisterschaften. Der Schiedsrichternachwuchs konnte im November 2019 in unseren Räumen seine ersten Spiele bei einem Lehrgang pfeifen.
Als erfahrenen Schiedsrichter und nicht minder versierten Spieler habe ich Dr. Christian Siegemeyer gefragt, worin für ihn der Reiz liegt, genau diesen inklusiven Sport in beiden Funktionen auszuüben:
"Gerade als Sehender finde ich Showdown sehr spannend, weil ich in diesem Sport in eine für mich andere Wahrnehmungswelt eintauche. Dadurch, dass den Spielern sämtliche visuellen Informationen fehlen, eröffnen sich vor allem taktisch ganz andere Möglichkeiten, als wenn Showdown sehend gespielt werden würde. In der Rolle des Schiedsrichters erlebe ich Showdown als eine gute Charakterschulung. Besonders faszinierend finde ich, dass das Spiel in seiner Konzeption und vom Regelwerk her total simpel, aber technisch und taktisch unglaublich komplex ist, was meiner Meinung nach unter anderem daran liegt, dass Showdown blind gespielt wird."
Da natürlich auch der Showdown-Sport in der Zeit der Corona-Krise in den Vereinen nicht stattfindet, kann ich hier drei Alternativen nennen: Neben der üblichen Fitness können konkrete Übungen zur Ballkontrolle zuhause durchgeführt werden. Einen Schläger und einen Showdown-Ball vorausgesetzt, kann die Fertigkeit, den Ball z. B. auf einer glatten Oberfläche wie einem Tisch mit dem Schläger zu führen, trainiert werden. Da mir allerdings noch kein Showdown-Ball mit Kopfhöreranschluss oder Bluetooth entgegengerollt ist, bitte ich um Rücksichtnahme auf eventuell im Haushalt lebende Mitbewohner. Vereinzelt sind Spieler bekannt, welche über eine eigene Showdown-Platte verfügen. Der zehnjährige Julian Kai aus Dinslaken beispielsweise hat im Keller ein solches Spielgerät stehen und kann so seine Fähigkeiten jederzeit weiter festigen. Somit steht außer Frage, dass ein Spieler im mittleren Showdown-Alter wie ich sicherlich in naher Zukunft gegen den so fleißig lernenden Nachwuchs alt aussehen wird.
Für die Herner Spieler habe ich zudem das nicht ganz ernst gemeinte Spiel Shutdown entworfen. Hier wird ausgewürfelt, wer angreift, wer wie abwehrt und ob ein Tor fällt oder nicht. Obwohl scheinbar nur ein Spiel, wird so die Fähigkeit verbessert, sich die Wege des Balles auf dem 3,60 Meter langen Spielgerät vorzustellen. Die Regeln und der erste gespielte Satz sind auf der Webseite des Leistungszentrums Showdown Herne unter www.showdown-herne.de vorhanden. Das Spiel kann live am Telefon, über WhatsApp oder über alle weiteren Wege der aktuell möglichen Kommunikation gespielt werden.
Wer nun Lust hat, Showdown auszuprobieren, findet auf der Webseite des Showdown-Verband Deutschland SVD (www.showdown-germany.de) eine Liste aller Standorte in Deutschland. Und immer dran denken: Platte schieben unerwünscht, falls das der Schiedsrichter sieht, gibt es eine Verwarnung, und auch Strafpunkte sind möglich.
Zum Autor
Simon Janatzek ist 44 Jahre alt und lebt in Herne. Er ist Inhaber des Büros für Barrierefreie Bildung und gründete 2018 das Leistungszentrum Showdown Herne.
Foto 1: Tack Tack Tor! Melanie Kleinhempel und Dagmar Hahn spielen Showdown. Foto: privat
Pack-Poi - Eine aufstrebende Sportart für blinde und sehbehinderte Menschen
Von Marc-Eric Peter
Die Sonne scheint über den Marktplatz in Würzburg, Passanten eilen vorbei, Touristen kreuzen den Weg, ratternd fährt eine Straßenbahn vorbei. Doch was ist das? Auf dem Platz steht eine Gruppe von rund 15 Personen, die bunte Bänder, an denen eine Plastikkugel hängt, umherwirbeln. Die fröhlichen Menschen schleudern Schnüre mit Bällen und Bändern in kreisförmigen Bewegungen um ihre Körper. Zum Teil wirbeln sie die Bänder vor sich her, dann aber auch seitlich rechts und links, zwischendrin auch mal in Kniehöhe oder über ihren Köpfen, und manchmal scheinen sie die Bänder sogar schmetterlingsförmig ineinander zu verweben. Die Freude an diesem Sport ist bei allen sichtlich zu spüren.
Es sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Pack-Poi-Workshops, zu dem der DBSV ins Haus Klara im Kloster Oberzell bei Würzburg eingeladen hatte. Die Kursleiter Friedrich Kühnle und Uwe Mögel hatten gleich nach der Begrüßung eine kurze Theoriestunde über das Poi-Spiel gegeben. Bald schon durften alle mit den Pois zu entsprechender Musik frei und unbeschwert hin- und herschwingen. Da der Workshop in einer hohen Halle stattfand, mussten gerade die blinden Teilnehmer unter uns keine Angst haben, eine Deckenlampe oder eine andere Person zu treffen oder die Pois gegen einen Gegenstand zu schleudern. Im Rahmen des Pack-Poi-Wochenendes wurden dann natürlich auch Choreographien erarbeitet.
Aber nun zu der Beschreibung der Pois: Es sind zwei stärkere Seile, die jeweils an einem der Enden zwei Schlaufen für den Zeige- und Mittelfinger haben. Tastet man am Seil etwas weiter hinunter, fühlt man einen Plastikball mit schmalen Ritzen, in die bei Bedarf Bänder eingesteckt werden können. Am Ende des Seils, hinter den Bällen, befinden sich teils farbige, teils regenbogenfarben-bunte Bänder. Als Spieler steckt man die Zeige- und Mittelfinger jeder Hand in die Schlaufen eines Pois.
Es ist eine neue und schöne Art von Freiheit, diese Pois zu schwingen. Der Poi-Sport kommt ursprünglich von den Maori aus Neuseeland. Die Theorie, die dahinter steht, ist, dass durch das Schwingen der Arme Synapsen im Gehirn erweckt und neu durchblutet werden. Gleichzeitig fördert das Poi-Spiel die körperliche Fitness, weil man zu den beschwingten Klängen der Musik oft in die Knie geht und neben den kreisenden Armen den gesamten Körper einsetzt, um in eine rhythmische Bewegung zu kommen.
Mich persönlich hat an diesem Workshop der Pack-Poi-Virus gepackt und ich habe in jeder Kaffeepause des Kurses auf das Heißgetränk verzichtet, um mich mit den Pois zu beschäftigen. Poi-Spielen fördert das Gemeinschaftsgefühl, denn durch die Zusammenarbeit und Choreographie der Gruppe entsteht beim gemeinsamen Schwingen ein buntes Bild, das gute Laune macht.
Der Poi-Sport ist eventuell auch für ältere Menschen geeignet, die an Demenz leiden, da durch die Armbewegung das Gehirn wieder neu durchblutet und die Motorik geschult wird. Aber vor allem ist das Spiel eine wiedergefundene Freiheit für sehbehinderte und blinde Menschen, die sich völlig ungezwungen zur Musik mit den schwingenden Pois verbinden.
Habe ich Ihr Interesse geweckt? Dann würde ich mich sehr freuen, wenn die Pack-Poi-Gemeinschaft weiter wächst und viele Menschen dieses Spiel- und Sportgerät kennen- und schätzen lernen.
Die Pois werden in einer Behindertenwerkstatt in Schwäbisch Hall gefertigt und kosten pro Paar 48,00 €. Der DBSV plant in diesem Jahr einen weiteren Poi-Workshop für neue Interessenten oder "alte Hasen" (siehe www.dbsv.org/files/blindheit-sehbehinderung/PoiSportWorkshop6-2020Wuerzburg.docx. Eine Idee der Veranstalter ist, die Pois diesmal vielleicht auch mit Feuer zu verbinden und mit Flammen zu schwingen.
Zum Autor
Neben seinem Beruf als Schreibkraft am Amtsgericht Hanau sowie als Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen engagiert sich Marc-Eric Peter als Blickpunkt Auge Berater. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Autorenfoto Marc-Eric Peter. Foto: privat [Außenaufnahme: Marc-Eric Peter schwingt zwei Pois und lächelt.]
Den Rasselball laufen lassen: Blindenfußball überwindet Grenzen
Von Rasmus Narjes
Wir stehen Arm an Arm - hören, sind angespannt, das Herz rast, der Guide klopft die Pfosten ab, der Schiedsrichter pfeift an - der Schuss - der Ball prallt gegen den Torwart und ...
Riesenjubel! Gehalten! Deutscher Meister! Alle rennen auf unseren Torwart zu und umarmen ihn. Wir hüpfen, singen und tanzen und unser Herz schwebt im größten Fußballhimmel. Der FC St. Pauli Blindenfußball ist gerade Deutscher Meister 2017 geworden, da wir gerade das Penaltyschießen gewonnen haben. Schnell gehen wir aber auch zur unterlegenen Mannschaft, beglückwünschen und trösten sie. Als hätten wir bereits geahnt, dass wir zwei Jahre später, gegen die gleiche Mannschaft, Blista Marburg, das Endspiel der Blindenfußballbundesliga verlieren sollten, ebenfalls nach Penaltyschießen.
Ich bin Kapitän des FC St. Pauli im Blindenfußball, 20 Jahre alt, vollblind, und ich war bei diesen beiden dramatischen Spielen dabei. Bei unserem Meistertriumph habe ich meinen Penalty verwandelt, bei unserer Niederlage zwei Jahre später dagegen verschoss ich - so unterschiedlich können die Gefühlswelten sein.
Was ist Blindenfußball?
Blindenfußball spielt man für gewöhnlich auf einem Kunstrasenplatz, 40 x 20 Meter groß mit Seitenbanden. Wir schießen auf Hockeytore in der Größe von 3,66 x 2,14 Meter. Es spielen vier gegen vier Feldspieler, die nichts sehen dürfen. Dafür sorgt eine Dunkelbrille und Eyepads (Augenpflaster). Auch Personen, die eine starke Sehbehinderung haben, dürfen Blindenfußball spielen, deshalb auch die Augenpflaster und die Dunkelbrille.
Und der Ball? Der rasselt, ist also hörbar. Dafür sorgen Linsen mit Metallkugeln, die im Ball fixiert sind. Der Torwart kann sehen, darf aber seinen Torwartraum, der nur bis zwei Meter vor dem Tor reicht, nicht verlassen. Dazu steht hinter dem gegnerischen Tor ein Guide, der die Stürmer zum Tor ruft, also eine akustische Hilfe für den Torschuss darstellt. An der Seitenbande steht außerdem ein Trainer, der Anweisungen, z. B. für die Taktik, geben kann. Das wichtigste Wort im Blindenfußball ist "Voy!" und heißt auf Spanisch "Ich komme". Die Spieler, die den Ball nicht haben, sind nicht hörbar und müssen sich mit diesem Wort bemerkbar machen.
Wie läuft ein Blindenfußballspiel ab?
Natürlich wird sich zunächst vor dem Spiel aufgewärmt. Dann kontrolliert der Schiedsrichter die Eyepads jedes Spielers, denn alle sollen gleichblind sein. Man schwört sich dann noch einmal im Mannschaftskreis ein - und dann beginnt das Spiel. Unsere Spielzeit sind 2 mal 20 Minuten, wobei alle Spiel-Unterbrechungen gestoppt werden.
Im Spiel sieht man vor allem Dribblings der Spieler; damit wir den Ball gut kontrollieren können, führen wir ihn eng zwischen den Füßen. Mit dem Balldribbling versuchen wir, unsere gegnerischen Spieler auszutricksen und mit Richtungswechseln und schnellen Antritten an der Abwehr vorbei zu kommen, um wenn möglich aufs Tor zu schießen. Ganz wichtig ist aber auch das Passspiel, mit dem wir Ball und Gegner laufen lassen können. Dafür notwendig ist eine sehr gute Kommunikation "Ich bin hier", "Ball kommt", "Hab den Ball sicher", aber auch eine sichere Ballannahme, wenn möglich mit einem Fuß, die jahrelanges Training erfordert. Es ist sehr von Vorteil, wenn man immer genau weiß, wo die Mitspieler sich befinden, sonst nimmt man sich womöglich selbst noch den Ball weg oder behindert sich. Der Guide und der Trainer spielen im Offensivspiel eine entscheidende Rolle, sie sagen z. B., ob der Pass- oder Dribbelweg frei ist, oder wo der Raum sich befindet. Auch Spielzüge können von ihnen angesagt werden.
Für die verbale Defensivarbeit ist vor allem der Torwart zuständig: Er stellt die Abwehr, sagt, wer den Stürmer angreifen soll, oder wo sich weitere Gegenspieler befinden. Im Spiel fallen genauso Tore wie beim Fußball, es gibt aber auch Fouls. Bei einem Vergehen im Sechsmeter-Strafraum gibt es einen Penalty aus sechs Metern, da ist die Torwahrscheinlichkeit schon recht groß.
Das Spiel ist vom ständigen Umschalten von Offensive auf Defensive geprägt, von schnellen Dribblings, Pässen, Freistößen, aber auch von manchmal harten Zweikämpfen zwischen dem Stürmer und dem Abwehrspieler. Es geht körperlich schon zur Sache, aber man lernt dadurch auch, ein gutes Körpergefühl zu gewinnen. Insgesamt treffen beim Blindenfußball die physische Anstrengung, aber auch die Belastung im Kopf, die Konzentration aufeinander. Es gibt so viele Dinge, auf die man bei diesem Sport achten muss. Und natürlich kommt noch die Emotion dazu, bei Siegen wie auch bei Niederlagen - das ist nicht anders als bei anderen Sportarten auch.
Was gibt mir Blindenfußball?
Ich fühle mich frei und kann mich auf dem Fußballfeld total frei bewegen. Mit dem Ball kann ich machen, was ich möchte. Dabei ist es toll, für eine Mannschaft einstehen zu können. Es fühlt sich großartig an, neue Ziele vor Augen zu haben, sich mit der Mannschaft immer weiter zu entwickeln und Erfolge einzufahren. Es stärkt die Persönlichkeit, mit Siegen, aber auch mit Niederlagen im Team umzugehen. Am Ende eines jeden Spiels oder Trainings ist man immer total erschöpft, aber auch glücklich, sich ausgepowert zu haben und seinen Stress richtig abgebaut zu haben. Letztendlich bekomme ich durch Blindenfußball auch viel Selbstbewusstsein, mich im Alltag durchzusetzen und mich zu integrieren - vor allem in der jugendlichen Zeit hat mir das bei den pubertären Mitschülern in der Regelschule sehr geholfen.
Wie bin ich zum Blindenfußball gekommen?
Als ich ungefähr acht Jahre alt war, habe ich angefangen, im Radio die ARD Schlusskonferenz zu hören. Ich fing richtig an, mich für Fußball zu interessieren. Natürlich träumte ich auch davon, selbst den Ball rollen zu lassen. Meine Eltern merkten das und fuhren mit mir nach Hannover zu einem Workshop, den der damalige Bundestrainer leitete. Er zeigte mir das erste Mal den Blindenfußball, danach war ich Feuer und Flamme. Zunächst trainierte ich ein paar Jahre in Niedersachsen, bevor ich mit zwölf Jahren nach Hamburg zum FC St. Pauli kam. Dort lernte ich zum ersten Mal das richtige Blindenfußballfeld kennen, zog Schienbeinschoner an. Meine ersten Turniere folgten, und mit 12 Jahren spielte ich zum ersten Mal Bundesliga, gegen erwachsene Männer. So langsam entwickelte ich mich weiter. 2015 wurde ich Kapitän des FC St. Pauli. In diesem Jahr fragte dann die Nationalmannschaft, ob ich mit zur EM nach England kommen möchte, da so viele verletzt waren, das war natürlich ein Wahnsinnserlebnis für mich. Seitdem bin ich Nationalspieler und nahm bereits an zwei weiteren Europameisterschaften teil. 2017 wurden wir, wie bereits erwähnt, Deutscher Meister und gewannen danach weitere Turniere, aber die eigentliche Hauptsache für mich ist, Fußball spielen zu können und in einem Team zu sein!
Blindenfußball schafft Erlebnisse
Dieser Sport hat mir schon viele Erlebnisse geschenkt. Da wir in der Blindenfußball-Bundesliga spielen, müssen wir zu unseren Spielen durch ganz Deutschland reisen. Zwar wohne ich mittlerweile zum Jurastudium in Hamburg, wohnte aber bis zum Abitur bei meiner Familie in Bispingen (Niedersachsen) auf dem platten Land. Da bin ich durch den Blindenfußball das erste Mal so richtig rumgekommen: Ich lernte kennen, wie man mit der Bahn reist und habe viele Städte wie Marburg, Gelsenkirchen oder Stuttgart kennen gelernt. Die langen Bahnreisen mit der Mannschaft schweißen auch zusammen. Jedes Jahr reisen wir vom FC St. Pauli zum internationalen Turnier nach Tschechien, ich glaube, da waren schon Teams aus 20 verschiedenen Ländern. Da kann man sich mit ganz verschiedenen Menschen austauschen und so viel Neues erfahren. Es wird Musik gemacht, zusammen gefeiert und neue Freundschaften gegründet - der Sport verbindet. Wir haben mit der Mannschaft in weiteren Ländern wie Türkei, Belgien oder Italien gespielt, mein Horizont hat sich dort sehr erweitert.
Außerdem hat mir der Blindenfußball ermöglicht, mich mit Blinden austauschen zu können - vorher hatte ich selten einen blinden Menschen gesehen. Es gab auf einmal gemeinsame Themen, die wir im Team hatten.
Auch mit der Nationalmannschaft hatte ich viele schöne Erlebnisse: 2015, bei meiner ersten EM in England, als 15-Jähriger, da bekommt man schon Gänsehaut. Oder 2017 bei der Heim-EM in Berlin, als hunderte deutsche Zuschauer einem zugejubelt haben - oder 2019, als wir uns in Italien gegen Frankreich einen richtigen Kampf auf dem Feld geliefert haben - und überhaupt, die Nationalhymne singen zu können und Deutschland zu repräsentieren, ist schon etwas Besonderes.
Man darf aber nicht vergessen, wir sind trotzdem nur Freizeitsportler. Ich studiere gerade Jura, versuche aber selbstständig so gut es geht zu trainieren, ob individuell, mit einem Sport-Studenten auf dem Uniplatz oder im Liga-Training. Vor dem Liga-Training komme ich auch gern zur inklusiv trainierenden Basisgruppe. Dort gehe ich gerne mit meinem Trainingspartner Henry aufs Feld und helfe ihm, sich weiter zu entwickeln und zu lernen.
Wenn Teamsport wegen der Corona-Krise nicht möglich ist und alle Sportplätze geschlossen sind, trainiere ich individuell. Es ist für mich einfach normal, beim Spazierengehen mit meinem Bruder den Ball mitzunehmen und so meine Ballfertigkeiten zu trainieren.
Fußball ist eine tolle Sportart, die weltumspannend Grenzen überwindet, Verständigung ermöglicht und einfach Spaß macht. Seid neugierig, rafft Euch auf, probiert aus und... "Lasst es rasseln!"
Zum Autor
Rasmus Narjes gehört zum Team Deutschland Paralympics. Neben Fußball pflegt er noch eine zweite Leidenschaft: Er spielt Orgel und gibt manchmal Konzerte. Sein Linktipp: Die Vereinswebseite http://fcstpauli.info/ mit vielen Infos sowie Video- und Audiomaterial. Der FC St. Pauli ist erreichbar per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Übrigens: Die Blindenfußball-Bundesliga soll am 12. September 2020 in Erfurt auf dem Domplatz wieder starten. Der Finalspieltag ist für den 24. Oktober in Magdeburg geplant. Aktuelle Infos gibt es unter https://blindenfussball.net
Foto 1: Die Mannschaft des FC St. Pauli Blindenfußball mit Trainer Wolf Schmidt (in rotem Shirt links) und Kapitän Rasmus Narjes (5. v. r.). Foto: Stefan Groenveld [Gruppenfoto im Tor.]
Autorenfoto: Rasmus Narjes. Foto: Stefan Groenveld [Rasmus Narjes hat kurze braune Haare und lächelt.]
Sportklettern als Freizeitbeschäftigung
Von Philipp Weiß
Klettern wird in verschiedene Disziplinen aufgeteilt. Während das technische Klettern mit Hilfsmitteln jeglicher Art (Holzleitern, Steigeisen, Eispickel o.ä.) bestritten wird, wird im "klassischen" Sportklettern bzw. Freiklettern nur der eigene Körper verwendet, um vorwärts bzw. aufwärts zu kommen. Das Seil, das Sicherungsgerät und Bohrhaken in der Wand dienen nur der Sicherung bei einem Sturz des Kletterers und nicht als Kletterhilfe für das Vorankommen. Das Sportklettern wird in zwei Bereiche aufgeteilt: Toprope-Klettern: Das Seil läuft vom Sichernden aus nach oben zum Routenende. Von dort durch eine Umlenkung zum Kletterer. Daher der aus dem Englischen abgeleitete Name "Toprope" - Seil von oben. Weiterhin das Vorstiegs-Klettern: Der Kletterer nimmt das Seil selbst mit und muss es in regelmäßigen Abständen selbst in die Zwischensicherungen einlegen.
Toprope-Klettern bietet eine Vielfalt an Erfahrungen
Beim Klettern machen fast alle ihre ersten Erfahrungen beim Toprope-Klettern, da im Falle eines Sturzes der Fall sehr kurz ist und durch die Dehnung des Seils unter Belastung sehr weich aufgefangen wird. Die Sturzhöhe ist hier abhängig von der Gesamtlänge des Seils, der Dehnung des Seils und der richtigen Bedienung des Sicherungsgerätes durch die sichernde Person. Im Idealfall, wenn der Sicherer alles richtig macht, ist ein Sturz nicht tiefer als 50 cm. Im Toprope-Klettern kann sich die kletternde Person daher ausschließlich auf das Klettern konzentrieren, für die Sicherheit sorgt die sichernde Person.
"Klettern ist für blinde und sehbehinderte Menschen eher eine günstige Möglichkeit sich sportlich und körperlich zu betätigen. Spezifische Orientierungsprobleme, wie sie sich z. B. in der Leichtathletik oder beim Skifahren ergeben und durch zusätzliche materielle oder personelle Hilfen gelöst werden, existieren beim Toprope-Klettern nicht. Klettern wird per se immer zu zweit betrieben und eine Bewegungsorientierung ergibt sich für Blinde ebenso wie für Sehende durch den gegebenen Seilverlauf. [...] So können Blinde unter denselben Bedingungen wie Sehende Toprope-Klettern und brauchen keine zusätzlichen Arrangements [...]. Diese Chance sollte genutzt werden." (Giese 2010)
Auch pädagogische Gründe sprechen für das Klettern mit blinden oder sehbeeinträchtigten Kindern. Das streckenweise Klettern und Bezwingen der Route an der Wand bedeutet selbst erarbeitete Unabhängigkeit. Ratschläge, Tipps von anderen oder das Vormachen eines Bewegungsablaufs sind in der Höhe sehr schwierig. Kletternde sind in dieser Situation auf sich alleine gestellt, abgesehen von der Sicherung. Die auftretenden (Bewegungs-)Probleme können meistens auf verschiedene Weisen gelöst werden und jede Weise ist "richtig", solange sie dazu führt, dass das obere Ende der Wand bzw. die Umlenkung erreicht wird.
Dieser Erfolg stärkt das Selbstbewusstsein und macht eine Wirksamkeit der eigenen Fähigkeit bzw. des eigenen Körpers erlebbar/begreifbar (vgl. Giese & Bietz, 2005). Durch die erlebte Selbstwirksamkeit erfahren die Kinder ihren Körper auf ganz neue Weisen. Sie spüren, dass sie alleine in der Lage sind, Ziele zu erreichen.
Zugleich kann der Begriff der (Raum-)Höhe ganz neu wahrgenommen bzw. begriffen werden. Durch die Begrenzung der Orientierung nach vorne und hinten durch die Wand und den offenen Raum, während der Bewegungsraum nach links und rechts durch das Toprope-Seil vorgegeben ist, können sich die Kletternden ganz auf die Erschließung der fehlenden Dimension, der Höhe, konzentrieren.
Gefordert sind vor allem die Hände und die Füße. Mit den Händen erfassen die Kletternden bei jedem Kletterzug verschiedene Untergründe und werten die Möglichkeiten eines Griffes aus. Hinzu kommt die Entscheidung, ob der Griff die Möglichkeit bietet, sich daran festzuhalten. Nicht jeder erreichbare Griff erlaubt es, das komplette Körpergewicht darauf zu lehnen bzw. bietet manchmal einfach nicht genug Stand- bzw. Haltefläche. So muss genau entschieden werden, in welcher Kombination mit anderen Griffen eine gute Haltemöglichkeit entsteht.
Beim Klettern sucht sich jeder seinen eigenen Schwierigkeitsgrad aus, in dem er sich wohlfühlt bzw. auf seine gewünschte Weise gefordert wird. Aufgrund des Toprope-Seils ist es jederzeit möglich, zu stoppen und abzubrechen oder einfach nur eine Pause zu machen und mit Erholung an der Route weiter zu probieren. So können Anfänger und Fortgeschrittene diesen Sport zusammen ausüben.
Auch wenn der aus dem Erlebnispädagogischen kommende Grundsatz "Challenge by Choice" dem Klettern innewohnt, ist es doch eine Aktivität, die eine Ernsthaftigkeit besitzt, die nicht konstruiert ist, denn der Kletterer legt seine eigene Sicherheit buchstäblich in die Hände des Sichernden. Der Sicherer muss bereit sein, diese Verantwortung zu übernehmen, und dafür sorgen, dass dem Kletterer im Falle eines Sturzes nichts passiert. Hierdurch werden Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein gefördert.
Das Toprope-Klettern ist auch ein sehr gutes Übungsfeld für soziale Kompetenzen. Bei richtiger Durchführung, die von den betreuungspflichtigen Personen jederzeit beaufsichtigt bzw. korrigiert werden muss, legt der Kletterer seine Sicherheit in die Hände des Sichernden. Wenn beide sich in dieser Situation wohlfühlen, stärkt dies den Zusammenhalt innerhalb der "Seilschaft" (als Seilschaft wird der Kletterer und der Sichernde bezeichnet, da sie durch das Seil miteinander verbunden sind und so gegenseitig aufeinander aufpassen müssen) sehr. Der Kletterer lernt so, dass er dem Sichernden absolut vertrauen kann, und das Selbstbewusstsein des Sichernden wird gestärkt, indem er gebraucht wird. Seilschaften passen im ganzen Kletterbetrieb gegenseitig aufeinander auf und müssen den jeweiligen anderen auf Fehler hinweisen, um einen sicheren Ablauf der gesamten Aktion zu gewährleisten. Die Kommunikation beschränkt sich dabei auf wenige Kommandos, welche aber zu jederzeit wichtig sind.
Erlernen der nötigen Techniken
Bevor das Einüben des richtigen Anziehens des Hüftgurtes begonnen wird, ist es wichtig, dass die blinden und sehbeeinträchtigten Kinder den Gurt einmal komplett "begreifen" bzw. erklärt bekommen. Es sollen hierbei alle wichtigen Elemente erfühlt und erklärt werden. Nur wenn genau klar ist, was die Beinschlaufen, der Hüftgurt, die Materialschlaufen und die Einbindeschlaufe sind und wozu sie dienen, ist es überhaupt möglich, den Gurt richtig sortiert vor sich auf den Boden zu legen. Ist der Gurt sortiert vor sich ausgebreitet, ist das An- und Festziehen des Gurtes dem Anziehen einer Hose sehr ähnlich und stellt daher wenige Probleme dar.
Das Erlernen des Sicherungsknotens ist ein Thema, das in Schulungen des Deutschen Alpenvereins (DAV) sehr visuell vonstatten geht. Beim Toprope-Klettern wird der gesteckte Achterknoten gelehrt, da dieser visuell sehr einfach kontrolliert werden kann. Seine klare Form erlaubt zugleich die Kontrolle über das Ertasten bzw. das Zählen der doppelten Schlaufen. Um den Knoten begreifbar zu machen, ist es wichtig, einen "fertigen" Achterknoten zu legen, ihn den Kindern zum Ertasten zu geben und zu erklären, welches Ende beim Klettern wohin gehört. Hierbei kann gleich aufgezeigt werden, welche Schlaufen gezählt werden und wo die Seile parallel zueinander laufen müssen. Nachdem der fertige Knoten ertastet wurde, wird er Schritt für Schritt neu gelegt und die Kinder können jeden Schritt erfühlen.
Die richtige Handhabung des Sicherungsgerätes ist der Punkt, der für den Fall des eigenständigen Sicherns beherrscht werden muss. Nach aktueller Lehrmeinung des DAV sollen für Ausbildungszwecke nur noch "halb automatische" bzw. "Bremskraft verstärkende" Sicherungsgeräte verwendet werden. Diese haben den Vorteil, dass das "Bremsseil" und das "Partnerseil" an zwei unterschiedlichen Stellen (das Bremsseil läuft vom Gerät Richtung Boden und das Partnerseil Richtung Umlenkung nach oben) im Gerät herauskommen und dadurch auch sehr gut erfühlt werden können. Der Sichernde muss dafür sorgen, dass das Partnerseil zu jeder Zeit gespannt ist und seine Bremshand niemals das Bremsseil loslässt. Bei sehbeeinträchtigten Personen kann die notwendige Bewegung durch Vormachen deutlich gemacht werden, bei blinden Menschen ist es nötig, die Bewegung zu erklären und danach zu führen. Um die Unfallwahrscheinlichkeit möglichst gering zu halten, wird von der JDAV (Jugendabteilung des Deutschen Alpenvereins) bei Kindern und Anfängern immer mit "Hintersicherung", also einer weiteren Person hinter dem Sichernden, gearbeitet. Dadurch wird sichergestellt, dass selbst bei einer Fehlbedienung durch den Sichernden das Bremsseil festgehalten wird und im Falle eines Sturzes dem Kletterer nichts passiert. Sobald die Bewegungen fließend beherrscht werden, können die Kinder unter Aufsicht eines ausgebildeten Trainers in Zweierseilschaften selbstständig Sichern und Klettern.
Sportklettern ohne sehende Unterstützung
Wenn alle Grundlagen beherrscht werden, gibt es aus Sicherheitsaspekten heraus keinen Grund, weshalb blinde und sehbeeinträchtigte Personen nicht klettern dürften. Allerdings setzt der DAV für jeden Besucher einer Kletterhalle einen DAV Toprope-Kletterschein voraus, den man innerhalb eines 3 mal 3-stündigen Kurses erwerben kann. Da das Lernen der Knoten, die Handhabung des Sicherungsgerätes und das Anziehen des Gurtes bei der Vermittlung wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als vom DAV vorgesehen, wird es für blinde und sehbeeinträchtigte Personen schwer, einen Kurs beim DAV erfolgreich abzuschließen. Es wäre allerdings möglich, die nötigen Fähigkeiten innerhalb einer AG zu lernen, um anschließend unter Beaufsichtigung eines Trainers selbstständig klettern zu gehen. Auch könnte es schwierig werden, sich in einer gut gefüllten Kletterhalle selbstständig zu orientieren bzw. den Überblick zu behalten, welche Routen gefahrlos begangen werden können.
Eine Freizeit Kletter-AG sinnvoll anbieten
Eine Kletter-AG, wie sie die Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista) anbietet, muss auf personeller Ebene gut aufgestellt sein. Jede Betreuungsperson muss über einen DAV Toprope-Kletterschein verfügen, der es erlaubt in der Kletterhalle sichern zu dürfen bzw. das notwendige Know-how vermittelt. Sobald es darum geht, dass die Kinder auch selbstständig sichern lernen sollen, ist es unverzichtbar, dass mindestens eine der anwesenden Betreuungspersonen einen DAV Kletterbetreuerschein hat. Dieser erlaubt das Lehren von Sicherungstechniken, Knoten und allem notwendigen Wissen, was gebraucht wird, um z. B. einen Toprope-Schein abzunehmen bzw. Kinder, Jugendliche und Anfänger beim selbstständigen Klettern zu beaufsichtigen.
Eine Kletter-AG sollte nicht nur offen sein für Jugendliche, die sportlich schon aktiv sind, sondern vor allem "unsportlichen" Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, einen Sport auszuprobieren, der erst mal ohne Wettkampf-Charakter auskommt und von jedem auf seiner eigenen Leistungsebene ausgeführt werden kann.
Literatur
- Giese, Martin (2010): Sport- und Bewegungsunterricht mit Blinden und Sehbehinderten. Band 2: Praktische Handreichungen für den Unterricht. Meyer & Meyer Verlag
- Giese, Martin & Bietz, Jörg: Klettern mit Blinden? Aber Sicher! Balanceakt zwischen blindem Vertrauen und Selbstvertrauen. In: Motorik, Zeitschrift für Psychomotorik in Entwicklung, Bildung und Gesundheit - München. 28 (2005) S. 102 - 111
Zum Autor
Philipp Weiß ist pädagogischer Mitarbeiter im Internat der Deutschen Blindenstudienanstalt e.V. (blista) und Mitglied des Teams der Kletter-AG. Der vorliegende Artikel ist die gekürzte Fassung einer Hausarbeit im Rahmen des Zertifikatskurses "Grundlagen inklusiver Pädagogik bei Blindheit und Sehbehinderung" zum Thema Pädagogik und Inklusion.
Foto 1: In der Kletterhalle. Foto: blista [Ein junger Mann klettert, gesichert durch ein Seil, an der Kletterwand.]
Foto 2: An der Kletterwand. Foto: blista [Eine junge Frau steigt lächelnd an den Vorsprüngen der Kletterwand empor.]
Sportliche "Beiträge" - ein historischer Überblick
Von Jochen Schäfer
Die "Marburger Beiträge" beschäftigen sich seit 90 Jahren mehr oder weniger regelmäßig mit sportlichen Aktivitäten, zunächst hauptsächlich im Zusammenhang mit Unterricht und Pädagogik, ab den 1970er Jahren aber auch anders, wie der vorliegende Überblick darstellt. Er zeigt auch, dass es ein langer Weg war bis zur heute weitgehend selbstverständlichen sportlichen Inklusion.
Die Anfänge: "Blinde im Sportleben" vs. "Körperliche Ertüchtigung"
Der erste "Beitrag" ist ein abgedruckter Artikel aus der "Kölnischen Zeitung" vom November 1929, verfasst vom damals sehr populären blinden Schriftsteller Oskar Baum aus Prag; sein Titel: "Blinde im Sportleben" (siehe "Beiträge zum Blindenbildungswesen", Heft 11/1930 in Punktschrift, PS). Darin berichtet Baum, dass Blinde schon damals in verschiedenen Disziplinen (z. B. Leichtathletik, Schwimmen) aktiv und einige sogar bei Meisterschaften erfolgreich waren. Außerdem geht er auf den Sportunterricht in den "Blindenanstalten" ein.
1933 begann eine andere Zeit, was sich auch in diesem Bereich auswirkte. In Heft 12/1933 (PS) erfahren wir, dass es von nun an Pflicht war, Sportkurse zu absolvieren, bevor sich junge Leute zu einem Studium anmeldeten. - "Da es aber unmöglich ist, den oder die Blinden an einer Universität in die allgemeine Turngemeinschaft einzugliedern, wenn diese dadurch nicht gestört werden soll, und wenn man die Verantwortung des Turnlehrers nicht übermäßig belasten will", wurden in Marburg spezielle Sportkurse für Blinde eingerichtet.
In diesen Jahren liest man viel über "Körperliche Ertüchtigung der Blinden" und die Methoden des Sportunterrichts, u. a. in der Blindenstudienanstalt. Barbara Staude z. B. schrieb 1939 einen sehr ausführlichen Beitrag über "Die körperliche Erziehung in den Blindenschulen" (In Punktschrift: Hefte 2 und 3, in Schwarzschrift: Heft 2). Manche Autoren sahen sportliche Betätigung auch als Möglichkeit zur Stärkung der Widerstandskraft und Leistungsfähigkeit. Der letzte sportliche "Beitrag" des 2. Weltkrieges stammt aus dem Jahr 1942 und schlägt etwas aus der Art. Rolf Krauskopf berichtet darin nämlich vom Sportfest der Marburger Blindenstudienanstalt ("Marburger Beiträge, MB" 1942, H. 7/8 PS).
Erst Anfang der 1970er Jahre ging es mit regelmäßiger "Sportberichterstattung" weiter. Und warum?
VSG/SSG, Skilauf
1970 wurde die "Versehrtensportgemeinschaft Blindenstudienanstalt, VSG Blista" gegründet, die erst 1980 ihren bis heute gültigen Namen "Sehgeschädigtensportgemeinschaft Blindenstudienanstalt, SSG Blista" erhielt. Ab 1971 finden wir regelmäßige Berichte über Aktivitäten in verschiedenen Disziplinen, besonders Torball, meistens geschrieben von Jochen Fischer, dem bekannten sehenden Mobilitätstrainer und Sportförderer, aber auch von blinden Athleten, beispielsweise Manfred Scharbach.
1970/71 nahm man sich auch erstmals des Blinden-Skisports an (siehe "Skilauf auch für Blinde" in MB 1/1971 [PS] sowie Peter Staubach: "Zweiter Blinden-Skikurs im Oberharz", MB 1/1972 / horus 2/1972). Wenig später forderte Klaus Hahn: "Mehr Engagement für den Blindenskisport" (MB/horus 1/1973).
Ein besonderes Highlight für die VSG/SSG war die Teilnahme an den Weltspielen für Behinderte im kanadischen Toronto 1976 (siehe MB 4/1976 / horus 2/1976). Von nun an beteiligte man sich regelmäßig an den später "Paralympics" genannten Spielen.
Im Februar 1979 führte die Carl-Strehl-Schule der blista erstmals eine Skifreizeit für Blinde und Sehbehinderte durch. Was damals ein Experiment war und sogar ein gewisses Medieninteresse weckte (Blinde auf Skiern galten unter Sehenden als kaum glaubliche Sensation), gehört heute für die Schüler*innen der 9. Klassen zur Selbstverständlichkeit. Die ersten Skifreizeiten wurden von der blista und der Universität Marburg gemeinsam durchgeführt. Von der blista waren dies die Sportlehrer Franz Nitsch und Hermann Herwig, von der Universität Hans-Georg Scherer. Dieser schrieb 1980 einen sehr ausführlichen Aufsatz "Zur Methodik des Skilaufs mit Blinden" (MB 5/1980 / horus 3/1980). Außerdem gibt es von Herwig: "Erste Skifreizeit mit Blinden und Sehgeschädigten" (MB 3/1980 / horus 2/1980). 1989, 10 Jahre nach dem "Experiment", schrieb Manfred Rauch, der Anfang 1988 selbst mit in Sexten war, über das Skilaufen im Sportprogramm der CSS (MB 6/1989 / horus 4/1989). In der Schwarzschrift gibt es ein Foto mit einem blinden 15-jährigen Schüler auf Skiern (der Ihnen gerade schreibt).
Weitere Highlights der 80er
Im April 1981 wurde in Paris die "International Blind Sports Association (IBSA)" gegründet (Herwig, MB 3/1981 / horus 2/1981).
Mitte der 80er entstand auf dem Gelände der blista das "Bundes-Behindertensportzentrum" (dazu Zink, MB 5/1986 / horus 4/1986).
Blinde im Regelsportverein
Die Integration/Inklusion Blinder und Sehbehinderter in Regelsportvereinen begann ebenfalls in den 1980er Jahren und wurde seitdem stetig fortgesetzt, wie einige Beispiele zeigen (vgl. Herwig: "Blinde im Regelsportverein - nicht nur zur Sommerzeit" in MB 6/1981 / horus 1/1982; Werner Hinz: "Gelungene Integration von behinderten Sportlern" abgedruckt in MB/horus 1/1995, Werner Ketterer: "Sport - die ideale Plattform für Integration" in horus 3/2004, Max Kunzmann: "Gelebte Integration auf der Judomatte", in horus 3/2012 sowie "Inklusion leben und Sport gestalten" in horus 4/2015, Ursula Eckstein: "Skilauf für Blinde und Sehbehinderte - ein Inklusionssport?" in horus 2/2015).
Sport mit Audiodeskription
1999 wird erstmals die Live-Audiodeskription in Fußballstadien erwähnt. Den Anfang machte Bayer Leverkusen (horus 1999, H. 6 PS / H. 4 SS), 2003 folgte der HSV (horus 5/2003). Maßgeblich verantwortlich für diesen Service ist der Fanclub "Sehhunde e. V.". Für dieses Engagement erhielt der Club 2007 eine Auszeichnung im Rahmen des CNN Journalist Award (siehe horus 6/2007).
Blindenfußball
Zu Beginn unseres Jahrhunderts wurden Sportarten speziell für Blinde adaptiert. Die populärste davon ist ohne Zweifel Blindenfußball. 2006 und 2007 wird diese Disziplin im horus erstmals erwähnt, und zwar zunächst in einem Artikel von Dr. Thomas Nicolai aus "DBSV-direkt": "Blinde Menschen spielen Fußball" (horus 4/2006). Ein Jahr später berichtet Achim Bayer über die Gründung der Blindenfußball-Abteilung. Inzwischen wurden die "Sportfreunde" fünfmal Deutscher Blindenfußball-Meister, zuletzt 2019! (ab 2012 im horus zu finden, jeweils in Heft 4).
"Rekordverdächtig"
Dass es blinde Sportler*innen weit gebracht haben, zeigt die folgende Zusammenstellung am Schluss:
Jeder kennt Verena Bentele nicht nur als blinde Biathletin und Langläuferin, sondern ab 2013 auch als Politikerin. Noch als Schülerin wurde sie Weltmeisterin im 5 km-Langlauf (horus 3/2000), bevor sie weitere Erfolge verbuchen konnte.
Die bekannte Triathletin Regina Vollbrecht schrieb in horus 5/2001 unter dem Titel "Das Ziel niemals in Sicht" über ihre Erfahrungen als erste blinde Teilnehmerin beim "Ironman in Roth".
Unter dem lapidaren Titel "Übrigens ..." schrieb die "Oberhessische Presse" am 24.11.2004 (abgedruckt in horus 1/2005) über eine "Klettertour" besonderer Art: Unter Anleitung der blinden Sabriye Tenberken bestiegen blinde Schüler*innen den 7.100 Meter hohen Lhakpa Ri im Himalaya und kamen dabei fast bis zum Gipfel. Darüber gab es 2008 einen Dokumentarfilm mit dem Titel "Blindsight".
Und in horus 1/2017 erfahren wir, dass die blinde Skirennläuferin Noemi Ristau die Europacup-Führung übernommen hat, nachdem sie zwei Super-G-Wettkämpfe sowie den Riesenslalom für sich entschieden hatte. Dank ihrer sportlichen Erfolge gehörte sie übrigens 2018 zu den TeilnehmerInnen der Winter-Paralympics in Südkorea.
Zum Autor
Jochen Schäfer ist Mitarbeiter der blista. Der 47-Jährige Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste mit dem ausgezeichneten Gedächtnis für Zahlen und Ereignisse betreut sowohl das horus-Archiv als auch die blista-Fachbibliothek des Blindenwesens. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Autorenfoto Jochen Schäfer. Foto: blista
Beruf, Bildung und Wissenschaft
Hürden für blinde Studierende
Von Julian von Bülow
Viel Lesestoff, ein unübersichtlicher Campus und Zehntausende Kommilitonen: Wie kommen nichtsehende Studierende zurecht?
U-Bahnhof Heidelberger Platz, die U3 rollt ein, Studierende stehen dicht an dicht und nun drängen noch die Leute aus der Ringbahn hinein.
Ein, zwei Züge sind schon in Richtung Freie Universität abgefahren, da ist Marie noch immer nicht eingestiegen. Im Ringen um einen Platz in der Bahn sind die anderen meist schneller als die blinde Studentin. Etwa 4.000 der 176.000 Studierenden in Berlin haben eine Sehbeeinträchtigung oder sind blind, so die Sozialerhebung des Studierendenwerks 2016. Eine von ihnen ist Marie Lampe. Sie ist 20 Jahre alt und hat im Oktober ein Lehramtsstudium in Sonderpädagogik und Englisch an der FU begonnen. Anschließend möchte sie blinde Schülerinnen und Schüler unterrichten. Bis dahin sitzt sie in Pädagogikvorlesungen. Im Hörsaal markiert sie einen Text am Laptop. Die weißen Punkte ihrer Blindenschrift-Tastatur heben sich und ihre Finger ertasten mit einem Wischen über die Zeile, was in der Präsentation zur Vorlesung steht. Zumindest, wenn Dozierende ihre Folien vorher hochladen. Die Dozentin referiert über das visuelle Gedächtnis und zeigt mit einem Video, wie kurzlebig ist, was wir uns merken. Die angehenden Lehrer und Lehrerinnen sind erstaunt. Marie hört aufmerksam zu, ist aber dennoch ausgeschlossen: "Das passiert öfter, mir fällt das gar nicht mehr so stark auf."
Komisch sei es eher, wenn sie sich in einer Vorlesung melde und der Dozent nicht wisse, wie er sie drannehmen solle. Ihren Namen kenne er nicht, und auf sie zu zeigen helfe auch nicht. Wie man angemessen mit Menschen mit Behinderung umgeht, ist vielen an den Unis nicht klar, meint Sandra Neumann von der Enthinderungsberatung des AStA: "Diese Studierenden fühlen sich an der Uni besonders allein gelassen." An der FU würden zwar bei einer freiwilligen Fortbildung Beschäftigte in der Verwaltung für Behinderungen sensibilisiert, erklärt die Uni, für die Lehrenden scheint es jedoch kein Angebot zu geben.
Das fachkundige Personal findet sich eher in den Beratungen von Studierendenvertretungen und Hochschulen. Sie helfen beispielsweise, Nachteilsausgleiche wie mehr Klausurzeit oder Fristverlängerungen in Anspruch zu nehmen. Als Marie sich nicht korrekt für ihren Studiengang eingeschrieben hatte, hat der FU-Behindertenbeauftragte jemanden organisiert, der den Antrag mit ihr durchging. Und das Studierendenwerk vergibt neben Ratschlägen noch zusätzlich Gelder für Assistenzen, die Menschen mit einer Sehbehinderung wahrnehmen können. Diese Personen digitalisieren beispielsweise Texte, die nicht maschinenlesbar sind, oder begleiten blinde Studierende zu Veranstaltungen.
"Gerade in der Rost- und Silberlaube mit ihren unzähligen wirren Gängen ist es toll, wenn Kommilitonen mich zum nächsten Seminar bringen können", sagt Marie. Es müsse jedoch mehr Aufklärung über Behinderungen unter Studierenden geben, betont Beraterin Neumann. Marie kann das bestätigen: "Es fällt mir schwer, Menschen auf dem Campus zu erkennen und anzusprechen. Für Gespräche bin ich darauf angewiesen, dass Kommilitonen auf mich zukommen. Aber das müssen die natürlich erst mal wissen." Viele Leute seien sehr hilfsbereit, wollten aber nichts falsch machen. "Dabei ist es echt kein Problem, wenn mir jemand ‚wir sehen uns nachher' sagt. Ich bin blind und verwende solche Sätze dennoch selbst", sagt sie schmunzelnd.
Blind studieren heißt vor allem, mehr Zeit investieren zu müssen: einerseits, um Informationen einzuholen und Anträge auszufüllen, andererseits, weil Vorlesungsvorbereitung und Nachbereitung, Hausarbeiten und Präsentationen ihre Zeit brauchen. Das musste auch Marie einsehen: "Anfangs habe ich mir das reguläre Studienpensum vorgenommen, aber dann musste ich doch reduzieren, weil es einfach zu viel war." Beim Bafög wird das berücksichtigt: Menschen mit Behinderung können über die Regelstudienzeit hinaus gefördert werden, so die Sprecherin des Studierendenwerks.
Insgesamt ist Marie aber mit ihrem Studium zufrieden: "Es ist nicht alles perfekt, aber ich verbringe hier nicht mein ganzes Leben". Außerhalb der Uni spielt sie Klavier, Blindentennis oder mit dem Hund ihres Freundes. "Berlin ist auch für Blinde ganz ok."
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Tagesspiegels. Aus: Tagesspiegel Background Gesundheit & E-Health, 3.12.2019, Internet: https://background.tagesspiegel.de
Foto: Auf dem Weg durch die "Rostlaube" der FU Berlin wird Hilfe gerne angenommen. Foto: FU Berlin / Bernd Wannenmacher [Blick auf ein modernes, rostbraunes Gebäude mit der Aufschrift "Freie Universität Berlin" und den davor liegenden Campusbereich.]
"Ich konnte mein Versprechen einhalten" - Interview mit PROJob-Absolvent Tobias Weber
Tobias Weber ist späterblindet. Er ist Psychologe, Yogalehrer und Seminarleiter.
horus (h): Herr Weber, wie sind Sie auf PROJob aufmerksam geworden?
Weber: Im Juni 2019 beendete ich die blindentechnische Grundrehabilitation. Da mir nun viele Berufswege offenstanden, machte ich mir Gedanken, welchen ich einschlagen sollte. Mir wurde bewusst, dass es für meine Entwicklung unbedingt nötig war, mich ausführlich mit meinen Berufsperspektiven auseinanderzusetzen.
Meine Arbeitsagentur hat sich anfangs gesträubt, die Kosten für PROJob zu übernehmen, aber ich habe meiner Sachbearbeiterin versprochen, dass sie mich nach PROJob für immer los sein wird.
h: Wie läuft PROJob ab?
Weber: Zunächst findet ein Profiling statt, bei dem genau geguckt wird, was man kann und wo noch Handlungsbedarf besteht. Die fachspezifischen Kompetenzen werden überprüft, also: Was kann ich? Was weiß ich?
Bei mir war es so, dass ich eigentlich Psychologe bin, mich aber in den letzten fünf Jahren im Yogabereich verwirklicht und mir als Freiberufler etwas hinzuverdient hatte. Auf diesen Gebieten, Yoga und Psychologie, wurden meine Fachkenntnisse systematisch ermittelt.
Besonders dankbar bin ich, dass die Fachkräfte bei PROJob meinen inneren Prozess, eine Berufsidentität zu entwickeln, sehr intensiv begleitet haben. Immer wieder wurde ich aufgefordert, mich mit der Frage "Was will ich in meinem Berufsleben erreichen?" auseinanderzusetzen. Ich sollte Ideen erarbeiten: Was möchte ich als Psychologe machen? Und was möchte ich als Yogalehrer tun?
Als sich allmählich herauskristallisierte, dass ich dazu tendierte, als Psychologe zu arbeiten, wurde meine Identität als Psychologe gezielt aufgebaut. Ich wurde bestärkt und ermutigt, auf diesem Wege weiterzumachen.
Sehr geholfen hat mir außerdem, dass uns behindertenspezifische Kompetenzen sowohl theoretisch als auch praktisch vermittelt wurden, also: Wie fit bin ich auf dem "Blindensektor"? Welche Rechte und Pflichten habe ich als blinder Mensch? Wir erfuhren, was das Integrationsamt macht, wie eine Arbeitsassistenz, unser "denkendes Auge" beantragt und angestellt wird und was man ihr zumuten kann. Außerdem bekam ich die Möglichkeit, eine Braillezeile zu nutzen, um herauszufinden, ob dieses Hilfsmittel für mich geeignet ist.
Auch unsere sozialen Fähigkeiten wurden ausgebaut. Wir waren eine Gruppe von drei sehr unterschiedlichen Teilnehmenden. Das gefiel mir, weil wir alle voneinander profitierten. Mir fällt beispielsweise Smalltalk leicht, aber mir fiel auf, dass das Anderen total schwer fällt und ich konnte ihnen Tipps geben. Ich hingegen habe an meiner Fähigkeit gearbeitet, für Andere ein offenes Ohr zu haben.
Ein großes Thema war für mich, wie man auf menschliche Art kommuniziert, was man braucht. Ich habe an mir gearbeitet, dass ich nicht fordernd rüberkomme, sondern höflich frage.
Das ausführliche Bewerbungstraining war für mich sehr förderlich. Wir verwandten viel Zeit auf das Anschreiben, auf den berühmten ersten Satz, das eigene Auftreten, das durch ein Videogestütztes Feedback sowie eine Image- und Outfitberatung verbessert wurde, auf das Erkunden barrierefreier Jobsuchmaschinen, ...
h: Was fanden Sie besonders gut an PROJob?
Weber: Mir persönlich hat PROJob sehr viel gebracht. Ich fand es toll, dass im Beratungs- und Schulungszentrum Fachleute für Fragen aller Art erreichbar waren. Ich konnte mich bei Bedarf an Rehafachleute für die Bereiche Orientierung und Mobilität sowie lebens- und berufspraktische Fähigkeiten und für EDV- und Hilfsmittelberatung und -Schulung wenden. Die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen haben mich fachkundig und einfühlsam begleitet und meinen Entscheidungsprozess der Berufsfindung erheblich beschleunigt. Ohne ihren tatkräftigen Beistand hätte ich wahrscheinlich Jahre gebraucht, um so weit zu kommen, wie ich heute bin. Ich habe dank PROJob eine Arbeitsstelle gefunden und konnte tatsächlich das Versprechen, das ich meiner Sachbearbeiterin beim Kreisjobcenter gab, einlösen. Sie ist mich los!
Das horus-Interview führte Isabella Brawata.
Infos über PROJob an der blista in Marburg und in Frankfurt gibt es bei
Ute Mölter, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 606-500 und
Otfrid Altfeld, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 12139
Mehr von Tobias Weber als Yogalehrer gibt es in der Rubrik "Schwerpunkt" zu lesen.
Foto: Tobias Weber. Foto: privat [Tobias Weber trägt zu einem dunklen Jackett ein helles, blaues Hemd. Er hat hellblaue Augen und einen Bart, sein blonder Pony fällt ihm in die Stirn.]
VBS-Kongress um ein Jahr verschoben
Der für die Zeit vom 3. bis 7. August 2020 geplante Kongress des Verbands für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e.V. (VBS) wurde abgesagt und um ein Jahr verschoben. Er soll nun vom 2. bis 6. August 2021 auf dem Campus der blista in Marburg stattfinden.
"Die Entscheidung haben wir mit vielen Beteiligten, Verantwortlichen und dann mit schwerem Herzen getroffen", sagt der Vorsitzende des Verbands für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS), Dieter Feser.
Der VBS hat die Entwicklung in den letzten Tagen intensiv verfolgt und täglich neu bewertet. Die gründliche Prüfung der aktuellen Lage zur Ausbreitung des Coronavirus, die Einschätzung der Risiken von Veranstaltungen und die Berücksichtigung der Empfehlungen der Gesundheitsbehörden lassen nur den einen Schluss zu, dass aus Verantwortung für die Gesundheit der Kongressteilnehmer*innen der VBS-Kongress 2020 abgesagt werden muss.
Der VBS bedauert die Absage insbesondere mit Blick auf die vielen Vorbereitungen des Gastgebers Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista) in Marburg. "Der VBS-Kongress lebt vom lebendig-fachlichen Austausch der Teilnehmenden - auch wenn es bis August noch lange hin ist, wird uns der Coronavirus mit seinen Risiken und Beschränkungen lange begleiten und daher ist es auch absehbar, dass der Kongress erheblich dadurch eingeschränkt würde", so Claus Duncker, Vorstand der blista.
Fachlicher Austausch, Miteinander, Workshops und Begegnungen - dies sind die besonderen Momente eines jeden VBS-Kongresses, der alle vier Jahre stattfindet und an dem bislang jeweils mehr als 600 Personen teilnahmen - dies ist aktuell nicht vorstellbar.
Daher haben VBS und blista nun beschlossen, den VBS-Kongress für 2020 abzusagen und ihn auf 2. bis 6. August 2021 zu verlegen.
Weitere Informationen folgen unter www.vbs.eu und über den VBS-Newsletter, den Sie über die Homepage abonnieren können.
[Abb: Ankündigung 37. Kongress für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik "Leben. Bildung. Partizipation. Individuell - spezifisch - flexibel. Wo? Deutsche Blindenstudienanstalt e. V. (blista) blistaCampus, Marburg. Wann? 02. bis 06. August 2021.]
Recht
Das neue Rehabilitations- und Teilhaberecht nach dem BTHG
Von Dr. Michael Richter und Uwe Boysen
Das 2016 verabschiedete Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat umfangreiche Veränderungen in verschiedenen Gesetzen vorgenommen, die überdies zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft getreten sind.
Der Aufbau des SGB IX
Vorliegend geht es vor allem um die Veränderungen des SGB IX seit 1. Januar 2020. Dabei regelt dessen Teil 1 nach wie vor das für alle Rehabilitationsträger geltende und erheblich überarbeitete Rehabilitations- und Teilhaberecht (§§ 1-89).
In Teil 2 findet sich jetzt unter dem Titel: "Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen" die aus dem SGB XII herausgenommene und völlig neu konzipierte Eingliederungshilfe mit den §§ 90-150. Der frühere Teil 2 ist nunmehr Teil 3 geworden und enthält das weiterentwickelte Schwerbehindertenrecht (§§ 151 ff.), wobei es sich dort im Wesentlichen um redaktionelle Änderungen handelt.
Verfahrensrechtliche Neuerungen
Zukünftig soll ein einziger Antrag auf Rehabilitationsleistungen ausreichen, um alle benötigten Leistungen zu erhalten, auch wenn sie von verschiedenen Rehabilitationsträgern erbracht werden müssen. Zweck ist, die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger zu intensivieren und damit das seit Schaffung des SGB IX verfolgte Ziel, "Leistungen wie aus einer Hand" zu gewähren, endlich umzusetzen.
Sofern Teilhabeleistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist zwingend ein sogenanntes Teilhabeplanverfahren durchzuführen (§§ 19 ff. SGB IX).
Dieser Teilhabeplan muss enthalten
- den Tag des Antragseingangs beim leistenden Rehabilitationsträger,
- das Ergebnis der Zuständigkeitsklärung,
- die Feststellungen über den individuellen Rehabilitationsbedarf,
- erreichbare und überprüfbare Teilhabeziele und deren Fortschreibung sowie
- die Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts.
Der Teilhabeplan ist vom sogenannten Gesamtplan gem. § 117 SGB IX zu unterscheiden, den der Eingliederungshilfeträger gem. § 21 SGB IX ergänzend zu erstellen hat.
Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Antragseingang bei dem leistenden Rehabilitationsträger entschieden werden, muss dieser dem Leistungsberechtigten vor Ablauf der Frist unter Angabe einer Begründung das schriftlich mitteilen. Nur wenn Stellungnahmen eines Sachverständigen erforderlich sind oder bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers kann die Frist zur Entscheidung verlängert werden. Erfolgt keine begründete Mitteilung oder verstreicht der mitgeteilte Zeitpunkt der Entscheidung ohne weitere Begründung fruchtlos, gilt die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Der Leistungsberechtigte kann dann in Vorleistung gehen und Kostenerstattung in Höhe der beantragten Leistung geltend machen, sofern auf diese nicht offensichtlich kein Anspruch besteht. Leider gilt diese sogenannte Genehmigungsfiktion aber nicht für die Träger der Kinder- und Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und in Fällen der Opferentschädigung. Da Regelungen zur Erstattung selbstbeschaffter Leistungen nicht unkompliziert sind und es Ausnahmen gibt, sollte dringend vor der etwaigen Selbstbeschaffung von Teilhabeleistungen juristische Beratung in Anspruch genommen werden.
Zuständigkeit und Leistungskatalog der neu geregelten Eingliederungshilfe
Zuständig für diese Leistung ist der Träger der Eingliederungshilfe, wobei jedes Bundesland den Träger selbst bestimmen konnte und hierdurch sowohl kommunale als auch überregionale Ansprechpartner festgelegt wurden, eine für die Beratungspraxis nicht unerhebliche Erschwerung. Die Eingliederungshilfe ist nunmehr auf die Fachleistung beschränkt, d. h. die Unterstützung, die jemand speziell wegen der bestehenden Behinderung benötigt (z. B. Hilfsmittel, Assistenz, heilpädagogische Leistungen etc.). Existenzsichernde Leistungen sind hingegen nicht mehr Teil der Eingliederungshilfe, sondern grundsätzlich von jedem selbst - ggf. unterstützt durch Sozialleistungen zum Lebensunterhalt (z. B. Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und XII etc.) - aufzubringen. Eine Ausnahme von diesem neuen Prinzip besteht nur, wenn es um Leistungen für Minderjährige sowie für Volljährige im Rahmen der Teilhabe an Bildung bei Internatsunterbringung geht. In diesen Fällen werden existenzsichernde Leistungen auch weiterhin im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht.
Der Leistungskatalog der Eingliederungshilfe ist nunmehr in §§ 109 ff. SGB IX abschließend geregelt, während bisher die Leistungsvorschriften in § 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX eher offen gestaltet waren.
Neue Freibeträge
Bei Beantwortung der Frage, welche Eigenbeiträge zu leisten sind, hat sich Erhebliches geändert. Zum einen kommt es jetzt nicht mehr auf Einkommen und Vermögen eines Partners an. Es wird also nicht mehr auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der sog. Bedarfsgemeinschaft abgestellt. Zum anderen wird jetzt nicht mehr - wie in der Vergangenheit - das bereinigte Nettoeinkommen zu Grunde gelegt, das früher dem aus den Eckregelsatzbeträgen und Kosten der Unterkunft ermittelten Einkommensfreibetrag gegenübergestellt wurde. Vielmehr ist nunmehr für die Ermittlung des Eigenbeitrages allein das Bruttoeinkommen maßgeblich. Auf die individuelle Situation (z. B. hohe behinderungsbedingte Unterkunftskosten in Ballungsräumen) wird danach nicht mehr abgestellt. Konkret heißt es in § 135 Abs. 1 SGB IX: "Maßgeblich für die Ermittlung des Beitrages nach § 136 ist die Summe der Einkünfte des Vorvorjahres nach § 2 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes sowie bei Renteneinkünften die Bruttorente des Vorvorjahres." Berücksichtigt wird nur das Einkommen der antragstellenden Person selbst und bei Minderjährigen dasjenige der Eltern.
Eine komplizierte Berechnung
Zunächst wird der individuelle Einkommensfreibetrag ermittelt. Dieser ist abhängig von der Art des Einkommens und vom Familienstand (s. § 136 Abs. 2 ff. SGB IX). Als Bezugsrahmen hierfür dient die sogenannte Sozialversicherungsbezugsgröße nach § 18 SGB IV. Diese wird jährlich festgesetzt und beträgt derzeit ca. 36.000 €. Eine Heranziehung findet erst statt, wenn Einkommen oberhalb des jeweils geltenden prozentualen Anteils der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV erzielt wird (§ 136 SGB IX).
Beispiel: Für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte beträgt der Einkommensfreibetrag 85 % der Bezugsgröße. Aktuell würde bei einem alleinstehenden versicherungspflichtigen Beschäftigten erst ab einem Einkommen von 30.600 € ein Eigenbeitrag für Leistungen der Eingliederungshilfe fällig. Bei nicht sozialversicherungspflichtigem Einkommen beträgt der Freibetrag 75 % und bei Renteneinkommen 60 % der Bezugsgröße. Für unterhaltsberechtigte Kinder, für Partner mit niedrigerem Einkommen oder bei minderjährigen Leistungsberechtigten erhöht sich der Freibetrag entsprechend der Vorgaben des § 136 Abs. 3 ff. SGB IX, wobei auf die Einzelheiten an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.
Von dem die Einkommensgrenzen übersteigenden Jahreseinkommen sind 2 % als monatlicher Beitrag aufzubringen (§ 137 SGB IX), im Ergebnis also maximal 24% des die Grenzen übersteigenden Jahreseinkommens.
Beispiel: Ein Alleinstehender mit einem Jahreseinkommen von 35.000 € hätte monatlich einen Eigenbeitrag von 88,00 € zu benötigten Eingliederungshilfeleistungen zu erbringen (35.000 - 30.600 = 4400 (überschießendes Einkommen), davon 2 % = 88,00 €).
Beim Vermögen beträgt der Freibetrag sogar 150 % der jährlichen Bezugsgröße (§ 139 SGB IX). Das sind derzeit demnach ca. 54.000 €.
Wer profitiert?
Von den erheblichen Verbesserungen bei den Einkommens- und Vermögensgrenzen werden insbesondere zukünftig diejenigen profitieren, die auf Leistungen der Eingliederungshilfe regelmäßig und dauerhaft angewiesen sind. In der Praxis wird dies vor allem taubblinde Menschen (Taubblindenassistenz), mehrfachbehinderte Menschen mit Seheinschränkungen, aber auch Menschen betreffen, die z. B. eine durch den Träger der Eingliederungshilfe finanzierte Schulung in lebenspraktischen Fähigkeiten absolvieren.
Das Abstellen auf die Sozialversicherungsbezugsgröße als entscheidenden Faktor für die Höhe einer Eigenbeteiligung wird zukünftig dazu führen, dass es zu einer gewissen Dynamisierung der Freibeträge kommen wird, da sich die Bezugsgröße an der allgemeinen Einkommensentwicklung in Deutschland orientiert.
Abb.: Frei- und Eigenbeträge werden nach der Antragstellung berechnet. Abb.: pixabay / Mohamed Hassan
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wegen verweigerter Mitnahme eines Blindenführhundes
(Nach der Pressemitteilung Nr. 10 des Bundesverfassungsgerichts vom 14.2.2020)
Mit Beschluss vom 30. Januar 2020 - 2 BvR 1005/18 - hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde einer blinden Beschwerdeführerin als offensichtlich begründet stattgegeben. Der Beschwerdeführerin war durch die Ärzte einer Gemeinschaftspraxis verboten worden, ihre Blindenführhündin bei der für sie notwendigen Durchquerung der Praxis mitzuführen. Der dies bestätigende Beschluss des Kammergerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.
Eine verbotene Benachteiligung liegt insbesondere bei Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen der Behinderung verschlechtern. Erfasst werden auch Benachteiligungen, bei denen sich der Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten nicht als Ziel, sondern als Nebenfolge einer Maßnahme darstellt. Nach dem Willen des Verfassungsgebers fließt das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen als Teil der objektiven Wertordnung auch in die Auslegung des Zivilrechts ein. Das Recht auf persönliche Mobilität aus Art. 20 der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) ist bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen ebenfalls zu berücksichtigen. Danach haben die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, indem sie unter anderem ihren Zugang zu tierischer Hilfe erleichtern.
Jedenfalls handelt es sich um eine mittelbare Benachteiligung der Beschwerdeführerin. Sie liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften Personen wegen ihrer Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligen. Das scheinbar neutral formulierte Verbot, Hunde in die Praxis mitzuführen, benachteiligt die Beschwerdeführerin wegen ihrer Sehbehinderung in besonderem Maße. Denn es verwehrt ihr, die Praxisräume selbständig zu durchqueren, was sehenden Personen ohne weiteres möglich ist.
Die Benachteiligung ist auch nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Die von den Ärzten geltend gemachten hygienischen Gründe bestehen für das bloße Durchqueren der Praxisräume mit einem Blindenführhund nicht.
Das Durchgangsverbot ist auch nicht erforderlich, um einer - zu vernachlässigenden - Infektionsgefahr in der Praxis vorzubeugen. Sowohl das Robert Koch-Institut als auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft gehen davon aus, dass aus hygienischer Sicht in der Regel keine Einwände gegen die Mitnahme von Blindenführhunden in Praxen und Krankenhausräume bestehen.
Das Benachteiligungsverbot soll es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, so weit wie möglich ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben zu führen. Es untersagt, behinderte Menschen von Betätigungen auszuschließen, die nicht Behinderten offenstehen, wenn nicht zwingende Gründe für einen solchen Ausschluss vorliegen. Dieser Auslegung liegt das auch in Art. 1 und Art. 3 Buchstabe a und c BRK zum Ausdruck kommende Ziel zugrunde, die individuelle Autonomie und die Unabhängigkeit von Menschen mit Behinderungen zu achten und ihnen die volle und wirksame Teilhabe an der und die Einbeziehung in die Gesellschaft zu gewährleisten. Mit diesem Ziel und dem dahinterstehenden Menschenbild ist es nicht vereinbar, die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, ihre Führhündin vor der Praxis anzuketten und sich von der Hilfe ihr fremder oder wenig bekannter Personen abhängig zu machen.
Anmerkung: Die Entscheidung wird in Verfassungsblog 2020/2/24 von Felix Welti weitgehend zustimmend besprochen (siehe https://verfassungsblog.de/justizia-und-der-blindenfuehrhund/).
Foto: Blindenführhund Delphy darf auch durch Arztpraxen führen. Foto: Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde Allschwil [Portraitfoto von Delphy, einer schwarzen Labrador Retriever Hündin, im Führgeschirr.]
Barrierefreiheit und Mobilität
Blindenreportage bei Live-Events - Ein Interview mit Florian Schneider
Auf Hören statt Sehen sind blinde und viele sehbehinderte Menschen auch dann angewiesen, wenn es um Reportagen geht. Das Zentrum für Sehbehinderten- und Blindenreportage in Gesellschaft und Sport, T_OHR, widmet sich genau diesen Bedürfnissen. Hier arbeitet Florian Schneider als Projektleiter. Er ist außerdem seit sieben Jahren beim SV 98 Fanradio ehrenamtlich als Blindenreporter tätig. Der 39-Jährige stellte sich den Fragen des "horus" und erzählte, worauf es bei einer Blindenreportage ankommt.
Was genau ist das Projekt T_OHR?
T_OHR ist die Bezeichnung für das Zentrum für Sehbehinderten- und Blindenreportage in Gesellschaft und Sport.
Unser Projekt wurde am 1. März 2018 von AWO-Passgenau - Trägerverbund der Fanprojekte e.V., gegründet und ist gefördert durch die Aktion Mensch und die DFL-Stiftung. Unser Büro ist in Mainz, fünf Minuten vom Bahnhof entfernt, was sehr praktisch ist, da wir in ganz Deutschland im Einsatz sind.
Was genau macht Ihr bei T_OHR?
Das Spektrum ist weitgefächert. Zum einen beraten wir zu allen Themen rund um die Blindenreportage. Fragen, die hier oft auftauchen, sind, was es denn zu beachten gilt, was für technische Voraussetzungen geschaffen werden müssen und natürlich auch die Frage, was muss ein Reporter können. In diesem Zusammenhang bieten wir auch Schulungen an, um die Reporter fit zu machen oder aber um das bereits vorhandene Können zu schärfen und dadurch die Qualität zu steigern.
Auch sprechen wir bewusst Verbände und Vereine an, bei welchen wir einen Bedarf für Blindenreportagen sehen.
Welche Vereine oder Verbände wären das?
Generell sind wir der Meinung, dass bei großen Events immer eine Blindenreportage angeboten werden sollte. Diesbezüglich sprechen wir alle großen Sportverbände, Ligen und Vereine an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es oft heißt: Wir haben hier ja niemanden, der kommt. Wenn aber dann eine Reportage angeboten wird - dann sind auch die Zuhörer immer da. Mein Tipp an alle Interessierten: Gern bei einem Verein oder einem Event anrufen und nachfragen, ob es eine Blindenreportage gibt, und hartnäckig bleiben. Wenn dort viele anrufen, wird dann auch die Notwendigkeit schneller verstanden.
Oder direkt bei uns anrufen und das Interesse an einer Veranstaltung bekunden. Zum einen wissen wir meist den aktuellen Stand zum Thema Blindenreportage, ob sie eventuell dort schon in Planung ist, und wenn nicht, können wir dort direkt vorstellig werden. Die Beratungsgespräche können wir dank unserem Arbeitgeber der AWO kostenfrei für die Vereine und Verbände anbieten. Auch sei gesagt, dass Blindenreportagen quasi überall möglich sind, von einem Entenrennen über eine Hundeshow bis hin zur Handball-WM haben wir schon so einiges gemacht.
Das heißt, Ihr macht auch Blindenreportagen selbst?
Ja, auch das bieten wir an - wer also für eine Veranstaltung Reporter sucht, kann direkt bei uns anfragen und wir kümmern uns dann um alles. Bei der Handball-WM haben wir uns aus dem Netzwerk der Blindenreporter in Deutschland bedient und unser Team aufgestockt. Es wäre sonst gar nicht möglich gewesen das umzusetzen, da wir nur ein kleines Team sind.
Es gibt ein Netzwerk der Blindenreporter in Deutschland?
Ja, das Netzwerk der Blindenreporter aus dem Fußball. Da ist der Fußball Vorreiter. Vor 20 Jahren war Bayer 04 Leverkusen der erste Verein in Deutschland, der eine Blindenreportage anbot. Mittlerweile bieten bis auf eine Ausnahme alle Vereine der ersten und zweiten Liga eine Blindenreportage an, auch viele Vereine in der 3. Liga und einige Vereine in den Regionalligen.
Die Reporter aus dem Fußball schulen sich auch regelmäßig, um die Qualität zu verbessern, und diesbezüglich kennt man sich schon seit einigen Jahren. Wenn dann Veranstaltungen wie zum Beispiel die Handball-WM stattfinden und wir hier die Organisation für die Blindenreportage übernehmen, dann streuen wir das auch ins Netzwerk, um den Reportern die Möglichkeit zu geben auch hier dabei zu sein.
Wie bist Du zur Blindenreportage gekommen?
Die Mitarbeiter von T_OHR waren schon vor dem Projekt als Blindenreporter aktiv. Ich bin seit Jahren ehrenamtlich als Blindenreporter beim SV Darmstadt 98 tätig. Und auch Maximilian Mohr, der neu im T_OHR-Team ist, ist ehrenamtlicher Blindenreporter beim SV Sandhausen.
Wo habt Ihr schon überall für Blindenreportagen gesorgt?
Seit Bestehen des Projekts haben wir viele interessante Veranstaltungen in Sport und Gesellschaft begleitet. Unabhängig vom Fußball, bei dem wir auch sehr aktiv waren und weiterhin sind, haben wir unter anderem die Handball-Weltmeisterschaft 2019, die in Deutschland und Dänemark stattfand, mit einer ausführlichen Blindenreportage an allen Spieltagen der deutschen Nationalmannschaft bis zum Viertelfinale live begleitet. Oder auch bei der Trendsportart Headis, auch Kopfballtischtennis genannt, haben wir mehrere Events für sehbehinderte Menschen zugänglich gemacht.
Abseits des Sports haben wir aber auch Teilhabe ermöglicht. So gab es im Februar dieses Jahrs erstmals eine Live-Blindenreportage des Mainzer Rosenmontagsumzuges. Des Weiteren sind wir stets bemüht, auch im kulturellen Bereich mehr Teilhabe zu schaffen.
Können Blindenreportagen überall angeboten werden?
Ein ganz klares und deutliches Ja! Es ist möglich, überall und jederzeit eine Blindenreportage anzubieten. Mit Sicherheit wäre es bei sehr schnellen Sportarten, beispielsweise Tischtennis oder Fechten, schwieriger, diverse Aktionen auf die Sekunde genau zu beschreiben, doch im Sinne der Teilhabe kann zu nahezu jedem Event eine Live-Blindenreportage bereitgestellt werden. Auch von Seiten der Technik steht man da nicht (mehr) vor großen Herausforderungen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von geeigneten Anlagen, und auch die Empfänger, mit denen sehbeeinträchtigte Menschen die Reporter hören können, sind heutzutage nicht größer als ein Feuerzeug.
Wie unterscheidet sich die Herangehensweise an Sportveranstaltungen von anderen Formen der AD?
Audiodeskription ist klassisch die Beschreibung von einem Bildschirm, also AD im Kino oder beim Fernsehen. Die Unterscheidung wird also schon bei der Begrifflichkeit gemacht. Spricht man von einer AD, weiß man es wird vom Bildschirm gemacht, und bei der Blindenreportage wird es live vor Ort reportiert. Wir bei T_OHR sind auf Live-Events spezialisiert, das heißt, wir sind immer selbst auch vor Ort und reportieren das Geschehen für Zuhörer vor Ort. Dabei sind wir immer auf Ballhöhe und beschreiben so detailliert wie möglich, was gerade passiert. Wenn man zum Beispiel die AD bei Länderspielen auf dem zweiten Tonkanal hört, dann hört man auch mal, dass Jogi Löw gerade dieses oder jenes macht. Das wird dann beschrieben, wenn eben Jogi im Bild ist. Bei der Livereportage ist man immer beim Ball oder den wichtigen Dingen im Stadion. Zum Beispiel wenn ein Bengalo brennt und die Zuschauer pfeifen, dann möchte der Zuhörer ja auch wissen, warum das passiert, während das Spiel in diesem Moment ganz normal weiterläuft und spielerisch nichts Besonderes passiert. Der Zuhörer kann durch die Livereportage also genau das miterleben und daran teilhaben wie alle anderen im Stadion oder in der Halle.
Was ist bei einer Blindenreportage wichtig?
Man muss und sollte bei der Reportage auf viele Dinge achten, aber ganz wichtig ist, dass der Reporter immer auf Höhe des Geschehens ist und genau verortet. Der Zuhörer muss zu jeder Zeit nachvollziehen können, was gerade auf dem Spielfeld passiert. Hierfür gibt es bei unterschiedlichsten Sportarten auch unterschiedliche Tricks für die Reporter. Beim Eishockey zum Beispiel ist der Puck oft so schnell auf dem Eis unterwegs, dass man ihn auch als Sehender nur schwer erkennen kann. Hier achtet man als Reporter mehr auf den Spieler als auf den Puck. An der Körperbewegung kann der Reporter dann erkennen, was gerade oder auch als Nächstes passiert, und das beschreibt er dann. Beim Tor ist es gerade beim Eishockey sehr einfach, da es eine sehr auffällige Toranzeige gibt. So muss der Reporter gar nicht sehen, wie der Puck über die Linie rutsch, und kann es dennoch in Echtzeit mit "TOOOOOR!" beschreiben.
Ein weiteres Beispiel wäre aus dem Handball. Hier muss der Zuhörer auch wissen, in welche Richtung es geht und welche Mannschaft die Ballführende im Moment ist. Das haben wir bei der Handball-WM sehr geschickt gelöst: Da wir immer zwei Reporter im Einsatz haben, war jeweils ein Reporter für ein Team zuständig, heißt bei Ballverlust von Reporter eins hat dann sofort der Reporter zwei gesprochen. So konnte der Zuhörer dem Spiel perfekt und einfach folgen, da er anhand der unterschiedlichen Stimmen sofort zuordnen konnte, wer jetzt den Ball hat, wenn der Reporter sagte: "Jetzt über rechts außen zieht er in die Mitte und kommt jetzt mit dem starken rechten Arm zum Abschluss - unten links schlägt er ein Tor für Mannschaft A."
Wo ist der Unterschied zwischen Kommentar und Reportage?
Wie der Name schon sagt wird beim Kommentar mit viel Infos rund um das Spiel kommentiert und der Beitrag erhält dadurch eine subjektive Färbung. Oft wird dabei der Fokus vom eigentlichen Spielgeschehen genommen. Statistiken sind zwar manchmal spannend, aber wenn das Spiel läuft und die Fans im Stadion oder in der Halle plötzlich laut werden, dann möchte man ja als blinder Fan auch wissen, was da gerade passiert, und nicht hören, dass Spieler XY diese Saison schon fünf Vorlagen und drei Tore geschossen hat und damit besser war als der Spieler XY in der Saison vor zehn Jahren. Bei der Blindenreportage wird genau das beschrieben, was passiert, und das so objektiv wie möglich. So kann sich der Zuhörer sein eigenes Bild vom Spiel machen.
Muss sich ein Blindenreporter gut in den Sportarten auskennen?
Der Blindenreporter muss sich in der jeweiligen Sportart sehr gut auskennen. Er reicht nicht nur zu beschreiben. Da man immer auf Höhe des Spielgeschehens sein muss, sollte der Reporter fähig sein, das Spiel zu verstehen und es auch lesen zu können. So kann er schon vorausahnen, was passiert, und kommt dann sehr einfach mit dem Beschreiben hinterher. Selbst bei den Regeln muss ein Reporter richtig viel wissen. Es reicht nicht, die groben Regeln im Kopf zu haben, er muss auch alle Sonderfälle kennen, um dann, wenn es gebraucht wird, sie auch richtig beschreiben zu können.
Werden von den Zuhörern Kenntnisse vorausgesetzt?
Das kann man so pauschal gar nicht beantworten. Da alles detailliert beschrieben wird, ist vieles auch aus dem Zusammenhang erklärbar oder wird nochmal im Nachgang während einer Spielunterbrechung beschrieben. Aber Grundkenntnisse sollten schon ein wenig vorhanden sein. Beispiel: Wenn der Reporter sagt, dass ein Foul im Strafraum stattgefunden hat und es deshalb Elfmeter gibt, wird schon vorausgesetzt, dass man weiß, was ein Strafraum ist. Wenn aber etwas Ausgefallenes passiert, dann erklärt es der Reporter auch nochmal.
Die Fragen stellte Mirien Carvalho Rodrigues.
[Abb. Logo T_Ohr]
Berichte und Schilderungen
Die richtige Stimmung: Intonateur einer traditionsreichen Pianomanufaktur
Von Dr. Juliane Bally
Der hochentwickelte Tastsinn, die außergewöhnliche Handgeschicklichkeit, das feine Gehör und die ausgeprägte Vorstellungsgabe von mechanischen Abläufen sind essentielle Begabungen für den Klavierstimmer Marcus Rohmund. Die Instrumente, die er stimmt, gehen sieben Mal durch seine Hände, bevor sie ausgeliefert werden. Er kann sie nicht sehen, aber umso genauer mit allen anderen Sinnen wahrnehmen. Die besondere Empfänglichkeit für Musik und die Vorliebe für Tasteninstrumente begleiten ihn seit seiner Kindheit. Die Berufswahl zum Klavierbauer und -stimmer war naheliegend. Nachdem er die Lehrzeit erfolgreich beendet hatte, begann er seine Berufstätigkeit als Klavierstimmer bei der sächsischen Pianomanufaktur August Förster in seiner Heimatstadt Löbau.
Die Kreisstadt im Lausitzer Bergland ist berühmt für ihre traditionelle Handwerkskunst. Im Zuge der regionalen Industrialisierung gründete der sächsische Tischler und Klavierbauer Friedrich August Förster (1829-1897) die gleichnamige Klaviermanufaktur am 1. April 1859. Er startete sein Geschäft in einer bescheidenen Werkstatt im Obergeschoss eines Gasthauses, wo er ganz allein sein erstes Klavier baute. Seine Geschicklichkeit zahlte sich aus und schon drei Jahre später konnte er vor den Toren der Stadt sein erstes Fabrikgebäude errichten. Hier fertigt das Unternehmen bis heute seine Instrumente. Das Traditionsunternehmen ist in der fünften Generation im Familienbesitz und wird seit 2008 von Annekatrin Förster geleitet. Jährlich werden etwa 120 Klaviere und 80 Flügel von 40 Instrumentenbauern und Tischlern in Handarbeit hergestellt. Während wochenlanger Präzisionsarbeit entstehen weltweit geschätzte Unikate. Die enge Zusammenarbeit mit Musikern gibt dem Instrumentenbau neue Impulse. Zahlreiche Künstler aus Vergangenheit und Gegenwart, wie zum Beispiel Sergej Prokofjew, Giacomo Puccini, Herbert Blomstedt, Gret Palucca oder Elton John sowie international renommierte Musikhochschulen, Konzert- und Opernhäuser haben sich für Instrumente der Pianomanufaktur August Förster entschieden.
Wenn Marcus Rohmund nicht im Stimmraum der Pianomanufaktur sitzt und sich als Intonateur um den besonderen Klang der Tasteninstrumente kümmert, ist er auch in seiner Freizeit musikalisch aktiv. Er spielt gern Klavier, Akkordeon, Orgel und singt im Chor der Kirchgemeinde Sankt Marien. Das Orgelspiel hat er durch intensives Üben und viel Ehrgeiz autodidaktisch erlernt. Als Organist übernimmt er regelmäßig die musikalische Begleitung in den Gottesdiensten. Das Musizieren bereitet ihm große Freude und auch sein persönlicher Glaube ist dafür eine Inspirationsquelle.
Marcus Rohmund ist geburtsblind. Er war schon immer von Klavieren angetan und verspürte früh, dass er die Musik zum Mittelpunkt seines Lebens machen wollte. Die Förderung und ehrlichen Rückmeldungen von Familie, Lehrern und Freunden zu den musikalischen Bestrebungen haben ihn in seiner Entscheidung bestärkt. Während der Schulzeit an der Polytechnischen Oberschule für Blinde in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) erhielt er regelmäßigen Klavierunterricht. Nach dem Erwerb der mittleren Reife gab es am Rehabilitationszentrum für Blinde die Möglichkeit einer Berufsausbildung zum Klavierfacharbeiter mit der Spezialisierung als Klavierstimmer.
Marcus Rohmund fühlte sich angesprochen und nutzte diese Chance. In der zweijährigen Ausbildung wurde er mit drei weiteren Azubis in Theorie und Praxis unterrichtet. Der Praxisunterricht fand in Stimmkabinen statt, in denen die Klaviere standen. Im zweiten Lehrjahr waren die angehenden Klavierfacharbeiter mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Stadtgebiet von Karl-Marx-Stadt unterwegs und haben meist zu zweit einen Kunden besucht und die erworbenen Kenntnisse praktisch erprobt. Die Ausbildung sagte Marcus Rohmund von Anfang an zu. Viel vom Unterrichtsinhalt war ihm vertraut und es bereitete ihm Freude, seinen Mitschülern beim Erlernen des Klavierstimmens zu helfen. Es war klar, dass er den richtigen Beruf für sich gefunden hatte. In besonders guter Erinnerung blieb ihm, dass eine große Kollegialität herrschte und die stark praxisorientierte Ausbildung optimal organisiert war. Die Azubis konnten viel Wissen erwerben, was für den künftigen Berufsweg wichtig ist und Bestand hat. Zu seinen Kollegen von damals pflegt Marcus Rohmund bis heute Kontakt.
Seine musikalischen Interessen sind breitgefächert. Er hört und spielt gern Rock, Pop, Beat und auch klassische Musik. Wenn er eine unbekannte Komposition einstudiert, lässt er sich das Stück mehrmals vorspielen und lernt es anschließend auswendig. Die Braille-Notenschrift nutzt er nicht. Er hat sie nie gelernt und spielt grundsätzlich nach Gehör. Seine musikalische Stärke ist, das Gehörte nachzuspielen. Seit 35 Jahren übt er den Beruf als Klavierstimmer aus, mit seiner Arbeit möchte er andere Menschen glücklich machen. Die Musik bestimmt seinen Alltag voll und ganz. Marcus Rohmund findet, dass die Kreativität blinder und sehbehinderter Menschen mehr Beachtung verdient hat. Sie sollte stärker gefördert werden.
Mehr über die Pianomanufaktur August Förster gibt es auf der Webseite www.august-foerster.de.
Foto: Das Stimmen eines auslieferungsfertigen Flügels. Foto: © Pianomanufaktur August Förster [Der Flügeldeckel ist hochgeklappt. Markus Rohmund hält mit dem linken kleinen Finger ein "G" auf der Klaviatur, eine Stimmgabel liegt daneben. Mit seiner rechten Hand dreht er den aufgesetzten Stimmschlüssel.]
[Abb.: Logo Pianomanufaktur August Förster]
Aus der Arbeit des DVBS
...und dann kam die Corona-Krise
Von Marianne Preis-Dewey
Auch auf den DVBS e.V. und seine Aktivitäten wirkt sich Covid-19 erheblich aus. Improvisationstalent und Flexibilität sind gefragt, um in dieser Zeit zu bestehen. So sollte zum Beispiel am 14. und 15. März ein Seminar im Rahmen des DVBS-Mentoringprogramms TriTeam in Frankfurt/Main stattfinden. Alles war gebucht, das Seminarprogramm ausgearbeitet, die Reise geplant. So weit, so gut. Doch dann verschärfte sich die Situation im Hinblick auf Covid-19 am 13. März von Stunde zu Stunde. Eine Nachricht jagte die nächste. Es gab erste Reisewarnungen und die Bevölkerung wurde ermahnt, nur in äußerst dringenden Fällen Reisen anzutreten. Da wir für das Seminar Teilnehmende aus ganz Deutschland erwarteten, die zum Teil eine mehrstündige Bahnreise hätten auf sich nehmen müssen, entschieden wir uns kurzfristig zur Absage, um die Teilnehmenden nicht zu gefährden.
Auch für die DVBS-Selbsthilfetage mit anschließender Mitgliederversammlung vom 21. bis 23. Mai 2020 waren die Einladungen gedruckt und fertig zum Versand. Doch die Situation spitzte sich weiter zu. Erste Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren traten in Kraft. Darum entschieden wir, der DVBS-Vorstand und die Geschäftsführung, alle Präsenzveranstaltungen zunächst bis zum 30. April - jetzt bis 30. Juni - abzusagen und auch die Selbsthilfetage und Mitgliederversammlung sicherheitshalber zu verschieben; der neue Termin wird festgelegt, wenn wir wieder mehr Planungssicherheit haben.
Einfach alle Veranstaltungen ersatzlos ausfallen zu lassen, war aber keine Option für den DVBS und seine aktiven Mitglieder. So führten diverse Bezirks-, Fach- und Interessengruppen kurzerhand anstelle der geplanten Stammtische und Seminare Telefonchats durch, in denen ein reger Austausch zu aktuellen Themen stattfindet.
Das Team in der Geschäftsstelle hat seinen Betrieb ebenfalls umgestellt. Einige Mitarbeitende arbeiten vom Home-Office aus, andere halten die Stellung im Büro, während alle sehr auf die eigene Gesundheit und die der Kolleginnen und Kollegen achten. Für unsere neue Kollegin Petra Krines, die seit dem 1. April 2020 den Bereich Öffentlichkeitsarbeit im DVBS betreut, war es ein ungewöhnlicher Einstieg. Wir hoffen, dass sie sich trotzdem im Team und in unserem Verein wohlfühlen wird und sich gut einarbeiten kann.
Die Corona-Krise wirkt sich auf alle Bereiche unseres Lebens aus. Es ist keine leichte Zeit, und sie wird langfristige Veränderungen vor allem in der Arbeitswelt nach sich ziehen. Die Themen Digitalisierung und digitale Barrierefreiheit sind wichtiger denn je. Wir müssen jetzt alles daransetzen, dafür zu sorgen, dass unsere Interessen angemessen berücksichtigt werden, wenn nun hektisch nach neuen Lösungen gesucht wird. Je mehr wir uns vernetzen und austauschen, desto stärker sind wir. Dies ist eine wichtige Zeit für die Selbsthilfe.
All denjenigen, die sich gerade in dieser Krisenzeit aktiv einbringen, um sich mit anderen Betroffenen in Einzeltelefonaten, Telefonchats oder Mailinglisten auszutauschen und sie zu beraten, sagen wir ein ganz herzliches Dankeschön!
Abb.: Vernetzung ist dank Telefonchats möglich. Abb.: pixabay / kirstyfields [Stilisierter Telefonhörer im blauen Kreis, der in Verbindung mit anderen Kreisen steht.]
Abschluss ohne Schlussstrich: iBoB - ein Projekt mit Folgen
Von Marianne Preis-Dewey und Savo Ivanic
Nach fast dreieinhalb Jahren Laufzeit fand das aus Mitteln der Ausgleichsabgabe geförderte DVBS-Projekt iBoB - inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren -Ende Februar seinen Abschluss. Bei der Abschlusskonferenz in Frankfurt am Main beleuchteten neben Projektpartnern und Beiräten zirka 50 Anwesende die Projektergebnisse und wagten einen Ausblick. Gekommen waren Vertreter von Arbeitsagenturen und Jobcentern, Hochschulen, Berufsförderungswerken, EUTB-Beratungsstellen, Schwerbehindertenvertretungen, Bildungsanbietern und der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe.
Einige Schlaglichter
Entwickelt wurden in iBoB unter anderem die erste bundesweit barrierefrei nutzbare Weiterbildungsplattform mit zahlreichen barrierefreien Angeboten zur beruflichen Weiterbildung. Ein systematisches Anforderungsprofil für barrierefreie Weiterbildungsangebote soll zusammen mit Bildungsanbietern als Standard verbreitet werden. Für blinde und sehbehinderte Nutzer wurde das webbasierte Kompetenzcoaching KODE erprobt, ebenso ein Peer-to-Peer-Mentoring sowie eine spezialisierte Weiterbildungsberatung.
Angebote wie Weiterbildungsplattform, Mentoring oder Beratung (https://weiterbildung.dvbs-online.de) werden vom DVBS fortgeführt und stehen damit auch nach dem Projektende zur Verfügung.
Darüber hinaus hat iBoB Ergebnisse gebracht, die die Selbsthilfearbeit des DVBS strukturell verbessern und verändern können:
- Die unkomplizierte und effektive Kooperation mit Partnern aus der beruflichen Reha für blinde und sehbehinderte Menschen,
- den engen Austausch mit Integrationsfachdiensten und Beratern, hier insbesondere den EUTB-Beratern,
- den guten Kontakt mit den Fachleuten der Reha-Leistungsträger, insbesondere den Reha-Fachberatern der Rentenversicherungen, und den Integrationsämtern und
- die Zusammenarbeit mit zahlreichen Schwerbehindertenvertretungen und Inklusionsbeauftragten in Betrieben, Verwaltungen und Behörden.
Nachhaltigkeit der Projektergebnisse
Der DVBS will die Nachhaltigkeit der Projektergebnisse sicherstellen, weil sie für die strategische Ausrichtung seiner Selbsthilfearbeit entscheidend sind: Sehbeeinträchtigte Beschäftigte sollen insbesondere angesichts der Auswirkungen der digitalen Transformation gestärkt werden in ihrer beruflichen Teilhabe, beim Bemühen um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und den Ausbau ihrer beruflichen Perspektiven. Die etwa 60.000 seheingeschränkten Erwerbstätigen arbeiten zumeist sehr vereinzelt. Der Zugang zu ihnen, ihre Ansprache und Information ist sehr aufwendig. Von daher sind die iBoB-Projektergebnisse trotz ihrer Qualität bei den möglichen Nutznießern noch viel zu wenig bekannt. Deshalb wurden schon in iBoB die oben dargestellten Kontakte und Kooperationen zu den Personen, Organisationen und Institutionen, die blinde und sehbehinderte Beschäftigte in der Arbeitswelt unterstützen, ausgebaut.
Schwerbehindertenvertreter, Personaler, Inklusionsbeauftragte, Berater, aber auch Mitarbeiter der Integrationsfachdienste und -ämter haben sehr häufig keine Erfahrung und wenig Fachkompetenz in der beruflichen Teilhabe sehbeeinträchtigter Menschen. Der DVBS bietet sich als Informant, Kontaktgeber und P2P-Partner der Betroffenen an. Im Gegenzug verweisen die Unterstützer ihre spezifischen Klienten ergänzend zu ihren eigenen Bemühungen auch an den DVBS als Selbsthilfeorganisation.
AGNES@work
Mit seinem neuen Projekt "Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige - Beratungs- und Kompetenznetzwerk am Arbeitsplatz" (AGNES@work) wird der DVBS die oben dargestellte Strategie der Teilhabeunterstützung insbesondere angesichts der laufenden digitalen Transformation der Arbeitswelt verstärken, effektivieren und verstetigen. Sehbeeinträchtigte Beschäftigte und ihre Unterstützer sollen im konkreten Bedarfsfall und vor Ort gestärkt werden. Dazu wird der Einsatz multiprofessioneller mobiler Task-Forces erprobt. Sie sollen aus Fachleuten der Reha-Leistungserbringer, mit denen zum Teil schon das iBoB-Team kooperiert hat, gebildet werden. Darüber hinaus sollen sehbeeinträchtigungsspezifische, alltagstaugliche Informations- und Bildungsangebote für Schwerbehindertenvertretungen, Personal und auch die Fachleute der Reha-Leistungsträger erprobt werden.
Ein besonderer Arbeitszweig von AGNES@work wird sich mit den Informationsprodukten beschäftigen, die im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie geschaffen werden. Auch hier will das Projektteam für Barrierefreiheit sorgen und die iBoB-Weiterbildungsplattform integrieren.
[Abb.: Logo iBoB]
Durch den Spiegel nach vorn blicken: DVBS-Arbeitsausschuss 2019
Von Norbert Bongartz
Einmal jährlich trifft sich der Arbeitsausschuss des DVBS, bestehend aus den Leiterinnen und Leitern seiner Bezirks-, Fach- und Interessengruppen, um über die Geschicke des Vereins zu beraten, diesmal - verbunden mit einem Wochenendseminar für Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler - vom 15. bis zum 17. November 2019 in Bad Soden. Neben den intensiv diskutierten Vereinsthemen, die im Folgenden näher beleuchtet werden, stellt sich doch immer wieder heraus, dass der lockere, informelle Austausch bei den Mahlzeiten und an den Abenden zu wichtigen Kooperationen und neuen Ideen führt. Man lernt eben auf zwanglose Weise viel voneinander. Auch deshalb werden die Ehrenamtsseminare von allen Teilnehmenden stets, und so auch in diesem Jahr, als fruchtbar empfunden.
Der DVBS-Vorstand berichtet
Im Sommer wurde ein neues Projekt mit dem Namen AGNES@work beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beantragt, dessen Ziel es ist, ein multiprofessionelles Kompetenznetzwerk aufzubauen. Außerdem setzt es auf der im Juni 2019 veröffentlichten Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) auf, in der digitale Medien zwar eine große Rolle spielen, der Begriff Barrierefreiheit aber nur einmal genannt wird.
Die Tochtergesellschaft AbD - Agentur für barrierefreie Dienstleistungen UG (haftungsbeschränkt) wurde inzwischen gegründet. Hierüber hatte der Arbeitsausschuss in seiner außerordentlichen Sitzung im Juni 2019 beraten und entschieden.
Im Rahmen der Vorbereitungen zum Kongress für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik setzt der DVBS einen Schwerpunkt, den ausschließlich er als Selbsthilfeorganisation bieten kann. Es wurde ein Referat zum Thema "Blind Date an der Schule - welche Chancen haben blinde und sehbehinderte Pädagogen?" vorbereitet, d.h., Inklusion soll aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet werden: nicht nur aus dem der SchülerInnen, sondern auch aus dem der blinden und sehbehinderten LehrerInnen.
Zukünftig wird politisch eine große Rolle spielen, dass in absehbarer Zeit die Umsetzung des European Accessibility Act (EAA) in deutsches Recht ansteht. Positiv dürfte sich auswirken, dass dann nur noch die Produkte, die Anforderungen der Barrierefreiheit erfüllen, auf den Markt dürfen, z.B. Computer, E-Book-Reader, Zahlungsterminals o.ä. Die entsprechende Richtlinie ist jedoch sehr kompliziert und lässt Spielräume. Eine Gruppe interessierter DVBS-Mitglieder und solche des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) wird sich hierzu abstimmen.
Zum Engagement von Ehrenamtlern muss aufgrund von immer kurzfristiger geforderten Stellungnahmen und des insgesamt schnelllebiger gewordenen politischen Tagesgeschäftes die hauptamtliche Unterstützung angepasst werden. Dieser Prozess ist keineswegs abgeschlossen und wird in der Kooperation zwischen Vorstand, Arbeitsausschuss und Geschäftsstelle abgestimmt und durchgeführt.
Beschlüsse des Arbeitsausschusses
Der Arbeitsausschuss stellt den Jahresabschluss für 2018 fest und beschließt den Wirtschaftsplan für 2020. Dabei gibt der Vorstand zu bedenken, dass der Haushalt zwar nicht kritisch sei, man sich jedoch keinerlei "große Sprünge" erlauben könne.
Weiterhin entscheidet der Arbeitsausschuss über einen Antrag zur Namensänderung. Demnach soll auf der nächsten Mitgliederversammlung der Name des Vereins in "Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten für Bildung und Beruf" geändert werden.
Neue Herausforderungen in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
Zu diesem Themenspektrum wurden vier parallel stattfindende Workshops durchgeführt und deren Ergebnisse in einem Abschlussplenum zusammengetragen.
Die Teilnehmenden des Workshops "Das Fremdbild des DVBS - Das Image des DVBS aus Sicht der Öffentlichkeit" unter der Leitung von Leonore Drewes und Carsten Otto gingen der Frage nach, wie der DVBS von unterschiedlichen Personengruppen und Institutionen wahrgenommen wird. Arbeitslose, Studierende, Senioren und die große Gruppe der Berufstätigen benötigen medial eine andere Ansprache als Menschen, die aus dem Blickwinkel von Institutionen wie Arbeitsagenturen, Gewerkschaften und Seniorenorganisationen Inhalte des Vereines wahrnehmen sollen.
Im Workshop "Das Selbstbild des DVBS - Wie nehmen die Mitglieder ‚ihren‘ Verein wahr? Welches interne Image leitet sich aus dieser Wahrnehmung ab?" erarbeiteten die Teilnehmenden unter der Leitung von Josef Kurmann und Dr. Andreas Wagner die sehr heterogene Zusammensetzung der Mitgliedschaft bezogen auf ihre Lebenssituation (Alter, Beruf, berufstätig, arbeitslos u. v. m.) sowie das damit verbundene Medienverhalten und die entsprechenden Anforderungen an die zur Verfügung stehenden Medien. Durch die Heterogenität des Vereines ist es aufgrund von personellen und finanziellen Möglichkeiten eine gewaltige Herausforderung, medial alle Mitglieder gleichermaßen "im Blick" zu behalten.
Im dritten Workshop "Genutzte Informationen und Kommunikationswege - Welche Wege haben sich bewährt, worin liegen die Ursachen hierfür?” nahm man unter der Leitung von Andrea Katemann und Uwe Boysen die Nutzung und Rückmeldungen zu den aktuell angebotenen Vereinsmedien des DVBS (horus, DVBS-Podcast, Mitgliederrundbrief, Fach- und Bezirksgruppeninformationen, Mailinglisten, Homepage und deren Außenwirkung sowie Flyer und Broschüren) unter die Lupe. Im Ergebnis wird keines der Medien als abschaffenswert betrachtet. Vielmehr sollte man daran arbeiten, den vorhandenen Medienmix besser miteinander zu vernetzen. Generell sollten gute Artikel besser vermarktet werden. Dabei ist mindestens eine Veröffentlichung in nicht DVBS spezifischen anderen Medien erstrebenswert.
Die Teilnehmenden des Workshops "Mehr erreichen durch neue Wege und Informationen - Wie kommunizieren wir zeitgemäß” befassten sich unter Leitung von Karl Matthias Schäfer mit dem großen Angebot an unterschiedlichen Sozialen Medien und den jeweiligen Ziel- bzw. Nutzergruppen und Zielen der Angebote.
Social Media lebt davon, dass Sender und Empfänger miteinander kommunizieren. Die Herausforderung ist also, die Diskussion so zu steuern, dass durch gute Argumentation die Zielsetzung des Vereins im Fokus behalten wird. Daher ist es wichtig zu beachten, dass soziale Medien intensiv betreut werden müssen und der DVBS nur über begrenzte personelle Möglichkeiten verfügt, alle Netzwerke zu bedienen. Deshalb sollte der DVBS nicht in allen sozialen Medien präsent sein wollen. Selbstverständlich gilt es dennoch, bei allen Beiträgen auf gute Qualität und auf die Einhaltung rechtlicher Vorgaben sowie auf die Richtlinien des Datenschutzes zu achten. Regelmäßig müssen Kennzahlen beobachtet werden, um herauszufinden, welche Art von Beiträgen wie gut angenommen wird.
Fazit
Zusammenfassend waren sich alle Teilnehmenden nach der Vorstellung der einzelnen Workshopergebnisse einig, dass sich alle medialen Angebote des DVBS an den in den Workshops festgestellten Leitfragen orientieren müssen:
- Welche Gruppe/n ist/sind angesprochen?
- Welche Ziele werden verfolgt?
- Welche Ressourcen (finanziell und personell) sind verfügbar?
- Ist eine hohe - insbesondere fachliche - Qualität sichergestellt?
Abschließend dankte der Vorsitzende des Arbeitsausschusses, Norbert Bongartz, für das große Engagement der Teilnehmenden und warb darum, dieses auch in Zukunft fortzusetzen.
Autorenfoto Norbert Bongartz, Vorsitzender des DVBS-Arbeitsausschusses. Foto: privat [Portraitfoto im Polaroid-Stil. Norbert Bongartz lächelt. Er trägt eine Brille.]
Aus der blista
Homeoffice an der blista
Von Giuliano Vecchione
Liebe Leserin, lieber Leser,
auch wir Schüler*innen sind von der bundesweiten Schulschließung betroffen. Am Freitag hieß es noch seitens der Schulleitung, dass der Betrieb der Schule bestehen bleibe, man sich aber den offiziellen Verlautbarungen des Hessischen Kultusministeriums bezüglich des Schulbetriebs anschließe. Noch am selben Abend ging es in den Schüler-WhatsApp-Gruppen heiß her, denn auf der Seite der blista wurde offiziell verkündet, dass der Schulbetrieb bis auf weiteres bis zum Ende der hessischen Osterferien eingestellt werde. Bereits am darauffolgenden Tag, dem 14.03.2020, wurden die Eltern der Schüler*innen über die Schließung der Einrichtung telefonisch informiert.
Fünf Wochen Ferien? Das klingt doch super. Oder?
Leider nicht, denn das Lehrpersonal der Carl-Strehl-Schule erarbeitete eine Lösung, welche das Arbeiten von zu Hause aus vorsieht.
Die Klassenlehrer stellen in den Schulnetzen EDU und Moodle den Wochenplan, eine Datei, in der die Fachlehrer die zu bearbeitenden Materialien nennen, zur Verfügung. In jener steht dann auch das Datum, bis zu welchem die Schüler*innen die Arbeitsaufträge erledigt und per Mail an die entsprechenden Fachlehrer geschickt haben müssen.
EDU und Moodle? Was ist das?
Ja, das fragen Sie sich sicher. Ich versuche, es Ihnen zu erklären:
Bei EDU handelt es sich um das von den Lehrern im Schulalltag eher genutzte Medium. Jede*r Schüler*in ab der Jahrgangsstufe 7 hat Zugriff auf beide Netze. Sie sind wie die Cloud von Microsoft, Google oder Apple: Lehrer und Schüler können hier Dateien austauschen.
Moodle ist eine besser entwickelte Plattform, denn sie ermöglicht neben einem Dateiaustausch auch eine Mitteilungsfunktion mittels eines E-Mail-Verteilers und hat eine Kalenderfunktion, bei der man nicht nur Termine eintragen kann, sondern auch gleich als Lehrer festlegen kann, welche Dateien wann benötigt werden. Mit Dateien meine ich Word-Dokumente, die die Arbeitsaufträge der Schüler*innen beinhalten. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich EDU als Ordneransicht im Windows Explorer anzeigen lässt, während Moodle nur über einen Browser zu erreichen ist und dem Nutzer eine Kursansicht präsentiert. Manche kennen dies vielleicht noch aus dem Studium, denn Universitäten nutzen zur Bereitstellung der Lerninhalte ähnliche Systeme. Moodle wird für Mitteilungen seitens der Schule nahezu täglich genutzt. Ebenso ist der Vertretungsplan über jenes zu finden. Im Unterricht nutzen es aber vorwiegend die Lehrer der Oberstufe, was sich in der nächsten Zeit ändern könnte, denn die IT der blista ist stetig dabei, Moodle zu verbessern, und man kann davon ausgehen, dass EDU eines Tages vollständig abgelöst wird.
Bevor Sie sich fragen, ob es in der Carl-Strehl-Schule auch Tafeln gibt, kann ich Ihnen sagen, ja, aber nicht nur klassische. Um den Schüler*innen gleichberechtigt Inhalte zu vermitteln, nutzen die Lehrer*innen das sogenannte blista-pad, bei dem einer etwas schreiben kann, was alle, die die entsprechende Web-Adresse aufrufen, lesen können. Es wurde kürzlich um eine Chat-Funktion ergänzt, um das Arbeiten von zu Hause aus und damit auch den Austausch zwischen Lehrern und Schülern noch besser zu ermöglichen.
In jedem Fall kann man sagen, dass die Carl-Strehl-Schule für die Schule von Morgen bereit ist.
Foto: Ein Schüler erledigt seine Hausaufgaben via Moodle-Plattform. Foto: blista [Blick von oben auf den Heimarbeitsplatz.]
Firma Help Tech macht's möglich: Neue Ausstattung für die Ausbildungsräume der blista
Mit einer Spende für die technische Ausstattung von Schulungsräumen unterstützt die Firma Help Tech die Carl-Strehl-Schule der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) in Marburg. Am Donnerstag, dem 20.02.2020, überreichten der Geschäftsführer Marc Züfle und der Vertriebsleiter Hans Katalenic sechs neue Handy Tech-Braillezeilen an blista-Direktor Claus Duncker. Mit einer Braillezeile können blinde Menschen zum Beispiel Dokumente in Blindenschrift lesen oder Texte eingeben.
In Zeiten der Digitalisierung sind Blindenschriftausgabegeräte, sogenannte Braillezeilen, nach wie vor unverzichtbar im Beruf und für die Ausbildung blinder Menschen. Der Firma Help Tech liegt die Bildung blinder und sehbehinderter Menschen am Herzen. Mit der Spende von insgesamt sechs Braillezeilen möchte das Unternehmen dem besonderen Engagement der blista danken.
"Für Menschen mit Blindheit sind Braillezeilen der Weg zu Bildung und Weiterbildung. Bildungseinrichtungen wie die blista ermöglichen es, dass das enorme Potenzial, welches in vielen blinden Menschen steckt, richtig gefördert werden kann", erklärte Geschäftsführer Marc Züfle. "Die Brailleschrift ist ein wichtiger Schlüssel zur Teilhabe. Wir freuen uns sehr über diese großzügige Spende", sagte blista-Direktor Claus Duncker dankend. Danijel, der als Oberstufenschüler der Carl-Strehl-Schule die Spende als erster ausprobieren durfte, stellte vergnügt fest, dass sich wohl alle Sprachen dieser Welt auf dieser neuen Braillezeile einstellen lassen. Die Bedienung sei einfach und erkläre sich intuitiv.
"Unsere Mission ist es, immer wieder neue Zugänglichkeiten für Blinde und Sehbehinderte zu schaffen und somit Barrieren abzubauen", so Help Tech Geschäftsführer Marc Züfle. Die neuen Braillezeilen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern hierfür die bestmöglichen Voraussetzungen. Blinde Menschen haben mit einer Berufsausbildung oder qualifizierten Bildungsabschlüssen deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ob als Informatikerin, als Jurist, im Büro und vielen weiteren Bereichen: Durch Braillezeilen und weitere elektronische Hilfsmittel hat sich das Spektrum für die Berufswahl deutlich erweitert.
Help Tech ist bundesweit tätig und hat unter anderem ein Fachgeschäft in zentraler Lage von Marburg, in der Elisabethstraße 13. Das Unternehmen selbst beschäftigt viele blinde Mitarbeiter - ob in der Entwicklung, in der Kundenberatung oder im Support. Ein Großteil der Mitarbeiter sind ehemalige Absolventen der blista. Mehr Informationen unter www.helptech.de.
Foto 1: blista-Schüler Danijel freut sich über die neuen Braillezeilen von Help Tech. Foto: blista
Foto 2: (v.l.n.r.) Mathias Datzer und Marc Hellwig, Leiter der Zentralen IT (beide blista), Hans Katalenic, Vertriebsleiter, und Marc Züfle, Geschäftsführer, (beide Help Tech), Schüler Danijel, Claus Duncker, Direktor, und Patrick Temmesfeld, stellv. Direktor der blista. Foto: blista [Gruppenfoto]
Bücher
Hörbuchtipps aus der blista
Von Thorsten Büchner
Rafik Schami: Die geheime Mission des Kardinals
Hanser, München, 2019. Bestellnummer: 873601 Laufzeit: 14 Std. 31 Min.
Noch herrscht Friede in Syrien. Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt 2010 ein Fass mit Olivenöl angeliefert, darin die Leiche eines Kardinals. Kommissar Barudi will das Verbrechen aufklären; Mancini, ein Kollege aus Rom, unterstützt ihn und wird sein Freund. Auf welcher geheimen Mission war der Kardinal unterwegs? Wie stand er zu dem berühmten Bergheiligen, einem Muslim, der sich auf das Vorbild Jesu beruft? Bei ihrer Ermittlung fallen die beiden Kommissare in die Hände bewaffneter Islamisten. Rafik Schamis neuer Roman erzählt von Glaube und Liebe, Aberglaube und Mord und führt uns tief in die Konflikte der syrischen Gesellschaft und in das berufliche Schicksal und die Liebe eines aufrechten Kommissars.
Emilia Smechowski: Rückkehr nach Polen. Expeditionen in mein Heimatland
Hanser Berlin, München, 2019. Bestellnummer: 874751 Laufzeit: 9 Std. 29 Min.
Polen vor den richtungsweisenden Parlamentswahlen im Oktober 2019: Emilia Smechowski, Deutsche und Polin, porträtiert ein zerrissenes Land. Lange glaubten wir im Westen: Polen ist frei und demokratisch, ein junges europäisches Land im Start-up-Modus. Dann wählte die Mehrheit rechtskonservativ - und unser Bild zerbrach. Für Emilia Smechowski ist Polen Heimat - eine Heimat, die sie als Kind verließ und in die sie nun zurückkehrt, um dort zu leben, als Bürgerin des Landes. Sie beschreibt eine zerrissene Nation: Der Riss geht durch die Familien, er ist präsent, wenn beim Sonntagsessen über Politik gestritten oder geschwiegen wird. Smechowski erzählt vom Alltag voller Widersprüche, sie spricht mit Politikern wie Bauern, um zu verstehen: Was ist seit 1989 passiert, dass so viele Menschen nicht mehr an den Wert der Freiheit glauben?
Monika Geier: Alles so hell da vorn
Argument Verlag, Hamburg, 2017. Bestellnummer: 840811 Laufzeit: 13 Std. 00 Min.
Es ist der bereits 7. Fall, den Bettina Boll in der Pfalz zu lösen hat. Und der fängt diesmal besonders unschön an. Ihr Kollege Ackermann, dem sie auch persönlich nahe stand, wird erschossen aufgefunden. Die Tat erfolgte in einem Bordell. Seine Hure, die Täterin, befindet sich auf der Flucht. Monika Geier gewann für diesen Krimi 2018 den "Deutschen Krimipreis".
Andreas Reckwitz: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne
Suhrkamp, Berlin, 2017. Bestellnummer: 845111 Laufzeit: 20 Std. 41 Min.
Andreas Reckwitz untersucht den Prozess der Singularisierung, wie er sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Ökonomie, Arbeitswelt, Netzkultur, Lebensstilen und Politik abspielt. Mit dem Anspruch einer Theorie der Moderne zeigt er, wie eng dieser Prozess mit der Kulturalisierung des Sozialen verwoben ist, welch widersprüchliche Dynamik er aufweist und worin seine Kehrseite besteht. Die Gesellschaft der Singularitäten kennt nämlich nicht nur strahlende Sieger. Sie produziert auch ihre ganz eigenen Ungerechtigkeiten, Paradoxien und Verlierer.
Hörbücher zum Schwerpunktthema "Sport"
Klaus Zeyringer: Olympische Spiele. Eine Kulturgeschichte von 1896 bis heute. Band 1: Sommer
Fischer, Frankfurt/Main, 2016. Bestellnummer: 811781 Laufzeit: 25 Std. 25 Min.
Kulturgeschichte der Olympischen Spiele von 1896 bis heute: Die Wandlung vom idealistischen Sportereignis zum kommerziellen Massenspektakel unter Berücksichtigung politischer, kultureller und sozialer Aspekte der jeweiligen Zeit.
Klaus-Michael Braumann: Wie bleibe ich fit? Einfache Übungen für den Alltag
Ellert und Richter, Hamburg, 2017. Bestellnummer: 827371 Laufzeit: 3 Std. 43 Min.
Der Sportmediziner Klaus-Michael Braumann hat ein Trainingskonzept entwickelt, wie jeder mit nur wenigen Hilfsmitteln und einem Minimum an Zeitaufwand gesund und fit bleibt. Anhand von einfachen Übungen, die jederzeit zuhause oder unterwegs durchführbar sind, hat er für Anfänger und Profis Trainingseinheiten zusammengestellt. Viermal 30 Minuten pro Woche reichen, um schlank, stark und fit zu bleiben oder zu werden. Ergänzend gibt er Ernährungstipps.
Ihr Kontakt zur DBH
Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
Am Schlag 2-12
35037 Marburg
Telefon: 06421 6060
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
oder über unseren barrierefreien Online-Katalog unter
katalog.blista.de
Buchtipps aus der Braille-Druckerei
Von Thorsten Büchner
Peter Wohlleben: Das geheime Netzwerk der Natur. Wie Bäume Wolken machen und Regenwürmer Wildschweine steuern
Ludwig, München, 2017. Bestellnummer: 4889, 2 Bände, KR, 43 Euro (in Papier und für Braillezeile erhältlich)
Der Förster Peter Wohlleben erklärt die teilweise komplexen Mechanismen in der Natur. Wieso haben Wölfe Einfluss auf die Ufergestaltung von Flüssen, warum leidet die spanische Schinkenproduktion unter dem Anwachsen der Kranichbestände und was haben amerikanische Seeforellen mit dem Rückgang der Hirschpopulation im Yellowstone-Nationalpark zu tun? Überall gibt es überraschende Zusammenhänge. Alles ist mit allem verbunden und kleine Eingriffe können große, ungeahnte Folgen haben.
Laura Ellen Anderson: Amalia von Flatter: Vampire tanzen nicht mit Feen
Schneiderbuch Egmont, Berlin, 2018. Bestellnummer: 4925, 1 Band, in VR und KR verfügbar, 21,50 Euro (in Papier erhältlich)
Amalia ist ein ganz normales Vampirmädchen mit kleinen Fangzähnen und zwei monster-guten Freunden. Ihre Eltern wollen wie jedes Jahr ein großes Fest feiern und dieses Mal ist sogar noch ein anderer Vampirjunge eingeladen. Doch Prinz Marillo stellt alles auf den Kopf und entführt Amalias kleinen Kürbis. Gemeinsam mit ihren Freunden macht Amalia sich auf den Weg, um ihr geliebtes Haustier zurückzuholen.
Patricia Schröder: Erst ich ein Stück, dann du: Ein Drachenfreund für Linus
CBJ Verlag, München, 2007. Bestellnummer: 4923, 1 Band (mit Spiralbindung), VR, 24,90 Euro (in Papier erhältlich; für das gemeinsame Lesen konzipiert: Abschnitte für erfahrene Vorleser wechseln sich mit Textpassagen mit Anzeige von Großschreibung und größerem Zeilenabstand für Leseanfänger ab.)
Fumo, der kleine Drache, schämt sich fürchterlich: Er kann kein Feuer spucken. Nicht das kleinste Rauchwölkchen kringelt sich aus seinen Nüstern, als er den großen Drachen seine Künste vorführen soll. Untröstlich flieht Fumo und läuft direkt Linus in die Arme. Linus kann auch kein Feuer spucken, denn Linus ist ein Menschenjunge. Bald sind die beiden dicke Freunde, und als Fumo das Menschendorf vor einem Unglück bewahrt, ist ihm klar: Man muss kein Feuer spucken können, um ein großer Held zu sein.
Ulf Blanck: Die drei ??? Kids: Der Fußball-Roboter
Kosmos Verlag, Stuttgart, 2018. Bestellnummer: 4895, 1 Band, KR, 21,50 Euro (in Papier erhältlich)
Ein wirklich außergewöhnliches Fußballturnier findet auf dem Marktplatz in Rocky Beach statt. Fußball-Roboter spielen im KO-System gegeneinander. Aber gleich zu Beginn des Turniers passieren mysteriöse Dinge. Im Finale müssen die drei ??? Kids gegen einen Roboter antreten, der alle Tricks drauf hat ...
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Panorama
Online-Konferenz "Wert der Versorgungsforschung"
Der 2. Interdisziplinäre Fachtag des SightCity Forum Beirats zum Thema "Wert der Versorgungsforschung für Menschen mit Sehbehinderung und Erblindung", der zum Vortrags- und Weiterbildungsprogramm des Frankfurter SightCity-Forums 2020 gehört, findet in kürzerer Form als Video-/Telefonkonferenz am 29. Mai 2020 von 8.45 Uhr bis 12.30 statt. Die Teilnahme ist kostenlos.
Die SightCity selbst, die weltweit größte Hilfsmittelmesse für Sehbehinderte und Blinde, fällt in diesem Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie jedoch aus. "Die Gesundheit aller an der Messe Beteiligten - Besucher, Mitarbeiter, Aussteller und Referenten - steht an erster Stelle." erklärte Ingrid Merkl, Geschäftsführerin der SightCity GmbH, die Absage der Messe, bei der um die 3800 Besucherinnen und Besucher erwartet worden waren. Die nächste SightCity ist für den 19. bis 21. Mai 2021 geplant.
Informationen zum Fachtag gibt es bei Beatrix Seeliger, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Linktipp: Wie erleben blinde Fußballfans die Bundesligaspiele?
Von Jochen Schäfer
Ralf Bosse ist seit 1992 Sportjournalist. Seit einigen Jahren betreibt er "Bosses Bundesliga-Blog" (www.ralfbosse.de/bosses-bundesliga-blog). Jeden Donnerstag präsentiert er dort in seinem Podcast eine neue Folge zu verschiedenen Bundesligathemen, wo er Interviews mit Trainern, Spielern, Fans oder Gästen führt. Folge 26 vom 06.02.2020 ist eine ganz besondere. Unter dem Titel "Wie erleben blinde Fußballfans die Bundesligaspiele?" interviewt er Sezen Stearn, Fan von Eintracht Frankfurt und Mitglied des Fanclubs mit dem spannenden Namen "Sehhunde e. V.", der seit 1999 für Live-Audiodeskription in deutschen Stadien sorgt. Sezen berichtet über ihre Erfahrungen bei der "Eintracht-Familie" und wie nützlich Audiodeskription für blinde Fans ist - vor allem, um das "Kopfkino" zu aktivieren.
Die Folgen sind über Spotify (mit der Spotify App), aber auch über iTunes via Apple zu hören. Der direkte Link zu Folge 26:bosses-bundesliga-blog-dein-fussball-podcast/id1474937180?i=1000464747402 (auch über PC mit Win10 hörbar).
Für sehende wie blinde/sehbehinderte Fußballfans ein echtes Hörvergnügen.
Universität zu Köln: Neue Internetseite für Erfahrungsberichte
Eine Internetseite möchte Studierenden und Mitarbeitenden mit Behinderungen an der Universität zu Köln eine Stimme geben. Die sehr persönlichen Berichte geben einen Einblick in ein Studium oder den Berufsalltag mit Behinderungen, machen Stärken, aber auch Herausforderungen sichtbar. Die Seite "Den Menschen eine Stimme geben" möchte sensibilisieren, informieren, zum Perspektivwechsel anregen und ein Forum bieten. Siehe: den-menschen-eine-stimme-geben
Broschüre: Beratung im Profil
Von Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS)
Die Sozialberatung und die Psychologische Beratung der Studentenwerke sind wichtige Teile der sozialen Infrastruktur an den Hochschulen - sie fördern die Chancengerechtigkeit im Studium. Neben diesem direkten Nutzen für die Studierenden haben sie auch einen volkswirtschaftlichen Effekt: Sie helfen dabei, Studienverlängerungen zu verhindern, und senken so die Kosten eines Studiums. Von den Beratungsangeboten profitieren vor allem Studierende in besonderen Lebenslagen: Studierende mit Familienaufgaben, mit Behinderung oder chronischer Krankheit sowie internationale Studierende. Damit tragen die Studentenwerke dazu bei, Integration und Inklusion in der Bildung zu fördern.
Das Deutsche Studentenwerk in Berlin liefert in seiner 32-seitigen Broschüre "Beratung im Profil" Zahlen, Fakten und Konzepte der Beratungsangebote (Stand März 2019). Die Broschüre steht zum Download bereit unter dsw_beratung_web_nolock.pdf oder kann per E-Mail bestellt werden bei: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Herzlichen Glückwunsch, Brailleschrift!
Die Verwendung und Weitergabe der Brailleschrift wurde jetzt in die bundesweite Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Blindenschrift wird damit als Ausdruck von Kreativität, Identität und für das gesellschaftliche Zusammenleben prägend anerkannt.
"Die Brailleschrift und ihre Anwendung bilden das Fundament für die Bildungschancen blinder Menschen und ihre berufliche und soziale Teilhabe", so würdigt die Deutsche UNESCO-Kommission das System der sechs tastbaren Punkte auf ihrer Webseite. Damit wird ihre große Bedeutung als Kulturgut der Behindertenselbsthilfe über den Kreis der Anwenderinnen und Anwender hinaus für alle sichtbar.
Erfunden wurde die Brailleschrift 1825 von dem damals 16-jährigen blinden Franzosen Louis Braille. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatte sie sich als Schrift für blinde Menschen durchgesetzt. Heute wird sie weltweit in Schulen, Rehabilitationseinrichtungen, Verbänden und Vereinen unterrichtet und genutzt. Sie hat den Sprung ins digitale Zeitalter geschafft und wird etwa durch Screenreader-Software, die die Darstellung von Computerinhalten auf so genannten Braillezeilen steuert, angezeigt.
Von Künstlerischen Drucktechniken, Musikinstrumentenbau bis Volkstanz und Rheinischem Karneval - 97 Einträge enthielt das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes 2019. Die UNESCO hat die nötigen Kriterien 2003 festgelegt. Dazu gehören eine "nachweisbare Lebendigkeit und eine identitätsstiftende Komponente für die Trägergemeinschaft", die "Weitergabe von Wissen und Können", eine "kreative Weiterentwicklung", "freier Zugang zu der Tradition sowie eine Einbindung der gesamten Gemeinschaft". Die Eintragung ist Voraussetzung, um für eine der drei internationalen UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes nominiert zu werden. Pro Jahr ist nach den UNESCO-Regularien allerdings maximal eine eigenständige Nominierung pro Vertragsstaat möglich.
Die Aufnahme in die bundesweite Liste ist Würdigung und Verpflichtung zugleich. Denn, so die Deutsche UNESCO-Kommission: "... es geht bei der Erhaltung der Kulturformen (...) nicht um Konservierung oder Schutz eines bestimmten Zustands, sondern um Entwicklungsfähigkeit".
Über die Auszeichnung freut sich die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), der sich um die Aufnahme bemüht hatte. Wir wünschen der Brailleschrift weiterhin viele Nutzerinnen und Nutzer und dass sie auch in den kommenden Jahrzehnten mit den Entwicklungen der Sprache, Gesellschaft und Digitalisierung mithält!
Eine feierliche Veranstaltung anlässlich der Auszeichnung mit Übergabe einer Urkunde ist in Planung.
Weitere Infos gibt es unter immaterielles-kulturerbe-deutschland/brailleschrift und auf www.dbsv.org
Silbertelefon" für Ältere - Ein Mittel gegen die Einsamkeit>
Der Berliner Verein Silbernetz e. V. bietet älteren oder von Einsamkeit betroffenen Menschen eine Hotline an, bei der man einfach mal reden kann. Von 8.00 bis 22.00 Uhr stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - die meisten sind selbst Ältere - telefonisch für Fragen oder zum Plaudern zur Verfügung. Ganz unabhängig von jeder Corona-Krise gedacht, hat dieses Angebot für allein oder isoliert lebende Menschen in den letzten Wochen mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Wenn Enkel und Nachbarn nicht mehr zu Besuch kommen, weil sie befürchten, ungewollt einen Virus zu übertragen, kann räumliche Isolation unerträglich werden. "Keine Frage zu groß. Kein Problem zu klein. Kein Grund, damit allein zu sein", lautet der Slogan von Silbernetz e. V., damit ältere Menschen auch in dieser schwierigen Situation Gehör finden. Das Gespräch ist anonym, vertraulich und kostenfrei.
Das "Silbertelefon" ist täglich bundesweit unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 4708090 zu erreichen.
Weitere Infos unter www.silbernetz.org
Impressum
horus 2/2020, Jg. 82 der Schwarzschriftausgabe
Herausgeber
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
Redaktion
- für den DVBS:
Uwe Boysen, Andrea Katemann und Mirien Carvalho Rodrigues - für die blista:
Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier
Koordination
DVBS-Geschäftsstelle
Sabine Hahn
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Tel.: 06421 94888-0
Fax: 06421 94888-10
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.dvbs-online.de
Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung der Redaktion.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)
Uwe Boysen (DVBS) und Dr. Imke Troltenier (blista)
Verlag
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg, ISSN 0724-7389
- Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen,
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! - Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! - Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
Erscheinungsweise
Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.
Jahresbezugspreis
- 22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe,
- 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.
Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.
Bankkonto des DVBS
Sparkasse Marburg-Biedenkopf
IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80
BIC: HELADEF1MAR
Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.
Titelbild
Sportlich aktiv im Judo, beim Tennis oder mit dem Pezziball. Fotos©: blista (links), Marc Hunold (oben), Funk @100percentme (unten).
Nächste Ausgabe (horus 3/2020)
Schwerpunktthema: "Technik im Alltag"
Erscheinungstermin: 31. August 2020
Anzeigenannahmeschluss: 24. Juli 2020
Redaktionsschluss: 19. Juni 2020
Anzeigen
Für gewerbliche Anzeigen und Beilagen erhalten Sie gerne unsere horus-Mediadaten.
Private Kleinanzeigen bis zu einer Länge von 255 Zeichen werden kostenlos abgedruckt. Danach werden 17 Euro pro angefangene 255 Zeichen berechnet. Für die korrekte Wiedergabe ihres Inhalts (z. B. Namen, Anschriften usw.) kann keine Haftung übernommen werden.
Gewerbliche Kleinanzeigen
Eine interessante und vielseitige Tagung zum Thema "Barrierefreiheit FÜR ALLE im öffentlichen Raum" ist in Marburg für 2./3. Juli 2020 geplant. Es lohnt, Programm und Referenten unter www.boehri.de/dietmar_boehringer/ zu studieren. Anmeldung ohne Risiko!
Private Kleinanzeigen
Einkaufsfuchs, fast neu, von privat abzugeben (Verhandlungsbasis). Telefon: 0202 424590
Anzeigen
Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. - blista
Schnuppern macht Spaß!
Reinschauen in eine Schule mit einem einmaligen Profil: Ganzheitliche Förderung, spezifische Unterstützung und eine große Auswahl an qualifizierten Bildungsabschlüssen ...
Schnuppertage (jeweils von 10 Uhr bis 15 Uhr)
- September 2020 - Anmeldeschluss: 24.08.2020
- Oktober 2020 - Anmeldeschluss: 14.10.2020
- Dezember 2020 - Anmeldeschluss: 25.11.2020
- Februar 2021 - Anmeldeschluss: 10.02.2021
- April 2021 - Anmeldeschluss: 14.04.2021
Wir beraten Sie gern!
Barbara Krönert-Ritz ist Ihre Ansprechpartnerin für alle schulischen Angebote, Tel. 06421 606-339, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Otfrid Altfeld freut sich auf Gespräche mit Ausbildungs- und Umschulungsinteressierten, Tel. 06421 606-541, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
blistaCampus, Am Schlag 2-12, 35037 Marburg
www.blista.de
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. - DBSV
Der DBSV sucht für sein engagiertes Team in Berlin Mitte zum nächstmöglichen Zeitpunkt Verstärkung in Teilzeit (30 Wochenstunden) für den Bereich Koordination der patientenorientierten Arbeit mit dem Beratungsangebot "Blickpunkt Auge".
Sie unterstützen die derzeitige Koordinatorin mit der Perspektive, deren Aufgaben in einem Team mitverantwortlich zu übernehmen. Die vollständige Stellenausschreibung finden Sie unter www.dbsv.org/stellen.
Ihre Bewerbung senden Sie bitte ausschließlich per E-Mail bis 20.06.2020 an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. - DVBS
Selbsthilfe lohnt sich!
- Vernetzung durch Fach-, Interessen und Bezirksgruppen
- Beratung zu Ausbildung, Studium und Berufstätigkeit
- Mentoring in Ausbildung, Studium und Beruf durch erfahrene, selbst von Sehbeeinträchtigung Betroffene
- Weiterbildung in Seminaren und Tagungen
- Arbeitsmarkt-News durch die Mailingliste "DVBS Jobservice
Wir sind für Sie da!
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-0, Fax: 06421 94888-10, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; www.dvbs-online.de; weiterbildung.dvbs-online.de
HELP TECH - Helfen heißt verstehen
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Funktionen, die überzeugen - testen Sie selbst:
- Einzigartige Ergonomie: Fühlen Sie den Unterschied - die konkaven Brailleelemente sorgen für ein angenehmes Lesevergüngen. Auch die Stiftstärke kann individuell eingestellt werden.
- ATC-Technologie: Entspanntes Lesen ohne Drücken der Weiterschalttaste
- Integrierte Funktionen: Vielseitige Notizfunktionen, Direct-Transfer - damit übertragen Sie Notizen im Handumdrehen. Multi-Bluethooth, austauschbare Akkus, MusikBraille und mehr.
- Ergonomische Brailletastatur: Für eine einfache und schnelle Texteingabe.
Filialen in: Suttgart, Köln, Marburg, Lüneburg. Zentrale: Horb
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; www.helptech.de; 07451 5546-0
IPD - Ihr Fachhändler
Ab sofort erhalten Sie bei IPD auch das innovative klappbare Bildschirmlesegerät vario DIGITAL FHD von Eschenbach.
Wählen Sie Ihre Variante aus dem preisgünstigen Sortiment aus. Die vario DIGITAL FHD gibt es als Basisgerät mit Netzteil oder wahlweise mit Akku und/oder Kreuztisch und weiteren sinnvollen Features.
Interessiert? - Sprechen Sie uns an!
Tel.: 0511 9363090, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Web: www.ipd.gmbh
Papenmeier
Papenmeier 25 Jahre BRAILLEX - Wegweisend vielseitig.
25 Jahre BRAILLEX ...made in Germany
kostenfreie Hotline: +49 2304 946 118
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Telefon: +49 2304 946 0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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Bildbeschreibung: Papenmeier 25 Jahre BRAILLEX: Zu sehen ist eine geradeaus verlaufende Straße, eingebettet in grüne Graswiesen. Auf dieser Straße präsentieren sich alle BRAILLEX Geräte perspektivisch aufgereiht.
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Gezielte Steuerung der Signale - Per App sicher unterwegs
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- Kostenfreie Smartphone-App
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Bildbeschreibung: Nächtlicher Blick auf die Akustikanlage einer Ampel. Im Hintergrund Lichter der Straßenbeleuchtung und Häuser.
SynPhon
Elektronische Hilfen für Sehgeschädigte GmbH
Im Hilfsmittelkatalog gelistet: Der EinkaufsFuchs Produkterkenner sagt ganz einfach, was es ist. Abermillionen Waren erkennt er bereits und er merkt sich auch alle Dinge, die man selbst damit kennzeichnet.
"Tütütüt, Hallo!", begrüßt Sie der EinkaufsFuchs, und dann piepst er, sobald er den Produktcode erblickt. Sofort spricht er, was es denn diesmal ist: "Vollmilchschokolade, 100 Gramm ...". Er liest und spricht exakt und sehr sehr deutlich alle Produktangaben. Leichter kann Dinge unterscheiden nicht sein.
Haben Sie Fragen? Rufen Sie an!
Telefon 07250 929555
www.synphon.de
Universität Hamburg
Wir suchen für eine Studie Erwachsene (bis 65 Jahre)
- die mit einer beidseitigen dichten Katarakt (Linsentrübung) geboren wurden, die als Kind entfernt wurde;
- Personen mit einer Sehbehinderung (korrigiertes Sehen im besten Auge 0.02-0.5), die erst nach dem sechsten Lebensjahr bagenn.
Wo und wozu?
Die Studien finden an der Universität Maastricht (Niederlande) oder an der Universität Hamburg statt. Wir untersuchen u. a. die Frage, wie unser Gehirn nach einer kurzen Phase der Blindheit wieder sehen lernt.
Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen und Teilnehmende erhalten eine kleine Kompensation.
Interesse oder weitere Fragen?
Bitte kontaktieren Sie Prof. Dr. Brigitte Röder. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon: 040 42838-8292
Maastricht University, Universität Hamburg
Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH
non-24.de
Sind Sie völlig blind? Fühlen Sie sich oft nicht fit und unkonzentriert? Schlafen Sie nachts schlecht und sind tagsüber sehr müde? Die mögliche Ursache: Ihre innere Uhr. Jeder Mensch besitzt eine innere Uhr. Der wichtigste Taktgeber ist das Tageslicht. Es setzt die innere Uhr immer wieder auf exakt 24 Stunden zurück. Völlig blinden Menschen fehlt die Lichtwahrnehmung, deshalb kann es dazu kommen, dass der Körper nicht mehr zwischen Tag und Nacht unterscheiden kann. Diese Menschen leiden an der Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, kurz NON-24.
Wie äußert sich Non-24? Betroffenen fällt es phasenweise sehr schwer, sich tagsüber wachzuhalten und zu konzentrieren. Nachts hingegen signalisiert der Körper oftmals kein Schlafbedürfnis.
Werden Sie aktiv: Ein Termin bei einem Arzt ist der nächste Schritt oder informieren Sie sich in unseren Tele-Vorträgen. Die Termine finden Sie unter dem Punkt Informationen auf non-24.de
Rufen Sie das Team des Non-24 Service an. Die erfahrenen Mitarbeiter finden den richtigen ärztlichen Ansprechpartner in Ihrer Nähe und beantworten Ihre individuellen Fragen. Sie sind rund um die Uhr erreichbar unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 2432108 oder per E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Non-24 Eine zyklische Schlaf-Wach-Rhythmusstörung bei völlig blinden Menschen. Dies ist ein Service der Firma Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH.