horus 1/2022
Schwerpunktthema: "Assistenz und Unterstützung"

Titelbild horus;

Titelbild: Links: Auf einer Burgruine der Schwäbischen Alb lässt sich ein blinder Teilnehmer einer Wandergruppe tastend eine topografische 3D-Reliefkarte durch Reiseveranstalterin Laura Kutter (Mitte) erläutern. Foto: (c) tour de sens / Rathay. Rechts oben: In der Algarve (Portugal) bummelt ein blinder Tourist über einen Straßenmarkt voller Menschen. Seine linke Hand hat er bei einem sehenden Begleiter des Reisebüros "Weitsprung" eingehakt. Foto: (c): Weitsprung. Rechts unten: In Lichtenwald laufen während einer Schulung des Guidenetzwerks Deutschland Juliane Löffler (links) und Melanie Ulmer (rechts, mit Augenbinde) flott nebeneinander. Sie halten durch ein Führband Kontakt. Foto: (c) Katja Eisenhardt.

Inhalt

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Vorschau horus 2/2022: Schwerpunkt: "Natur und Garten" / Erscheinungstermin: 30.05.2022 / Anzeigenannahmeschluss: 22.04.2022 / Redaktionsschluss: 28.03.2022

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Vorangestellt

Liebe Leserinnen und Leser, liebe DVBS-Mitglieder,

sich helfen lassen, das ist eine Kunst, die erlernt werden kann und von uns auch erlernt werden muss. Denn, das sei vorweggeschickt, ohne Assistenz wird es auch zukünftig in vielen Bereichen für blinde und sehbehinderte Menschen nicht gehen. Dass sich dabei die Assistenzleistungen verändern und zwangsläufig verändern müssen, ist eine Binsenweisheit. Aber von welchen Faktoren hängt das ab? Das war der Hauptansatzpunkt der DVBS-Weiterbildungsveranstaltung zur Arbeitsassistenz vom 14. und 15. Oktober vergangenen Jahres, wie Petra Krines in unserem Schwerpunkt berichtet. Vorträge, Forderungen und zusätzliche Informationen wurden in einem horus spezial dokumentiert, den Sie als Abonnentin oder Abonnent zusätzlich zu horus 1/2022 erhalten. Um den Erfahrungsaustausch zum Thema Arbeitsassistenz zu intensivieren, läuft außerdem ganz aktuell das DVBS-Projekt "Good Practice Arbeitsassistenz" (siehe den Hinweis von Klaus Winger in der Rubrik "Aus der Arbeit des DVBS").

Doch es gibt natürlich nicht nur Arbeitsassistenz, wie die Beiträge des vorliegenden Schwerpunktes deutlich machen. Besonders beeindruckend ist dabei die kulturvergleichende internationale Perspektive, die Yoshimi Horiuchi mit ihren Erfahrungen aus Japan, Thailand und Deutschland dazu einbringt. Wie oben schon angedeutet, kann ich ihren Satz, "Die besten Helfer sind daher die Menschen, nicht die Smartphones", nur unterstreichen.

Assistenz, ob beim Reisen, im Haushalt oder in der Schule, hat immer mit Selbstbestimmung, aber auch mit gegenseitigem Respekt zu tun. Übergriffige Assistenzleistungen sind dabei ebenso schädlich wie zu hohe Anforderungen an Assistentinnen und Assistenten, wie Peter Beck in seiner Darstellung der Leitlinien zweier Reiseveranstalter betont. Wie sehr die Aufgaben von Assistenzkräften sich wandeln, unterstreichen die Beiträge zur Schulassistenz, in denen auch deutlich wird, welches Maß an Einfühlungsvermögen und Kommunikation auf beiden Seiten notwendig ist, um eine gute "Assistenzgemeinschaft" herzustellen. Über solche Anforderungen müssen sich beide Partner oder Partnerinnen im Klaren sein oder werden.

Anforderungen stellen wir regelmäßig aber auch zu Beginn eines neuen Jahres an uns selbst. Hier gibt es sicher häufig den Zwiespalt zwischen weiter so und Neuanfang: Was wollen, was müssen wir persönlich und / oder in unserem beruflichen und sozialen Umfeld ändern, welche Anstrengungen erfordert das, und wie stellen wir das an? Das sind Fragen, die viele von uns am Anfang eines neuen Jahres bewegen. Aber, wenn diese Zeilen vor Ihnen und Euch auftauchen, hat dieses Jahr mit seinen drei Zweien ja schon erheblich Fahrt aufgenommen. Gleichwohl wünsche ich Ihnen und Euch auch jetzt noch, dass die Balance zwischen der Fortsetzung des Bewährten und dem Aufbruch ins Neue sich positiv auswirkt. Und wenn das allein nicht klappt, dann sollte man sich helfen lassen!

Ihr und Euer

Uwe Boysen

Bild: Uwe Boysen trägt einen roten Pullover und eine dunkle Brille, sein Haar ist weiß. Das Sonnenlicht wirft gerade Flächen von Licht und Schatten an die Wand, auf Uwe Boysen fällt Licht. Er lächelt. Foto: DVBS

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Aus der Redaktion

Willkommen!

Ob Sie, liebe Leserin und lieber Leser, es dieser Ausgabe anmerken werden? Die Redaktion hat Nachwuchs bekommen! Ein herzliches Willkommen den neuen Mitgliedern Peter Beck und Matthias Klaus. Sie haben für ihre neue ehrenamtliche Aufgabe nun schon die ersten Male Zeit, Ideen und Diskussionsfreude eingebracht und an den horus-Telefonkonferenzen teilgenommen. Wir sind froh über ihre professionelle Unterstützung. Der 59-jährige Peter Beck hat lange Jahre als Redakteur des Südwestrundfunks gearbeitet, sein Kollege Matthias Klaus (57) ist Journalist bei der Deutschen Welle und Autor des Podcasts "Echt behindert!". Peter Beck lebt in Stuttgart, Matthias Klaus in Bonn - so kann die Perspektive der "Marburger Beiträge" auch geographisch erweitert werden. Derart gestärkt, kann das Redaktionsteam nun für Sie die weiteren Ausgaben des horus 2022 angehen. Auf der Agenda steht ein Schwerpunktheft über "Informationstechnik - Digitale Herausforderungen", das Ende August erscheinen soll, sowie eine Ausgabe zum Thema "Gesundheit" Ende November.

Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe 2/2022 wird jedoch "Natur und Garten" sein. Und hierfür sind wieder Ihre Erfahrungen gefragt. Welche Bedeutung hat der Umgang mit Natur und Garten für Sie? Tauchen Sie gerne in "die Natur" ein oder bringt der Kontakt mit Erde, Bergen, Wind und Meer eher Bedrohliches mit sich, so abseits von Mückenschutzgitter und Asphalt? Vielleicht aber nutzen Sie ganz im Gegenteil "die Natur" gerne, um zu regenerieren, sei es im Garten, auf Spaziergängen oder beim Freizeitsport?

Wir sind neugierig. Senden Sie uns Ihren Beitrag bis zum Redaktionsschluss am 28. März per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Allgemeine Berichte sollten nicht länger als 4.000 Zeichen sein, Berichte für den Schwerpunkt maximal 12.000 Zeichen. Bei Fragen ist die horus-Redaktion telefonisch unter 06421 94888-24 für Sie da.

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Schwerpunkt: Assistenz und Unterstützung

Das beste Land für blinde Menschen?

Von Yoshimi Horiuchi

Welches ist denn weltweit das beste Land für blinde Menschen? Wenn ich Ausländer mit Sehbehinderung treffe, werde ich das immer wieder gefragt. Aber ich habe darauf keine eindeutige Antwort. Es ist ein wenig, als vergleiche man einen wunderschönen Touristenstrand und einen ruhigen Wald, denn wie bei Ferienzielen gibt es auch bei der Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen so viele Sichtweisen.

Ich bin in Japan geboren und wuchs dort auf, verbrachte etwa zehn Jahre in Thailand und war wohl für insgesamt ein Jahr in Deutschland. Ich bin überhaupt keine Expertin für Behinderten- oder Sozialpolitik, aber ich möchte gerne meine Eindrücke mit Ihnen teilen, die ich bezüglich Assistenz in verschiedenen Kulturen als vollblinde Frau gemacht habe. Dabei lege ich den Schwerpunkt auf Mobilität und den öffentlichen Verkehr.

Japan, Land der gelben Leitlinien und der "singenden Bahnsteige"

Haben Sie gewusst, dass die Leitlinien für blinde Menschen in Japan entwickelt wurden? Seit Mitte der sechziger Jahre werden sie landesweit verwendet, an Bahnhöfen und auf vielen Gehwegen. Wenn Sie zum Beispiel zur "Japan Braille Library" gehen wollen, einer berühmten Punktschriftbücherei in Tokio, haben Sie durchgehend Leitlinien, vom nächstgelegenen Bahnhof bis zum Ziel, wobei einige ampelgeregelte Kreuzungen zu überwinden sind. Wenn ich schon bei den Ampeln bin: Viele davon haben akustische Signale (obwohl auch manche vibrieren wie in Deutschland). Einige klingen wie Vögel: Überquert man in Nord-Süd-Richtung, machen sie "Piep Piep" wie Küken. In Ost-West-Richtung ruft ein Kuckuck.

Eine weitere interessante Einrichtung in Japan sind die allgegenwärtigen Ansagen. In allen Städten gibt es Musik und Durchsagen. Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einer Kreuzung, in der Nähe sind ein Bahnhof und eine Einkaufsstraße. Sie werden die Vogelstimmen der Ampeln hören, von einem Elektrogeschäft weht das Werbe-Jingle herüber, in das natürlich der Name des Ladens eingeflochten ist. Weiterhin hören sie das Piepsen der Fahrkartenautomaten, die etwa alle 20 Sekunden akustisch auf sich aufmerksam machen, so dass sie von uns leicht gefunden werden können.

Ein weiteres Beispiel sind die Lautsprecher an den Bahnhöfen. Wie in Deutschland werden einfahrende Züge angesagt, aber in Japan kommt hinzu, dass jede Linie und jede Station ihre eigene Kennmelodie hat. Wer sich einhört, kann beim Halt eines Zuges allein aus der Musik erkennen, wo er ist. Falls Sie das interessiert, suchen Sie doch mal auf Youtube nach "Yamanote Line Departure Melodies".

Es gibt natürlich weitere hilfreiche Dinge für die Mobilität in Japan. Eine Herausforderung aber bleibt die Einstellung der Bevölkerung. Traditionell werden japanische Kinder unterwiesen, anderen "nicht auf die Nerven zu gehen". Wir lernen auch, dass "die Meinung der Leute" und "das Lesen zwischen den Zeilen" (also zu hören, was nicht gesagt wird, wohl aber gemeint sein könnte) wichtige Lebensfertigkeiten darstellen. Vielleicht sind es diese Überzeugungen, die dazu führen, dass uns viele Menschen unterwegs nicht anzusprechen wagen. Seit einiger Zeit bemühen sich die Verbände darum, hier anzusetzen. Und meine Freunde in den Städten erzählen mir, dass inzwischen tatsächlich immer wieder Passanten auf sie zukommen und wissen wollen, ob sie helfen können.

Thailand: Das Land, in dem ich gegenseitige Hilfe kennenlernte

Sie können sich sicher vorstellen, dass es viel schwieriger ist, sich mit dem Langstock auf den Straßen Bangkoks zu bewegen als in Tokio. Es gibt kaum Ampeln mit akustischem Signal, geschweige denn Leitlinien! Ampeln scheinen häufig eher der Dekoration zu dienen, als dass sie Verkehrsregeln durchsetzen. Aber blinde Menschen leben, bewegen sich und arbeiten in dieser chaotischen Metropole - und das geht nur dank der Mentalität der thailändischen Bevölkerung.

In Thailand ist es vollkommen normal, dass ein Onkel, der genügend Geld hat, seine Nichte irgendwo auf dem Land finanziell unterstützt. Diese Mentalität spüren auch private Förderschulen. Dank überaus großzügiger Spenden sind sie technisch oft weit besser ausgestattet als Schulen in Deutschland oder Japan.

Anders gesagt: Das Geben und Nehmen gehört sehr zur Lebensweise des Landes.

Bevor ich mit etwa 20 nach Thailand kam, fühlte ich immer eine Spannung, die daher rührte, dass ich allein zurechtkommen musste. Dann haben mich meine Freunde in Thailand gelehrt, mich auf andere zu verlassen und dass sich auch andere auf mich verlassen dürfen. Seither empfinde ich es nicht mehr als schwierig, mich in Bangkok zu bewegen. Eine Straße überqueren, in den richtigen Bus steigen, ein Restaurant finden ... stets sind die Menschen um mich her meine Helfer.

Übrigens ist das ein wichtiger Grund, warum ich Thailand so liebe. Es ist völlig gleichgültig, welche Technologien noch entwickelt werden mögen, welche Apps oder smarte Langstöcke es geben mag: Es wird nie eine Gesellschaft geben, in der alles für jeden zugänglich ist. Die besten Helfer sind daher die Menschen, nicht die Smartphones.

Und noch ein Schlaglicht, das zeigt, welche Einstellung Thais gegenüber behinderten Menschen haben. Sie betrachten sie häufig als eine Gruppe, die besonderer Sorge und Zuwendung bedarf. Wenn ich in Bangkok mit der Hochbahn (BTS) oder der U-Bahn (MRT) mit dem Langstock in der Hand unterwegs bin, werde ich von Sicherheitspersonal begleitet, ob ich es will oder nicht: Vom Fahrkartenschalter bis zum Bahnsteig und bei der Zielstation vom Zug bis zum Ausgang. Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, diese Hilfe abzulehnen, vor allem, wenn jemand alleine unterwegs ist. Diesen Service gibt es, um unsere Sicherheit zu gewährleisten, aber ich kann mir gut vorstellen, dass viele sehbehinderte Menschen in Deutschland über eine solche "automatische" und zwangsweise verordnete Unterstützung nicht glücklich wären.

Aber auch Thailand ist in Bewegung. Auch hier werden die Menschen von der Musik in ihren Kopfhörern und von den Bildschirmen ihrer Phones so in Anspruch genommen, dass sie keine Augen mehr für das haben, was um sie her vorgeht. Ich bin gespannt, wie es in zwanzig Jahren aussieht. Ich hoffe doch inständig, dass Thais sich die Entwicklung zum Beispiel in Japan zu Herzen nehmen und nicht ihre natürliche Mitmenschlichkeit dem technischen Fortschritt opfern.

Deutschland: Land der respektvollen Helfer

Als ich 2017 in Berlin ein Praktikum machte, traf ich in der Stadt so viele "Engel". Da mein Orientierungssinn ausbaufähig ist, habe ich deutlich größere Chancen, freundlichen Fremden zu begegnen als jene von Ihnen, die quasi einen eingebauten Kompass haben. Für mich war es interessant zu beobachten, wie Menschen in Deutschland ihre Hilfe anbieten.

Der erste Punkt: Praktisch alle fragen mich zuerst "Brauchen Sie Hilfe?", "Möchten Sie sich setzen?", "Entschuldigen Sie, brauchen Sie Unterstützung beim Aussteigen?" ... diese Liste könnte ich beliebig fortsetzen. Auf diese Weise bin ich stets in der Lage, meine eigene Entscheidung zu treffen. Aus meiner Sicht zeigt diese Einstellung Höflichkeit und Bescheidenheit.

Zweitens: Die meisten Leute helfen mir, ohne mich zunächst anzufassen. Das war auch so vor der Covid-Pandemie. Praktisch alle bieten ihren Arm, wenn ich darum bitte, aber so gut wie niemand ergreift von vornherein meine Hand, packt mich am Arm oder versucht, mich an meinem Stock irgendwo hinzuziehen. Das passiert mir ziemlich oft in Japan und noch viel häufiger in Thailand. Ich selbst bin da nicht sehr empfindlich, aber ich habe doch den Eindruck, dass sich hier der Respekt für meine Privatsphäre widerspiegelt.

Ich habe begriffen, dass die Selbstbestimmtheit für sehbehinderte und blinde Menschen in Deutschland entscheidend ist. Wenn ich Hilfe will, muss die Initiative von mir ausgehen. Als ich die Oberschule besuchte, lehrte mich mein Mobilitätslehrer, wie ich auf der Straße um Hilfe bitten kann. Anfangs verunsicherte mich das und es war mir peinlich, aber ich bin sehr froh, dass ich es gelernt habe. Anders hätte ich die lärmenden U-Bahnen Berlins oder Stuttgarts Straßen mit ihren ewigen Baustellen dank Stuttgart 21 nicht überlebt.

Wenn ich die häufig gestellte Frage vom Beginn meines Artikels noch einmal aufgreife, komme ich zu dem Schluss, dass es für mich als blinde Frau kein "bestes Land" gibt. Im Grunde hat das Wort "Assistenz" in jeder Kultur seine eigene Ausprägung, genau wie andere Begriffe auch. Es gibt kein besser oder schlechter. Wenn wir uns nach der Pandemie wieder frei bewegen können, freue ich mich schon darauf, weitere Formen von Assistenz in Kulturen zu entdecken, die mir bis jetzt noch neu sind!

Zur Autorin

Yoshimi Horiuchi, 38, stammt aus Süd-Japan. Seit über zehn Jahren betreibt sie in Thailand eine Stiftung mit einer Handvoll Mitarbeiterinnen, die die Lust am Lesen fördert. Dafür gibt es in der nord-thailändischen Kleinstadt Phrao eine Bibliothek, weiterhin einen Bücherbus für alte und behinderte Menschen, die die Bücherei nicht erreichen können. Und es gibt zwei Kindergärten, in denen die Kinder ethnischer Minderheiten auf ein Leben in der Thai-Gesellschaft vorbereitet werden.

Bild: Yoshimi Horiuchi lächelt. Ihr langes schwarzes Haar fällt über ihre rechte Schulter. Sie trägt einen hellblauen, leichten Rundhalspullover. Foto: privat

Bild: Japan - hier begann die Erfolgsgeschichte der Bodenindikatoren für blinde und sehbehinderte Menschen. Auf dem Bahnsteig in Himeji (Japan) führen gelbe Leitlinien mit Rillen und Noppen vor dem Treppenabgang nach rechts und links Richtung Bahnsteigkanten und an den Bahnsteigkanten entlang. Zum Aufzug verläuft eine weitere Leitlinie, der Weg dorthin ist außerdem durch Piktogramme auf dem Boden neben den Leitlinien ausgewiesen. Foto: privat

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Reisen ist spannend. Und Reisende sind Abenteurer mit Vertrauen ins Leben

Von Peter Beck

Seit einiger Zeit gibt es Reiseveranstalter, die es blinden und sehbehinderten Menschen ermöglichen, mit Assistenz zu verreisen. Für viele öffnete sich erst dadurch eine Türe zur Welt, zur nahen wie zur entfernten.

Unser Schwerpunkt greift dieses unterstützte Reisen auf und stellt zwei Veranstalter vor, deren Konzeptionen sich unterscheiden und die daher auch unterschiedliche Kundschaft ansprechen.

tour de sens

ist ein Reiseveranstalter mit Sitz in Stuttgart. Motor der Agentur, deren Reisen seit ziemlich genau zehn Jahren angeboten werden, ist Laura Kutter. Sie kommt aus der Tourismus-Branche, und irgendwann fand sie normale Rundreisen, die bei ihrer Programmgestaltung selten ausgetretene Touristenpfade verlassen, irgendwie langweilig. In ihrem Umfeld gab es einige blinde Menschen, denen sie bei Wanderungen und in Städten Gegend und Gebäude verbal nahebrachte, und schon war daraus die Geschäftsidee geboren, wie tour de sens sie lebt: Grundlage ist die Erkenntnis, dass das gemeinsame Reisen blinder und sehender Menschen im Grunde nichts Besonderes ist, worum man ein großes Gewese machen muss. Wenn beide Seiten gern kommunizieren und voneinander lernen, ergibt sich der Rest, ist Laura Kutter überzeugt.

Bis zur Pandemie bot tour de sens über 30 Reisen im Jahr an. Zu den Angeboten gehören Wanderungen, zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, ebenso wie Städtetouren in Deutschland und im benachbarten Ausland, aber auch Fernreisen, beispielsweise nach Jordanien oder Costa Rica.

Dabei lassen sich die Reisen in vier Kategorien einteilen: Die erste Kategorie erfordert keine besondere Kondition oder Mobilität; das steigert sich dann bis zur vierten Kategorie. Wer da mitgeht, muss schon ziemlich gut zu Fuß sein. Die Atmosphäre einer Stadt erschließt sich dem kaum, der im klimatisierten Reisebus sitzt und von einer zur nächsten Sehenswürdigkeit gekarrt wird, ist Laura Kutter überzeugt. Deshalb werden bei den Städtetouren möglichst viele Wege zu Fuß bewältigt oder in öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Wann immer es geht, bietet ein Reisetag mehrere Aspekte: Etwa in Hamburg einen Museumsbesuch oder Bummel am Vormittag und nachmittags dann einen Spaziergang am Elbstrand.

Die Reisegruppen bestehen meist aus zwölf bis sechzehn Gästen, plus zwei Reiseleiter von tour de sens. Wenn es ideal läuft, gibt es ein Drittel sehende Begleiter, ein weiteres Drittel besteht aus Sehbehinderten, die keine oder kaum Unterstützung brauchen, und ein weiteres Drittel sind blinde Teilnehmer. Dabei muss immer klar sein, dass auch die sehenden Gäste eine Urlaubsreise gebucht haben; sie dürfen also nicht von den blinden Teilnehmern vereinnahmt werden. Was sich etwas technisch liest, wird in der Praxis schnell klar. Wer sich im Stuttgarter Büro anmeldet, bekommt einen Leitfaden, aus dem freundlich aber deutlich hervor geht, was gefordert wird und was erwartet werden kann. Wer sich als Begleiter anmeldet, wird zunächst telefonisch und vor Ort dann noch direkt eingewiesen, was beachtet werden muss, damit ein Reisegespann gut funktioniert und beide Teilnehmer etwas von der Reise haben. So verpflichten sich die Begleiter dazu, während des gesamten Tagesprogramms unterstützend zur Verfügung zu stehen. Natürlich bekommt, wer es braucht, auch ein Klo gezeigt. und der Begleiter schaut schon auch hinein, ob es sauber ist. Aber nach Feierabend ist dann auch für die Begleiter Pause. Wer Hilfe beim Koffer packen braucht oder medizinischer Pflege bedarf, sollte sich eher nach anderen Veranstaltern umsehen. Denn wer bei tour de sens begleitet, ist kein qualifizierter Assistent im pflegerischen Sinn.

Wichtig ist für Laura Kutter die Gruppendynamik. In der Regel wechseln die Reisegespanne jeden Tag, so dass alle die Chance haben, sich möglichst gut kennenzulernen.

Wer eine Sehbehinderung hat, telefoniert am besten vor dem Buchen mit dem Büro. Dann kann geklärt werden, ob der Schwierigkeitsgrad der Reise mit der vorliegenden Seheinschränkung kompatibel ist oder ob nicht vielleicht doch besser in manchen Situationen eine Begleitung von Nöten ist.

Aus dem Geschäftsmodell ergibt sich fast automatisch die Preispolitik: Es gibt einen mittleren Preis, den zahlt, wer keine Unterstützung braucht, aber auch keine gibt. Wer Handreichungen benötigt, bezahlt etwa 30 Prozent mehr, und wer unterstützt, folgerichtig 30 Prozent unter dem mittleren Preis.

Weitsprung

Eine andere Geschichte hat und einen etwas anderen Weg geht dieser Reiseveranstalter, dessen Herz in Marburg schlägt. Weitsprung existiert seit 1998 und geht aus dem Marburger Verein AG Freizeit mit der Gründung eines Reisebüros hervor. Das Ziel war und ist, Menschen mit Assistenzbedarf eine Reise zu ermöglichen, und das nicht nur aus dem Raum Marburg-Biedenkopf! Also große Ziele in Sachen Mobilität, Organisation und Entfernung. Die Zielsetzung ergab den Namen und das Logo (ein Känguru vor der Weltkugel, ein kleineres Känguru im Bauchbeutel weist den Weg in die richtige Richtung!).

Weitsprung hat einen Katalog mit über 90 Reiseangeboten im Jahr. Gereist wird in kleinen Gruppen ab vier Kunden, wobei für jeweils zwei Gäste grundsätzlich eine geschulte Assistenzperson mitreist. Bei Interesse an einem bestimmten Ziel wird ein Ausflugsplan übersandt, bei einem Reisewunsch werden dann die gewünschten Assistenzen abgesprochen und ein Kostenvoranschlag erstellt.

Wichtig ist das Vorgespräch für den Reiseveranstalter, um den genauen Assistenzbedarf zu ermitteln und das Team passend zusammenstellen zu können. Denn die Betreuung durch die Assistenz muss nicht, kann aber intensiv sein. Sie reicht nach Absprache vom Schieben des Rollstuhls über pflegerische Handreichungen bis hin zur Hilfe bei der Orientierung in der fremden Umgebung.

Vor Ort ergibt sich aus den vorgeschlagenen Ausflügen und den Wünschen der Teilnehmer der konkrete Reiseablauf. Das hat Auswirkungen auf das Selbstverständnis von Assistenz bei Weitsprung: Wer als Begleiter mitfährt, hat nicht direkt Urlaub, sondern engagiert sich sehr persönlich für die Menschen - im Team an einem schönen Ort. Dieses koordiniert sich in seiner täglichen Teambesprechung und steht stets zwischen 7 und 22 Uhr den Gästen zur Seite, bei Bedarf auch nachts. Assistenten, die entsprechende Qualifikationen mitbringen, sind willkommen, Voraussetzung ist das aber nicht, Schulungen im Vorfeld einer Reise gibt es ebenfalls. Wer pflegerische Hilfe benötigt, bekommt diese stets durch die gleiche Begleitung, so dass die Privatsphäre geschützt bleibt.

Im Tagesprogramm hingegen gibt es keine fest zugeteilten Assistenten: Wer mit wem unterwegs ist, ergibt sich aus den Wünschen der Gäste und den Gegebenheiten vor Ort. Der Ausflugsplan stellt die Möglichkeiten vor, das Kennenlernen von "Land und Leuten" wird dem Tempo der Gäste angepasst. Der Fokus liegt nicht auf dem ausgiebigen Erkunden eines Reiseziels zu Fuß, eher auf Spaziergängen an ausgewählten Orten.

Die angebotenen Reisen sind vielfältig: Es gibt Touren in Deutschland und im europäischen Ausland, aber auch Fernreisen, z. B. nach Südafrika, in die USA und nach Kambodscha. Ein kleiner Querschnitt durch die aktuellen Angebote: Lüneburger Heide, Kreta, Peloponnes, Kärnten, USA beginnend in Denver und vieles mehr.

Auch Individualreisen können mit Weitsprung durchgeführt werden: Wer eine Unterstützung braucht und mit seinem Partner oder seiner Partnerin gern Freunde besuchen oder an einer Feier teilnehmen möchte, kann diese Unternehmung mit den Mitarbeitern von Weitsprung planen. Auch dabei ist es möglich, dass die assistierte Reise an der eigenen Haustür beginnt und auch dort wieder endet.

Aus den durchaus anspruchsvollen Assistenzen, die geleistet werden müssen, ergibt sich die Preisgestaltung. Der Katalogpreis ist ein Grundpreis, der, je nach Unterstützungsbedarf, einen Aufschlag erfährt.

Das Team von Weitsprung hofft, dass eines Tages Menschen mit Assistenzbedarf alle Assistenzkosten im Rahmen eines Nachteilsausgleichs erstattet bekommen. Noch ist das leider Utopie.

Kontakt

tour de sens

Laura Kutter
Reisen für blinde, sehbehinderte und sehende Menschen
Teckstr. 12
70188 Stuttgart
Tel.: 0711 88875530
(Mo. 09:00 - 13:00, Mi. 14:00 - 18:30)
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.tourdesens.de
Facebook: http://www.facebook.com/tourdesens

Weitsprung GmbH

Reisen mit Begleitung in die ganze Welt
Gutenbergstr. 27
D-35037 Marburg
Tel.: 06421 686832
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.weitsprung-reisen.de

Bild: Auf der Burgruine in der Schwäbischen Alb mit Blick ins grüne Tal: Drei blinde und sehbehinderte Teilnehmer einer tour de sens-Wandergruppe orientieren sich anhand einer topografischen 3D-Reliefkarte, die auf einer hüfthohen Burgmauer liegt. Laura Kutter (3. v. l.) bietet Unterstützung. Foto: © tour de sens / Rathay

Bild: In der Algarve: Ein blinder Mann bummelt über einen Straßenmarkt voller Menschen. Rechts hält er einen weißen Langstock, seine linke Hand hat er bei einem sehenden Weitsprung-Begleiter untergehakt, der ein schwarzes Shirt mit Logo des Reisebüros trägt. Foto: Weitsprung

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Wenn die Chemie stimmt: Mahmoud und sein Schulbegleiter

Mahmoud ist 12 Jahre alt und blind. Seine Mutter erzählt in ihrem Beitrag von seinem schulischen Alltag und wie er darin durch einen Schulbegleiter unterstützt wird. Auf Wunsch der Familie verzichten wir auf die Nennung des vollständigen Namens und Angaben zum Wohn- und Schulort.

"Unser Sohn Mahmoud ist 12 Jahre alt und blind. Zur inklusiven Beschulung an einer Regelschule ist Mahmoud auf die Unterstützung durch einen Schulbegleiter angewiesen. Gott sei Dank hatten wir das Glück, einen engagierten jungen Mann zu finden. Er hat zwar keine pädagogische Ausbildung, dennoch sind wir sehr mit ihm zufrieden. Seine Hauptaufgabe ist es, Buchausschnitte, Arbeitsblätter und Klassenarbeiten so aufzubereiten, dass Mahmoud hinterher damit am Laptop etwas anfangen kann. Unser Schulbegleiter hat sehr gute Office-Kenntnisse, so dass ihm diese Aufgabe nicht schwerfällt.

Der Schulbegleiter arbeitet weniger direkt mit Mahmoud als vielmehr für ihn. Er hält sich immer schön im Hintergrund und greift nur dann ein, wenn es wirklich erforderlich ist.

Der Schulbegleiter setzt aber nicht nur Texte um. Benötigte Zeichnungen werden von ihm auf spezielle Folie gezeichnet oder mit anderen Materialien dargestellt. Da Mahmoud in der Schule Klarinette lernt und unbedingt die Braille-Notenschrift erlernen wollte, hat sich der Schulbegleiter mit Hilfe der Sonderpädagogin intensiv in das Thema eingearbeitet, so dass er unserem Sohn die entsprechenden Noten nun auch in der Braille-Notenschrift zur Verfügung stellen kann. Auch hilft er unserem Sohn bei der Organisation seines Arbeitsplatzes und unterstützt ihn bei der Orientierung im Schulgebäude, z. B. bei schnellem Raumwechsel oder wenn Aushänge gelesen werden müssen. Bei der Orientierung in unbekannter Umgebung ist Mahmoud ebenfalls auf die Hilfe seines Assistenten angewiesen, so bei Ausflügen, außerschulischen Veranstaltungen oder Klassenfahrten. Auch bei alltagspraktischen Fertigkeiten, wie z. B. beim Sportunterricht, beim Mittagessen in der Mensa oder in der Schulküche, braucht er Unterstützung. Sein Begleiter hilft ihm auch bei handmotorischen Tätigkeiten, wenn im Unterricht etwas geklebt oder geschnitten werden muss.

Um am Unterricht, am schulischen Alltag und an der Klassengemeinschaft teilnehmen zu können, ist der Schulbegleiter für ein blindes Kind unentbehrlich.

Die Chemie zwischen allen Beteiligten stimmt. Wir als Eltern und die Lehrer spielen hierbei auch eine große Rolle. Wenn etwas ansteht, wird es direkt besprochen und angegangen. Mahmoud und sein Schulbegleiter verstehen sich wirklich sehr gut, und wir sind sehr froh, dass wir einen so netten, engagierten und menschlichen Schulbegleiter für unseren Sohn gefunden haben, und hoffen, dass er uns noch lange Zeit erhalten bleibt."

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Schulische Inklusion mit Assistenz - Wie Assistenzkräfte blinde und sehbehinderte Schüler*innen unterstützen

Dörte Severin im Interview mit Isabella Brawata

Isabella Brawata: Wie kommen Schüler*innen an Assistenz?

Dörte Severin: Die Eltern der sehbeeinträchtigten Schüler*innen beantragen formlos die Assistenz für ihre Kinder beim zuständigen Kostenträger. Die sonderpädagogische Fachkraft der überregionalen Beratungs- und Förderzentren verfasst eine sonderpädagogische Stellungnahme, in der die Notwendigkeit der Assistenz dargelegt wird.

Wie sieht der Alltag einer Assistenzkraft aus?

Die Assistenz unterstützt das Schulkind mit Blindheit oder Sehbehinderung in der Schule, d. h. während der Unterrichtsstunden und - falls nötig - auch in den Pausen.

Während das jeweils zuständige Medienzentrum des Bundeslandes die Schulbücher eines blinden Schulkinds digitalisiert und blindenpädagogisch adaptiert, hat die Assistenzkraft die Aufgabe, Arbeitsblätter und kürzere Texte, die von den Lehrkräften verteilt werden, für eine Braillezeile oder ein Vergrößerungsprogramm zu adaptieren. Sofern sich die Schüler*innen noch nicht auf dem Schulgelände und in den Gebäuden auskennen, weil sie beispielsweise noch kein Mobilitätstraining absolviert haben, begleitet die Assistenz das sehbeeinträchtigte Kind zu seinen Unterrichtsräumen.

Auch im Sportunterricht hilft sie z. B. beim Lauftraining oder arbeitet einzeln mit ihm etwa im Kraftraum, wenn die Teilnahme am Regelunterricht bei großen Ballspielen nicht möglich ist. Ich erinnere mich z. B. an eine Assistentin, die sich eine besondere Form des Tischtennis ausgedacht hatte, bei der der Ball mehrmals auf der Tischplatte "aufgedotzt" wurde, sodass die Schülerin hören konnte, wann sie den Ball schlagen musste. Eine frühe Stufe des Showdowns aus heutiger Sicht ??

Eine weitere wichtige Aufgabe der Assistenzkräfte vor allem in der Grundschule ist die Förderung der Begriffsbildung: Oft haben gerade blinde Kinder keine oder falsche Vorstellungen von Dingen, die sie nicht kennen oder nicht taktil erfahren können. Wenn ein blindes Kind z. B. nicht weiß, was ein Hausgiebel ist, kann die Assistenzkraft ein solches Haus ad hoc mit Knete herstellen.

Nach welchem Grundsatz sollten Assistenzkräfte arbeiten?

Die Aufgabe der Assistenz ist es einerseits, dem blinden oder sehbehinderten Kind zur Hand zu gehen, wo es Hilfe braucht, es aber andererseits seinem Alter und Entwicklungsstand entsprechend zur Selbstständigkeit anzuleiten. Die Assistenz darf ihre Aufgabe keinesfalls darin sehen, dem Schüler bzw. der Schülerin Arbeiten abzunehmen, die ihm oder ihr schwerfallen. Das ist leichter gesagt als getan, denn Assistenzkräfte haben häufig, wenn sie ihre Arbeit beginnen, noch keinerlei Erfahrung mit Kindern mit Blindheit oder Sehbehinderung, deshalb müssen sie zu Beginn ihrer Tätigkeit entsprechend fortgebildet werden.

In welchen Bereichen werden Assistenzpersonen fortgebildet?

Sie lernen beispielsweise, was ein blindes oder sehbehindertes Kind in einem bestimmten Alter normalerweise kann und wie weit das Kind entwickelt ist, mit dem sie künftig zusammenarbeiten.

Sie erlernen für den Einsatz in der Grundschule die Blindenvollschrift sowie die erforderlichen Zeichen der Grundrechenarten. Weiterhin enthalten die Fortbildungen einen hohen Anteil an Selbsterfahrung, indem die Assistenzkräfte z. B. unter einer Augenbinde ein Dreieck konstruieren und anschließend wiederum als Sehende die Prinzipien des Anfertigens einer taktilen Skizze lernen. So lernt die Assistenzkraft den Unterschied zwischen optischer und haptischer Wahrnehmung.

Wie kann eine Assistenzkraft im Alltag am besten unterstützen?

Sie sollte stets über die Fähigkeiten des blinden Kindes im Bereich Orientierung und Mobilität bzw. Lebenspraktische Fähigkeiten informiert sein, um gezielt unterstützen zu können, ohne die gelernten Fähigkeiten des Kindes einzuschränken. Es ist äußerst kontraproduktiv, wenn ein Kind gerade mit viel Mühe gelernt hat, den Weg vom Klassenraum zu den Fachräumen zu meistern, wenn die Assistenz ihm stets diese Aufgabe abnimmt. Das bedeutet aber nicht, dass die Assistenz Selbstständigkeit in jeder Situation einfordern sollte. Natürlich soll ein Kind einen Weg, den es gelernt hat, oft selbstständig gehen, um das Gelernte zu automatisieren, aber im Lärmpegel einer großen Pause an einer Regelschule ist es völlig in Ordnung, wenn die Assistenz oder Mitschüler*innen das Kind gelegentlich führen, weil die Orientierung im Getümmel sehr anstrengend ist und auch ein sehbeeinträchtigter Schüler mal Pause hat.

Wie sollte das Verhältnis der Assistenz zum blinden oder sehbehinderten Kind sein?

In der Grundschule entsteht meist eine Erwachsenen-Kind-Beziehung, die sich im Laufe der Schulzeit immer weiter zu einem partnerschaftlichen Miteinander entwickelt.

Können Sie Beispiele nennen, in denen die Assistenzkraft zusätzlich zu einer gelungenen Inklusion des sehbeeinträchtigten Schülers beigetragen hat?

Es hilft ungemein, wenn sie nicht neben dem Kind oder Jugendlichen sitzt, sondern einen eigenen Arbeitsplatz im Klassenraum hat, sodass die blinden oder sehbehinderten Schüler*innen sie nur rufen, wenn wirklich Unterstützung benötigt wird. Ein gelungenes Beispiel, das mir im Gedächtnis geblieben ist, war ein Assistent, der Bundesligawetten organisiert hatte, die in Klasse 5 und 6 deutlich zur Inklusion des blinden Bayern-München-Fans beitrugen.

Wie unterscheidet sich die Rolle der Assistenzkraft zur Lehrkraft?

Die Lehrkräfte sind verantwortlich für die Wissensvermittlung aller ihrer Schüler*innen. Die Assistenzkraft ist nicht der Hilfslehrer der Schüler mit Blindheit oder Sehbehinderung.

Wer sollte einem sehbeeinträchtigten Schüler bzw. einer sehbeeinträchtigten Schülerin helfen: die Assistenz oder die Mitschüler*innen?

Das ist eine schwierige Gratwanderung. Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Wenn die Assistenzperson zu viel hilft, kann es dazu führen, dass sie ungewollt das Kind isoliert und die normalsichtigen Mitschüler*innen keine Chance haben, selbstverständlich zu helfen und damit auch ganz nebenbei Kontakt zu pflegen, denn in der Regel sind Kinder sehr hilfsbereit.

Was ist die größte Herausforderung für ein blindes Kind an einer Regelschule?

Das größte Problem an Regelschulen ist meist der Zeitmangel. Normalsichtige Kinder arbeiten häufig schneller als blinde und sehbehinderte, daher muss die Assistenz öfter auch Aufgaben übernehmen, die das blinde Kind mit mehr Zeit selbstständig erledigen könnte.

Was sind die wichtigsten Eigenschaften, über die eine Assistenzperson verfügen sollte?

Da es auf die meisten Herausforderungen keine eindeutigen Antworten gibt, sollte die Assistenz spontan die Situation beurteilen können, um einzuschätzen, ob sie gebraucht wird oder nicht.

Zur Person

Dörte Severin war Sonderschullehrerin und viele Jahre Koordinatorin des überregionalen Beratungs- und Förderzentrums der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista), das Schüler*innen mit Blindheit oder Sehbehinderung an Regelschulen und deren Eltern und Lehrkräfte unterstützt. Sie ist langjähriges Mitglied im DVBS und dort im Leitungsteam der IG Sehbehinderte tätig.

Kontakt

Überregionales Beratungs- und Förderzentrum (üBFZ)für den Förderschwerpunkt Sehen
Carl-Strehl-Schule der blista
blistaCampus
Am Schlag 6a
35037 Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Bild: Dörte Severin lächelt. Sie hat kurze, graue Haare und trägt eine Sonnenschutzkappe. Im Hintergrund liegt eine italienische Landschaft mit Bergen, Wald und See. Foto: privat

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"Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen sind wichtig" - Unsere Erfahrungen mit Schulassistenz

Von Joshua, Doris und Stefan Rohmann

Wir sind Eltern eines hochgradig sehbehinderten Schülers, der seit seiner Einschulung im Rahmen eines inklusiven Unterrichts die Regelschule besucht.

Um dies zu ermöglichen, benötigt er neben einer umfangreichen Hilfsmittelausstattung eine Assistenz, die ihn in seinem Schulalltag unterstützt.

Der inklusive Schulbesuch wird durch die für uns zuständige Blinden- und Sehbehindertenschule, die Schlossschule in Ilvesheim, begleitet. Im Rahmen der Vorbereitung auf die Einschulung wurden wir auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Hilfe durch eine Schulbegleitung bzw. Assistenz aufmerksam gemacht.

Am Anfang der Suche nach einer passenden Assistenz steht die Suche nach einem Träger, bei dem diese Assistenz unter Vertrag steht. Wir haben uns hier für die Individualhilfe gGmbH in Heidelberg entschieden, eine kleine, aber sehr persönliche Organisation. Gemeinsam mit dem Träger begann die Suche nach einer entsprechenden Kraft, in unserem Falle nach einer Abiturientin bzw. einem Abiturienten im Rahmen eines Freiwilligendienstes. Auch wenn der Träger auf verschiedene Plattformen zugreifen kann, über die Interessenten für einen Freiwilligendienst vermittelt werden, ist zusätzlich ein hohes persönliches Engagement der Eltern erforderlich, da die Nachfrage nach solchen Stellen durch die jungen Erwachsenen spürbar abnimmt. So kontaktieren wir regelmäßig die im Einzugsgebiet liegenden rund 40 Gymnasien zuerst telefonisch, um die dann folgenden E-Mails anzukündigen. Wir bringen Aushänge an verschiedenen geeigneten Plätzen an und nutzen das Internet, z. B. durch das Teilen entsprechender Beiträge in Facebook. Wir konnten schon zweimal einen entsprechenden Artikel in der regionalen Tageszeitung platzieren und auch schon zweimal im Radio unser Anliegen den Hörern mitteilen. Es ist Phantasie gefragt!

Begleitend dazu muss die Kostenübernahme für die Assistenz bei dem dafür zuständigen Amt, hier der Eingliederungshilfe des Rhein-Neckar-Kreises, beantragt werden. Das war für uns eine sehr zeitaufwändige und aufreibende Angelegenheit. Wir hatten nicht wirklich das Gefühl, gut unterstützt zu werden, sondern kamen uns eher wie Bittsteller vor. Unserer Meinung nach konnte der tatsächliche Bedarf von den Sachbearbeitern nicht zutreffend eingeschätzt werden.

Unterstützungsbedarf ändert sich im Laufe der Schulzeit

Die Aufgaben von Joshuas Assistenz sind vielfältig und haben sich im Laufe der Zeit deutlich verändert. In der Grundschule bestand die Unterstützung überwiegend aus der Begleitung zur und von der Schule, Bewegung und Orientierung im Schulgebäude und auf dem Gelände, Unterstützung bei Aufgaben, bei denen die Auge-Hand-Koordination und die Feinmotorik im Vordergrund standen, und ähnliches. Das Adaptieren der Unterrichtsmaterialien wurde überwiegend "händisch" ausgeführt, z. B. Zeichnungen anfertigen, Formen ausschneiden, Hilfe beim Kleben, Einstellen der Tafelbildkamera .... Die Assistenz hatte ihren Arbeitsplatz direkt neben Joshua, so dass sie direkt tätig werden konnte. Es war wichtig, dass die Schulbegleitung eine gute Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen besaß, sowie gut einschätzen konnte, wo Joshua Hilfe benötigte und wo Zurückhaltung gefragt war.

Heute besucht unser Sohn die 9. Klasse eines Gymnasiums. Er arbeitet durchgängig am Laptop, kann seine Tafelbildkamera z.T. allein bedienen und sich in der Schule schon gut orientieren. Jetzt liegen die Aufgabenschwerpunkte im Rahmen der Adaption der Unterrichtsmaterialien und der Klassenarbeiten. Die Begleitung hat nun ihren Arbeitsplatz im hinteren Bereich des Klassenzimmers und bekommt ein Zeichen, wenn direkte Hilfe benötigt wird. Die Vorbereitungen werden fast ausschließlich am Computer/Laptop erledigt, so dass diesbezüglich eine gewisse Affinität gefragt ist - oder zumindest keine Berührungsängste vorhanden sein sollten. Immer noch benötigt er aber gerade in den Fächern Sport und Kunst motorische Unterstützung und in den naturwissenschaftlichen Bereichen ist weiterhin Zeichnen angesagt. Die Assistenz sollte eigene Ideen mitbringen, wie Bildmaterial vereinfacht dargestellt oder beschrieben werden kann, und bereit sein, sich gewisse besondere Fähigkeiten anzueignen, z. B. das Arbeiten mit GeoGebra und Latech.

Die Assistenz begleitet Joshua "vollumfänglich", das heißt während der gesamten Schulzeiten. Es ist also wichtig, dass die "Chemie" zwischen Joshua und seiner Begleitung stimmt.

Inklusiver Unterricht ist erst durch Schulassistenz möglich

Im Laufe der zurückliegenden neun Schuljahre haben wir überwiegend gute Erfahrungen sammeln können. Die Assistenzen haben ihre Aufgaben sehr ernst genommen und zu den meisten besteht auch heute noch ein persönlicher Kontakt. Leider haben wir gerade in diesem Schuljahr erfahren müssen, dass es auch anders laufen kann. Die aktuelle Schulbegleitung von Joshua hat bereits nach zweieinhalb Monaten ihre Stelle aufgegeben und bis heute konnten wir noch keinen Ersatz finden. (Anfragen dazu bitte gerne an die Redaktion!).

Naturgemäß entsteht durch den jährlichen Wechsel die Notwendigkeit, sich zu Beginn des neuen Schuljahres erst mal "zu finden". Die Assistenzen müssen sich einarbeiten, und Joshua muss sich an die neue Arbeitsweise gewöhnen und gegebenenfalls in Kauf nehmen, dass es anfangs nicht so rund läuft. Außerdem ist es schwierig, für Fehlzeiten der Assistenz aufgrund von Seminaren oder Krankheit Vertretungen zu finden, insbesondere bei kurzfristigen Anlässen. Dann wird deutlich, wie sehr Joshua auf diese Art der Unterstützung angewiesen ist, auch weil die Lehrerinnen und Lehrer die Zuarbeit der Assistenz benötigen, um Joshua sinnvoll in den Unterricht mit einbeziehen zu können. In der aktuellen Situation wird dies natürlich besonders deutlich. Es ist tatsächlich für Joshua nicht möglich, den Unterricht durchgehend zu besuchen, da keine ausreichenden Vertretungskräfte vorhanden sind.

Wir sind froh, dass die Unterstützung durch Schulbegleiter*innen möglich ist. Dies ist auch notwendig, um den gesetzlich garantierten inklusiven Unterricht zu ermöglichen. Gerade deshalb sehen wir es als eine Verpflichtung der Eingliederungsämter und auch der Schulämter an, dafür zu sorgen, dass die Eltern bei der Suche nach geeigneten Assistenzen wirklich gut unterstützt werden. Dies erleben wir im Moment nicht so. Wir danken aber den vielen jungen Menschen, die sich auf diese Art sozial engagieren.

Zum Autorenteam

Joshua, Doris und Stefan Rohmann leben in Dossenheim bei Heidelberg.

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Guidenetzwerk Deutschland
Ein neues Angebot unterstützt bei Sport und Bewegung

Von Dr. Imke Troltenier

Ziel des neuen, bundesweiten Netzwerkprojektes "Guidenetzwerk Deutschland" ist es, Sportler*innen mit visuellen Einschränkungen bei der Ausübung ihres Hobbys, dem Laufen, zu unterstützen. Die Initiatorin des Netzwerks, Juliana Löffler, beschreibt das Projekt wie folgt: "Blinde und seheingeschränkte Menschen, wir nennen sie im Netzwerk kurz 'Blind-Runners', sind beim Laufen auf sehende Führpersonen, die sogenannten 'Lauf-Guides', angewiesen. Bei unserem neuen Netzwerkangebot geht es darum, dass sich Blind-Runners und Lauf-Guides verknüpfen, damit sie sich anhand ihrer Interessen orts- und vereinsunabhängig zuhause oder für die Urlaubszeit verabreden und gemeinsam Sport machen können."

Dabei kann, aber muss es durchaus nicht um Leistungssport gehen. Wer gern in der Natur unterwegs sein möchte, kann sich auch für gemeinsames Walken registrieren. "Die Plattform macht das jeweilige Interesse und den Bedarf sichtbar. Damit das Netzwerk aber zu einem bundesweit gut funktionierenden Hilfsmittel wird, kommt es jetzt darauf an, dass sich möglichst viele interessierte Blind-Runners und Lauf-Guides auf der Plattform eintragen", sagt Juliana Löffler.

Gemeinsames Hobby bringt Menschen mit und ohne Seheinschränkung zusammen

"Wenn sich jemand im Guidenetzwerk Deutschland registriert", erzählt die engagierte Sportlerin, die ihr Hobby gemeinsam mit Ehemann Hans-Reinhard Hupe seit 18 Jahren pflegt, "dann besprechen wir die jeweiligen Laufwünsche noch einmal am Telefon und wir bleiben auch künftig in Kontakt." Die Netzwerk-Kontakte würden sorgfältig aufgebaut, allein via E-Mail sei das nicht möglich. "Im Gegenteil", betont Juliana Löffler, "wer nicht so gern über das Internet geht, um den Kontakt zu unserem Netzwerk aufzunehmen, der kann auch gern anrufen und sein Anliegen telefonisch darstellen." Der Datenschutz wird dabei großgeschrieben. Auf der Internet-Plattform des Guidenetzwerks Deutschland sind nur Alter und Geschlecht, der Ort und die bevorzugten Strecken sichtbar.

Know-how fürs gute Gelingen

Damit das gemeinsame Laufen gut gelingt und Freude macht, darf es an dem nötigen Know-how nicht fehlen. "Dabei geht es um kleine Dinge, die eine große Wirkung haben", erklärt Juliana Löffler. Alle, die sich im Guidenetzwerk Deutschland registrieren, erhalten den "Kleinen Leitfaden zum Führen blinder und sehbehinderter Läufer" sowie ein Führbändel und eine Kennzeichnungsweste. Letztere kommt in gelb-grüner Signalfarbe daher und stellt sicher, dass mit Einhalten der Kennzeichnungspflicht auch der Versicherungsschutz gewährleistet ist.

Darüber hinaus bietet das Guidenetzwerk Deutschland auch Fortbildungen an. So hat beispielsweise der "Lichtenwalder Lauftreff" sehende Mitglieder zu Führungsläufern geschult, damit künftig auch blinde und sehbehinderte Läufer*innen mitmachen können.

Tatsächlich scheint das Thema "Laufen und Laufguides" gerade sehr gefragt zu sein. Die blista ist derzeit damit befasst, aufgrund einer entsprechenden Anfrage ein Fortbildungskonzept für Laufguides aufzubauen, das die vielen eigenen Erfahrungen und Kenntnisse der blista im Leistungssportbereich, den Austausch mit den eigenen Läufer*innengruppen sowie die Expertise der Reha-Fachkräfte zur Orientierung und Mobilität einbindet. Damit möchte die blista auch sicherstellen, dass künftig hier gut qualifizierte Laufguides bei doch teilweise sehr anspruchsvollen Läufen zur Verfügung stehen. An der blista wird davon ausgegangen, dass nach einer Pilotfortbildung im Frühjahr das Konzept und ein entsprechendes Angebot zum Sommer 2022 verfüg- und buchbar ist.

Über die o.g. Schulung beim "Lichtenwalder Lauftreff" hat die Journalistin Katja Eisenhardt in der Eßlinger Zeitung vom 07.12.2021 berichtet (www.esslinger-zeitung.de). Ihr spannender Artikel stellt die Praxis vor. Diesen Bericht lesen Sie nachfolgend:

Wenn Laufen zur Vertrauenssache wird

"Das ist schon krass, ein ganz ungewohntes Laufgefühl." Melanie Ulmer hat eine Schlafmaske über die Augen gezogen und sieht nichts mehr. Durch einen eng gehaltenen Führbändel ist sie mit ihrer Test-Laufpartnerin Juliana Löffler verbunden. Bei mehr Routine kann das Band und damit der Abstand verlängert werden. Beide haben ein leuchtend gelbes Leibchen mit der gut sichtbaren Aufschrift "Guide" angezogen und starten gemeinsam einen kurzen Testlauf - Melanie Ulmer vorübergehend blind und dadurch völlig auf ihre sehende Tandempartnerin angewiesen.

Los geht es auf gerader asphaltierter Strecke, dazwischen gibt es Untergrund- und Richtungswechsel. Juliana Löffler gibt dafür klare kurze Kommandos, die Melanie Ulmer den richtigen Weg weisen. Die Reichenbacherin ist Mitglied des Lichtenwalder Lauftreffs, der an diesem Samstagvormittag eine besondere Schulung im Bürgerzentrum abhält. Juliana Löffler und ihr blinder Mann Hans-Reinhard Hupe sind dafür eigens aus Thüringen angereist. Sie sind die Gründer des erst im Frühjahr ins Leben gerufenen Guidenetzwerk Deutschland. Seit 18 Jahren läuft das Paar bereits als Tandem. Das Netzwerk, das deutschlandweit ausgebaut werden soll, will seheingeschränkte und blinde Läufer mit geschulten, sehenden Führungsläufern (Guides) zusammenbringen - für Freizeitläufe ebenso wie für Wettbewerbe, Vereine oder Lauftreffs (...).

Den Blick nie nur nach unten richten

Bevor es für die Praxisübung nach draußen geht, erklären Juliana Löffler und Hans-Reinhard Hupe zunächst die überall einheitlich gültigen Kommandos für Lauftandems.

Da geht es etwa um Richtungsangaben, die die Führungsläufer präzise geben müssen: "Statt rechts oder links kann man auch die Uhrzeit nehmen. Die Blickrichtung eines blinden Läufers ist immer auf zwölf Uhr gerichtet. Die Angabe 'drei Uhr' entspricht also rechts, 'neun Uhr' wäre links, 'fünf Uhr' eine spitze Kurve", so Löffler. Rechtzeitig angekündigt werden müssen unter anderem Hindernisse, Steigungen, Untergrundwechsel, Bordsteine und Treppen und ebenso, wenn diese beendet sind. "Wichtig ist, dass die Führungsläufer ihren Blick nie nur nach unten richten, sondern auch potenzielle Hindernisse wie Äste oben und seitlich im Blick haben. Das gilt auch, wenn Hunde, Fußgänger oder Fahrradfahrer nahen", ergänzt Juliana Löffler. Das Hochreißen des verbundenen Arms bedeute: sofort anhalten. "Der blinde und seheingeschränkte Läufer muss sich zu 100 Prozent auf seinen Guide verlassen können. Ein Tandem bewegt sich zudem im Passschritt, nicht im Gleichschritt", nennt Hans-Reinhard Hupe ein weiteres zentrales Merkmal. Er selbst läuft, seit er 17 Jahre alt ist, und ist erst nach und nach im Erwachsenenalter erblindet. Doch Hupe beweist, dass mit Übung alles möglich ist: Er war schon beim Berlin- und Sacramento-Marathon, dem Weltcup in London und beim Zugspitzlauf mit von der Partie (...).

Andere Wahrnehmung der Umgebung

Die künftigen Führungsläufer des Lauftreffs sind von der praktischen Übung, bei der sie abwechselnd in die Rolle des sehenden und des blinden Läufers schlüpfen, begeistert. "Das ist wirklich eine tolle Erfahrung. Man nimmt mit den verbundenen Augen die gewohnte Laufumgebung ganz anders wahr. Geräusche sind schwerer einzuordnen, man muss sich völlig auf den Laufpartner verlassen und auf dessen Kommandos vertrauen", sagt Petra Jaeger. Lauftreff-Leiter Florian Pilz und Daniel Guggenmos, Abteilungsleiter Leichtathletik beim TSV Lichtenwald und Übungsleiter beim Lauftreff, sind von dem neuen Angebot überzeugt: "Wir sind mit rund 90 aktiven Läufern, darunter fünf Trainer und zwölf Laufbetreuer, gut aufgestellt und können daher Führungsläufer für unterschiedliche Lauflevels schulen", sagt Pilz.

Kontakt

Guidenetzwerk Deutschland
Juliana Löffler
Mitglied im LAC, Lauf- und Ausdauersport Club Eichsfeld e.V.
Telefon mobil: 0152 02887978
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.guidenetzwerkdeutschland.de
Facebook: www.facebook.com/blindenlaufschule

Das Guidenetzwerk Deutschland wird durch Aktion Mensch gefördert. Die Fortbildungsangebote sind kostenfrei.

Bild: Testlauf in Lichtenwald: Juliana Löffler (links), Gründerin des Guidenetzwerk Deutschland, mit ihrer Testlaufpartnerin Melanie Ulmer vom Lauftreff, gefolgt von weiteren Läuferinnen und Läufern. Foto: Katja Eisenhardt

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Begleitperson bei stationärer Maßnahme

Von Dr. Michael Richter

Blinde und sehbehinderte Menschen beschäftigt im Vorfeld eines Krankenhausaufenthalts oder einer Rehabilitationsmaßnahme häufig die Frage, wie sie während des stationären Aufenthalts zurechtkommen sollen und ob sie eine Begleitperson mitnehmen dürfen. Häufig ist eine erfolgreiche Behandlung nur möglich, wenn die Begleitung durch eine enge Vertrauensperson gewährleistet ist.

Die Kostenübernahme für die Mitnahme einer Begleitperson richtet sich danach, wer Kostenträger der stationären Maßnahme ist.

Bei Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung besteht nach § 11 Abs. 3 SGB V ein Anspruch darauf, dass die Krankenkasse bei einer stationären Behandlung auch die Kosten einer aus medizinischen Gründen notwendigen Begleitperson übernimmt.

Ob eine Begleitung medizinisch notwendig ist, entscheidet der zuständige Arzt und dokumentiert dies in den Krankenunterlagen. Die Krankenkasse kann jedoch die medizinische Notwendigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen lassen.

Die Begleitperson muss ständig - also rund um die Uhr - anwesend sein und sowohl den behandelnden Ärzten als auch dem Pflegepersonal und dem Patienten, der stationär behandelt wird, zur Verfügung stehen.

Kein medizinischer Grund liegt vor, wenn lediglich der Wunsch des Versicherten oder der Begleitperson nach räumlicher Nähe vorliegt.

Ein Anspruch auf die Kostenübernahme für die Mitaufnahme besteht für sämtliche stationäre Behandlungsformen, also unter anderem für die stationäre Krankenhausbehandlung oder die Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung. Der Anspruch auf die stationäre Mitaufnahme kann auch bei einer teilstationären Behandlung erfolgen.

Selbstverständlich ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Frage von Bedeutung, wann ein Anspruch auf Mitnahme einer Begleitperson besteht. Man darf nicht vergessen, dass die Begleitperson möglicherweise durch die Begleitung einen Verdienstausfall erleidet und überhaupt zeitlich die Möglichkeit zur Begleitung bestehen muss.

Die diesbezüglich bestehende Gesetzeslücke wurde Ende 2021 mit folgenden Regelungen geschlossen:

Arbeitnehmer, die ihnen nahestehende behinderte Menschen im Krankenhaus begleiten, haben nun auch einen Anspruch auf Freistellung vom Arbeitgeber. Dieser Anspruch auf unbezahlte Freistellung gilt auch für nicht gesetzlich Krankenversicherte. Er kann nicht durch einen Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. Dieses neue Freistellungsrecht nach § 44b Abs. 4 SGB V gilt bereits seit dem 5. Oktober 2021.

Darüber hinaus haben Krankenversicherte aus dem engsten persönlichen Umfeld von behinderten Menschen von November 2022 an gem. § 44b Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn sie die Begleitung im Krankenhaus übernehmen und deshalb einen Verdienstausfall haben.

Die Voraussetzungen hierfür sind:

  • Die Begleitung muss aus medizinischen Gründen notwendig sein.
  • Die Begleitperson muss ebenfalls stationär aufgenommen werden (die ganztägige Begleitung steht dem gleich) und eine Person aus dem engsten persönlichen Umfeld bzw. ein naher Angehöriger im Sinne von § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes sein.
  • Der Mensch mit Behinderung muss Leistungen der Eingliederungshilfe, Leistungen nach § 35a SGB VIII (Eingliederungshilfe für Kinder mit seelischer Behinderung) oder Leistungen nach § 27d Abs.1 Nr. 3 des Bundesversorgungsgesetzes (Eingliederungshilfe) erhalten.

Menschen mit Behinderung, die ihre Unterstützung im Alltag über Leistungserbringer der Eingliederungshilfe organisieren, können ebenfalls eine Assistenzperson mit ins Krankenhaus nehmen. Hier werden künftig auch Leistungen für die Begleitung und Befähigung der Person mit Behinderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe bezahlt. Sie umfassen Leistungen zur Verständigung und zur Unterstützung im Umgang mit Belastungssituationen als nichtmedizinische Leistungen.

Auch die Rentenversicherung übernimmt die Kosten für eine aus medizinischen Gründen notwendige Begleitperson bei stationären Aufenthalten. Hier wird auf Antrag sogar der Verdienstausfall der Begleitperson erstattet, sofern kein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass sich die Situation um die notwendige Begleitung im Rahmen von stationären Krankenhausaufenthalten und medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen z. B. für blinde und sehbehinderte Menschen deutlich verbessert hat.

Zum Autor

Dr. Michael Richter ist Geschäftsführer der Rechte behinderter Menschen gemeinnützige GmbH (rbm), einer Rechtsberatungsgesellschaft speziell für die Belange von Menschen mit Behinderungen mit Sitz in Marburg und Berlin. Als blinder Anwalt berät und vertritt Dr. Richter Menschen bundesweit vor Sozial- und Verwaltungsgerichten.

Bild: Dr. Michael Richter hat einen kurz geschnittenen Haarkranz und einen Oberlippenbart. Er trägt ein hellblaues Businesshemd. Foto: DVBS

Linktipp

Das Thema vertiefen lässt sich z. B. anhand eines längeren Fachbeitrags über die Neuregelungen zur Assistenz im Krankenhaus von Christina Janßen, LL. M., den die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation DVfR auf ihrer Webseite zur Verfügung stellt. Siehe: www.reha-recht.de/fileadmin/user_upload/RehaRecht/Diskussionsforen/Forum_A/2021/A41-2021_Assistenz_im_Krankenhaus.pdf

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Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt
Erfolgreiche Weiterbildungstagung - DVBS veröffentlicht Dokumentation in der Reihe "horus spezial"

Von Petra Krines

Wie wichtig das Thema Arbeitsassistenz ist, zeigte sich an der gutbesuchten Weiterbildungstagung "Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt" des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und der PRO RETINA im Oktober 2021 in Kassel, an der über 90 Interessierte teilnahmen.

Das Thema gewinnt zusätzlich an Bedeutung, da sich die Arbeitswelt durch Digitalisierung und die Covid-19-Pandemie schnell verändert.

Kooperation in agilen Arbeitsformen, Homeoffice, Online-Assistenz, wechselnde komplexe IT-Anwendungen und Abstandsregeln sind Beispiele neuer Anforderungen der Arbeitswelt. Auch die Arbeitsassistenz, ein wesentliches Instrument für die Sicherung beruflicher Teilhabe seheingeschränkter Erwerbstätiger, muss hier Schritt halten können. Neue und höhere Anforderungen an persönliche Kompetenz und Qualifikationen der Assistenzkräfte sind entstanden.

Zu Beginn der Weiterbildungstagung informierte Maurice Laßhof vom Institut für Soziologie an der TU Darmstadt über neue Anforderungen an Arbeitsassistenz und Dr. Michael Richter von der "Rechte behinderter Menschen" (rbm) referierte zu Rechtsansprüchen und Beantragungsverfahren. Farina Bartosch, Vertreterin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH), erläuterte den aktuellen Entwicklungsstand der Förderung von Arbeitsassistenz durch die Integrationsämter. Intensiv diskutierten die Teilnehmenden über Online-Unterstützung, Homeoffice, agiles Arbeiten und die Qualifizierung von Assistenzgebenden.

Am zweiten Tag thematisierten Rita Schroll, eine Beraterin behinderter Menschen und selbst erfahrene Assistenznutzerin, und Ute Mölter vom Beratungs- und Schulungszentrum der blista die optimale Gestaltung von Assistenzbeziehungen. In die anschließende Diskussion flossen viele Erfahrungen der Teilnehmenden ein.

In sechs Workshops bearbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung folgende Schwerpunkte: Rollen und Konflikte in der Kooperationsbeziehung; Arbeitsverträge, Personalverwaltung und Steuerfragen; Förderanträge; Erhebung des Assistenzbedarfs; Rekrutierung geeigneter Assistenzkräfte und optimale Assistenzmodelle.

Dokumentation der Weiterbildungstagung und Online-Angebote

Der DVBS hat inzwischen die Dokumentation der Veranstaltung veröffentlicht. Sie enthält neben den 15 Forderungen zur Verbesserung der Förderung von Arbeitsassistenz, die im Rahmen der Weiterbildungstagung erarbeitet wurden, vertiefende Informationen zum Thema.

So skizziert z. B. Klaus Winger, der Initiator der Weiterbildungstagung, die historische Entwicklung des Anspruchs auf Arbeitsassistenz sowie der Arbeitsfelder und geht auf die aktuellen Aufgaben der Selbsthilfe zum Thema Arbeitsassistenz ein. Darüber hinaus enthält die Dokumentation Linktipps zu den Audiomitschnitten der Vorträge, zur Online-Veranstaltungsreihe "Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz" des DVBS sowie zur E-Learning-Plattform "Arbeitsassistenz" von DVBS und PRO RETINA.

Die Dokumentation erscheint in der Reihe "horus spezial" als Band 10. Abonnentinnen und Abonnenten des horus erhalten sie automatisch. Sie steht außerdem auf der DVBS-Webseite unter publikationen/horus-spezial zur Verfügung. Die Printausgabe oder die digitale Version (mit DAISY-Hörfassung) sendet der DVBS Interessierten auf Anfrage gerne zu.

Zur Autorin

Petra Krines koordiniert seit April 2020 die Öffentlichkeitsarbeit des DVBS. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaft hat sie eine Weiterbildung zur PR-Beraterin (DAPR) absolviert und schwerpunktmäßig für Non-Profit-Organisationen, Kommunen und Redaktionen gearbeitet.

Bild: Petra Krines lächelt. Sie hat langes blondes Haar, blaue Augen und trägt zum dunklen Blazer eine zierliche helle Kette. Foto: privat

Kontakt

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten
in Studium und Beruf e. V.
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Tel.: 06421 94888-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.dvbs-online.de

Bild: Die Tagungsbühne mit DVBS-Mitarbeiter Christian Axnick (sitzend) und Moderator Klaus Winger (DVBS) am Rednerpult. Foto: DVBS

Abbildung: Titelblatt der Dokumentation zur Weiterbildungstagung "Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt" (horus spezial X).

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Bundesverwaltungsgericht bestätigt Anspruch auf Arbeitsassistenz auch im Rentenalter

Vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV)

Eine gute Nachricht für viele behinderte Menschen kam am 13. Januar dieses Jahres vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig: Der Anspruch auf Arbeitsassistenz endet nicht automatisch, nur weil man das Rentenalter erreicht hat! Ein blinder Mensch, selbstständig tätig, hatte geklagt, weil sein Kostenträger die Arbeitsassistenz nicht über das Renteneintrittsalter hinaus finanzieren wollte. Ihm wurde nun recht gegeben. Auch in einem zweiten, ähnlich gelagerten Fall entschied das Gericht im Sinne des blinden Klägers.

Dr. Michael Richter von der "Rechte behinderter Menschen gGmbH" (rbm), der Rechtsberatungsgesellschaft des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), hat beide Kläger vor dem Bundesverwaltungsgericht vertreten. Aus seiner Sicht sind die Entscheidungen Meilensteine für die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und eine selbstbestimmte Lebensplanung: "Wenn behinderte Menschen sich bewusst für eine längere Erwerbstätigkeit entscheiden, dann muss ihnen auch die dafür nötige Arbeitsassistenz weiter gewährt werden."

In einem Fall (BVerwG, Urteil vom 12.01.2022 Az.: 5 c 6.20) klagte ein blinder Selbstständiger, der als Lehrer, Berater und Gewerbetreibender tätig ist. Nachdem die beiden hessischen Vorinstanzen einen Anspruch auf Arbeitsassistenz ablehnten, hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil auf und verwies die Sache zur Klärung noch offener Fragen und erneuten Verhandlung zurück an die Vorinstanz.

In einer Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts heißt es dazu, in der einschlägigen gesetzlichen Regelung in § 185 Abs. 5 SGB IX sei eine Altersgrenze weder ausdrücklich geregelt noch im Wege der Auslegung zu begründen. Der Anspruch setze zum einen für eine Einordnung als Hilfe im Arbeitsleben nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur voraus, dass der schwerbehinderte Mensch einer nachhaltig betriebenen Erwerbstätigkeit nachgehe, die geeignet sei, dem Aufbau bzw. der Sicherung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage zu dienen. Zum anderen sei erforderlich, dass tatsächlich Arbeitsassistenzleistungen erbracht werden, die unter Berücksichtigung der konkreten Arbeitsumstände zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile notwendig seien.

Im zweiten Fall hatte ein blinder Rechtsanwalt geklagt. Die Vorinstanzen in Mecklenburg-Vorpommern hatten dem Kläger die Leistung zugesprochen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.11.2020 Az.: 1 LB 611/18 OVG). Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Revision der Beklagten zurück (BVerwG, Urteil vom 12.01.2022 Az.: 5 C 2.21).

(Quelle: Newsletter "dbsv-direkt" vom 13.01.2022)

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Recht

Rechtzeitig vorsorgen mit einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung

Von Christian Seuß
(Rechtsassessor der rbm)

Einleitung

Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen zeigen, wie wichtig es ist, rechtzeitig Bestimmungen für die Fälle zu treffen, in denen Sie selbst nicht (mehr) entscheiden oder handeln können. Für Situationen etwa, in denen es um Fragen der medizinischen Behandlung und Therapie geht, während Sie bewusstlos sind oder nicht klar antworten können, auch dann, wenn es um Ihre Wünsche am Lebensende geht. Wem bringen Sie so viel Vertrauen entgegen, dies für Sie zu entscheiden oder in Ihrem Sinne zu handeln, falls Sie selbst hierzu nicht imstande sind? Ich möchte Sie ermutigen, Verfügungen zu treffen und Vollmachten zu erteilen, bevor es hierfür zu spät sein könnte, und Sie für die verschiedenen Möglichkeiten sensibilisieren.

Ich höre Sie, liebe Leserinnen und Leser, schon sagen: "Das hat noch Zeit; mir geht's gut und da muss ich das aktuell nicht regeln."

Stopp, nicht gleich weiterblättern!

Von einem Moment auf den anderen können Menschen nach einem Verkehrsunfall, einem Herzinfarkt oder nach einem Schlaganfall die Fähigkeit zum selbstständigen Handeln auf Dauer verlieren, können keine rechtsverbindlichen Erklärungen mehr abgeben und Entscheidungen für oder gegen eine Operation nicht mehr selbst treffen.

Dann ist es zu spät für eine Patientenverfügung, für eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung.

Welche praktischen Folgen hat es, wenn man keine Patientenverfügung und keine Vorsorgevollmacht hat?

Wenn keine Patientenverfügung vorliegt, müssen Ärztinnen und Ärzte alle medizinischen Möglichkeiten ausschöpfen, die zum Erhalt des Lebens eingesetzt werden können.

Das heißt z. B., einen Menschen, der nach einem Herzstillstand reanimiert wurde, mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine künstlich zu beatmen und - wenn eine selbstständige Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich ist - künstlich über eine Magensonde zu ernähren.

Andernfalls würden sich Ärztinnen und Ärzte wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB strafbar machen.

Manche unserer Leserinnen und Leser denken sich vielleicht: Die ganze Palette ärztlicher Maßnahmen zur Lebensverlängerung will ich gar nicht in Anspruch nehmen. Erst recht, wenn die Aussichten, wieder gesund zu werden, gleich Null sind!?

Doch wer das nicht will, muss in einer Patientenverfügung klare Weisungen treffen, in welchen konkreten Krankheitsstadien unter welchen Voraussetzungen keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr gewünscht werden.

Erst wenn es solche Weisungen in einer Patientenverfügung gibt, machen sich behandelnde Ärztinnen und Ärzte nicht wegen einer unterlassenen Hilfeleistung strafbar. Im Gegenteil: Sie müssen den eindeutigen Willen des bzw. der Betroffenen respektieren.

Damit Ärztinnen und Ärzte aber in einer solchen Lebenssituation, bei der es z. B. darum geht, ob die zunächst eingeleiteten lebensverlängernden Maßnahmen abgebrochen werden können, nicht wegen einer unterlassenen Hilfeleistung strafrechtlich belangt werden können, bedarf es zusätzlich zur Patientenverfügung noch einer Vorsorgevollmacht. Erst die Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine Vertrauensperson, für eine andere Person Einwilligungen in medizinische Behandlungen zu erteilen oder diese zu verweigern und dafür zu sorgen, dass die in der Patientenverfügung geäußerten Weisungen umgesetzt werden.

Was beinhaltet eine Patientenverfügung?

Was steht zur Patientenverfügung im BGB?

Maßgeblich ist § 1901a BGB Patientenverfügung.

Dieser lautet auszugsweise:

"(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

(...)

(5) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. (...)

(6) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend."

Was man sich zur Patientenverfügung merken sollte:
  1. Patientenverfügungen können alle volljährigen Menschen (ab Vollendung des 18. Lebensjahres) abschließen, die im Zeitpunkt der Errichtung der Patientenverfügung einwilligungsfähig sind. Niemand ist aber hierzu verpflichtet.
  2. Die Patientenverfügung ist, anders als das Testament, an keine konkrete Form gebunden. Sinnvoll ist allerdings, die Patientenverfügung schriftlich niederzulegen, damit über den Willen der betreffenden Person Klarheit besteht und mit Hilfe der Patientenverfügung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden kann, ob die betroffene Person eine Behandlung wünscht oder nicht. Schriftform heißt, dass der Inhalt der Patientenverfügung in schriftlicher Form ausgedruckt vorliegt und von der betreffenden Person eigenhändig unterschrieben wird. Möglich ist auch eine notarielle Beurkundung der Patientenverfügung.
  3. Wichtig ist, dass die Patientenverfügung im Bedarfsfall gefunden wird. Eine Möglichkeit der Vorsorge ist, die Patientenverfügung mit sich zu führen.
  4. Die Patientenverfügung kann jederzeit neugefasst, abgeändert oder ergänzt werden. Von Zeit zu Zeit sollte geprüft werden, ob die Patientenverfügung noch passt. Fortschritte in der Medizin können z. B. dazu führen, dass eine Patientenverfügung abgeändert wird.
  5. Die Patientenverfügung muss für bestimmte ärztliche Eingriffe, Heilbehandlungen und Eingriffe, die in der Zukunft liegen, festlegen, ob eine Einwilligung erteilt oder versagt wird.
    Der Bundesgerichtshof hat in den letzten Jahren seine Rechtsprechung konkretisiert und die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung deutlich erhöht.
    So soll sich aus einer Patientenverfügung zum einen die konkrete Behandlungssituation erkennen lassen und zum anderen sollen sich die auf diese Situation bezogenen Behandlungswünsche klar ergeben.
  6. Ein gesetzlicher Betreuer bzw. eine gesetzliche Betreuerin oder eine entsprechend bevollmächtigte Person ist an die Patientenverfügung gebunden und ist verpflichtet, die Verfügungen in der konkreten Situation zum Ausdruck und zur Geltung zu bringen.
  7. Eine unwirksame Patientenverfügung wird - anders als ein unwirksames Testament - nicht als vollkommen nichtig und unwirksam betrachtet. Vielmehr sind bei der Ermittlung des "mutmaßlichen Willens" insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen der betroffenen Person zu berücksichtigen.

Ratsam ist vor Errichtung der Patientenverfügung in jedem Fall eine eingehende Beratung, bei der die Wertevorstellungen des bzw. der Ratsuchenden ermittelt werden und anhand unterschiedlicher Krankheitsbilder Festlegungen getroffen werden, inwieweit medizinische Behandlungen erwünscht sind und in welchem konkreten Stadium unter welchen Voraussetzungen eine Behandlung nicht mehr gewollt ist.

Angeboten werden insbesondere Beratungen durch Ärztinnen und Ärzte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare, Beratungsvereine und auch durch die Rechtsberatungsgesellschaft "rbm Rechte behinderter Menschen gemeinnützige GmbH".

Was passiert, wenn keine Vorsorgevollmacht vorhanden ist?

Wenn jemand nicht mehr selbst imstande ist, seine oder ihre Angelegenheit zu regeln, und niemandem eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, muss vom örtlichen Betreuungsgericht ein gesetzlicher Betreuer oder eine gesetzliche Betreuerin bestellt werden.

Weder der Ehepartner bzw. die Ehepartnerin noch die Kinder sind von Gesetzes wegen befugt, für eine*n Angehörige*n zu handeln.

Was kann man tun, um rechtzeitig vorzusorgen?

Jeder Mensch sollte sich frühzeitig mit folgenden Fragen befassen:

  • Was wird, wenn ich auf die Hilfe anderer angewiesen sein sollte?
  • Welcher Person oder welchen Personen vertraue ich, dass sie in meinem Sinne Entscheidungen treffen und z. B. dafür sorgen würden, dass die in meiner Patientenverfügung niedergeschriebenen Wünsche beachtet werden?
  • Was kann ich konkret tun, damit im Ernstfall in meinem Sinne gehandelt und entschieden wird?
Welchen Vorteil hat eine Vorsorgevollmacht?

Solange ein Mensch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, also geschäfts- und einwilligungsfähig, ist, kann er alle Angelegenheiten des Lebens selbst entscheiden.

Durch einen schweren Verkehrsunfall oder eine rasch fortschreitende hirnorganische Erkrankung kann diese Handlungsfreiheit schnell vorübergehend oder auf Dauer eingeschränkt sein.

In solchen Momenten ist es sehr vorteilhaft, wenn es eine Generalvollmacht für eine Vertrauensperson gibt, die zur Vertretung für bestimmte Rechtsgeschäfte und zur Abgabe von Erklärungen bevollmächtigt ist und sofort handeln kann.

Wenig hilfreich ist, wenn die Vollmacht an die Bedingung geknüpft ist, dass die Vollmacht gebende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geschäftsfähig ist, weil diese Vollmacht dann nur in Verbindung mit einem fachärztlichen Gutachten zur Vertretung berechtigt und die Erstellung eines solchen Gutachtens erfahrungsgemäß mehrere Monate in Anspruch nehmen würde.

Ratsam erscheint deshalb, einer Vertrauensperson eine sog. "unbedingte Vollmacht" zu erteilen, in der z. B. folgende Bereiche abgedeckt werden:

  • Regelung von Behörden- und Versicherungsangelegenheiten
  • Erledigung von Bankgeschäften
  • Zugriff auf das Brief- und E-Mail-Postfach und die sonstigen Online-Aktivitäten
  • Befugnis zur Regelung von nötigen ambulanten Hilfen
  • Befugnis zur Suche eines Platzes in einem Senioren- oder Pflegeheim einschließlich der Berechtigung zum Abschluss und zur Kündigung von Heimverträgen
  • Berechtigung zur Kündigung des Mietvertrags für die Wohnung oder des Telefonanschlusses
  • Entscheidungsbefugnis bei Operationen und medizinischen Maßnahmen sowie zur Umsetzung des Willens der Vollmacht gebenden Person gemäß ihrer Patientenverfügung.

Ich empfehle, dass die Vollmacht gebende Person vor Erteilung einer Generalvollmacht mit der Person ihres Vertrauens spricht, ob sie zur Übernahme dieser Aufgabe bereit ist, und dass geklärt wird, inwieweit der bzw. die Bevollmächtigte gemäß den Vorschriften des Auftragsrechts Aufwendungsersatz verlangen kann, über Ausgaben rechnungspflichtig ist und über die Tätigkeit gegenüber Dritten Auskunft erteilen muss.

Außerdem muss geklärt sein, wie die bevollmächtigte Person an ihre Vollmacht kommt. Möglich ist, die Vollmacht direkt auszuhändigen oder sie an einem passenden Ort zu hinterlegen, wo sie für die bevollmächtigte Person zugänglich ist.

Sinnvoll ist außerdem, dass die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert sind, so dass Betreuungsgerichte hierüber informiert und unnötige Betreuungen vermieden werden.

Die anfallenden Notargebühren liegen in einer überschaubaren Höhe von unter 20 €.

Und ganz wichtig: Eine Vollmacht kann man jederzeit widerrufen; man muss freilich dafür sorgen, dass sie vernichtet und damit aus dem Verkehr gezogen wird.

Was ist eine Betreuungsverfügung?

Wer niemanden in seinem persönlichen Umfeld hat, dem er eine weitreichende Generalvollmacht erteilen möchte, dem bleibt der Weg, eine Betreuungsverfügung zu verfassen. Durch sie wird gegenüber dem Betreuungsgericht eine Person und ggf. zusätzlich eine Ersatzperson benannt, die im Bedarfsfall zum gesetzlichen Betreuer bzw. zur gesetzlichen Betreuerin bestellt werden soll.

Eine gesetzliche Betreuung ist von Amts wegen vorzunehmen, wenn dem Betreuungsgericht Umstände bekannt werden, dass ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln.

Hierbei werden Wünsche des bzw. der Betroffenen berücksichtigt. Diese können in einer Betreuungsverfügung festgeschrieben sein und sollen vom Betreuungsgericht beachtet werden. Solche Wünsche tragen dazu bei, dass der bzw. die gesetzliche Betreuer*in die zu betreuende Person und ihre Wünsche kennt und sich um diese persönlich kümmern wird. Schließlich hat eine Betreuungsverfügung den Vorteil, dass die Berufung des Betreuers bzw. der Betreuerin in der Regel beschleunigt wird.

Allerdings ist das Betreuungsgericht an die Wünsche der Person nicht gebunden und kann bei triftigen Gründen hiervon abweichen.

Welche Unterschiede hat die gesetzliche Betreuung zur Bevollmächtigung?

Der Vorteil der gesetzlichen Betreuung liegt darin, dass gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer gegenüber dem Betreuungsgericht verpflichtet sind, über die Ausgaben für die betreute Person jährlich einen Kostennachweis vorzulegen. Gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer haben gemäß § 1835 BGB einen Anspruch auf Erstattung ihrer nachgewiesenen Aufwendungen; so z. B. auf Ersatz von Fahrt- oder Portokosten. Sie sind gemäß § 1835a BGB berechtigt, ohne Einzelnachweis eine jährliche Betreuerpauschale in Höhe von zurzeit 399,00 € abzurechnen.

Die gesetzliche Betreuung hat den Nachteil, dass bei Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit eine gewisse Zeit vergeht, ehe das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer bzw. Betreuerin bestellt, der bzw. die für die betroffene Person, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann, handlungsbefugt ist.

Wer berät und unterstützt im Einzelfall?

Damit jeder und jede für seine bzw. ihre Situation die richtige Lösung findet, ist eine umfassende rechtliche Beratung ratsam. So wird gewährleistet, dass die Vorsorgevollmacht den rechtlichen Anforderungen entspricht und praxisgerecht formuliert wird.

Notwendig ist, dass die verschiedenen Rechtsbereiche konkret benannt werden. Besonders wichtig ist, dass die Vorsorgevollmacht mit der Patientenverfügung übereinstimmt und die hierfür notwendigen Bevollmächtigungen enthält.

Um im Rechtsverkehr handeln zu können, muss die Vorsorgevollmacht schriftlich abgefasst sein. Eine notariell beurkundete Vollmacht ist dann anzuraten, wenn die Vollmacht auch zum Kauf, Verkauf oder zur dinglichen Belastung von Immobilien berechtigen soll.

Was kostet die Beratung?

Soweit Rechtsanwälte oder Notare tätig werden, richten sich die Kosten nach den Gebühren der Rechtsanwälte und Notare. Nach einer Beratung werden entsprechende Dokumente (Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht) erstellt.

Die Rechte behinderter Menschen gemeinnützige GmbH (rbm) bietet für Mitglieder der Landesvereine und der korporativen Mitglieder ein kostengünstiges Beratungsangebot für die Abfassung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung. Näheres hierzu kann bei der rbm erfragt werden: Telefon: 06421 94844-90, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Drei Ratschläge zum Schluss

Zusammenfassend gebe ich drei Ratschläge:

  1. Im eigenen Interesse und im Interesse der Angehörigen liegt es, rechtzeitig Vorsorge für die Situation zu treffen, falls Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können.
  2. Eine gute Vorsorge beinhaltet eine persönlich gestaltete Patientenverfügung und eine hierauf abgestimmte Generalvollmacht oder - falls Sie keine Vertrauensperson haben - eine Betreuungsverfügung.
  3. Und ganz wichtig: Schieben Sie die Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht nicht auf die lange Bank!

Literaturtipp

"Patientenverfügung - Leiden, Krankheit, Sterben - wie bestimme ich, was medizinisch unternommen werden soll, wenn ich nicht mehr einwilligungsfähig bin?" Herausgeber: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz; Referat Öffentlichkeitsarbeit; Digitale Kommunikation; Berlin (Stand: August 2019).

"Betreuungsrecht mit ausführlichen Informationen zur Vorsorgevollmacht",Herausgeber: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, September 2019.

Die beiden Informationsbroschüren sind kostenlos erhältlich beim:

Publikationsversand der Bundesregierung
Postfach 48 10 09
18132 Rostock
Tel.: 030 182722721
Fax: 030 18102722721
oder über die Webseite www.bmjv.de

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Blinde Schöffinnen und Schöffen - geht das?

Von Uwe Boysen

I. Einführung

In den 1990er Jahren gab es in Deutschland verschiedene Fälle, in denen blinde Schöffen wegen ihrer Blindheit von der sog. Schöffenliste gestrichen wurden. Dagegen gibt es nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) kein Rechtsmittel. Es bleibt nur eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Diese wurde auch 2001 mit Hilfe des DVBS in einem Fall eingelegt, blieb aber erfolglos. In einer sog. Kammerentscheidung (hier wirkt nicht der gesamte Senat des BVerfG mit, sondern nur drei Richter*innen) sah das Gericht keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (dem Benachteiligungsverbot wegen einer Behinderung), ohne nach unserer Meinung detailliert genug auf die in der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Argumente, insbesondere zur Wahrnehmungsfähigkeit blinder Menschen, einzugehen.

Diese Situation könnte sich durch eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Oktober 2021 (Az.: C-824/19, ECLI:EU:C:2021:862; weiter unten zitierte Randnummern [Rn.] beziehen sich auf diese Entscheidung) in einem Fall aus Bulgarien auch für die Bundesrepublik ändern. Hier musste sich der EuGH mit der Frage auseinandersetzen, ob es eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung darstellt, wenn eine blinde Schöffin wegen ihrer Blindheit zu keinen Verhandlungen hinzugezogen wird, eine Frage, die der EuGH im Ergebnis bejahte.

II. Der Ausgangsfall

Die blinde Bulgarin VA, selbst Juristin und teilweise für die Europäische Blindenunion (EBU) tätig, war in Sofia zur Schöffin gewählt worden, wurde aber von der zuständigen Berufsrichterin wegen ihrer Blindheit über längere Zeit zu keiner Verhandlung hinzugezogen. Dagegen wandte sich die verhinderte Schöffin mit einer Eingabe an die bulgarische Kommission für den Schutz vor Diskriminierung, nachdem der zuständige Gerichtspräsident ihre an ihn gerichtete Eingabe nicht beantwortet hatte. Die Kommission erlegte sowohl der Berufsrichterin wie dem Präsidenten des Gerichts ein Bußgeld von 250 bzw. 500 bulgarischen Lewa (BGN) (etwa 130 bzw. 260 Euro) auf. Beide Richter fochten diese Entscheidung erfolglos vor dem erstinstanzlichen Verwaltungsgericht in Sofia an und legten sodann Revision beim obersten Verwaltungsgericht ein. Dieses legte dem EuGH die Frage vor, ob die Geldbußen zu Recht auferlegt worden seien.

III. Die Entscheidung des EuGH

Als Auslegungsmaßstäbe legte der EuGH seiner Entscheidung sowohl die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wie die Europäische Charta der Grundrechte (GRC) und die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU 2078/EG zu Grunde (im Folgenden RL). Aus dieser RL und ihren Erwägungsgründen (das ist im europäischen Recht eine Art Gesetzesbegründung) folgert der EuGH sodann einen "allgemeinen Rahmen", der gewährleisten soll, dass jede*r in Beschäftigung und Beruf gleichbehandelt wird, indem die RL jedem Betroffenen einen wirksamen Schutz vor Diskriminierung, u. a. wegen einer Behinderung, bietet (Rn. 35 der Entscheidung unter Verweis auf Urt. vom 15. Juli 2021, C795/19, EU:C:2021:606, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hierzu geht der EuGH davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit als Schöffin um eine entgeltliche berufliche Tätigkeit handelt, was die RL 2000/78 erst anwendbar macht. Nach dem Sachverhalt gehe es sowohl um die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der RL 2000/78 als auch um die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie genannten Beschäftigungen und Arbeitsbedingungen (Rn. 39). Die Blindheit von VA und ihr Ausschluss von der Tätigkeit als Schöffin stellt für den EuGH sodann eine unmittelbare Benachteiligung iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der RL 2000/78 dar (Rn. 42).

Bis hierhin dürften kaum Zweifel bestehen (zur Ausgestaltung des Schöffenamtes in Deutschland siehe weiter unten). Viel spannender ist die Frage zu beurteilen, ob Art. 4 Abs. 1 der RL hier erfüllt ist, der es den Mitgliedsstaaten in engen Grenzen erlaubt, bestimmte Anforderungen an berufliche Merkmale zu stellen, die dann nicht als Diskriminierung in Frage kommen. Der EuGH bezieht sich hier auf Erwägungsgrund 23 der RL und befürwortet so eine restriktive Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1. Auch wenn es Fälle geben könne, in denen blinde Menschen von der Wahrnehmung des Schöffenamtes ausgeschlossen sein könnten, so sei es doch fraglich, ob der gänzliche Ausschluss vom Schöffenamt zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sei und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehe (Rn. 54). Bei der dazu notwendigen Verhältnismäßigkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach Art. 5 der RL im Licht ihrer Erwägungsgründe 20 und 21 verpflichtet sei, die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufs und den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten. Hierzu verlangt der EuGH eine individuelle Prüfung der Fähigkeiten von VA und betont die Verpflichtung des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um eine Diskriminierung auszuschließen (Rn. 54 und 57). Der Gerichtshof verknüpft dieses Argument weiter mit der Vorschrift des Art. 26 GRC und Art. 5 Abs. 3 der UN-BRK zur Verpflichtung der Vertragsstaaten, angemessene Vorkehrungen zu schaffen, um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen (Rn. 58-60). Schließlich zeigt sich für den EuGH die Unverhältnismäßigkeit des generellen Ausschlusses vom Schöffenamt darin, dass später, als die Schöffen in Bulgarien im Rahmen eines elektronischen Verfahrens zugewiesen wurden, offenbar keine Probleme bei der Beteiligung von VA an Strafverfahren aufgetreten sind (Rn. 63).

IV. Die Rechtslage in Deutschland

Berufsrichter*innen und Schöff*innen

Hier muss man zunächst zwischen Berufsrichter*innen und Schöff*innen unterscheiden.

Für blinde Berufsrichter*innen gibt es Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die die Mitwirkung in einer erstinstanzlichen Hauptverhandlung auf Grund eines Urteils von 1987 für einen Vorsitzenden untersagt hat. Der BGH geht hier von einer rein formalen Auffassung aus. Wer, so kann man resümieren, den Sehsinn nicht besitze, der könne einer Hauptverhandlung nur eingeschränkt folgen. Einer Diskussion, ob und ggf. wie Wahrnehmungsdefizite ausgeglichen werden können, entzieht sich der 4. Strafsenat des BGH damit.

Allgemeines zu Schöffen

Das Schöffenamt in Deutschland ist nach § 31 GVG ein Ehrenamt. § 33 GVG enthält Gründe, aus denen jemand nicht als Schöffe berufen werden soll. Nach dessen Nr. 4 sind das Personen, die aus gesundheitlichen Gründen für das Amt nicht geeignet sind (frühere Formulierung: "wegen körperlicher Gebrechen"). Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 GVG Nr. 2 ist ein Schöffe von der Schöffenliste zu streichen, wenn Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorhandensein eine Berufung zum Schöffenamt nicht erfolgen soll, also § 33 GVG und damit auch dessen Nr. 4 einschlägig ist. Eine Entscheidung hierüber trifft nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GVG der zuständige Amtsrichter bzw. gem. § 77 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GVG die zuständige Strafkammer nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des betroffenen Schöffen. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 52 Abs. 4 GVG).

V. Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die deutsche Rechtslage

Soweit der EuGH sich vorliegend auf die Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG bezieht, begegnet das gewissen Bedenken. Der EuGH geht für den bulgarischen Fall schlicht davon aus, dass die Tätigkeit als Schöffin unter diese Richtlinie fällt, die Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf verbietet. Wie oben festgestellt, handelt es sich beim Amt des Schöffen oder der Schöffin aber jedenfalls in Deutschland um ein Ehrenamt, so dass eine direkte Anwendung der Richtlinie immerhin zweifelhaft sein kann. Der EuGH verknüpft seine Argumentation aber auch mit der EU-Grundrechtecharta (dort Art. 20 und 26) sowie mit Art. 5 der UN-BRK, die beide in Deutschland gelten. Das legt es nahe, die in der Entscheidung für das Vorliegen einer Diskriminierung aufgestellten Grundsätze auch auf die Tätigkeit als Schöffen zu übertragen. Das betrifft insbesondere die vom EuGH hervorgehobene Argumentation zur Verpflichtung, angemessene Vorkehrungen zur Vermeidung einer Diskriminierung zu schaffen, wie sie sich aus Art. 5 Abs. 3 UN-BRK ergibt (für seinen Anwendungsbereich auch § 7 Abs. 2 BGG). Folgt man hier der Argumentation des EuGH, so stellt ein pauschaler Ausschluss vom Schöffenamt ohne Rücksicht auf den konkreten Einzelfall eine unzulässige Diskriminierung dar, mit der Folge, dass die generelle Streichung von der Schöffenliste nicht zu rechtfertigen ist. Damit ist nach der hier vertretenen Auffassung auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gegeben, bei dessen Auslegung UN-BRK und Grundrechtecharta heranzuziehen sind.

VI. Konsequenzen

Im Lichte der auch vom Bundesverfassungsgericht nunmehr häufig als Auslegungshilfe herangezogenen UN-Behindertenrechtskonvention und der soeben referierten EuGH-Entscheidung könnte es hier die Möglichkeit geben, blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen das Schöffenamt wieder zu eröffnen. Um das gerichtlich überprüfen zu lassen, sind Fälle notwendig, in denen eine Streichung von der Schöffenliste erfolgt ist. Der Gemeinsame Arbeitskreis Rechtspolitik von DVBS und DBSV ruft daher blinde und sehbehinderte Menschen, die Interesse an einer Schöffentätigkeit haben, dazu auf, sich um ein solches Ehrenamt zu bewerben. Die nächste Schöffenwahl findet im Frühjahr 2023 statt. Zu Beginn des Jahres 2023 rufen die Städte und Gemeinden dazu auf, sich für das Schöffenamt zu bewerben. Die Bewerbung muss an das zuständige Amt der Kommune gerichtet werden, in der der Interessent wohnt. Wer Jugendschöffe werden möchte, muss seine Bewerbung beim Jugendamt einreichen.

Sollten blinde Schöff*innen gewählt, aber später von den Gerichten von der Schöffenliste gestrichen werden, wäre eine rechtliche Überprüfung mittels Verfassungsbeschwerde möglich. Vielleicht ließe sich auf diesem Wege eine Diskriminierung unserer Personengruppe ausräumen. Das würde auch den blinden Berufsrichterinnen und -richtern zugutekommen, die derzeit kaum noch in Strafsachen eingesetzt werden. Mobilisieren wir also das Recht für unsere Belange!

Linktipp

Eine ausführliche Rezension des Autors zur in horus 1/2022 besprochenen EuGH-Entscheidung findet sich in einem zweiteiligen Beitrag im "Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht" unter:

https://www.reha-recht.de/fachbeitraege/beitrag/artikel/beitrag-b1-2022/ (Teil 1) und

https://www.reha-recht.de/fachbeitraege/beitrag/artikel/beitrag-b2-2022/ (Teil 2).

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Berichte und Schilderungen

Zeitenwende - vom Leben nach der blista
Von der Schulbank in den Hörsaal

Von Alex Haar, Abitur 2012

Schon bevor ich das Abitur endgültig in der Tasche hatte, stand für mich fest, dass ich direkt von der Schulbank in den Unihörsaal wechseln werde. In der Schule lagen meine Stärken eindeutig im naturwissenschaftlichen Bereich, folglich entschied ich mich für ein Lehramtsstudium in den Fächern Mathematik und Physik, den Beruf des Lehrers kannte ich ja - zumindest aus der Schülerperspektive. Da ich über einen verhältnismäßig guten Sehrest verfüge - auf einem Auge bin ich zwar blind, aber mit dem anderen kann ich noch recht gut sehen -, konnte ich auch davon ausgehen, dass mir meine Seheinschränkung im Studium nicht allzu sehr im Wege stehen würde. Und für alle Fälle gab es noch den sehr engagierten Behindertenbeauftragten der Universität, an den ich mich wenden konnte, damit mir daraus kein Nachteil entstehen würde.

Fortan sollte es nun für mich heißen: Nicht nur bei ARD und ZDF sitzen Sie in der ersten Reihe, sondern auch im Hörsaal. Ganz vorne waren in der Regel auch immer die meisten Plätze frei, denn zu nah beim Dozenten wollten nur die wenigsten sitzen. Von dieser Position aus konnte ich das auf die Tafel Geschriebene und Gezeichnete ganz gut erkennen.

Aber manchmal stieß ich dabei an meine Grenzen, wenn die Dozenten z. B. viel an die Tafel schrieben und zusätzlich auch noch schnell redeten. Dann stand ich vor der Wahl: mitschreiben oder zuhören. In diesem Fall benutzte ich mein Smartphone, um Fotos von der Tafel zu machen, sodass ich den Stoff anhand der digitalen
Aufzeichnungen zuhause in Ruhe nacharbeiten konnte. Das war mir jedoch nur dann möglich, wenn die Dozenten diesem Vorgehen zustimmten.

Exkurs: Studium und Sehbehinderung

Eine der ersten und wichtigsten Anlaufstellen vor Beginn eines Studiums sollte der oder die Behindertenbeauftragte der jeweiligen Hochschule oder, wenn vorhanden, des jeweiligen Fachbereichs sein - ob es um den Einsatz von Hilfsmitteln in Vorlesungen und Prüfungen geht oder um Zeitverlängerungen bei Prüfungen oder die Bewilligung einer persönlichen Vorleseassistenz - auf die meisten Fragen hat er bzw. sie eine Antwort parat. Er bzw. sie kann auch Auskunft erteilen über Art und Umfang deines individuell angepassten Nachteilsausgleichs bei deinem speziellen Grad der Behinderung.

Und noch ein Tipp: Spielst du mit dem Gedanken, dir zum Beispiel eine Tafelkamera zuzulegen, dann kümmere dich frühzeitig um die Beschaffung. Stehen dir die benötigten Hilfsmittel nicht gleich zur Verfügung, kannst du in vielen Studiengängen recht schnell ins Stolpern geraten und den Anschluss verlieren - das nennt man wohl einen guten Ratschlag - tja, vielleicht hätte ich doch weiter auf Lehramt studieren sollen ;-)

Das 1. Semester - der Schein trügt

Doch der Reihe nach. Ich begann mein Studium zum Wintersemester 2012 an der Philipps-Universität in Marburg. Vor dem Beginn der eigentlichen Vorlesungen gab es zunächst eine Orientierungswoche, die dazu dienen sollte, sich mit dem Studium und seinen Abläufen vertraut zu machen. Mein erster Eindruck von meinem Studiengang war, dass alles doch recht einfach zu sein schien und das Studium nicht übermäßig viel Lebenszeit kosten würde. Ich sollte im ersten Semester nur eine zweistündige Vorlesung im Fach Physik und in Mathe eine vierstündige Vorlesung über zwei Termine verteilt belegen, dazu gesellten sich noch in jedem Fach Begleittutorien. Alles in allem waren das so an die 12 Stunden in der Woche, in denen ich an der Universität präsent sein musste. 12 Stunden - das musste doch bequem zu schaffen sein, dachte ich jedenfalls. Und "musste" ist an dieser Stelle auch nicht ganz richtig, denn es gab im Grunde kaum eine Anwesenheitspflicht. Es hing also alles von mir selber ab. Nicht wenige der Erstsemester - dazu durfte ich mich anfangs bedauerlicherweise auch zählen - haben das mit dem eigenverantwortlichen und selbstständigen Studieren doch etwas auf die zu leichte Schulter genommen. Es gab ja so viel Neues und Interessantes zu entdecken, so viele neue Menschen kennenzulernen. Aber zumindest hatten wir schon einmal Lerngruppen zur Nachbereitung unserer Vorlesungen gebildet und meinten nun, die scheinbar reichlich vorhandene restliche Zeit unseres neuen Lebens als Studierende genießen zu können.

Doch schon nach zwei Wochen musste ich feststellen, dass das Tempo, mit dem die Inhalte der Vorlesungen durchgenommen wurden, nicht mit der Geschwindigkeit in der Schule zu vergleichen war. Nach nur sechs Vorlesungsstunden in Mathematik waren alle Themen, die man noch aus der Schule kannte, abgehandelt. Nun begann das mathematische Neuland für alle. Also fing ich an, mich häufiger mit meinen Lerngruppen zu treffen, um am Ball in Form der "Zettel" zu bleiben.

Zettelwirtschaft

Die wöchentlichen "Zettel", so nannten wir die Aufgaben, die wir innerhalb einer Woche lösen und fristgerecht abgeben mussten. Sie sollten uns Rückmeldung darüber geben, ob wir genug Zeit in die Nachbereitung der Vorlesungen investiert hatten oder nicht. Das Abarbeiten der Zettel geschah in unseren Lerngruppen, sozusagen als Gruppenarbeit. Jedoch hatte jeder am Ende seinen eigenen Zettel abzugeben. Dabei musste man mindestens 50 % aller Aufgaben korrekt gelöst haben, um zur Semesterabschlussprüfung zugelassen zu werden. Natürlich wäre es möglich gewesen, sich eine Zeitlang hinter der Lerngruppe zu verstecken, aber spätestens bei der obligatorischen Semesterabschlussprüfung hätte man dafür die Quittung bekommen. In den Tutorien erfuhr man, was man bei den Aufgabenstellungen richtig und was man falsch gemacht hatte, denn dort wurden die meisten Aufgaben vorgerechnet und offene Fragen geklärt. In den Vorlesungen gab es selten die Möglichkeit, eine Verständnisfrage zu stellen. Wo käme man denn auch hin, wenn der Dozent jede Frage der bis zu 300 Anwesenden beantworten müsste? Man sitzt also still an seinem Platz, versucht, alles zu verstehen, und schreibt fleißig mit. In den meisten Fällen braucht man das eigene Skript, um sich später sinnvoll auf die Prüfung vorbereiten zu können. Daher ist es absolut empfehlenswert, zu den Vorlesungen zu gehen, obwohl keine Anwesenheitspflicht besteht. Versäumte Vorlesungen und vor allem die Abwesenheit in den Tutorien sorgen ziemlich schnell dafür, dass man den Inhalten nicht mehr folgen kann. Ja, und so wurden aus zwölf an die 40 Stunden in der Woche, mal etwas mehr, mal etwas weniger, je nachdem, ob der gerade durchgenommene Stoff mir lag oder nicht, und ich, um ihn zu verstehen, zusätzliche Zeit mit Internetrecherche und Bücherwälzen verbringen musste.

Höhepunkte

Der Höhepunkt eines jeden Semesters, was den Arbeitsaufwand angeht, waren die Wochen vor den Semesterabschlussprüfungen. Man beschränkt das eigene soziale Leben auf das Notwendigste, trägt seine Materialien zusammen, erstellt einen Lernplan und legt los. In meinem ersten Semester habe ich zwei Wochen vor der Prüfung mit dem Lernen angefangen - wie sich herausstellte, ein schwerer Fehler. Ich geriet in Lernstress, denn das war eindeutig zu knapp bemessen. Viel zu wenig Zeit, um den Stoff nochmal durchzukauen. Daraus habe ich gelernt und fortan mehr Zeit eingeplant. Ab dem 2. Semester fiel mir das Studium dann immer leichter. Nicht weil die Inhalte einfacher wurden, im Gegenteil, aber ich kannte jetzt die Abläufe, hatte gelernt, meine Zeit besser einzuteilen. Von da an flutschte das Lehramtsstudium in Mathe und Physik sogar ein wenig. Und doch habe ich mich nach dem siebten Fachsemester dafür entschieden, das Studium nicht zu beenden.

Gründe für den Abbruch

Ab dem zweiten Semester kamen die schulpraktischen Studien dazu, u. a. wurde hier Entwicklungspsychologie durchgenommen, Wissen, das ein Lehramtsstudent wie ich neben den Fachinhalten haben sollte, um unterrichten zu können, aber auch eine willkommene Abwechslung zum Fachunterricht in Mathematik und Physik. Im vierten Semester stand dann das sechswöchige Schulpraktikum an, das ich an einem Gymnasium in Bad Wildungen absolvierte. Ab der 2. Woche unterrichtete und hospitierte ich dort an die 26 Wochenstunden in meinen Fächern Mathe und Physik in verschiedenen Jahrgängen von der 6. bis zur 12. Klasse. In einer 9. Klasse fiel die Klassenlehrerin wegen Krankheit drei Wochen aus und ich durfte diese Wochen alleine meinen Mann stehen und die Klasse sogar auf eine Klassenarbeit vorbereiten, dabei blieb ich natürlich mit der Lehrerin im E-Mail-Kontakt. Alles lief prima. Das Feedback war hervorragend und ich bekam für meinen Unterrichtsbesuch und meinen Praktikumsbericht eine sehr gute Beurteilung. Es hat mir Spaß gemacht, und ich war überzeugt, dass ich dem Lehrerberuf absolut gewachsen wäre. An fachlicher Kompetenz mangelte es mir jedenfalls nicht.

Ich war bereit, aber ...

Im Fach Mathematik ist man nach drei bis vier Semestern mit den schulischen Inhalten plus X durch, danach beginnt an der Uni die graue mathematische Theorie, die mit dem eigentlichen Lehrerberuf und den dort zu vermittelnden Inhalten kaum mehr etwas zu tun hat. Das Lehramtsstudium der Mathematik entfernt sich mit jedem Semester weiter von den Anforderungen, die der Beruf des Lehrers mit sich bringt. Vor allem didaktische und pädagogische Inhalte kommen im weiteren Verlauf des Studiums viel zu kurz. Vor mir lagen noch mindestens fünf weitere, zermürbende Semester Mathe, danach würde das erste Staatsexamen anstehen und erst dann mein Referendariat. Ich habe nach dem 6. Semester das Mathematiklehramtsstudium abgebrochen, habe aber noch ein weiteres Semester Physik studiert, weil mir der Schein in diesem Fach in meinem neuen Studiengang anerkannt wurde. Alles in allem denke ich, dass das Lehramtsstudium in Mathematik reformiert gehört - es ist zu sehr auf die fachliche Qualifikation, weit über das schulisch Notwendige hinaus, ausgerichtet und vernachlässigt alles, was mit Pädagogik, Psychologie und Didaktik zu tun hat. Man muss schon ein Faible für die Mathematik mitbringen, aber mein Ziel war ja, junge Menschen zu unterrichten und kein Matheüberflieger zu werden.

Neue Ziele

Zum Sommersemester 2017 bin ich an die Technische Hochschule Mittelhessen gewechselt und studiere dort Energiesysteme. Ich hatte zunächst Bedenken, mein Lehramtsstudium ohne Abschluss zu beenden, da ich schon so viele Semester studiert hatte. Rückblickend bin ich jedoch froh über meine Entscheidung. Mein neues Studium war von Beginn an viel praktischer angelegt. Ich arbeite viel im Labor, habe an vielen Stellen die Möglichkeit, das Gelernte praktisch anzuwenden und zu überprüfen, und ich habe nach meinem Abschluss eine Vielzahl an Berufen zur Auswahl.

Derzeit beschäftige ich mich viel mit Elektrotechnik und erneuerbaren Energien, da mir für die Zukunft eine Tätigkeit als Energietechniker oder Projektingenieur in elektrischer Energietechnik vorschwebt.

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Aus der Arbeit des DVBS

Arbeitsassistenz: DVBS sammelt Good Practice Beispiele

Von Klaus Winger

Bei der Suche nach dem individuell besten Modell von Arbeitsassistenz sind gute Lösungen gefragt. Deshalb dokumentiert der DVBS interessante und gelungene Konzepte von Arbeitsassistenz und wird sie Interessierten zur Verfügung stellen. Diese positiven Beispiele können dann als Anregung, zum Erfahrungsaustausch, zur Begründung von Leistungsforderungen oder einfach zu Informationszwecken genutzt werden oder Betroffene auf weitere gute Ideen bringen.

Positive Erfahrungen können hilfreich sein, etwa wenn es um den Assistenzbedarf von Antragstellerinnen und Antragstellern geht, der bisher von Integrationsämtern nicht wie gewünscht bewilligt wurde. Denn in diesen Fällen kann ein pfiffiges passendes Beispiel ein gutes Argument sein, den Antrag zu untermauern: Warum soll bei mir nicht genehmigt werden, was im vergleichbaren Fall anderswo gut funktioniert?

Hinter jedem Beispiel stehen Assistenznehmende mit eigenen persönlichen Erfahrungen. Sie bleiben zunächst anonym. Bei Rückfragen von Ratsuchenden kann die DVBS-Geschäftsstelle jedoch zu ihnen Kontakt aufnehmen und klären, ob ein Gespräch erwünscht und sinnvoll ist, und gegebenenfalls den direkten Austausch zwischen beiden vermitteln. Ansprechpartner ist Klaus Winger, der die verschiedenen Arbeitsassistenz-Modelle nach einem Telefonat und gegebenenfalls etwa 20-minütigen Interview skizziert. Ergebnisse werden erst nach Prüfung durch die Beispielgebenden und ohne Nennung von Namen veröffentlicht.

Das Projekt "Good Practice Arbeitsassistenz" läuft zunächst bis zum 1. Mai 2022, dem "Tag der Arbeit". Erste Beispiele wurden bereits in horus spezial X "Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt" veröffentlicht. Wenn auch Sie durch eine Arbeitsassistenz unterstützt werden, wenden Sie sich an den DVBS und teilen Sie Ihren Erfahrungsschatz mit anderen Betroffenen - Selbsthilfe lebt durch den Austausch!

Kontakt

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten
in Studium und Beruf e. V.
Klaus Winger
Tel.: 06421 94888-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Bild: Beispiel eines Arbeitsassistenz-Teams aus der DVBS-Geschäftsstelle: Wilhelm Gerike arbeitet an der Computertastatur mit Braillezeile und tauscht sich mit seiner Arbeitsassistentin Elke Mann aus, die den großen Bildschirm neben ihm im Blick hat. Foto: DVBS

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Neu im DVBS: Arbeitskreis "Barrierefreie Haushaltsgeräte"

Von Christine Beutelhoff

Wir haben den Arbeitskreis "Barrierefreie Haushaltsgeräte" im DVBS gegründet. Die neue Initiative wird von Werner Wörder, dem 1. Vorsitzenden des DVBS, unterstützt.

Warum? Die Idee entstand während eines virtuellen Stammtisches der Bezirksgruppe Hessen. Wir stellten fest, dass immer mehr Haushaltsgeräte für blinde und sehbehinderte Menschen nicht mehr bedienbar sind. Die modernen Geräte haben fast ausschließlich Displays mit Sensortasten. Ein selbstbestimmtes Leben wird für uns zukünftig fast unmöglich, da auch alle anderen Geräte mit Touchscreens ausgestattet werden.

Die Zielsetzung des neuen Arbeitskreises ist,

  • die Öffentlichkeit für unsere Belange zu sensibilisieren,
  • die Politik auf die Thematik aufmerksam zu machen,
  • die Firmen davon zu überzeugen, barrierefreie Haushaltsgeräte herzustellen,
  • das Thema in die Berufsausbildung der technischen Berufe aufzunehmen,
  • Beratung bei der Adaptierung von herkömmlichen Haushaltsgeräten,
  • Beratung und Kontaktaufnahme mit Hilfsmittelfirmen,
  • für blinde und sehbehinderte Menschen bedienbare Haushaltsgeräte vorzustellen.

Diese Ziele können wir nur erreichen, wenn wir uns möglichst gut vernetzen. Wir suchen daher die Zusammenarbeit mit allen Blinden- und Sehbehindertenorganisationen, mit anderen Behindertenverbänden und mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen u.v.a.

Herzliche Einladung

Wir treffen uns monatlich jeden 2. Mittwoch in einer Telefonkonferenz, um uns zu beraten und zu vereinbaren, was wir als nächstes tun wollen.

Wir freuen uns auf Sie! Bereichern Sie unsere neue Gruppe "Barrierefreie Haushaltsgeräte" durch Ihre Erfahrungen und melden Sie sich bei uns!

Wenn Sie keine Infos verpassen wollen, dann wenden Sie sich in der DVBS-Geschäftsstelle an Wilhelm Gerike (Tel.: 06421 94888-14, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!), damit Sie in die bereits bestehende Mailing-Liste ak-haushaltsgeraete eingetragen werden können.

Kontakt

Sie wollen erst einmal Kontakt aufnehmen? Senden Sie uns einfach eine E-Mail:

Christine Beutelhoff
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Daniel Eiffert
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Heike Wald
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Austausch für DVBS-Mitglieder mit zusätzlichem Handicap

Von Leonore Dreves

Wir finden, dass sich Menschen, die neben ihrer Sehbehinderung oder Blindheit ein weiteres Handicap haben, über ihre spezifischen Situationen und Herausforderungen austauschen und sich gegenseitig unterstützen sollten: Welche Besonderheiten gibt es bei der Verwendung von Hilfsmitteln? Wie können wir Politik und Gesellschaft für die Belange mehrfachbehinderter Menschen sensibilisieren?

Die Initiatorinnen Leonore Dreves (blind und hörbehindert) und Andrea Rippich (blind und körperbehindert) laden daher alle betroffenen DVBS-Mitglieder zum Austausch ein.

Bitte melden Sie sich bei Interesse per E-Mail.

Kontakt

Leonore Dreves
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Bild: Auch größere moderne Haushaltsgeräte sollten so barrierefrei bedienbar sein wie dieser digitale Kurzzeitmesser mit Sprachausgabe. Foto: Hemmatian

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Seminare

Von Christian Axnick

Auf drei DVBS-Seminare im ersten Halbjahr 2022 möchten wir Sie schon jetzt aufmerksam machen:

Vom 12. - 15. Mai ist ein Seminar der Interessengruppe Sehbehinderte in Herrenberg geplant.

Nachdem das für November/Dezember 2021 geplante Seminar der Interessengruppe Ruhestand aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig abgesagt werden musste, ist eine Seminarwoche vom 11. - 18. Juni 2022 in Saulgrub vorgesehen.

Ein Seminar zum Thema "Arbeitsassistenz effektiv einsetzen" befindet sich in der Planungsphase. Es soll vom 20. - 24. Juni in Kassel-Baunatal stattfinden. Das Wochenseminar soll erfahrene Assistenznehmende bei der bestmöglichen Gestaltung ihrer Assistenznutzung und Assistenzbeziehung unterstützen und diejenigen, die Interesse an Arbeitsassistenz haben, auf eine Antragstellung und Ausgestaltung passender Assistenzformen vorbereiten.

Sobald nähere Informationen vorliegen, sind sie auf der DVBS-Webseite zu finden oder per Mail erhältlich. Ein Klick auf "Termine" der Webseite lohnt auch für Mitglieder, die eine Übersicht der Telefonchats und (virtuellen) Stammtische der verschiedenen Gruppen und ihrer breiten Themenvielfalt erhalten möchten oder sich für den beliebten "Ratschlag Gute Arbeitsassistenz" interessieren.

Kontakt

Christian Axnick
Tel.: 06421 94888-28
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: https://www.dvbs-online.de

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Aus der blista

Neues taktiles und kontraststarkes Modell des Marburger Hauptbahnhofs bietet Orientierung für Reisende mit Blindheit und Sehbehinderung

Fahrkartenautomaten, DB-Service-Schalter, Schließfächer, Kiosk, Schnellimbiss, Brezelbäcker, Metzgerei und Bäckerei ... - der Marburger Hauptbahnhof hält für Reisende vielfältige Angebote bereit. Die Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista) hat sich in den vergangenen Monaten zusammen mit der Seeber-Stiftung aktiv dafür eingesetzt, dass auch Menschen mit Seheinschränkungen alle aktuellen Informationen zur Verfügung stehen.

Das neue Grundrissmodell ist im Hauptgebäude gleich neben dem Haupteingang platziert. Braille und kontraststarke Profilschrift sorgen für die Lesbarkeit der Beschriftungen. Ob als erster Kontakt beim Ankommen, als freundliches Adieu bei der Abreise oder stetige Info für Marburgs Pendler*innen - das neue Modell signalisiert allen Menschen, dass man sich eine chancengleiche Inklusion von Menschen mit Behinderungen hier in Marburg auf die Fahnen geschrieben hat.

Barrierefreies Willkommen in der Universitätsstadt

Zum Auftakt der Einweihungsfeier erinnerte Jürgen Hertlein im Dezember 2021 an die großzügigen Stiftungsgründer. Das Ehepaar Seeber sei es gewesen, das solch bemerkenswerte Initiativen für mehr Barrierefreiheit möglich gemacht habe.

"Marburg ist das soziale Herz Deutschlands", zitierte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies seinen Vorgänger Egon Vaupel und betonte: "Es gilt dafür zu sorgen, dass alle Menschen gleichberechtigt am Gemeinwesen teilhaben können. In Marburg haben wir da eine ganz besonders starke Tradition."

Auch blista-Direktor Claus Duncker freute sich: "Marburg wird nicht umsonst häufig die "Hauptstadt der Blinden" genannt. Ich danke der Seeber-Stiftung, dass wir durch ihre Unterstützung hier am Bahnhof ein weiteres Beispiel dafür liefern können. Der Bahnhof ist eines der Marburger Tore in die Welt. Mit diesem taktilen Modell geben wir nicht nur Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung eine bessere Orientierung für das Gebäude, sondern dieses Modell ist eine hilfreiche Bereicherung für alle Nutzer des Bahnhofs. Zudem dokumentieren wir, dass uns die Belange von Menschen mit Behinderung in der Stadt Marburg ein wichtiges Anliegen sind. Deshalb noch einmal der Dank an alle, die bei der Verwirklichung und Umsetzung dieses Projekts mitgewirkt haben."

Die Informationen des Vorgängermodells waren veraltet. Das neue, tastbare Modell eröffnet einen selbstständigen Zugang zu den Serviceangeboten der Deutschen Bahn und den vielen Einkaufsmöglichkeiten, nicht nur für Menschen mit Seheinschränkungen.

Bild: Das neue Tastmodell des Marburger Bahnhofs (mittig im Bild) wird in der Bahnhofshalle enthüllt. Es freuen sich (v.l.n.r.) Jürgen Hertlein (Vorsitzender der Lothar und Ilse Seeber-Stiftung), Claus Duncker (Direktor der blista), Andreas Ettrich (Bereichsdirektor bei der Sparkasse Marburg-Biedenkopf), Manfred Klee (DB Station&Service AG), Ulrich Blanke (Lothar und Ilse Seeber-Stiftung), Manfred Fuchs (blista) und Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Die Anwesenden tragen Mund-Nasen-Schutz. Foto: blista

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Zwei neue Videos informieren über die Fachoberschulen für Sozialwesen und Gesundheit

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie haben viele junge Leute die Freude am theoretischen Lernen verloren. Sich beim digitalen Üben ranzuhalten, fällt vielen schwerer. Sie fehlen einfach, die wichtigen, schönen, spannenden und motivierenden ... sozialen Kontakte!

Schulische Bildungswege mit hohen Praxisanteilen können helfen, junge Leute mit einem mittleren Bildungsabschluss zu motivieren, noch zwei Jahre dranzuhängen. Denn mit dem Abschluss "Allgemeine Fachoberschule" sehen die Chancen für Studium und Beruf deutlich bunter aus.

Die beiden neuen Videos wollen junge Leute mit Blindheit und Sehbehinderung da abholen, wo sie stehen. Die Fachoberschulen Sozialwesen (FOS) und Gesundheit (FOG) richten sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten an Jugendliche und junge Erwachsene, die offen sind für das Lernen in der Gemeinschaft und im Rahmen spannender Praktika:

Die neuen Videos über die Fachoberschulen Sozialwesen (FOS) und Gesundheit (FOG) sind im YouTube-Kanal der blista eingestellt: youtube.com/blistaCampus

Bild: Startbilder der neuen blista-Videos auf YouTube: (li) "Fachoberschulen für Gesundheit und Soziales" mit Aileen Luxenburger, und (re) "Eindrücke von Schüler*innen der Fachoberschule für Sozialwesen (FOS)" mit Chinaedu Igbokwe, 12. Klasse. Abbildung: blista

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blista führt RMV-JobTicket ein

Vorstand und Betriebsrat der Deutschen Blindenstudienanstalt ziehen für Klimaschutz und Gesundheit an einem Strang

Zum Februar 2022 hat die Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista) das JobTicket des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) für ihre rund 400 Beschäftigten eingeführt. Der Ruf nach dem JobTicket hatte den blista-Betriebsrat zu Beginn des vergangenen Jahres aus der Mitarbeiterschaft erreicht. Engagiert wurde er aufgegriffen, federführend bearbeitet, mit der Belegschaft abgestimmt und vertraglich vorbereitet.

Gern zog der Vorstand mit am gemeinsamen Strang: "Die Einführung des RMV-JobTickets ist ein attraktives Mobilitätsangebot, das sowohl den Klimaschutz als auch die Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen im Blick hat", erklärte blista-Direktor Claus Duncker: "Die blista ist einer der größten innerstädtischen Arbeitgeber. Nach der blista-E-Bike-Initiative im Jahr 2019 sehen wir uns in der Verantwortung, ein weiteres Zeichen für eine klimafreundliche Mobilität in der Stadt Marburg, im Landkreis und darüber hinaus zu setzen."

"Die blista ist eine wichtige Einrichtung im sozialen Bereich, die ihren Beschäftigten gute Rahmenbedingungen bietet. Das neue JobTicket verstehen wir auch als ein Zeichen unserer Wertschätzung und als Dank für die hervorragende Zusammenarbeit auf unserem inklusiven Bildungscampus", unterstrich der stellvertretende Direktor Patrick Temmesfeld.

"Es ist geschafft! Im Februar ging es los", freute sich die blista-Betriebsratsvorsitzende Monika Ziegler: "Ein großes Dankeschön geht dabei an unseren Vorstand, ohne dessen Unterstützung das JobTicket nicht möglich gewesen wäre."

"Es freut mich sehr, dass die blista dieses beispielhafte Angebot für ihre Beschäftigten schafft", lobte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Gerade in unserer zukunftsorientierten quicklebendigen Stadt sei es wichtig, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) weiter zu fördern und noch attraktiver zu machen. "Das RMV-JobTicket ermöglicht nicht nur klimafreundliche Fahrten zur Arbeit, sondern auch zu Freizeitaktivitäten. Das entlastet die Verkehre in Marburg und der gesamten Region."

"Wir erleben auch während der Pandemie einen ungebrochenen JobTicket-Boom: Im Jahr 2021 haben wir ganze 55 Unternehmen als neue JobTicket-Partner im RMV begrüßt", sagt RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat. "Kein Wunder, denn neben dem Umweltschutzaspekt stärkt ein JobTicket auch die Arbeitgebermarke und ist im Kampf um Fachkräfte ein wichtiger Pluspunkt. Ich freue mich sehr, dass sich die blista zudem für die Premiumvariante des JobTickets entschieden hat, die verbundweites Fahren und die Mitnahmeregelung beinhaltet."

Birgit Stey, Geschäftsführerin der Stadtwerke Marburg Consult GmbH: "Die blista und die Stadtwerke Marburg befinden sich grundsätzlich in enger Abstimmung zum Fahrplan und z. B. auch zur barrierefreien Ausstattung unserer Haltestellen. Wir haben in Marburg besondere Angebote für blinde und sehbehinderte Fahrgäste wie z. B. Lautsprecheransagen an den digitalen Anzeigern an den Haltestellen und die Fahrgastinformations-App DyFIS Talk. Umso mehr freut es mich, dass jetzt den Mitarbeitenden auch ein JobTicket zur Verfügung gestellt wird. Die Mitarbeitenden profitieren damit von der Zuverlässigkeit des umweltfreundlichen Nahverkehrsangebots der Stadtwerke Marburg."

Im gesamten RMV-Gebiet sind es aktuell rund 280.000 Menschen, die mit einem RMV-JobTicket mobil sind. Ab einer Belegschaftsgröße von 51 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können Unternehmen das JobTicket erhalten. Kleinere Firmen können sich für eine Kooperation zusammenschließen.

Bild: Auf dem blistaCampus (v.l.n.r.): Regina Kranz von der Stadtwerke Mobilitätszentrale, Monika Ziegler, Vorsitzende des blista-Betriebsrates, Direktor Claus Duncker, Oberbürgermeister und Verkehrsdezernent Dr. Thomas Spies und Birgit Stey, Geschäftsführerin der Stadtwerke Marburg Consult, vor "ELISA", einem der neuen Elektrobusse der Stadtwerke Marburg, der nach Landgräfin Elisabeth von Thüringen benannt ist. Foto: blista

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Bücher

Hörbuchtipps aus der blista

Von Thorsten Büchner

Yassin Musharbash: Russische Botschaften

Kiepenheuer und Witsch, Köln, 2021. Buchnummer: 1497161. Spielzeit: 763 Minuten.

Merle Schwalb ist Investigativjournalistin beim Globus, einem der wichtigsten Nachrichtenmagazine der Republik. Bei ihrer neuen Recherche ist von Beginn an alles anders. Ein Mann ohne Namen stürzt in Berlin von einem Balkon. Wer ist der geheimnisvolle Tote? Die Spuren führen ins Milieu krimineller Berliner Clans, zur Polizei und zum Verfassungsschutz. Aber nach einer verhängnisvollen Begegnung wird Merle Schwalb klar: Der Mann war ein russischer Agent mit brisanten Informationen und einer gefährlichen Mission. Ihre Recherche bleibt nicht unbemerkt. Und plötzlich geht es um alles: um Vertrauen und Verrat, um Spione und Fake News, um Leben und Tod.

Sonya Winterberg: Gebrauchsanweisung für Kanada

Piper, München, 2021. Buchnummer: 1541641. Spielzeit: 395 Minuten.

Atemberaubende Nationalparks, Berge und Meere, Grizzlys und Elche; dazu Sportmöglichkeiten zu jeder Jahreszeit, lukullische Genüsse und sprachliche wie kulturelle Vielfalt: Kanada wird nie langweilig. Sonya Winterberg hat das ganze Land bereist und lässt sich immer wieder gerne überraschen: von der ungebrochenen Freundlichkeit der Kanadier, der Wildheit der Niagarafälle und den schroffen Klippen der Rocky Mountains. Es ist nicht leicht, das zweitgrößte Land der Erde zu begreifen, doch mit dieser Gebrauchsanweisung sind Sie ganz nah dran.

Richard Wagamese: Der gefrorene Himmel

Blessing, München, 2021. Buchnummer: 1491451. Spielzeit: 394 Minuten.

Kanada in den 1960er-Jahren: Als kleiner Junge wird Saul von den Behörden seinen Eltern entrissen und auf eine Residential School geschickt, wo ausschließlich Kinder leben, die den kanadischen First Nations entstammen. Als großes Eishockeytalent kann sich Saul etwas Anerkennung und Würde erkämpfen, doch selbst dieser urkanadische sportliche Erfolg bewahrt ihn nicht vor rassistischer Demütigung und kultureller Entwurzelung. Erst als er die Gabe der Vision, die schon sein Urgroßvater besaß, in sich entdeckt und er sich auf den Weg in seine ursprüngliche Heimat macht, lernt Saul die allgegenwärtige Magie kennen, die auch sein Leben durchwirkt.

Georg Stefan Troller: Meine ersten 100 Jahre

Edition Memoria, Köln, 2021. Buchnummer: 1496581. Spielzeit: 287 Minuten.

Mehrfach hat Georg Stefan Troller, legendärer Dokumentarfilmer und Autor, verkündet, dass man sein letztes Buch in der Hand halte ... Nun liegt es wirklich vor und handelt wie immer von den Abenteuern und aufregenden Begegnungen seines langen Lebens - mit Berühmten und Unbekannten, mit Autoren, Schauspielern oder Comiczeichnern etwa. Zum Schluss gibt es - wie denn anders bei diesem Mann des Dialogs - so etwas wie ein Interview mit sich selbst.

Ihr Kontakt zur DBH

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
Am Schlag 2-12
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Neue Bücher aus der Braille-Druckerei

Von Wencke Gemril und Jochen Schäfer

Wir präsentieren einige unserer Neuerscheinungen, in denen es diesmal um Inklusion und Behinderung im engeren und weiteren Sinne geht.

"Der unsichtbare Junge". Von Trudy Ludwig, mit Illustrationen von Patrice Barton.

Mit "Der unsichtbare Junge" stellen wir Ihnen unser neues adaptiertes Bilderbuch für Leser*innen ab 6 Jahren vor. Es könnte auch gut für die inklusive Arbeit mit Kindern oder für den Schulunterricht geeignet sein, und man kann es nutzen, um mit Kindern über Themen wie Ausgrenzung ins Gespräch zu kommen. Am Ende des Buches gibt es verschiedene "Fragen für eine Diskussion" und Literaturhinweise für Erwachsene. Der Text ist in Vollschrift auf durchsichtige Folien gedruckt und zwischen die Seiten des Schwarzdruckbuches geheftet.

Klappentext: Das ist Ben, der unsichtbare Junge. Niemand scheint ihn zu bemerken, mit ihm zu spielen oder ihn zu Geburtstagen einzuladen. Doch dann kommt ein neues Kind in die Klasse. Als der neue Junge Yoshi in die Klasse kommt, ist Ben der Erste, der freundlich zu ihm ist. Und als Ben und Yoshi zusammen ein Klassenprojekt machen, kann Ben auf einmal vor allen strahlen.

Die Bestsellerautorin Trudy Ludwig und die Illustratorin Patrice Barton zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie kleine Zeichen von Freundlichkeit Kindern dabei helfen, sich einbezogen zu fühlen und zu strahlen. "Der unsichtbare Junge" ist eine wertvolle Geschichte für Eltern, Lehrer*innen und Schulpsycholog*innen, die auf der Suche nach Material sind, das die Bedürfnisse von leisen Kindern auf eine sensible Art und Weise behandelt.

Das Besondere an den Zeichnungen ist, dass Ben anfangs nur in Grau gezeichnet ist. Doch jedes Mal, wenn er im Laufe der Geschichte angesprochen wird, Aufmerksamkeit erhält oder einbezogen wird, bekommt seine Figur etwas mehr Farbe, und so wird immer mehr von ihm sichtbar. Am Ende des Buches ist aus dem grauen "unsichtbaren" Ben ein fröhlicher Junge geworden, der Freunde gefunden hat und sich nicht mehr "unsichtbar" fühlt.

Das adaptierte Bilderbuch ist zum Preis von 39,90 Euro unter der Bestell-Nr. 4980 bei der blista erhältlich.

beHindert & verRückt - Worte_Gebärden_Bilder finden. Herausgegeben von Eliah Lüthi.

Dieser Titel ist nicht bei der Korrektur durchgerutscht, sondern steht so tatsächlich auf dem Deckblatt. Es handelt sich um ein alternatives Kunstprojekt, das von behinderten Menschen gestaltet wurde - bzw. von Menschen, die allgemein als "behindert" angesehen werden. Es geht in erster Linie um Inklusion und darum, dass Menschen nicht anhand einer Diagnose beurteilt und bewertet werden wollen, sondern sich in der Gesellschaft entfalten möchten wie alle anderen.

Die Autor*innen behandeln verschiedene Aspekte von "beHinderung". Aber auch das "Menschsein" sowie Bedürfnisse, Wünsche oder Vorschläge kommen zur Sprache, z. B., wenn eine "beHinderte" Mitarbeiterin ihrem Vorgesetzten in Versform die Meinung sagt ("Disabled Rage") oder in Form eines "Psychiatrie-Theaters". Blinde Menschen werden repräsentiert von Herrn Sehlos alias Siegfried Saerrberg, der von seinen Reiseabenteuern berichtet.

Mit dieser Zusammenstellung ist eine ganz andere Sichtweise auf das Thema "beHinderung" gelungen.

Das Buch ist unter der Bestell-Nr. 6221 erhältlich (2 Bände in Kurzschrift).

"Zwiegespalten - Hör nicht auf die Stimmen". Ein Psychothriller von Silke Wagner.

Dr. med. Stefanie Heise ist eine Frauenärztin in Hamburg, die sich ihrer Patientinnen liebevoll annimmt - trotz ihrer schweren Vergangenheit: Sehr früh starben ihr Zwillingsbruder und ihre Mutter, sie wurde in ein Internat gesteckt, wo sie eine schwere Jugend durchlebte. Trotzdem studierte sie später Medizin wie ihre Eltern, traf den Mann für‘s Leben und arbeitet nun in einer Klinik. Aber dann hört sie plötzlich die Stimmen ihrer toten Verwandten und ihre Vergangenheit holt sie ein.

Eine ihrer Patientinnen ist die blinde Jessica Grothe. Sie lernt im Krankenhauscafé Daniel kennen, der durch einen Unfall querschnittsgelähmt ist. Er arbeitet ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge und kommt zu regelmäßigen Therapieterminen in die Klinik. Als Jessica und Daniel im Café auf Dr. Stefanie Heise treffen, kommt Daniel die Ärztin merkwürdig bekannt vor. Dass sie von Albträumen geplagt wird, u.a. wegen der Stimmen aus ihrer Vergangenheit, ahnen weder Daniel noch Jessica. Denn sonst hätte sich die blinde Frau niemals darauf eingelassen, sich ohne Wissen ihrer Bekannten heimlich von der Ärztin in der alten Praxis ihrer Mutter untersuchen zu lassen.

Der Debütroman der geburtsblinden Autorin arbeitet viel mit Perspektivwechseln und verschiedenen Zeitebenen. In Punktschrift ist er unter der Bestell-Nr. 6242 erhältlich (5 Bände in Kurz-, 7 in Vollschrift).

Alle vorgestellten Bücher können bestellt werden bei:

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
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35037 Marburg
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Panorama

Ein Behindertenausweis für die gesamte EU und weitere Empfehlungen des Europäischen Parlaments

Derzeit gibt es keine gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Dies schafft Probleme für Menschen mit Behinderungen, da ihre nationalen Behindertenausweise in anderen EU-Ländern möglicherweise nicht anerkannt werden.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2021 forderte daher das Europäische Parlament eine einheitliche Definition von Behinderung in der EU sowie die Einführung eines Europäischen Behindertenausweises. Ein EU-Behindertenausweis würde Menschen mit Behinderungen das Reisen zwischen den EU-Ländern und den Zugang >zu Vergünstigungen vor allem in den Bereichen Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr erleichtern.

Das EU-Parlament konnte für seine Entscheidung Ergebnisse eines Pilotprojekts berücksichtigen, das 2016 bis 2018 in einer Gruppe von acht EU-Ländern - zu denen Deutschland nicht gehörte - durchgeführt wurde. Die Studie wurde im Juli 2021 veröffentlicht.

Weitere Empfehlungen der EU-Abgeordneten betreffen eine flexiblere Unterstützung bei Bahnreisen und die Beseitigung physischer und administrativer Hindernisse für das Reisen, Bildungssysteme, die verschiedene Arten des Lernens und die Bedürfnisse verschiedener Student*innen berücksichtigen können, und die Bereitstellung von nicht-institutionalisierten, nicht-abgesonderten Wohnungen für Bürger*innen mit einer Behinderung. Als konkrete Maßnahmen werden auch die Bereitstellung von Informationen durch öffentliche Einrichtungen in Gebärdensprache, Blindenschrift und leicht lesbarem Text empfohlen, außerdem Gebärdensprachdolmetschung bei sprachbasierten Veranstaltungen und die Zugänglichkeit von Regierungsgebäuden.

Die Abgeordneten weisen zudem darauf hin, dass sich die EU stärker auf die Bekämpfung von Gewalt, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung, konzentrieren muss, deren Opfer Menschen mit Behinderungen überproportional häufig sind. Auch die Beschäftigungslücke zwischen Menschen mit Behinderungen und anderen Menschen muss geschlossen werden. Das Parlament fordert den Rat schließlich auf, eine bereichsübergreifende Antidiskriminierungsrichtlinie voranzutreiben, die derzeit auf der Stelle tritt.

Näheren Informationen bietet die Webseite:

https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20210930IPR13929/rechte-von-menschen-mit-behinderungen-ein-behindertenausweis-fur-die-gesamte-eu

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Bundesteilhabepreis 2021 verliehen

Projekte, die vorbildlich für einen inklusiven, barrierefreien Sozialraum und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse sind, wurden nun zum dritten Mal von Hubertus Heil, dem Bundesminister für Arbeit und Soziales, ausgezeichnet. Unter dem Motto "Unterstützung, Assistenz, Pflege - gesellschaftliche Teilhabe auch in Corona-Zeiten" verlieh er im Dezember 2021 den mit insgesamt 17.500 Euro dotierten Bundesteilhabepreis.

Der 1. Preis ging an das Projekt "QuarTeTT - Quartiersentwicklung Teilhabe Technikeinsatz und WissensTransfer". Es unterstützt Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf durch neue Technologien, z. B. durch smarte Assistenzsysteme zur Automatisierung des Wohnumfeldes oder Sprachausgabegeräte. Ziel ist, ein flächendeckendes Technikberatungsangebot für Baden-Württemberg zu schaffen.

Den 2. Preis erhielt "WIR GEMEINSAM stark durch die Pandemie" des Evangelischen Diakoniewerks Zoar KdöR. Dank des Projekts wurde z. B. eine Corona-Hotline barrierefrei nutzbar, auch per Chat, Bildtelefonie und mit Gebärdensprachdolmetscher. Zu den ambulanten Angeboten gehört u. a. ein Einkaufsservice. In digitalen Workshops wurde der Umgang mit Smartphones und Tablets vermittelt, so dass Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe an Arbeit und Bildung ermöglicht wurde.

Der dritte Preis wurde dem Projekt "Unterstützung und Informationen für gehörlose Bürger*innen im Rahmen der Corona-Pandemie" verliehen, in dessen Verlauf Informationen zu den Themen Gesundheitsschutz und Impfen (aktuelle Verordnungen, Tipps zum Umgang mit Corona etc.) in Deutscher Gebärdensprache zur Verfügung gestellt wurden. Seniorinnen und Senioren konnten mobile Endgeräte ausleihen, es gab spezielle Impfangebote im Gehörlosenzentrum, einen Einkauf- und Lieferservice sowie Informationsvideos für Kinder und Jugendliche zu Corona. Das Projekt des Gehörlosenverbandes München und Umland e. V. überzeugte die Jury aufgrund des Einsatzes für schwerhörige, gehörlose und taubblinde Menschen und der engen Kooperation mit der Stadt München sowie Seniorenzentren, Einzelhandelsverbänden und der Volkshochschule.

Weitere Informationen finden Sie auf www.bundesteilhabepreis.de und auf der Website www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de.

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Goalball: SSG richtet erfolgreich erste Frauenmeisterschaft aus

Unter strengen Hygieneauflagen fand am 4. Dezember 2021 in Marburg (Hessen) die erste Goalball-Frauenmeisterschaft in Deutschland statt. Dabei gingen in der großen Sporthalle der blista neben der Gastgeberin SSG Blista Marburg auch der Chemnitzer BC, der Rostocker Goalballclub Hansa, die Mecklenburger Stiere, die Black Bulls Schwerin sowie die Füchse Berlin jeweils mit einer Frauenmannschaft an den Start.

Der Meistertitel ging an die Füchse. Die Frauen aus Rostock sicherten sich Silber vor den Chemnitzerinnen, die sich den Bronzerang sicherten. Platz vier holten die Marburgerinnen. Sie mussten zunächst gegen die Gäste aus Chemnitz eine 4:10 Niederlage hinnehmen. In ihrem zweiten Spiel hatten sie mit den RGC-Frauen eine der beiden Titelfavoritinnen vor der Brust und gaben sich am Ende deutlich mit 2:12 geschlagen. Im dritten Spiel gegen die Mecklenburger Stiere konnten sich die Marburgerinnen letztlich mit 11:7 durchsetzen. Im letzten Spiel der SSG gegen die Füchse Berlin erzielten die Füchse schnell eine komfortable Führung, doch die Gastgeberinnen bewiesen Moral und erzielten mit Otto einen Ehrentreffer - Endstand 1:10 für die Füchse. Die Black Bulls Schwerin belegten Platz 5.

SSG-Trainer Philipp Golban blickt insgesamt sehr positiv auf das Turnier zurück: "Ich bin stolz auf die Mädels. Nicht nur, dass es für die meisten das erste Turnier war, sondern auch, weil sie sich gegen Nationalspielerinnen stark behauptet haben. Sie haben Teamgeist und Willensstärke bewiesen, und das wird ihnen bei ihrer weiteren Goalballkarriere weiterhelfen. Swetlana hat als erfahrenste Spielerin eine tragende Rolle übernommen und stand ihren Mitspielerinnen stets mit Rat und Tat zur Seite."

Swetlana Otto, die beste Torschützin der SSG-Frauen, wurde von Trainern und Offiziellen zur "Most Valuable Player", der wertvollsten Spielerin des Turniers, gewählt. Amanda Dennis (Füchse Berlin) holte sich mit 22 Treffern die Torjägerinnenkrone.

Erfreulich, dass gleich bei der ersten Auflage der Frauenmeisterschaft so viele Teams den Weg nach Marburg gefunden hatten. Insofern kann sich der deutsche Goalball in Zukunft auf ein weiteres Turnier in seinem Terminkalender freuen.

(nach: Roman Qayumi, Pressemitteilung der SSG blista Marburg e. V. vom 8.12.2021)

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Dritter Teilhabeverfahrensbericht veröffentlicht

Im Jahr 2020 sind weniger Leistungen auf Rehabilitation beantragt worden. Das geht aus dem dritten Teilhabeverfahrensbericht hervor, den die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) Ende 2021 vorgelegt hat.

Die Auswirkungen der Pandemie zeigen sich an den vorliegenden Zahlen, erklärte die Geschäftsführerin der BAR, Prof. Dr. Helga Seel, im Vorwort des dritten Berichts. So ging die Zahl der Anträge auf eine Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe im Vergleich zu 2019 um 14,7% auf 2,8 Millionen zurück. Die durchschnittliche Dauer der Bearbeitung eines Antrags (Eingang bis Entscheidung über Antrag) betrug 21,7 Tage.

Die zweiwöchige Frist, in der ein Rehabilitationsträger feststellen muss, ob er für einen spezifischen Antrag zuständig ist, wurde 2020 im Durchschnitt bei 14,1% aller Zuständigkeitsfeststellungen überschritten. Das sind 1,52 Prozentpunkte weniger als 2019.

Der 3. Teilhabeverfahrensbericht sowie die früheren Ausgaben stehen zum Herunterladen bereit auf https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/dritter-teilhabeverfahrensbericht-veroeffentlicht/

Bericht über die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen erschienen

Von Uwe Boysen

Die Richtlinie (EU) 2016/2102 verpflichtet die Mitgliedsstaaten, den barrierefreien Zugang für Menschen mit Behinderungen zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen sicherzustellen. Dazu überwachen die Mitgliedsstaaten periodisch in Stichproben, inwieweit diese Websites und mobilen Anwendungen den in der Richtlinie festgelegten Barrierefreiheitsanforderungen genügen. Über die Ergebnisse legen die Mitgliedsstaaten der EU-Kommission alle drei Jahre, erstmals zum 23.12.2021, einen Bericht vor. Das ist für die Bundesrepublik Deutschland fristgerecht geschehen. Umfasst sind die Prüfungsergebnisse des ersten Überwachungszeitraumes. Weiter enthält der Bericht eine Bestandsaufnahme über die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen bei öffentlichen Stellen des Bundes, der Länder und Gemeinden.

Der Bericht, der in seiner Art neu ist und wichtige Impulse für weitergehende Verbesserungen geben soll, zeigt unter anderem, dass es noch eine Reihe von Defiziten bei der digitalen Barrierefreiheit gibt. Es ist offenbar schwierig, sämtliche Kriterien der Barrierefreiheitsanforderungen gleichzeitig zu erfüllen. Bei einer erheblichen Anzahl von Prüfobjekten fehlte auch die nach den Behindertengleichstellungsgesetzen notwendige Erklärung zur Barrierefreiheit oder war lückenhaft (nach einer Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales).

Der DVBS und die AG Barrierefreiheit werden sich intensiv mit dem Bericht befassen und dazu weitere Forderungen formulieren.

Der Bericht ist abrufbar unter
https://www.bfit-bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Erster-EU-Bericht.html

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SightCity 2022: Digitale Messe mit Vorträgen

Auch dieses Jahr wird die SightCity vom 18. bis. 20. Mai 2022 aufgrund der Corona-Pandemie wieder als reine digitale Messe stattfinden. Sie gilt als größte internationale Fachmesse für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel.

Nach dem Erfolg der digitalen SightCity 2021, auf der täglich um die 1750 Besucherinnen und Besucher verzeichnet wurden, werden in diesem Jahr die Informationsmöglichkeiten, Veranstaltungen und Online-Events deutlich erweitert. Eine Kalenderfunktion mit allen Themen und Terminen der Online-Vorträge erleichtert die Übersicht, die Teilnahme an Vorträgen wird durch eine einheitliche, für Blinde und Sehbehinderte gut zugängliche Plattform (Zoom) möglich.

Das SightCity-Forum informiert in Fachvorträgen über neueste wissenschaftliche, medizinische Entwicklungen und sozialrechtliche Aspekte und wird als interdisziplinäre Fachtagung die SightCity wissenschaftlich begleiten.

blista und DVBS werden als Aussteller*innen der SightCity ihre Angebote und Leistungen präsentieren. Im Rahmen des SightCity-Forums wird beispielsweise das DVBS-Projekt "Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige" (agnes@work) vorgestellt. Ute Mölter vom Beratungs- und Schulungszentrum (BSZ) der blista hält einen Vortrag zum Thema "Sehen im Alter: Neue Chancen der digitalen Teilhabe".

Interessierte können auch die Social-Media-Kanäle der SightCity, Facebook und Instagram, nutzen, um sich zu informieren. Vorträge und Präsentationen wird die SightCity in Absprache mit teilnehmenden Unternehmen und Organisationen aufzeichnen und auf YouTube posten. Und nach den Messetagen kann die Webseite der SightCity (www.SightCity.net) als zentrales Branchenportal genutzt werden, etwa um einen Überblick über Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen zu gewinnen.

Für das nächste Jahr laufen die Planungen ebenfalls bereits: 2023 soll die SightCity als hybride Messe stattfinden. Neben einer zentralen Besuchermesse mit Ausstellungsständen im Kap Europa in Frankfurt a. M. gibt es dann wieder digitale Inhalte für die Besucherinnen und Besucher.

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Impressum

horus 1/2022

Jg. 84 der Schwarzschriftausgabe /
Jg. 96 der Brailleausgabe

Herausgeber

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion

  • für den DVBS: Peter Beck, Andrea Katemann und Matthias Klaus
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier

Koordination

DVBS-Geschäftsstelle
Sabine Hahn
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
Fax: 06421 94888-10
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Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)

Andrea Katemann (DVBS) und
Dr. Imke Troltenier (blista)

Verlag

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg
ISSN 0724-7389

Punktschriftdruck

Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg
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Digitalisierung und Aufsprache

Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
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Schwarzschrift-Druck

Druckerei Schröder
35083 Wetter/Hessen
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Erscheinungsweise

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.

Jahresbezugspreis

  • 30 Euro für die Schwarzschriftausgabe (Versandkosten Inland inklusiv)
  • 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonto des DVBS

Sparkasse Marburg-Biedenkopf
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BIC: HELADEF1MAR

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Abbildung: Logo der Glücksspirale

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Anzeigen

Kleinanzeigen

Private Kleinanzeigen bis zu einer Länge von 255 Zeichen werden kostenlos abgedruckt. Danach werden 17 Euro pro angefangene 255 Zeichen berechnet. Für die korrekte Wiedergabe ihres Inhalts (z. B. Namen, Anschrift usw.) kann keine Haftung übernommen werden.

Informationen zur Veröffentlichung gewerblicher Anzeigen und Beilagen erhalten Sie gerne durch die horus-Mediadaten und auf Anfrage.

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Suche Kontakt zu ehemaligen blista-Mitschülerinnen und Schülern

(priv.) Ich war von 1970 bis 1974 an der blista und würde mich über Austausch freuen. Wer erinnert sich an mich? Margit Wehr, geb. Greiner, Telefon 0931 25573

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COM-M Communication und Marketing

(gew.)Braille hat Zukunft, und wir wollen, dass das so bleibt!

Deshalb empfehlen wir die neue Familie portabler Humanware Braillezeilen:

Alle Geräte verfügen über einen Terminalmodus, einen einfachen Texteditor, Taschenrechnerfunktion sowie Dateiverwaltung. Konnektivität: Wlan, USB-C, USB-A, Bluetooth. Dabei gibt es für jeden Bedarf die passende Ausführung:

  • Die Mantis Q40 mit 40-stelliger Braillezeile und einer QWERTZ Notebooktastatur für € 3564,00 Inkl. MwSt
  • Die Brailliant BI40 mit 40-stelliger Braillezeile und 8-Punkte Brailletastatur für € 3564,00 ink. MwSt
  • Die Brailliant BI20 mit 20-stelliger Braillezeile und 8-Punkte Brailletastatur für € 2370,00 inkl. MwSt.

Com-M Inh. Claudia Mischler-Korz, Sonderpädagogin, Martin Mischler, blinder Hilfsmittelspezialist seit 1983, Tel.: 07764 9 333 700, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Homepage: www.com-m.de

Wir freuen uns auf Ihren Anruf!

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Verlag des Instituts Drachenhaus

(gew.) Schwule erotische Literatur der Extraklasse, als Hörbuch oder vom Computer vorgelesen, kaum Aufpreis zum Buch. Verlag des Instituts Drachenhaus, 06073 7479278,10-22 Uhr. Bitte rufen Sie an, dann besprechen wir alle Details nach Ihren Bedürfnissen!

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Grafisch gestaltete Anzeigen

Antrag auf ... Praktische Hilfen für blinde und sehbehinderte Menschen.

Aktualisierte Auflage Juli 2021

Ein Ratgeber, z. B. zu

  • Blindengeld und Blindenhilfe
  • Hilfsmittel und die GKV
  • Schwerbehindertenausweis
  • Berufliche (Wieder-)Eingliederung

Erhältlich beim Deutschem Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Internet: www.dvbs-online.de

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blista

Schnuppern macht Spaß!

Reinschauen in eine Schule mit einem einmaligen Profil: Ganzheitliche Förderung, spezifische Unterstützung, eine große Auswahl an qualifizierten Bildungsabschlüssen und tolle Freizeitangebote!

Schnuppertage (jeweils von 10 Uhr bis 15 Uhr)
  • Am Samstag, den 02. April 2022, von 10 bis 15 Uhr
Orientierungswochen
  • Für die Zielklasse 11 im Allgemeinen oder Beruflichen Gymnasium bzw. in den Fachoberschulen für Soziales oder für Gesundheit:
    Di 29.03. bis Fr 01.04.2022, Anreise 28.03.2022
  • Für kurzentschlossene Schüler*innen aller Klassenstufen:
    Mo 02.05. bis Do 05.05.2022, Anreise 01.05.2022
PROStart

Das Zentrum für berufliche Bildung bietet sechs Ausbildungen und Umschulungen in zukunftssicheren Berufen an.

  • Arbeitserprobungen: bis 22.04.2022, 30.05. bis 03.06.2022
Melden Sie sich an, wir beraten Sie gern näher!

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
blistaCampus
Am Schlag 2-12
35037 Marburg
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!,
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel.: 06421 606-339
www.blista.de/schnuppertage

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DVBS

Selbsthilfe lohnt sich!
  • Vernetzung durch Fach-, Interessen und Bezirksgruppen
  • Beratung zu Ausbildung, Studium und Berufstätigkeit
  • Mentoring in Ausbildung, Studium und Beruf durch erfahrene, selbst von Sehbeeinträchtigung Betroffene
  • Weiterbildung in Seminaren und Tagungen
  • Arbeitsmarkt-News durch die Mailingliste "DVBS Jobservice

Wir sind für Sie da!

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V.
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
Fax: 06421 94888-10
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
https://www.dvbs-online.de
https://weiterbildung.dvbs-online.de

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Help Tech

ZoomCam: Das mobile und vielseitig anwendbare Kamerasystem. Ideal für Schule, Studium oder Arbeitsplatz.

Zugelassenes Hilfsmittel. Exklusiv bei Help Tech erhältlich.

  • Kompatibel mit Windows, Mac oder Android
  • Scharfes und lebendiges Full-HD-Bild
  • Lese- und Fernansicht
  • 28 Farbmodi, Echtfarben
  • Vergrößerung: 2 bis 100-fach (abhängig von der Monitorgröße)
  • Hintergrundfilterung, dimmbare LED-Beleuchtung, einblendbare Leselinie

SightCity digital 18. bis 20. Mai 2022
Wir sind dabei!
www.sightcity.helptech.de

Kompetenzzentren in: Horb am Neckar, Stuttgart, Köln, Marburg und Lüneburg

Kontakt

Help Tech GmbH
www.helptech.de
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Stuttgart 0711-2202299-0
Köln 0221-921556-0
Marburg 06421-690012-0
Lüneburg 04131-699698-0

Bildbeschreibung: Auf dem Bild zu sehen ist das mobile Kamerasystem ZoomCam, das an ein Notebook angeschlossen ist. Auf dem optionalen Kreuztisch der ZoomCam liegt ein Arbeitsblatt, welches auf dem Notebook vergrößert angezeigt wird.

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IPD

Die EnVision Glasses ist jetzt erhältlich bei ihrem Fachhändler - IPD

Features:

  • kompatibel mit der EnVision App aus dem Googleplay Store & App Sotre
  • Text oder Raum-, Szenenbeschreibung
  • sofortige Wiedergabe von Text
  • Videoanrufsunterstützung
  • Gesichtserkennung
  • KI-Unterstützung für den Alltag

Wlanverbindung notwendig!

Abbildungen: Ausführung mit Gestell und Brillengläser

IPD
Tel.: 0511 9363090
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web: www.ipd.gmbh

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Nikolauspflege

Den Menschen sehen.

Fit für den Beruf durch Schule, Ausbildung und Berufliche Reha!

Gemeinsam entwickeln wir Perspektiven und begleiten blinde und sehbehinderte Jugendliche und Erwachsene in Stuttgart, sowie regional und wohnortnah.

Ihre berufliche und gesellschaftliche Teilhabe ist unser Anliegen: An der inklusiven Tilly-Lahnstein-Schule, im Berufsbildungswerk Stuttgart und in der beruflichen Reha.

Wie sieht Ihr Traumjob aus? Wir finden es raus!

Jetzt Termin zur persönlichen Beratung vereinbaren.

Nikolauspflege
www.bbw-stuttgart.de
www.tilly-lahnstein-schule.de
www.nikolauspflege.de/berufliche-reha-fuer-erwachsene

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Papenmeier

Unser WIR für Ihren Hilfsmittel Notfall

Papenmeier Hotline Service

kostenfreie Hotline: +49 2304 205 205 (Neue Nummer! Ab 1. Januar 2022)

F.H. Papenmeier GmbH & Co. KG
Talweg 2
58239 Schwerte
Telefon: 02304-205-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.papenmeier-rehatechnik.de

Bild: Es ist eine Gruppe von drei RehaTechnik Mitarbeitern, zwei Männer und eine Frau, zu sehen, die lächelnd in die Kamera schauen.

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RTB

Gezielte Steuerung der Signale

Per App sicher unterwegs

Immer sicher unterwegs

Ohne Anwohnerkonflikte

Kostenfreie Smartphone-App

LOC id kompatibel

LZA - Detektion - Parken - E-Mobilität

RTB
www.rtb-bl.de
Tel.: 49 5252 9706-272

Bildbeschreibung: Bunte Grafik eines bärtigen Mannes mit dunkler Brille und weißem Langstock, der an einer belebten Straße steht. In der Brusttasche ein Smartphone, das Signale aussendet, im Hintergrund eine Großstadt.

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SightCity Digital

SightCity Digital Edition 18.-20. Mai 2022

18 und 19. Mai 10 bis 18 Uhr,
20. Mai 10 bis 16 Uhr

Die weltweit führende Fachmesse für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel
  • Kostenlos
  • Einfache Teilnahme per Computer, Telefon oder Smartphone
  • Hersteller präsentieren online Neuheiten und Bewährtes
  • Interaktion: Treten Sie direkt mit den Ausstellern, Sprechern und Besuchern digital in Kontakt
SightCity Online Forum
  • Medizinische Fachvorträge
  • BFWs und BBWs informieren über Arbeit, Bildung und Beruf
  • Informationen von Selbsthilfegruppen und Institutionen
  • Interdisziplinärer Fachkongress inklusive Augenärztlicher Fortbildung am 18.05.22

Das SightCity Forum und der interdisziplinäre Fachkongress werden gefördert durch die Marga und Walter Boll-Stiftung und die Paul und Charlotte Kniese-Stiftung

Jetzt Newsletter abonnieren und keine Neuigkeiten verpassen. www.sightcity.net/fachmesse/newsletter

Veranstaltungsort: Digitale Messe

Kontakt

SightCity GmbH, c/o Metec AG
Hasenbergstraße 31
D-70178 Stuttgart
Telefon: +49 (0) 711 6660318
Fax: +49 (0) 711 6660333
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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SynPhon

Einfach SynPhon!

Die SynPhon GmbH entwickelt einfach zu bedienende elektronische Hilfsmittel, die blinden und sehgeschädigten Menschen das Leben erleichtern.

Der Einkaufs-Fuchs Produkterkenner sagt, was Sache ist.

Die Fledermaus Orientierungshilfe zeigt, wo es lang geht.

Der EinkaufsFuchs

Blinde Menschen stehen täglich vor dem Problem: Was befindet sich in Verpackungen? Welche ist die Lieblings-CD, und wie kann ich erkennen, ob es der gesuchte Gegenstand ist? Hier hilft der EinkaufsFuchs. Nur drei Bedienschalter machen den kompakten Produkterkenner leicht und einhändig bedienbar. Er liest die Informationen von den Strichcodes, die sich auf praktisch allen Handelsgütern befinden, mit klarer Stimme vor. Seine interne Datenbank umfasst bereits viele Millionen Produktinformationen und ist durch regelmäßige Updates stets aktuell. Der EinkaufsFuchs schafft mühelos Übersicht in Haushalt und Büro. Alles, was man verwechslungsfrei kennzeichnen möchte, kann ohne Aufwand auch selbst beschriftet werden. Besonders wichtig: Der EinkaufsFuchs ist als Blinden-Hilfsmittel von den Krankenkassen anerkannt und ist gegen Rezept vom Augenarzt erhältlich.

Die Fledermaus Orientierungshilfe

Diese Weltneuheit erweitert den Aktionsradius des Langstockes entscheidend, schützt dabei Kopf und Oberkörper und ermöglicht es, sich selbstbewusst und zielgerichtet zu bewegen. Die Fledermaus erlaubt es, mobil und orientiert zu bleiben, ohne zu tasten oder zu berühren. Erstmals werden hier die Vorteile von Infrarot und Ultraschall in einem handlichen und intuitiv zu bedienenden Gerät kombiniert. Das Besondere: Die Fledermaus kann sowohl Glastüren erkennen und entfernte Gegenstände verorten, als auch Öffnungen, wie etwa offene Türen, Durchgänge und Lücken zwischen geparkten Autos. Sie reagiert zudem auf weiche Objekte wie Polstermöbel, Felle oder flauschige Stoffe. All dies geschieht vollautomatisch, ohne dass irgendwelche Einstellungen vorgenommen werden müssen.

Weiter Informationen erhalten Sie gerne bei SynPhon unter der Telefonnummer 07250 929555 oder per Mail an E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Haben Sie Fragen? Rufen Sie an!

SynPhon
Elektronische Hilfen für Sehgeschädigte GmbH
Im Steinig 6
76703 Kraichtal
www.synphon.de