Titelbild horus 3/2018: Ungewöhnliche Berufe: Arbeit im Landtag, im Weinberg und auf dem Pferdehof. Bilder: Anja Geißler, Rainer Gießen, blista. (Eine Collage aus drei Bildern: eine Frau mit kurzen blonden Haaren und geschlossenen Augen, im Hintergrund angeschnitten die Worte "Landtag Rheinland-Pfalz". Ein Mann mit kurzen grauen Haaren und blauer Schirmmütze im Weinberg. Ein Mann in grüner Arbeitskleidung und eine Frau mit grauer Jacke und Halfter in der Hand flankieren ein schwarzes Pferd auf der Weide.)


horus 3/2018
Schwerpunkt: Berufe kreuz und quer

Inhalt

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Vorangestellt

Uwe Boysen

Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe DVBS-Mitglieder,

DVBS und blista haben in ihrer über 100-jährigen Geschichte viele Veränderungen durchlaufen, von den Auffassungen in der Pädagogik, über die Betrachtung einer Behinderung, den immensen technischen Fortschritt mit seinen vielfältigen Ausprägungen bis hin zur Einbeziehung von Mitgliedern bzw. Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Nicht geändert hat sich indes dabei eine fundamentale Überzeugung beider Organisationen, nämlich dass es für gesellschaftliche Anerkennung einer exzellenten beruflichen Ausbildung sowie einer Berufstätigkeit bedarf, die den Neigungen und Fähigkeiten unserer Absolventinnen und Absolventen bzw. unserer Mitglieder entspricht. Die Fundamente für das Erlernen eines Berufs zu legen und ihn später auszuüben, das ist, wie uns schon Artikel 12 des Grundgesetzes, aber erst Recht Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention lehren, ein Menschenrecht. Doch Rechte müssen in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft wie der Unsrigen immer wieder aufs Neue erstritten und gefestigt werden. Stillstand bedeutet hier wie in vielen anderen Bereichen meist Rückschritt.

Dass sehbehinderte und blinde Menschen im Beruf erfolgreich sein können, unterstreichen die Beiträge in dieser Ausgabe eindrucksvoll. Dabei hat sich die Redaktion bemüht, getreu dem Motto dieses Heftes, eher ungewöhnliche Berufsbilder in den Mittelpunkt zu stellen. Oder hätten Sie, liebe Leserinnen und Leser, geglaubt, dass eine fast blinde Psychologin in der Sicherungsverwahrung arbeiten kann, wie Lisa Dyck es beschreibt, oder dass es möglich ist, Wein anzubauen, obwohl man nur einen Sehrest hat, wie uns Rainer Gießen berichtet? Offenbar geht all das und sicher auch noch viel mehr, gut dokumentiert in den anderen Artikeln zu unserem Schwerpunkt.

Damit möchte diese Ausgabe denjenigen, die jetzt die ersten Fühler in Richtung Beruf ausstrecken, Mut machen, vielleicht auch ungewöhnliche Wege einzuschlagen und sich nicht mit dem Satz zufrieden zu geben: "Das kannst Du doch nicht." Fantasie, Hartnäckigkeit und manchmal auch ein Quäntchen Glück gehören sicher dazu, den Traumberuf zu finden oder sich vielleicht auch mit einer etwas weniger guten Lösung zu arrangieren. Aber zu weit sollte sich niemand von seinen Wunschträumen entfernen müssen. Dafür wollen und werden blista und DVBS auch in der Zukunft weiter sorgen. Doch das wird um ein Vielfaches leichter, wenn uns unsere Mitglieder dabei durch ihre Erfahrungen unterstützen und bereit sind, ihre Geschichte und Geschichten auch anderen zugänglich zu machen. Dafür wird in dieser Zeitschrift immer Raum sein. In diesem Sinne freue ich mich mit der Redaktion auf weitere spannende Erfahrungsberichte. Vielleicht bleibt Ihnen ja in den nächsten Monaten irgendwann ein wenig Muße, einmal darüber nachzudenken, wie sie ihren Berufsweg gemeistert haben und uns das aufzuschreiben. Das wünscht sich jedenfalls
Ihr und Euer
Uwe Boysen

Autorenfoto: Uwe Boysen. Foto: DVBS. (Uwe Boysen lächelt in die Kamera. Er hat kurze weiße Haare, trägt eine dunkle Brille und einen roten Pullover.)

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Aus der Redaktion

Moment mal ...

"Moment mal, wird sich der eine oder andere fragen, "hieß das hier nicht sonst ‚In eigener Sache'?" Richtig erkannt. Aber da es immer mal wieder Unsicherheiten gab, was genau in diese Rubrik nun hineingehört oder nicht, hat die Redaktion beschlossen, es eindeutig zu machen.

Wie Uwe Boysen ja bereits ausführte, geht es in diesem Heft um die Vielfalt der Berufe, die auch blinden und sehbehinderten Menschen offenstehen, um außergewöhnliche Wege und viel Mut. Aber auch im kommenden Heft wird es spannend - wir beschäftigen uns mit dem Thema Globalisierung. Der Prozess der Globalisierung birgt für blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland sowohl Chancen als auch Risiken. Ist es möglich, einen Überblick zu behalten oder Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen? Unter welchen Rahmenbedingungen kann die Globalisierung das Leben blinder und sehbehinderter Menschen voranbringen oder gar erleichtern? Wie sehen unsere europäischen Nachbarn das Thema, welche Erfahrungen haben blinde und sehbehinderte Menschen auf anderen Kontinenten mit der Globalisierung gemacht? Ein Schwerpunktthema, das die vernetzte Welt in den Mittelpunkt stellt.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit dem Thema Globalisierung gemacht? Erzählen Sie uns doch davon und senden Sie uns Ihren Beitrag bis zum 2. Oktober 2018 per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Artikel für den Schwerpunkt können bis zu 12.000 Zeichen (inklusiv Leerzeichen) lang sein, allgemeine Berichte bis zu 4.000 Zeichen, kürzere Meldungen bis 2.000 Zeichen.

Foto: Unsere Welt im Globalisierungsprozess - berichten Sie für horus 4/2018 von Ihren Erfahrungen. Foto: Pixabay. (Eine Weltkarte, von deren Mitte strahlenförmige Kreise ausgehen.)

Hinweis zur Punktschriftausgabe des Horus

Die letzte Ausgabe des horus haben die Punktschriftleser bereits in drei Heften erhalten. Eventuell hat dies der eine oder andere schon als Vorteil empfunden, lassen sich doch dünnere Hefte besser im Rucksack verstauen und angenehmer während langer Bahnfahrten lesen. Ab dieser Ausgabe werden unsere Punktschriftleser beinahe immer drei Hefte bekommen. In seltenen Fällen kommt es bekanntlich vor, dass der horus nicht besonders umfangreich ist. Dann kann es durchaus sein, dass die Punktschriftausgabe in zwei Heften produziert wird.

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Schwerpunkt: "Berufe kreuz und quer"

Dr. Christina Ernst

Neue Perspektiven auf Gott und die Welt

Auf meinem Schreibtisch liegt ein Stück Gusseisen mitten zwischen Laptop, Braille-Zeile, Büchern und Zetteln. Es hat die Form eines Engels - das erkannte jemand mit Fantasie und fischte diesen gusseisernen Engel aus den Abfallprodukten eines schwedischen Hochofens. Dieser Engel wurde mir zur Ordination als Pastorin der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Februar 2016 geschenkt mit den Worten: "Dieser Engel steht für den Perspektivenwechsel, für die Fähigkeit, die Dinge auf den Kopf zu stellen, von schräg unten ganz anders zu sehen. Solche Perspektivenwechsel sind Ihre große Stärke, mit der Sie auch Ihre Kirchengemeinde bereichern werden!" - Seitdem begleitet mich dieser Engel als Erinnerung, bewusst immer wieder Perspektiven zu wechseln. Das verstehe ich als eine meiner Hauptaufgaben als blinde Pastorin.

Rückblick: Persönliche Unterstützung, Technik und Improvisationstalent als Schlüssel für meinen Werdegang

Perspektivenwechsel und damit verbunden ständige Übersetzungsarbeit gehören zu meinem Leben, seitdem ich im Alter von vier Jahren an Krebs (Retinoblastom) erblindete. Eine Grundsituation, die mich seither prägt, ist die Erfahrung, als blinder Mensch von den Normen einer überwiegend sehenden Gesellschaft abzuweichen. Dies bedeutet ganz praktisch die Notwendigkeit bestimmter blindentechnischer Hilfsmittel, höheren organisatorischen Aufwand und gute Kommunikation, um mir Unterstützung zu holen oder meine besondere Situation zu erklären. Zugleich fordere ich die Menschen, denen ich begegne, automatisch zu einem Perspektivenwechsel heraus. Dieser wird oft als Bereicherung wahrgenommen: Auf einmal fallen Garderobenständer auf, die mitten im Eingangsbereich eines Gemeindehauses im Weg stehen. Oder wir amüsieren uns gemeinsam darüber, dass ich die Haarfarbe guter Freunde nicht kenne, während Haarfarbe und Frisur für sehende Menschen einen hohen Stellenwert haben - als Wiedererkennungswert und auch zur Einschätzung des Gegenübers. Doch für manche bedeutet meine andere Wahrnehmung der Welt eine Irritation, die unbequem ist oder Angst macht. Mit beiden Reaktionen gehe ich seit frühester Kindheit um. Beide Reaktionen erlebe ich seit dem Studium der Theologie auch in Bezug auf den christlichen Glauben und die Erwartungen an Theologie und Kirche.

Der Wunsch, Theologie zu studieren, entwickelte sich gegen Ende meiner Schulzeit. Meine Eltern entschieden sich für eine integrative Beschulung vor Ort. Diese fand mit sonderpädagogischer Begleitung durch Lehrerinnen des Landesbildungszentrums für Blinde (LBZB) in Hannover statt. Ich bin Jahrgang 1983 und wurde 1990 eingeschult. Dies traf mit der Verbreitung von Computern und der Entwicklung blindenspezifischer Hilfsmittel wie Braille-Zeile, Screenreader und Sprachausgabe zusammen. Der Einsatz moderner Technik wurde für den Schulunterricht entscheidend: Meine Lehrer/innen konnten mir Unterrichtsmaterial (damals auf Disketten!) direkt zur Verfügung stellen, auf dem Bildschirm mitlesen, was ich las und schrieb und meine Arbeiten elektronisch oder ausgedruckt unmittelbar nachvollziehen. Was heute selbstverständlich geworden ist, war damals Anfang der 1990er eine Revolution. Meine erste Email schrieb ich mit 15 Jahren. Das Internet, die zunehmende Verfügbarkeit aller Informationen und Inhalte und die zunehmende Kommunikation per Email erleichterten mir das Theologiestudium enorm und bilden jetzt die wichtigste Arbeitsgrundlage im Berufsalltag als Gemeindepastorin. Immer wieder muss ich Zeit und Kraft investieren, um meine technische Arbeitsplatzausstattung funktionstüchtig und auf dem aktuellen Stand zu halten. Die Finanzierung durch offizielle Stellen ist je nach Lebenssituation ungeklärt (insbesondere während des Studiums) und selbst bei klaren Zuständigkeiten zumeist mit aufwendigen Antragsverfahren verbunden. Gerade in Übergangssituationen wie meiner Einschulung ins Gymnasium oder dem Berufseinstieg sorgt dies immer wieder für zusätzlichen Stress. Und ist der Punktschriftdrucker dann einmal defekt, sind sowieso starke Nerven und Improvisation gefragt.

Improvisieren musste ich auch im Studium der evangelischen Theologie in Göttingen und Zürich. Am Beginn standen Unterricht und Sprachprüfungen in griechisch und hebräisch. Hier kam auch die Hilfstechnik an ihre Grenzen. Denn Braille-Zeile und Sprachausgabe können nicht gleichzeitig verschiedene Schriften (deutsch und griechisch) oder sogar Schriftsysteme (hebräisch und deutsch) anzeigen. So erfand ich ein System, um mit Sonderzeichen die Punktkombinationen zu erzeugen, die in hebräisch und griechisch für die verschiedenen Buchstaben stehen. Grammatiken, Vokabeln und Übungssätze ließ ich mir von älteren Studierenden diktieren - eine mühsame Angelegenheit, die noch fremde Sprache nach Diktat zu schreiben. Zum Glück fand ich eine Lerngruppe, in der mir meine Kommiliton/innen geduldig Buchstaben für Buchstaben vorlasen, Materialien für mich mitkopierten und mir erklärten, warum ich manche Texte trotz gutem Scanner und Texterkennung nicht lesen konnte: Die waren dann möglicherweise in Frakturschrift und nicht in lateinischen Buchstaben geschrieben (z.B. Martin Luthers gesammelte Werke).

Diese Tücken und besonderen Herausforderungen des Theologiestudiums wurden mir erst im Verlauf deutlich. Allerdings machte das auch den Reiz aus, den dieses Fach bis heute für mich hat: die Perspektivenvielfalt. Neben den alten Sprachen geht es in Theologie auch um Ethik, Psychologie, Rhetorik, um Kirchen- und Kulturgeschichte in Europa und dem Alten Orient, um intensive Textarbeit und vor allem darum, den christlichen Glauben und die eigene Lebenswirklichkeit miteinander ins Gespräch zu bringen, durch den Glauben sich selbst, das Leben und die Welt neu zu verstehen. So ist Theologie ein sehr kommunikatives Studium. In inzwischen kleinen Seminargruppen und Vorlesungen wird viel diskutiert und nachmittags beim Kaffee und abends beim Wein fortgesetzt. Wegen der überschaubaren Studierendenzahlen ist auch der Kontakt zwischen Dozent/innen und Studierenden sehr persönlich. Diese vielen Begegnungen waren mir wichtig und zugleich eine gute Ressource, um Unterstützung zu bekommen.

Berufseinstieg: Niemand hat Gott je gesehen!

Nach meinem Studium und der Promotion zum Doktor der Theologie schloss sich mein Vikariat als praktische Ausbildungsphase an. Dieses verbrachte ich in Celle (bei Hannover) und trat im Februar 2016 meine erste Stelle als Gemeindepastorin an. Hier in der Martin-Luther-Gemeinde in Twistringen bin ich als einzige Pastorin zuständig für ca. 2500 Gemeindeglieder. Twistringen ist eine ländliche Kleinstadt südlich von Bremen und ist mehrheitlich katholisch, was im Gegensatz zum evangelisch geprägten Umland steht. Der Perspektivenwechsel ist damit auch hier vorprogrammiert und das ökumenische Gespräch zwischen evangelischer und katholischer Kirche intensiv und bereichernd!

Bei meiner Ankunft in der Gemeinde traf ich auf große Offenheit und Freude über eine neue junge Pastorin und zugleich auf die skeptische Frage: "Wie wollen Sie als blinde Frau hier auf dem Land diesen Beruf ausüben?" Nach mittlerweile zweieinhalb Jahren haben meine Gemeinde und ich in einem gemeinsamen Lernprozess viele Antworten darauf gefunden. Einige Beispiele aus meinem Berufsalltag möchte ich hier nennen:

Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist der Konfirmandenunterricht. Ich versuche, ihn möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Wir machen eine Rallye über den Friedhof, malen mit Akrylfarben und allerlei Pinseln, Farbrollern und Schwämmen auf DIN A3-Bögen oder Tapetenbahnen, backen Brot fürs gemeinsame Abendmahl (oder auch mal Weihnachtsplätzchen) und machen uns - in meinem Fall mit Tandem - auf eine Radtour zu verschiedenen Wegekreuzen rund um Twistringen. Für diesen Arbeitsbereich ist meine Arbeitsassistentin sehr wichtig. Sie arbeitete 30 Jahre lang als Krankenschwester, bis sie mein Stellengesuch für eine Arbeitsassistenz las. Nun unterstützt sie mich bei der Vorbereitung und Durchführung des Konfirmandenunterrichtes, übernimmt oft Fahrdienste und viel Kopier- und Archivierungsarbeit, wenn es um die Erledigung der Post und deren Ablage geht. Mit den Jugendlichen ist das Arbeitstempo hoch, ein Grundchaos vorprogrammiert. Und gerade so finden gute Begegnungen statt. Wenn ich z.B. die Orientierung im Gruppenraum verloren habe und rufe: "Wo ist denn jetzt der Altar?" Und als Antwort klopft ein Jugendlicher auf den Altar - eine spontane Geste, ein gemeinsames Lachen und ein schönes Erlebnis für den unmittelbaren Kontakt miteinander.

Oft kommen die Menschen zu mir ins Pfarrhaus zum Gespräch anlässlich einer Beerdigung, Trauung oder Taufe. Ist jemandem der Hausbesuch wichtig oder geht es um Geburtstags- oder Krankenbesuche, lasse ich mich von einem Angehörigen mit dem Auto abholen. Auf dem Land ist es ohnehin üblich, auch größere Strecken zu fahren. Auch meine Arbeitsassistenz oder engagierte Gemeindeglieder übernehmen solche Fahrdienste. Bei Hausbesuchen, aber auch bei Begegnungen auf der Straße kommen intensive Kontakte zustande gerade dann, wenn ältere Menschen mir behilflich sein können. Eine Frau, die mit Rollator unterwegs ist, warnt mich vor einem Loch in der Straße oder begleitet mich um einen parkenden Lkw. Bei einem Kaffeebesuch wird mir die Tasse fürsorglich zurechtgerückt und genau darauf geachtet, ob ich auch bequem im Sessel sitze oder nicht doch noch ein Kissen im Rücken brauche. Hilfe nehme ich gern an gerade von Menschen, die nur noch selten die Möglichkeit haben, für andere da zu sein und sich selbst zumeist als unsicher auf den Beinen und auf Hilfe angewiesen erleben.

"Niemand hat Gott je gesehen", heißt es in der Bibel (1. Johannes 4,12). Mit den Menschen, die zu mir kommen oder die sich von mir ansprechen lassen, wende ich mich dem zu, was wir in unserem Leben spüren, aber nicht sehen oder anfassen, auch oft nicht mit Worten benennen können. Wir fragen nach dem Sinn unseres Lebens, suchen nach Trost und Kraft, oft auch nach Gott. Weil wir Gott nicht direkt und eindeutig sehen können, sind so viele Antworten und persönliche Lebenslösungen möglich. Diese Perspektivenvielfalt führt zu Gesprächen über Gott und das Leben und zu intensiven Begegnungen.

Perspektivenwechsel machen meinen Beruf und mein Leben insgesamt spannend und abwechslungsreich. Ich bin dankbar für die vielen Lebenserfahrungen, die Menschen mit mir teilen, und dafür, gemeinsam immer neu auf das Leben und auf Gott zu schauen. Durch den Umgang mit meiner Blindheit habe ich gelernt, meine andere Wahrnehmung der Welt einzubringen und Menschen direkt anzusprechen - sei es auf Informationen oder Hilfe, die ich brauche, sei es auf Eindrücke, die ich überprüfen oder ihnen mitteilen möchte. Beides, meine Perspektive und deren direkte und offene Kommunikation, erzeugen Dynamik und oft bereichernde Begegnungen. Trotz mancher organisatorischer Klippen fühle ich mich somit in meinem Beruf und in der Gemeinde am richtigen Ort. Sicherlich werden noch weitere Stationen in meinem Berufsleben folgen. Denkbar sind Pfarrstellen in anderen Kirchengemeinden mit je eigenem Profil oder die Arbeit an thematischen Schwerpunkten in einem sogenannten Funktionspfarramt. Solche sachbezogenen Stellen gibt es in vielen verschiedenen Arbeitsbereichen. Mich persönlich interessiert die Entwicklung von Zukunftsperspektiven für unsere Kirche, die sich aufgrund des gesellschaftlichen Wandels in einer Umbruchphase befindet. Perspektivenwechsel auch der Kirche auf sich selbst werden nötig. Ich werde gern daran mitarbeiten und Praxiserfahrung, wissenschaftliche Reflexion und Kreativität einbringen. Dafür wünsche ich mir aufgeschlossene Gemeindeglieder und Kolleg/innen, die Freude daran haben, das Leben und unsere Kirche auch mal auf den Kopf zu stellen und von schräg unten zu betrachten.

Zur Autorin

Dr. Christina Ernst ist Doktor der Theologie und arbeitet seit 2016 als Pastorin in Twistringen. Sie hat in Göttingen und Zürich Theologie studiert und ihr Vikariat an der Stadtkirche St. Marien in Celle absolviert.

Foto 1: Christina Ernst bei der Arbeit. Foto: privat. Christina Ernst vor einem Oldtimer, der mit einem weißen Blumengesteck geschmückt wird. Sie lächelt, während ihre Hand von einer ebenfalls lächelnden Begleitperson an den Scheinwerfer geführt wird.)

Autorenfoto: Christina Ernst. Foto: privat. (Christina Ernst sitzt in einem Auto, hält das Lenkrad und lächelt fröhlich. Sie hat braune, kinnlange Haare, blaue Augen und trägt einen Talar.)

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Rainer Gießen

Wir arbeiten, um zu leben und leben nicht, um zu arbeiten

Der Eingangsspruch ist oft unser Motto. Blind bin ich noch nicht. Nach Aussagen verschiedener Ärzte werde ich es auch nicht werden, wenn kein Unfall oder ähnliches dazwischenkommt. Die starke Kurzsichtigkeit ist mir in die Wiege gelegt, beziehungsweise liegt es bei uns in der Familie. Mütterlicherseits wird die Kurzsichtigkeit an den männlichen Nachwuchs vererbt. Anfangs war das Sehen noch besser. Früher hatte ich Führerscheine der Klassen 3 und 4 mit Einschränkungen; heute fahre ich nicht mehr Traktor, weil es zu gefährlich wäre.

Ich lebe mit meiner Familie auf dem Land, im Dreieck von Mainz - Kaiserslautern - Ludwigshafen. Weitab von den guten Anbindungen öffentlicher Verkehrsmittel in der Stadt. Die Bahn fährt bei uns gar nicht und die öffentlichen Busverbindungen sind mehr als eingeschränkt. Das Taxi in die nächste größere Stadt ist zu teuer. Deshalb brauche ich immer einen Fahrer für notwendige Erledigungen, die mich selbst betreffen. Die wunderschöne, der Toskana ähnliche Landschaft mit ihren sanften Hügeln, bewachsen mit Weinbergen, Feldern und Windrädern ist toll, aber die Einschränkungen für mich in meiner Mobilität sind massiv. Man ist sozusagen nicht mehr selbständig, sondern abhängig. Fahrrad fahren mag ich nicht mehr auf mir unbekannten Strecken, so kauften wir uns ein E-Tandem, um unsere Freizeit zu genießen. Den Beruf Winzer - Weinbautechniker bekam ich ebenso in die Wiege gelegt. Nach dem Abschluss der Handelsschule bewarb ich mich an verschiedenen Stellen. Ich hatte aber nicht so wirkliche Chancen, denn ich stamme aus der Zeit der geburtenstarken Jahrgänge um 1960. Also Bewerber ohne Ende, warum sollten die Betriebe einen nehmen, der Einschränkungen mitbringt? Auch waren damals die gesetzlichen Vorschriften anders als heute und ich saß mit meiner damaligen Einschränkung zwischen den Stühlen: nicht voll sehend - nicht als behindert anerkannt.

So wurde ich dann auch von zu Hause überredet, den Beruf des Winzers zu ergreifen und den elterlichen Betrieb fortzuführen. Gesagt, getan - Winzerlehre, hineinschnuppern in andere Betriebe durch Reisen in andere Weinbauländer, Wirtschafterausbildung und dann noch den Weinbautechniker absolviert. So bin ich seit 1978 selbständiger Winzer mit eigenem Weingut.

Das Arbeitsbild eines Winzers ist sehr vielseitig. Im Weinberg muss der Rebstock gepflegt werden (ich habe ca. 45000 davon, verteilt auf ca. 9 ha Fläche, die sich auf ca. 2 km Umkreis erstrecken): Im Winter wird der Stock beschnitten, im Frühjahr angebunden, Rebholz geschreddert, neue Weinberge werden gepflanzt, d.h. mehrere hundert oder gar tausend Pflanzen kommen in die Erde. Der Unterstützungsrahmen aus Pfählen wird errichtet, mehrere hundert Meter Draht gespannt. Dann natürlich Gras mähen, Bodenbearbeitung, Pflanzennährstoff ausbringen, unerwünschte Triebe entfernen. Die jungen Triebe je nach Länge vor dem Wind schützen oder einkürzen. Überzählige Trauben entfernen, um die Qualität zu steigern. Ständiges Beobachten des Wuchses (nach dem Motto: das Auge des Herren pflegt den Weinberg). Zu Hause die Trauben verarbeiten, den Most bearbeiten, ebenso die Gärung überwachen, Reinigungsarbeiten erledigen. Den Wein ausbauen, filtrieren, abschmecken. Abfüllungen vorbereiten. Immer wieder Geschmackskontrolle. Flaschen sortieren, etikettieren, verpacken, kommissionieren, Etiketten für die Druckerei vorbereiten. Dann geht es an den geschäftlichen Teil und die damit verbundenen diversen Schreibtischarbeiten. Dazu gehört bei uns besonders, mit Behörden, Lieferanten und Kunden zu verhandeln.

Dann noch Ausliefertouren vorbereiten und planen. Kunden betreuen, beraten, verkaufen, verpacken, Weinproben zu Hause und außerhalb durchführen. Weinwanderungen - Exkursionen mit Probe im Weinberg mit Kunden - erledigen.

Reparaturen und Wartungsarbeiten im Weinberg sowie an Keller- und Weinbergmaschinen führe ich durch, soweit ich das erkennen kann. Bei den Reparaturen arbeite ich dann mangels Sehkraft viel mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl sowie mit Hilfe von anderen Menschen. Es geht auch mal was daneben, nach dem Motto: Nach fest kommt ab.

Viele dieser Reparaturen werden auch von Werkstätten erledigt, da ich nicht genug sehe.

Teamarbeit gibt es bei uns in vielfältiger Form. Meine Frau Annette ist für alle rollenden Arbeiten zuständig, auch für die Überwachung der Aushilfen im Weinberg, ich bin mehr für die zu Fuß zu erledigenden Arbeiten zuständig. Es ist sehr komplex und lässt sich nicht in Worte fassen, nur erleben. Zusammen bewirtschaften wir heute in Rheinhessen und der Pfalz Weinberge mit den unterschiedlichsten Reben und unterschiedlichsten Weinstilen. Wir verkaufen unsere Weine und Sekte in ganz Deutschland an Endverbraucher. Viel Herzblut und Engagement stecken in unserem Tun, in unseren Weinen und Sekten. Viel mehr, als "Sehende" erahnen, denn die tägliche Arbeit fällt einem nicht in den Schoß. Es wird von uns "Sehbehinderten" und Blinden ebenso viel verlangt wie von "Sehenden", obwohl wir das nicht leisten können, so sehr wir es wollten.

Über unsere berufsständische Sozialversicherung, die Pflicht ist und die ich nicht wechseln kann (Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie Berufsgenossenschaft), bin ich enttäuscht. Hierüber bekomme ich keinerlei Unterstützung bezüglich Hilfsmitteln für den Beruf.

Für den privaten Sektor ist es sehr schwierig. Man ist auf das Integrationsamt angewiesen und hier muss man dicke Bretter bohren und viel Geduld haben. Leider können sich die Sachbearbeiter nicht in meine Belange reindenken, denn ich habe halt ein anderes Berufsbild als Angestellte und Arbeiter. Ich bin der einzige Winzer mit einer Sehbehinderung in ganz Deutschland. Das Integrationsamt versuchte wiederholt, unsere Sozialversicherung in die Leistungspflicht zu bringen bezüglich Hilfsmitteln für meinen Arbeitsplatz. Die haben es aber abgelehnt und Recht bekommen. Kein Schreibtischjob - und nun? Wir wurden uns einig, dass ich eine gewisse Geldsumme bekomme, die ich dann für meine Arbeitsassistenten einsetzen kann. Jedes halbe Jahr muss ich die Geldsumme per Quittung der Assistenzen nachweisen. Ich kann nur jedem raten, vor Antragstellung beim Integrationsamt anwaltlichen Rat einzuholen.

Es staut sich schon ab und an Frust auf. Der bei mir dann zuweilen lautstark rauskommt, dann geht's mir aber meist wieder besser. Nur durch die mehr als tatkräftige Unterstützung meiner Frau Annette können wir den Weinbaubetrieb ohne feste Arbeitskräfte führen. Wir müssen uns allerdings doch eine Menge Aushilfskräfte einkaufen, denn ich kann nicht alles arbeiten. Wenn es um Sauberkeit geht, putze ich doppelt und lasse nochmal kontrollieren, denn Wein ist eine verderbliche Ware.

Die Traktorarbeit im Weinberg (die ich vermisse) erledigt, wie so vieles, was mit "Fahren" und "Besorgen" zu tun hat, Annette oder Assistenzen. Einige Weinbergsarbeiten haben wir vergeben, allerdings unter unserer Kontrolle, da ich diese einfach wegen ihrer Schwere nicht erledigen oder erkennen kann. Den Anbau der Arbeitsgeräte an den Traktor erledige ich, danach darf ich dann eine Runde im Weinberg fahren, um die Geräte einzustellen. Annette erledigt dann den Rest. Häufig kann ich Nachfragen von Mitarbeitern nicht beantworten. Wenn man es noch nie selbst gemacht hat, kann man keine Ratschläge und Tipps geben. So bin ich gezwungen, diverse Sachen einfach anzupacken und zu probieren.

Leider stößt man bei seinen Mitmenschen immer wieder auf Unverständnis. Es kommen Aussagen wie: lass dich operieren, man kann doch alles machen, kauf dir eine bessere Brille. Mal lasse ich mich auf eine Diskussion ein, um aufzuklären, mal reagiere ich gar nicht. Aber es tut doch hin und wieder weh.

Am liebsten arbeite ich beim Weinausbau im Keller. Man braucht aber hier Geduld, Intuition, Spontaneität, Kreativität und Entscheidungsfreude; auch Mut zum Risiko darf nicht fehlen. Die jährlichen Erfolge bei der Weinprämierung bestätigen dann mein Werken. Dann freut man sich, etwas Kreatives mit eigenen Händen geschaffen zu haben. Die geschmackliche Abstimmung des Weines ist oft Teamarbeit mit Annette, einer unserer Töchter und den beiden Schwiegersöhnen. Sie haben alle einen guten Geschmack, auf ihr Urteil kann ich mich verlassen. Das Feintuning mache dann ich.

Die Kundenbetreuung, wie Wein verkaufen, Beratung, Weinsafaris im Weinberg und Keller machen mir viel Spaß. Man lernt eine Menge Menschen kennen. Kann sich, seine Behinderung, seinen Beruf, seinen Wein erklären und stößt auf offene Ohren, Wissbegierde und Verständnis.

Was mich anätzt, ist die Büroarbeit, viele sinnfreie Tätigkeiten müssen getan werden. Formulare, Tabellen usw., viele davon nicht wirklich notwendig. Aber die beteiligten Behörden kennen kein Pardon. Gerade uns Sehbehinderten fällt es schwer, die Formulare auszufüllen. Da habe ich öfters "die Augen voll". Auch bekomme ich Rückenprobleme davon, da ich diese Tätigkeiten in einer sehr ungünstigen Arbeitshaltung erledigen muss.

Die üblichen Hilfsmittel wie Screenreader, Kamera und was es so alles noch gibt, nutze ich selten. Denn seit ich Windows 7 habe, kann ich fast alles zoomen, wie ich es brauche. Die Kamera nutze ich ab und an für sehr klein gedrucktes. Ansonsten habe ich einen großen Bildschirm, passe die Programme an. Aber nicht alle machen das mit. Ich habe für meinen Betrieb ein spezielles Weinbuchführungs- und Rechnungsprogramm, dessen Hersteller klein ist. Er sieht es aber nicht ein, auf meine Wünsche einzugehen, obwohl ich ihn schon mehrmals darum gebeten habe. Frustrierend!

Für Keller und Hof habe ich keine Hilfsmittel. Nur menschliche Hilfe in Form von meiner Familie und Arbeitsassistenzen. Diese müssen in meinem Beisein nacharbeiten oder mit mir die Arbeit erledigen.

Im Weinberg bin ich dabei, soweit es geht. Wenn es sich um das Erkennen von Krankheiten handelt, muss die Arbeitsassistenz es mir erklären, oder ich sage, wie es aussieht oder aussehen könnte. Zur Erleichterung habe ich 2 Monokulare als ständige Begleiter. Zum Eigenschutz im Straßenverkehr habe ich für mir unbekannte Gegenden einen weißen Stock gekauft.

Weiterbildungen besuche ich auch, wenn mir das Programm und Thema gefallent. Dabei brauche ich Monokulare oder bitte den Redner, mir den Beitrag per E-Mail zuzusenden oder gleich auszudrucken, denn das kann ich besser lesen als mit Diaprojektoren oder sonstigen Hilfsmitteln.

Was mich reizt und interessieren würd, wäre, meine Weine auch vermehrt Sehbehinderten und Blinden näher zu bringen. Leider fehlen mir die Kenntnisse und Möglichkeiten, Braille und QR Codes für die Flaschen zu erstellen. Wir wollen versuchen, auch unsere Homepage barrierefrei zu gestalten.

Über den Autor

Rainer Gießen, 58, ist selbständiger Winzer mit eigenem Weingut. Seine Frau Annette arbeitet mit im Betrieb. Sie finden alle Informationen auch auf der Homepage weingutgiessen.de

Foto 1: Rainer Gießen im Weinberg. Foto: Rainer Gießen. Rainer Gießen steht zwischen sonnenbeschienenen Weinstöcken und begutachtet einen Ast eines Weinstocks. Er trägt eine Brille, ein blau-kariertes Hemd und eine blaue Schirmmütze. Seine Haare sind grau meliert und kurz.)

Autorenfoto: Annette und Rainer Gießen auf ihrem Weingut. Foto: Rainer Gießen. (Annette und Rainer Gießen prosten sich mit Rotwein zu. Sie stehen vor zwei Weinfässern.)

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Lisa Dyck

"Das könnte ich ja nicht!"

"Bist Du mit denen auch alleine?!" Das sind häufige Reaktionen, wenn ich erwähne, wo ich arbeite. Ich bin Psychologin im Maßregelvollzug, also in einem psychiatrischen Krankenhaus, in dem Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, die straffällig geworden sind, "gebessert und gesichert" werden sollen. Die juristische Formulierung "Besserung und Sicherung" meint kurz gesagt, dass die Patienten - so werden die Untergebrachten in der "forensischen Psychiatrie" nämlich genannt- psychotherapeutisch/psychiatrisch behandelt werden, dabei aber so weit in ihrer Freiheit eingeschränkt werden sollen, wie es zum Schutz der Allgemeinheit nötig ist. Im Maßregelvollzug landet also nur, wer ansonsten vermutlich weitere "erhebliche" Straftaten begehen würde.

Die Reaktionen meines Umfeldes sind also nicht unverständlich. Als ich mich 2007 noch als Studentin der Psychologie für mein erstes Studienpraktikum dort bewarb, hatte ich ähnliche Bedenken. Mulmig war mir auch deshalb, weil ich keine Ahnung hatte, wie sicher ich mich im Kontakt mit den Patienten angesichts meiner Sehbehinderung fühlen würde - und noch wichtiger: wie sicher ich tatsächlich sein würde!

Den Psychologen, der damals mit mir das Bewerbungsgespräch führte, habe ich als ausgesprochen klug und umsichtig im Umgang mit meiner Behinderung erlebt. Während ich sonst häufig den Eindruck habe, dass ich meinem Gegenüber erst einmal eine gewisse Unsicherheit nehmen muss, damit wir dann sachlich über "besondere Belange" sprechen können, war dieser Kollege angenehm souverän. Wir verabredeten, dass wir es mit einem Praktikum versuchen wollten, aber beide Seiten bei Bedenken ehrlich und rechtzeitig Bescheid sagen sollten und der Versuch bei Sicherheitsbedenken gegebenenfalls auch abgebrochen werden müsste. Ich erlebte das nicht als Diskriminierung, sondern als den besonderen Umständen im Maßregelvollzug mit Blick auf meine Sicherheit geschuldet.

Ich hospitierte damals auf einer Station im Resozialisierungsbereich, auf der die Patienten bereits ausreichend stabilisiert waren, um schrittweise eine Entlassung vorzubereiten. Körperliche Impulsdurchbrüche sind in diesem Bereich sehr selten, ich habe während des Praktikums nichts Derartiges erlebt und mich durchgehend sicher gefühlt. Mein Praktikumsanleiter sah meine Behinderung als Besonderheit, die einerseits eine Einschränkung bedeutete, auf der anderen Seite aber auch eine Bereicherung sein konnte. Zum Beispiel traute er mir zu, mich vielleicht besser als andere Gleichaltrige in die Lebenssituation der Patienten hineinzuversetzen: Auch unsere Patienten müssen mit (psychischen) Einschränkungen leben lernen, den schwierigen Schritt machen, ihre Eingeschränktheit überhaupt erst einmal anzuerkennen, und auf einiges verzichten, das für andere Menschen scheinbar selbstverständlich ist. Die Patienten akzeptierten mich als "ganz normale Praktikantin", einige interessierten sich ein wenig für meine Sehbehinderung und stellten die eine oder andere Frage.

Das Praktikum hatte mir so gut gefallen, dass ich mich Anfang 2012 nach Abschluss meines Studiums in der Klinik bewarb - und auch sofort eingestellt wurde. Meine Sehbehinderung war ja bereits bekannt, so konnte ich den schwierigen Schritt der "Behinderungs-PR" an dieser Stelle überspringen, was ich als enorme Erleichterung empfand.

Diesmal wurde ich im höher gesicherten Klinikbereich auf einer Therapiestation eingesetzt. Die Station war geschlossen, die Patienten aber nicht körperlich impulsdurchbrüchig, was für mich und mein Sicherheitsgefühl entscheidend war. Ich weiß, dass auch blinde Psychologen bereits gerne und mit Erfolg auf Kriseninterventionsstationen gearbeitet haben. Trotzdem könnte ich mir das für mich persönlich in der Klinik, in der ich arbeite, nicht vorstellen. Dort kommen körperliche Übergriffe auf MitarbeiterInnen leider immer wieder vor und es ist meiner Meinung nach erforderlich, kleine Veränderungen in Mimik und Körperhaltung der Patienten rechtzeitig wahrzunehmen, um einem möglichen Angriff ausweichen zu können.

Auf "meiner" Station machte ich ähnliche Erfahrungen wie bereits im Praktikum: Meine Kollegen begegneten mir sehr aufgeschlossen, die Patienten akzeptierten meine Behinderung ohne Probleme. Ich hatte sogar häufig den Eindruck, dass es mir beim Aufbau einer therapeutischen Beziehung "Pluspunkte" einbrachte, dass ich ganz zu Beginn etwas über eine Schwäche von mir preisgab, wenn ich die Patienten grob über meine Sehbehinderung aufklärte. Spott oder ein Ausnutzen meiner Sehbehinderung habe ich nicht erlebt; ob hinter meinem Rücken gespottet wurde oder wird, weiß ich nicht. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, es ist bisher aber nicht relevant gewesen. Es dauerte mehr als drei Monate, bis ich meine Arbeitsausstattung erhielt (Lesegerät, Screenreader etc.; Kostenträger Bundesagentur für Arbeit - ich bin sehbehindert mit stark eingeschränktem Nahvisus, aber einem recht komfortablen Fernvisus). Bis dahin brachte ich Screenreader und Scanner von zu Hause mit. Die Softwareumgebung war zum Zeitpunkt meiner Einstellung noch weitgehend barrierefrei, was sich inzwischen geändert und mich einige Nerven gekostet hat - und immer noch kostet.

Die Patienten auf "meiner" Station waren jugendliche und junge erwachsene Männer, die Sexual- und Gewaltdelikte, Brandstiftungen, einige auch Tötungsdelikte begangen hatten. Die meisten von ihnen hatten schwere Persönlichkeitsstörungen oder verwandte Erkrankungen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sie hatten also große Schwierigkeiten, gute, von Vertrauen und Fairness geprägte Beziehungen zu anderen Menschen zu gestalten, Schwierigkeiten, Ärger, Frust und innere Spannungen anderer Art auszuhalten und ein stabiles Selbstwertgefühl zu entwickeln. Andere Patienten litten an psychotischen Erkrankungen, wobei sie sich auf unserer Station außerhalb der akuten Psychose befanden, und bei einigen Patienten war die führende Diagnose die einer Intelligenzminderung.

Meine Arbeit auf dieser Station, die etwa sechs Jahre dauerte - seit Januar 2018 bin ich nicht mehr in der Stationsleitung tätig, sondern führe stationsübergreifend Einzeltherapien durch - war vielfältig und komplex. Sie in einem Horus-Artikel griffig zu beschreiben, ohne eine Abhandlung über therapeutische und sicherungsbezogene Grundprinzipien im Maßregelvollzug zu verfassen, ist gar nicht so einfach. Ich komme nicht darum herum, einige wenige Gegebenheiten zu erklären.

Das Ziel der Behandlung im Maßregelvollzug ist es, die Patienten zu resozialisieren, sie also so weit zu behandeln, dass sie vermutlich ein straffreies Leben führen werden. Jemanden jahrelang geschlossen unterzubringen und dann plötzlich zu entlassen, ist dabei kein gangbarer Weg, weil sowohl Patient als auch Behandler, die gleichzeitig auch gutachterliche Aufgaben bei der Beurteilung der weiteren Gefährlichkeit des Patienten haben, Erfahrungen damit sammeln müssen, wie der Patient mit zunehmenden Freiheitsgraden umgeht. Deshalb wird der Patient schrittweise in sogenannten Lockerungen erprobt. Eine der ersten Lockerungen könnte z. B. darin bestehen, dass ein Patient in 1:1-Begleitung durch Mitarbeiter des Hauses vor die Tür gehen kann, in einem späten Stadium der Behandlung könnte ein Patient bereits außerhalb der Klinik wohnen, aber für regelmäßige Gespräche oder Drogenkontrollen in die Klinik kommen. Ob ein Patient vermutlich schon so weit ist, dass er entlassen werden kann oder ob er zum Beispiel aus Gründen der juristischen Verhältnismäßigkeit entlassen werden muss, überprüft mindestens einmal im Jahr ein Gericht.

Zu den Aufgaben einer therapeutischen Stationsleiterin gehört es, den therapeutischen Prozess eines Patienten zu planen und zu koordinieren. Ich hatte also zu überlegen, welche therapeutische Maßnahme für einen Patienten in der nächsten Zeit wichtig und passend war (Schule, Ergotherapie, stationsübergreifende therapeutische Gruppen etc.) und welche Lockerung das Team dem Patienten bereits zutrauen würde. Dabei entscheidet niemand allein, sondern alle an der Behandlung Beteiligten werden einbezogen: Pflegeteam, therapeutische Stationsleitung, Oberarzt und ärztlicher Direktor. Auch das Abfassen von jährlichen gutachterlichen Stellungnahmen zu Behandlungsverlauf und Legalprognose an die zuständige Strafvollstreckungskammer hat zu meinen Aufgaben gehört.

Auf der Station findet therapeutisch angeleitetes Kochen und finden gemeinsame Mahlzeiten statt, in der wöchentlichen Stationsgruppe werden Fragen des Zusammenlebens besprochen und gemeinsame Aktivitäten geplant, es gibt Ausflüge mit den Patienten, deren Lockerungsstand das bereits erlaubt, z. B. ins Kino oder zum Grillen, einmal im Jahr findet unter pflegerischer Begleitung eine Mehrtagesfahrt zum Zelten statt.

Ein großer Teil der Stationsarbeit bestand und besteht darin, einen sozialen - also explizit nicht dissozialen - Lebensraum zu schaffen, in dem die Patienten unter therapeutischer Begleitung Erfahrungen damit machen können, wie man sich in möglichst stabilen Beziehungen zu anderen Menschen konstruktiv, oder zumindest nicht destruktiv, verhält und auseinandersetzt. Dafür stellen sich die Mitglieder eines multidisziplinären Behandlungsteams auf der Basis einer professionellen Haltung auch selbst als Beziehungspartner zur Verfügung, was vor allem bei Patienten mit dissozialen Persönlichkeitsanteilen immer wieder ziemlich anstrengend ist und viel Reflexionsarbeit, auch in regelmäßigen Supervisionen, erfordert. Gleichzeitig ist es nötig, den Patienten Grenzen zu setzen und auf die Einhaltung von Regeln und Vereinbarungen zu bestehen. Konkret bedeutet das, dass man Patienten in wertschätzender Weise Rückmeldung darüber gibt, wie ihr Verhalten auf andere und einen selbst wirkt, und dies in therapeutischen Gesprächen weiter bearbeitet, dass man Konflikte der Patienten untereinander mit den Beteiligten bespricht und versucht, Einigungen zu finden, dass man mit dem Patienten Verabredungen über sein Verhalten auf der Station und im therapeutischen Prozess insgesamt aushandelt, und dass man immer wieder prosoziales Verhalten einfordert und Dissozialität begrenzt - wenn nicht anders möglich, auch durch Verlegung auf eine höher gesicherte Station oder andere Zwangsmaßnahmen.

Kribbelige Situationen, in denen ein Patient in Anspannung geraten ist und dann auch verlegt oder isoliert werden musste, gab es mehrfach, wenn auch nicht oft. Konkret bedroht gefühlt habe ich mich aber nie. Immer wieder mit den schweren Delikten konfrontiert zu sein, die die Patienten begangen haben, erfordert eine gute und flexible psychische Abwehrarbeit. Einerseits kann man nicht zu jedem Zeitpunkt emotional voll erfassen, was ein Patient getan hat, andererseits darf man es als Teil des Geworden-Seins des Patienten und als wichtigen Faktor für seine Legalprognose nicht aus den Augen verlieren. In den Auseinandersetzungen um Lockerungen und Entlassungen, auch vor Gericht, spiegelt sich manchmal die Heftigkeit der Affekte wider, mit denen die Patienten innerlich zu tun haben; ebenso in Auseinandersetzungen innerhalb des Behandlungsteams. Für mich sind dies die großen Herausforderungen der besonderen Arbeit im Maßregelvollzug, die in den letzten Jahren umso größer geworden sind, als dass vonseiten der Politik teilweise widersprüchliche, letztlich nicht lösbare Aufträge an die MitarbeiterInnen im Maßregelvollzug herangetragen werden. Dies hier weiter auszuführen, würde den Rahmen sprengen. Aber es ist dieser letzte Aspekt einer mangelnden politischen Rückendeckung, der in den letzten zwei Jahren dazu beigetragen hat, dass mir manchmal Gedanken kommen, die an die Überschrift dieses Artikels erinnern.

Zur Autorin:

Lisa Dyck lebt in Göttingen, wo sie am Lou Andreas-Salomé Institut für Psychoanalyse eine Weiterbildung zur Psychotherapeutin absolvierte. Seit 2012 arbeitet sie in einem psychiatrischen Krankenhaus mit straffällig gewordenen, psychisch kranken Menschen. Sie ist außerdem Mitglied im Leitungsteam der DVBS-Fachgruppe "Soziale Berufe und Psychologie".

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Bernd Sanders

Zuhören als Beruf

Masseur, Telefonist, Korbflechter. Das waren die schillernden Berufsaussichten, die mir in meiner Jugend - also vor etwa 25 Jahren - von einem Lehrer als typische Blindenberufe genannt wurden. Ich bin nichts davon geworden, aber in meinem tatsächlich erlernten Beruf arbeite ich nur neben meinem eigentlichen Job. Doch von vorne.

Neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit in der Justiz arbeite ich nebenberuflich selbstständig als staatlich geprüfter Dolmetscher und Übersetzer. Die Arbeit bei Gericht ist eine, die auch vor mir schon ein blinder Kollege gemacht hat. Eine besondere Ausbildung habe ich dafür nie erhalten. Spaß macht mir diese Arbeit trotzdem sehr und ich gehe jeden Tag gern in mein Büro und zu meinen Kolleginnen und Kollegen, die mich ausnahmslos an- und aufgenommen haben. Kleines Knarzen im Getriebe gibt es immer, aber auch das gehört dazu. Ich halte es sogar für ein sehr positives Zeichen: Man kann sich nur auf menschlicher Ebene mit mir nicht vertragen, wenn man überhaupt erst akzeptiert, dass ich ein Mensch bin. So wie der Rest. Manchmal werden Schwerbehinderte, also auch "wir" Blinden, in Watte gepackt und auf ein Podest gestellt. Wir sind über jeden Zweifel erhaben, machen keine Fehler und haben natürlich auch keine Schwächen, sieht man von unseren Augen ab. Das ist natürlich ein Trugschluss, der jedoch oft eingegangen wird. Aber am Ende sind wir alle nur Menschen. Menschen haben Fehler, mal schlechte Tage und - ja - manchmal streiten sie sich sogar; nicht immer, weil sie im Recht sind.

In diesem Hauptberuf jedenfalls höre ich entweder einem Diktat zu und tippe gleichzeitig mit, oder ich sitze in einem großen Saal, achte auf alles, was geredet wird und halte die wichtigen Schritte fest. Das geschieht nach bestimmten Vorschriften oder gegebenenfalls auch den Wünschen von Vorgesetzten. Der eine mag einen Satz auf eine bestimmte Weise formuliert haben, der andere möchte eine völlig andere Variante. Wir merken uns, was wir können. Wenn etwas vergessen wird, weise ich darauf hin, bevor es zu spät ist. Richter und Anwälte können auch nicht ständig alles im Blick haben. Als Gegenleistung verzeiht man mir hoffentlich meine Tippfehler, denn für die eigenen Unzulänglichkeiten wird man mit fortschreitender Zeit immer blinder. Das geht auch meinen Kollegen so, wie ich höre. Es ist ein Geben und Nehmen und ich habe das Gefühl, in meiner Arbeit wertgeschätzt zu werden.

Allerdings handelt es sich um einen Beruf, für den es keine große Vorbildung brauchte. Nicht mehr heute. Früher mag das anders gewesen sein. Man hat mich auf meinen Stuhl gesetzt, mir ein paar Wochen zur Einarbeitung gegeben - und seitdem mache ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen. Für viele Blinde, die nicht das Glück haben, jemals eine Universität zu betreten, wäre das also ein Glücksgriff.

Für mich war es damals ein Notnagel.

Ursprünglich war ich die ersten Jahre meiner Schulzeit an einer speziellen Schule für Blinde und Sehbehinderte. Nach dem 7. Schuljahr habe ich auf eine staatliche Realschule gewechselt, danach dann an ein Gymnasium und landete schlussendlich an der Universität und widmete mich dort dem Studium der Psychologie, später der englischen Literaturwissenschaft. Ich habe immer schlecht gesehen. So schlecht, dass ich juristisch als blind geführt werde.

Dann wurden die Augen noch schlechter und ich musste das Studium ganz abbrechen. Elektronische Bücher gab es zu diesem Zeitpunkt nur sehr vereinzelt, von Sekundärliteratur ganz zu schweigen. Mit aufgesprochenen Hörbüchern wäre das so nicht zu leisten gewesen, zumindest nicht für mich. Also musste ich mir überlegen, was ich nun mit einem halben Psychologie- und einem halben Englischstudium so anstellen könnte.

Die Rettung lag in dem Beruf des Dolmetschers. Idealerweise beherrscht er nicht nur eine oder mehrere Fremdsprachen fließend, sondern ist auch gut im Umgang mit Fremden, behandelt jeden Kunden gleich und hat weit gefächerte Interessen. Man weiß schließlich nie, was der nächste Auftrag bringt. Mit dem Dolmetschen einher geht in fast allen Fällen auch die Befähigung, Übersetzungen anzufertigen. Um dies auch auf offizieller Ebene, also mit Beglaubigung, tun zu können, muss man an einem Gericht eine entsprechende Befähigung nachweisen: In Deutschland ist das ein Abschluss als staatlich geprüfter Dolmetscher und Übersetzer, alternativ natürlich auch ein entsprechendes Hochschulstudium. Da ich auf Ebene 2 nun also gescheitert war, entschied ich mich für Variante 1, ergo eine Berufsausbildung.

In meinem Fall meinte das also Unterricht an einer sogenannten Fachakademie. Mit anderen Worten: Man drückt drei Jahre die Schulbank und legt am Ende entsprechende Prüfungen ab. Frontalunterricht, wie man ihn schon zuvor aus der Schule gewohnt ist. Die für Blinde schwierige Recherchearbeit bleibt einem so erspart. Das fiel zumindest mir mit meiner jetzt noch eingeschränkteren Sicht wesentlich leichter als das freie, ressourcenlose Arbeiten an der Universität. Es hätte sicherlich Wege gegeben, z. B. das Studium in Marburg. Allerdings war es mir schon immer wichtig, in der "normalen" Welt zurechtzukommen - mit so wenigen Hilfsmitteln wie möglich. Sowohl Studium als auch Ausbildung in diese Richtung bringen einem den Unterschied zwischen einem Übersetzer und einem Dolmetscher bei, der den meisten Menschen vorher gar nicht klar ist oder auffällt: Ein Übersetzer hat einen Text vor sich liegen, den er innerhalb eines gewissen Zeitraumes in die andere Sprache übertragen soll. Er hat Wörterbücher, Fachbücher, Diskussionsforen und andere Kollegen, auf die er zurückgreifen kann. Er hat vor allem eines: Zeit, darüber nachzudenken, wie genau er einen Satz formulieren möchte und welches Wort er für bestimmte Begriffe zu verwenden gedenkt. Diese Zeit und ein immer wieder nachlesbarer Text ist genau das, was der Dolmetscher nicht hat. Er überträgt den Text meist schon, während er noch von einem Gesprächspartner gesprochen wird, muss innerhalb kürzester Zeit einen Satz konstruieren, der sich halbwegs korrekt anhört und kann nur auf den Wortschatz zurückgreifen, den er bereits in seinem Kopf hat. Wenn er ein Wort nicht kennt, hat er keine Wahl als den Begriff möglichst treffend zu umschreiben. Dolmetschen ist daher ungleich schwieriger als eine Übersetzung. So empfinden das jedenfalls die meisten. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass es zwar so genau wie möglich sein soll, einer Übersetzung in Sachen Präzision aber nur nachstehen kann.

Als Dolmetscher kommt einem die Blindheit an vielen Stellen allerdings eher zugute, als dass sie hinderlich wäre. Das klingt für viele Menschen erst mal überraschend. Der Grund dafür ist aber vergleichsweise einfach: Menschen achten viel und gerne darauf, wie sich ihr Gegenüber kleidet, was der derzeitige Gesichtsausdruck ist, wo diese Person hinsieht, ob der Schmuck zum Outfit passt. Alles Punkte, die für den Transfer von Information von einer Sprache in eine andere ziemlich irrelevant sind. Sicher sind das in sozialen Situationen nützliche Informationen. Der Dolmetscher allerdings soll das gesprochene Wort übertragen, nichts sonst. Diese Eindrücke werden von anderen Menschen natürlich trotzdem gesammelt, weil es längst in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dessen ungeachtet handelt es sich hierbei um Ablenkungen, denen ein Blinder oder Sehbehinderter Mensch so nicht zum Opfer fallen kann. Wenn wir also nicht gerade bei offenem Fenster neben der örtlichen Hauptstraße arbeiten, fällt es uns viel leichter, uns nicht ablenken zu lassen und uns auf den Inhalt der Worte zu konzentrieren, uns auch schwierige Phrasen leichter zu merken und einen ungebräuchlichen Namen oder ein Fachwort besser zu verstehen. Noch dazu sind wir es gewohnt, gut zuzuhören - wir können ja eben auch nur das. Wir sind auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, genau das zu tun. Und eben dieses Zuhören kommt einem in diesem Beruf sehr zugute. Außerdem müssen wir uns so oder so viele Dinge merken: Wo stehen die Tassen normalerweise, wie weit ist die nächste Tür von meinem Schreibtisch weg und in welcher Richtung liegt sie - und wo hat der kleine Sofatisch noch gleich seine Kanten? Eine erhöhte Merkleistung erleichtert uns das Leben in der eigenen Wohnung und ermöglicht es uns überhaupt, dass wir in freier Wildbahn von A nach B finden. Wenn es sein muss, eben auch einmal ohne Begleitung.

Es gibt aber natürlich auch Hürden. Einerseits kommt es auch beim Dolmetschen vor, dass jemand einen geschriebenen Text "mal eben" aus dem Stegreif gedolmetscht haben möchte. Um eine Übersetzung handelt es sich hierbei natürlich nicht, denn am Ende kann der Dolmetscher in einem solchen Moment ja nur mündlich wiedergeben, was auf dem Blatt steht. Eine schriftliche Übertragung liegt dann ja nach wie vor nicht vor. Schriftlicher Text - das ist doch ein Problem für den Blinden? Nicht zwingend. Dankenswerterweise sind die meisten Kunden ausreichend entgegenkommend und lesen den Text in solchen Fällen gerne auch vor. Gerade bei Gericht werden wichtige Dokumente so oder so zumeist verlesen; der blinde Dolmetscher kann ergo wieder einfach das gesprochene Wort übersetzen. Andererseits ist da aber die Mobilität. Für meinen Hauptberuf muss ich das Gebäude nicht verlassen, da sich alles genau dort abspielt und mein Job vorbei ist, wenn die Bürotür am Abend hinter mir zugeht. Nebenberuflich kann es aber schon mal vorkommen, dass man die gewohnten Wege verlassen muss: Manchmal gibt es Aufträge, die nicht in direkter Nähe eines Bahnhofs stattfinden - zum Beispiel in Firmengebäuden, Standesämtern, anderen Gerichten. Und selbst wenn sie bahnhofsnah sein sollten, geht für die Reise mit dem öffentlichen Nahverkehr viel Zeit ungenutzt verloren. Zwar bin zumindest ich bisher überall irgendwie angekommen, jedoch darf man diese Sache keineswegs unterschätzen. Zweifelsfrei handelt es sich hier um einen der Hauptgründe, der einen potenziellen Arbeitgeber in diesem Berufsfeld abschrecken könnte, einen blinden Dolmetscher für einen Auftrag anzuheuern oder ihm gar eine dauerhafte Anstellung zu geben.

Was die Grundkenntnisse angeht, unterscheidet sich die Arbeit des Übersetzens nicht wesentlich von der des Dolmetschens. Die moderne Technik ermöglicht hier viel, was vor beispielsweise zehn Jahren noch undenkbar gewesen wäre: Moderne Software ermöglicht es, Texte einzuscannen, mittels Texterkennung auch für einen Blinden lesbar zu machen und sie dann weiterzuverarbeiten. Ob man hier nun die Braille-Zeile oder Text-zu-Sprache-Lösungen bevorzugt, ist wahrscheinlich eine reine Präferenzfrage. Dank der Technik ist es aber nicht nur möglich, sondern wir haben inzwischen auch den Luxus, diese Wahl überhaupt zu treffen. Wörterbücher und den Duden gibt es mittlerweile sowohl online als auch in anderer Softwareform - und mittels Tastenkombinationen müssen wir auch nicht mehr vor spezieller Software zurückschrecken, die mit sogenannten Translation Memories arbeitet; also ein System, das sich einen Satz in Ausgangs- und Zielsprache merkt, einander zuordnet und bei Bedarf wiedererkennt und auf Ähnlichkeit zu anderen Satzpaaren überprüft. Sofern der Blinde also keine Angst vor moderner Technik hat, kann man diese Arbeit sehr gut leisten.

Natürlich gibt es aber auch hier Einschränkungen. Nicht jeder Text liegt elektronisch vor oder kann auf diese Weise erfasst werden. Spätestens wenn elaborierte Grafiken - wie zum Beispiel in einer Powerpoint-Präsentation - eingebaut sind, stößt man an seine Grenzen. Aber auch Handschriften und Stempel können ein Problem sein. In solchen Fällen kann man nur mit Ehrlichkeit arbeiten und muss entweder versuchen, eine Lösung zu erarbeiten, oder einen Auftrag ablehnen. Das ist zwar bedauerlich, aber wenigstens integer. Integrität wiederum hat bisher noch keinem Berufsbild geschadet.

Ich selbst arbeite derzeit nicht mit Brailleschrift, weil es im Moment noch nicht nötig ist. Für den Augenblick genügen mir Rechner mit ausreichend großem Monitor, ein Arm, an dem eben jener Bildschirm befestigt ist, und Vergrößerungssoftware. Sehr bewusst habe ich mich dazu entschieden, möglichst wenige Sonderhilfsmittel für meine Arbeit zu verwenden und mich gleichzeitig auf viel gängige Technik eingelassen. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass die Forschung und Innovationen auf diesem Gebiet das Leben für Menschen mit Behinderung nicht nur bestreitbarer, sondern auch lebensnäher und mit der restlichen Gesellschaft verbundener zum Positiven beeinflussen kann. Allerdings liefern sie nur ein Werkzeug, mit dem wir bewusst und verantwortungsvoll umgehen müssen. Wenn wir das tun, erhalten wir umso mehr Freiheiten und eine Form der Gleichstellung, die nicht nur auf einem Gesetzestext beruht, sondern auch de facto in Leistung gemessen werden kann und darf.

Zum Autor

Bernd Sanders arbeitet seit 2013 als Angestellter an einem Gericht. Außerdem ist er nebenberuflich als staatlich geprüfter Dolmetscher und Übersetzer tätig.

Foto: Wörterbuch. Foto: Pixabay. (Foto eines Englisch-Französischen Wörterbuchs mit Scharfstellung auf das Wort "focus".)

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Sebastian Decker

Nachrichten auf den Punkt gebracht - Mein Alltag in der Nachrichtenredaktion eines Lokalradios im Sauerland und der Weg dorthin

Wie alles begann

Ich weiß noch ziemlich genau, wie die Freundschaft zwischen mir und dem Medium Radio begann. Alles fing in den späten achtziger Jahren in der Küche meiner Eltern in Brilon im Sauerland an. Da stand das Radio, aus dem die Musiktitel kamen, die ich alle schon kannte und die ich mit meinen frühkindlichen Englischkenntnissen auch schon interpretieren konnte. Vor allem die Familie hat das sicher sehr gefreut. An dem Radio gab es einen Drehknopf zur Senderwahl. Als ich den gefunden hatte, war alles zu spät. Da gab es so viele Sender, Moderatoren und Sportreporter zu entdecken. Ich dachte so bei mir: "Das willst Du auch mal machen." Aber wie sollte ich vorgehen?

Erste kleine Schritte in der Schulzeit

In meiner Schulzeit habe ich mich zunächst erst mal aufs reine Radiohören beschränkt. Im 10. Schuljahr war es aber dann so weit. Ich war damals Schüler der blista und dort erfuhr ich, dass das freie Radio in Marburg (Radio Unerhört Marburg) Radioworkshops für Blinde und Sehbehinderte anbot. Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme und konnte sogar meine erste halbstündige Sendung moderieren. Das war ziemlich holprig, aber es hat großen Spaß gemacht. Das Abi rückte näher und dadurch auch die Frage, was das Kind von damals, das sich so fürs Radio begeistern konnte, in Zukunft machen will? Studieren kam für mich erst mal nicht in Frage, weil ich vom Zuhören und Lernen erst mal genug hatte. Also bewarb ich mich bei verschiedenen Sendern um Praktika. Zunächst blitzte ich bei vielen Stationen ab, weil sich niemand vorstellen konnte, wie ich denn arbeiten kann und ob ich nicht im schlimmsten Fall die ganze Redaktion in Schutt und Asche lege, wenn ich überall gegenlaufe. Da halfen auch geduldige Erklärungen nicht weiter. Es klappte dann schließlich bei Radio Sauerland in Meschede. Es ging also zunächst erst mal wieder in die Heimat zurück.

Der begeisterte Praktikant

Das Praktikum lief sehr gut. Der damalige Chefredakteur und die Kollegen waren sehr aufgeschlossen und hilfsbereit und haben mir einiges gezeigt. Ich hatte das übliche Praktikantenprogramm vor mir, das die sehenden Kollegen auch durchliefen. Dazu gehörten zum Beispiel Straßenumfragen, die ich gemeinsam mit einem Mitpraktikanten durchführte. Er begleitete mich, weil mir die Stadt fremd war. Schnell merkte ich, dass diese Aufgaben große Anforderungen an die Mobilität stellen und ohne Assistenz nur schwer zu bewältigen sind. Ich wurde aber auch zu Pressekonferenzen und zu Gerichtsverhandlungen mitgenommen. Dort konnte ich mich auch als Interviewer ausprobieren. Ich habe in diesem Praktikum gelernt, dass die redaktionelle Arbeit anders läuft als ich sie mir früher vorgestellt habe. Die Freundschaft zum Radio aus der Kindheit hat das aber nicht geschmälert. Die Kollegen rieten mir auch zu einem Studium. Die Zahl der Bewerber in Medienberufen würde in den nächsten Jahren stark ansteigen. Da wäre ein abgeschlossenes Studium auf jeden Fall eine bessere Eintrittskarte. Das sah ich ein und so entschied ich mich nach einigem Hin und Her für ein Studium der Kulturwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg.

Die spannende Studentenzeit

Mein Studienfach hatte ich mir ganz bewusst ausgesucht. Ich wollte ein Fach studieren, das eine gewisse Nähe zum Alltag mit sich bringt. In diesem Fach geht es um die Erforschung der Alltagskultur. So werden zum Beispiel regionale Feste und Bräuche genauso untersucht wie die Bedeutung der Religion im Alltag. Auch die Museumsarbeit und die Konzeption von Ausstellungen sind ein wichtiger Bestandteil. So konnte ich bei einer Ausstellung zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm in Marburg mitarbeiten. Im Rahmen der Vernissage bekam ich die Möglichkeit, bei der Moderation auf der Bühne mitzumachen, was wieder eine interessante Erfahrung war. Auch die Mediennutzung im Alltag kann im Fach eine große Rolle spielen. Dieses Thema bot sich für meine Magisterarbeit geradezu an. In einer qualitativen Erhebung habe ich zwei lokale Radiosender miteinander verglichen. Dabei habe ich untersucht, mit welchen Themen die Lokalradios im Alltag der Hörer präsent sein wollten. Ein Sender hatte seinen Sitz im ländlichen Raum und der andere im Ballungsraum Rheinland. Es war interessant herauszufinden, dass vor allem das ländliche Lokalradio wichtige Themen des Alltags der Hörer aufgriff. Dazu gehörte zum Beispiel der lokale Breitensport. Das großstädtische Radio dagegen wollte sich überregional aufstellen und nicht als "Kaninchenzüchter-Radio" wahrgenommen werden. Diese Erkenntnisse sind jetzt wahrscheinlich schon wieder überholt. Auch während des Studiums war ich für verschiedene Radioprojekte im Einsatz. In den Semesterferien habe ich regelmäßig bei Radio Sauerland gearbeitet. Außerdem war ich für Radio unerhört Marburg und die Internetradios Ohrfunk.de und Slangradio.de im Einsatz. Auch außerhalb des Radios kann man mich hören. Seit Mai 2009 spreche ich die Ansagen in den Marburger Bussen. In diesem Job ist es wichtig, dass man am Ball bleibt. Jede Erfahrung mehr ist Gold wert.

Als Freiberufler in der Nachrichtenredaktion

Die Überschrift verrät schon, wie es bei mir nach dem Studium weitergegangen ist. Nach ein Paar Praktika und Hospitanzen verschlug es mich wieder zurück zu Radio Sauerland. Der Sender ist in NRW im Hochsauerlandkreis und natürlich auch im Internet zu hören. Dort bin ich zurzeit regelmäßig in der Nachrichtenredaktion aktiv. Ich recherchiere Themen, schreibe Meldungen, die ich schließlich auch auf dem Sender präsentiere. So bin ich auch häufig im Programm zu hören. Die Nachrichten im Sauerland sind sehr vielfältig. Es gibt natürlich Themen, die in jedem Jahr ihren festen Platz haben. In jedem Frühjahr eröffnen die Freibäder und im Winter die Weihnachtsmärkte. Es gibt aber auch Tage, an denen alles drunter und drüber geht. An einem Tag ist zum Beispiel in einem Ort im Sendegebiet eine merkwürdige Wolke am Himmel zu sehen gewesen. Hörer hatten uns auf die Wolke aufmerksam gemacht. Schnell hatten wir herausgefunden, dass es einen Arbeitsunfall in einem Chemieunternehmen gegeben hatte. Von diesem Moment an begannen alle verfügbaren Drähte zu glühen. Hörer riefen an und fragten nach dem neuesten Stand und ob die Wolke vielleicht giftig ist? Die sozialen Medien quollen über von echten und falschen News und auch die Einsätze von Polizei und Feuerwehr mussten regelmäßig für das Programm und die Nachrichten auf dem neuesten Stand gehalten werden. An so einem Tag zahlt sich gute Teamarbeit aus. Am Abend wussten wir alle, dass ein langer Tag hinter uns lag. Wir konnten auch rechtzeitig Entwarnung geben. Die Wolke war nicht giftig gewesen. In den meisten Fällen ist es aber nicht ganz so stressig. Oft gibt es Meldungen zu interessanten Gerichtsprozessen oder zu verschiedenen kulturellen Highlights in der Region. Nachrichten über einen Kaninchenzüchterverein habe ich bis jetzt aber noch nicht geschrieben. Das Vorurteil ist damit widerlegt.

Fazit

Das Radio und ich sind immer noch gute Freunde. Durch die Arbeit hinter den Kulissen hat sich die Perspektive aus der Kindheit natürlich selbst entzaubert. Die Branche befindet sich im Wandel. Aktivitäten im Social-Media-Bereich werden immer wichtiger. Viele Sendestudios sind auch heute noch nicht barrierefrei bedienbar. Das ist auch bei mir der Fall. Ich kann nicht alles selbstständig erledigen. Deshalb plane ich, mich im Bereich des professionellen Sprechens und Textens weiterzubilden, um meine Stimme für Werbespots oder auch Image- und Industriefilme verkaufen zu können. Außerdem kann man in einem eigenen Studio Sendungen komplett produzieren und verkaufen. Man wird sehen, wo die Reise hingeht. Eine Sache aus den Anfangsjahren in der Kindheit hat aber bis heute Bestand. Das alte Küchenradio, mit dem alles begann, funktioniert immer noch.

Zum Autor

Sebastian Decker studierte Kulturwissenschaften, Medienwissenschaften und Musikwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg und ist seit 2013 bei Radio Sauerland tätig. Außerdem ist er in Marburg als "Busstimme" bekannt - er sprach die Ansagen für den örtlichen Nahverkehr auf.

Autorenfoto: Sebastian Decker. Foto: privat. (Sebastian Decker steht vor einer weißen Wand und lächelt. Er hat kurze, dunkle Haare und hat die Augen geschlossen. Er trägt einen schwarzen Anzug und eine schwarze Krawatte mit weißen Punkten.)

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Anja Geißler

Stenografieren mit acht Punkten trotz moderner Medien...

Ein Bericht über den beruflichen Alltag eines Parlamentsstenografen

Ich arbeite im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz als Stenografin im Sitzungsdokumentarischen Dienst. Wenn ich mich mit anderen Menschen über meinen Beruf unterhalte, werde ich oft verwundert gefragt: Braucht man die Stenografie überhaupt noch? Gibt es überhaupt noch Stenografen? Mit dem folgenden Bericht über meinen beruflichen Alltag möchte ich belegen, dass die Stenografie auch in der heutigen Zeit trotz Computer und digitaler Aufzeichnungsgeräte noch einen großen Sinn hat. Ich möchte vorab kurz auf meine schulische Laufbahn eingehen. Von 1976 bis 1984 habe ich an der Schloss-Schule in Ilvesheim die Grund- und Hauptschule absolviert. Danach besuchte ich die Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg, wo ich 1991 das Abitur machte.

Da ich schon während der Schulzeit ein großes Interesse an Fremdsprachen und am Umgang mit der deutschen Sprache hatte, habe ich eine Berufsausbildung zur Fremdsprachensekretärin in Mannheim absolviert. Schwerpunkt bildete die Bürokommunikation in den Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch. Dort erlangte ich neben Fertigkeiten in der Protokollführung auch gute Kenntnisse in der Stenografie in Deutsch, aber auch in Englisch und Französisch. Nach Abschluss der Ausbildung im April 1994 bewarb ich mich auf eine Zeitungsannonce in der RHEINPFALZ beim Landtag Rheinland-Pfalz in Mainz um eine Stelle als Parlamentsstenografin, und im Mai 1994 begann ich dort meine Tätigkeit im Bereich der Ausschussprotokollierung.

Da meine Kollegen zuvor noch keine Erfahrung mit dem Umgang mit blinden Menschen gesammelt hatten, bestand für mich die besondere Herausforderung, Vorurteile und Ressentiments abzubauen, der ich mich sehr gern gestellt habe. Als besonders wertvoll sehe ich es dabei bis heute an, Probleme offen anzusprechen und gemeinsam mit den Kollegen nach Lösungen zu suchen. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass mein damaliger Vorgesetzter erhebliche Bedenken und Befürchtungen hatte, eine blinde Mitarbeiterin zu beschäftigen, die er auch sehr deutlich zum Ausdruck brachte. Allerdings muss man dabei ganz klar auch den zeitlichen Kontext berücksichtigen. Meine Einstellung erfolgte 1995, und zu dieser Zeit - man kann es sich heute kaum vorstellen - arbeiteten meine Kollegen weitestgehend noch ohne einen PC. Mein Arbeitsplatz dagegen war schon damals bestückt mit sehr viel Technik, von der insbesondere mein Vorgesetzter überhaupt noch nie etwas gehört hatte. Als besondere Wertschätzung habe ich es daher empfunden, als mir dieser Kollege schon lange, nachdem er bereits im Ruhestand war, einmal sagte, dass ich seine Vorurteile und sein Bild von blinden Menschen generell um 100 % gewandelt hatte.

Der Beruf eines Stenografen im parlamentarischen Bereich ist sehr vielschichtig. Erforderlich ist ein Interesse am allgemeinen politischen Geschehen, an landespolitischen Themen sowie eine schnelle Auffassungsgabe. Alle politischen Debatten werden schriftlich erfasst. Das Mittel der Wahl ist daher die Stenografie, auf deren Systematik ich an dieser Stelle kurz eingehen möchte. Meine Kollegen stenografieren mit einem Kugelschreiber oder Bleistift auf einem Block mit Linien. Man unterscheidet zwischen der Verkehrsschrift, der Eilschrift und der Redeschrift. Während meiner Ausbildung wurde die Eilschrift unterrichtet, die damals im Sekretariat noch eingesetzt wurde. Für die Redeschrift gibt es keine spezifische Ausbildung; sie wird in Stenografenvereinen unterrichtet oder im Laufe der Berufstätigkeit erlernt. Als ich 1994 zusammen mit einer anderen Kollegin neu eingestellt wurde, haben uns die anderen Stenografen mit ihrer Erfahrung und Hilfe sehr unterstützt. Ich selbst arbeite mit der Blindenschrift, die ich auf einem elektronischen Notizgerät mit acht Tasten erzeuge. In der Stenografie für Blinde unterscheidet man die Systematik der 6-Punkte- und der 8-Punkte-Stenografie. In der Blindenschrift werden die Buchstaben durch erhabene Punkte dargestellt. Jeder Buchstabe wird dabei entweder durch einen Punkt oder aber durch eine Kombination mehrerer Punkte gebildet. In der Systematik der Stenografie für Blinde werden Wörter entweder durch einen oder mehrere Buchstaben abgekürzt, und ganze Redewendungen werden durch wenige Buchstaben dargestellt. Am Anfang habe ich nur mit sechs Punkten gearbeitet; allerdings haben sich die Kürzungsmöglichkeiten für meinen beruflichen Alltag irgendwann nicht mehr als ausreichend erwiesen. Ich habe mich daher mit der erweiterten Systematik beschäftigt, da man mit acht Punkten noch mehr Zeichen und Kürzungen erzeugen kann.

Aufgabe des Parlamentsstenografen ist es, objektive, sachlich richtige und sprachlich einwandfreie Berichte über die Verhandlungen in den Plenar- und Ausschusssitzungen des Parlaments zu erstellen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Fähigkeit der Protokollierung, das bedeutet, komplizierte politische Sachverhalte verständlich wiederzugeben und bei Gesetzesberatungen die wesentlichen Diskussionsbeiträge zusammenzufassen. Erforderlich ist dabei die Entscheidung, auch einmal Dinge wegzulassen, die schon mehrfach wiederholt wurden oder die für den Diskussionsverlauf unerheblich sind. Ein gutes Protokoll zeichnet sich dadurch aus, dass man immer den roten Faden erkennt und sich schnell über eine Debatte informieren kann. Bei Expertenanhörungen kommt es darauf an, die mündlich vorgetragenen Äußerungen in vollem Wortlaut wiederzugeben, sie aber in eine sachlich korrekte, druckfähige Form zu bringen, ohne den Stil des Redners zu verfälschen oder den Sinn des Gesagten zu verändern.

Über die Ausschussberatungen werden grundsätzlich analytische Protokolle gefertigt, die den wesentlichen Inhalt der Verhandlung wiedergeben sollen. Wörtlich protokolliert werden Anhörungen sowie Plenarsitzungen; allerdings werden diese Wortprotokolle redigiert, um eine bessere Lesbarkeit der Inhalte zu gewährleisten. Außerdem sind bei Plenardebatten auch die Zwischenrufe mit zu erfassen. Bei Untersuchungsausschüssen findet eine wortwörtliche Protokollierung statt, das heißt, dass die Sätze kaum oder gar nicht redigiert werden, um eine Zeugenaussage so authentisch und genau wie möglich wiederzugeben. Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, war es für mich am Anfang gar nicht so leicht, die Stimme einem Zwischenrufer richtig zuzuordnen. Der Zwischenruf erfolgt während der eigentlichen Rede, es sind mitunter nur zwei oder drei Worte, man hört manchmal mehrere Zwischenrufer parallel, die man auch erfassen sollte, und in der Hitze der Debatte herrscht zu allem Überfluss neben Applausbekundungen noch ein hoher Geräuschpegel. Ohne ein Stenogramm wäre diese Arbeit nicht oder nur schwer möglich. Mit der Zeit habe ich gelernt, die Stimmen der Abgeordneten immer besser zu unterscheiden, und auch aufgrund des fachpolitischen Themas kann man die Zwischenrufer sehr gut identifizieren.

Die Fachausschüsse tagen in regelmäßigen Abständen alle vier bis sechs Wochen, wobei die einzelnen Ausschusssitzungen je nach der Brisanz eines Themas oder der Tagesordnung mehrere Stunden dauern können. Hinzu kommen die Plenarsitzungen, die einmal monatlich an zwei bis drei Tagen stattfinden. Die Fachausschüsse werden in der Regel von einem Stenografen betreut, während sich die Stenografen bei der Protokollierung der Plenardebatten im 10-Minuten-Turnus abwechseln. Anschließend wird auf der Grundlage des Stenogramms sowie einer digitalen Aufzeichnung die Niederschrift erstellt. Dabei ermöglicht mir die stenografische Rohfassung, ein Protokoll sehr schnell zu erstellen, ohne im Detail auf die digitale Aufzeichnung zurückgreifen zu müssen.

Meine Arbeitsplatzausstattung umfasst einen Computer mit einer Blindenschriftzeile und der Software JAWS mit einer synthetischen Sprachausgabe, einem Scanner und einem Drucker sowie auch eine portable Ausstattung mit einem Laptop und einer portablen Zeile. Die Blindenschriftzeile ist an den Computer angeschlossen. Dadurch ist es einem blinden Computernutzer möglich, sich den Bildschirminhalt einerseits in Blindenschrift anzeigen zu lassen und andererseits auch durch die Screenreader-Software akustisch vorlesen zu lassen. Zum Stenografieren benutze ich ein elektronisches Notizgerät mit einer Blindenschriftzeile und acht Tasten, mit denen ich die einzelnen Buchstaben und Kürzungen erzeuge.

Die Fachausschüsse im parlamentarischen Geschehen befassen sich mit vielfältigen Themen, die auch landespolitisch von Bedeutung sind. So kommt es sehr häufig vor, dass man sich als Protokollführerin in unbekannte Materien einlesen und einarbeiten muss, um die Debatte sinnvoll und nachvollziehbar im Protokoll wiedergeben zu können. Dazu sind auch Recherchen nach unbekannten Begriffen übliche Praxis, die sich glücklicherweise durch das Internet heutzutage sehr viel leichter durchführen lassen, als dies noch zu Beginn meiner Berufstätigkeit der Fall war.

Leider ist aktuell die Stenografie nicht mehr Bestandteil des Curriculums an den Schulen. Auch der Beruf des Parlamentsstenografen ist einem digitalen Wandel unterworfen. Heutzutage wird es immer schwieriger, auf dem Stellenmarkt Bewerber zu finden, die über stenografische Kenntnisse verfügen. In den Parlamenten werden daher verstärkt sog. Sitzungsdokumentare eingestellt, die die Protokollierung der Sitzungen am Computer und mit Hilfe einer Tondatei erledigen. Auch im rheinland-pfälzischen Landtag sind zwischenzeitlich zwei Sitzungsdokumentare tätig, die eine sehr wertvolle Arbeit leisten.

Vielfach wird auch über die Frage diskutiert, ob es noch zeitgemäß sei, mit der Blindenschrift zu arbeiten. Ich möchte an dieser Stelle ein klares Plädoyer sowohl für die Stenografie als auch für die Blindenschrift abgeben. Während eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre, das ich berufsbegleitend an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in Mainz absolvieren durfte, habe ich es als einen großen Vorteil empfunden, mir stenografische Mitschriften über die Vorlesungen anfertigen zu können. Außerdem arbeite ich tagtäglich mit der Blindenschrift, um mir aktuelle Informationen auf Internetseiten und auf Webseiten von Zeitungen zugänglich zu machen und auch die Protokolle zu korrigieren und zu bearbeiten.

Wenn sich auch die Tätigkeitsmerkmale des Parlamentsstenografen in Zeiten zunehmender Digitalisierung verändern werden, bin ich doch fest davon überzeugt, dass auch in der Zukunft die Protokollierung von Parlamentarischen Sitzungen nicht auf elektronischem Wege durch eine Spracherkennung gewährleistet werden kann.

Zur Autorin

Anja Geißler ist ausgebildete Fremdsprachensekretärin und arbeitet seit 1994 als Stenografin im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz.

Foto 1: Anja Geißler bei der Arbeit. Foto: privat. (Anja Geißler hört konzentriert im Landtag Rheinland-Pfalz zu. Sie trägt kurze blonde Haare und ein dunkles Jackett. Ihre Hände ruhen auf einer Braillezeile.)

Autorenfoto: Anja Geißler. Foto: privat. (Während Anja im Landtag Rheinland-Pfalz stenografiert, lauscht sie konzentriert. Sie trägt ein dunkles Jackett.)

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Wencke Gemril

Kinder und Beruf, eine Bilderbuchkombination

Schon in der Grundschule habe ich beschlossen, dass ich später mit Texten arbeiten und am liebsten auch selbst schreiben möchte, doch mein Vater machte mir klar, dass es als Autorin sicher schwierig werden würde, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er sagte, ich solle mir erst mal einen "Brotberuf" suchen. Also wollte ich Staatsanwältin werden und habe mich deshalb für das Gymnasium in Marburg entschieden. Als ich mich dann 2009 auf's Abi vorbereitete, hatte ich mich schon von dem Gedanken an ein Jurastudium verabschiedet und überlegte, wie ich meinem ursprünglichen Traumberuf vielleicht doch noch näher kommen könnte. Also studierte ich B.A. deutsche Sprache und Literatur (Germanistik) an der Marburger Philipps-Universität, absolvierte im Rahmen meines Studiums ein sechswöchiges Praktikum in der Braille-Druckerei der blista und seit September 2016 arbeite ich hier als Textbearbeiterin und Korrektorin.

Besonders gefällt mir hier, dass mein Arbeitsalltag so abwechslungsreich ist. Wir übertragen Bücher, also beispielsweise Romane, Sachliteratur und auch Schulbücher in Punktschrift. Außerdem erscheinen bei uns verschiedene Zeitschriften in Braille-Schrift. Für den DBSV übertrage ich die "Brücke" in Punktschrift, lese die schweizerische "Tactuel" Korrektur und freue mich, wenn ich auch mal die "unter Uns" oder "das Beste aus Reader's Digest" in die Hand bekomme. Bei den Gesetzen, die von uns für blinde Juristen übertragen werden, bin ich für die Korrekturlesung zuständig. Ich lese Visitenkarten und auch unsere Kalender (Taschenkalender und Terminkalender) Korrektur und habe schon zahlreiche Faltschachteln für die Pharmaindustrie auf ihre Lesbarkeit hin überprüft. Dann gibt es noch die sogenannten Privataufträge: Flyer-Texte, Sicherheitshinweise in verschiedenen Sprachen, Prüfungsaufgaben usw. … Gelegentlich vertrete ich meine Kollegin in der Hörbücherei und erstelle die Punktschrift-Etiketten für die Hörbücher. Es freut mich auch immer besonders, wenn meine Kollegin aus der Abteilung "Taktile Medien" mit Fragen zu mir kommt. Neben Reliefplänen und Schwellpapier-Abbildungen sind manchmal richtige Kunstwerke aus verschiedenen Materialien dabei und wir besprechen dann entweder die Braille-Beschriftung oder die Möglichkeiten der haptischen Umsetzung.

Das Bilderbuchprojekt

Außerdem beschäftige ich mich gern mit meinem "Bilderbuchprojekt". Dies liegt mir besonders am Herzen, weil ich selbst drei Kinder, im Alter von 12, 7 und 5 Jahren, habe. Als bei meinem Erstgeborenen Bilderbücher interessant wurden, kam ich bald zu der Erkenntnis, dass es für blinde Eltern mit sehenden Kindern keine ansprechenden Bilderbücher gab. Reliefbücher wie "die kleine Wolke Clementine" und "Silberfell" waren optisch zu langweilig und der Text für den Anfang zu komplex. Also habe ich begonnen, für uns privat und auch für die Frühförderstelle der blista verschiedenste Bilderbücher zu adaptieren. Nun ist es mir ein Anliegen, blinden Menschen zu ermöglichen, gemeinsam mit sehenden oder sehbehinderten Kindern Bilderbücher anzuschauen. Bilderbücher können für den Spracherwerb sehr sinnvoll eingesetzt werden. Die meisten Kinder haben großes Interesse an bebilderten Geschichten und das gemeinsame Lesen ist sozial äußerst wertvoll und fördert nebenbei auch die kognitive Entwicklung der Kinder. Für mich war es keine Lösung, das Buchanschauen dem Kindergarten oder sehenden Bekannten zu übertragen. Ich wollte selbst vorlesen und mir dieses gemeinsame Erlebnis nicht nehmen lassen. Nun möchte ich es auch anderen ermöglichen, auf adaptierte Bilderbücher zurückgreifen zu können. So habe ich begonnen, für verschiedene Altersstufen geeignete Bücher herauszusuchen, vorzuschlagen und im Rahmen von "Medibus" in der Braille-Druckerei der blista zu adaptieren. Die Ideen dazu haben mir schon meine eigenen Kinder geliefert. Außerdem bin ich in einer WhatsApp-Gruppe für blinde und sehbehinderte Eltern. Dieser Elterngruppe verdanke ich wertvolle Buchtipps und dort kann ich direkt mit den Eltern besprechen, welche Bücher wie adaptiert werden. Wichtig ist mir auch bei diesen Bilderbüchern, dass es Bildbeschreibungen gibt. Natürlich können wir nicht alle Details der Bilder ausführlich beschreiben, doch es ist mir wichtig, dass die blinden Vorleser auch eine Idee davon haben, was auf den Bildern zu sehen ist, um so auch die Bilder einbeziehen zu können.

Vereinbarkeit wird großgeschrieben

Ich kann meinen Vollzeitjob, dank verschiedener Aspekte, gut mit meiner Familie vereinbaren. Durch die Gleitzeit bin ich morgens und nachmittags nicht an bestimmte Uhrzeiten gebunden. Ich kann Urlaubstage auch kurzfristig beantragen und meine kinderlosen Kollegen kommen mir bei der Urlaubsplanung entgegen. Mein ebenfalls blinder Mann arbeitet überwiegend von zu Hause aus und hat sich schon während der Oberstufe und dem Studium mehr um die Kinderbetreuung und den Haushalt gekümmert. Ohne ihn im Hintergrund wäre es sicher schwierig bis unmöglich geworden, Familie, Ausbildung und Beruf so gut miteinander vereinbaren zu können.

Neben meinem Beruf sind mir meine Kinder sehr wichtig und ich habe das Familienleben immer als Bereicherung und Ausgleich empfunden. Ich mag es, mit meinen Kindern möglichst viel Zeit zu verbringen und mit ihnen die Welt neu zu entdecken. Für meinen Job sind sie für mich unverzichtbar. Dadurch, dass ich Kinder habe, bekomme ich direkt mit, was bei ihnen in Kindergarten und Schule an Büchern aktuell und beliebt ist. Sie liefern mir die Buchideen, ich bespreche die Bilderbücher mit ihnen und kann die adaptierten Bücher mit ihnen testen. Durch meine Kinder habe ich schon vor Jahren Kontakt zur Frühförderstelle gehabt und konnte jahrelang ausprobieren, welche Bücher wie adaptiert werden könnten und wo die Grenzen liegen. Außerdem kann es überraschend und hilfreich sein, sich die Bilder aus den Büchern von Kindern beschreiben zu lassen, weil diese einen ganz anderen Blick und andere Prioritäten haben als meine sehenden Kollegen. Sie sind für mein "Bilderbuch-Projekt" eine große Bereicherung und unverzichtbar für mich.

>Nun ist es aber auch nicht so, dass ich meine Kinder nur als ehrenamtliche Helferlein einspanne und sie selbst nichts davon haben. Sie haben Spaß an den Büchern, interessieren sich für die Braille-Schrift und konnten in der Braille-Druckerei auch schon hinter die Kulissen schauen.

Im Sommer 2017 gab es für mich eine Gelegenheit, bei der ich Job und Familie optimal verbinden konnte. Mein Vorgesetzter kam in mein Büro und fragte, ob ich wissen würde, wer "Willi Weitzel" ist und natürlich wusste ich sofort, von wem er sprach. Mit meinen Kindern hatte ich schon verschiedene Folgen von "Willi will's wissen" auf KiKA und DVD oder YouTube angeschaut und zu dieser Zeit liefen bei uns zu Hause auch die entsprechenden Hörspiele zu den Sendungen. Willi Weitzel ist vielen Eltern und Kindern bekannt und sehr beliebt, weil er schwierige Zusammenhänge einfach erklären und auf eine sehr sympathische Weise und ohne erhobenen Zeigefinger Wissen vermitteln kann. Er ist in Marburg geboren und im Umland aufgewachsen. Vom Drogeriemarkt "DM" wurde er zum Marburger Stadtfest eingeladen und sollte sich auf der Bühne mit dem Alltag von blinden Menschen auseinandersetzen. So entstand der Kontakt zur blista und darüber zu mir und meiner Familie. Durch die Kinder hatte ich mit Willi gleich mehrere Anknüpfungspunkte und ich durfte feststellen, dass er auch außerhalb seiner Sendungen äußerst sympathisch ist, und so war es mit ihm eine schöne Zusammenarbeit. Meine Kinder waren völlig aus dem Häuschen, als sie erfuhren, dass wir mit Willi Weitzel zusammentreffen würden. Sie kamen mit auf die Bühne, wurden von ihm vor dem Mikro kurz interviewt und hinter der Bühne mit "Willi Weitzel"-Artikeln wie einem "Willi Weitzel"-Kochbuch, von ihm gelesenen Hörbüchern, einer DVD und natürlich mit Autogrammkarten beschenkt. Seither stehe ich mit ihm im gelegentlichen Kontakt und das ist privat und beruflich bereichernd.

Traumberuf, der doppelt bereichert

Ich schätze an meinem Job sehr, dass ich meine Ideen einbringen kann, dass ich von Kollegen und Vorgesetzten ernst genommen werde, dass ich mir meinen abwechslungsreichen Arbeitsalltag weitestgehend selbst einteilen und Prioritäten setzen kann und vor allem, dass ich aktiv die Braille-Schrift fördern kann. Ich konnte mir meinen Berufstraum erfüllen. Ich habe mit Texten zu tun, kann teilweise selbst auch mal was schreiben, habe Abwechslung und komme mit verschiedenen Abteilungen und Zielgruppen in Kontakt. Ich kann diesen Beruf mit meiner Familie gut vereinbaren und finde, dass sich beides gegenseitig bereichert. Ich habe eine Arbeitsplatzassistentin, mit der ich komplizierte Texte, Visitenkarten und Faltschachteln zusammen lese. Bei den Büchern, die ich selbst lese, bespreche ich mit ihr das Schriftbild, Formatierungen und komplizierte Textstellen. Sie geht mit mir die Bilderbücher durch und entwirft Bildbeschreibungen, die wir dann zusammen überarbeiten. Unterwegs ist sie mir auch eine große Hilfe. Bei der Arbeit am Messestand der "SightCity" oder beim Sommerfest der blista assistiert sie mir und kann den Kontakt zu Vorbeilaufenden herstellen oder Ausschau nach bestimmten Personen halten und mir in fremder Umgebung zu einer stressfreien Orientierung und einem schnellen Überblick verhelfen.

Ich habe hier mit immer neuen Herausforderungen, Projekten und Texten zu tun und freue mich sehr, mit den verschiedensten Menschen in Kontakt zu kommen. Die Braille-Schrift entwickelt sich weiter und die Technik, mit der sie erstellt und mit der die Texte übertragen werden, bietet auch immer wieder neue Tücken und wir arbeiten mit den Programmentwicklern zusammen, um die Punktschriftübertragung zu erleichtern und zu optimieren.

Ich fühle mich in der Braille-Druckerei sehr wohl und bin gespannt auf die Zukunft. Es gibt ständig neues zu lernen, zu entdecken und weiterzuentwickeln und ich bin gespannt, mit welchen Projekten ich es noch zu tun bekommen werde.

Zur Autorin

Wencke Gemril ist vollblinde und dreifache Mutter und studierte B.A. Germanistik an der Marburger Philipps-Universität. Seit September 2016 arbeitet sie als Textbearbeiterin und Korrektorin in der Braille-Druckerei der blista.

Foto 1: Korrekturarbeiten. Foto: Sandra Schildwächter. (Wencke Gemrils Hände auf einem umfangreichen Braille-Ausdruck.)

Foto 2: Ein Bilderfühlbuch. Foto: Sandra Schildwächter. (Wencke Gemril liest ihren Kindern aus einem Bilderfühlbuch vor. Man sieht ihre Hände auf dem aufgeklappten, bunten Buch, auf dem zwei Schmetterlinge zu sehen sind.)

Autorenfoto: Wencke Gemril. Foto: Sandra Schildwächter. (Wencke Gemril in ihrem Büro in der blista. Sie liest einen Braille-Ausdruck. Sie hat kinnlange, blonde Haare und trägt einen roten Cardigan zu einem dunklen, gemusterten Schal.)

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Isabella Brawata nach einem Interview von Ute Mölter

"Ich kann die Pferdeäpfel nicht finden!" - Mit vereinten Kräften zum Traumberuf

Wie ein stark sehbehinderter junger Mann mit Unterstützung vom Reha-Beratungszentrum der blista Stallhelfer wurde

Marco Österlen wandte sich im Januar 2017 an das Reha-Beratungszentrum der blista. Sein Vater hatte darauf gedrungen, dass sein Sohn Verbindung mit der Beratungsstelle der blista aufnehmen solle, weil er sich Sorgen um die berufliche Zukunft seines Kindes machte. Österlen hatte 2008 seinen Hauptschulabschluss gemacht und anschließend, nach einem Berufsvorbereitungsjahr in einem Berufsförderungswerk, 2011 eine Ausbildung zum Gartenbauhelfer abgeschlossen. Leider wurde er vom Ausbildungsbetrieb nicht übernommen. Die folgende Zeit war für Österlen nicht einfach. Aufgrund seiner starken Seheinschränkung, die durch einen Katarakt und eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie verursacht wird, war es für ihn schwierig, eine Arbeitsstelle zu finden. Er absolvierte zahlreiche Praktika, nahm Gelegenheitsjobs an und war immer wieder für längere Zeit arbeitssuchend. Sein Vater hatte die Idee, dass Österlen an einem Büroarbeitsplatz vielleicht besser aufgehoben wäre, weil die Chancen, eine Stelle zu finden, im Bürobereich möglicherweise höher sein könnten als im Garten- und Landschaftsbau. Auch Österlen hatte die Hoffnung mittlerweile aufgegeben, in seinem erlernten Beruf eine Arbeit zu bekommen. Deshalb beschloss er, sich zu informieren, welche Berufsmöglichkeiten es für stark sehbehinderte Menschen gibt. Österlen war mittlerweile so mutlos, dass es ihm gleichgültig war, was er künftig machen würde: Hauptsache Arbeit!

Doch im Rahmen der Berufsorientierung am Reha-Beratungszentrum stellte sich heraus, dass ein Bürojob ganz und gar nicht das Richtige für ihn wäre. Im Rahmen eines Praktikums hatte Österlen die Arbeit als Stallhelfer auf einem Reiterhof kennen gelernt und seine Leidenschaft für diese Tätigkeit und die Pferde entdeckt. Doch er hatte auch festgestellt, dass die Arbeit eines Stallhelfers für einen stark sehbehinderten Menschen mit zahlreichen Hürden verbunden ist. Dennoch entschloss er sich, ermutigt und tatkräftig unterstützt durch Ute Mölter, Leiterin des Reha-Beratungszentrums sowie Beraterin in psychosozialen und beruflichen Fragen, seinen Berufswunsch zu verwirklichen. Österlen nahm an der blista-Projektlinie "Inklusion & Innovation" teil, die entwickelt wurde, um Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung dabei zu unterstützen, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Arbeitsstelle zu finden. Es wurde deutlich, dass die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses von Österlen auf einem Reiterhof wegen der besonderen Herausforderungen aufgrund der Sehbehinderung durch Mölter intensiv begleitet werden musste. Mit Marga Groeninger fand sich die Dritte im Bunde, die zum Erfolg des Vorhabens "Traumberuf ergreifen" entscheidend beigetragen hat. Sie bewirtschaftet das Gestüt Riedmühle und ließ sich von Österlens Sehbehinderung nicht beeindrucken, sondern begegnete dem jungen Mann offen und aufgeschlossen. Dennoch hatte auch Groeninger Bedenken, ob er den Aufgaben auf dem Gestüt gewachsen wäre. Daher einigten sich alle Beteiligten darauf, dass Österlen zunächst ein Praktikum auf dem Gestüt absolvieren sollte. Es diente dazu, zu testen, ob er die anfallende Arbeit mit seiner Sehbehinderung erledigen könne. Groeninger fand Österlen sehr sympathisch, doch vor allem war sie von seinem Engagement beeindruckt. Er hat von Anfang an gut gemistet und gab sich besonders viel Mühe beim Ausmisten der Boxen zweier Pferde, die an einer Stoffwechselerkrankung leiden und daher extrem viel Wasser lassen müssen. Doch davon ließ sich Österlen nicht abschrecken und wechselte unermüdlich das Stroh, damit die Pferde in den Boxen es angenehm trocken hatten. Auch beim Abäppeln der Wiesen strengte er sich sehr an, denn die Entfernung der Pferdehinterlassenschaften ist wichtig, damit sie sich nicht auf der Wiese zersetzen und verhindern, dass im neuen Jahr frisches Gras nachwächst.

Erste Schwierigkeiten und kreative Lösungen

Im Sommer tauchten jedoch die ersten Schwierigkeiten auf. Österlen konnte wegen seiner Sehbeeinträchtigung die Pferdeäpfel im Gras nicht erkennen. Erst behielt er es für sich, dass es Probleme aufgrund seiner Sehbehinderung gibt, doch schließlich überwand er sich und vertraute sich zögernd einer Arbeitskollegin an, die wiederum ihrer Vorgesetzten behutsam von Österlens Schwierigkeiten berichtete.

Daraufhin beschlichen Groeninger Zweifel, ob Österlen als Mensch mit Sehbehinderung für den Beruf Stallhelfer der richtige Mann sei, denn die Wiesen von den Hinterlassenschaften der Pferde zu befreien, ist eine der Hauptaufgaben eines Stallhelfers. Wenn diese aufgrund der Sehbehinderung nicht ausgeübt werden kann, weil die Pferdeäpfel nicht gesehen werden, waren Probleme vorprogrammiert.

Groeninger wurde von Mölter darin bestärkt, die durch Österlens Sehbehinderung entstandenen Probleme am Arbeitsplatz offen anzusprechen und ihre Bedenken ehrlich zum Ausdruck zu bringen; immerhin war der künftige Arbeitsplatz von Österlen in Gefahr. Deshalb gab Mölter den Rat, sich mit allen Beteiligten zusammenzusetzen, um gemeinsam abzuklären, welche Aufgaben Österlen auch mit seiner Seheinschränkung bewältigen könnte und ob man die Arbeit nicht so untereinander aufteilen könnte, dass andere Kollegen die Tätigkeiten, die Österlen wegen seiner Sehprobleme nicht erfüllen kann, übernehmen könnten.

Österlen lag der Erhalt seines Arbeitsplatzes sehr am Herzen. Deshalb machte er sich intensive Gedanken darüber, welche Aufgaben er auf dem Gestüt auch mit einer Sehbehinderung erledigen könnte. Bei diesen Überlegungen kam ihm seine Ausbildung als Gartenbauhelfer zugute und er ergriff die Initiative. Dank seiner Vorbildung gelang es ihm, Vorschläge zu entwickeln, wie er sich auf dem Betrieb nützlich und unentbehrlich machen könnte. Die gemeinsam erarbeiteten Lösungen halfen, auch die letzten Zweifel Groeningers zu zerstreuen. Nun entfernt Österlen Sauerampfer, den die Pferde nicht fressen, schützt die Tiere vor Giftpflanzen wie Efeu und Eibe, beseitigt Brennnesseln, sorgt dafür, dass auf der Galoppstrecke kein Hälmchen Gras wächst, mäht den Rasen und räumt beim alten Mühlrad angeschwemmte Blätter und totes Holz weg. Ihm ist es außerdem gelungen, seine Arbeitgeberin davon zu überzeugen, ihn an ihrer Auffassung nach für sehbehinderte Menschen gefährlichen Maschinen arbeiten zu lassen, indem er einen Austausch zwischen ihr und seinem früheren Ausbildungsbetrieb im Garten- und Landschaftsbau anregte, wo er bereits mit zahlreichen Maschinen und Geräten Erfahrungen gesammelt hatte. Österlen erarbeitet eigenständig für sich Lösungen, um trotz seiner Sehbehinderung Aufgaben bewältigen zu können, für die seine Sehkraft zunächst nicht ausreicht. Er konnte beispielsweise die Beschriftung von Benzinkanistern nicht erkennen. Damit er aber alle Geräte und Maschinen mit dem für sie vorgesehenen Treibstoff betanken kann, klebt Österlen weißes Tesafilm auf die Benzinkanister und beschreibt es mit einem dicken Edding, um den zum Lesen erforderlichen Kontrast zu erzielen.

Wenn seine Vorgesetzte auf Dienstreise ist, ist Österlen "sein eigener Chef". Ihm obliegt dann die Wartung der Gartengeräte und -maschinen sowie die Aufgabe, darauf zu achten, dass regelmäßig anfallende Arbeiten wie Heckenschneiden oder Rasenmähen nicht versäumt werden.

Groeninger informiert neue Kollegen über Österlens Sehbehinderung und fordert alle auf, sich gegenseitig zu unterstützen. Sie findet es wichtig, dass die Kollegen für ihren sehbehinderten Mitarbeiter "mitgucken".

Auch Groeninger macht sich Gedanken, wie sie Österlen verstärkt einsetzen könnte. Da ihre Pferde so wertvoll sind, dass sie alle in einer eigenen Box stehen, sind die Menschen für die Tiere Artgenossenersatz. Die Tiere sind verschmust und müssen auf eine bestimmte Art massiert werden, um sich wohlzufühlen. Diese Massagetechnik möchte Groeninger Österlen beibringen.

Österlen betont, dass er es als Befreiung und Erleichterung erlebt hat, mit seiner Vorgesetzten offen darüber reden zu können, was mit seiner Sehbehinderung geht und was nicht. Er verheimlicht nicht mehr, wenn er einen Auftrag wegen seines geringen Sehvermögens nicht erledigen kann, sondern spricht die Schwierigkeiten an und bemüht sich, gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen, eine Lösung zu finden.

So hat Österlen es geschafft, dass aus seinem Praktikum zunächst eine geringfügige Beschäftigung und schließlich eine sozialpflichtige Anstellung wurde. Eine Biografie, die Mut macht

Die Berufsbiografie von Österlen zeigt, dass auch blinde und sehbehinderte Menschen versuchen sollten, ihren Traumberuf anzustreben, und zwar auch dann, wenn der Berufswunsch außergewöhnlich scheint und man auf den ersten Blick den Eindruck hat, dass der angestrebte Beruf für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung nicht geeignet ist. Wenn das gesamte Team aufgeschlossen und mit Begeisterung bereit ist, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen, kann ein neuer Berufszweig für blinde und sehbehinderte Menschen erschlossen werden.

Hilfreich sind folgende Tipps

Was nicht passt, wird passend gemacht! In vielen Arbeitsbereichen, auch in Berufen, die wie für blinde und sehbehinderte Menschen gemacht zu sein scheinen, kann es einzelne Tätigkeiten oder Aufgabenstellungen geben, die die blinde oder sehbehinderte Person aufgrund ihrer Sehbeeinträchtigung nur schwer oder gar nicht meistern kann. Dann ist Ideenreichtum und Beweglichkeit sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers gefragt. Die blinde oder sehbehinderte Person sollte ihre Fähigkeiten kennen und wenn sie merkt, dass es ihr aufgrund der Sehbeeinträchtigung nicht möglich ist, bestimmte Arbeitsaufträge zu erfüllen, ist es von Vorteil, wenn sie sich Gedanken darüber macht, welche Aufgaben sie stattdessen erledigen könnte und ihre Anregungen dem Team unterbreitet. Dann kann man gemeinsam darüber nachdenken, wie die Arbeit besser und sinnvoller aufgeteilt werden kann. Die blinde oder sehbehinderte Person sollte von sich aus Ideen entwickeln, wie sie so eingesetzt werden kann, dass sie ihre Talente voll ausspielen kann, ohne von ihrer Behinderung gehindert zu werden.

Die Sehbehinderung ist keine Schande! Die Sehbehinderung ist nichts, wofür man sich schämen sollte! Durch die Sehbehinderung entstandene Probleme, die während des Beschäftigungsverhältnisses zutage treten, sollte man offen ansprechen, anstatt zu versuchen, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, die der Sehbehinderung geschuldet sind, zu verbergen. Stellt sich ein blinder oder sehbehinderter Arbeitnehmer den Problemen, die durch sein vermindertes oder nicht vorhandenes Sehvermögen entstehen, wird häufig eine Lösung gefunden und das befürchtete Unglück bleibt aus.

Das Glück ist mit den Tüchtigen. Großes Engagement und hohe Leistungsbereitschaft, aber auch ein freundlicher Umgang werden von den Arbeitgebern häufig sehr geschätzt und belohnt.

Wenn zwei sich streiten, vermittelt der Dritte. Die Beziehung zwischen blinden, sehbehinderten und sehenden Menschen kann voller Missverständnisse sein. Daher können am Arbeitsplatz auf beiden Seiten unerwartete Konflikte entstehen, deren Ursprung darin begründet ist, dass beide Parteien eventuelle Probleme, die im weitesten Sinne mit der Blindheit oder Sehbehinderung im Zusammenhang stehen, nicht zur Sprache bringen. Eine Person, die um die Missverständnisse und Schwierigkeiten weiß, die im Verhältnis von blinden, sehbehinderten und sehenden Menschen eintreten können, beiden Parteien Wertschätzung entgegenbringt und Aufklärungsarbeit leistet, kann dazu beitragen, dass sich kleine Missverständnisse nicht zu großen Konfliktherden auswachsen.

Zur Autorin

Isabella Brawata arbeitet hauptberuflich als Reha-Beraterin an der blista und engagiert sich ehrenamtlich als Blickpunkt-Auge-Beraterin für den BSBH. Die 40-Jährige ist Mitglied der horus-Redaktion.

Foto 1: Marco Österlen und Marga Groeninger. Foto: privat. (Marco Österlen und Marga Groeninger flankieren ein schwarzes Pferd auf der Weide. Österlen trägt einen grünen Pullover und eine grüne Arbeitshose, dazu eine Schirmmütze. Marga Groeninger trägt Reiterstiefel und Jeans zu einer grauen Jacke.)

Foto 2: Marco Österlen bei der Arbeit. Foto: privat. (Marco Österlen bedient eine rote Landwirtschaftsmaschine (Multi-Sauger). Diese steht neben Heuballen. Im Hintergrund eine Schubkarre und ein Traktor.)

Autorenfoto: Isabella Brawata. Foto: privat. (Isabella Brawata lacht. Sie trägt ihre braunen langen Haare als Zopf zurückgekämmt.)

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Dr. Imke Troltenier

Ein besonderer Fotograf

Thomas Schwellenbach ist Jahrgang 1980, gelernter Physiotherapeut und autodidaktischer Fotograf. Da er keine Farben erkennt, hochgradig lichtempfindlich ist, aufgrund von Doppelbildern ohne räumliches Sehen unterwegs ist und über eine stark eingeschränkte Sehkraft verfügt, sei er als Teilnehmer einer beruflichen Qualifizierung im Bereich Fotografie niemals zugelassen worden.

"Wie ich meinen Beruf erlernt habe?" - die Antwort auf die Eingangsfrage unseres Interviews führt Thomas Schwellenbach weit zurück in seine Kindheit: Im Alter von acht Jahren hatte sein Vater als Geschenk für ein Patenkind zum Geburtstag eine einfache "Klick-Kamera" mitgebracht. Als sich herausstellte, dass noch jemand anderes mit dem gleichen Präsent aufwartete, sei seinem Vater ganz spontan eine Idee gekommen und er habe erklärt: "Thomas, die Kamera bekommst Du!" So frech und keck er als kleiner Junge gewesen sei, das habe ihn doch verblüfft. Warum sollte ausgerechnet er in seiner Familie der erste Besitzer einer Kamera werden? Sein Vater, und das sei wohl das Besondere in der Erziehung seiner Eltern gewesen, habe ihm keine Grenzen gesetzt und ihn vielmehr ermutigt, sich auszuprobieren und Neues zu lernen.

Thomas, die Kamera bekommst Du!

"Er hat mir Foto-Aufgaben gestellt und Aufnahmezahlen vorgegeben und ich war begeistert", erzählt Schwellenbach: "Die Linien, die Wirkung, das Ineinanderspielen von Formen und Flächen … - von meinen Aufnahmen war ich allerdings oft begeisterter als die anderen, denen ich meine fotografischen Ergebnisse zeigte." Mit 14 Jahren kam die Gelegenheit, mit einer Spiegelreflexkamera zu arbeiten. Mit 17 Jahren der Rat seines WG-Betreuers an der blista, statt eines "normalen" Farbfilms mal einen Schwarz-Weiß-Film einzulegen. Und plötzlich fanden auch andere seine Fotos gut.

"Ich kann schon immer sehr offen auf Menschen zugehen, aber als ich an der blista in die Theater-AG eingetreten war, hatte ich so etwas wie eine "Initialzündung" und merkte deutlich, dass es nicht nur Gebäude und Landschaften sind, die mich interessieren, sondern auch und besonders Menschen." Es sei der persönliche Ausdruck, die Präsenz von Kunden, die eben nicht ihr künstliches Foto-Standard-Lächeln zeigen, ihre ganz individuelle Ausstrahlung, die er einfangen und wiedergeben wolle. Eine Mitschülerin war bereit, Modell zu stehen, ein Fotolabor am Marktplatz entwickelte noch per Hand - so habe er seine erste Foto-Mappe zusammengestellt.

Als Hobby ambitioniert verfolgt

"Ob er seine Seheinschränkung zum Thema mache?" Ja, das sei ihm wichtig, erklärt der Autodidakt: "Ich hatte in der Jugendzeit einen guten Freund, der mir immer rückmeldete, was bei mir anders ist. Das war natürlich manchmal auch schonungslos." Aber dennoch sei es sein Fazit, proaktiv mit den Einschränkungen umzugehen: "Dann weiß man im positiven wie im negativen Fall, woran man ist."

In Sachen berufliche Ausbildung entschied er sich nach dem Abitur und drei Semestern Psychologie gleichwohl zunächst für den Physiotherapeuten. Die Fotografie wurde als Hobby ambitioniert weiterverfolgt, durch eine digitale Spiegelreflexkamera bereichert und durch kleine Ausstellungen ausgebaut.

Die erste Anstellung als Physiotherapeut fand er in München. Dort ergaben sich neue Kontakte, die auch fotografische Möglichkeiten eröffneten. Im Rahmen von NLP-Seminaren durfte er mit seiner Porträtfotografie als ergänzendem Angebot aufwarten. "Bis dato", erzählt Schwellenbach, " war es mir noch nicht bewusst, dass ich anders fotografiere, dass ich anders an meine Fotomotive herangehe, und dass auch meine Intention eine andere ist. Aber hier passte alles genau. Man kann es als ‚Reframing' bezeichnen. Die Fähigkeit, ein Verhalten oder eine Situation aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, die den Geist beweglich machen. Reframing bedeutet nämlich auch, etwas vermeintlich Negatives in eine Stärke umzuwandeln. Dazu braucht es neue Gedankenwege. Insofern hat der Austausch zwischen den Porträtierten und der Gruppe in den Seminaren gut gepasst und auch mir geholfen, mir meine Art bewusst zu machen", betont Schwellenbach.

Wem das Ergebnis nicht gefällt, der muss nicht zahlen

Damals habe er neben dem Beruf die Fotografie als Gewerbe angemeldet, gut verdient und sehr viele positive Rückmeldungen erhalten. Im Hinblick auf die Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit ist er seither klar: "Wem das Ergebnis meines Foto-Shootings nicht gefällt, der muss auch nicht zahlen." Genutzt hätten das bis heute nur 0,002 Prozent aller Kundinnen und Kunden, und das macht den Selfmade-Mann stolz. "Ich gebe den Menschen den Raum, den sie brauchen, um sich zeigen zu können", berichtet er aus seiner Arbeit.

Körperlich ging es ihm aber in den Folgejahren schlechter, er habe den Beruf des Physiotherapeuten schließlich aufgeben müssen. Nach eingehenden Beratungen erschien eine geförderte Existenzgründung als Fotograf ein machbarer Weg. Dennoch sind die "klassischen" 40-60 Stunden Arbeitspensum eines Existenzgründers für ihn bis heute körperlich nicht realisierbar.

"Ich habe es in den letzten Jahren gelernt zu akzeptieren, dass ich eine Krankheit habe, die körperlich stark einschränkt. Und doch ist es meine Passion, mit Menschen zu arbeiten. Akzeptanz und Gewissheit geben mir Kraft. Mein fotografisches Anliegen ist es, die Menschen wertfrei mit ihrer Ausstrahlung, ihrem Potenzial und ihrer Präsenz zu zeigen", erklärt Schwellenbach. Perfekt ausgetüftelt passt sein mobiles Foto-Studio in Rucksack und Koffer und so war Schwellenbach auf Anfrage in den vergangenen Jahren auch in Österreich, München, Berlin, Frankfurt, Köln und Düsseldorf anzutreffen. Sein nächstes unternehmerisches Ziel sind "Spiegelbild-Seminare", Seminare also, in denen es um die Selbst- und die Fremdwahrnehmung der Teilnehmenden geht, in denen man Porträtfotos erstellt und präsentiert und die jeweils Porträtierten sich mit ihren eigenen Wahrnehmungen und den Wahrnehmungen aus der Gruppe der weiteren Seminarteilnehmenden auseinandersetzen. "Jeder Mensch ist interessant und hat eine Ausstrahlung nach seiner Fasson - solche Seminare sind immer für alle sehr spannend und bereichernd", schmunzelt Schwellenbach.

Allen, die sich für den charismatischen Self-made-Fotografen interessieren, sei das YouTube-Porträt "Out of Focus - ein Leben ohne Schärfe", eine Kurzdokumentation von Jan Herms unter youtu.be empfohlen. Eindrücke seines Schaffens vermittelt die Internetseite www.thomasschwellenbach.de, hier kann man auch die Kontaktdaten finden, um ihn zu buchen.

Zur Autorin

Dr. Imke Troltenier leitet die Öffentlichkeitsarbeit der blista und ist Mitglied der horus-Redaktion.

Foto 1: Portrait von Thomas Schwellenbach in seinem Flyer. Design: www.larissakrause.de (Schwarz-weißes Portrait von Thomas Schwellenbach auf seinem Flyer. Er trägt einen kurzen, dunklen Bart und sieht ernst in die Kamera. Daneben die Aufschrift [S/W].)

Foto 2: Flyer für S/W Fotografie Thomas Schwellenbach. Design: www.larissakrause.de(Ein schwarz-weißer Flyer, auf dem ein steiniges Ufer abgebildet ist. Darauf die Worte Portrait, Landschaft, Architektur. S/W Fotografie Thomas Schwellenbach.)

Autorenfoto: Dr. Imke Troltenier. Foto: blista. (Dr. Troltenier lächelt in die Kamera. Sie lehnt an einer Säule und hat die Arme verschränkt. Sie trägt eine Brille, ein schwarzes Jackett und eine silberne Kette. Ihre blonden, schulterlangen Haare sind offen.)

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Bildung und Wissenschaft

Ursula Weber und Thomas Krämer

Arbeit 4.0 - Vision oder Realität?

Die Digitalisierung schreitet voran und fast alle Arbeitsfelder sind betroffen. Das ist nichts Neues mehr. Doch welche Auswirkungen hat der Wandel auf Arbeitsplätze von blinden und sehbehinderten Beschäftigten? Dieser Frage gehen nur wenige nach.

Deshalb soll hier der Versuch unternommen werden, mögliche Auswirkungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu skizzieren. Einleiten möchten wir mit dem (fiktiven) Dialog eines Beratungsgesprächs zur Arbeitsplatzsicherung und aktualisierter Hilfsmittelausstattung einer Programmiererin an einem modernen Arbeitsplatz, wie es schon in wenigen Jahren geführt werden könnte. Dieses fiktive Gespräch entwickelten die beiden Autoren als Einführung zum Thema "Digitalisierung der Arbeitswelt" beim Verbandstag des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) im Juni 2018. In einem zweiten Teil, der im nächsten Heft erscheinen wird, soll skizziert werden, was visionär ist und was es schon heute gibt.

Ein visionäres Beratungsgespräch

Eine Firma entscheidet sich für die Implementierung einer Matrix-Struktur zur Optimierung ihrer Entwicklungsabteilung. Eine blinde Mitarbeiterin befindet sich aus diesem Grund in einem Gespräch mit einer Hilfsmittelberaterin, welche die Aufgabe hat, die langjährige Mitarbeiterin in die neue Arbeitsumgebung zu begleiten und mit den Segnungen der Hilfsmittelhersteller den Arbeitsplatz zu sichern.

Hilfsmittelberaterin (HB): Herzlich willkommen zu unserem Beratungsgespräch. Wir haben die Technik ihres Arbeitsplatzes schon vor einiger Zeit angepasst. Jetzt haben Sie mir erzählt, es stehen einschneidende Veränderungen bei Ihrem Arbeitgeber an, die in viele Arbeitsabläufe eingreifen. Wie kann ich Sie unterstützen? Anders gefragt: wo gibt es Probleme?

Mitarbeiterin (MA): Sie wissen ja, ich bin Programmiererin und schon lange im Unternehmen. Zur Optimierung unserer Entwicklungsbereiche werden unsere Abteilungen in eine Matrix-Struktur umgewandelt.

HB: Was ist denn eine Matrix-Struktur?

MA: Bisher hatte ich immer meinen Schreibtisch an einem festen Platz in einem festgelegten Bereich. Die formale Struktur, die Zugehörigkeit zu einer Business-Unit soll bleiben. Ich werde aber kein eigenes Büro mehr haben und die räumliche Aufteilung einer Business-Unit fällt ebenfalls weg. Die Arbeit soll jetzt nur noch in Projektgruppen erfolgen. Unser Entwicklungsbereich ist über 30 Etagen in 3 Gebäuden auf einem weitläufigen Gelände verteilt. Ich kann irgendwo dort arbeiten. Ich arbeite dadurch praktisch immer mobil mit kleiner Braillezeile, Notebook und Smartphone oder Tablet.

HB: Und wie kommen Sie in die anderen Gebäude?

MA: Auf dem Gelände gibt es selbstfahrende Shuttle-Cars. Heranwinken kann ich diese durch akustische Ansprache bei gleichzeitigem Blickkontakt. Es wird eine Gesichtserkennung vorgenommen. Mein Ziel, also wo ich hin muss, kann ich auf dem Touchscreen nicht auswählen. Während der Fahrt oder auch wenn der Wagen hält, weiß ich nicht immer, wo ich bin. Bin ich am Ziel, steigt nur jemand zu oder aus? Am Ziel angekommen, ist der Haltepunkt auch nicht immer exakt vor dem Eingang, weil es ja noch andere Fahrzeuge gibt, die dort auch halten können.

HB: Das sieht mir aber lösbar aus. Wir bauen eine Sprachausgabe ein und sorgen für eine barrierefreie Bedienung des Touchscreens. Das Fahrzeug und auch den Eingang der Gebäude versehen wir mit einem Signalgeber zum Auffinden.

Jetzt geht's weiter: Wie finden Sie Ihren/einen freien Arbeitsplatz?

MA: Das bisherige Desksharing-Tool, bei dem ich einen Schreibtisch buchen konnte, wird abgeschafft. Es soll ein neues Projekt- und Personalmanagementsystem eingeführt werden. Dieses Tool kennt Projekte, Ziele, aktuelle Projektstände und ausstehende Aufgaben zu den Projekten. Mit diesem Wissen ausgestattet, weist es jedem Mitarbeiter eine Platz für den kommenden Tag zu. Dabei werden benötigte Geräte und auch die erforderlichen Kollegen gleich mitberücksichtigt. Wenn ich das Gelände morgens betrete, zeigt mir die neue Firmen-App anhand einer Karte, wo mein Platz markiert ist, dann gleich den Weg zu meinem Arbeitsplatz.

HB: Und was machen die Kollegen, die keine Karten lesen können?

MA: Auch diese Situation ist vorausgeplant. Es gibt ein Leitsystem, das kann jeden Mitarbeiter immer orten. Schon beim Betreten des Firmengeländes muss man das Shuttle-Car nur noch heranwinken. Das fährt einen dann zum richtigen Gebäude. Im Gebäude zeigt das Leitsystem durch elektronische Wegweiser, leuchtende farbige Pfeile und Leitstreifen auf dem Boden und an den Wänden, wo der Arbeitsplatz für den aktuellen Tag liegt. Das Leitsystem steuert selbst den Aufzug automatisch in die richtige Etage und öffnet Türen auf dem freigegebenen Weg.

HB: Wie sollen wir denn so etwas anpassen? Vielleicht durch akustische Signalgeber? Ich glaube, das ist wirklich anspruchsvoll. Wie finden Sie Ihre Kollegen?

MA: Auch über das Projekt- und Personalmanagementsystem. Es weiß, wo jeder Mitarbeiter sitzt, kann über das Leitsystem dorthin führen und ist zusätzlich mit dem Intranet gekoppelt, das ähnlich wie Facebook aufgebaut ist. Wir können dort auch unsere Interessen hinterlegen. In den Pausen schlägt die Firmen-App mit diesen verknüpften Informationen Gesprächspartner und -orte vor, für Konversation, die anhand unserer Interessen zu aktuellen oder zukünftigen Projekten passen.

HB: Ihre Besprechungen planen Sie aber noch selbst?

MA: Das Projekt- und Personalmanagementsystem hat eine Besprechungs-KI, eine künstliche Intelligenz, die anhand der Projektstände und der ausstehenden Aufgaben Besprechungen plant, terminiert, Räume bucht und Kollegen einlädt. Das lästige suchen im Outlook-Kalender entfällt.

HB: Darf ich raten? Zum richtigen Raum führt Sie das Leitsystem? Für die Besprechungen wäre dann wohl ein Notizgerät schön. Diese Geräte sind leicht, kompakt und gut zu transportieren.

MA: Nicht wirklich. In Besprechungen werde ich wohl auch immer mein Notebook benötigen. Wir erledigen viele Aufgaben gemeinsam, also kollaborativ. Dies bedeutet: wir arbeiten am Programmcode, an Dokumentationen oder Konzepten gemeinsam. Der Projektleiter nutzt das elektronische Whiteboard und wir anderen arbeiten mit unseren Notebooks, die untereinander gekoppelt sind.

HB: Sie arbeiten gleichzeitig alle an einem Dokument?

MA: Ja, und darin besteht für mich das Problem. Der Cursor springt im Dokument hin und her bzw. es gibt mehrere Cursor, weil meine Kollegen an verschiedenen Stellen arbeiten und Einfügungen oder Änderungen vornehmen. Auch sind viele Anwendungen sehr grafisch wie Mindmaps, Prozessabläufe oder Diagramme. Es ist schwer, allem zu folgen und damit bleibt kaum Zeit, um selbst etwas beizutragen.

HB: Für solche Systeme müssten wir erst ein Bedienkonzept für blinde oder sehbehinderte Nutzer entwickeln.

MA: Schließlich müssen wir unsere Software dreisprachig dokumentieren: Deutsch, Englisch und Französisch.

HB: Das ist ja einfach: Da haben Sie sicher ein Übersetzungsbüro oder eine entsprechende Abteilung an der Hand. Dort müssen Sie dann nur Word-Dokumente als Ergebnis zurückbekommen, die können Sie dann gut prüfen.

MA: Das wäre schön. Unser Übersetzungsbüro ist eine Übersetzungs-KI. Sie zeigt in einer sehr stark visuell gestalteten Anzeige den Originaltext und die Übersetzung parallel an und markiert die selbst bewertete Übersetzungsqualität bzw. Punkte, die überprüft werden müssen, mit Symbolen und Farben, total unzugänglich. Derzeit unterstützt uns noch ein Übersetzer bei der Korrektur. Später müssen wir nur noch Fachbegriffe und Problemstellen prüfen. In fünf Jahren soll die KI so gut sein, dass sie alles korrekt übersetzen kann.

HB: Als Übersetzer haben blinde Menschen in der Vergangenheit erfolgreich gearbeitet. Wenn man da zukünftig nur noch bunte Bilder auswerten soll, haben wir mit der Anpassung eine anspruchsvolle Zukunft vor uns.

MA: KI wird sich auf alle Prozessabläufe auswirken. Aufgaben werden digitalisiert und automatisiert. Sie wird sich auch auf Sachbearbeiter auswirken und dort eine ähnliche Entwicklung nehmen.

HB: Wie reagieren die Kollegen auf Sie in so einer modernen Arbeitsumgebung?

MA: Meine Kollegen sind sehr offen und aufgeschlossen. Das ist sehr schön. Mir fällt es allerdings schwer, mich in ihrer Welt zu bewegen und vor allem zu orientieren. In meiner direkten Umgebung wechseln von Tag zu Tag die Kollegen. Ich weiß oft nicht, wer neben mir sitzt. Eine Statusanzeige über jedem Tisch zeigt an, ob der Kollege gerade gestört werden kann oder ob er sich in einer virtuellen Besprechung befindet bzw. gerade eine anspruchsvolle Tätigkeit vor sich hat, bei der er nicht gestört werden möchte. Den Status kann ich zwar auch im Intranet nachsehen, aber dazu muss ich noch wissen, welcher Kollege vor oder neben mir sitzt und dies benötigt mehr Zeit als die 5 bis 10 Minuten Pause, die ich gern machen würde.

HB: Und einfach mal zum Kaffeeautomaten gehen? Dort gibt es bei uns die besten Gespräche.

MA: Das hilft nicht wirklich. Kaffee und Süßigkeiten bringt bei uns ein Service-Roboter. Er kann auch kleine Botendienste bis 5 kg ausführen. Leider reagieren diese kleinen Helferlein nur auf Zuruf, wenn man sie gleichzeitig anblickt. Sonst kommen sie nicht an meinen Schreibtisch. Ich kann aber nichts mit meinen Augen fixieren. Den Touchscreen auf dem Bauch des Roboters kann ich auch nicht bedienen. Dort werden Listen angezeigt, aus denen man auswählen kann. Selbst in der Kantine wählt man die Speisen auf einem Tablet und ein Service-Roboter bringt das Menü an den Tisch. Leider fotografiert unser Personal dort viel besser als es schreiben kann und so gibt es oft keine Alternativtexte zu den Essen.

HB: Das wird nicht einfach, aber Ihre Ausführungen helfen mir, ein Konzept für Ihren Arbeitsplatz zu erarbeiten. Sind Ihnen Entwicklungen im Hause bekannt, die die Gegebenheiten vor Ort zeitnah beeinflussen oder ändern?

MA: Ja, das Leitsystem und die Statusanzeige am Arbeitsplatz sollen zukünftig durch eine VR-Brille abgelöst werden, besser durch Augmented Reality. Diese Informationen sollen in ein Brillenglas eingeblendet werden. Dies spart hohe Betriebs- und Instandhaltungskosten der Statusanzeigen und des Leitsystems. Was ist visionär, was gibt es schon heute?

Die Frage nach Vision oder Wirklichkeit wird von Beschäftigten, aber auch den Experten, ganz unterschiedlich beantwortet, je nach Branche oder Stand der Digitalisierung im persönlichen Umfeld und ganz unabhängig von Blindheit oder Sehbehinderung. Der obige Dialog kann nur einen kleinen Teil der möglichen Änderungen abbilden. Wie sich dieser Wandel bereits jetzt auf unseren Personenkreis auswirkt und wie sich unsere Arbeitswelt ändern könnte, wollen wir im zweiten Teil skizzieren. Beide Artikel sollen dazu anregen, über das Thema zu diskutieren und gemeinsam Ansätze zur Mitgestaltung des digitalen Wandels aus Sicht unseres Personenkreises zu entwickeln.

Zu den Autoren

Dr. Thomas Krämer ist Präsidiumsmitglied des DBSV und Mitglied des Landesvorstands des BBSB.

Ursula Weber ist erste Vorsitzende des DVBS, lebt in Dresden und arbeitet als Consultant für Accessibility und Usability.

Foto 1: The future is… now? Foto: Pixabay.(Eine Person tippt mit dem Finger in Richtung des Betrachters. Von dem Finger gehen futuristische Kreise und andere Symbole aus.)

Foto 2: Ursula Weber mit dem Roboter "Pepper", ein humanoider Roboter, der für menschliche Interaktion entwickelt wurde. Foto: privat (Ursula Weber kniet vor Pepper, einem humanoiden, weißen Roboter mit Bildschirm auf der Brust, und ertastet den Halsbereich.)

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Memorandum zum Stand der Barrierefreiheit von Studienmaterialien und Prüfungsaufgaben an bundesdeutschen Hochschulen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 4. Workshops "Erstellung barrierefreier Dokumente für Studium und Beruf" am 20./21.04.2018 an der Universität Hamburg und des Symposiums "Easy Access: Building Bridges for better Access to Information" am 13.06.2018, veranstaltet vom DAISY-Consortium, der Deutschen Zentralbücherei für Blinde (DZB) und der Universität Leipzig, haben Ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die aktuelle Barrierefreiheit von Studienmaterialien und -dokumenten sowie Prüfungsaufgaben und -materialien für Studierende mit Behinderung an bundesdeutschen Hochschulen nicht den Ansprüchen einer Hochschulbildung entspricht, die sich den Leitkategorien der Inklusion und Diversität verschrieben hat. Diese Situation aufgreifend, legen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner folgendes Memorandum vor.

Im Einklang mit Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonventiony1 und dem "General comment No. 4" des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen2 gilt es, alle Verantwortlichen eindringlich darauf hinzuweisen, dass für eine verlässliche Barrierefreiheit von Studienmaterialien und -dokumenten und von Prüfungsaufgaben und -materialien

  • ein konkreter Maßnahmenkatalog erarbeitet,
  • Fristen der Umsetzung und Mechanismen der Evaluation festgelegt sowie
  • die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden müssen.

Dazu gehört auch, an dieser Stelle erneut darauf zu drängen, die Ausgestaltung des Gesetzes zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie über einen verbesserten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zugunsten von Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung3 so vorzunehmen, dass Menschen mit Beeinträchtigung des Sehens oder anderen Leseeinschränkungen der voll umfängliche, unbürokratische und kostenneutrale Zugang zu Werken der Literatur, Kunst und Wissenschaft in hoch qualitativen barrierefreien Formaten ermöglicht wird. Nur so können in diesem Bereich das Recht von Menschen mit Behinderung auf angemessene Vorkehrungen umgesetzt und spürbare Fortschritte in der Teilhabe im Hochschulbereich erlebbar werden.

Um die "Barrierefreiheit von Studien- und Prüfungsdokumenten" voll umfänglich sicherstellen zu können, müssen u. a. folgende Aspekte fokussiert werden:

  • Umfängliche und belastbare Beschreibung der Gruppe der potentiellen Nutzerinnen und Nutzer4,
  • Auf- und Ausbau der Umsetzungsdienste / Servicestellen (befugte Stellen) für die Aufbereitung und Bereitstellung barrierefreier Dokumente (Studienliteratur, Skripte und Reader, Präsentationshandouts, Prüfungen etc.),
  • Bundesweite Vernetzung der Umsetzungsdienste / Servicestellen (befugte Stellen) für die Aufbereitung und Bereitstellung barrierefreier Dokumente,
  • Transparentes und zügiges Anerkennungsverfahren der Umsetzungsdienste / Servicestellen als befugte Stellen,
  • Verzicht auf Vergütungen oder Aufnahme der Vergütung in die Regelungen der Pauschalvergütungen der Hochschulen,
  • Entwicklung und Implementation eines stabilen, auskömmlichen bundesweiten resp. länderübergreifenden Finanzierungssystems der Umsetzungsdienste / Servicestellen (befugte Stellen),
  • Explizite Einbeziehung der Zugriffsmöglichkeiten von Studierenden mit Behinderung auf Umsetzungsdienste / Servicestellen (befugte Stellen), der Barrierefreiheit von Prüfungsformaten und E-Learning-Plattformen in den Punkt "Studierbarkeit für Studierende mit Behinderung" innerhalb der Akkreditierungsverfahren.

Alle Maßnahmen zur Barrierefreiheit von Studien- und Prüfungsdokumenten für Studierende mit Beeinträchtigungen verankern sich in dem Konzept des Universal Designs for Learning (UDL), sind eng verwoben mit der Strategie zur Digitalisierung der Hochschulbildung und tragen zur Entwicklung einer Diversität anerkennenden, inklusiven Hochschullandschaft bei.

Die Erarbeitung und Implementierung dieses Maßnahmenkatalogs ist unter Einbeziehung aller Akteure (insbesondere der Studierenden mit Behinderung, der Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft und der Behindertenverbände sowie der fachlichen Expertise aus Forschung und Handlungsfeldern) vorzunehmen und in den jeweiligen Strategien der verantwortlichen Institutionen verbindlich zu verankern.

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner (in alphabetischer Reihenfolge)

  • Gerhard Althaus, Universitätsbibliothek Dortmund, Service für Blinde und Sehbehinderte (SfBS)
  • Dr. Franz-Josef Beck, Vorsitzender des Arbeitskreises Medienzentralen für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung des Sehens
  • Prof. Dr. Sven Degenhardt, Universität Hamburg, stellv. Beauftragter für die Belange der behinderten Studierenden nach § 88 HmbHG
  • Elke Dittmer, Vorsitzende der Mediengemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen e.V. (Medibus)
  • Dieter Feser, Vorsitzender des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e. V. (VBS)
  • Margita Gürtler, Vorsitzende des Vereins Anders lesen und lernen e.V.
  • Klaus Hahn, Präsident des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands e. V. (DBSV)
  • Prof. Dr. Thomas Kahlisch, Direktor der Deutschen Zentralbücherei für Blinde (DZB)
  • Maria Kaminski, Vorsitzende des Bundesverbandes Autismus Deutschland e.V.
  • Prof. Dr. Erdmuthe Meyer zu Bexten, Technische Hochschule Mittelhessen, Zentrum für blinde und sehbehinderte Studierende (BliZ)
  • Dr. Birgit Rothenberg, Technische Universität Dortmund, zhb / dobus Bereich Behinderung und Studium
  • Christine Sczygiel, Vorsitzende des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V.
  • Prof. Dr. Eric W. Steinhauer, Universitätsbibliothek Hagen, Humboldt-Universität zu Berlin
  • Prof. Dr. Rainer Stiefelhagen, Karlsruher Institut für Technologie, Studienzentrum für Sehgeschädigte
  • Prof. Dr. Gerhard Weber, Technische Universität Dresden, AG Studium für Blinde und Sehbehinderte
  • Ursula Weber, Vorsitzende des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS)
  • Prof. Dr. Felix Welti, Universität Kassel, Beauftragter für Studium und Behinderung

1) www.behindertenbeauftragte.de zurück

2) www.institut-fuer-menschenrechte.dezurück,insbesondere siehe S. 3

3) Der Begriff wurde und wird insbesondere im Rahmen der Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie genutzt. Dazu u. a.

www.wipo.int, eur-lex.europa.eu, www.bmjv.de

Die englische Umschreibung "print disability" verweist deutlicher auf die Barriere, die in der Interaktion mit dem gedruckten Lesegut verortet ist; im deutschen Sprachgebrauch hat sich die Formulierung der Lesebehinderung durchgesetzt. zurück

4) Eine mögliche Beschreibung aus der gemeinsamen Stellungnahme des Verbundes: Universität Hamburg, Technische Hochschule Mittelhessen, Technische Universität Dortmund, Karlsruher Institut für Technologie, Technische Universität Dresden (S. 2): "Menschen mit Behinderung im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die eine körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung haben und nicht in der Lage sind, Sprachwerke genauso leicht zu lesen, wie dies Personen ohne eine solche Beeinträchtigung möglich ist. Das kann insbesondere der Fall sein bei Blindheit, Sehbehinderung, motorischen Einschränkungen, Wahrnehmungsstörungen, Autismus Spektrum Störung, Dyslexie oder Legasthenie"; diese und vergleichbare Vorschläge unter: www.bmjv.dezurück

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100 Jahre horus

Jochen Schäfer

Die ersten 100 Jahre - eine historische horus-Revue in vier Teilen

Teil 2, 1930-1945, Fortsetzung aus H. 2/2018: Die "Beiträge" in zwei Versionen und schwierigen Zeiten

Veränderungen ab 1933

Horst Lehnert hat in Heft 1 bei seiner Besprechung des Buches "Die blista im Nationalsozialismus", das es auch im Schwarzschriftarchiv gibt (Signatur: aidos XVIII. 7823) auf viele Dinge hingewiesen. Daher beschränke ich mich auf das Wesentlichste aus Sicht der "Beiträge".

Die Begriffe "Schicksalsgemeinschaft" bzw. "Schicksalsgenossen/-gefährten" für die Blinden und Sehbehinderten kannte man schon sehr früh. Dazu kamen nun die "Volksgemeinschaft" bzw. "Volksgenossen". 1933 finden wir ab H. 9 (PS) bzw. H. 3 (SS) etliche Artikel, die sich mit der "Eingliederung des Blinden in die Volksgemeinschaft" befassten. Alle wollten eben dabei sein und ihren Beitrag für das neue Regime leisten.

Adolf Hitlers Werk "Mein Kampf" wurde 1933 von der blista in Punktschrift gedruckt, kostenlos verbreitet und propagiert (siehe "Zur Beachtung!", H. 5/1933 PS, außerdem im selben Jahr in H. 8 PS bzw. H. 2 SS). Ab 1936 wurde es auch Blinden bei der Eheschließung ausgehändigt - wie bei den Sehenden (Runderlass, siehe H. 6/1936 PS).

In den beiden Marburger Einrichtungen wurde immer mehr Wert auf "politische Zuverlässigkeit" gelegt und von nun an sehr viel nationalsozialistische Literatur in Punktschrift übertragen, möglicherweise sogar deutschlandweit am meisten. Stellvertretend sei das Buch des Reichspropagandaministers Dr. Joseph Goebbels "Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei" genannt (Rezension in H. 6/1934 PS und nach der Punktschriftübertragung in H. 2/1935 PS). Außerdem wurde oft über solche Literatur informiert und in dem Artikel "Nationalsozialistisches Schrifttum in der Marburger Blindenhochschulbücherei" (H. 4/1934 PS) machen sich die sprachlichen Auswüchse der neuen Zeit sehr deutlich bemerkbar, wenn es heißt: "[...] Hier wird endlich der Begriffsverwirrung ein Ende gemacht, daß ein jüdischer Autor ein deutscher Dichter ist, denn Bartels [der Autor des besprochenen Buches] unterscheidet genau zwischen unserer deutschen Literatur und der jüdisch-deutschen Literatur. [...]"

1934 wurde die bis dahin älteste, in Deutschland ansässige überregionale Blindenselbsthilfeorganisation, der 1890 gegründete "Verein der deutschredenden Blinden", dessen Mitglieder über mehrere europäische Staaten verteilt waren, auf Drängen der Nazis (zwangs-)aufgelöst. Seine Zeitschrift, die früher erwähnten "Mitteilungen", erschien in den letzten Monaten nur noch in Punktschrift (im Juli 1934 zum letzten Mal). Über den Verein und seine Auflösung berichtete Dr. Mittelsten Scheid sehr ausführlich in den "Marburger Beiträgen (MB)" 1935 (H. 6 PS, H. 2 SS), außerdem siehe Dr. Schulze "Ein Jubiläum, das nicht mehr gefeiert werden kann" (MB/horus 2/1991). 1935 wurde der Name unserer Zeitschrift erweitert: "Marburger Beiträge zum Blindenbildungswesen", und die Punktschrift hatte von nun an nur noch 11 Ausgaben pro Jahr (H. 7/8 als Doppelnummer). Ab 1935 wurden auch sämtliche Punktschriftübertragungen deutschlandweit von Marburg aus bis zum Ende des Krieges zentral verwaltet.

Sozialpolitisch war es das Jahr der Rassegesetze. Dazu der Runderlass des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 26.04.1935 zum Begriff "Mischehe" (H. 5/1935 PS): "Der Begriff ‚Mischehe' wird zur Zeit in verschiedenem Sinn gebraucht. Während der NS. hierunter die Ehe zwischen Menschen verschiedener Rassenzugehörigkeit versteht, wendet die Kirche diese Bezeichnung auf die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Konfessionen an. Ich ordne hiermit an, daß im behördlichen Verkehr das Wort ‚Mischehe' nur in dem Sinne zu gebrauchen ist, daß hierunter eine zu einer Rassenmischung führende Ehe zu verstehen ist, d.h. eine solche, die zwischen einem Arier und einer Nicht-Arierin oder umgekehrt geschlossen wird."

Eugenik, Sterilisation

In diesem Zusammenhang war in Teil 1 schon vom "Lex Zwickau" von Dr. Boeters die Rede. Die dort gestellten Forderungen sollten mit der Machtübernahme der Nazis gängige Praxis werden durch das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14.07.1933 (siehe dazu die überwiegend positive Stellungnahme des VbAD 1933 in H. 12 PS und H. 4 SS, Wiederabdruck in H. 4/2015). Zur gleichen Zeit schrieb Dr. Dr. Rudolf Kraemer (1885- 30. Juli 1945), ein anerkannter Jurist, Blindenaktivist, Gründer des Württembergischen Blindenvereins und entschiedener Nazi-Gegner, seine "Kritik der Eugenik - vom Standpunkt des Betroffenen". Das Buch wurde 1933 von der blista in Punktschrift gedruckt und ist auch in unserem Schwarzschriftarchiv zu finden.

In dieser Zeit haben sich einige Augenärzte des In- und Auslandes mit diesem Thema kritisch und objektiv auseinandergesetzt, z. B. Dr. Wilhelm Feilchenfeld, Berlin (H. 1/1933 PS), Dr. Aleksej Záhor, Prag (1933, H. 7 PS, H. 4 SS) und Prof. Dr. Emil Krückmann, Berlin (H. 1/1934 PS), Mitglied des blista-Vorstands. Trotzdem sollte sich diese schlimme Praxis aber durchsetzen. Von nun an finden wir sehr viel über Eugenik und Sterilisation. Die Artikel in den "Marburger Beiträgen" reichen von Informationen betr. "Kostenträger bei Unfruchtbarmachungen", vor denen man sich in den Punktschriftausgaben 1935 kaum noch retten kann, über Gesetzesnovellen bis hin zu Propaganda über "Freiwillige Sterilisierungen in England" (Julius Reusch in H. 8/1934 PS und 5/1936 PS, wobei er im 2. Artikel sogar von Forderungen Blinder nach solchen Praktiken schreibt). Wir wissen aber nicht, ob das in irgendeiner Form der Wahrheit entsprach. Es fällt auf, dass die meisten dieser Artikel nur in Punktschrift gedruckt wurden, und dass es nach 1936 nichts mehr zu diesem Thema gab.

Marburger Pressekurse

Von 1934-43 richtete die blista jährliche Kurse zur Einführung in das Zeitungswesen aus, die kurz als Marburger Pressekurse bezeichnet wurden, geleitet von Erich Kurt Kittel, Hauptschriftleiter a. D., und finanziell unterstützt durch die Selbsthilfe (VbAD und RBV). Kittel legte dabei großen Wert auf umfangreiche Fortbildung blinder Medienschaffender, und einige populäre Vertreter sind daraus hervorgegangen, z. B. Dr. Alexander Reuß, blinder Schriftsteller und Verlagslektor aus Schwetzingen, der in Teil 1 schon bei der Diderot-Übersetzung erwähnt wurde. Über den ersten Kurs 1934 berichtete er in H. 11 PS und H. 4 SS. 1935 wurde die Zeitungswissenschaftliche Vereinigung Marburg innerhalb des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes gegründet, deren kommissarischer Leiter Dr. Carl Strehl wurde (siehe Kittels Brief an Strehl in H. 12/1935 PS). Kittels jährliche "Kursusbilanzen" wurden in den "Beiträgen" abgedruckt, außerdem gab es 1939 ein Sonderheft zur Arbeit blinder Medienschaffender (nur SS). Es seien ferner zwei weitere Kittel-Artikel erwähnt, die nur in Schwarzschrift erschienen: "Warum und wie Marburger Pressekurse" (H. 3/1937 SS), "Die blinden Geistesarbeiter und die Zeitungswissenschaft" (H. 2/1941 SS).

Besonderheiten in schwierigen Zeiten

Rudolf Kraemers wohl umfassendstes Werk: "Das deutsche Blindenrecht" sollte 1935 herauskommen, was der Verfasser in sämtlichen Fachzeitschriften des Blindenwesens bekanntgab (bei uns zu finden in H. 9 PS und H. 3 SS). Da Kraemer aber Nazi-Gegner war und seine Schrift sozialpolitisch nicht ins System passte, ist ihm die Herausgabe verwehrt worden. Gleichwohl platzierte Strehl "Das deutsche Blindenrecht" über mehrere Jahrgänge verteilt in den "Beiträgen" und stellte damit die Veröffentlichung (1936-40) sicher. Einige Kapitel wurden nur in Schwarzschrift gedruckt, ein größeres in sechs Teilen vollständig in Punkt- und die ersten vier davon parallel in Schwarzschrift (heute vollständig digital verfügbar!).

Die letzten Vorkriegsjahre im Überblick

Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums von blista und VbAD wurde Am 28.06.1936 die noch heute existierende Punktschriftbibliothek eingeweiht, benannt nach dem oben schon erwähnten Augenarzt Krückmann.

Ab 1935 hatten blinde Abiturienten einen sogenannten Ausgleichs- bzw. Sonderdienst in den Arbeitsbetrieben der blista abzuleisten. Darüber gibt es 2 Erfahrungsberichte (Wagner in H. 6/1938 PS und Lütgens 1940 in H. 9 PS und H. 3 SS). 1938 nahm die deutsche Expansionspolitik ihren Lauf. Im März nach dem "Anschluss" Österreichs lobte Strehl in seinem Artikel "Großdeutschland" das Machwerk "unseres herrlichen Führers" (H. 3 PS, H. 1 SS). Dem schloss sich der blinde Prof. Dr. Friedrich Mansfeld aus Wien in seinem Artikel über den "Umbruch in Österreich" an (H. 4/1938 PS). Später bekam er jedoch mit den Nazis Probleme, was zur Aberkennung des Professorentitels führte, der ihm erst nach dem Krieg wieder zuteil wurde. Nach der Annexion des Sudetenlandes im September 1938 gab es Propagandaartikel (nur in PS) von Blinden aus der Region, die nach dem Krieg Lehrer im Westen wurden: "Aus dem befreiten Sudetenland" von Ernst Meier (H. 12/1938), "Grüße aus Sudetenlands Gauhauptstadt" von Ilse-Maria Gessner (H. 2/1939) und nochmals Meier: "Eine Zeitwende: Die Schaffung des ‚Protektorats Böhmen und Mähren'" (H. 5/1939).

Der 2. Weltkrieg

Strehl verkündete ihn den Mitgliedern des VbAD und Lesern der "Beiträge" (1939, H. 9/10 PS, H. 3 SS) unter Heranziehung der bekannten Lügenpropaganda, z. B.: "[...] Die Welt weiß, daß der Führer kein Mittel unversucht gelassen hat, das letzte Überbleibsel des Versailler Vertrages in Europa im Interesse der deutschen Volksgenossen in Polen auf friedlichem Wege durch Verhandlungen zu beseitigen. Die Demokratien des Westens haben es vorgezogen, Polen eine Blankovollmacht zu geben und damit jeden Weg der friedlichen Verständigung zu zerschlagen. Die Polen haben deutsches Gebiet verletzt, deutsche Städte beschossen, sodaß unser Führer sich gezwungen sah, zum Schutze deutschen Volkstums und Landes Gleiches mit Gleichem zu vergelten. In 18 Tagen hat die herrliche deutsche Wehrmacht unter Einsatz modernster Kampfmittel den Osten überrannt, das polnische Heer zerschlagen und die Deutschen von den Fesseln ihrer ehemaligen Unterdrücker befreit. [...]"Später heißt es, dass die Blinden nicht an die Front können und daher in der Heimat ihre ganze Kraft zum Wohl des deutschen Volkes einsetzen müssen, besonders im Bereich der Arbeit. Solche rhetorischen Mittel finden wir auch im anschließenden Beitrag "Der Krieg und wir" von Erich Kurt Kittel. Im selben Heft erfahren wir auch, dass die blista Heeresberichte in Punktschrift herausgab.

1939 und 1942 wurden die Punktschriftausgaben der "Beiträge" von 11 auf 9 Ausgaben verringert, wobei die 3 letzten Hefte der Jahrgänge als Doppelnummern gezählt wurden; 1943-44 gab es 6 Doppelnummern pro Jahr.

1939-45 ist die düsterste Epoche. Manche Einrichtungen und Publikationen überlebten den Krieg nicht. So wurde z. B. 1941 die Blindenanstalt Kiel geschlossen. Auch "Der Blindenfreund" stellte 1941 sein Erscheinen ein.

Wie die "Beiträge" 1940 und 1941 von Strehl eingeleitet wurden, haben wir bereits in H. 4/2015 innerhalb der "Zeitreisen" dargestellt. Besonders frappierend ging er Anfang 1941 mit England ins Gericht. Solche Hetzpropaganda wurde, wie schon in H. 2/2018 angemerkt, von Strehl für die "Beiträge" bestellt. Einer ihrer Autoren war Bruno Lehmann, der während und nach dieser Zeit als blinder Schriftsteller bekannt war. Von ihm seien 3 Propagandaartikel des Jahres 1941 genannt, davon nur der erste in beiden Versionen: "Die englische Gleichgewichtspolitik und die Verewigung der Kriege" (H. 3 PS, H. 1 SS), "Britische Frömmigkeit und Weltherrschaft" (H. 7 PS) und - der heftigste - "Das Gesicht des jüdischen Weltimperialismus und Bolschewismus" (H. 10 PS). Schon die Titel sprechen für sich und lassen den Zeitgeist dieser Jahre deutlich spüren. Es war die Zeit von Hitlers größten militärischen Erfolgen, die am 22.06.1941 im Überfall auf die Sowjetunion gipfelten. 1941 wurden in den "Beiträgen" neue Rubriken eingeführt wie: "Allgemeine wissenschaftliche Fragen", "Kulturpolitisches", "Psychologie, Pädagogik, Methodik", um nur einige zu nennen. Sie sollten aber nur bis Anfang 1942 Bestand haben, dann kehrte man wieder zu den früheren zurück.

Wie man heute weiß, ging es ab 1943 auf militärischem Gebiet für Deutschland bergab, beginnend mit der Niederlage in Stalingrad Anfang des Jahres. Davon finden wir in den "Beiträgen" nichts, und man erfährt auch zunächst nichts von Niederlage oder Abwehrkampf. Im Gegenteil, 1944 wurde der "totale Krieg" beschworen (siehe Geißler: "Der blinde Student im totalen Krieg", H. 7/8 PS, und Strehl: "Totaler Kriegseinsatz", H. 9/10 PS und H. 3 SS). Die letzte Kriegsausgabe der "Beiträge" ist eine Doppelnummer in Punktschrift 1945, nachdem die Schwarzschrift bereits Ende 1944 eingestellt wurde.

Anmerkung

Die Studie "Die blista im Nationalsozialismus - Zur Geschichte der Blindenstudienanstalt Marburg (Lahn) von 1933-1945" von Klaus-Peter Friedrich und Wolfgang Form ist im Verlag der blista erschienen. Bestellungen der Broschüre (Schwarzschrift) oder der DAISY-CD (Audio) nehmen wir gern entgegen: Tel. 06421 6060, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Foto 1: Der Leiter der Bibliothek Janislaw von Trczeciakowski (links) und Korrektor Anton Drubel (Mitte) mit weiteren Angehörigen der blista 1934 in der Wörthstraße 11 in Marburg. Foto: blista. (Schwarzweiß-Foto, Blick in einen Raum mit hohen, gefüllten Bücherregalen: Vier Männer in Anzügen, weißem Hemd und Krawatte sitzen an einem Tisch und schreiben mit Punktschriftmaschinen. Teil neben, teils hinter ihnen stehen vier Frauen.)

Foto 2: Textausschnitt zur Einweihung der Emil Krückmann-Bücherei. Aus "Beiträge zum Blindenbildungswesen", Nr. 3, 1936. Reprofoto: DVBS (Text: "Feier des 20 jährigen Bestehens der Blindenstudienanstalt. Einweihung der ‚Emil Krückmann-Bücherei'. Am 28. Juni 1936 feierte die Marburger Blindenstudienanstalt das Fest ihres 20 jährigen Bestehens und der Einweihung der "Emil Krückmann-Bücherei", Wörthstr. 9. Die Feier fand im Kunstinstitut der Universität Marburg statt. Sie wurde eingeleitet durch das Orgelpräludium C-moll von Joh. Seb. Bach, gespielt von Schulmusiklehrer Emil Freund. Es folgte die nachstehende Ansprache von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Emil Krückmann, Berlin, als Vorsitzender und Mitbegründer der Anstalt:")

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Recht

Uwe Boysen

Verwunderte Gedanken beim Lauschen einer Bundestagsdebatte

Es war der 14.6.18 gegen 21.40 Uhr, als im Deutschen Bundestag die Novelle zum Behindertengleichstellungsgesetz diskutiert wurde, deren Ziel es ist, die EU-Richtlinie zu barrierefreien Webseiten und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen in Bundesrecht umzusetzen.1 Zuvor hatte sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages mit dem Entwurf befasst und dazu am 11.6.18 auch eine umfangreiche Sachverständigenanhörung durchgeführt, an der für den DVBS Andreas Carstens, Richter am Finanzgericht, teilnehmen konnte.2

Tatsächlich hat sich nach dieser Anhörung im Gesetzgebungsverfahren auch noch etwas bewegt.3 So feierten die Koalitionsparteien in der besagten Nachtdebatte den Gesetzentwurf als großen Fortschritt.4 Dabei verwiesen sie insbesondere darauf, dass die Verpflichtung zur Barrierefreiheit für "grafische Programmoberflächen", die bisher im BGG enthalten war, jetzt entgegen dem ursprünglichen Entwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nun doch wieder im Gesetz bleiben soll. Überhaupt lobten sie ihr Gesetz (und damit sich selbst) über die Maßen.

Wir können in dieses Lob nur sehr bedingt einstimmen. So halten wir die vom Ausschuss gefundene Formulierung zur beibehaltenen Einbeziehung der genannten grafischen Programmoberflächen in §12a Abs. 1 Satz 3 des BGG - vorsichtig formuliert - nicht für optimal und haben Zweifel, ob sie bei genauer juristischer Prüfung wirklich das hält, was uns die Abgeordneten versprochen haben. Aber auch die generelle Attitüde, jetzt wirklich etwas für behinderte Menschen getan zu haben, ist jedenfalls fragwürdig. Schließlich blieb dem Gesetzgeber gar nichts anderes übrig; denn er ist auf Grund des Europarechts verpflichtet, europäische Richtlinien in nationales Recht umzusetzen und hat keine Veranlassung, sich dafür besonders zu loben.

Hinzu kommt, dass diese Umsetzung eigentlich von Mutlosigkeit begleitet wird. Fortschrittlich wäre es stattdessen nämlich gewesen, die Potenziale der Richtlinie offensiv auszunutzen und auch private Anbieter von Webseiten in das Gesetz einzubeziehen, wozu die Mitgliedsstaaten in einem Erwägungsgrund der Richtlinie ausdrücklich ermutigt werden.

Zudem gibt es weitere Schwachstellen im neuen Gesetz. Die Regelung, nach der den öffentlichen Stellen die Barrierefreiheit bei Unverhältnismäßigkeit erspart werden kann (§ 12a Abs. 6 BGG), hätte sehr viel präziser gefasst werden können, um den Ausnahmecharakter dieser Norm zu betonen. Auch fehlen durchsetzbare Befugnisse der Schlichtungsstelle, an die sich Nutzerinnen und Nutzer nunmehr wenden können, wenn sie auf digitale Barrieren stoßen. Und wie die in der Richtlinie vorgesehenen Schulungen organisiert werden sollen, wird vorsichtshalber überhaupt nicht thematisiert.

Insgesamt bleibt der Eindruck zurück, dass - im Gegensatz zu den öffentlichen Proklamationen der Regierungsparteien - der Anspruch, für Menschen mit Behinderungen digitale Barrierefreiheit zu schaffen, nur sehr halbherzig eingelöst worden ist. Gleichwohl werden wir uns die nunmehr vorhandenen Instrumente, insbesondere das eingeführte Durchsetzungs- oder Beschwerdeverfahren (dazu §12b Abs. 4 und §16 BGG) genau anschauen und können unsere Leserinnen und Leser nur ermutigen, digitale Barrieren öffentlicher Stellen sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene sowie bei Gemeinden und anderen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts zu rügen; denn auch die Bundesländer wie die Kommunen und anderen öffentlichen Stellen sind gehalten, die EU-Richtlinie umzusetzen und damit ihre Behindertengleichstellungsgesetze entsprechend zu novellieren.5

Anmerkungen

1) Siehe BT-Drucksache 19/2062.

2) Dazu www.bundstag.de/mediathek

3) Siehe die Beschlussempfehlung des Ausschusses auf Grund des Änderungsantrages von CDU/CSU und SPD in Ausschussdrucksache 19(11)59 unter dipbt.bundestag.de

4) Siehe das Plenarprotokoll des Bundestages 19//39.

5) Der Bundesrat hat das Gesetz in seiner Sitzung vom 6.7.2018 passieren lassen und keinen Einspruch eingelegt; vgl. BR-Drs265-18(B), so dass es, wenn dieser horus erscheint, in Kraft getreten sein wird.

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Andrea Katemann

Die Umsetzung des Vertrages von Marrakesch: Verschlechterungen bei der Literaturversorgung zu befürchten

Am 27.02.2013 wurde - nach langen und zähen Verhandlungen - auf einer Konferenz der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Marrakesch der Vertrag von Marrakesch verabschiedet. Im Nachhinein wurde berichtet, dass es noch bis kurz vor Verhandlungsschluss große Zweifel gab, ob es zu einer Verabschiedung eines Vertrages kommen würde, der die Literaturversorgung blinder und sehbehinderter Menschen erheblich verbessern soll. Er erlaubt den grenzüberschreitenden Austausch von Büchern. Sogenannte "befugte Stellen" dürfen Werke in elektronischen Formaten sowie als konventionelle Papierausgaben barrierefrei umsetzen, untereinander austauschen und an lesebehinderte Nutzer weitergeben. Diese Lesebehinderung kann, muss aber keine Sehbehinderung sein. Bei lesebehinderten Nutzern muss eine kognitive oder körperliche Einschränkung vorliegen, die es ihnen erschwert, "normal" gedruckte Werke zu lesen. Dies bedeutet, dass sich für Studierende beispielsweise der Zugang zu fremdsprachlicher Literatur erheblich erleichtern wird. Zudem lassen sich Doppelproduktionen durch den weltweit möglichen Austausch vermeiden, und die knappen Ressourcen können sinnvoller eingesetzt werden.

So wunderbar all dies klingt, bleibt dabei zu bedenken, dass der Vertrag in nationales Recht umgesetzt werden muss, bevor er endgültig zur Anwendung kommt. Damit er endgültig in Kraft treten konnte, musste er von 20 Ländern ratifiziert werden. Lange gab es Streit darüber, ob die EU im Namen ihrer Mitgliedsstaaten ratifizieren darf. Dieser Streit hatte am 14.02.2017 durch ein Urteil des europäischen Gerichtshofs ein Ende, und es wurde bestätigt, dass die EU für ihre Mitgliedsländer ratifizieren darf, was dann auch erfolgte. Schon seit 2016 gibt es eine Richtlinie und eine Verordnung, aus der hervorgeht, wie die Ergebnisse von Marrakesch in den einzelnen Ländern der EU umzusetzen sind.

Der nun vom Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegte Gesetzesentwurf bleibt allerdings weit hinter den Möglichkeiten des Vertrages zurück. Zwar sieht er vor, dass nun auch in Deutschland lesebehinderte Menschen einen Zugang zu spezieller Literatur erhalten, was in sämtlichen europäischen Ländern (zum Teil unabhängig von Marrakesch) längst üblich ist. Doch obwohl im Vertrag Gebühren bei der nationalen Umsetzung von Literatur lediglich als eine Möglichkeit vorgesehen sind, und es wird berichtet, dass Deutschland maßgeblich zu dieser "Möglichkeit" der Gebühren beigetragen hat, sieht der Gesetzesentwurf eine "angemessene" Vergütung der Urheber vor. Nach welchen Kriterien "angemessen" zu definieren ist, kann man aus dem Gesetzesentwurf nicht herleiten. Zudem sollen die befugten Stellen unter die Aufsicht des Deutschen Amtes für Marken- und Patentrecht gestellt werden. Näheres zu den befugten Stellen, zu ihrer Zulassung und zu ihrer Beaufsichtigung wird, so sieht es der Gesetzesentwurf vor, eine Verordnung regeln. Dieser Gedanke bleibt weit hinter Marrakesch zurück, denn hier ist formuliert, dass sich die befugten Stellen selbst ein Regelwerk geben, das transparent einsehbar sein soll. Es ist zu befürchten, dass sich durch die im Gesetzesentwurf vorgesehene Verordnung der Verwaltungsaufwand für die befugten Stellen massiv erhöhen wird. Das BMJV weist darauf hin, dass bei der Umsetzung des Gesetzes für die Urheber Kosten entstehen, die sogar vergleichsweise exakt benannt werden (für die Verwertungsgesellschaften einmalig 41.000€ und jährlich 7000€). Doch gibt es für die Kosten der befugten Stellen durch die gesetzlichen Änderungen keine Angaben, sondern lediglich den Hinweis darauf, dass diese erst im Rahmen der Umsetzung der Verordnung näher behandelt werden sollen. Bei den Kosten der Umsetzung von Literatur selbst heißt es nur, dass sich die Bundesregierung bei den Ländern und Kommunen für eine verbesserte Ausstattung der Blindenbibliotheken einsetzen sowie Mittel im nationalen Aktionsplan prüfen wolle.

Es ist bedauerlich, dass ein Vertrag, der einen maßgeblichen Beitrag zur Optimierung der Literaturversorgung für blinde und sehbehinderte Menschen leisten soll, nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf in zentralen Fragen nicht in der vorgesehenen Weise umgesetzt wird.

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Bücher

Thorsten Büchner

Hörbuchtipps aus der blista

Neue Hörbücher in der DBH

Stephan Orth: Couchsurfing in Russland. Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde

Malik, München, 2018. Bestellnummer: 845291. Laufzeit: 8 Std. 19 Min.

Oligarchen und Kartoffelbauern, Kalaschnikows und eingemachte Gurken, orthodoxe Christen und Hippies - Stephan Orth, seit über zehn Jahren als Couchsurfer unterwegs, begibt sich auf die Suche nach dem wahren Russland, jenseits von dem, was Nachrichten und Propaganda daraus machen.

Bernhard Schlink: Olga

Diogenes, Zürich, 2018. Bestellnummer: 839311. Laufzeit: 6 Std. 30 Min.

Ein Dorf in Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts. Olga ist Waise, Herbert der Sohn des Gutsherrn. Sie verlieben sich und bleiben gegen den Widerstand seiner Eltern ein Paar, das immer wieder zueinander findet, auch als Olga Lehrerin wird und er zu Abenteuern nach Afrika, Amerika und Russland aufbricht. Eine Frau, die kämpft und sich findet. Ein Mann, der träumt und sich verliert.

Alex Beer: Der zweite Reiter. Ein Fall für August Emmerich

Limes, München, 2017. Bestellnummer: 834011. Laufzeit: 11 Std. 08 Min.

Wien, kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs: Der Glanz der ehemaligen Weltmetropole ist Vergangenheit, die Stadt versinkt in Hunger und Elend. Polizeiagent August Emmerich, den ein Granatsplitter zum Invaliden gemacht hat, entdeckt die Leiche eines angeblichen Selbstmörders. Als erfahrener Ermittler traut er der Sache nicht über den Weg. Da er keine Beweise vorlegen kann und sein Vorgesetzter nicht an einen Mord glaubt, stellen er und sein junger Assistent selbst Nachforschungen an. Eine packende Jagd durch ein düsteres, von Nachkriegswehen geplagtes Wien beginnt, und bald schwebt Emmerich selbst in tödlicher Gefahr.

Emilia Smechowski: Wir Strebermigranten

Hanser Berlin, Berlin, 2017. Bestellnummer: 839961. Laufzeit: 6 Std. 07 Min.

Emilia war noch Emilka, als ihre Eltern mit ihr losfuhren - raus aus dem grauen Polen, nach Westberlin! Das war 1988. Nur ein Jahr später hatte sie einen neuen Namen, ein neues Land, eine neue Sprache: Sie war jetzt Deutsche, alles Polnische war unerwünscht. Wenn die neuen Kollegen der Eltern zum Essen kamen, gab es nicht etwa Piroggen, sondern Mozzarella und Tomate. Und als Emilia ein Deutschdiktat mit zwei Fehlern nach Hause brachte, war ihre Mutter entsetzt: Was war schiefgelaufen? Ergreifend erzählt Emilia Smechowski die persönliche Geschichte einer kollektiven Erfahrung: eine Geschichte von Scham und verbissenem Aufstiegswillen, von Befreiung und Selbstbehauptung.

Hörbücher zum Schwerpunkt "Berufe kreuz und quer"

Ranka Keser: "Are you finished?" "No, we are from Norway!" Eine Kellnerin am Rande des Wahnsinns

Blanvalet, München, 2015. Bestellnummer: 828791. Laufzeit: 6 Std. 37 Min.

Unter dem Pseudonym Sophie Seidel plaudert die gebürtige Kroatin, die sich als Bedienung im fiktiven Münchner Touristenlokal "Braufässl" ihren Unterhalt verdiente, über ihre Beobachtungen. 4 Jahre hat sie den Knochenjob durchgehalten, musste sich mit schwierigen Gästen, Kollegen und Chefs herumschlagen, sie hat die Münchner Schickeria wie auch viele Promis bedient.

Rudi Palla: Verschwundene Arbeit. Das Buch der untergegangenen Berufe

Brandstätter, Wien, 2014. Bestellnummer: 769801. Laufzeit: 14 Std. 51 Min.

Kulturgeschichtliches Lexikon über Berufe vor allem des Mittelalters und der frühen Neuzeit, die im Zuge der Veränderung der Arbeitswelt weitgehend verschwunden sind. Palla behandelt dabei nicht nur Handwerksberufe, sondern auch andere Tätigkeiten wie Dienstleistungen (z.B. "Abtrittanbieter"), je nach Bedeutung kurz oder ausführlicher erläutert.

Ihr Kontakt zur DBH

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
Am Schlag 2-12
35037 Marburg.
Telefon: 06421 606-0
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder über unseren barrierefreien online-Katalog unter katalog.blista.de

Foto: Hörbuch. Foto: Pixabay. (Ein blaues Buch auf hölzernem Untergrund. Ein weißer Kopfhörer liegt auf dem Buch. Der Klinkenstecker des Kopfhörers steckt zwischen den Buchseiten.)

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Thorsten Büchner

Inklusive Kinderbücher aus der blista

Unsere inklusiven Kinderbücher ermöglichen ein gemeinsames Vorleseerlebnis für blinde Vorleser und sehende Kinder. Durch Punktschrift-Seitenzahlen im Originalkinderbuch sowie des entsprechenden Buchtextes in Punktschrift, ist es möglich, die aufgeschlagenen Seiten im Kinderbuch zu identifizieren und die richtigen Texte vorzulesen.

Durch zusätzlich vorhandene Punktschrift-Bildbeschreibungen ist es darüber hinaus möglich, das Kind zum genauen Betrachten der Bilder zu bewegen und sich darüber auszutauschen. Die inklusiven Kinderbücher werden zusammen mit Wencke Gemril, blinde Mutter von drei sehenden Kindern und Mitarbeiterin der Brailledruckerei, entwickelt. Zu beziehen sind die Bücher über den Online-Katalog, aber auch über den neuen Online-Shop der blista - speziell für "inklusive Medien und Unterrichtsmaterialien" - unter www.inklusion-jetzt.de

Tipps für inklusive Kinderbücher

Sharon Harmer: Fühl mal, kennst du das? - Mein Bauernhof

Bestellnummer: 4896, 21,90 Euro (Schwarzschrift-Bilderbuch / Text und knappe Bildbeschreibungen in Vollschrift auf Folie eingeklebt)

Streichle mich - wie heiße ich? Wie fühlt sich das Küken an? Und wie der Reifen des Traktors? Ein erstes Buch zum Fühlen, Entdecken, Erkennen und Benennen. So macht Sprechenlernen Spaß!

Sharon Harmer: Fühl mal, kennst du das? - Meine Welt

Bestellnummer: 4897, 21,90 Euro (Schwarzschrift-Bilderbuch / Text und knappe Bildbeschreibungen in Vollschrift auf Folie eingeklebt) Streichle mich - wie heiße ich? Wie fühlt sich das Rotkehlchen an? Und wie die kuschelige Spieluhr? Ein erstes Buch zum Fühlen, Entdecken, Erkennen und Benennen. So macht Sprechenlernen Spaß!

Birgit Wenz: Kinderleichte Becherküche - für die Backprofis von morgen

Bestellnummer:48900, 49,90 Euro (Schwarzschriftbuch mit eingeklebter Folie mit Punktschrift des Buchtitels und Rezeptüberschriften plus Becherset mit Punktschrift plus Beiheft mit Buchtext und knappen Bildbeschreibungen in reformierter Kurzschrift oder Vollschrift)

Mit den unterschiedlich großen und farbigen Bechern gelingt es Kindern selbstständig, die Zutaten abzumessen und einen Teig herzustellen. In einer übersichtlichen und klar strukturierten Bild-für-Bild-Anleitung wird jeder einzelne Schritt dargestellt. Somit gibt es eine "Geling-Garantie". Mit der neuen Becherküchentechnik ist es Kindern möglich, nahezu selbstständig Kuchen, Brote oder Plätzchen zu backen. So werden Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein des Kindes gestärkt.

Erleben Sie selbst, wie Kinder stolz ihren selbst gemachten Kuchen präsentieren! (Inhalt: 15 kindgerechte Rezepte)

Sebastian Fitzek: Pupsi und Stinki

Bestellnummer: 4877, 39,90 Euro (Schwarzschriftbuch mit beigefügtem Punktschriftheft in reformierter Kurzschrift oder Vollschrift, das den Text und die Bildbeschreibungen enthält)

Der kleine Paul wird in der Kita gehänselt, weil ihm ständig geräuschvolle und stinkende Pupse entfahren. Doch dann findet "Pupsi", wie er bald genannt wird, einen ganz besonderen Freund: Ein Stinktier namens "Stinki", das einen schlimmen Makel hat: Es kann nicht auf Kommando stinken! Bald merken die beiden, dass Gemeinsamkeit stark macht. Und mit den Hänseleien ist endgültig Schluss, als es ihnen gelingt, einen gefährlichen Angreifer zu vertreiben ...

James Krüss / Lisl Stich: Henriette Bimmelbahn

Bestellnummer: 4882, 32 Euro (Schwarzschriftbuch mit eingeklebten Punktschrifttexten und -bildbeschreibungen in Vollschrift sowie einer kleinen Holzlokomotive zum Spielen)

"Henriette heißt die nette, alte kleine Bimmelbahn. Henriette, Henriette fuhr noch nie nach einem Plan", so beginnt der musikalisch und heiter klingende Text von James Krüss. Die Kinder mögen ihn und können ihn schnell mitsprechen. Und auch über die liebevollen Bilder freuen sie sich: Da fährt die Bimmelbahn in großen Bögen durch Wald und Wiesen, an Seen vorbei, lässt Leute aussteigen und wartet geduldig auf die heraneilenden Kinder...

Ihre Bestellung richten Sie bitte an

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Foto: Kinderbücher. Foto: Pixabay. (Ein Stapel bunter Kinderbücher. Darauf, unscharf, ein bunter Becher mit einem Strohhalm darin.)

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Panorama

"Im Alter IN FORM" - Informationsplattform zur Gesundheitsförderung ist online

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) hat auf dem 12. Deutschen Seniorentag in Dortmund die neue Internetplattform "Im Alter IN FORM" online gestellt. Sie wurde vom Vorsitzenden der BAGSO, Franz Müntefering, und Ursula Horzetzky, Referatsleiterin Ernährungsprävention, Ernährungsinformation beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), vorgestellt.

Das Informationsportal richtet sich an Verantwortliche und Akteure auf kommunaler Ebene, die sich für die Gesundheitsförderung älterer Menschen einsetzen. Es bietet umfassende Informationen und Materialien zur Gestaltung von kommunalen Angeboten und Strukturen mit dem Ziel, die Gesundheit älterer Menschen zu erhalten und zu verbessern. Im Mittelpunkt der Webseite "Im Alter IN FORM" stehen die Förderung einer ausgewogenen Ernährung, ausreichender Bewegung und der sozialen Teilhabe. Die Internetseite informiert über die Schulungsangebote und Fachtagungen des BAGSO-Projektes "Im Alter IN FORM" und bietet fachbezogene Materialien sowie Links zu anderen interessanten Informationsangeboten.

Die neue Internetseite ist Teil des BAGSO-Projekts "Im Alter IN FORM - Potenziale in Kommunen aktivieren". Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen von "IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung" gefördert.

Die Seite ist zu finden unter www.im-alter-inform.de

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Ines Frege, Inge Jansen, Barbara Schaperdoth-Gerlings, Norbert Schrage, Michael Stehr, Hans-Joachim Zeißig

Medizinisch beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) blinder und sehbehinderter Menschen

Die medizinische Rehabilitation von sehbehinderten, erblindenden oder akut erblindeten Menschen im Erwerbsleben ist derzeit keine Leistung der deutschen Sozialversicherungssysteme. Die Selbstverständlichkeit, mit der nach einer Hüftoperation, einem Herzinfarkt und ähnlichen Allgemeinleiden eine medizinische Rehabilitation einsetzt, ist beim Sinnesorgan Auge - über das immerhin bis zu 85% unserer Informationen aufgenommen werden - nicht bekannt. Die betroffenen Menschen bleiben mit den vielfachen Schwierigkeiten auf der psychischen, körperlichen, sozialen und beruflichen Ebene als Folge ihrer Behinderung und ihrem Umgang damit, d.h. ihren emotionalen und kognitiven Bewältigungsmustern allein.

Unser Ziel und Lösungsvorschlag ist es, dieser schwerwiegenden Veränderung der Lebenskoordinaten eines Menschen eine ebenso geordnete wie mut- und sinnstiftende Perspektive in Form einer speziellen psycho-somatischen und berufsorientierten Rehabilitation entgegenzustellen.

Zugang zum Modellprojekt Rundblick erfolgt über die Webseite des Projektes: www.rehabilitation-rundblick.de, alternativ über die Webseite der salus klinik: www.salus-kliniken.de/huerth-psychosomatik/

Auf beiden Seiten finden sich die Antragsformulare und Erläuterungen zu den formalen Voraussetzungen für die Teilnahme von PatientInnen. Bei Privatversicherten muss mit den Versicherungen und der Beihilfe ein direkter Kontakt hergestellt werden.

Ansprechpartner:

Dipl.-Psych. Michael Stehr, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. phil. Inge Jansen, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Prof. Dr. med. Dr. h.c. N. Schrage, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Neues Präsidium beim DBSV

Der Verbandstag des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) hat am 30. Juni 2018 das Führungsteam für die nächsten vier Jahre bestimmt. Renate Reymann war nach 12 erfolgreichen Jahren an der Spitze des Verbandes nicht erneut angetreten. In der ersten Abstimmung wurde Klaus Hahn aus Münster zum neuen Präsidenten des DBSV gewählt. Er gehört seit 12 Jahren dem Präsidium des DBSV an. Anschließend wurde Hans-Werner Lange aus Hannover im Amt des Vizepräsidenten bestätigt. Das Duo an der Spitze des DBSV geht mit großen Stimmenmehrheiten in die Legislaturperiode.

Die gewählten sieben weiteren Präsidiumsmitglieder sind Peter Brass (Berlin), Jette Förster (Hannover), Silvia Hame (St. Wendel), Prof. Dr. Thomas Kahlisch (Leipzig), Dr. Thomas Krämer (Berlin - Mitglied im Vorstand BBSB), Bernd Peters (Magdeburg) und Winfried Specht (Stuttgart). Wir gratulieren und wünschen dem neuen DBSV-Präsidium viel Erfolg bei seiner Arbeit.

Foto: v. li.n. re.: Klaus Hahn, Präsident des DBSV, Renate Reymann, ehemalige Präsidentin des DBSV, Hans-Werner Lange, Vizepräsident des DBSV. Foto: DBSV/Ziebe. (Klaus Hahn trägt einen grauen Anzug und rosa Krawatte. Er hat einen grauen Bart, trägt eine dunkle Brille und kurze, graubraune Haare. Renate Reymann trägt ein blaues, kurzärmeliges Kleid, eine goldene Kette und Brille. Ihre blonden Haare sind kurz. Hans-Werner Lange trägt einen schwarzen Anzug und eine rot-blau gestreifte Krawatte. Seine weißen Haare sind kurz und er trägt eine leicht getönte Brille. Alle drei lächeln.)

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Berichte und Schilderungen

Dr. Johannes-Jürgen Meister

In memoriam Gerhard Reiter

Am 24.02.2018 verstarb nach kurzer schwerer Krankheit Pastor i.R. Gerhard Reiter im 90. Lebensjahr. "Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn", diesem Konfirmandenwahlspruch entsprechend hat Gerhard Reiter sein Leben gestaltet. Mit 15 Jahren verlor er nach einer Bombenexplosion 1944 sein Augenlicht. Einem älteren Herrn, der ihn in der Klinik besuchte und zu einem Spaziergang einlud, erzählte er viel aus seinem noch jungen Leben, bis dieser ihn unterbrach, um hören zu können, ob kein Auto kommt. Da erst bemerkte Gerhard Reiter, dass sein Besucher selber blind war. Das habe ihm Mut zum Leben gegeben. Gerhard wechselte an die blista, um sein Abitur zu machen. Nach dem Abitur 1949 begann er mit dem Studium der evangelischen Theologie und absolvierte bereits sechs Jahre später sein 1. theologisches Examen beim Landeskirchenamt in Hannover, nach weiteren drei Jahren Vikariat 1958 die 2. theologische Prüfung. Nach seiner Ordination zum Pastor wirkte er von 1958 bis 1964 in der evangelischen Kirchengemeinde in Großburgwedel bei Hannover. 1964 übernahm er die Pastorenstelle am Friederikenstift in Hannover. 1959 wurde er zum landeskirchlichen Pastor der evang.-lutherischen Landeskirche ernannt. 1980 wurde ihm das Amt des Landesblindenpastors übertragen und er mit der Blindenseelsorge der Landeskirche Hannover betraut. Von 1983 bis Ende 2007 hat er das evangelische Hörmagazin "Kompass" mitgestaltet.

Nach seinem Abitur an der blista trat er dem DVBS, damals noch VBGD, bei und gehörte seit Mitte der 1990er Jahre der Gruppe Ruhestand an. Schon bald übernahm er die Aufgabe, die morgendlichen Einstimmungen in den Tag zu gestalten. Diese Einstimmungen, in denen er Interpretationen, Betrachtungen und Gedanken zu Versen aus der Bibel heranzog, wurden von gemeinschaftlichem Gesang geistlicher und volkstümlicher Lieder umrahmt. Unvergessen sind seine Einstimmungen in den Tag im Rahmen des Seminars in Osterode 2000. Die Nähe zum letzten Wohnsitz Wilhelm Buschs in Mechtershausen waren Anlass genug, Verse des volkstümlichen Dichters und Humoristen Wilhelm Busch als Ausgangspunkt seiner biblischen Interpretationen zu nehmen. In einer seiner Einstimmungen kennzeichnete er die Seminare der Gruppe als "Inseln des Zurückschauens und des Ausblicks im Ablauf eines Jahres". Wir verdanken Gerhard Reiter viele Anregungen und Anstöße zum Nachdenken, Innehalten und Besinnen. Wir werden ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Anmerkung der Redaktion: Wir bitten für die späte Veröffentlichung um Entschuldigung.

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Aus der Arbeit des DVBS

Sabine Hahn

Das Ehrenamt stärken: DVBS-Mitgliederversammlung 2018

Es war einer der wundervoll sonnigen Maitage, an dem Ursula Weber als Vorsitzende die Vereinsmitglieder des DVBS und ihre Begleitungen am Samstag, den 12. Mai 2018, um kurz nach 9.00 Uhr im Bürgerhaus Marburg-Marbach mit einem "Schönen Tag!" begrüßen konnte. Rund 80 Personen, davon 69 stimmberechtigte Mitglieder, waren aus den unterschiedlichsten Ecken der Republik angereist, um die Berichte der fünf Vorstandsmitglieder und der beiden Geschäftsführer zu hören, zu diskutieren, über Satzungsänderungsanträge abzustimmen und mit Impulsen zur Zukunft der Ehrenamtsarbeit gegen 15.30 Uhr wieder abzureisen.

Im Laufe der Veranstaltung entschied sich die Mitgliederversammlung mit einer Mehrheit von nur zwei Stimmen gegen einen eingebrachten Antrag, den Namen des Vereins zu ändern. Denn der vom Komitee in langen Diskussionen erarbeitete Vorschlag für einen neuen Namen als "Deutscher Verein der blinden und sehbehinderten Menschen in Bildung und Beruf e.V." ging einigen nicht weit genug, anderen zu weit.

Zustimmung gab es allerdings für mehrere kleinere Änderungen am Wortlaut der Vereinssatzung, die §§ 6, 8, 9 und 10 betrafen und mit denen die aktuelle Vereinsstruktur mit Fach-, Interessen- und Bezirksgruppen formal besser abgebildet werden kann.

Die Mitgliederversammlung stimmte außerdem für eine Resolution, die die Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102 kritisiert, da der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu barrierefreien Webseiten und mobilen Anwendungen für blinde und sehbehinderte Menschen erhebliche Mängel aufweist (Wortlaut der Resolution siehe http://dvbs-online.de/images/uploads/Resolution-der-Mitgliederversammlung-des-DVBS-vom-12.-Mai-2018.pdf).

"Veränderungen in der Arbeitswelt, der Bildung, die zunehmende Digitalisierung mit Auswirkungen auf fast alle Lebensbereiche stellen uns vor große Herausforderungen", so umriss Ursula Weber die Aufgaben des Vereins. "Um diese Veränderungen als doch recht kleine Gruppe mitgestalten zu können - und mitgestalten sollten wir sie -, müssen wir unsere Kompetenzen bündeln, Synergien nutzen und uns mit unseren Gremien untereinander vernetzen." Viele Vereinsmitglieder nickten, als sie ergänzte: "Wir müssen schauen, dass wir unser Profil schärfen und unseren Verein modernisieren. Dabei müssen wir unsere nach wie vor schwierigen finanziellen Verhältnisse im Blick behalten."

Um Perspektiven der ehrenamtlichen Vereinsarbeit auszuloten, war Doris Heineck, die Leiterin der Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf, zu Gast. Sie ging in ihrem Vortrag unter anderem der Frage nach, warum einerseits Vereine über Nachwuchssorgen klagen, andererseits das Interesse an ehrenamtlichem Engagement wächst. Ihre sechs Thesen verdeutlichten den Einfluss des gesellschaftlichen Wandels auf das Ehrenamt. "Die Menschen wollen mehr mitgestalten und wollen nicht nur Handlanger oder Hilfeempfänger sein", erläuterte sie. Umfragen zeigten, so machte sie deutlich, dass Ehrenamtliche verstärkt die Balance zwischen Eigennutz und Gemeinnutz suchen. Zu den Motiven für ein Engagement gehörten nun häufiger Spaß und Freude. "Freiwilligenengagement braucht systematische Förderung", gab sie den Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg.

Unter dem Titel "Die Zukunft nicht verpassen" erweiterte Uwe Boysen das Thema. Er hatte Entscheidungsträger und Mitglieder des Vereins zur zukünftigen Orientierung des DVBS befragt (vgl. horus 1/2018) und stellte die Anregungen vor. Sein Resümee: "Ich finde immer noch, dass der DVBS ziemlich gut aufgestellt ist, und das seit langem, und zwar jetzt mit unseren Projekten wie BIK, BiTi, iBoB und Ehrenamtsakademie." Und: "Wir haben an politischer Durchschlagskraft durchaus zugelegt." Seine Worte "Wir haben nach wie vor einiges zu bieten" dürften für viele Engagierte des Vereins motivierend nachwirken.

Mit der Mitgliederversammlung gingen die dreitägigen "Selbsthilfetage" zu Ende. Begleitpersonen bot am Samstag zwischenzeitlich eine Führung durch die hügelige Universitätsstadt Bewegung. Am Abend zuvor hatten Mitglieder und Freunde die Gelegenheit genutzt, beim Konzert von Karl-Heinz "Kalle" Sommer und Anita Naumann mit akustischen Highlights aus der Rock-, Pop- und Liedermachergeschichte den Alltag hinter sich zu lassen. Vor dem Konzert wurde der Kurzfilm "Nicht sehend - nicht blind. Sehbehinderte Menschen im Beruf" aufgeführt, der von und mit Mitgliedern der Interessengruppe Sehbehinderte realisiert worden war (http://dvbs-online.de/index.php/aktuelles/schwerpunkte). Fach- und Interessengruppen hatten bereits freitagvormittags auf dem Campus der blista Marburg getagt und neue Leitungsteams gewählt, der Vorstand hatte sich schon am Donnerstagmittag in der Geschäftsstelle getroffen. Auch das traditionelle "Stelldichein" in der blista am Donnerstagabend lieferte einen guten Anlass, alte und neue Bekannte zu treffen und sich auszutauschen, so dass die drei Tage in Marburg neben kontroversen Diskussionen und einvernehmlichen Arbeitsergebnissen auch Freude am Ehrenamt bieten konnten.

Übrigens wird das Protokoll der Versammlung vom 12. Mai für Mitglieder in einem der DVBS-Medien nachzulesen oder zu hören sein, denn auch auf der nächsten Mitgliederversammlung 2020 zählen die Genehmigung des Protokolls sowie die Entlastung des Arbeitsausschusses wieder zu den Tagesordnungspunkten.

Foto: Vorstand und Doris Heineck. Foto: DVBS. (Collage aus sechs Bildern. Von links oben nach rechts unten: Andrea Katemann, Doris Heineck, Werner Wörder, Uwe Bruchmüller, Harald Schoen, Ursula Weber.)

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Rainer Krauser

Blinde und Sehbehinderte Gäste besuchen DZ BANK

Rund 25 Mitglieder des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) besuchten am Dienstag, dem 27. März 2018, mit einigen sehenden Begleitpersonen und zwei Führhunden die Zentrale der DZ BANK AG in Frankfurt am Main. Die DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank ist das Spitzeninstitut der Genossenschaftlichen Finanzgruppe Volksbanken Raiffeisenbanken, zu der auch Unternehmen wie der Fondsanbieter Union Investment, die R+V Versicherung oder die Bausparkasse Schwäbisch Hall gehören. Auf dem von der Fachgruppe Wirtschaft des DVBS angestoßenen Besuchsprogramm standen Vorträge mit angeregter Diskussion über die Möglichkeiten der Geldanlage im gegenwärtigen Nullzinsumfeld von Thomas Kaffenberger sowie über das Nachhaltigkeitsmanagement der DZ BANK von Sabine Könner. Außerdem gab Rainer Krauser, DVBS-Mitglied und seit 17 Jahren Mitarbeiter in der Abteilung Konzernabschluss der DZ BANK, Einblick in seine Tätigkeit. Schwerpunktmäßig beobachtet der blinde Volljurist die aktuellen Entwicklungen im Bereich der nationalen und internationalen Rechnungslegung, erstellt Ausarbeitungen und Stellungnahmen im Rahmen der Verbandsarbeit und beantwortet Anfragen zur Anwendung von Rechnungslegungsvorschriften. Krauser bewältigt seine Aufgaben seit seiner Einstellung ohne persönliche Arbeitsplatzassistenz. Dass dies gelingt, rechnet er dem Umstand zu, dass er in einem vergleichsweise großen und gut zusammenarbeitenden Team mitarbeitet, in dem die Aufgaben dergestalt zugeschnitten werden können, dass Krauser nur gelegentlich Hilfebedarf aufgrund seiner Behinderung hat. Die zunehmende Digitalisierung sieht er für sich als Vorteil. "Die elektronischen Dokumente, die ich für meine tägliche Arbeit brauche, sind mit meinen Hilfsmitteln meistens ausreichend gut zugänglich", erläutert Krauser. Sein Arbeitsplatz ist mit einer elektronischen Sprachausgabe und einer Blindenschriftzeile ausgestattet, die den Bildschirminhalt zeilenweise in Blindenschrift wiedergibt.

Anschließend berichtete Karsten Möller, Schwerbehindertenvertreter der DZ BANK, allgemein über schwerbehinderte Beschäftigte und ihre Interessenvertretung. Zwischen den Vorträgen lud die Bank zu einem vorzüglichen Mittagessen ein. Das Programm wurde von Nicole Kreckel mit einer außergewöhnlich sehgeschädigtengerecht gestalteten Führung durch die Kunstausstellung der DZ BANK kulturell abgerundet. Abschließend ging es hoch hinauf in die Sky Lobby im 50. Stockwerk des DZ BANK Gebäudes. Dank der anschaulichen Beschreibungen des Ausblicks seitens Barbara Urban vom Veranstaltungsmanagement der DZ BANK konnten auch die blinden Gäste einen guten Eindruck von dem überwältigenden Blick auf die Frankfurter Skyline mit nach Hause nehmen. Ein herzlicher Dank sei all denjenigen, die zum Gelingen dieser besonderen Veranstaltung beigetragen haben.

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Sabine Hahn

Personalwechsel in der DVBS-Seminarorganisation

Zum 1. September 2018 verlässt Andreas Wohnig die DVBS-Geschäftsstelle und übergibt die Seminarorganisation bis auf weiteres an Christian Axnick und Dr. Katarzyna Kalka. Eine endgültige Klärung, wie die bisher von ihm verantworteten Arbeitsgebiete organisiert und personell zugeordnet werden, erfolgt erst im Jahr 2019. Andreas Wohnig geht in Rente. Er kam zunächst 1985, nach dem Abschluss seines BWL-Studiums, als Zivildienstleistender zum DVBS und war maßgeblich am Aufbau des "Aufsprachedienstes für wissenschaftliche Literatur" beteiligt. Ab 1999 übernahm er die Seminarorganisation, seit fast drei Jahren arbeitet er außerdem in der Begleitung des Mentoringprojekts TriTeam mit. Mit Andreas Wohnig verlässt ein wesentliches Stück Vereinsgeschichte und -wissen die Geschäftsstelle. Die Teilnehmenden der letzten Mitgliederversammlung hatten dem bei Vereinsmitgliedern beliebten und geschätzten Mitarbeiter bereits am 12. Mai mit lang anhaltendem Applaus für seine mehr als 30-jährige Tätigkeit gedankt.

"Ich freue mich darauf, mehr Zeit für Radtouren und Ausflüge mit meiner Frau zu haben", sagt Wohnig, der bei Wind und Wetter die rund 10 km von seinem Wohnort zur Arbeit radelt. "Um meinem Nachfolger die Übergabe zu erleichtern, werde ich mich in den kommenden zwölf Monaten aber auch noch in geringfügigem Rahmen um die Beantragung von Fördergeldern und deren Verwendungsnachweise für Seminare und andere DVBS-Aktivitäten kümmern."

Das Team der DVBS-Geschäftsstelle wünscht dem patenten und stets hilfsbereiten Kollegen alles Gute für einen aktiven dritten Lebensabschnitt und sagt "Herzlichen Dank für die gemeinsamen Jahre!" Wie gut, dass der Kontakt auch weiterhin erhalten bleibt.

Foto: Andreas Wohnig. Foto: DVBS. (Andreas Wohnig steht vor einem grünen Busch und lächelt in die Kamera. Er trägt eine Brille, graue kurze Haare, einen blauen Pulli und einen blauen Schal.)

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Juliane Taubner

iBoB: Barrierefreie Weiterbildungsplattform ist online

Rund 66.000 blinde und sehbehinderte Menschen nehmen heute selbstverständlich am Arbeitsleben teil. Doch wenn es um berufliche Weiterbildung geht, stoßen sie häufig an Grenzen. Genauso wie ihre Arbeitgeber oder Bildungsträger. Hier leistet die Weiterbildungsplattform des DVBS-Projektes iBoB (inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren) als deutschlandweit erste barrierefreie Weiterbildungsplattform Abhilfe.

Bereits seit April ist die Plattform unter der URL weiterbildung.dvbs-online.de online erreichbar. Auf der SightCity wurde sie mit großem Erfolg vorgestellt und stößt auf großes Interesse bei den Behindertenfachleuten der Sozialversicherungsträger und von Schwerbehindertenvertretungen. Die Plattform enthält mittlerweile 130 barrierefreie Weiterbildungsangebote, die von Computer und Technik über Gesellschaft, Politik und Gesundheit bis zu Soft Skills, Sprachen und Wirtschaft reichen. Ein großer Weiterbildungsanbieter gewährt DVBS-Mitgliedern erhebliche Preisnachlässe.

Neben den Weiterbildungsangeboten können Interessierte über die Plattform auch Beratungsangebote in Anspruch nehmen. Dazu gehört auch ein Peer-to-Peer Mentoring-Angebot durch selbst betroffene Fachleute zur Orientierung und Begleitung. Ebenso eine Stärken- und Potenzialanalyse mit Hilfe des barrierefreien webbasierten Kompetenzdiagnostik-Verfahrens KODE®.

Und woran erkennt man nun die Barrierefreiheit der Plattform? Alle Bildungsanbieter erläutern transparent den Aufbau ihres Angebots - vom Anmeldeverfahren über die Lehrgangsdurchführung bis zur Prüfung. Dazu gehört, dass die AGBs schriftlich zur Verfügung gestellt, die Formate der Lehrgangsunterlagen bekannt gegeben werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Mit diesen Hinweisen ermöglicht man sehbeeinträchtigten Weiterbildungsinteressierten, genau abschätzen zu können, was während der Weiterbildung erwartet wird und ob sie die Anforderungen erfüllen können. Das DVBS-Projekt iBoB wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit Mitteln aus dem Ausgleichsfonds gefördert und ist während der gesamten Projektlaufzeit kostenfrei.

Abbildung: Logo iBoB

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Michael Längsfeld scheidet als DVBS-Geschäftsführer aus

Michael Längsfeld wird nicht wie beabsichtigt die Geschäftsführung des DVBS übernehmen. Der Vorstand des DVBS und Michael Längsfeld haben einvernehmlich vereinbart, das Beschäftigungsverhältnis zum Ende der Probezeit zu beenden. Herr Längsfeld ist urlaubs- und abwesenheitsbedingt nicht mehr in der DVBS-Geschäftsstelle zu erreichen. Geschäftsführer des DVBS ist weiterhin Klaus Winger.

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Andreas Wohnig und Dr. Katarzyna Kalka

DVBS-Seminarvorschau 2018/2019

  • 31.8.-2.9.2018: Selbsterfahrungsseminar für von Blindheit bedrohte oder kürzlich erblindete Menschen, Kassel
  • 14.-16.9.2018: Statistik-Workshop für blinde und sehbehinderte Studierende zum Programm SPSS; Fachgruppe Studium und Ausbildung; Marburg
  • 22.-23.9.2018: Selbstpräsentation - Coaching für Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit, Seminar im Rahmen der Ehrenamtsakademie des DVBS e.V., Hannover
  • 29.9.-6.10.2018: Seminar "Altern und Blindheit" der Interessengruppe Ruhestand in Saulgrub
  • 6.-7.10.2018: Workshop "Expertenwissen für Laien - was ist ein barrierefreies Dokument und nach welchen Kriterien kann ich es prüfen?" für ehrenamtlich Aktive in der Selbsthilfe, Angebot im Rahmen der Ehrenamtsakademie des DVBS e.V., Marburg
  • 17.-20.1.2019: Seminar "Nicht sehend - nicht blind" mit drei Workshops zu berufsbezogenen Inhalten, Interessengruppe Sehbehinderte, Herrenberg
  • 18.-19.1.2019: Tagung des Netzwerks zur Braillenotenschrift in Leipzig
  • 1.-3.3.2019: Seminar für den musikalischen Nachwuchs, Fachgruppe Musik, Hannover
  • 11.-14.4.2019: "Biografisches Theater - zurückblicken, um nach vorn zu schauen", Fortbildungsseminar der Fachgruppe Wirtschaft, Herrenberg

Aktualisierte Termine und Ausschreibungen zu allen Seminaren finden Sie auch immer auf der Homepage des DVBS in der Rubrik "Angebote/Seminare", weitere Informationen auch gerne telefonisch unter 06421 94888-0.

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Aus der blista

Dr. Imke Troltenier

blista-Absolventen 2018

Insgesamt 47 erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen mit Sehbehinderung oder Blindheit verließen am 16. Juni 2018 die blista.

"ABI Looking for Freedom" - das Motto der Absolventen gibt einen Hinweis auf die vielfältigen Pläne der jungen Leute für die "Zeit danach" mit Reisen und Urlaub, Ausbildung und Studium. Für die Zukunft alles Gute wünschte blista-Direktor Claus Duncker: "Ihr habt die blista-Zeit gut genutzt und euch nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weiterentwickelt." Die Freundschaften, die dabei in der Schulzeit geknüpft werden, sind eine wichtige Basis fürs ganze weitere Leben", betonte Schulleiter Peter Audretsch.

Ihre Verabschiedung mit der feierlichen Zeugnisübergabe gestalteten die Absolventinnen und Absolventen zusammen mit dem blista-Vorstand, der Schulleitung und musikalischen Einlagen von Schülern und Lehrern.

Ausgezeichnet wurden:

  • Julia Gross von der Deutschen Gesellschaft für Chemie (DGCh) für besondere Leistungen und Engagement im Fach Chemie
  • Adrian Kurz für das beste Abitur des gymnasialen Bereichs (Durchschnitt 1,0)
  • Max Hlawatschek für den besten Fachoberschulabschluss (1,2)

Allgemeines Gymnasium (AG)

Ellen Beck, Lea Becker, Lennard Behrens, Marvin Berner, Valeria Bracke, Deniz Cakmak, Ufuk Cakmak, Tosca Dölle, Nils Emig, Angelina Fichtner, Lukas Gerrlich, Julia Gross, Lukas Gruber, Lara Tabea Jahns, Maria Karaoglou, Jennifer Langbein, Rina Mazrekaj, Tim Meiß, Andreas Neumann, Melisa Oturgan, Roman Qayumi, Tristan Reusswig, Tizian Roth, Rozelin Sadak, Isabelle Sommer, Jonas Stechert, Luca Sophia Wend.

Berufliches Gymnasium (BG)

Maurice-Daniel Diegel, Batuhan Gündogdu, Adrian Kurz, Umut Özdemir.

Fachoberschule Gesundheit (FOG)

Hilal Acikgöz, Özgün-Ezgi Dogan, Kerstin Queisser, Lea Respondek, Levin Scharmberg, Noah Tuttle.

Fachoberschule Sozialwesen (FOS)

Denise Brandl, Julia Fester, Celine Schönhaber, Alexandra Schreiner, Gülsüm Taskiran.

Fachoberschule Wirtschaft (FOW)

Florian Beer, Maria Dechant, Max Hlawatschek, Lisa Paus, Jens Thumann.

Foto: Die blista-Absolventen 2018. Foto: blista.(Eine Gruppe schick gekleideter junger Menschen, teils mit Weißstock, vor grünem Buschwerk.)

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Kim Fellinghauer

Schüleraustausch mit Krakau - in das Venedig des Ostens

Wir, die Klasse 11c, haben vom 20.04. bis zum 26.04.18 an einem Schüleraustausch nach Krakau teilgenommen. Wir haben dort auch im Internat einer Blinden- und Sehbehindertenschule gelebt. Das war allerdings ein bisschen anders als bei uns, da dort das Internat gemeinsam mit der Schule in einem Gebäude ist und auch die Zimmer viel kleiner und meist für mehrere Schüler sind. Die Schule liegt dort direkt an dem Fluss namens Weichsel. Das fanden wir alle sehr schön und gemütlich. Wir haben während der sechs Tage viele Ausflüge, mit und ohne die polnischen Schüler, in Krakau und Umgebung gemacht. Am ersten Abend wurde uns die schöne Krakauer Altstadt mit vielen alten Kirchen und Gebäuden und dem großen Marktplatz gezeigt. Am Samstag haben wir eine mehrstündige Floßtour auf dem Dunajec, einem Gebirgsfluss etwa zwei Stunden von Krakau entfernt, gemacht und waren anschließend noch in einem Kurort in einem wunderschönen Restaurant in einem Kellergewölbe essen und in dem Ort spazieren. Dort konnten wir uns auch ein wenig mit den anderen Schülern austauschen und besser kennen lernen.

Am Sonntag haben wir uns gemeinsam mit den polnischen Schülern die alte Schindlerfabrik und das dazugehörige Museum angesehen. Das war auch sehr interessant und eindrucksvoll für uns alle. Dort haben wir einiges über Krakau und seine Geschichte in der Zeit des Zweiten Weltkriegs und auch über Oskar Schindler und sein Tun gelernt. Schindler hat vom Krieg profitiert und in seiner Emaille-Fabrik in Krakau vor allem Zwangsarbeiter beschäftigt. Gegen Ende des Krieges hat er allerdings über tausend jüdische Frauen und Männer einschließlich ihrer Kinder vor der Vernichtung gerettet. Nachmittags haben wir uns eine Salzgrotte angeschaut. Das war auch sehr spannend und wie eine kleine eigene Stadt. Wir sind zuerst 53 Stockwerke unter die Erde gelaufen. Dort wurden uns verschiedene Salzkammern und Gänge gezeigt. Alles dort war aus Salz. Es gab teilweise eingebaute Holzbalken, die die Gänge stabilisierten, damit sie nicht einstürzten. Es gab mehrere Ebenen in dem ehemaligen Salzwerk, die uns gezeigt wurden. Auch viele verschieden große Kammern und drei Kapellen wurden uns gezeigt. Da die Bergleute damals gebetet haben, dass sie in dem Werk nicht ums Leben kommen, haben sie viele Kapellen unter der Erde gebaut, die auch alle aus Salz waren. Das war echt eindrucksvoll. In einer dieser Kapellen können sogar heute noch Paare heiraten (130m unter der Erde). Auch verschiedene unterirdische Seen wurden uns gezeigt. Und sogar ein Café, ein Restaurant und ein Souvenirgeschäft gab es dort.

Am Montag war dann nur die deutsche Gruppe in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz, wo wir eine ganztägige Führung hatten. Leider ist es dort jedoch sehr touristisch geworden, sodass es eher die Atmosphäre eines überlaufenen Museums als die einer Gedenkstätte hat. Trotzdem war es ein eindrucksvoller und zum Nachdenken anregender Ausflug.

Dienstag und Mittwoch verliefen nach diesen anstrengenden Tagen etwas ruhiger. Am Dienstag trieben wir in der Schule Sport und hatten ansonsten viel Freizeit. Am Mittwoch war schon unser letzter Tag in Krakau. Nachdem wir eine Schulführung bekommen hatten, wo uns das Schulsystem erklärt und verschiedene Räume gezeigt wurden, waren wir in Kleingruppen noch einmal in der Stadt, um Souvenirs zu kaufen und sich noch ein paar letzte Sehenswürdigkeiten anzusehen. Nachmittags wurde uns noch das sogenannte "Judenviertel" Krakaus, Kazimierz, gezeigt. Dieses Viertel hat sich jedoch auch verändert und heute gibt es dort viele Restaurants und Kneipen. Am Abend haben wir dort noch ein gemeinsames Abschiedsessen mit der polnischen Gruppe gemacht.

Auch in der Freizeit haben wir viel Zeit mit den polnischen Schülern verbracht. Wir waren abends öfters mit ihnen draußen spazieren oder saßen gemeinsam am Fluss. In der Nähe der Schule war auch gerade eine Kirmes, wo wir zweimal waren. Auch Pizzaessen und Shoppen waren wir einmal zusammen. Insgesamt hat sich die Reise nach Krakau sehr gelohnt, wir haben viel über die Stadt und die polnische Geschichte gelernt, einige nette Leute kennen gelernt und viel Spaß gemeinsam gehabt. So haben wir uns auch gefreut, als die polnischen Schüler vor einigen Wochen bei uns zu Besuch waren und wir ihnen unsere Stadt zeigen konnten. Herzlichen Dank an das Deutsch-Polnische Jugendwerk, das unsere Krakaufahrt und den Gegenbesuch finanziell unterstützt hat!

Foto: Die Schüleraustauschgruppe. Foto: blista. (Eine Gruppe Jugendlicher und zwei Lehrer sitzen auf einer riesigen, bunten Karte von Deutschland und Polen. Sie tragen verschiedenfarbige Schlüsselbänder um den Hals, zum Teil winken sie in die Kamera.)

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RehaFair 2018 - EDV-Ausstellung am 09. November

Namhafte Firmen präsentieren ihre Produktneuheiten

Am 9. November 2018 wird die Sporthalle der Carl-Strehl-Schule auf dem blista-Campus zum Treffpunkt in Sachen Hilfsmittel für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung. Ob für den Arbeitsplatz oder den Alltagsgebrauch: Namhafte Firmen aus dem Hilfsmittelbereich präsentieren auf der etablierten Ausstellung ihre Produkte rund ums Lesen, Einkaufen oder zum Thema Orientierung und Navigation. Von 10 bis 16 Uhr können die Besucher die neuesten Trends und bewährte Hilfsmittel-Klassiker ausprobieren und sich in ruhiger Atmosphäre informieren und kompetent beraten lassen.

Nach den positiven Rückmeldungen aus dem Vorjahr legt die RehaFair 2018 besonderes Augenmerk auf Angebote für Seniorinnen und Senioren. Von 14 bis 16 Uhr finden ältere Menschen und ihre Angehörigen viele spezielle Angebote sowie nützliche Infos und Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern.

Neben zahlreichen Ausstellern sind die Rechtsberatungsgesellschaft "Rechte behinderter Menschen gGmbH" (rbm) und das blista-Rehaberatungszentrum sowie die blista-Seniorenberatung auf der RehaFair präsent. Der blista-Hilfsmittelshop ist ebenfalls während der Ausstellungszeiten geöffnet (im Gebäude Schlag 8, direkt gegenüber der Sporthalle).

Die RehaFair findet am Freitag, dem 9. November, von 10 bis 16 Uhr in der Sporthalle der Carl-Strehl-Schule (Am Schlag 8a, 35037 Marburg) auf dem blista-Campus statt.

Kontakt

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Koordination: Manfred Duensing

Foto: RehaFair 2017. Foto: blista. (Eine Turnhalle, in der verschiedene Messestände aufgebaut sind. Menschen gehen durch die Gänge, sitzen an Tischen oder sind ins Gespräch vertieft.)

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Dr. Imke Troltenier

"Das ist Inklusion, wie ich sie mir vorstelle"

Zur "Europawoche 2018" besuchte Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich die blista und informierte sich über die so innovative wie erfolgreiche blista-Projektlinie "Inklusion & Innovation". Im zweiten Teil des Besuchs ging es um die gleichfalls innovativen "Multimedialen Lernpakete" (MuLI) der blista und um das Erasmus+-Projekt "UBIS", das den Einsatz taktiler Medien im Schulunterricht mit blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen fördern möchte. Bei seinem ersten Besuch an der blista ging es Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich vor allem um die europäisch geförderten Aktivitäten. Manchmal, so führte Dr. Ullrich aus, brauche es neben einem hervorragenden Konzept auch jemanden, der daran glaubt. Die Europäische Union und das Land Hessen hätten dieses Potenzial glücklicherweise erkannt.

Die Projektlinie "Inklusion & Innovation" unterstützt seit Herbst 2013 Menschen mit Blindheit und Seheinschränkung beim (Wieder-)Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Dafür waren insgesamt rund 316.000 Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration bereitgestellt worden. "Die Mittel waren sehr wichtig, um ein neues Konzept für eine gelingende und nachhaltige Integration von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu erproben und umzusetzen", erläuterte blista-Direktor Claus Duncker dem Besuch aus dem Gießener Regierungspräsidium: "Denn der Anteil der arbeitsuchenden und langzeitarbeitslosen Personen mit visuellen Einschränkungen ist leider seit Jahren unverhältnismäßig hoch."

Projektlinie Inklusion & Innovation in Marburg und Frankfurt

Die Ergebnisse an den Qualifikationsstandorten Marburg und Frankfurt der blista-Projektlinie Inklusion & Innovation können sich sehen lassen. Projektleiterin Ute Mölter zeigte auf, dass durch das Rehaberatungszentrum der blista 192 Personen mit Blindheit oder Sehbehinderung beraten oder intensiv begleitet und qualifiziert wurden, 91 Menschen mit Sehbehinderung und Blindheit an der modularen Qualifizierung teilnahmen und 67 Teilnehmenden der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt, in die Selbstständigkeit bzw. in eine Ausbildung oder ein Praktikum/FSJ gelang. Durch die Entwicklung und Beantragung einer durch die Arbeitsagentur finanzierten Maßnahme sei die Nachhaltigkeit des Angebotes sicherzustellen, erläuterte Mölter.

Das blista-Konzept ist bis dato einmalig, es verbindet eine kundenseitige Selbstbestimmung und Zusammenarbeit "auf Augenhöhe" mit unternehmerischem Know-how und einer hochqualifizierten spezifischen Förderung. Es soll jetzt im Bundesprojekt "AKTILA BS" aufgegriffen und verbreitet werden (www.blista.de/inklusion.innovation). Wenn ein solches Pilotprojekt bundesweit fortgesetzt werde, sei das eine klare Bestätigung: "Hier haben Sie etwas sehr richtig gemacht", lobte der RP die Verantwortlichen.

Europäisches Know-how zusammenbringen

Direktor Claus Duncker und blista-Lehrer Knut Büttner stellten anschließend das Erasmus+-Projekt "UBIS - Universal Information Containers for Blind and Visually Impaired Students" vor. Im vergangenen Jahr gestartet, soll es europäisches Know-how zusammenbringen und den Austausch zwischen fachpädagogischen Lehrkräften und technischen Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen europäischen Ländern fördern. Dabei, so informierte Büttner, gehe es um folgende drei Kernziele:

  • Die Erstellung von Richtlinien, wie 3D-Modelle für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler konzipiert und produziert werden sollen,
  • Die Entwicklung einer Handreichung für das pädagogische Personal von Schulen, die dabei helfen soll, mit 3D-Druck erstellte taktile Medien in den Unterricht einzugliedern,
  • Den Aufbau einer frei zugänglichen europäischen Datenbank mit universellen Informationscontainern.

Interessierte können den Fortschritt des jungen Projektes über die blista-Homepage unter www.blista.de/UBIS verfolgen.

"Es ist ein Glücksfall, dass hier eine sehr gute Idee auf die Möglichkeit zur Finanzierung getroffen ist", sagt Regierungspräsident Ullrich nach der Vorstellung und einem Rundgang. "Das ist Inklusion, wie ich sie mir vorstelle."

Das Interesse von Christoph Ullrich an gelungenen EU-Projekten kommt nicht von ungefähr, schließlich ist bei seinem Regierungspräsidium auch das Gießener Europe-Direct-Informationszentrum angesiedelt. Es ist Teil eines Netzwerks der Europäischen Kommission und informiert Bürgerinnen und Bürger vor Ort über die Europäische Union

.

Foto: Direktor Duncker informiert Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich über die mit 3D-Druck erstellten taktilen Medien für den inklusiven Schulunterricht. Foto: blista. (Vier Männer und eine Frau stehen an einem Tisch, auf welchem verschiedenes Anschauungs- und Informationsmaterial liegt. Sie sind ins Gespräch vertieft.)

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Thorsten Büchner

Erfolgreiche IT-Prüfungen an der blista

"Fundament für die berufliche Zukunft"

"Mit ihrem Abschlusszeugnis halten Sie das Fundament für ihre berufliche Zukunft in den Händen", sagte der stellvertretende Direktor der blista, Jürgen Nagel, anlässlich der Verabschiedung der stolzen Absolventen der IT-Ausbildung.

Der Leiter der IT-Ausbildungen, Otfrid Altfeld, hob die starken Leistungen der Absolventen Mario Krügerke, Kevin Weispfennig und Thilo Lutz hervor, die deutlich über dem Durchschnitt der Prüfungsergebnisse lagen. Thilo Lutz absolvierte im Rahmen seiner zweijährigen Umschulung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung sowohl die schriftlichen Klausuren als auch die mündlichen Prüfungen der IHK-zertifizierten Ausbildung mit der Traumnote 1,0. Auch seine beiden Kollegen konnten mit ihren Projektarbeiten überzeugen. Mario Krügerke verglich in seinem Abschlussprojekt zum Informatikkaufmann Software-Lösungen zur Prüfungsvorbereitung und konnte damit nicht nur sich, sondern auch seinen Kollegen nützliche Tipps für die heiße Lernphase mit auf den Weg geben. Kevin Weispfennig hatte als Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung eine Server-Software auf Basis von JavaScript und MariaDB für ein Lern-Management-System entwickelt, für das Thilo Lutz ein barrierefreies Frontend unter Verwendung der Technologie React erfolgreich programmieren konnte. Für die berufliche Zukunft wünschte Otfrid Altfeld den drei frisch gebackenen IT-Fachkräften, "dass ihr eure Kompetenzen und Ideen so einbringen könnt, wie ihr es hier in den letzten Jahren getan habt! Als IT-Fachleute habt Ihr nicht nur die Möglichkeit zur Teilhabe, sondern darüber hinaus zur Gestaltung von Arbeitswelten - und das nicht nur für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung, sondern für alle Softwareanwender."

Die duale Ausbildung der blista bildet seit über 30 Jahren Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung im IT-Bereich aus und wird von vielen Kostenträgern, wie etwa der Arbeitsagentur oder der Rentenversicherung, finanziert. Die Berufe Informatikkaufleute und Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung werden als zweijährige Umschulungen und dreijährige Ausbildungen angeboten. Seit dem Ausbildungsjahr 2017/18 kann der Beruf des Fachinformatikers für Systemintegration in einer dreijährigen Ausbildung erlernt werden. "Damit erweitern wir unser Spektrum und hoffen damit, unsere schon gute Vermittlungsquote von ca. 80% noch zu erhöhen", betont Otfrid Altfeld.

Mehr Informationen über die IT-Ausbildung an der blista finden Sie unter www.blista.de/it-ausbildungen-und-umschulungen

Erfolgreich absolvierte IHK-Prüfungen im IT-Bereich an der blista

Am 20. Juni 2018 bestanden Mario Krügerke (Umschüler zum Informatikkaufmann), Thilo Lutz (Umschüler zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung) und Kevin Weispfennig (Auszubildender zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung) die Abschlussprüfungen vor dem Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg

.

Foto: Die drei Absolventen und IT-Ausbildungsleiter Otfrid Altfeld. Foto: blista. (Die vier Männer stehen auf einer Steintreppe und lächeln in die Kamera.)

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Impressum

Herausgeber

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion

  • für den DVBS: Uwe Boysen, Andrea Katemann, Mirien Carvalho Rodrigues und Juliane Taubner
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier

Koordination

DVBS-Geschäftsstelle, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-0, Fax: 06421 94888-10, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)

Uwe Boysen (DVBS) und Dr. Imke Troltenier (blista)

Erscheinungsweise

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.

Jahresbezugspreis

  • 22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe,
  • 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonto des DVBS

Sparkasse Marburg-Biedenkopf
IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80
BIC: HELADEF1MAR

Verlag

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg, ISSN 0724-7389

  • Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg
  • Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
  • Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt. (Logo Glücksspirale)

horus 3/2018, Jg. 82 der Schwarzschriftausgabe

Titelbild:

Ungewöhnliche Berufe: Arbeit im Landtag, im Weinberg und auf dem Pferdehof. Bilder: Anja Geißler, Rainer Gießen, blista. (Eine Collage aus drei Bildern: eine Frau mit kurzen blonden Haaren und geschlossenen Augen, im Hintergrund angeschnitten die Worte "Landtag Rheinland-Pfalz". Ein Mann mit kurzen grauen Haaren und blauer Schirmmütze im Weinberg. Ein Mann in grüner Arbeitskleidung und eine Frau mit grauer Jacke und Halfter in der Hand flankieren ein schwarzes Pferd auf der Weide.)

Nächste Ausgabe (horus 4/2018)

Schwerpunktthema:"Globalisierung"

Erscheinungstermin: 4. Dezember 2018

Anzeigenannahmeschluss: 26. Oktober 2018

Redaktionsschluss: 2. Oktober 2018

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Kaum gebrauchtes Vorlesegerät …

der Fa. Papenmeier mit Originalzubehör zu verkaufen. VB: 1500 €. Bei Interesse melden Sie sich bei Claus Czowalla unter 0173 2640428.

Der DVBS hat

zwei portable Minidisk-Rekorder und einen stationären Minidisc-Recorder für interessierte Liebhaber dieser Technik abzugeben. Weitere Auskunft bei Sabine Hahn in der Geschäftsstelle unter 06421 9488824.

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BAGSO

Im Abonnement: Die BAGSO-Nachrichten

Die BAGSO-Nachrichten, die Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen für Aktive in Seniorenarbeit und Seniorenpolitik erscheinen vierteljährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema und aktuellen Informationen zu: Seniorenpolitik und Seniorenarbeit, Gesundheit und Pflege, Technik und Internet, Verbraucherfragen, Finanzen …

Sie können die BAGSO-Nachrichten abonnieren - für 16 €/Jahr inklusive Versand, Mitglieder eines BAGSO-Verbandes zahlen nur 12 €/Jahr.

Wir senden Ihnen gern ein Probeheft oder ein Abonnement-Formular zu.

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), Thomas-Mann Str. 2-4, 53111 Bonn, Tel.: 0228 24999315, Fax: 0228 24999320, www.bagso.de

blista

Schnuppern macht Spaß!

Reinschauen in eine Schule mit einem einmaligen Profil: Ganzheitliche Förderung, spezifische Unterstützung und eine große Auswahl an qualifizierten Bildungsabschlüssen ... - wer die vielfältigen Möglichkeiten kennen lernen möchte, die genau auf die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit Seheinschränkungen abgestimmt sind, ist an der blista richtig!

Die blista bietet ein rundum stimmiges Konzept. Die Lerngruppen sind klein und die Einzelnen zählen. Freunde finden, tolle Erfolge erleben, eine Sportart für sich entdecken, Theater spielen, sich in der Inklusion erproben ... - hier in Marburg erwartet Kinder und Jugendliche eine spannende Zeit.

Schnuppertage für Eltern und Schüler aller Jahrgangsstufen

  • 20. Oktober 2018 - Anmeldeschluss: 10.10.2018
  • 17. November 2018 - Anmeldeschluss: 07.11.2018
  • 19. Januar 2019 - Anmeldeschluss: 14.01.2019
  • 23. März 2019 - Anmeldeschluss: 13.03.2019
  • 04. Mai 2019 - Anmeldeschluss: 24.04.2019

Wir beraten Sie gern!

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista), Am Schlag 2-12, 35037 Marburg, Tel.: 06421 606-339, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.blista.de/schnuppertage

DVBS

Mitglieder gewinnen: Für eine starke Gemeinschaft

Als DVBS-Mitglied unterstützen Sie den DVBS auch durch Ihre Empfehlung und Mitgliederwerbung im Bekannten- und Kollegenkreis. Mit jedem neuen Mitglied gewinnen wir an Stärke und Expertise bei unserem Engagement für bessere Teilhabechancen im Beruf und beim lebenslangen Lernen.

Mitglieder profitieren von unseren Angeboten zur Vernetzung, von Fachinformationen und DVBS-Seminaren, von Beratung, Coaching oder Mentoring und unserer Zusam-menarbeit mit Weiterbildungsanbietern im Rahmen aktueller Projekte.

Fördermitglieder helfen uns ideell.

Weitere Infos: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS), Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-0, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Help Tech

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Gewinnen Sie mehr Lebensqualität und Selbständigkeit.

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Bildbeschreibung: Das Bild zeigt die OrCam 2 an einer Brille befestigt. Die Kamera, der Minicomputer, der Akku sowie der Lautsprecher wurden in einem einzigen Gerät komprimiert - all das befindet sich jetzt in der Kameraeinheit. Von der Größe her ist die OrCam 2 in etwa mit einem USB-Stick vergleichbar.

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Bestelladresse: DVBS, Frauenbergstr. 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Papenmeier: Braillex Live

BRAILLEX Live & ich - einfach unzertrennlich

Glauben Sie nicht? Dann erfahren Sie, was BRAILLEX Live an einem Tag alles für Sie leistet. BRAILLEX Braillezeilen begleiten Sie zuverlässig in Alltag, Schule und Beruf.

Infos zu allen Hilfsmitteln: Tel. 02304 946-0, PAPENMEIER RehaTechnik

Bildbeschreibung: Zu "BRAILLEX Live & ich - einfach unzertrennlich" ist ein blinde junge Frau zu sehen. Sie trägt lässig einen Kopfhörer um den Hals und einen Laptop in ihren Händen. Des Weiteren ist oberhalb des Textes, rechts neben der jungen Frau, die BRAILLEX Live Braillezeile abgebildet.

RTB

RTB: Sie gibt den Ton an. Wir auch!

Akustik für Lichtzeichenanlagen

RTB, www.rtb-bl.de, RTB GmbH & Co. KG, Tel. 0049 (0)5252 9706-0

Bildbeschreibung Das Foto zeigt eine singende junge Frau mit rotbraunen langen Haaren. Sie trägt eine schwarze Lederjacke und hält ein Mikrofon in der Hand. Links im Vordergrund steht ein Scheinwerfer, am rechten Bildrand ist die Box der Lichtzeichenanlage zu sehen.

SynPhon

Das Arbeitstier EinkaufsFuchs

Herausforderungen im Beruf werden leicht mit dem Produkterkenner

Abermillionen Produkte, die in vielen Berufen zum Einsatz kommen, erkennt der Einkaufs-Fuchs bereits mit einem Pieps - vom Kopierpapier bis zum Sprühkleber. Damit geht Ihnen die Arbeitsorganisation ganz schön leicht von der Hand. Ein Alleskönner ist der Einkaufs-Fuchs wenn es darum geht, einen Arbeitsplatz perfekt zu organisieren oder die Ablage übersichtlich zu halten. Dank des Systems aus aufklebbaren Strichcodes und zuordenbaren Sprachinformationen lässt sich jede noch so anspruchsvolle berufliche Ordnungsaufgabe sicher meistern. Das handliche Hilfsmittel liest dann mit einem Pieps klar und deutlich die Informationen vor, die Sie zuvor per Strichcode erfasst haben.

Er ist im Hilfsmittelkatalog der Krankenkassen gelistet.

SynPhon - Elektronische Hilfen für Sehgeschädigte GmbH, Im Steinig 6, 76703 Kraichtal, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon 07250 929555, www.synphon.de

Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH

Non-24.de: Eine zyklische Schlaf-Wach-Rhythmusstörung bei völlig blinden Menschen

Sind Sie völlig blind? Fühlen Sie sich oft nicht fit und unkonzentriert? Schlafen Sie nachts schlecht und sind tagsüber sehr müde?

Die Ursache: Ihre innere Uhr

Jeder Mensch besitzt eine innere Uhr. Der wichtigste Taktgeber ist das Tageslicht. Es setzt die innere Uhr immer wieder auf exakt 24 Stunden zurück. Völlig blinden Menschen fehlt die Lichtwahrnehmung, deshalb kann es dazu kommen, dass der Körper nicht mehr zwischen Tag und Nacht unterscheiden kann. Diese Menschen leiden an der Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, kurz Non-24.

Wie äußert sich Non-24? Betroffenen fällt es phasenweise sehr schwer, sich tagsüber wachzuhalten und zu konzentrieren. Nachts hingegen signalisiert der Körper oftmals kein Schlafbedürfnis.

Werden Sie aktiv: Ein Termin bei einem Arzt ist der nächste Schritt.

Rufen Sie das Team des Non-24 Service an. Die erfahrenen Mitarbeiter finden den richtigen ärztlichen Ansprechpartner in Ihrer Nähe und beantworten Ihre indivi- duellen Fragen. Sie sind rund um die Uhr erreichbar unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 2432105 oder per E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Dies ist ein Service der Firma Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH.

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