Anhang 1:
Die Bundesagentur für Arbeit antwortet…

Jens Nitschke, Leiter des Fachbereichs Rehabilitation der Bundesagentur für Arbeit, hat auf eine fachliche Anfrage per E-Mail vom 24. April 2019 diese folgendermaßen beantwortet:

Frage: Weiterbildungsmaßnahmen außerhalb der AZAV-Zertifizierung

Wie ist das Verfahren der Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen außerhalb der AZAV-Zertifizierung geregelt, wenn für einen Kunden kein geeignetes AZAV-zertifiziertes Angebot verfügbar ist? In der Praxis sind in aller Regel im AZAV-Fundus keine für blinde und stark sehbehinderte Bedarfsträger barrierefrei zugänglichen Angebote auffindbar. Bitte informieren Sie mich für unsere Beratungsarbeit über die entsprechenden BA-Regelungen und Verfahren.

Jens Nitschke:

Die Förderung beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen ist für die Bundesagentur für Arbeit (BA) in den §§ 81 ff. SGB III beschrieben. Alle Maßnahmen, die durch die BA gefördert werden, unterliegen der Notwendigkeit einer AZAV-Zertifizierung. Dies wurde in den §§ 176 ff. SGB III gesetzlich normiert. So lautet § 176 Abs. 1 Satz 1 SGB III Träger bedürfen der Zulassung durch eine fachkundige Stelle, um Maßnahmen der Arbeitsförderung selbst durchzuführen oder durchführen zu lassen.“ Abs. 2 regelt weiter: „Maßnahmen nach § 45 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 bedürfen der Zulassung nach § 179 durch eine fachkundige Stelle. Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 81 und 82 bedürfen der Zulassung nach den §§ 179 und 180.“

Daraus ergibt sich, dass die Maßnahme- und Trägerzertifizierung – besonders für die berufliche Weiterbildung – eine Grundvoraussetzung für die Maßnahmezulassung und -förderung darstellt. Andere Maßnahmen ohne eine Träger- und Maßnahmezertifizierung können daher nicht durch die BA gefördert werden.

Wie Sie darstellen, ergibt sich eine Lücke zwischen dem AZAV-zertifizierten Angebot und dem erforderlichen Angebot für blinde und sehbehinderte Menschen. Zum einen können Bildungsträger dazu beitragen, diese Lücke durch die Zertifizierung spezieller Maßnahmen zu schließen. Zum anderen kann in besonders gelagerten Fällen gemäß § 177 Abs. 5 SGB III eine Einzelfallzulassung einer individuellen Maßnahme auch durch die Agentur für Arbeit erfolgen, z. B. wenn besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht und keine vergleichbaren Angebote existieren (vgl. Fachliche Weisungen FbW).

Hier wird bei behinderten Menschen im Rahmen der Wiedereingliederung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse unterstellt. Dabei wäre allerdings auch zu prüfen, ob die Leistungen zur Teilhabe anderweitig (z. B. über den zuständigen Reha-Träger) erreicht werden können. Auf eine Zertifizierung kann gemäß der fachlichen Weisungen zu § 176 SGB III auch im Rahmen der Förderung mit dem Persönlichen Budget nach § 29 SGB IX in sachlich begründeten Ausnahmefällen verzichtet werden.

Im KURSNET der BA sind die vorhandenen Angebote in der Regel eingestellt und ist auch eine Differenzierung speziell nach Behinderungsart unter der erweiterten Suche möglich. KURSNET finden Sie hier: https://www.kursnet.arbeitsagentur.de/kurs/portal

Andererseits bestehen auch spezielle Angebote für behinderte Menschen im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen, die in Einrichtungen nach § 51 SGB IX durchgeführt werden. Auch diese Einrichtungen benötigen, um Rehabilitandinnen und Rehabilitanden von der BA aufnehmen zu können, eine entsprechende Trägerzertifizierung gemäß § 176 SGB III. Um eine Leistung bzw. Förderung in einer Einrichtung nach § 51 SGB IX zu erhalten, ist der individuelle Bedarf des behinderten Menschen im Rahmen eines Reha-Verfahrens durch den zuständigen Reha-Träger zu ermitteln und die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern.

Alle Angaben zur AZAV finden Sie im Internet hier: https://www.arbeitsagentur.de/bildungstraeger/akkreditierung-zulassung


Frage: Qualifizierungschancengesetz

Die BA hat durch das Qualifizierungschancengesetz neue Aufgaben übernommen. Dazu gehört auch die Beratung und Förderung von Bedarfsträgern mit einer Schwerbehinderung in Fragen von beruflichen Weiterbildungsbedarfen vor dem Hintergrund von Anforderungsveränderungen in der Arbeitswelt, die zumeist durch Digitalisierungsprozesse initiiert wurden. Bitte informieren Sie mich für unsere Beratungs- und Informationsarbeit über Konzepte, Verfahren, Richtlinien und dergleichen, zu dieser Beratung und Förderung speziell für Kunden mit Behinderungen.

Jens Nitschke:

Das Qualifizierungschancengesetz stellt eine Erweiterung der bisherigen Fördermöglichkeiten nach §§ 81 ff. SGB III dar und ergänzt daher das Angebot, das früher als WeGeBAU-Programm bekannt war. Die §§ 81 ff. SGB III wurden lediglich um neue Förderhöhen und -dauern, besonders für schwerbehinderte Menschen, erweitert. Darüber hinaus erhalten auch die Betriebe unter Umständen höhere Zuschüsse zu den Lohnkosten (Arbeitsentgeltzuschuss).

Die Zugangswege und -möglichkeiten sind – wie bei der Beschäftigtenförderung bisher auch – im Regelfall über die arbeitnehmer- und arbeitgeberorientierten Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte der Agenturen für Arbeit abgesichert. Folglich sind keine weitergehenden, auf die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen, abgestimmten Konzepte oder Richtlinien, notwendig. Die fachlichen Weisungen werden durch die BA im Internet veröffentlicht, sodass Sie Ihre Mitglieder anhand der Weisungen informieren können, die gleichermaßen für die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen gelten.

Der (gemeinsame) Arbeitgeber-Service (AG-S) sensibilisiert und berät Arbeitgeber im Rahmen der Qualifizierungsberatung zu Vorteilen und Möglichkeiten einer systematischen Personalentwicklung zur Deckung ihres Fachkräftebedarfs. Der Beratungsansatz schließt die Potenziale aller Personengruppen, z. B. Menschen mit Behinderungen, ein. Ergeben sich während bzw. nach einer Qualifizierung aufgrund der veränderten Anforderungen der neuen Tätigkeit Fragen zur Barrierefreiheit, behindertengerechten Gestaltung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen oder dem Einsatz technischer Arbeitshilfen kann der AG-S den Technischen Beratungsdienst in die Beratung einbeziehen.

Die Weisungen zur Durchführung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 81 ff. SGB III finden Sie hier: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/download/documents/dok_ba014613.pdf Hierin sind bereits zum Stand 01.01.2019 die Änderungen aus dem Qualifizierungschancengesetz enthalten.

Die Übersicht zu den Weisungen finden Sie im Internet unter: https://www.arbeitsagentur.de/veroeffentlichungen/gesetze-und-weisungen – hier wählen Sie dann bitte das entsprechende Gesetzbuch aus.


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