horus Nr. 1 / 2015 - Sozialleistungen auf dem Prüfstand

Inhaltsverzeichnis

Vorangestellt

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Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder,

"Drum prüfe, wer sich ewig bindet", so sagt man bei einer Eheschließung. Aber sind wir denn mit unseren Sozialleistungen, die wir in dieser Ausgabe auf den Prüfstand stellen, verheiratet? Ich fürchte, in gewisser Weise ja! Denn dass sie für uns unverzichtbare Nachteilsausgleiche darstellen, lässt sich kaum leugnen. Wir werden diese Nachteilsausgleiche wie das Blinden- und Sehbehindertengeld auch in Zukunft brauchen. Doch wie es im Einzelnen ausgestaltet ist, darüber wird gerade im Rahmen des Versuchs, ein Teilhabegesetz zu verabschieden, gesellschaftspolitisch heftig diskutiert, wie das Interview zum Thema deutlich macht. Es gibt aber auch andere Sozialleistungen, die nicht speziell für unseren Personenkreis gemacht worden sind, wie etwa diejenigen nach "Hartz IV", die jedoch für uns besondere Bedeutung erlangen, wenn man bedenkt, wie viele blinde Menschen erwerbslos sind. Welche Besonderheiten hier für uns gelten, verdeutlicht Michael Richter in seinem Artikel.

All diese Leistungen sind nicht in Stein gemeißelt. Man befrage dazu nur Menschen aus Griechenland, Spanien oder Portugal! Auch wenn das Grundgesetz in Art. 28 Abs. 1 vom "sozialen Rechtsstaat" spricht und daraus der Begriff des Sozialstaates hergeleitet wird, so müssen wir doch immer hellwach sein, um zu erkennen, welchen Veränderungen dieser Sozialstaat sich ständig ausgesetzt sieht. Das Versprechen einer gleichberechtigten Teilhabe für behinderte Menschen am gesellschaftlichen Leben ist gut und schön für Sonntagsreden. Soll es nicht bloß ein Versprechen bleiben, so muss es auch finanziell durch staatliche Leistungen unterfüttert werden. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass das geschieht — ob in den Kommunen, an den Schulen oder Hochschulen wie im Beruf, aber auch im Ruhestand. Das wünscht sich und uns

Ihr und euer

Uwe Boysen

Bildbeschreibung: Das Portraitfoto in der Schwarzschriftausgabe zeigt den DVBS-Vorsitzenden Uwe Boysen in dunklem Anzug, hellem Hemd und Krawatte. Er trägt eine dunkle Brille und lächelt. Foto: DVBS


Bildbeschreibung Titel

Bildbeschreibung Titelblatt

horus 1/2015 trägt den Titel "Sozialleistungen auf dem Prüfstand". Das Titelfoto in der Schwarzschriftausgabe ist bei der Blindengeld-Demonstration in Kiel (2010) entstanden. Zu sehen sind eine Menge blinder und sehbehinderter Menschen, die gelbe T-Shirts mit dem Aufdruck "Hände weg vom Blindengeld" tragen und durch die Straßen gehen. Sechs Teilnehmende - darunter der DVBS-Vorsitzende Uwe Boysen - halten ein großes, gelbes Transparent in der Hand, auf dem ebenfalls der Slogan "Hände weg vom Blindengeld" aufgedruckt ist. Foto: DBSV/Volker Lenk


In eigener Sache

In eigener Sache

DVBS und blista präsentieren sich auf der SightCity 2015

Vom 20. bis 22. Mai 2015 findet Europas größte Hilfsmittelmesse SightCity in Frankfurt statt (Hotel Sheraton am Flughafen). Am bewährten Standort im Foyer präsentieren sich DVBS und blista am Gemeinschaftsstand D17. Wir informieren Sie über neue Angebote und stehen für Gespräche zur Verfügung. Kommen Sie vorbei, wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Thema 2/2015

Am 26. Mai 2015 erscheint die nächste horus-Ausgabe mit dem Schwerpunktthema "Sport & Abenteuer". In der warmen Jahreszeit wächst die Lust, aktiv zu werden. Lieben Sie Outdooraktivitäten und sind Sie vielleicht in einem Sportverein aktiv? Gehen Sie trotz Seheinschränkung gerne bergsteigen oder paddeln? Welche besonderen Abenteuer haben Sie schon gemeistert? Lassen Sie die horus-Leserschaft an Ihren Erlebnissen teilhaben! Wenn Sie einen Beitrag zum nächsten Heft beisteuern möchten, können Sie Ihre Texte gerne wie gewohnt per E-Mail an die horus-Redaktion schicken: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Redaktionsschluss ist der 31. März 2015.

Berichte für den Schwerpunkt können bis zu 10.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) lang sein, allgemeine Berichte bis zu 4.000 Zeichen. Kürzere Meldungen sollten eine Länge von 2.000 Zeichen nicht überschreiten.

horus-Fans aus Ägypten

Zum Schluss noch eine nette horus-Anekdote aus der blista: Dort waren vor ein paar Wochen Gäste aus Ägypten zu Besuch. Bei einer Führung über den blista-Campus machten die Besucher aus Kairo auch in der Schülerbibliothek Station. Als sie dort die aktuelle Ausgabe des "horus" erblickten, klatschten sie vor Freude in die Hände. Dass ein ägyptischer "Himmelsgott" und sein "Auge" unserem Heft den Namen und Gestalt geben, sorgte für Begeisterung. So wurde der "horus" kurzerhand mit eingepackt und dient ab sofort dem ägyptischen blista-Gast dazu - nach eigener Aussage -, in die unbekannte deutsche Sprache einzutauchen. Die horus-Augen sind in Ägypten ein weithin verbreitetes Symbol und unter anderem auf den Maschinen der staatlichen Fluggesellschaft EgyptAir zu sehen.


Schwerpunkt: Sozialleistungen auf dem Prüfstand

Mammutprojekt Teilhabegesetz

Interview aus dem Magazin "Menschen" der Aktion Mensch

Das Bundesteilhabegesetz soll kommen. Doch was ändert sich mit dem neuen Gesetz? Im Interview erläutern Nancy Poser und Horst Frehe, zwei Experten des Forums behinderter Juristinnen und Juristen, warum ein modernes Teilhaberecht nötig ist und was es beinhalten sollte.

Nancy Poser (35) ist Richterin am Amtsgericht in Trier und die Behindertenbeauftragte der Stadt. Horst Frehe ist ehemaliger Richter am Sozialgericht in Bremen. Er und Nancy Poser sind Mitglieder des Forums behinderter Juristinnen und Juristen, einem Zusammenschluss, der sich bewusst als verbandsunabhängiger und neutraler Expertenkreis versteht.

Das Interview führte Michael Wahl.

Michael Wahl: Bund und Länder haben sich bereits im Jahr 2012 geeinigt, ein neues, modernes Bundesteilhabegesetz zu erlassen. Warum ist ein solches modernes Teilhaberecht aus Ihrer Sicht notwendig?

Nancy Poser: Das derzeit geltende Recht entspricht dem veralteten Fürsorgegedanken und ist im Sozialhilferecht verankert. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung bis heute deshalb als Bittsteller behandelt werden und nicht als Träger von Menschenrechten. Leistungen zur Teilhabe am Leben, die einzig behinderungsbedingte Nachteile ausgleichen, erhalten Menschen mit Behinderung nur, wenn sie und ihre Partner auf Armutsniveau leben. Die derzeitige Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung findet zudem oftmals noch immer in Sonderwelten statt - ohne Chance, jemals gleichberechtigt mit allen anderen leben zu können. Viel zu häufig verwehrt das jetzige System ein Leben inmitten der Gesellschaft. Für viele Menschen gibt es keine Wahlmöglichkeit. Nach Sonderschule folgt gesonderte Unterbringung und Arbeit fernab des ersten Arbeitsmarktes. Der heutige Stand der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland entspricht in keiner Weise den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention. Menschenrechtsverletzungen werden so in Kauf genommen.

Wahl: Welche Hauptziele sollte das Bundesteilhabegesetz Ihrer Meinung nach verfolgen?

Horst Frehe: Das Bundesteilhabegesetz muss den Anspruch auf persönliche Unterstützung für eine gleichberechtigte soziale Teilhabe ohne Anrechnung von Einkommen und Vermögen bedarfsgerecht erfüllen. Also: Wenn jemand morgens zum Aufstehen, auf dem Weg zur Arbeit und während der Arbeit persönliche Unterstützung benötigt, muss diese Unterstützungsleistung als eine Leistung aus einer Hand bewilligt werden und nicht durch mehrere Kostenträger. Wenn jemand außerhalb der Werkstatt für behinderte Menschen einen Arbeitsplatz bei einem privaten Arbeitgeber gefunden hat, muss dieser genauso gefördert werden, wie die Arbeit in der Werkstatt. So muss der Lohn oder Tariflohn durch einen Minderleistungsausgleich bezuschusst und eine Unterstützung am Arbeitsplatz durch Job Coach und Assistenz ermöglicht werden. Oder wenn jemand einen Gebärdensprachdolmetscher für eine Veranstaltung benötigt, weil er oder sie gehörlos ist, muss dieser unkompliziert finanziert werden.

Wahl: Die individuellen Einschränkungen verschiedener Personen bringen ganz unterschiedliche Bedürfnisse mit sich. Wie kann ein Bundesteilhabegesetz dem Rechnung tragen?

Nancy Poser: Nach den Vorstellungen unseres verbandsunabhängigen Forums sollen durch trägerübergreifende Hilfen aus einer Hand bedarfsgerechte, individuelle Lösungen für alle Menschen mit Behinderung entstehen. Diese Lösungen sind beispielsweise das Persönliche Budget für ein selbstbestimmtes Wohnen mit individuellen Assistenzleistungen oder auch das Budget für Arbeit für einen dauerhaften Zugang zum ersten Arbeitsmarkt. Das Bundesteilhabegeld soll für alle Leistungsberechtigten gezahlt werden und dies in der Höhe individuell bemessen nach der eigenen Beeinträchtigung. Damit sollen die behinderungsbedingten Mehraufwendungen, für die keine speziellen Leistungen oder Ansprüche bestehen, ausgeglichen werden.

Wahl: Das neue Gesetz soll vor allem den Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt stellen. Wichtig dabei sind individuelle Hilfen wie die persönliche Assistenz durch das Persönliche Budget. Wie kann das Persönliche Budget individuelle Hilfen gewährleisten?

Nancy Poser: Eine umfängliche soziale Teilhabe kann nur gewährleistet werden, wenn sich die Hilfe den selbstbestimmten Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen anpasst. Selbstbestimmt heißt dabei, dass der Mensch mit Behinderung selbst entscheidet, welche Hilfe er von wem bekommen soll. Das Persönliche Budget funktioniert nach dem Grundsatz: Geldleistung statt Sachleistung. Menschen mit Behinderungen werden so zu Arbeitgebern ihrer Assistenten, und mehr Selbstbestimmung ist möglich. Als Arbeitgeber hat ein Budgetempfänger dann aber auch ganz neue Verantwortlichkeiten zu bewältigen. Deshalb muss das Persönliche Budget und besonders die notwendige Beratung hierzu im Sozialrecht noch tiefer verankert werden, um diesen Paradigmenwechsel hin zu einer selbstbestimmten Lebensführung von Menschen mit Behinderungen transparent zu machen.

Wahl: Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht, dass das Bundesteilhabegesetz bis spätestens 2018 fertig sein soll. Dazu führt die Bundesregierung gerade mit der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz im Bundessozialministerium einen breiten Beteiligungsprozess durch. Sie sind auch Mitglied in dieser Arbeitsgruppe. Mit wem sitzen Sie dort an einem Tisch und wie ist die Stimmung?

Horst Frehe: In der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz sind Vertreterinnen und Vertreter der Selbsthilfeverbände, des Bundes, der Länder sowie der Leistungserbringer der Sozialleistungen vertreten. Auch die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Verena Bentele, ist dabei. An einem großen Tisch mit 36 Vertreterinnen und Vertretern werden die wesentlichen Inhalte des Bundesteilhabegesetzes diskutiert. Dazu gibt es für die verschiedenen Themen einzelne Sitzungen. Bis heute, Ende 2014, haben fünf Sitzungen stattgefunden und es sind weitere vier bis April 2015 geplant. Die Stimmung in den bisherigen Sitzungen habe ich bisher als konstruktiv empfunden.

Wahl: Laut Koalitionsvertrag soll die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden. Wenn Sie die bisherigen Diskussionen aus der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz bedenken, welche zentralen Punkte werden Ihrer Meinung nach das neue Bundesteilhabegesetz prägen?

Horst Frehe: Aus meiner Sicht werden insbesondere eine ausdifferenzierte Persönliche Assistenz und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben außerhalb der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen Kernpunkte des Bundesteilhabegesetzes der Bundesregierung sein. Bei letzterem habe ich in der betreffenden Sitzung sehr viel Übereinstimmung bei allen Beteiligten wahrgenommen.

Wahl: Das Bundesteilhabegesetz erscheint als ein Mammutprojekt. Haben Sie bedenken, dass den beteiligten Akteuren zwischenzeitlich die Luft ausgehen könnte oder sehen Sie andere Schwierigkeiten?

Horst Frehe: Ich glaube, dass der derzeitige Schwung, der von den Akteuren an den Tag gelegt wird, ausreicht, um das Bundesteilhabegesetz durchzubringen. In den bisherigen Sitzungen wurde eine überraschende Einigkeit zwischen den Behindertenverbänden, den Sozialhilfeträgern, den Ländern und der Bundesregierung deutlich. So besteht beispielsweise bereits Konsens über ein gemeinsames Verständnis des Begriffes einer Behinderung, das Verfahren zur Bemessung von angemessenen Hilfeleistungen, dem so genannten Bedarfsbemessungsverfahren, und das Budget für Arbeit. Bei der Frage etwa, ob die neuen Leistungen des Teilhabegesetzes unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt werden sollen, gibt es unterschiedliche Positionen. Aber auch hier sehe ich Kompromisslinien.

Fahrplan für das Bundesteilhabegesetz

September 2014 bis April 2015: Diskussion der wesentlichen Gesetzesinhalte in der "Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz" zwischen Verbänden der Selbsthilfe, Bund, Ländern sowie Leistungserbringern

Dezember 2015: Referentenentwurf des Gesetzes wird vorgelegt

Ab Anfang 2016: Beratungen im Bundestag mit Ausschussberatungen und Anhörungen

Ab Ende 2016: Beratungen im Bundesrat und eventuell im Vermittlungsausschuss

2017: Das Bundesteilhabegesetz tritt voraussichtlich in Kraft.

Das Interview ist in einer gekürzten Version im Magazin der Aktion Mensch, "Menschen", Ausgabe 1/2015, erschienen und zudem online abrufbar: https://www.aktion-mensch.de/magazin/gesellschaft/teilhabegesetz.html


„Zehn Jahre Hartz IV auch für blinde oder sehbehinderte Menschen“

Grenzen und Möglichkeiten

Zehn Jahre nach der großen Reform eines erheblichen Teils des steuerfinanzierten Sozialsystems in Deutschland und der Ablösung des sog. BSHG durch ein SGB II und ein SGB XII sind beide "Reformkinder" für blinde und sehbehinderte Menschen heute noch von außergewöhnlicher Bedeutung. Das SGB II deshalb, weil überdurchschnittlich viele blinde und sehbehinderte Menschen im Verhältnis zu "nichtbehinderten" Menschen auf die Inanspruchnahme dort geregelter unterhaltssichernder Leistungen angewiesen sind und weil für behinderte Menschen die überragend wichtigen Leistungen in besonderen Lebenslagen entsprechend des SGB XII (z.B. die Eingliederungshilfe) gerade Gegenstand eines großen Reformvorhabens der Bundesregierung sind.

I. Ein Überblick über die Grundsätze für die Gewährung unterhaltssichernder Leistungen nach dem SGB II

Die ehemalige Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III sowie Sozialhilfe nach dem BSHG wurden mit Wirkung zum 01.01.2005 im SGB II als "Grundsicherung für Arbeitssuchende" (umgangssprachlich "Hartz IV") zusammengefasst. Der leistungsberechtigte Personenkreis wird in § 7 Abs. 1-3 SGB II bestimmt. Erwerbsfähige hilfebedürftige Menschen sind leistungsberechtigt sowie die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Insbesondere zählen der Partner/ die Partnerin sowie Kinder der/des Hilfebedürftigen zu der Bedarfsgemeinschaft. Erwerbsfähig im vorbenannten Sinne ist gemäß § 8 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, d.h. nicht erwerbsunfähig zu sein. Die Hilfebedürftigkeit definiert sich gemäß § 9 SGB II dann an dem Umstand, dass der Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen gesichert werden kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten wird (vgl. hierzu auch unten unter III.1. zur Berücksichtigung von Blindengeld). Die Leistungen gemäß §§ 19a SGB I, 1 II SGB II sind in diejenigen zur Beendigung oder der Verringerung der Hilfebedürftigkeit, insbesondere in Eingliederung in Arbeit, und in diejenige zur Sicherung des Lebensunterhalts zu unterteilen. Hier soll lediglich auf die zweite Art der Leistungen eingegangen werden:

Als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts wird "Arbeitslosengeld II" erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gewährt. An ihre zum Haushalt gehörenden nicht erwerbsfähigen Angehörigen wird "Sozialgeld" geleistet, § 19 Abs. 1 SGB II. Ein solcher Anspruch schließt Leistungen nach dem SGB XII aus. Die Regelsatzhöhe ist seit dem 01.01.2015 für Alleinstehende um acht Euro von 391 auf 399 Euro gestiegen. Entsprechend sind die Beträge für Partner in der Bedarfsgemeinschaft von 353 Euro auf 360 Euro gestiegen. Auch die Beiträge für die unter 25-Jährigen ohne die Genehmigung zum Auszug sowie für Kinder wurden erhöht.

Außerdem sind sog. Mehrbedarfe (§§ 21 Abs. 2 - 5, 7; 23 Nr. 2-4 SGB II), ein individueller Sonderbedarf (§21 Abs. 6 SGB II), Kosten der Unterkunft (Miete, Heizung und sonstige Mietnebenkosten, § 22 SGB II), Bedarfe für Bildung und Teilhabe (§28 SGB II) sowie ggf. in Einzelfällen Zuschüsse zu Versicherungsbeiträgen (§26 SGB II) zu dem Regelbedarf hinzuzuaddieren, sofern diese Kosten tatsächlich entstehen. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie beispielsweise der Zahl der Haushaltsangehörigen oder dem Vorliegen einer Behinderung (vgl. unten unter III.2.).

II. Gesetzlich normierte Mehrbedarfe nach § 21 SGB II

1. Zum einen können Menschen mit Behinderungen einen individuell festzustellenden und im Rahmen der Leistungsgewährung zu berücksichtigenden Wohnraummehrbedarf haben. Zur Bestimmung der jeweils angemessenen Höhe des Mehrbedarfs sind die Umstände der behinderungsbedingten, persönlichen Bedürfnisse zu überprüfen. Es müssen also plausible Gründe vorliegen, weshalb der/die Antragsteller/in einen erhöhten Wohnraumbedarf hat. Ist beispielsweise jemand blind und auf einen Blindenführhund angewiesen, so ist darauf bei der Angemessenheitsprüfung unbedingt Rücksicht zu nehmen. Auch ohne einen Blindenführhund besteht die Möglichkeit der Erhöhung des angemessenen Wohnraums, allein schon weil aufgrund der visuellen Einschränkung eine übliche Raumnutzung nicht möglich ist. Auch z.B. ein/e Rollstuhlfahrer/in hat gute Aussichten auf die Bewilligung von zusätzlichen Quadratmetern, da dieses Hilfsmittel naturgemäß mehr Platz beansprucht.

2. Ein weiterer Mehrbedarf für SGB II-Leistungsberechtigte mit Behinderungen ist in § 21 Abs. 4 SGB II geregelt. Hiernach wird unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein Mehrbedarf von 35 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes gewährt, wenn die leistungsberechtigte Person zum einen das 15. Lebensjahr vollendet hat und zum anderen folgende Voraussetzungen erfüllt: Entweder müssen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erbracht, oder sonstige Hilfen für die Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben geleistet werden. Alternativ ist auch bei Bezug von Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung nach § 60 SGB IX die Annahme der Voraussetzungen für den Mehrbedarf möglich. Der Wortlaut "erbracht werden" spricht dafür, dass während des Bezugs von SGB II-Leistungen, zu welchen zusätzlich ein Mehrbedarf von 35 Prozent des maßgebenden Regelsatzes gewährt werden soll, die genannten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, z. B. nach § 33 SGB IX, zeitgleich gewährt werden müssen. Es genügt folglich nicht, dass lediglich möglicherweise ein Anspruch auf eine solche berufliche Teilhabeleistung oder eine Leistung der Eingliederungshilfe bestünde. Vielmehr ist eine tatsächlich aktuell durchgeführte Eingliederungsmaßnahme im Bereich der beruflichen Teilhabe Anknüpfungspunkt und Voraussetzung für den genannten Mehrbedarf.

3. Sollte eine, aus medizinischen Gründen vorliegende, kostenaufwendige Ernährung benötigt werden, beispielsweise aufgrund einer Lebensmittelallergie, können gemäß § 21 Abs. 5 SGB II diese Mehrkosten als Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt werden. Dieser Mehrbedarf liegt allerdings nur dann vor, wenn er durch den Regelsatz nicht abgedeckt werden kann. Ob ein medizinischer Grund für eine kostenaufwändige Ernährung vorliegt, muss im Einzelfall geprüft werden. Eine verbindliche und abschließende Auflistung solcher medizinischer Gründe gibt es nicht. Auf jeden Fall ist es ratsam, diesem "Ergänzungsantrag" eine ärztliche Stellungnahme beizufügen.

4. Schlussendlich besteht noch eine Härtefallklausel gemäß § 21 Abs. 6 SGB II. Soweit im Einzelfall ein nicht nur einmaliger besonderer, unabweisbarer Bedarf zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums besteht, ergibt sich hieraus ein anerkannter Mehrbedarf. Unabweisbar ist der Mehrbedarf, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter und/oder unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der/des Leistungsberechtigten gedeckt werden kann. Außerdem muss er seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen.

III. Besonderheiten für blinde oder sehbehinderte Menschen im Zusammenhang mit ALG-II-Leistungen

1. Berücksichtigung von Blindengeld

Das Blindengeld, das als zweckgebundene Leistung zum Ausgleich der Behinderungsfolgen in den meisten Fällen nicht als Einkommen im klassischen Sinne angerechnet wird, ist wohl weitgehend bekannt. Interessanter und in der Praxis relevanter ist hingegen die Frage, ob angespartes Blindengeld bei der Berechnung von Vermögensfreigrenzen angerechnet werden darf. Die im Rahmen des Bezuges von unterhaltssichernden Leistungen zu berücksichtigenden Vermögensfreigrenzen sind in § 12 Abs. 2 SGB II geregelt und betragen z.B. bei einer alleinstehenden Person 150 Euro pro Lebensjahr. Das Bundessozialgericht hat 2007, allerdings noch auf Grundlage eines BSHG-Falles, entschieden, dass angespartes Blindengeld kein Vermögen bei Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt ist (Urteil des BSG vom 11.12.2007; Az.: B 8 9b SO 20/06). Nach diesem Urteil, von dessen Anwendbarkeit auch im Rahmen des SGB II auszugehen ist, darf das angesparte Blindengeld sogar zinserträglich angelegt werden, sollte jedoch vom restlichen Vermögen separiert sein und muss lediglich für einen behinderungsspezifischen Bedarf plausibel und nachvollziehbar "verplant" sein.

2. Wohnraum

Bereits 2006 erkannte das SG Berlin für blinde Menschen einen erhöhten Wohnraumbedarf an, verwies im Zusammenhang mit deren Bemessung auf die damals einschlägige DIN 18025-2 und erkannte im Regelfall 15 qm Mehrbedarf für einen betroffenen Leistungsbezieher an (Urteil des SG Berlin vom 05.12.2006, Az.: S 99 AS 4356/06). Inzwischen ist die DIN-Norm 18040-2 einschlägig, nach der jedoch ebenfalls für jeden Bewohner mit einer den Mehrbedarf begründenden Behinderung zusätzliche 15 qm Wohnraum angenommen werden. In der Zwischenzeit verweisen die verschiedenen Sozialgerichte allerdings stärker auf die sogenannte Produkttheorie, nach der eine Gesamtschau von Quadratmeterzahl und Miethöhe bei der Angemessenheit zu berücksichtigen ist, d.h. inzwischen zählt nicht allein die notwendige Größe einer Wohnung, sondern auch z.B. die notwendige Lage (Anbindung an den ÖPNV, etc.). Auch die behinderungsspezifische Ausstattung kann Berücksichtigung finden und einen höheren Mietpreis rechtfertigen. Allerdings dürften mehr als 30 Prozent einer üblicherweise als angemessen anerkannten Miete allein wegen einer Sehbeeinträchtigung nur schwer durchzusetzen sein. Vor einem Umzug sollen Leistungsbezieher mit ihrem zuständigen SGB-II-Träger Kontakt aufnehmen und sich eine Zustimmung einholen (§ 23 Abs. 4 SGB II). Diese Regelung ist bei der Geltendmachung höherer Unterkunftskosten als die gemeinhin anerkannten ortsüblichen Mieten natürlich umso wichtiger, um nachher ggf. nicht auf ungedeckten Mietkosten sitzen zu bleiben.

Egal wie die Leistungen des SGB-II-Trägers aussehen und ggf. auch noch Mehrbedarfe anerkannt werden, möchte vermutlich niemand im ALG-II-Bezug bleiben. Hier beginnt aber das große Problem, denn leider sind die SGB-II-Träger auch für die Vermittlung in eine Erwerbstätigkeit von schwerbehinderten Menschen zuständig und darüber hinaus auch noch Rehaträger für diesen Personenkreis. Für das Prinzip "fördern und fordern" mag sich inzwischen auch ein gewisses Instrumentarium bei den SGB-II-Trägern eingefunden haben, in den seltensten Fällen aber besteht eine Förderkompetenz für schwerbehinderte Menschen, um diese dann für berufliche Herausforderungen zu vermitteln oder sie gar für diese zunächst gut auszustatten und vorzubereiten. Im Ergebnis muss nach zehn Jahren SGB II also insb. für die Rolle dieser Träger als Rehaträger ein sehr kritisches Fazit gezogen werden. Allzu oft verbleiben gerade blinde oder sehbehinderte Menschen sehr lange im Bezug von SGB-II-Leistungen.

Zu den Autoren

Dr. Michael Richter ist Geschäftsführer der Rechte behinderter Menschen (rbm) gGmbH, Nada Hohmann ist Juristin in der Rechtsberatungs-Gesellschaft. Beide sind in der rbm-Geschäftsstelle Marburg tätig.

Bildbeschreibung: Das Foto zeigt einen Stapel Unterlagen für die Beantragung des Arbeitslosengeldes II. Auf den Unterlagen liegt ein Holzstempel, der die Aufschrift "Hartz IV" trägt. Foto: Kurt F. Domnik / www.pixelio.de


Der Kampf ums Blindengeld – eine unendliche Geschichte mit verschiedenen Ausgängen

I. Einleitung

Seit etwa 20 Jahren wird das Blindengeld in verschiedenen Bundesländern immer wieder in Frage gestellt. Die Blindenselbsthilfe hat in dieser Zeit eine ganze Reihe von mehr oder minder erfolgreichen Abwehrkämpfen um die Erhaltung dieser einzigartigen Sozialleistung geführt. Heute geht es darum, diese Leistung in ein Teilhabegeld zu überführen, das vom Bund finanziert wird. Der horus hat schon häufig darüber berichtet. Stattdessen will ich einen Blick zurück in die Geschichte der genannten Abwehrkämpfe werfen, weil sich auch daraus Lehren für die Zukunft ergeben können; denn wer nichts über seine Vergangenheit erfährt, der wird auch nicht wissen und einschätzen können, wohin die zukünftige Entwicklung führen kann.

Zuvor sind aber noch zwei terminologische Klarstellungen angebracht: Wenn ich im Folgenden von "Blindengeld" spreche, so ist stets die einkommens- und vermögensunabhängige Leistung gemeint. Darüber hinaus ist bei Benutzung des Begriffs "Blindengeld" stets das leider bislang nur in sechs Bundesländern gewährte Sehbehindertengeld mitgemeint, für dessen flächendeckende Einführung sich die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe mindestens seit Anfang der 2000er Jahre einsetzt (siehe dazu auch M. Richter, horus 2/2009*).

II. Die Entwicklung bis in die 1990er Jahre

Eine Leistung wie das Blindengeld (damals nannte man es Blindenrente) war schon zwischen den beiden Weltkriegen ein großes Anliegen der deutschen Blindenverbände (zur geschichtlichen Entwicklung Demmel/Drerup, Das Blindenrecht, Heft 6 3.1, abrufbar unter http://www.dvbs-online.de/cmsadmin/download/schriften29.htm#1_Einleitung). Bereits in den 1920er Jahren gab es hierzu Demonstrationen in Berlin (ausführlich Schmidt-Block, horus 1 und 2/1999).

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer derartigen Leistung schon 1949 in Bayern und danach auch in anderen Ländern, bundesweit erstmals im Rahmen des am 1. Juni 1962 in Kraft getretenen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), dessen Nachfolger das Sozialgesetzbuch XII ist (Zeittafel bei Demmel/Drerup, a.a.O. unter 3.2.1).

Die gesetzliche Leistung des SGB XII ist die Blindenhilfe. Sie ist einkommens- und vermögensabhängig, wird also nur gewährt, wenn bestimmte Einkommens- und Vermögensgrenzen nicht überschritten werden. Dazu muss die Antrag stellende Person ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse offen legen, was gerade älteren Menschen häufig schwerfällt.

Die offensichtlichen Nachteile dieser Regelung wurden in der Folgezeit dadurch abgemildert, dass alle alten Bundesländer, soweit nicht schon vorher geschehen, eigene Landesgesetze erließen, die in den meisten von ihnen als Blindengeldgesetze bezeichnet sind. Die dort verankerten Leistungen unterschieden sich sowohl in der Höhe, aber auch in den Anspruchsvoraussetzungen von der bundesrechtlich geregelten Blindenhilfe und sind auch in den einzelnen Bundesländern noch wiederum durchaus unterschiedlich. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur Blindenhilfe ist aber die Tatsache, dass alle Landesgesetze die Leistung einkommens- und vermögensunabhängig gewähren, d. h. keine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse stattfindet. Sowohl für die Blindenhilfe wie für das Blindengeld gilt zudem, dass die Leistungen pauschalisiert sind, also keine Einzelfallprüfung erfolgt, ob die betreffende Person z. B. Anspruch auf das eine oder andere Hilfsmittel hat, das dann finanziert wird etc. Das unterscheidet das Blindengeld folglich etwa vom Persönlichen Budget oder von Leistungen der Eingliederungshilfe, bei denen ein bestimmter Bedarf genau dargelegt werden muss.

Der Niedergang des Blindengeldes als eine herausragende Leistung des deutschen Sozialstaates begann Ende der 1970er Jahre, als Sozialpolitik ihren hohen Stellenwert im Nachkriegsdeutschland langsam, aber stetig immer weiter verlor und immer häufiger von einer ungerechten Ausnutzung des Sozialstaates die Rede war (wenn man nicht noch erheblich abwertendere Begriffe verwendete). Es begann damit, dass die Länder nach und nach die ursprünglich vorhandene automatische Anpassung des Blindengeldes bei Rentenerhöhungen aufgaben, also eine Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht mehr berücksichtigten, so dass die Kaufkraft des Blindengeldes immer weiter sank und damit seine Funktion als effektiver Nachteilsausgleich schleichend entwertet wurde (zum Begriff des Nachteilsausgleichs, Otto Hauck, horus 1/2014).

Weitere Veränderungen gab es in den 1990er Jahren. Zwar erließen auch die neuen Bundesländer zunächst nach dem Vorbild der alten Bundesrepublik Blindengeldgesetze, dies aber schon mit sehr unterschiedlichen Beträgen. Dann stand die Einführung der sozialen Pflegeversicherung an. Hier stellte sich für die Blindenselbsthilfe die schwierige Frage, ob es sinnvoll sei, blinde Menschen in diese neue Form der Sozialleistung einzubeziehen. Das hätte das Blindengeld von einer steuer- zu einer beitragsfinanzierten Leistung gemacht, ein nicht gering einzuschätzender Unterschied, der Kürzungen der Leistung deutlich erschwert hätte. Gleichwohl haben wir uns damals gegen eine solche Lösung entschieden. Sie hätte nach unserer Auffassung zu sehr den Versorgungs- und den Pflegeaspekt berücksichtigt, während die Funktion des Blindengeldes als Nachteilsausgleich, um ein selbstbestimmtes Leben zu erreichen, weitgehend untergegangen wäre. Im Sinne des Slogans von Hilfe zur Selbsthilfe erschien uns ein außerhalb der Pflegeversicherung gewährtes Blindengeld die bessere Lösung darzustellen (anders z. B. in österreich, wo blinde Menschen Anspruch auf Leistungen aus der dortigen Pflegeversicherung haben; zu einem westeuropäischen Vergleich der Blindengeldsysteme Bach, horus H. 1 und 2/2007). Indes erwies sie sich, wie sich bald herausstellen sollte, auch als die erheblich angreifbarere Variante.

III. Abschaffungsversuche ab Mitte der 1990er Jahre

Einen ersten ernsthaften Versuch zur Abschaffung des Blindengeldes stellte eine Gesetzesinitiative in Baden-Württemberg aus dem Jahr 1996 dar. Die Blindenselbsthilfe reagierte bedauerlicherweise hierauf erst sehr spät, und nur mit erheblichem Einsatz insbesondere des DVBS gelang es, die Abschaffung zu verhindern (dazu Schulze, horus 1/1997). Allerdings mussten blinde Menschen in Baden-Württemberg eine Kürzung ihrer Leistung auf 800 DM hinnehmen.

Eine neue Variante dachte sich der nordrhein-westfälische Gesetzgeber aus. Er brachte es fertig, das Blindengeld für Anspruchsberechtigte über 60 Jahre zu kürzen, mit der uns ziemlich erstaunlich anmutenden Begründung, ihr Bedarf sei geringer als derjenige von Berufstätigen. Dass die weitaus größte Zahl der Blindengeldempfänger erst im Alter erblindet und gerade in der schwierigen Übergangsphase zwischen Sehen, schlecht sehen und nicht mehr sehen auch verstärkt auf materielle Hilfe angewiesen ist, überzeugte den Gesetzgeber damals nicht und führte auch bei einem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster nicht zum Erfolg (Urteil vom 13.12.2001 - 16 A 4096/00). Aber immerhin ist Nordrhein-Westfalen bis heute das Bundesland mit dem höchsten Blindengeld (aktuell 640,51 Euro für Blinde von 18 bis 60 Jahren), da es in der Folgezeit keine weiteren Kürzungen gab und die noch vorhandene Dynamisierung tatsächlich zu einer Steigerung führt.

Ernst wurde es dann wieder in Bremen im Jahre 2001. Auch hier traute man sich (noch) nicht, das Blindengeld insgesamt abzuschaffen. Aber neu Erblindete sollten keinen Anspruch mehr haben. Die damals regierende große Koalition aus SPD und CDU war lange Zeit uneinsichtig und konnte nur nach der ersten Großdemonstration der Blindenselbsthilfe und durch Unterstützung der Presse sowie des damaligen Vorsitzenden der Bremer CDU und späteren Staatsministers für Kultur, Bernd Neumann, dazu gebracht werden, diesen Plan wieder aufzugeben, wenngleich wir als Kompromiss Abstriche bei der Höhe der Leistung hinnehmen mussten (dazu Boysen, horus 4/2001).

Nach dieser Erfahrung und weiteren Kürzungsbestrebungen in Schleswig-Holstein kam es noch 2001 zur Gründung der "Taskforce Blindengeld" zwischen DVBS und DBSV. Sie sollte gewissermaßen als schnelle Eingreiftruppe bei weiteren Angriffen auf das Blindengeld zur Verfügung stehen und hat sich alles in allem in den nunmehr fast 14 Jahren ihrer Existenz als Ideengeber und Gesprächspartner für die einzelnen Landesverbände, die von Abschaffungs- oder Kürzungsmaßnahmen betroffen waren, bewährt.

Die wohl härtesten Kämpfe um das Blindengeld spielten sich in der Zeit zwischen 2003 und 2005 ab. Zunächst war es wieder einmal das hoch verschuldete Bundesland Bremen, das diesmal das Blindengeld im Sommer 2003 komplett streichen wollte, den Plan aber wiederum nach fast fünf Monaten intensiver Öffentlichkeitsarbeit aufgab. In diesem Zusammenhang entstand damals auch der Newsletter "horus aktuell". Außerdem kam es im Januar 2004 auf Anregung der "Taskforce Blindengeld" zu einer bisher einmaligen Blindengeldtagung in Osterode, deren Papiere noch heute als wegweisend bezeichnet werden können (dazu u. a. Steinbrück, horus 4/2004), ohne dass wir zu diesem Zeitpunkt ahnten, wie bitter nötig wir deren Ergebnisse in den vor uns liegenden Kämpfen brauchen würden.

Tatsächlich waren es dann 2004 gleich mehrere Länder, die Hand an die doch einstmals so sicher geglaubte Leistung legten. Am radikalsten tat sich dabei die damalige niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen hervor, die ihren Vorschlag zur kompletten Abschaffung des Blindengeldes tatsächlich — teilweise auch gegen Widerstand aus den eigenen Reihen — durchsetzte. In diesem Zusammenhang kam es im September 2004 zu der größten Blindengelddemonstration in Hannover mit ca. 10.000 Teilnehmern, die aber leider nicht den gewünschten Erfolg hatte.

Daneben waren zu jener Zeit auch die Blindengelder in Hamburg, Hessen, Bayern und Berlin — ganz oder teilweise — in Gefahr. Zu Abschaffungen kam es hier jedoch glücklicherweise nicht, wohl aber überwiegend zu durchaus empfindlichen Kürzungen.

Eine weitere Blindengeldstreichung ereilte uns 2005/2006 in Thüringen. Auch hier nützte die Demonstration von mehreren Tausend blinden Menschen und ihren Angehörigen in Erfurt nichts. Ministerpräsident Althaus und Sozialminister Zeh versuchten die blinden Menschen und ihre Organisationen nach niedersächsischem Muster mit Gründung einer Stiftung zu besänftigen bzw. zu korrumpieren.

Eine gewisse Wende bahnte sich dann seit 2006 an. Frau von der Leyen war inzwischen in der Großen Koalition in Berlin angekommen, und der damalige Ministerpräsident Wulff wollte in Niedersachsen offenbar weiteren Streit mit den Blindenorganisationen vermeiden, die inzwischen eine Vielzahl von Unterschriften für ein Volksbegehren gegen die Abschaffung des Landesblindengeldgesetzes gesammelt hatten. So wurde ab 2007 eine — allerdings stark reduzierte — Leistung wieder eingeführt, ein — wie ich nach wie vor finde — grandioser Erfolg unserer vielfältigen Anstrengungen; denn wo ist es in den letzten Jahren, in denen der Sozialstaat von allen Seiten als viel zu mächtig und zudem ineffektiv attackiert wird, schon gelungen, eine einmal abgeschaffte Sozialleistung zurückzukämpfen? Mir ist dazu kein vergleichbarer Fall bekannt!

Auch Thüringen hatte ein Einsehen und führte ab 2008 gleichfalls ein stark reduziertes Blindengeld wieder ein. In der Folge gelang es sogar, die Leistungen in Niedersachsen und Thüringen wieder anzuheben, in Thüringen durch die sog. Schlusslichtkampagne, in der von uns darauf hingewiesen wurde, dass dieses Bundesland mit seinen 220 Euro Blindengeld nunmehr in Deutschland die rote Laterne innehabe, was, wie einige CDU-Politiker aus diesem Land ernsthaft meinen, bei den Wahlen 2009 zum Verlust der absoluten Mehrheit der Union beigetragen habe.

Während also Teilerfolge zu verzeichnen waren, ging es in anderen Ländern mit dem Blindengeld in der Folgezeit bergab; in Mecklenburg-Vorpommern noch relativ moderat auf einen Betrag von 430 Euro ab 2009, während Schleswig-Holstein versuchte, das Blindengeld auf 200 Euro monatlich zu drücken und das auch mit der CDU-FDP-Mehrheit im Landtag trotz erbitterter Proteste der Blindenselbsthilfe durchsetzte. Die letzte Absenkung eines Landesblindengeldes stammt aus Sachsen-Anhalt und trat zum 1. Januar 2014 in Kraft.

IV. Einige abschließende Thesen

Was lässt sich als Ergebnis dieser vielen Kämpfe mit ihren durchaus unterschiedlichen Ergebnissen festhalten?

  1. Ohne den beharrlichen Einsatz vieler Menschen aus der Selbsthilfe gäbe es heute in keinem Bundesland mehr ein einkommens- und vermögensunabhängiges Blindengeld. Das sollte auch allen klar werden, die sich bisher nicht in unseren Vereinen engagieren und sie dazu bringen, es zu tun.
  2. Wie jede andere steuerfinanzierte Sozialleistung ist das Blindengeld prinzipiell ständig von Kürzungen bis hin zu seiner Abschaffung bedroht. Sollte die Bundesrepublik in eine größere wirtschaftliche Krise geraten und brechen dann auch die Staatseinnahmen ein, so müssen wir wieder ernsthaft mit dieser Gefahr rechnen.
  3. Die Befürworter einer Abschaffung oder heftigen Kürzung der Blindengelder kommen immer wieder mit denselben Argumenten, vornehmlich mit dem Verweis auf die Blindenhilfe, ohne dabei die Schwächen der Einkommens- und Vermögensprüfung angemessen zu berücksichtigen, und unter Berufung auf die Pflegeversicherung, die aber häufig aus den schon oben genannten Gründen für uns nicht einschlägig ist.
  4. Die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe hat in den Kämpfen der vergangenen knapp 20 Jahre eine hohe Qualität der Argumente auf diesem Gebiet erreicht, die uns auch bei den Befürwortern einer Abschaffung dieser Leistung viel Respekt eingetragen hat. Dieses Niveau gilt es zu sichern.
  5. Ohne die Idee zur Gründung der "Taskforce Blindengeld" im Jahre 2001 mit ihren vielen Experten wäre die Koordination auf diesem Gebiet erheblich schwieriger geworden. Gleichwohl ist kritisch anzumerken, dass die "Taskforce" von den betroffenen Landesverbänden häufig erst viel zu spät eingeschaltet worden und dadurch nicht selten wertvolle Zeit im Abwehrkampf verloren gegangen ist.
  6. Unsere Öffentlichkeitsarbeit hat durch die Blindengeldkämpfe mit den unterschiedlichsten und häufig sehr fantasievollen Aktionen ungemein an Profil gewonnen, angefangen von der Idee des Blindfisches, die wir vor allem in Bremen verwirklichen konnten, über vielfältige Aktionen in Niedersachsen vor und nach Abschaffung des dortigen Blindengeldes, über die "blinde Kuh Klara", die auf der Demonstration in Schwerin vorgeführt wurde, bis hin zur Aktion "Ick bin all doa" unter Anspielung auf das Märchen von Hase und Igel, das die Schleswig-Holsteinischen Politiker irgendwann durchaus zu nerven begann, als sie sich immer wieder blinden Menschen gegenübersahen, die nach der Berechtigung einer Abschaffung des Blindengeldes fragten.
  7. Trotz dieser mal kleineren, mal größeren Erfolge bleiben unbestreitbare Probleme im Blindengeldbereich. Zu nennen sind ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
    • der Flickenteppich der Leistung, der eigentlich dazu führen müsste, dass sich rein ökonomisch denkende blinde Menschen in Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Hessen ansiedeln müssten, weil es dort die höchsten Beträge gibt,
    • die bislang immer noch fehlende flächendeckende Einführung eines Sehbehindertengeldes,
    • die unterschiedlichen Praktiken bei der Anrechnung anderer Sozialleistungen, die nicht selten auch zu rechtswidrigen Ergebnissen führen,
    • die sich immer wieder stellenden Fragen nach der Messung der Sehschärfe als Anspruchsvoraussetzung und
  8. die Probleme, die bei Heimbewohnern bestehen können. Viele andere Behindertengruppen beneiden uns um das Blindengeld. Trotz der Leistungsverschlechterungen in den vergangenen 20 Jahren ist das durchaus verständlich. Dass auch Menschen mit anderen Behinderungen vielfach Anspruch auf staatliche Unterstützung haben sollten, ist von der Blindenselbsthilfe nie in Frage gestellt worden. Dass das Blindengeld uns jedoch auch nicht einfach in den Schoß gefallen ist, lässt sich, so glaube ich, gut an den vorangegangenen Ausführungen zeigen.

* Die Nachweise aus dem horus beziehen sich auf die im Internet zugänglichen Ausgaben; siehe http://www.dvbs-online.de/horus/horus.php?men=ho

Bildbeschreibungen: Auf einem der beiden Fotos ist ein Luftballon zu sehen, der als Aktionsmittel zur Blindengelddemo 2004 eingesetzt wurde. Das gelbe Ballon ist mit Luft gefüllt und trägt die schwarze Aufschrift: "Blindengeld darf nicht platzen!" Darüber sind drei schwarze Punkte aufgedruckt. Foto: DVBS/Archiv

Das zweite Foto ist wie das Titelbild bei der Demonstration 2010 in Kiel entstanden und zeigt erneut die blinden und sehbehinderten Demonstranten, die ein gelbes Transparent mit der Aufschrift "Hände weg vom Blindengeld!" vor sich tragen. Foto: DBSV/Volker Lenk


Rechtfertigung des Blindengeldes im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes

1. Vorbemerkung

Auch Im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes ist ein pauschalierter Nachteilsausgleich für blinde, taubblinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, wie er bisher in der Blindenhilfe gem. § 72 SGB XII und in den Landesblindengeldgesetzen weitgehend gewährt wird, erforderlich und gerechtfertigt. Das gilt auch dann, wenn dieser Nachteilsausgleich als Bestandteil eines Teilhabegeldes geregelt wird.

2. Auswirkung des Sehverlustes

Das Sehen spielt mit Abstand für den Menschen die bedeutsamste Rolle bei der Wahrnehmung seiner Umwelt und es ist in der Folge auch essentiell, um selbst agieren zu können und so letztlich Teilhabe am Geschehen zu ermöglichen. Für Blinde Menschen hat die fehlende visuelle Wahrnehmung eine massive, alltäglich und in nahezu allen Lebensbereichen spürbare Beeinträchtigung und damit Teilhabeeinschränkung zur Folge - sei es im Bereich der alltäglichen Lebensführung, der Selbstversorgung, der Nutzung von Bildungsangeboten, der Möglichkeit der beruflichen Teilhabe oder bei der Teilhabe am kulturellen und politischen Leben, um nur einige Beispiele zu nennen. Denn aus dem Sehverlust resultiert zum einen eine deutliche Einschränkung der Orientierungsfähigkeit und damit der Mobilität. Gleichzeitig ist der Zugang zu Informationen jeglicher Art erheblich erschwert, teilweise gänzlich ausgeschlossen. Das betrifft unter anderem den Zugang zu Literatur (nur ein Bruchteil aller Bücher und sonstiger Publikationen ist für Blinde überhaupt zugänglich), den barrierefreien und uneingeschränkten Zugang zum Internet, den gleichwertigen Zugang zu Film und Fernsehen, die Wahrnehmung von öffentlich zugänglichen Bekanntmachungen, das Erfassen von allein visuell dargebotenen Bedienelementen an Automaten und Haushaltsgeräten sowie die Kommunikation mit den visuell orientierten sehenden Mitmenschen.

Kommt dann noch eine zusätzliche Beeinträchtigung hinzu (z. B. eine Hörminderung oder Gehörlosigkeit, eine körperliche oder kognitive Beeinträchtigung), dann potenzieren sich die beschriebenen Teilhabebeeinträchtigungen erheblich.

3. Komplexität des Hilfebedarfs

Die blinden und sehbehinderten Menschen stellen sich trotz der oben skizzierten Beeinträchtigungen den Herausforderungen dieser visuell orientierten Welt, weil sie, wie auch andere behinderte Menschen, den Anspruch haben, gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu sein. Dafür benötigen blinde, hochgradig sehbehinderte und taubblinde Menschen neben der Weiterentwicklung aller Angebote hin zu mehr Barrierefreiheit und dem dringend notwendigen Ausbau von Rehabilitationsleistungen vor allem aber persönliche Assistenz, Hilfsmittel und eine finanzielle Unterstützung zur Kompensation ihres aus der Behinderung resultierenden spezifischen Mehrbedarfs, um möglichst eigenständig, eigenverantwortlich, selbstbestimmt und gleichberechtigt am Leben der Gesellschaft teilhaben zu können.

Bei den meisten Beeinträchtigungen, die zu einer Behinderung führen, ist der Ausgleichsbedarf auf bestimmte Lebensbereiche eingrenzbar, so dass die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch gezielte, am individuellen Bedarf orientierte Hilfen gewährleistet werden kann. Anders ist das bei Blindheit. Der Hilfebedarf ist hier vielfältig und wirkt sich - wie oben dargestellt - in allen Lebensbereichen aus. Das hängt damit zusammen, dass der Sehsinn in den unterschiedlichsten Bereichen zur Erfassung der gegebenen Fakten sowie zur Interaktion mit der Umwelt erforderlich ist. Der individuelle Hilfebedarf kann qualitativ sehr unterschiedlich sein (mal mehr pflegenahe Unterstützung, mal mehr Informationshilfen, mal mehr Mobilitätsunterstützung). Quantitativ ist er aber jedes Mal sehr hoch. Exakte Quantifizierungen sind nicht möglich, denn die Grundlagen unterliegen zeitlichen Schwankungen und können sich schon bei kleinsten Umweltveränderungen unvorhersehbar und massiv verändern. Zudem birgt gerade eine im Rahmen eines ansonsten üblichen Bedarfsfeststellungsverfahrens erfolgende Quantifizierung des Hilfebedarfs die große Gefahr, verfassungsrechtliche Grenzen zu tangieren bzw. auch zu überschreiten (Beispiel: Bedarfsfeststellung im Bereich eines Zeitbudgets für Vorleseassistenz, wobei die Informationsaufnahme in einem engen Zusammenhang mit der informationellen Selbstbestimmung und der Meinungsbildung [Art. 2 u. 5 Grundgesetz] steht.).

Auf Grund unserer Jahrzehnte langen Erfahrungen mit der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII und den Blindengeldleistungen der Landesblindengeldgesetze ist Aus unserer Sicht ein pauschaliertes Teilhabegeld besonders geeignet, um das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu fördern und den bei Blindheit und Sehbehinderung höchst unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen gerecht werden zu können. Gleichzeitig bedeutet eine pauschalierte Geldleistung für die betroffenen gegenüber den ansonsten geltenden Darlegungs- und Nachweispflichten eine starke Entlastung und führt zu einer auch kostenmäßig nicht zu unterschätzenden Verwaltungsvereinfachung.

4. Vereinbarkeit eines Blindengeldes mit der BRK und dem System der ICF

Pauschalierte Leistungen zur Befriedigung vorhandener Bedarfe sind im Sozialrecht durchaus üblich. Als Beispiel sei nur auf die Pflegegeldpauschalen nach § 37 Abs. 1 SGB XI oder das Kindergeld hingewiesen. Auch die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII ist trotz des in § 9 SGB XII ansonsten im Sozialhilferecht verankerten Individualisierungsgebots als zulässige Leistungsform seit vielen Jahren anerkannt.

Hinsichtlich der Ausgestaltung von Sozialleistungen in der Form von Pauschalen hat der Gesetzgeber einen großen Gestaltungsspielraum (BVerfGE Bd. 17, 210-216; Bd. 29, 221-235; Bd. 44, 70-89). Lediglich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt ist der Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich eingeschränkt (vgl. dazu Heft 8 Abschnitt 8 der Schriftenreihe zum Blindenrecht und Bundesverfassungsgericht Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09).

Die Anknüpfung einer pauschalierten Leistung für blinde, taubblinde und hochgradig sehbehinderte Menschen an diese Beeinträchtigungen widerspricht auch nicht der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Die BRK enthält zwar keine genaue, abschließende Definition des Begriffs Behinderung. Sie beschreibt aber das ihr zu Grunde liegende Verständnis von "Behinderung" und konkretisiert damit den persönlichen Anwendungsbereich der Konvention.

Behinderung wird in Artikel 1 Satz 2 beschrieben und nicht als Begriffsbestimmung in Artikel 2 definiert. Zu den Menschen mit Behinderung zählen nach Artikel 1 Satz 2 Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen (einstellungs- und umweltbedingten) Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Damit umschreibt Satz 2 die Personengruppe, die in den Schutz des Übereinkommens fällt. Bereits in der Präambel Buchstabe e) wird als Erwägungsgrund auf den Begriff "Behinderung" Bezug genommen. Dort wird beschrieben, dass sich das Verständnis von Behinderung ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Diese Erläuterung verdeutlicht, dass ein Verständnis von "Behinderung" nach der BRK nicht als fest definiertes Konzept verstanden wird, sondern von gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig ist.

Für das Vorliegen einer Behinderung wird also zwischen einer beim Betroffenen vorhandenen Beeinträchtigung und den zur Behinderung führenden Barrieren unterschieden.

Ein wichtiger Schritt zu diesem Verständnis von Behinderung im Sinne eines Ergebnisses einer Interaktion wurde bereits im Jahr 2001 durch die "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) getan: Sie dient als länder- und fachübergreifende einheitliche Sprache zur Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und der relevanten Umgebungsfaktoren einer Person. Der Begriff der Beeinträchtigung liegt daher sowohl der ICF als auch dem Behindertenbegriff der BRK zugrunde.

Für einen pauschalierten Nachteilsausgleich bietet sich die Anknüpfung an die Beeinträchtigung an. Sie ermöglicht überdies eine Differenzierung nach unterschiedlichen Beeinträchtigungen. In Artikel 3 BRK sind die für sie maßgebenden Grundsätze niedergelegt. Sie dienen dem Verständnis der Vorschriften der BRK und sind bei ihrer Auslegung und Umsetzung heranzuziehen. Gleich der erste Grundsatz lautet: "Die Grundsätze dieses Übereinkommens sind:

a)Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, der Autonomie des Einzelnen, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen sowie der Unabhängigkeit der Person; …" Diesem Grundsatz wird durch an die Form der Beeinträchtigung anknüpfende Pauschalleistungen in besonders hohem Maße entsprochen.

Als weitere hier bedeutsame Grundsätze werden in Artikel 3 BRK genannt: Chancengleichheit (Buchstabe e) und Zugänglichkeit (Buchstabe f).

Aus den in Art. 4 der BRK niedergelegten "allgemeinen Verpflichtungen" ergeben sich keine Einschränkungen, wonach pauschalierte Leistungen zur Erreichung der die Vertragsstaaten treffenden Verpflichtungen untersagt wären. Es handelt sich um Verpflichtungen aus einem völkerrechtlichen Vertrag. Bei den Pflichten der Vertragsstaaten zur Umsetzung in nationales Recht ist zu beachten, dass Staaten im Völkerrecht ein großer Ermessensspielraum hinsichtlich der Art und Weise der Umsetzung zukommt, sie also einen großen Gestaltungsspielraum haben (Degener Behindertenrecht 2009 H. 2 S. 37).

Die in den einzelnen Artikeln formulierten Ziele der BRK sollen durch die Ergreifung erforderlicher und geeigneter Maßnahmen seitens der Vertragsstaaten - namentlich auch in Form von sog. Angemessenen Vorkehrungen - erreicht werden. Angemessene Vorkehrungen sind nach Artikel 2 BRK notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten beanspruchen oder ausüben können. Die BRK überlässt es dem Gesetzgeber, auf welche Weise er seinen Verpflichtungen nachkommt. Daraus folgt, dass für die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen an die Beeinträchtigung angeknüpft werden kann und Nachteilsausgleiche auch in pauschalierter Form zulässig sind. Sie ermöglichen es ja gerade, dem Grundsatz in Art. 3 Buchstabe a) gerecht zu werden: "Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, der Autonomie des Einzelnen, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen …".

5. Fazit

Aus der Sicht blinder, hochgradig sehbehinderter und taubblinder Menschen muss deshalb im Zusammenhang mit der Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes neben den bedarfsdeckenden und nach individualisierter Bedarfsermittlung zu erbringenden Leistungen insbesondere ein Nachteilsausgleich in Form einer pauschalierten Geldleistung implementiert werden, der einkommens- und vermögensunabhängig gewährt wird und blinden, hochgradig sehbehinderten sowie taubblinden Menschen ohne Verschlechterungen zum "Ist-Zustand" einen angemessenen Ausgleich für die aus dieser Beeinträchtigung resultierenden Mehraufwendungen und Nachteile ermöglicht.

Zu den Autoren

Christiane Möller ist DVBS-Mitglied und war als Juristin bei der rbm gGmbH beschäftigt. Seit 1. Januar ist sie Rechtsreferentin beim DBSV in Berlin. Sie gehört dem Gemeinsamen Ausschuss Rechtspolitik des DBSV und DVBS an.

Dr. Herbert Demmel war von 1967 bis 1992 Geschäftsführer des Bayerischen Blindenbundes (heute BBSB) und gehörte lange Jahre dem DBSV-Vorstand an. Bis 2002 war Demmel als Rechtsanwalt tätig. Auch heute noch steht er der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe beratend zur Seite und ist Mitglied im Arbeitskreis Nachteilsausgleiche des DVBS sowie der "Taskforce Blindengeld" von DVBS und DBSV.

Bildbeschreibungen: Auf dem Autorenfoto blickt Christiane Möller lächelnd in die Kamera. Sie trägt eine Brille mit kupferfarbenem Gestell und ovalen Gläsern. Die Seitenpartie ihrer glatten, blonden, schulterlangen Haare hat sie hinter das Ohr gesteckt, sodass der kleine, goldene Ohrstecker sichtbar ist. Dr. Herbert Demmel lächelt auf dem Autorenfoto ebenfalls. Zum graubraunen Sakko trägt er ein weißes Hemd und eine gemusterte Krawatte in Brauntönen. Fotos: DVBS/Archiv


Vergessen gilt nicht

Globale Entwicklungsziele und Menschen mit Behinderungen

Wenn die Vereinten Nationen im September 2015 die "Post 2015 Entwicklungsagenda" deklarieren wollen, dann ist diese Information in den Ohren Vieler eine, die wohl irgendwas mit Entwicklungszusammenarbeit zu tun haben muss. Wer dann noch weiß, dass es in diesem Zielekatalog nicht nur um Armutsbekämpfung, sondern auch um ökologisch und ökonomisch nachhaltige Entwicklung gehen soll, gehört in diesen Tagen in der Bundesrepublik zu einer kleinen, informierten Minderheit. Wie so vieles, was in Genf, New York und anderswo auf UN-Ebene an politischen Prozessen läuft, ist auch das Thema der globalen Entwicklungsziele eines, das ohne ein gewisses Hintergrundwissen kaum zu verstehen ist. Wenn man sich dem Thema allerdings nähert, merkt man, dass hier ein Prozess läuft, bei dem es um weit mehr als um arm und reich, sauber und "siffig", fair und fies geht. Ein Prozess, der nationales Handeln auch in Deutschland langfristig zu beeinflussen verspricht, und zwar auch hinsichtlich der Sozial- oder der Infrastrukturpolitik. Politikfeldern also, auf denen sich die Selbsthilfe behinderter Menschen in Deutschland durchaus tummelt.

Von den Millenniumszielen zur Post 2015 Agenda

Sie bestechen durch ihre Klarheit und ihre Kürze. In acht Millennium-Entwicklungszielen fassten die UN 2000 zusammen, was zu tun ist, um die Armut auf dieser Welt zu überwinden.

  • Extreme Armut und Hunger bekämpfen
  • Allgemeine Grundschulbildung verwirklichen
  • Die Gleichstellung der Geschlechter fördern und die Rolle von Frauen stärken
  • Die Kindersterblichkeit senken
  • Die Gesundheit von Müttern verbessern
  • HIV/Aids, Malaria und andere schwere Krankheiten bekämpfen
  • Die ökologische Nachhaltigkeit sichern
  • Eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen

Die Staatengemeinschaft setzte sich durchaus konkrete und ehrgeizige Ziele und sie setzte sich selbst eine Frist von nur 15 Jahren zu ihrer Erreichung. 2005 und 2010 trafen sich die Staatschefs, um zu sehen, wie weit man gekommen war. Nötigenfalls wurde im Zielekatalog nachjustiert. Vollständig erreicht wurde keine Zielvorgabe, aber es gab durchaus Erfolge, bei der Grundschulbildung und der Kindersterblichkeit z.B. Bis 2015 wollten die Staaten dieser Erde so weit sein, dass sie 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungszusammenarbeit aufwenden. In der EU legte nur Großbritannien einen Haushalt vor, der dies wenigstens "just in time" realisiert.

Die Millenniumsentwicklungsziele entstanden zu einer Zeit, in der Entwicklungszusammenarbeit häufig noch Entwicklungshilfe genannt wurde. Will sagen, ein "wohlhabender Norden" hilft dem "armen Süden". Seit man verstanden hat, dass einerseits Hilfe nur dann effektiv wirkt, wenn man als Helfer fragt, was gebraucht wird, und andererseits klar wurde, dass globale Probleme der Erde z.B. in der Ökologie auch nur global zu lösen sind, spricht man eher von Zusammenarbeit. Als sich die UN 2011 entschlossen, an einem neuen Zielekatalog zu arbeiten, war deshalb zweierlei naheliegend: 1. Muss es in ihm um soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit und damit um weit mehr als Armutsbekämpfung gehen. 2. Sollte jeder Anschein einer "Zweiklassen-Staatengemeinschaft" vermieden werden, sprich, die Zielvorgaben sind explizit nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern eben auch in den wohlhabenden Nationen umzusetzen.

Waren die Millenniumsentwicklungsziele beinahe in einer "Nacht- und Nebelaktion" formuliert und verabschiedet worden, betrieb man zur Erarbeitung der "Post 2015 Entwicklungsagenda" einen weit größeren Aufwand. Zunächst wurde ein hochrangiges Expertengremium vom UN-Generalsekretär mit der Formulierung eines ersten Entwurfes beauftragt. Mit dabei war der deutsche Ex-Bundespräsident Prof. Horst Köhler. Man schlug zwölf Ziele mit zusammen 60 Unterzielen vor. Diesem Gremium folgte die offene Arbeitsgruppe, in der sich Deutschland, die Schweiz und Frankreich einen Sitz teilten. Im Juli 2014 legte die OWG (open working group) einen Agenda-Entwurf mit 17 Zielen und insgesamt 169 Unterzielen vor. Die Zivilgesellschaft, z.B. in Gestalt von Selbsthilfeorganisationen und solchen, die Entwicklungszusammenarbeit betreiben, hatte dabei zahllose Gelegenheiten, eigene Vorstellungen in den Erstellungsprozess einzubringen. Parallel zur OWG gab es Arbeitsgruppen, die sich mit Dingen wie Entwicklungsfinanzierung oder Statistik beschäftigten. Ende 2014 fasste Ban-Ki Moon all dies in seinem Synthesebericht zusammen. Sein Votum: Weiterarbeiten auf Grundlage des OWG-Entwurfs. Das wird nun in zwischenstaatlichen Verhandlungen geschehen und Deutschland wird dabei durch die EU vertreten.

Mit Gleichbehandlung Ungleichheit schaffen

Die Kritiker des OWG-Entwurfes monierten vor allem seine Länge. Ihnen wurde letztlich erfolgreich entgegengehalten, dass es schlicht einer griffigen Kommunikationsstrategie bedürfe, um sie ähnlich bekannt zu machen, wie die Millenniumsentwicklungsziele es heute sind. Wo immer derart breit über einen Entwurf diskutiert wird, gibt es jede Menge inhaltliche Kritik. Die der Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzen, sei es in Selbstvertretung oder aus humanitären Gründen, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Die Millenniumsentwicklungsziele berücksichtigten Menschen mit Behinderungen nicht. 1/7 der Weltbevölkerung (Weltgesundheitsorganisation 2011) konnte also auf ihrer Grundlage nicht auf spezielle Unterstützung hoffen. Doch was nützt ein neu erbautes Krankenhaus denen, die nicht hin-, nicht hineinkommen können? Was nützt eine neue Schule dem, der dem, was dort gelehrt wird, warum auch immer, nicht folgen kann…?
  2. Daraus folgt zweierlei, nämlich a), dass alle Maßnahmen inklusiv ausgestaltet werden müssen, und b), dass es spezielle Maßnahmen zur Unterstützung von behinderten Menschen geben muss, damit Ungleichheit verringert werden kann.
  3. Also müssen Menschen mit Behinderungen in allen Agendazielen spezielle Erwähnung finden, die für ihre Lebenssituation maßgeblich sind. Entsprechende Unterziele müssen hinsichtlich ihrer Erreichung überprüft werden können.
  4. Dazu wiederum bedarf es entsprechender Statistiken zur Lebenssituation behinderter Menschen, und zwar in periodischen Abständen. Denn nur durch Datenvergleich kann man feststellen, ob man auf dem richtigen Weg schnell genug voranschreitet.

Meine niemand, die konsequente Berücksichtigung behinderter Menschen im neuen Zielsystem sei in der Post-UN-Behindertenrechtskonvention-Ära ein Selbstläufer. Schwierig wird es in der anwaltschaftlichen Arbeit hierzu spätestens dann, wenn es um soziale Menschenrechte geht, die für Menschen mit Behinderungen als Positiv-Rechte auszugestalten wären, also eine Bevorzugung für diese Menschen bedeutet. Auch mit der Partizipation ist das so eine Sache: Bislang scheint sich niemand die Mühe gemacht zu haben, eine Version in leichter Sprache, ja nicht einmal eine deutsche Übersetzung, der SDG"s ins Internet zu stellen. Man fragt sich, wie sich dann z.B. kognitiv beeinträchtigte Menschen in die Diskussion einbringen können sollen.

Luft nach oben

Immerhin neunmal werden Menschen mit Behinderungen im Text genannt. Zunächst dort, wo es einleitend um den menschenrechtlichen Rahmen der Agenda geht. Immer noch in der Präambel folgt die Forderung nach ausreichend differenzierter und ausreichend oft wiederholter Statistik auch zu behinderten Menschen. Dann allerdings wird über die Beseitigung von Armut, den Kampf gegen den Hunger und über Gesundheit gesprochen (Ziele 1 - 3), ohne dass behinderte Menschen in diesen wesentlichen Bereichen genannt würden, obwohl sie überdurchschnittlich oft arm sind, unter Hunger leiden und keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Dafür kommen sie in Ziel 4 zu Bildung gleich zweimal vor. Sie sollen denselben Zugang haben und eine inklusive Lernumgebung vorfinden, um in Ziel 5 zu Gender gleich wieder sträflich vernachlässigt zu werden. Vollbeschäftigung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit soll es auch für behinderte Menschen geben (Ziel 8). In Ziel 10 wird die Verringerung von Ungleichheit zwischen den Ländern und innerhalb der Länder angestrebt und prompt ist von einer inklusiven Gesellschaft die Rede, die bis 2030 auch zum Wohle behinderter Menschen geschaffen werden soll. Barrierefrei und sicher sollen der öffentliche Verkehr und öffentliche Straßen und Plätze in Ziel 11 für sie sein und in Ziel 17, in dem es um nachhaltige Finanzsysteme geht, werden u.a. Einkommensstatistiken differenziert auch nach Behinderung vorgesehen.

Andere Themen der Agenda im OWG-Entwurf sind Wasser, Energie, das Klima, die Bewahrung der Meere samt Inhalt oder auch Innovationsförderung und nachhaltiger Konsum. Beim Lesen fällt so manche Inkonsistenz, mancher Widerspruch, manch Doppelbehandlung auf. Es ist davon auszugehen, dass zumindest an den Unterzielen noch gearbeitet wird.

Setzt ein Zeichen!

Sicher wird in den nächsten Monaten in der deutschen Gesellschaft vermehrt über die Post 2015 Entwicklungsagenda diskutiert werden. Dafür werden schon die zahllosen Verbände, humanitäre Organisationen, Umweltgruppen etc. sorgen. Auch wenn die OWG ihren Agendaentwurf mit "Niemanden zurücklassen" überschrieb, es besteht durchaus die Gefahr, dass Menschen mit Behinderungen im Themenkanon von Klimawandel bis Weltwirtschaft vernachlässigt werden. Folglich wird z.B. die "Christoffel-Blindenmission" in einer Kampagne Unterschriften sammeln und damit gegenüber der Politik möglichst viele Ausrufezeichen setzen. Sie hofft gerade auch auf die Unterstützung der Selbsthilfe. Denn abgesehen davon, dass damit Menschen mit Behinderungen in den ärmeren Regionen dieser Erde geholfen werden kann, entsteht mit den SDGs ein recht großkalibriges Geschoss für Selbsthilfearbeit auch auf nationaler Ebene. Man mag letztlich nicht alle Forderungen zur Berücksichtigung von behinderten Menschen in der Post 2015 Agenda erfüllt sehen, aber "Vergessen gilt nicht".

Zum Autor

Der ehemalige DVBS-Geschäftsführer Michael Herbst ist bei der Christoffel-Blindenmission im Bereich "Projekte und internationale Kooperationen" tätig und hat die Teamleitung "anwaltschaftliche Arbeit" inne.

Bildbeschreibung: Auf dem Autorenfoto trägt Michael Herbst ein dunkelgraues Sakko mit braunen Nadelstreifen, dazu ein hellgraues Hemd und eine Krawatte mit schwarz-weißem Streifenmuster. Er blickt lächelnd in die Kamera. Foto: DVBS/Archiv


Bildung und Forschung

Blinde Menschen im Erwerbsleben (Teil III)

In welchen Lebenslagen befinden sich die Nicht-Berufstätigen unter blinden und sehbehinderten Menschen?

Angesichts der Tatsache, dass lediglich ein Viertel der blinden wie auch der hochgradig sehbehinderten und 45 Prozent der sehbehinderten Menschen in Arbeit und Beruf stehen, stellt sich dringend die teilhabepolitische Frage danach, in welchen Lebenssituationen sich die übrigen Personen befinden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Größenordnungen, die hier relevant sind.

Tabelle 1: blinde, hochgradig sehbehinderte und sonstige sehbehinderte Menschen im und außerhalb des Erwerbslebens (Zahlen gerundet)

Art der Behinderung Insgesamt Im Alter von 15-64 Jahren Erwerbstätig Nicht erwerbstätig ǀ absolut in v.H.

Blind* 105.000 32.800 8.500 24.300 ǀ 74

Hochgradig sehbehindert 54.000 11.000 2.900 8.100 ǀ 74

sehbehindert 413.000 129.000 58.000 71.000 ǀ 55

Quelle: eigene Berechnungen aus Teil 1 und 2 des Beitrags, *: mittlere Variante

Die Zahlen lassen das erschreckende Ausmaß der Unterbeschäftigung dieser Personenkreise ahnen. Dieses Dunkelfeld und die Beschäftigungsstruktur zu analysieren, ist die Absicht dieses Teils des Beitrags.

Zur Frage der Unterbeschäftigung sind m. E. lediglich die Analysen der infas-Studie aus den frühen 1990er Jahren verwendbar. Eine noch wesentlich weiter zurückliegende Studie des Bayerischen Blindenbundes (König 1987) und eine ebensolche des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe LWV Westf.-Lippe (1987) erscheinen mir allein durch den zeitlichen Abstand nicht mehr relevant. Allerdings darf man konstatieren: Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre waren "Blinde in Mode", mehrere Institutionen mit teils großen Budgets bemüht, die soziale Lage blinder Menschen differenziert zu durchleuchten. Seitdem ist meines Wissens nichts mehr geschehen. Hier ist mittlerweile ein unerträgliches Dunkelfeld entstanden. Art. 31 der Behindertenrechtskonvention gebietet regelrecht eine erneute Sozialstudie zu blinden und (hochgradig) sehbehinderten Menschen.

Im Herbst 1993 befragte das infas-Institut für Sozialforschung Bonn im Auftrag des Landschaftsverbandes Rheinland mehr als 1.000 Empfänger von Blindengeld oder Blindenhilfe. Einige Ergebnisse seien im Folgenden wiedergegeben.

Der Anteil der Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbstätigen nach Alter und Geschlecht

Es wurde die Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen differenziert dargestellt. Die Ergebnisse zeigen korrespondierend die hohen Prozentzahlen der Nicht-Erwerbstätigen (Subtrahiert man die Prozentzahlen von 100 Prozent, erhält man die Werte für die Nicht-Erwerbstätigen). Dabei zeigte sich, dass lediglich 26 Prozent der Befragten aktiv (erwerbstätig) und sieben Prozent passiv (arbeitsuchend) am Erwerbsleben teilnahmen. Die höchste Erwerbsquote mit 47 Prozent hatten die Befragten zwischen 30 und 39 Jahren; die jüngeren ab 20 Jahren hatten eine solche von 34 Prozent, diejenigen zwischen 40 und 49 Jahren von noch 42 Prozent, während Fünfzigjährige und Ältere nur noch zu 23 Prozent am Erwerbsleben teilnahmen. Das Ausmaß von Blindheit entwickelt sich proportional zum Lebensalter, d.h., die Älteren prägen das (nicht nur statistische) Gesamtbild wesentlich.

Erblindung führt zumeist zur Verrentung

Wer während des Berufslebens erblindete, so wird berichtet, verlor zumeist den Arbeitsplatz und auch die Firma, in der sie oder er beschäftigt war. Vor allem im höheren Lebensalter wurde kaum beruflich rehabilitiert, stattdessen zumeist verrentet. Wer in das Berufsleben zurückkehrte, tat dies mit erheblicher Dequalifizierung. "Darüber hinaus unterscheidet sich die Erwerbsbeteiligung aber auch nach dem Zeitpunkt der Erblindung und nach dem Geschlecht der Befragten. Die Erwerbsquote ist bei den Geburtsblinden und Früherblindeten doppelt so hoch wie bei den Späterblindeten. Die meisten Späterblindeten scheiden im Zusam¬menhang mit dem Verlust (wesentlicher Teile) des Sehvermögens aus dem Erwerbsleben aus. Auch zwischen blinden Männern und blinden Frauen weichen die Erwerbsquoten deutlich voneinander ab. Mit einem Anteil von 39 Prozent haben die Männer eine Erwerbsbeteiligung, die um 50 Prozent über jener der Frauen liegt" (Schröder 1997).

Ausmaß, Struktur und Dauer der Arbeitslosigkeit

Unter den 20- bis 59-jährigen blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen standen 26 Prozent in Beschäftigung, also drei Viertel waren ohne Arbeit. Fügt man die 7 Prozent hinzu, die nach Arbeit suchten, konstatiert man, dass lediglich ein Drittel der blinden Menschen überhaupt am Erwerbsleben teilnahm.

Betrachten wir die arbeitslosen Personen genauer: "Von den Blinden und Sehbehinderten, die sich als arbeitslos bezeichnen, sind lediglich 75 Prozent beim Arbeitsamt als ar¬beitslos gemeldet." (Schröder 1997, 506) (Die übrigen 25 Prozent werden als sog. "Stille Reserve" bezeichnet. Diese umfasst u.a. Personen, die sich vorübergehend resigniert vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, aber bei besseren Beschäftigungschancen durchaus gerne wiederum ein Arbeitsangebot abgeben. d. Verf.).

"Amtlich wird die Zahl der ar¬beitslosen Blinden also eher untererfasst. … Von den arbeitslos Gemeldeten erhält mehr als die Hälfte eine finanzielle Unterstützung vom Arbeitsamt, ein Fünftel Arbeitslosengeld und vier Fünftel Arbeitslosenhilfe. … Sieben Prozent der befragten Blinden und hochgradig Seh¬behinderten bezeichnen sich als arbeitslos. Davon sind 10 Prozent weniger als ein Jahr ohne Arbeit, 14 Prozent sind es seit ein bis zwei Jahren. Über 20 Prozent sind nach eigenem Bekunden bereits 3 bis 9 Jahre arbeitslos und mehr als die Hälfte sogar schon 10 Jahre und länger. Im Durchschnitt sind es 11 Jahre" (Schröder 1997, 506 f.). Zur Klarstellung: die oben ausgewiesenen sieben Prozent der 20- bis 60-jährigen blinden Personen ohne Beschäftigung bedeuten, dass die spezifische Unterbeschäftigung bei weit mehr als 20 Prozent liegt.

Die Lebenslagen der nicht erwerbstätigen blinden Menschen

Zwei Drittel der Befragten nehmen überhaupt nicht (mehr) am Erwerbsleben teil. Die weitere Differenzierung dieser Gruppe ergibt folgendes Bild:

"Die größte Gruppe unter den nichterwerbstätigen Blinden bilden die Rentner und Vorruheständler. Mit 32 Prozent ist der Anteil in etwa so groß wie der der Erwerbspersonen. Die Rentner und Vorruheständler sind zu drei Vierteln über 50 Jahre alt. Die Gründe für den Eintritt in den Ruhestand sind primär behinderungs- oder krankheitsbedingt. Späterblindete sind in dieser Gruppe überrepräsentiert. Ihre Erwerbsunfähigkeit beginnt häufig mit dem Eintritt der Erblindung.

Jene sechs Prozent der Blinden, die wegen einer Krankheit keine Erwerbstätigkeit ausüben, sind noch zu zwei Dritteln unter fünfzig Jahre alt. Sie bilden einen besonderen Problemtypus, der nicht nur einen Übergangsstatus darstellt. Einerseits hat diese Gruppe aufgrund ihres niedrigen Alters noch keine Ansprüche für den Rentenbezug erwirtschaftet; knapp ein Drittel dieser Gruppe war auch nie erwerbstätig. Andererseits kumulieren sich in dieser Gruppe neben der Erkran¬kung weitere vermittlungshemmende Merkmale: Späterblindete, Sonderschüler und schulisch Unqualifizierte sind überdurchschnittlich vertreten. … Obwohl sich die krankheitsbedingte Nichterwerbstätigkeit vor allem auf die mittleren Altersgruppen konzentriert, ist sie offensichtlich nicht als Übergangsstatus zu verstehen. Mehr als zwei Drittel der Personen mit Erwerbserfahrung sind bereits seit mehr als vier Jahren aus der Beschäftigung heraus. Die krankheitsbedingte Nichterwerbstätigkeit bildet deshalb unter sozialpolitischen und rehabilitativen Gesichtspunkten einen Problemtypus, der außerhalb der üblichen institutionellen Regelungen steht.

Acht Prozent der Befragten waren zum Erhebungszeitpunkt in Aus- oder Fortbildung. Knapp ein Drittel davon geht noch zur Schule oder macht ein Studium; gut ein Drittel absolviert eine berufliche Erstausbildung. Ein Viertel befindet sich in Umschulung oder Fortbildung. Neun Prozent nehmen an einer Arbeitserprobung oder einer Berufsfindungsmaßnahme teil.

Jeder zehnte Blinde ist aus anderen Gründen nicht erwerbstätig. Knapp die Hälfte ist bereits über 50 Jahre alt. Die Grup¬pe besteht zu 92 Prozent aus Frauen" (Schröder 1997). Neun von zehn aus dieser Gruppe leben in einer dauerhaften Haushaltsgemeinschaft, meist mit einem sehenden Partner.

Von den differenzierten Ausführungen der infas-Studie kann hier nur ein Ausschnitt wiedergegeben werden. Die Lektüre der gesamten Studie ist sehr empfehlenswert. (http://doku.iab.de/mittab/1997/1997_2_MittAB_Schroeder.pdf) Sie zeigt zum einen: Einige Problemfelder, die derzeit virulent sind, waren bereits vor zwanzig Jahren detailliert beschrieben. Zum anderen wird deutlich: Eine erneute Sozialstudie über blinde und (hochgradig) sehbehinderte Menschen in Deutschland ist mehr als überfällig! Wer eine solche Studie verweigert, übt sich in präventivem Nichtwissen, damit nicht zur Verbesserung der Situation gehandelt werden muss. Wir brauchen aber dringend einen differenzierten Einblick in die sozioökonomischen und soziokulturellen Verhältnisse, in denen die Betroffenen dieser Gruppe von schwerbehinderten Menschen leben. Wie geht es ihnen heute? Besser oder noch schlechter als damals?

Literatur

Bertram, Bernd (2005): Häufigkeit und Ursachen von Blindheit und Sehbehinderung in Deutschland, in: "Der Augenarzt", Dezember 2005, S.267-268

Capovilla, D.: So einfach funktioniert Inklusion nicht, Stellungnahme zum Artikel "Inklusion - Gemeinsam anders", aus: DIE ZEIT vom 31.5.2012, in: horus 3/2014

Hartmann, Sandra (2009): Herausforderungen bei der beruflichen Eingliederung sehbehinderter Menschen, Bachelor-Thesis zur Erlangung des Grades Bachelor of Arts an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit HdBA Fachbereich Vermittlung und Integration, Studiengang Arbeitsmarktmanagement, Mannheim

König, Paul (1987): Soziale und berufliche Situation blinder und hochgradig sehbehinderter Erwerbspersonen in Bayern , in: ibv-Doku-Ausgabe 14/87 zu ibv Nr. 35 vom 26. August 1987 (Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit), S. 7275 - 7293

Landesamt für Soziales und Versorgung (2012): Bestandsstatistik § 69 SGB IX - Ausweise - Ende 2012

Landschaftsverband Westfalen-Lippe (1987): Berufliche Situation der Blinden in Westfalen-Lippe, Endbericht, Münster

Mehls, Hartmut (2001): Doch die nicht sehen, zählt man nicht! - Die Notwendigkeit einer zuverlässigen Statistik über Blinde und Sehbehinderte, in: horus

Resnikoff, Donatella Pascolini, Daniel Etya"ale, Ivo Kocur, Ramachandra Pararajasegaram, Gopal P. Pokharel, & Silvio P. Mariotti:Policy and Practice (2004) Abstract. This paper presents estimates of the prevalence of visual impairment and its causes in 2002, statistical classification of diseases, injuries and causes of death, 10th revision. The number of people with visual impairment worldwide, Serge

Reid/Simkiss (2013): Die unsichtbare Mehrheit, Zusammenfassender Bericht einer Studie zur Nichterwerbstätigkeit von Blinden und Sehbehinderten in Schweden, Deutschland, Rumänien, den Niederlanden, Polen, Frankreich und Österreich, Ein Bericht für das Präsidium der Europäischen Blindenunion (EBU) von Philippa Simkiss und Fred Reid, RNIB 2013

Schröder, Helmut (1995): Die berufliche Integration von Blinden, Endbericht, 2 Bände, Köln Ders. (1997): Die Beschäftigungssituation von Blinden, ausgewählte Ergebnisse einer Befragung von Blinden und Unternehmen, Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (MittAB) 2/97

Spring, Stefan (2012): Sehbehinderung und Blindheit: Entwicklung in der Schweiz. Eine Publikation zur Frage: "Wie viele sehbehinderte, blinde und hörsehbehinderte Menschen gibt es in der Schweiz?"

Statistisches Bundesamt (2013a): Statistik schwerbehinderte Menschen am 31.12.2011 - Kurzbericht

Statistisches Bundesamt (2013b): Sozialleistungen, schwerbehinderte Menschen am 31.12.- Fachserie 13 Heft 5

Turkish Population and Housing Census 2011

Wenk, Sophia (2014): Evaluation der Wiedereingliederung blinder und sehbehinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nach einer Umschulung im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme in Berufsförderungswerken, Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) im Studiengang Rehabilitationspädagogik, Humboldt-Universität zu Berlin, Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät, Institut für Rehabilitationswissenschaften

http://www.org/working-areas/rehabilitation-vocational-training-and-employment#hidden

Zum Autor

Dr. Heinz Willi Bach ist zweiter Vorsitzender des DVBS. Der Diplom-Volkswirt war viele Jahre Hochschullehrer an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit. Zuvor war er zehn Jahre in der Praxis der öffentlichen Arbeitsverwaltung tätig. 2009 wurde er wissenschaftlicher Oberrat beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Dr. Bach gehört dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales an, der die Gestaltung des Teilhabeberichts der Bundesregierung wissenschaftlich betreut. Er nahm ca. zwölf Jahre die Aufgabe der Vertretung der schwerbehinderten Beschäftigten und Studierenden an der Hochschule wahr und war der Beauftragte des Deutschen Studentenwerks zur Betreuung behinderter und chronisch kranker Studierender.

Bildbeschreibung: Das Autorenfoto zeigt Dr. Heinz Willi Bach. Er blickt lächelnd in die Kamera. Zum grauen Strickpullover trägt er ein rot-weiß-kariertes Hemd. Die braunen Haare trägt er nach rechts gescheitelt, der gestutzte Oberlippen- und Kinnbart ist grau. Die Gläser seines goldenen Brillengestells sind oval. Foto: DVBS/Archiv


Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt

blista gründet "focus arbeit GmbH"

Ein zentrales Ziel der blista war es schon immer, die Schülerinnen und Schüler für das Arbeitsleben fit zu machen. Dass dies in vielen Fällen gelungen ist, zeigt zum Beispiel der Abi-Jahrgang 1984. Beim jüngsten Klassentreffen, an dem 80 Prozent der ehemaligen Schülerinnen und Schüler teilnahmen, konnten durchweg alle von einer erfolgreichen Berufslaufbahn auf dem ersten Arbeitsmarkt berichten. "Ein beeindruckendes Ergebnis", freute sich nicht nur Schulleiter Jochen Lembke.

Doch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die Arbeitswelt haben sich in den vergangenen 30 Jahren stark verändert. Darauf hat die blista immer wieder mit neuen Angeboten reagiert. Die Einführung der Betriebspraktika gehört ebenso dazu wie die Orientierungswochen für Beruf und Studium in der Oberstufe oder die Kooperationen mit großen Unternehmen wie Siemens und SAP.

Mit der Gründung der neuen Tochter in Frankfurt soll der begonnene Prozess zu Entwicklung und Ausbau inklusiver Angebote intensiviert werden. "Die blista setzt sich immer stärker mit Unternehmen in ganz Deutschland für chancengleiche Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten im ersten Arbeitsmarkt ein. Um dabei aus der Region Marburg heraus auch den Anschluss an das Ballungszentrum Rhein-Main herzustellen, haben wir uns zu diesem Schritt entschieden", beschreibt blista-Direktor Claus Duncker die Beweggründe für die Verlagerung bestimmter Aktivitäten von Marburg nach Frankfurt. Außerdem freut er sich, dass mit Susanne Patze eine kompetente und erfahrene Kollegin als Projektleiterin gewonnen werden konnte.

Das neue Büro befindet sich im Gründerzentrum in der Hanauer Landstraße. Susanne Patze freut sich auf die neue Aufgabe und hofft, "dass die Frankfurter Adresse uns Türen bei vorurteilsfreien Arbeitgebern öffnet". "Wenn das gelingt", so Patze weiter, "kann die focus arbeit GmbH eine ihrer Aufgaben erfüllen und blista-Absolventen noch besser auf ihrem Weg ins Berufsleben unterstützen." Die Jobvermittlung und die Beratungsangebote in Frankfurt richten sich aber nicht nur an blista-Schüler oder ehemalige blistaner. Grundsätzlich soll "focus arbeit" für Fragen rund um das Thema "Sehen am Arbeitsplatz" für Ratsuchende da sein.

Kontakt: focus arbeit GmbH, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 069 4035 6135

Bildbeschreibung: Das Foto zeigt die Projektleiterin der Focus Arbeit GmbH, Susanne Patze, die offen lächelnd in die Kamera schaut. Sie steht aufrecht und hat die Hände lässig in die Hosentaschen ihrer schwarzen Hose gesteckt. Ihr Blazer ist ebenfalls schwarz, dazu trägt sie ein weißes Shirt mit Knopfleiste und einen rot-blau-gemusterten Schal, den sie um den Hals geschlungen hat. Ihre blonden Haare sind fransig geschnitten und knapp schulterlang. Foto: Bruno Axhausen


Abitur: was nun?

Spezielle Orientierungsveranstaltung für blinde und sehbehinderte Studieninteressierte aus ganz Deutschland vom 11. bis 13. Mai 2015 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Jährlich bietet das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) blinden und sehbehinderten Oberstufenschülern/-innen und Schulabsolventen/innen aus ganz Deutschland eine Orientierungs-veranstaltung an. Über drei Tage können Fragen zu Universitäten und Hochschulen, Studienfächern und -abschlüssen, fachlichen Anforderungen, einzelnen Studienorten, studentischem Wohnen, Orientierung und Mobilität und vor allem zu spezifischen pädagogischen und technischen Unterstützungen im Studium diskutiert werden.

Dazu stehen Experten der jeweiligen Themenkomplexe, studentische Vertreter und sehgeschädigte Studierende aus höheren Semestern zur Verfügung.

Die Orientierungsveranstaltung wendet sich an alle Studieninteressierte mit Sehschädigung unabhängig vom Studienort.

Die nächste Informationsveranstaltung findet vom 11. bis 13. Mai 2015 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) statt.

Für interessierte Eltern, die ihre Tochter/ihren Sohn begleiten möchten, wird ein gesondertes Programm angeboten.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Anfahrt und Unterkunft müssen von den Teilnehmenden selbst getragen werden. Detaillierte Informationen, einschließlich Programm und Anmeldung, können unter: www.szs.kit.edu/484.php oder Tel.: 0721/608 41 937 angefordert werden. Um rechtzeitige Anmeldung bis spätestens 13. April 2015 wird gebeten.

Anmeldung und nähere Informationen: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS), www.szs.kit.edu/484.php, Susanne Schneider, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Engesserstr. 4 (Campus Süd), Tel.: 0721/608-41937

Bildbeschreibung: Zu sehen ist eine grüne Schultafel, auf der in Schreibschrift mit weißer Kreide "Bitte leise! Prüfung!" geschrieben steht. Foto: S. Hofschlaeger / www.pixelio.de


RTFC, Computerwissen und Theater: Fortbildungsangebote der blista

Punktschrift und DAISY im Handumdrehen - Digitale Texte konvertieren

Der Workshop richtet sich an Medienproduzenten, Lehrkräfte, berufsbezogene Anwender und alle Interessierten. Es wird vermittelt, wie digitale Texte übersichtlich und leicht in Dateien für das Internet, in Großdruck, in Blindenschrift oder in Hörbücher im DAISY-Format umgewandelt werden können.

Grundlage ist die Windows-Software RTFC, die es ermöglicht, digitale Schwarzschrift-Texte in Braille und andere Formate zu übertragen. Für die Teilnahme am Workshop sind keine Vorerfahrungen mit RTFC notwendig. Es ist jedoch sehr von Vorteil, wenn Teilnehmende gute Windows- und Microsoft-Word-Kenntnisse mitbringen, sicher mit dem Screenreader arbeiten können (sofern dieser benötigt wird) und Grundkenntnisse über die Brailleschrift besitzen, da deren Systematik nur am Rande behandelt wird.

Der Workshop findet am 12.06.2015 von 13 bis 18 Uhr sowie am 13.06.2015 von 9 bis 15:30 Uhr statt.

Anmeldeschluss ist der 06.05.2015.

Computerwissen für blinde und sehbehinderte Einsteiger

Blinde und sehbehinderte Menschen ohne Computererfahrung, die einen ersten Überblick bekommen möchten, können sich für den Workshop anmelden. Gemeinsam wagen sie die ersten Schritte auf der Benutzeroberfläche von Windows und finden heraus, welche hilfreichen Funktionen der Computer zu bieten hat.

Termin: 24.04.2015, 10 bis 16 Uhr. Anmeldeschluss ist der 18.03.2015.

Schauspielen aus dem Stegreif - Improvisationstheater

Dieser Workshop ist offen für jeden, der Lust auf einen Ausflug in die Welt des Spontan-Theaters hat. Ob Anfänger oder schon erfahrener Theaterhase, sehend oder nicht - jeder ist willkommen! An diesem Wochenende werden wir mit dem Mittel der Improvisation lockerer im Kopf werden, guten Ideen einfach mal ihren Lauf lassen können und vielleicht blockierte Spontaneität und Phantasie wiederentdecken.

Der Workshop findet am 17.04.2015 von 14 bis 18 Uhr und am 18.04.2015 von 9 bis 18 Uhr statt. Anmeldeschluss ist der 11.03.2015.

Interessenten für die vorgestellten Workshopangebote können sich auch online anmelden: www.blista.de/bildung


horus-Zeitreisen

horus-Zeitreisen

Bekanntlich begehen DVBS und blista 2016 ihr 100-jähriges Jubiläum. Da der horus seiner Zeit wieder einmal voraus ist, beginnen wir mit dem Feiern schon jetzt! In den Jahren 2015 und 2016 (vielleicht auch noch 2017) wollen wir in der Rubrik "horus-Zeitreisen" ausgewählte Beiträge aus den vergangenen 100 Jahren erneut abdrucken. Wir verbinden damit die Hoffnung, die Geschichte unserer Organisationen wieder lebendig machen zu können und einen Eindruck davon zu vermitteln, wo blista und DVBS einmal angefangen haben und wo sie heute stehen.

Dabei war es uns verständlicherweise nicht möglich, uns durch tausende von Artikeln zu wühlen. Aber glücklicherweise gibt es im DVBS jemanden, der das komplette horus-Archiv im Kopf hat: Ohne Jochen Schäfers Expertise wären die horus-Zeitreisen zum Scheitern verurteilt. Deshalb gebührt ihm an dieser Stelle unser herzlicher Dank!

Unsere erste horus-Zeitreise führt uns ins Jahr 1918 und zeichnet das Bild einer Einrichtung, die mit einer Schule im herkömmlichen Sinn anscheinend noch recht wenig zu tun hat. Aber lesen Sie selbst!


Über das Studium der Philologie

Seit Gründung der hiesigen Studienanstalt für blinde Akademiker im April 1917 bin ich an diesem Institut beschäftigt. Meine Tätigkeit besteht einmal in Ergänzungsunterricht, der an Immature erteilt wird. Ich bereite mehrere Kriegs- und Friedensblinde zum Abiturium vor, und zwar unterrichte ich Deutsch, Latein, Französisch, Englisch, Geographie und zum Teil auch Geschichte. Das Interesse und der Fleiß besonders der kriegsbeschädigten Herren ist höchsterfreulich, und ihre unermüdliche Tatkraft wird sie zweifellos zu ihrem Ziele führen. Ganz besonders beliebt ist der erdkundliche Unterricht trotz mancher Schwierigkeiten hinsichtlich der Anschauungsmittel, die allerdings zum Teil durch gute Reliefkarten behoben sind. Auch deutsche Literatur begegnet allgemein größtem Interesse. Ferner sind für die Studierenden Repetitorien zu geben, welche Unterstützung des Studiums bezwecken. Für die philologischen Fächer, welche ich behandle, kamen in den letzten Semestern nur vier Herren und eine Dame in Frage, die alle in den ersten Semestern stehen, so daß sie für ihre Studien kaum Hilfe benötigen. Ich bespreche daher in den angesetzten Repetitionsstunden Themen von mehr allgemeiner Art, wie Einführung in die Geschichte der Philologie, römische Literaturgeschichte usw. Bei alledem leistet die mit der Studienanstalt verbundene Bibliothek, die beständig vergrößert wird, vortreffliche Dienste. Ganz besonders dankenswert ist es, daß auch die Wünsche einzelner Interessenten berücksichtigt und für ihren speziellen Gebrauch Werke in Punktschrift übertragen werden. Dadurch ist der blinde Studierende der anstrengenden und ungeheuer zeitraubenden Arbeit des Abschreibens überhoben, unter der die Blinden früher so schwer gelitten haben.

Erschienen in: Beiträge zum Blindenbildungswesen, 1918, S. 31 (Schwarzschrift-Ausgabe)


Über das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften

Seit einer Reihe von Jahren ist die Zahl derjenigen Blinden, die sich dem Studium der Staats- und Rechtswissenschaften zuwenden, in ständigem Wachstum begriffen und erfährt durch die hinzutretenden Kriegsblinden eine weitere Vermehrung. Die Erklärung für diese Tatsache mag darin zu suchen sein, daß einmal das Interesse am politischen Leben gestiegen ist, dann aber auch, und nicht zuletzt in dem Umstand, daß jeder Blinde persönlich oder geistig mit einzelnen Zweigen der öffentlichen Fürsorgetätigkeit in engere Berührung gelangt und dadurch angeregt wird, sich selbst an der Lösung volkswirtschaftlicher, rechtlicher sowie sozialer Probleme zu beteiligen und dabei seine eigenen Erfahrungen der Allgemeinheit nutzbar zu machen. Ausnahmslos bringt der Blinde diesen Fragen ein reges, tiefes Verständnis entgegen, weil er gewissermaßen persönlich stärker interessiert ist, als seine sehenden Mitmenschen, auf denen der Daseinskampf nicht mit gleicher Schwere lastet, und die daher vielleicht nicht immer mit der nämlichen Gefühlswärme an die Materien herantreten.

Es liegt uns natürlich vollkommen fern, den Durchschnittsblinden in dieser Hinsicht überschätzen zu wollen, wir möchten lediglich auf den Unterschied hinweisen, der darin besteht, daß der Blinde vieles am eigenen Ich erleben mußte, was seine sehenden Fachkollegen nur in der Theorie oder aus der Anschauung kennenlernten.

Schon diese Feststellung allein mag zur Rechtfertigung dafür dienen, daß wir die obenerwähnten Bestrebungen der blinden Studierenden im allgemeinen Interesse freudig begrüßen und ihnen jede mögliche Förderung angedeihen lassen. Wir haben hierzu um so mehr Veranlassung, als die Blinden bereits genügende Proben ihrer sozialpolitischen Talente ablegten, indem sie mit unerschütterlichem Vertrauen darangingen, ihr eigenes Los durch wohlüberdachte Organisationen zu verbessern und auf diesem Wege mehr als ein günstiges Resultat erzielten. Auch in ihnen schlummern Fähigkeiten und Ideen, die, einmal wachgerufen und auf die rechte Bahn geleitet, unserem staatlichen und gesellschaftlichen Leben die wertvollsten Dienste zu leisten vermögen und darum keineswegs unterschätzt werden dürfen.

Allerdings sind gerade auf dem politisch-wirtschaftlichen Gebiet die Schwierigkeiten keine geringen, die sich dem blinden Studenten in den Weg stellen, dem vielfach die wertvollen Gesichtseindrücke von Jugend auf versagt waren, und dem es daher doppelte Mühe verursachen muß, sich von den einschlägigen Verhältnissen die richtigen Vorstellungen zu machen. Diese Hemmungen sind indessen durchaus nicht unüberwindlich, zumal der geistig rege Blinde ein reiches Innenleben besitzt und verhältnismäßig rasch lernt, sich in ihm bisher fremde Situationen hineinzudenken. Etwas anders verhält es sich dagegen mit der fast unübersehbaren Literatur, durch welche er sich hindurcharbeiten muß, um sich die notwendige wissenschaftliche Grundlage zu schaffen. Hierbei bedarf er einer nie erlahmenden Willenskraft und starker Nerven, da er in der Hauptsache darauf angewiesen ist, sich das "gesprochene" Wort einzuprägen. Gelegentliches, beiläufiges Lernen aus kurzen Zeitungsnotizen, die ein anderer gleichsam im Vorübergehen liest, kommt für ihn nicht in Frage; er muß sich "planmäßig" vorlesen lassen und ist in der Auswahl des Lesestoffes stets teilweise abhängig von seinem Vorleser. Was der sehende Student mit "Durchblättern" oder "Überfliegen" eines Buches bezeichnet, und was für die Aneignung namentlich literarischer Kenntnisse von so unschätzbarem Werte ist, kommt für den Blinden nicht in Betracht. Selbst dann nicht, wenn ihm ein Fachkollege vorliest und an seiner Stelle das "Durchblättern" übernimmt. Dieser wird natürlich stets diejenigen Stellen herausgreifen, die ihm persönlich wichtig erscheinen, während der Blinde selbst bei der Lektüre vielleicht ganz andere Gesichtspunkte verfolgt haben würde. Daher muß er quantitativ mehr lesen, und zwar viele Bücher "ganz" durchlesen, damit er auch an diejenigen - oft wenigen - Stellen gelangt, die er für seine Zwecke tatsächlich braucht. Wie sehr diese eben gekennzeichneten Schwierigkeiten ins Gewicht fallen, kann nur der voll und ganz ermessen, der über die enorme Zahl sozial- und wirtschaftspolitischer Schriften unterrichtet ist, die alljährlich auf den Büchermarkt kommen, und deren mindestens oberflächliche Kenntnis notwendig ist, wenn man sich "auf dem laufenden" erhalten will. Wir denken hierbei vornehmlich an die zahlreichen Monographien und Spezialabhandlungen, die vom Fachgelehrten nicht ohne weiteres übergangen werden dürfen, selbst wenn ihnen nur augenblickliche oder lokale Bedeutung beigemessen werden kann. Nur eine gewisse Findigkeit und ein gutes Gedächtnis können dem Blinden in diesen Fällen zu Hilfe kommen, wobei er es sich nicht verdrießen lassen darf, gelegentlich auch solche Schriften zu lesen, die ihn nicht unmittelbar interessieren. Ganz unmöglich ist es selbstverständlich, die eben charakterisierten Broschüren und Schriftchen auch nur teilweise in die tastbare Blindenschrift zu übertragen, da sich der große Aufwand an Mühe und Kosten nicht rechtfertigen ließe, und auch der Blinde einfach nicht imstande wäre, sie selbst durchzulesen. Wir dürfen nämlich die eine Tatsache nicht aus dem Auge verlieren, daß es selbst der geübteste Blinde nie zu einer solchen Lesefertigkeit bringen kann, wie der Sehende, der nicht nur Buchstaben und Worte, sondern Zeilen und ganze Sätze auf einmal zu überblicken vermag. Handelt es sich um lange, kunstvoll gebaute Satzperioden, so verliert der Blinde bei der Weitläufigkeit seiner Schrift leicht die Übersicht und wird zu mehrmaligem Nachlesen genötigt. In ganz besonderem Maße gilt das Gesagte für die Kriegsblinden, die beim Lesen nicht allein jene geistigen, sondern häufig genug auch noch die rein technischen Schwierigkeiten bekämpfen müssen. Für die Übertragung in Punktschrift kommen somit nur grundlegende Leitfäden und Lehrbücher in Betracht, die wenigstens einige Jahre hindurch ihren Wert behalten, und aus denen direkt "gelernt" werden muß. Im übrigen bleibt der Blinde auf einen Vorleser angewiesen, der ihm allerdings eine wertvolle Stütze werden kann, wenn er sich auf seinen Zuhörer einarbeitet und ihm möglichst lange zur Seite steht. Ein häufiges Wechseln der vorlesenden Personen muß der blinde Student tunlichst zu vermeiden suchen.

Im Hinblick auf alle die vorerwähnten Punkte bedeutet es für die blinden Studierenden in Marburg eine wesentliche Erleichterung, daß ihnen von der Studienanstalt aus Fachrepetitoren zur Seite gestellt werden, die alle jene Schwierigkeiten selbst durchgefochten haben und somit am berufensten erscheinen, den jüngeren Kommilitonen mit Rat und Tat an die Hand zu gehen. An meinem staatswissenschaftlichen Repetitorium nahmen in den ersten beiden Semestern je drei Herren teil, nach deren Wunsch die Stoffverteilung so vorgenommen wurde, daß stets nationalökonomische und juristische Vorlesungen nebeneinander stattfanden. Im S.-S. 1917 wurden theoretische Nationalökonomie und Staatsrecht, im W.-S. 1917/18 praktische Nationalökonomie, Wirtschaftsgeschichte, Staats- und Strafrecht behandelt. Von den gewöhnlichen, landläufigen Repetitorien unterscheidet sich unser Zusammenarbeiten aber dadurch, daß wir uns nicht darauf beschränken, das in der Universität Gehörte zu wiederholen und einzuprägen, sondern wir bearbeiten selbständig einschlägige Wissensgebiete, deren Kenntnis zur Erweiterung und Vertiefung des in den Universitätsvorlesungen Gebotenen dienen soll. Ein eigentliches "Einpauken" hat der Blinde ebensowenig nötig, wie ein geistig reger, sehender Kommilitone, wenn es sich natürlich auch vor den Prüfungen darum handeln wird, gründliche Wiederholungen vorzunehmen. Zunächst aber, während der ersten 3 bis 4 Semester, erblicke ich die Hauptaufgabe unserer Lehrgänge darin, einen möglichst umfangreichen Wissensstoff in mundgerechter Form zu bieten und zum eigenen Nachdenken und Mitarbeiten anzuregen. Dabei soll stets besondere Rücksicht auf die späteren beruflichen Bedürfnisse des einzelnen genommen werden, um ihn allmählich auf diejenigen Spezialgebiete hinzulenken, denen er sich nach abgeschlossener Hochschulbildung mit Aussicht auf Erfolg widmen kann. Im Vordergrund des Interesses muß dabei die Förderung der Selbständigkeit und Gewandtheit im mündlichen Ausdruck stehen, wozu kleine Vorträge über besprochene Themen dienen. Für später ist auch die Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten vorgesehen, wie sie in den Seminarien bereits allenthalben gebräuchlich sind.

Auch die persönliche Aussprache über allgemeine oder spezielle Fragen, wobei sich Gelegenheit bietet, besondere Erfahrungen einzuflechten, tragen dazu bei, das Eindringen in abstraktere Gebiete zu erleichtern und das Gehörte fester einzuprägen. Wenn auch bis heute noch kein abschließendes Urteil möglich ist, darf doch wohl angenommen werden, daß der von uns beschrittene Weg ans Ziel führt, sofern stets zwischen Lehrenden und Lernenden ein Einverständnis bezüglich des Stoffes und der Methode erzielt wird. Das staatswissenschaftliche Repetitorium kann seinen Hörern vielfach die Mühe des Selbstlesens mancher Bücher ersparen, deren Inhalt zur Besprechung gelangt, und aus denen je nach Bedarf der Extrakt geboten zu werden vermag. Vielleicht tritt im Laufe der Jahre noch die eine oder andere Aufgabe hinzu, deren Erfüllung wünschenswert erscheint. Zunächst ist aber ein Anfang gemacht, der uns mit ruhiger Zuversicht der weiteren Entwicklung entgegensehen läßt.

Erschienen in: Beiträge zum Blindenbildungswesen, 1918, S. 27 - 30 (Schwarzschrift-Ausgabe)


Bücher

Hörtipps

Bild der Wissenschaft: Probeausgabe auf DAISY-CD kostenlos erhältlich.

Möchten Sie gerne über aktuelle Ergebnisse der Wissenschaften informiert werden? Suchen Sie einen verständlichen Zugang zu verschiedenen Gebieten, nicht nur den Naturwissenschaften? Dann nutzen Sie die Gelegenheit, um die Zeitschrift "Bild der Wissenschaft" kennen zu lernen. Der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) bietet eine kostenlose DAISY-Ausgabe an.

Sie können zwischen drei Ausgaben wählen:

Das April-Heft 2014 liefert Informationen zu "Schwarzen Löchern". Die Ausgabe stellt außerdem den Medizinprofessor Jürgen Schäfer vor. Er nutzt die Popularität des amerikanischen Fernseharztes Dr. House, um Studierende im Umgang mit seltenen Krankheiten zu schulen. Sein "Dr. House-Seminar" wurde vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet. Mit der Juli-Ausgabe 2014 erhalten Sie einen Einblick in die Arbeitsweise der Archäologie. Hier heißt das Titelthema: "Forscher erwecken Steinzeitmenschen zum Leben: Die Botschaft der Höhlen". Und im Beitrag "Killerzellen gegen Krebs" geht es um Meilensteine der Forschung der Krankheit Krebs, vor allem um die neueren Therapieansätze.

Oder Sie entscheiden sich für die November-Ausgabe. Hier erfahren Sie mehr über die Ursprünge des Halloween-Brauchs, aber auch über die Arbeit von Sound-Designern. Denn ob Auto, Kartoffelchips oder Waschmaschine: Der "richtige" Sound gilt als Qualitätsmerkmal.

"Bild der Wissenschaft" ist eine populärwissenschaftliche Zeitschrift. Sie hat vergangenes Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert und unterstützt moderne Lesegewohnheiten: Literatur- und Linktipps, Web- und Facebook-Auftritt ergänzen mit vertiefenden Informationen und tagesaktuellen Kurznachrichten das klassische Erscheinen. Für die DAISY-Ausgabe wird das monatlich erscheinende Printmedium ungekürzt gelesen.

Das DAISY-Abonnement ist im DVBS zum Preis von 86,40 Euro erhältlich. Die Probeausgabe erhalten Sie gratis, ohne jede weitere Verpflichtung. Für Infos und Bestellungen wenden Sie sich an: DVBS-Textservice, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-22, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Beobachten, überwachen, operieren, bestrahlen: Behandlungsstrategien bei Prostatakrebs. Herausgegeben von der Barmer GEK.

Das Thema Prostatakrebs steht in letzter Zeit häufiger im Licht der Öffentlichkeit, weil sich prominente Politiker und Sportler als Betroffene outen. Auch die Sinnhaftigkeit von Operationen nach der Früherkennung steht in der Diskussion. Prostatakrebs gilt in Deutschland als dritthäufigste Todesursache bei Männern, jährlich erkranken rund 70.000. Die Behandlung kann mit Erektionsstörung, Impotenz oder Inkontinenz einhergehen. Kein Wunder also, dass die Diagnose "Prostatakrebs" beunruhigt.

Diese Krebsart zeigt sich vielfältig. Mancher Mann wird mit einem Krebs der Prostata alt, denn es gibt auch eine "friedliche" Ausprägung, die langsam wächst und erst spät oder nie zu Symptomen führt. Bei 15 Männern unter den 100, deren Prostatakrebs entdeckt wurde, war nicht Prostatakrebs die Todesursache, sondern ein anderer Anlass, wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall. Deshalb sind Operation, Bestrahlung oder Hormonentzug nicht die einzigen Therapien, auch aktives Überwachen und langfristiges Beobachten gehören zu den anerkannten Behandlungsmöglichkeiten. Die unterschiedlichen Formen des Krebses stellen Betroffene vor die Aufgabe, sich für den momentan angemessenen Behandlungsweg zu entscheiden. Hier ist die Broschüre eine gute Hilfe, denn medizinische Fachbegriffe und Strategien werden erklärt und Eckpunkte für den Entscheidungsprozess aufgezeigt. Sie erfahren etwa, wie die Aggressivität des Prostatakrebses festgestellt wird und welche Stadien es gibt. Einige zentrale Weblinks öffnen den Weg, sich weitergehend zu informieren oder mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Diese 30-seitige DAISY-Broschüre sei allen Männern und denjenigen, die sich um sie sorgen, ans Herz gelegt. Sie ist Dank der Förderung der Krankenkasse im DVBS-Textservice kostenlos erhältlich. Richten Sie Ihre Bestellung an den DVBS-Textservice, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-22, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Bildbeschreibung: Abgebildet ist die Titelseite der Broschüre. In der oberen rechten Ecke ist der Schriftzug der Krankenkasse "Barmer GEK - die Gesund-Experten" zu lesen. Das Titelfoto zeigt einen lachenden älteren Mann mit grauem Vollbart. Er ist sonnengebräunt und trägt zur Jeans ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt und eine beigefarbene Kappe. Im Hintergrund sind grüne Sträucher zu sehen. Über dem Foto steht der Titel der Broschüre "Beobachten, überwachen, operieren, betsrahlen. Behandlungsstrategien bei Prostatakrebs."


Buchtipps aus der blista

Wild, Margaret: Jinx

München: Hanser, 2003

Bestell-Nr. K4651, reformierte Kurzschrift (KR), 1 Bd., 21,50 €; auch als Blindenschrift-DAISY-Ausgabe mit synthetischer Stimme erhältlich

Jen lebt mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Grace in einem kleinen Reihenhaus am Stadtrand, wo nicht allzu viel passiert. In dieser eintönigen Situation lernt Jen Charlie kennen und verliebt sich in ihn. Umso unerwarteter trifft es sie, als sich ihre erste Liebe erhängt. Das Mädchen verarbeitet den Verlust nur schwer. Dann kommt auch noch ihr zweiter Freund ums Leben, und Jen gerät vollkommen aus der Bahn. Sie glaubt, sie sei eine Unheilbringerin und ändert ihren Namen daher in "Jinx", zu Deutsch "Fluch". So hält Jen die Menschen ihrer Umgebung erfolgreich auf Distanz - bis ihr Pete begegnet…

Jansen, Hanna: Herzsteine

Wuppertal: Hammer, 2012

Bestell-Nr. K4756, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde., 43 €; auch als Blindenschrift-CD -Ausgabe erhältlich

In Sams Familie herrscht Schweigen: Seine Mutter ist psychisch krank, sein Vater erstarrt in Hilflosigkeit. Die Nähe zu seiner Freundin Enna tut gut und in Ruanda, der Heimat seiner Mutter, findet Sam endlich Antwort auf die wichtigsten Fragen seines Lebens ... Ab 14.

May, Karl: Der Schatz im Silbersee. Eine Erzählung aus dem Wilden Westen

Bamberg - Radebeul: Karl-May-Verlag, 1997

Bestell-Nr. K4757, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde., 43 €; auch als Blindenschrift-CD -Ausgabe erhältlich

Winnetou, Old Shatterhand, der große und der kleine Bär — hier trifft man sie alle. Der sagenumwobene Schatz im Silbersee mit seinen verheißungsvollen Reichtümern ist das Ziel einer Bande von Trappern unter Führung des berüchtigten "Roten Cornel". Winnetou und seine Gefährten ziehen denselben Weg entlang, um Weißen wie Indianern hilfreich zur Seite zu stehen, die von den Verbrechern bedroht werden.

May, Karl: In den Schluchten des Balkan

Bamberg - Radebeul: Karl-May-Verlag, 2003

Bestell-Nr. K4758, reformierte Kurzschrift (KR), 5 Bde., 107,50 €; auch als Blindenschrift-CD -Ausgabe erhältlich

Von Edirne aus reiten die Abenteurer Kara Ben Nemsi, Halef, Osko und Omar Ben Sadek neuen Gefahren entgegen. Dabei begegnen sie Schmugglern und anderen zwielichtigen Gestalten. Außerdem hat Halef ein groteskes Erlebnis in einem Taubenschlag. In Ostromdscha treffen die Freunde auf den "heiligen" Mübarek und erfahren erstmals vom Schut und seiner Bande…

Akkor, M. Ömür: Gerichte aus der türkischen Küche

Frankfurt/Main: Main-Donau Verlag, 2014

Bestell-Nr. K4806, reformierte Kurzschrift (KR), 1 Bd., 10,20 €; auch als Blindenschrift-CD -Ausgabe erhältlich

Aus dem Vorwort: "Die Geschichte dieses Buches begann, als ich mir vor einigen Jahren in der Türkei erstmals Gedanken über ein Kochbuch für Menschen mit Sehbehinderung machte. Ich versuchte mich in blinde Menschen hineinzuversetzen und nachzuempfinden, wie sie sich wohl in der Küche bewegen, wie sie schmecken und fühlen. Und was lag da näher, als selbst mit verbundenen Augen zu kochen? Dabei kam es häufiger vor, dass ich mir die Finger verbrannte, dass mir das Schneiden der Zutaten Kopfzerbrechen bereitete und dass ich in der Hektik die Koch- und Backzeiten vergaß. Geschmeckt aber hat es hinterher immer. Diese ersten Erfahrungen regten mich dazu an, einen Kurs zu veranstalten, in dem ich mit blinden Freunden zusammen kochte. Aus diesem Kurs entstand später dieses Kochbuch für Menschen mit Sehbehinderung, das in Peking bei einer Preisverleihung den Gourmand Award — einen Oscar für Kochbücher — gewann."

Scheffler, Alex / Donaldson, Julia: Der Grüffelo Weinheim: Beltz & Gelberg, 2005

Bestell-Nr. K4493, Original-Bilderbuch mit Punktschriftdruck auf transparenter Folie in Basisschrift mit Großschreibezeichen, 1 Bd., 17,90 €

Eine listige und intelligente Maus steht im Mittelpunkt dieses beliebten Bilderbuchklassikers. Ein Fuchs, eine Eule und eine Schlange würden die Maus gerne verspeisen. Aber sie hat Köpfchen und erfindet den schrecklichen Grüffelo, ein tumbes Monster mit langen Krallen und scharfen Hauern, das alle in die Flucht schlägt. Als ihre eigene Erfindung plötzlich leibhaftig vor ihr steht und sie nun selbst verschlingen will, hat sie noch eine listige, rettende Idee und kann sich fortan unbehelligt im Wald bewegen.

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V., Postfach 1160, 35001 Marburg.

Telefon: 06421/606-0,E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Das Sportjahr 2015

Auch 2015 informiert Sie die blista mit ihren Punktschrift-Sonderheften zu den Sport-Ereignissen des Jahres. Zudem bietet Ihnen das monatlich erscheinende Hörmagazin "Einwurf" über drei Stunden Hintergrundinformationen und Aktuelles aus der Welt des Sports.

Formel 1, Saison 2015

Am 15. März startet die Königsklasse des Motorsports in die neue Saison. Sebastian Vettel im Ferrari, eine neue Strecke in Mexiko sowie einige Newcomer versprechen eine interessante Saison. Unser Sonderheft informiert Sie über Pisten, Piloten und PS. Bestell-Nr.: 4808, Schutzgebühr: 17,90 € plus Verpackungskosten

Fußball-Bundesliga, Saison 2015/16

In Zusammenarbeit mit dem Sportmagazin "kicker" erscheint unser Punktschrift-Sonderheft zur neuen Saison, die am 14. August beginnt. Es enthält u.a. den Terminkalender für das Spieljahr, Angaben über Vereine und Spieler der 1. und 2. Bundesliga, deren Spielpläne und den der 3. Liga.

Bestell-Nr.: 4809, Schutzgebühr: 24,10 € plus Verpackungskosten

"Der Einwurf" - das Magazin rund um den Sport

210 Minuten geballte Information aus dem Sportgeschehen liefert Ihnen unser selbst produziertes Hörmagazin "Der Einwurf" einmal im Monat im DAISY-Format. Neben dem Schwerpunkt "Fußball" gibt"s zu vielen Sportereignissen interessante Hintergrundinformationen, die über die aktuelle Berichterstattung von Ergebnissen und Tabellen hinausgehen.

Preis: 36 € jährlich (12 Ausgaben).

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„Uli Hoeneß – Alles auf Rot“ als DAISY-Hörbuch in der DBH

Nur wenige Menschen in Deutschland polarisieren so wie Uli Hoeneß. Für die einen ist er der gnadenlose Manager des FC Bayern München, der jeden aus dem Weg räumt, der dem Erfolg des Vereins im Wege steht, auf der anderen Seite der selbstlose Manager, der kostenlos zu Benefizspielen kommt, um anderen zu helfen. Der Autor Juan Moreno zeichnet ein differenziertes Bild von Hoeneß. Seine Biografie, kurz nach der Verurteilung erschienen, ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern versucht mit Hilfe verschiedener Begriffe wie Geld, Macht, Ehrgeiz usw. sich dem Menschen zu nähern. Ganz wesentlich für den Autor ist die Stellung zum Geld. Er sagt, dass für Hoeneß Geld kein Mittel sei, um sich etwas zu leisten, sondern er wollte Geld, um es zu vermehren, Geld war sein Zweck. In seiner unterhaltsam geschriebenen Biografie finden sich viele sehr schöne Formulierungen, die das Hören zu einem Vergnügen machen. Eine der Gelungensten lautet: "dass man Hoeneß" Bild in der Öffentlichkeit mit Hilfe dreier Dostojewski-Romane umschreiben könnte. Der Spieler. Schuld und Sühne. Der Idiot." "Alles auf Rot" beschreibt einen Uli Hoeneß, der getrieben ist von Geld, Macht und Ehrgeiz, ohne den wohltätigen, helfenden Hoeneß zu verschweigen. Die Biografie ist sicher noch länger aktuell, weil ich mir absolut sicher bin, dass Uli Hoeneß nach seinem Gefängnisaufenthalt wieder kommen wird, in welcher Funktion auch immer.

Die DAISY-CD dauert ca. 9 Stunden und hat die Bestell-Nummer 757471. Sie können Sie im Internet bestellen oder telefonisch unter 06421-606-0.

Viel Spaß beim Hören!


Panorama

DVBS und DBSV positionieren sich

Im Oktober 2013 trat das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten in Kraft, in das Dank der Arbeit von DVBS und DBSV eine ganze Reihe von Vorschriften zur Barrierefreiheit aufgenommen wurde. Dieses Gesetz hatte den Bereich des Strafrechts und des Strafprozesses ausdrücklich ausgeklammert. Nunmehr liegt ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zu einem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen vor. Auch hierzu haben DVBS und DBSV im Januar 2015 eine Stellungnahme abgegeben. Darin wird kritisiert, dass der Entwurf bisher den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zur Barrierefreiheit des elektronischen Zugangs zur Justiz und der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gegenüber Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht genügt. Die Verbände fordern daher u. a.

  • die Ergänzung der Strafprozessordnung um eine Vorschrift, mit der die Barrierefreiheit der elektronischen Akte gesetzlich (und nicht, wie im Entwurf vorgesehen, nur durch eine Verordnung) festgeschrieben wird
  • eine Ergänzung von De-Mail- und Signaturgesetz, die die Anbieter der dort genannten Dienste zu deren Barrierefreiheit verpflichtet und
  • Barrierefreiheit der Justizportale, da beabsichtigt ist, dort auch elektronische Formulare zur Verfügung zu stellen.

Abrufbar ist die Stellungnahme auf der Website des DVBS: http://www.dvbs-online.de/php/dvbs-news586.htm


„In Bewegung“ – das Louis Braille Festival 2016

Das dritte Louis Braille Festival rückt näher. Vom 1. bis 3. Juli 2016 laden der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und die blista blinde, sehbehinderte und sehende Menschen aus ganz Deutschland nach Marburg ein. In der Universitätsstadt an der Lahn gibt es 2016 gleich doppelten Grund zum Feiern, denn sowohl die blista als auch der DVBS begehen ihr 100-jähriges Jubiläum.

Das Festival wird im und am Georg-Gaßmann-Stadion stattfinden - ein Gelände der unbegrenzten Möglichkeiten. Zwei große Hallen, einige kleinere Räume und vor allem die weiten Außenanlagen bieten Platz für Aktivitäten aller Art. Das Motto "In Bewegung" steht sowohl für sportliche Schwerpunkte, die sich auf diesem Gelände anbieten, als auch für vielfältige kulturelle Highlights und die Präsentation der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe. Zum Festival-Programm werden darüber hinaus eine Einladung zum blista-Gelände für Ehemalige und Interessierte, ein Gottesdienst in der Elisabeth-Kirche und eine Ausstellung in der Kunsthalle Marburg gehören.

Am 1. April 2015 startet die Anmeldung zum Festival. Dazu richtet die blista ein Festivalbüro ein, das für Anfragen aller Art zur Verfügung steht. 800 Zimmer in Hotels und Herbergen aller Preislagen wurden bereits geblockt, ein Festival-Bus wird für eine sichere und bequeme Anbindung an das Georg-Gaßmann-Stadion sorgen. Der Bahnhof Marburg ist InterCity-Halt auf der Linie Stralsund - Konstanz und nur jeweils eine Stunde von den ICE-Bahnhöfen Frankfurt und Kassel entfernt.

Das Wann und Wo des Louis Braille Festivals 2016 stehen fest - nun geht es um die Ausgestaltung des Programms. Claudia Schaffer (DBSV) und Dr. Imke Troltenier (blista) freuen sich auf Ihre Ideen und Anregungen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Louis Braille Festival

Freitag, 1. Juli, bis Sonntag, 3. Juli 2016

Marburg, Georg-Gassmann-Stadion, Leopold-Lucas-Str. 46

Eintritt frei!

Dem Text sind zwei Grafiken beigefügt. Die kleinere besteht aus zwei schwarzen Kreisen, die überlappend nebeneinander angeordnet sind. Im linken Kreis ist in hellgelber Schrift "Louis Braille Festival" zu lesen. Im rechten Kreis ist mit derselben Farbe die Silhouette des Marburger Schlosses abgebildet, darunter steht "Marburg 2016". Die zweite Grafik zeigt im unteren Teil das oben beschriebene Logo, darüber sind auf einem hellblauen Kreis fünf gezeichnete Menschen zu sehen: Ein Mädchen im Kopfstand, ein Junge mit dunkler Brille und Fußball, eine Frau, die in ein Mikrofon spricht, ein Mann mit Langstock und Smartphone und eine Frau mit Blindenführhund. Grafik: Weinreich Design


Deutscher Hörfilmpreis wird am 17. März verliehen

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) hat die Nominierungen für die Verleihung des Deutschen Hörfilmpreises am 17. März 2015 bekannt gegeben. In den vergangenen 13 Jahren hat das Event immer wieder auf die Bedeutung barrierefreier Filme hingewiesen und so maßgeblich dazu beigetragen, dass inzwischen jährlich rund 100 Kinofilme mit einer Hörfilmfassung auf den deutschen Markt kommen. Angesichts der rasanten Entwicklung darf die Qualität der Hörfilme nicht auf der Strecke bleiben. Die folgenden zwölf Produktionen aus den Kategorien Kino und TV überzeugen durch ihre hochwertigen Bildbeschreibungen und gehen ins Rennen um die begehrte Auszeichnung für den besten Hörfilm des Jahres:

Kategorie Kino: Auf das Leben (Deutschland 2014, Regie: Uwe Janson), Auge in Auge (Deutschland 2008, Regie: Michael Althen, Hans Helmut Prinzler), Dessau Dancers (Deutschland 2014, Regie: Jan Martin Scharf), Fack Ju Göhte (Deutschland 2013, Regie: Bora Dagtekin), Irre sind männlich (Deutschland 2014, Regie: Anno Saul), Phoenix (Deutschland 2014, Regie: Christian Petzold), Zwischen Welten (Deutschland 2014, Regie: Feo Aladag).

Kategorie TV: Die Auserwählten (Deutschland 2014, Regie: Christoph Röhl), Landauer - Der Präsident (Deutschland 2014, Regie: Hans Steinbichler), Ein blinder Held - die Liebe des Otto Weidt (Deutschland 2013, Regie: Kai Christiansen), Polizeiruf 110 - Hexenjagd (Deutschland 2014, Regie: Angelina Maccarone), Unsere Mütter, unsere Väter (Deutschland 2013, Regie: Philipp Kadelbach). Die Preisträger werden im Rahmen der festlichen Preisverleihung am Dienstag, dem 17. März 2015, in Berlin im historischen Atrium der Deutschen Bank Unter den Linden bekannt gegeben.

Die prominent besetzte Jury wird unter den nominierten Filmen die Preisträger auswählen. Wieder mit dabei sind die Schauspieler Eva Habermann und Roman Knizka sowie Filmredakteur Lars-Olav Beier (Der Spiegel) und Claudia Roth (Bundestagsvizepräsidentin).

Der Deutsche Hörfilmpreis wird seit 2002 vom DBSV verliehen und von der Aktion Mensch unterstützt. Weitere Informationen unter www.deutscher-hoerfilmpreis.de


Freiwillige leben länger

Längere Lebenserwartung, besserer Allgemeinzustand und weniger Depressionen - wer sich im Alter ehrenamtlich engagiert, lebt gesünder. Dies besagt eine neue Studie des kanadischen Forschungsinstituts Rotman, deren Ergebnisse in VoluNation, einem Portal für weltweite Freiwilligenarbeit, veröffentlicht wurden. Um den positiven Effekt zu erzielen, muss man keineswegs Vollzeit aktiv sein: Schon zwei bis drei Stunden pro Woche reichten aus. Es wurden 73 wissenschaftliche Untersuchungen der letzten 45 Jahre ausgewertet, an denen über 50-Jährige teilnahmen.


Barrierefreiheit und Mobilität

blista-Stand auf der 3D-Drucker-Messe FabCon in Erfurt

Es surrt, es klackert und rattert — und über allem liegt ein Dunsthauch von heißem Kunststoff. Viele der 3D-Drucker, die an den zahlreichen Messe-Ständen ausgestellt sind, sind in vollem Einsatz. Die meisten funktionieren nach dem gleichen Grundprinzip: Ein waagerecht in alle Richtungen steuerbarer Druckkopf presst durch eine sehr feine Düse heißen Kunststoff auf eine Platte, die sich schrittweise nach unten absenkt, so dass Schicht für Schicht ein räumliches Objekt entsteht.

Die Besucher und Aussteller vor und hinter den Ständen bieten ein denkbar buntes Bild: Vom Geschäftsmann in Anzug und Krawatte bis hin zum jugendlichen Freak im Rasta-Look ist alles vertreten. Manche Stände sind mit professioneller Präsentationstechnik ausgestattet — andere erinnern eher an eine Bastelwerkstatt im Hinterhof. Neben den Herstellern von 3D-Geräten und Druckmaterialien stellen auch Dienstleistungsanbieter, Hochschulinstitute und Anwender wie Künstler und Designer ihre 3D-Druck-Produkte aus. Und ein Stand in diesem bunten 3D-Technik-Rummel trägt die Aufschrift "blista Marburg".

Die Rede ist von der 3D-Druck-Fachmesse FabCon, die in diesem Jahr in Erfurt stattfand. Die Initiative zu diesem Messeauftritt der blista ging von dem Kollegen Knut Büttner aus, der im Februar 2013 als Lehrer für Mathematik und Informatik an die CSS gekommen war und dabei nicht nur die 3D-Druck-Idee, sondern auch das entsprechende Know-how mitbrachte.

In Kooperation mit der blista-Abteilung "Kommunikation und Teilhabe" wurden bald darauf zwei 3D-Drucker angeschafft und unsere ersten Gehversuche in die Welt des 3D-Drucks konnten beginnen.

Angefangen haben wir mit der Herstellung geometrischer Körper, wie sie in den Mathematik-Schulbüchern häufig vorkommen: Prismen, Pyramiden, Rotationskörper, usw. Natürlich gab es solche geometrischen Modelle auch früher schon in der mathematischen Materialsammlung der Carl-Strehl-Schule (CSS) und sie waren schon immer ein wichtiger Bestandteil unseres Mathematikunterrichts. Allerdings war die Herstellung dieser Objekte zum Beispiel aus Holz relativ aufwändig und kostspielig. Nicht alle Exponate waren immer im ganzen Klassensatz verfügbar, so dass einige Exemplare im Unterricht von Schüler zu Schüler weitergereicht werden mussten — ein mitunter recht zeitaufwändiges Verfahren. Manchmal musste auch die Aufgabenstellung aus dem Schulbuch abgeändert werden, um sie an das vorhandene Modell anzupassen.

Die neue Qualität, die sich jetzt durch die 3D-Drucker eröffnet, besteht darin, dass wir relativ schnell so viele Stückzahlen von Objekten selbst herstellen können, wie wir für den Unterricht tatsächlich benötigen. Die Plastikmodelle sind so preisgünstig, dass wir sie den Schülerinnen und Schülern beliebig lange überlassen können. Und da wir die Objekte am PC selbst konstruieren können, können wir sie auch exakt auf die im Mathematikbuch vorgegebene Aufgabenstellung abstimmen.

Ein weiterer Vorteil der 3D-Drucktechnik besteht darin, dass wir nun auch unser eigenes, ganz spezielles Anschauungsmaterial — oder besser "Anfassmaterial" — herstellen können, mit dem wir insbesondere blinden Schülerinnen und Schülern Sachverhalte und Phänomene vermitteln können, die sich zunächst unmittelbar nur dem Sehsinn erschließen — wie etwa der Schattenwurf oder das optische Phänomen der Perspektive.

So wurden beispielsweise verschiedene "Schrägbilddarstellungen" von dreidimensionalen Körpern aus einem Mathematikbuch mit Hilfe der Projektionsmethode adaptiert. Hierbei wird der dreidimensionale Körper in die zweidimensionalen Ansichtsebenen "Vorderansicht", "Draufsicht", "Seitenansicht" usw. "zerlegt". Um diesen Projektionsprozess als solchen im wahrsten Sinne des Wortes "begreifbar" zu machen, wurde von jedem Körper ein 3D-Modell erstellt, das passgenau auf die taktilen Konturen der entsprechenden Projektionsgrafik gelegt werden kann.

Natürlich beschränken sich die Anwendungsmöglichkeiten des 3D-Drucks nicht auf das Fach Mathematik. Auch müssen längst nicht alle Modelle selbst am PC konstruiert werden, denn es gibt eine weltweit wachsende Internetgemeinde, in der ständig neue Objekte entstehen, die man in Form einer "3D-Druckdatei" aus dem Netz herunterladen und anschließend ausdrucken kann. Beispiele hierfür sind Atom-Modelle für den Chemie-Unterricht, Modelle von Knochen und Organen für die Biologie oder das Modell eines ringförmigen "Wellengebirges", das entsteht, wenn ein Tropfen auf eine glatte Wasseroberfläche fällt.

Diese und einige weitere Beispiele dafür, wie der 3D-Druck den Unterricht mit blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern unterstützen kann, haben wir also am blista-Stand auf der FabCon 3.D präsentiert. Und die Resonanz der Besucher war beachtlich und durchweg positiv. Dabei haben mich zwei Aussagen, die wir mehrfach zu hören bekamen, besonders gefreut, nämlich: "Endlich mal eine 3D-Anwendung, die richtig Sinn macht." Und: "Solche Unterrichtsmaterialien "zum Anfassen" würden bestimmt auch vielen normal sehenden Schülern helfen, Mathematik besser zu verstehen."

Zum Autor

Ulrich Kalina ist Lehrer an der CSS.

Bildbeschreibungen: Zwei Fotos zeigen Eindrücke von der Messe. Auf dem ersten ist der blista-Stand zu sehen. Auf dem Tisch liegen verschiedene Informationsmaterialien aus, eine Gruppe Besucher schaut sich diese an. Links ist ein Roll-up aufgebaut, das das Logo der blista und Hinweise zum Ausbildungsangebot zeigt, daneben steht ein Prospektständer mit diversen Unterlagen, unter anderem der "blista news". Zwischen Stände und Tisch steht ein klappbarer Liegestuhl, auf dessen weißer Sitzfläche das blista-Logo aufgedruckt ist. Auf dem zweiten Foto ist der Stand eines 3D-Drucker-Herstellers zu sehen. Im Vordergrund steht ein 3D-Drucker auf dem Tisch, dahinter stehen zwei Männer, die sich unterhalten. Auf dem Tisch liegt Informationsmaterial aus. Fotos: Ulrich Kalina


Berichte und Schilderungen

Ein spielerisches Wochenende

An einem wunderschönen Herbstwochenende trafen sich ca. 20 meist blinde oder sehbehinderte Spieler in der sehr schönen, kleinen und familiär geführten Villa Rochsburg, um dort verschiedene Gesellschaftsspiele kennen zu lernen und auszuprobieren.

Organisiert und mit sehr großer Fachkenntnis und Engagement geleitet wurde das Wochenende von Uwe Wiedemann, unterstützt von seiner Frau Wiedemann. Uwe Wiedemann besitzt eine sehr große Anzahl selbst adaptierter Spiele.

Jede Einheit des Wochenendes hatte ein Motto: "Denkspiele", "Bohnenspiele", "Bluffen und Zocken", "Solospiele", "Kartenspiele" und viele andere. Zudem stellte Herr Wiedemann verschiedene Adaptionsmöglichkeiten für Spiele vor. So lässt sich beispielsweise mit einem Küchenbrett und Unterlegscheiben leicht ein Spielfeld herstellen, auf dem mit einem Magnet versehene Spielfiguren gut haften. Wer dies wünschte, hatte am Wochenende auch die Gelegenheit, sich mit Unterstützung von Uwe Wiedemann selbst ein Spiel zu adaptieren.

Nachdem Uwe Wiedemann uns alle mit dem Spiel "Heckmeck am Bratwurmeck" (von Reiner Knizia), eine Mischung aus Strategie- und Glücksspiel, bekannt machte und wir Gelegenheit bekamen, dieses Spiel selbst auszuprobieren, wurde ein Heckmeck-am-Bratwurmeck-Turnier angeboten.

Sicherlich stellt sich der eine oder andere Leser die Frage, wie so vielen blinden und sehbehinderten Teilnehmern gleichzeitig verschiedene Spiele von zwei Personen näher gebracht werden können. Durch das große Engagement des Ehepaares Wiedemann fanden wir dieselben Bedingungen vor wie sehende Spieler, denn alle Spielregeln standen uns digital sowie in einer Audio-Version zur Verfügung.

Den passenden Rahmen gestaltete uns der Wettergott, der die Sonne für Ende September recht warm scheinen ließ, sodass wir im wunderbaren Garten der Villa Rochsburg spielen konnten. Das Hauspersonal ist sehr hilfsbereit und die Villa ist ein sehr überschaubares, gemütliches altes Haus. Ein Auslauf für die Führhunde ist auch direkt am Haus vorhanden.

Am Ende waren wir uns alle einig: Es war ein gelungenes, entspanntes Wochenende, bei dem jeder sehr viele neue Spiele und neue Ideen zur Spieleadaption kennen gelernt hat.

An dieser Stelle auch noch einmal mein Dank an Uwe und Heike Wiedemann für ihr großes Engagement.

Ein Tipp für alle Hobbyspieler: Auf www.braillespiel.de hat Uwe Wiedemann eine Sammlung von Spielen, die gut von blinden und sehbehinderten Menschen gespielt werden können, veröffentlicht. Falls Sie ein Spiel kennen, das noch nicht in dieser Sammlung zu finden ist, freut sich Uwe Wiedemann sicherlich über eine Mail und die genauen Spielregeln. Er veröffentlicht das Spiel dann auf seiner Internetseite.


Zeitenwende – vom Leben nach der blista

Studium der Wirtschaftswissenschaften

Die Zeit nach der blista — das war während meiner Schultage in Marburg immer etwas weit Entferntes — teilweise unvorstellbar. Natürlich bekommt man, besonders wenn man die kompletten neun Schuljahre an der Carl-Strehl-Schule verbringt, immer wieder auch erste Eindrücke zum Thema Studium und Beruf. Besonders die BOSS-Wochen in der Oberstufe geben einen tollen Überblick über die diversen Möglichkeiten, wie es nach der Schule weitergehen könnte.

Aber der Reihe nach: Meine Schulkarriere in Marburg begann im August 2002 mit der fünften Klasse. Nach einigen Monaten Eingewöhnung und Heimweh begann ich, mich an meine neue Situation zu gewöhnen. Natürlich halfen auch neue Bekanntschaften und sportliche Aktivitäten in der Sehgeschädigten-Sportgemeinschaft bei diesem Prozess. Den ersten Einblick in das Berufsleben erhielt ich im Rahmen der zweiwöchigen Praktikumsphase in der 10. Klasse. Im Anschluss daran entschied ich mich dafür, das berufliche Gymnasium an der Oberstufe zu besuchen. Dann noch einige Einblicke in Studium und Beruf im Rahmen der BOSS-Veranstaltungen in der 12. Klasse und so langsam entwickelte sich ein erster Plan für "das Leben danach" in meinem Kopf. Mit dem Abitur im Jahre 2011 war dann der Weg frei für einen neuen Lebensabschnitt.

Abitur in der Hand - und jetzt?

Für mich stellte sich nun die Frage, mit was, wie und vor allem wo es weitergehen sollte. Das Was war auch durch die Erfahrungen in der Oberstufe recht schnell geklärt: Wirtschaftswissenschaften. Folglich lief beim Wie alles auf ein Studium hinaus. Nur das Wo war so eine Sache. Vermutlich denken viele blistaner zunächst daran, in Marburg zu bleiben. Dies scheint auf den ersten Blick die einfachste Lösung zu sein. Oder vielleicht zieht es den einen oder anderen doch weiter weg in eine Großstadt oder gar ins Ausland. Dies war bei mir nicht der Fall. Nach ein paar Gesprächen und Besichtigungen entschied ich mich für ein Studium an der Julius-Maximilian-Universität in Würzburg. In Würzburg war ich bereits zur Grundschule gegangen, und auch die ansässige Universitätsklinik ist mir nicht ganz unbekannt. Dadurch hatte ich zumindest schon eine erste grobe Orientierung in der Stadt, alles andere, was ich sonst noch brauchte, erarbeitete ich mir mit meinem verbliebenen Sehrest unter Zuhilfenahme meines GPS-Handys — und fragen war ja auch noch eine Option.

Bevor es mit dem Studium losgehen konnte, waren allerdings noch etliche Dinge zu erledigen. Hilfsmittel waren zu beantragen, Bewerbungen für einen Studienplatz zu schreiben und zu guter Letzt stand noch die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen vor Ort auf der Agenda. Meine erste Anlaufstelle war dabei die "Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung" (kurz KIS) an der Uni Würzburg. Spätestens bei diesem Treffen wurde mir klar, dass doch noch einige wesentliche Dinge zu klären waren, bevor es im Oktober losgehen konnte. Ein Antrag auf Befreiung von den Studiengebühren war zum Beispiel zu stellen. Gleichzeitig erfuhr ich aber auch, dass die ansässigen Studentenwohnheime Wohnkapazitäten exklusiv für Studierende mit einer Behinderung bereithielten. Dafür reichten ein einfacher Antrag mit Beilage des Schwerbehindertenausweises und ein formloses Begründungsschreiben. Bald darauf wurde mir ein 16m² Appartement mit eigenem Bad zugewiesen. So war eine meiner größten Sorgen recht schnell beiseitegeschafft, denn die bayrischen Universitäten hatten 2011 mit besonders vielen Erstsemestern zu kämpfen. Durch die Umstellung des Gymnasiums von G9 auf G8 und die Abschaffung der Wehrpflicht war deren Zahl so groß wie nie zuvor.

Auch hinsichtlich der Organisation des Studiums gab es noch einiges zu klären. Dazu wandte ich mich an die Verantwortliche für den Bachelorstudiengang an der Julius-Maximilian-Universität. Anfangs war man etwas überfordert mit der Situation, schließlich war ich der erste Student mit einer hochgradigen Sehbehinderung (ca. 1,5 - 2 Prozent Sehvermögen), doch das Engagement der Verantwortlichen war dafür umso größer. Mit meinen Hilfsmitteln wie einem Laptop, einem Fernglas für Tafel- und Projektorinhalte und einer Digitalkamera war es mir nach einigen Anlaufschwierigkeiten möglich, den Vorlesungen gut zu folgen. Glück hatte ich auch mit meinen Dozenten, die mir Unterlagen als Musterlösungen oder zum Abfotografieren zur Verfügung stellten. Die größten Probleme bereiteten dabei die Zeichnungen, die vor allem im volkswirtschaftlichen Bereich in den ersten Semestern an der Tagesordnung waren. Hier konnte ich glücklicherweise eine Regelung mit den jeweiligen Dozenten finden. So wurde mir erlaubt, die Prüfungen bei Bedarf mündlich abzulegen. Der Ablauf war dabei meistens ähnlich wie eine mündliche Abiturprüfung gestaltet. Ich bekam eine Aufgabenstellung vorgelegt und hatte dafür 15 Minuten Bearbeitungszeit, anschließend musste ich meine Ergebnisse vorstellen und weiterführende Fragen beantworten. Manchmal bestand die Prüfung aber auch nur aus Fragen zu verschiedenen Themen des Stoffes.

Zur Sache: das Studium der Wirtschaftswissenschaften

Der Bachelor in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Würzburg ist durchaus vergleichbar mit den BWL-Studiengängen in Marburg oder dem restlichen Deutschland. Neben einem anderen Namen unterscheidet er sich durch einen etwas höheren Anteil an volkswirtschaftlichen Modulen. Der Studiengang besteht in den ersten beiden Semestern ausschließlich aus sechs Pflichtveranstaltungsmodulen. In der Regel bestand jedes der sechs Module aus zwei Veranstaltungen pro Woche zu je zwei Stunden, am Ende jedes Semesters muss in den einzelnen Modulen eine schriftliche Prüfung abgelegt werden. Zunächst werden die Grundlagen in der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, der Wirtschaftsinformatik sowie der Mathematik und Statistik geschaffen. Ab dem dritten Semester ist es dann möglich, eigene Schwerpunkte zu setzen und immer größere Teile des Studiums selbst zu gestalten. Im Bereich der sogenannten Schlüsselqualifikationen können außerdem Praktika und Sprachkurse absolviert werden, oder man hat die Möglichkeit, Tutor für jüngere Semester in bestimmten Modulen zu werden. Für mich kristallisierte sich bereits im zweiten Semester heraus, dass ich mein Studium gerne im Bereich der Internen Unternehmensrechnung bzw. Controlling vertiefen wollte. Dementsprechend habe ich meine abschließende Bachelorarbeit bei einem Dozenten für Controlling geschrieben. In den Vorlesungen wurde der theoretische Stoff vorgetragen. In den dazugehörigen Übungen wurde das Gelernte anhand von Übungsaufgaben und Fallstudien angewandt. Vor allem die Übungen führten dabei zu einem tieferen Verständnis und einer guten Vorbereitung auf die Klausuren, die am Ende jedes Semesters in den jeweiligen Modulen zu absolvieren waren. Auch hier fand sich für mich, dank der tollen Hilfe der Verantwortlichen, eine gute Lösung, um die Klausuren gut bearbeiten zu können. Neben der 50-prozentigen Zeitverlängerung, welche beim Prüfungsamt beantragt werden musste, durfte ich die Bearbeitung an einem Computer der Fakultät vornehmen. Der PC war dementsprechend mit einer Bildschirmlupe für mich ausgerüstet. Außerdem durfte ich ein Bildschirmlesegerät als Hilfsmittel verwenden. Dies erwies sich vor allem in Klausuren, in denen man Gesetzestexte zur Bearbeitung der Aufgaben benötigte (z. B. Einführung in die Rechtswissenschaften oder Jahresabschlussanalyse), als sehr hilfreich. Einfache Grafiken durfte ich schriftlich beschreiben (ähnlich wie bei einem Kochrezept), und wenn alle Stricke zu reißen drohten und die Grafikdichte zu hoch wurde, gab es immer noch die Möglichkeit einer mündlichen Prüfung. In meinem speziellen Fall hatte ich in den ersten fünf Semestern die Möglichkeit, viermal eine schriftliche durch eine mündliche Prüfung zu ersetzen.

Schwierigkeiten hatte ich, wie bereits beschrieben, während meines Bachelorstudiums hauptsächlich im volkswirtschaftlichen Bereich mit Grafiken. Glücklicherweise stellt ein Großteil der Dozenten in Würzburg ihre Unterlagen über eine Onlineplattform den Studierenden zur Verfügung. Außerdem gab es nach Absprache mit den Dozenten teilweise die Möglichkeit, Musterlösungen, vor allem zu den Übungsaufgaben, einzusehen und ggf. abzufotografieren. Letztendlich hatte ich auch mit meinen Kommilitonen sehr viel Glück. Die Akzeptanz mir gegenüber war durchweg gut und nahezu jede Person war bei Nachfrage meinerseits gerne bereit zu helfen (z. B. wenn etwas an die Tafel angeschrieben wurde und ich es trotz Fernglas nicht korrekt entziffern konnte). Natürlich schlossen diese Bekanntschaften auch Aktivitäten außerhalb des Hörsaales nicht aus.

Seit dem zweiten Semester engagiere ich mich außerdem neben dem Studium noch im "Arbeitskreis Barrierefrei" der Studierendenvertretung. Dort organisiere ich mit anderen Studenten verschiedenster Fakultäten Veranstaltungen, etwa einen Selbsterfahrungstag, bei dem "blind" auf ein Fußballtor geschossen werden kann oder ein Parcours mit einem Rollstuhl überwunden werden muss.

Ausblick: Nach dem Studium ist vor dem Studium

Im Oktober 2014 habe ich — nach dem erfolgreichen Abschluss meines Bachelorstudiums — mit dem Masterstudium "Business Management" begonnen. Aufgrund der Vertrautheit mit der Stadt und der Universität stand für mich schon relativ früh fest, dass ich auch weiterhin in Würzburg studieren möchte. Im Rahmen meines Masterstudiums beabsichtige ich, ein Praktikum im Bereich "Interne Unternehmensrechnung" zu absolvieren. Berufserfahrung gehört zu einer der am meisten geforderten Voraussetzungen in Stellenausschreibungen, und daher halte ich es für wichtig, auch schon während des Studiums diesbezüglich aktiv zu werden. In dem Masterstudiengang werden die Bereiche Controlling, Bilanzen und Steuern noch einmal vertieft, eben alles, was man so braucht, um später mal erfolgreich im Controlling arbeiten zu können.

Allen blistanern, die über ein Studium nachdenken, kann ich empfehlen, sich frühzeitig Gedanken über Ort und Studienfach zu machen. Die BOSS-Veranstaltungen bieten dabei eine großartige Gelegenheit, sich mit der Materie zu beschäftigen, Fragen zu stellen und Kontakte zu knüpfen. Außerdem sollte man am besten bereits einige Monate vor dem Studienbeginn Kontakt zu den verantwortlichen Stellen (etwa dem Behindertenbeauftragten der Universität) aufnehmen und Dinge wie Wohnheimplatz, Prüfungszeitverlängerung oder eine mögliche Befreiung von den Studiengebühren klären. Hilfsmittel sollte man zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragen und sich gegebenenfalls vorher bei der RES erkundigen und sich Empfehlungen geben lassen. Mir erging es wie schon vielen anderen sehbehinderten Studierenden, zunächst fühlte sich bei der Kostenübernahme niemand für mich zuständig. Ich blieb aber äußerst hartnäckig, und bis Mitte September hatte ich die Hilfsmittel (tragbares Lesegerät für Prüfungen und Seminare, JAWS und Zoomtext als Software, Superzoom Digitalkamera), die ich für eine erfolgreiche Studienteilnahme brauchte. Generell kann ich jedem empfehlen, möglichst offen mit seiner Behinderung umzugehen und sich nicht zu verstecken. Wer Hilfe braucht, sollte auch danach fragen. Und nach meiner Erfahrung findet sich immer eine gute Lösung, um erfolgreich am Studienbetrieb teilzunehmen.

Bildbeschreibung: Das beigefügte Foto zeigt das Gebäude der Julius-Maximilian-Universität in Würzburg. Eine breite Treppe führt zu den drei Eingangstüren des historischen Gebäudes. Fotos: Sebastian Hofmann


Aus der Arbeit des DVBS

Bericht von der Arbeitsausschusssitzung

Am Samstag, 22. November 2014, tagte der Arbeitsausschuss des DVBS im neuen Bielschowsky-Raum der blista. An der Sitzung nahmen 23 stimmberechtigte Mitglieder des Ausschusses teil.

Der DVBS-Vorsitzende Uwe Boysen erläuterte im Geschäftsbericht des Vorstandes das Verfahren, das zur Neubesetzung der Geschäftsführerstelle gewählt wurde. Eine Auswahlkommission einigte sich auf Klaus Winger, der die Leitung der Geschäftsstelle am 1. September 2014 übernommen hat. Es habe Kritik aus der Mitgliedschaft gegeben, da kein blinder oder sehbehinderter Kandidat ausgewählt worden sei. Diese hätte es zwar gegeben, sie hätten aber verschiedene Schwächen aufgewiesen, die der Auswahlkommission nicht tragbar erschienen. Boysen erklärte, die Einstellung eines sehenden Geschäftsführers sei als "Inklusion einmal andersherum" zu werten. Klaus Winger werde dem Verein zunächst für die Dauer von vier bis fünf Jahren zur Verfügung stehen.

Einen Schwerpunkt der Vorstandsarbeit bildet die berufliche Eingliederung und die berufliche Bildung. Bei einem Gespräch mit einem Mitglied des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit wurde von diesem zugesichert, einen Modellversuch zur Neuausrichtung der Zentralen Vermittlungsstelle für schwerbehinderte Akademikerinnen und Akademiker zu initiieren. Dabei wolle man diesen Modellversuch nicht auf blinde und sehbehinderte Akademikerinnen und Akademiker beschränken, sondern auch auf andere Behindertengruppen ausweiten. Dieser Modellversuch wird als gute Chance erachtet, die wieder ansteigende Anzahl von arbeitslosen schwerbehinderten Akademikerinnen und Akademikern zu reduzieren.

In verschiedenen Bundesländern werden Gesetze für den elektronischen Datenaustausch in der Justiz und in der Verwaltung erarbeitet. Hier versucht der DVBS, die Interessen blinder und sehbehinderter Nutzer an der für diese Personengruppe herzustellenden Barrierefreiheit einzubringen.

Unser Verein wird sich auch weiterhin gemeinsam mit anderen Selbsthilfegruppen dafür einsetzen, dass auf Bundesebene ein Gesetz zur sozialen Teilhabe behinderter Menschen (GsT) verabschiedet wird, in dem die Belange blinder und sehbehinderter Menschen berücksichtigt werden.

Dr. Michael Richter, Geschäftsführer der rbm gGmbH, berichtete, dass es sich bei den Rechtsstreitigkeiten, die vom DVBS an die rbm herangetragen würden, überwiegend um Auseinandersetzungen aus den Bereichen Schulwechsel und Einschulung handele. Hier seien oftmals die Ausstattung mit Hilfsmitteln und die Begleitung durch Integrationshelfer besorgniserregend. Weiter gäbe der fortschreitende Mangel an Sonderpädagogen Anlass zur Sorge. Viele Kinder würden zwar nach Wegen suchen, sich selbst zu helfen, dies diene jedoch nicht dazu, sich nachhaltige Arbeitstechniken anzueignen. Ein Schwerpunkt der Anfragen von DVBS-Mitgliedern an die rbm sei der Bereich Arbeitsassistenz. Deshalb biete die rbm in Zusammenarbeit mit der blista auch im Jahr 2015 ein entsprechendes Fortbildungsseminar an.

An den Arbeitsausschuss wurde ein Antrag des Leitungsteams der Fachgruppe Theologie herangetragen, der Auflösung der Fachgruppe zuzustimmen. Nach längerer Aussprache stimmte die Mehrheit der Stimmberechtigten zu (siehe Beitrag von Beate Schultes und Christina Ernst in dieser horus-Ausgabe).

Der Arbeitsausschuss beschloss zudem, eine Strukturkommission einzurichten: Aufgrund der aktuellen Veränderungen sei der DVBS aufgefordert, die vorhandenen Strukturen zu überdenken und gegebenenfalls dem Arbeitsausschuss Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Ein erster Bericht soll dem Arbeitsausschuss bis zur Tagung im Jahr 2015 vorgelegt werden.

Der Vorstand hat sich für die Arbeit in den Jahren 2015 und 2016 unter anderem folgende Schwerpunkte gesetzt: Berufscoaching: Viele blinde und sehbehinderte Menschen, die Beratungsbedarf haben und den DVBS kontaktieren, sind sich ihrer Stärken und Schwächen nicht ausreichend bewusst. Andererseits herrscht auf der Arbeitgeberseite oftmals Unsicherheit darüber, wie Arbeitsplätze für Blinde und Sehbehinderte ausgestaltet werden sollten. Aus diesen Gründen ist ein Assessment geplant, um die Interessen von behinderten Bewerbern und Arbeitgebern zu verknüpfen. Im ersten Quartal 2015 sollten Vorüberlegungen formuliert sein, um entsprechende Förderanträge für das Projekt stellen zu können.

Mentoringprojekt TriTeam: Hier wird das Ziel verfolgt, im ersten Quartal 2015 zehn Teams an den Start zu bringen. ICC: Das International Camp on Communication and Computers für blinde und sehbehinderte Jugendliche wird 2016 in Kooperation des DVBS und der Technischen Universität Dresden in Dresden durchgeführt werden.

Der Vorstand wurde von den Mitgliedern des Arbeitsausschusses für das Geschäftsjahr 2013 einstimmig entlastet. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2015 wurde einstimmig festgestellt.

Die Versammlung bestätigte das Leitungsteam des Arbeitsausschusses, bestehend aus Reiner Spring, Dr. Johannes-Jürgen Meister und Norbert Bongartz, im Amt.


Jetzt für das ICC 2015 anmelden!

Der DVBS lädt blinde und sehbehinderte Jugendliche von 16 bis 21 Jahren zum "21st International Camp on Communication & Computers (ICC)" nach Zeist/Niederlande ein. Zusammen mit Gleichaltrigen aus bis zu 30 Ländern lernen Sehgeschädigte neue Informationstechnologien, blinden- und sehbehindertenspezifische Geräte und alles, was mit Zugänglichkeit zusammenhängt, kennen. Darüber hinaus widmen sich weitere Workshops der Verbesserung der eigenen Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten, eröffnen internationale und interkulturelle Erfahrungen und geben Studien- und Berufsperspektiven. Die Campsprache ist Englisch. Das ICC 2015 findet vom 27. Juli bis 5. August im niederländischen Zeist statt.

Bewerben können sich Sehgeschädigte im Alter von 16 bis 21 Jahren. Pro Land werden sechs Teilnehmer zugelassen. Die Zulassung erfolgt nach Eingang der Bewerbung. Die Teilnehmergebühr beträgt 400 Euro und umfasst Unterkunft, Verpflegung und das gesamte Workshop- und Freizeitangebot. Nicht enthalten sind An- und Abreise.

Der DVBS ist Dank der freundlichen Unterstützung der Reinhard Frank-Stiftung, Hamburg, im Bedarfsfall in der Lage, finanzielle Unterstützung zu leisten.

Nähere Informationen zum ICC 2015 können bei Joachim Klaus per E-Mail (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) oder telefonisch unter 0049 171 3668310 eingeholt werden. Jugendliche, die schon jetzt wissen, dass sie teilnehmen möchten, können die entsprechenden Bewerbungsunterlagen bei Christina Muth anfordern. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 94 888 13.

Bildbeschreibung: Auf dem Foto sind einige Teilnehmer des ICC 2014 in Riga während der Exkursion nach Ventspils zu sehen. Die blinden und sehbehinderten Jugendlichen stehen am Rand eines Wasserspiels und versuchen mit ausgestreckten Armen, das herausspritzende Wasser zu treffen. Foto: Christoph Kaeser


Ein konsequenter Schritt: Zur Auflösung der Fachgruppe Theologie

Lange Jahre hatte die Fachgruppe Theologie im DVBS einen festen Platz unter den Berufsfachgruppen. Nun ist sie auf Antrag des Leitungsteams und mit Zustimmung des Arbeitsausschusses aufgelöst worden. Wie kam es dazu und was wird aus den Theologinnen und Theologen im DVBS?

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg galt vor allem das evangelische Pfarramt als attraktiver Beruf für blinde Männer. Es bedeutete hohes soziales Ansehen, bot finanzielle Absicherung und vielen, im Krieg Erblindeten die Möglichkeit, ihre Erfahrungen zu bewältigen und ihren Lebenswillen weiterzugeben. Die kirchlichen Blindenhilfsorganisationen schufen zusätzlich ein reichhaltiges ehrenamtliches Betätigungsfeld. Die Fachgruppe Theologie war in dieser Zeit ein wichtiger Ort für Austausch und Vernetzung.

Inzwischen haben sich die Zeiten geändert: Seit den 1970er Jahren haben sich durch die zunehmende Anstellung und Tätigkeit von Frauen in theologischen Berufen für beide großen Kirchen neue Perspektiven ergeben. Auch in der Fachgruppe Theologie des DVBS macht sich dies bemerkbar, besteht doch das Leitungsteam seit Jahren aus Frauen beider Konfessionen. Parallel zu dieser Entwicklung hat die Bandbreite theologischer Berufe zugenommen. Heutzutage führt ein Theologiestudium nicht mehr automatisch in den Pfarrberuf. In beiden Konfessionen gibt es Fachhochschulstudiengänge (Gemeindereferentin/Evangelischer Diakon) und zahlreiche Möglichkeiten theologischer Ausbildung ohne Studium. Viele, die Theologie studieren, finden auch in anderen Berufsfeldern — im Lehramt, in sozialen Berufen, als Musikerinnen oder Journalisten — eine Perspektive.

All diese Entwicklungen wirken sich spürbar auf die Arbeit der Fachgruppe Theologie aus. 2014 arbeiteten 15 ihrer 70 Mitglieder in theologischen Berufen im engeren Sinn. Viele sind bereits im Ruhestand oder aus persönlichem Interesse an theologischen Themen in der Fachgruppe ohne einen beruflichen Bezug. In einer solchen Situation verwundert es nicht, dass die Fachgruppe zum beruflichen Austausch kaum genutzt wird. Auch der Versuch einer Mailingliste, in die auch Nichtmitglieder des DVBS aufgenommen wurden, brachte in dieser Hinsicht kaum Ergebnisse. Dies legt den Schluss nahe, dass die beruflichen Interessen zu unterschiedlich und die Bedürfnisse nach Austausch mit ebenfalls Betroffenen in dieser Form nicht vorhanden sind. Auch die Erfahrungen in der Beratung sehgeschädigter Studierender zeigen: Die meisten erleben sich als EinzelkämpferInnen, ihre Bedingungen und Ziele sind individuell sehr unterschiedlich ebenso wie die Einstellungspraxis und die rechtlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Landeskirchen und Bistümer.

Als Leitungsteam sprachen wir ausgiebig darüber, wie es unter diesen neuen Bedingungen mit der Fachgruppe Theologie sinnvoll weitergehen könnte. Zunächst befragten wir die Mitglieder nach ihren Vorstellungen, wobei wir auch die Auflösung der Fachgruppe zur Disposition stellten. Wir haben ca. 15 sehr freundliche Antworten erhalten, für die wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken. Sie bestätigten unseren Eindruck von der Situation der Fachgruppe. Ihr Erhalt liegt vor allem denjenigen am Herzen, die sie in früheren Jahren mit Leben gefüllt haben. Wir haben Verständnis dafür, dass manche sich mit der Auflösung der Fachgruppe Theologie schwertun. Dennoch haben wir uns zu diesem Schritt entschieden und dafür die Zustimmung des Arbeitsausschusses erhalten.

Die Erfahrungen in unseren Kirchen lehren uns, dass es sinnvoll ist, Strukturen, die sich überlebt haben, abzuschaffen. Nur so kann Neues entstehen und vielleicht zu einem aktiven Austausch und Engagement Betroffener beitragen. Die ehemaligen Mitglieder der Fachgruppe Theologie können sich in anderen Berufsfachgruppen und Bezirksgruppen des DVBS einbringen. Weiterhin wird die Mailingliste der Fachgruppe Theologie zur Vernetzung zur Verfügung stehen. Die Mitglieder des ehemaligen Leitungsteams sind weiterhin zur Beratung Studierender und Berufstätiger bereit.

In theologischen wie auch in anderen Berufen sind die Arbeitsbedingungen schwieriger und komplexer geworden. Dies betrifft sehgeschädigte Menschen in besonderer Weise. Dennoch bieten theologische Berufe gerade für unseren Personenkreis vielfältige sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten. Dies weiterhin ins Gespräch zu bringen, wird auch nach der Auflösung der Fachgruppe Theologie eine Aufgabe für uns alle sein.


Rechtzeitig die Ermäßigung des Mitgliedsbeitrags beantragen!

Der Antrag auf Ermäßigung des DVBS-Mitgliedsbeitrages für das Jahr 2015 muss bis spätestens 28. Februar 2015 formlos schriftlich, per Fax oder per E-Mail (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) in der Geschäftsstelle eingegangen sein. Fristgerechte Anträge werden bestätigt und die Mitgliedsdaten in der Datenbank angepasst. Die Bestätigung, und ausschließlich sie, gilt als Nachweis gegenüber dem Verein. Anträge, die nicht fristgerecht bei uns eintreffen, können nachträglich leider nicht mehr genehmigt werden. Mitglieder, denen im vergangenen Jahr eine Ermäßigung bis auf Widerruf gewährt wurde (z.B. Mitglieder, die im Ausland leben, oder Ruheständler, die eine Beitragsermäßigung beantragen), sind von der jährlichen Antragstellung ausgenommen. Auskunft erteilt Stefanie Görge, Tel.: 06421 94 888-16, montags bis freitags, von 8 bis 12 Uhr, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


Auf die Plätze, fertig, TriTeam!

Der Übergang von der Schule zum Studium, ein anstehender Studienfachwechsel und der Weg vom Studium in den Berufseinstieg sind entscheidende Stationen im Leben junger Erwachsener, insbesondere, wenn sie blind oder sehbehindert sind. Umso schöner, wenn Studierende und Absolventen gerade an diesen Übergängen Unterstützung erhalten - wie im Mentoring-Projekt TriTeam des DVBS, das sich an blinde und sehbehinderte Studierende aller Fachrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet wendet.

Insgesamt 30 Bewerbungen sind in der Geschäftsstelle eingegangen. Alle Kandidat/innen haben in einem ersten, ausführlichen Telefoninterview ihre Motivation genauer erläutert und Fragen zu ihren Zielen, Ausbildung und Berufswunsch beantwortet. Im nächsten Schritt werden bis zu zehn TriTeams zusammengestellt.

Im Team mit einem berufserfahrenen und ebenfalls sehgeschädigten Mentor klären die Studierenden ihre Ziele, sammeln Erfahrungen, Tipps und Tricks und bewältigen so leichter die Hürden des Studienalltags. Wird zusätzliches Know-how benötigt, können die Mentees oder das Team die Unterstützung eines Fachcoaches in Anspruch nehmen - sei es zu Fragen der Hilfsmittelbeschaffung, zu fachlichen Fragen oder zur Vermittlung von beruflichen Informationen. Im Team fällt Vieles leichter: Im TriTeam werden die teilnehmenden Studierenden fit für den Studien- und Berufsalltag.

Neben regelmäßigem telefonischem Austausch und Mailkontakt sind auch persönliche Treffen des TriTeams möglich. Die Reisekosten werden vom Projekt übernommen. Während des Projektverlaufs sind zudem gemeinsame Treffen aller Teilnehmenden geplant.

Wir freuen uns schon, in den nächsten horus-Ausgaben von den Fortschritten der TriTeams zu berichten!

Das Projekt wird von der Commerzbank-Stiftung gefördert.


Terminvorschau

Seminartermine 2015:

5. bis 8. März: Seminar "Nicht sehend — nicht blind" der Fachgruppe Sehbehinderte in Herrenberg

16. bis 19. April: Seminar der Fachgruppe Wirtschaft in Herrenberg: "Meine Berufsbiografie — Zugang über das biografische Theater"

17. bis 19. April: Seminar der Fachgruppe Verwaltung in Bad Meinberg

24. bis 29. August: Fachgruppe Musik — Chorwoche in Wernigerode

3. bis 6. September: Fachgruppe Studium und Ausbildung — Bundesweites Treffen blinder und sehbehinderter Studierender und Auszubildender in Kassel

18. bis 20. September: Energydance für Blinde und Sehbehinderte, Wetzlar

9. bis 11. Oktober: Fortbildungsseminar der Fachgruppe Jura in Erfurt

5. bis 12. Oktober: Seminar der Gruppe Ruhestand in Bad Liebenzell Weitere Informationen zu den Terminen finden Sie unter www.dvbs-online.de/php/aktuell.php


Chorwoche für Blinde, Sehbehinderte und Sehende

Vom 24. bis 29. August 2015 in Wernigerode

Ein öffentliches Konzert in der Sylvestri-Kirche in Wernigerode wird am Ende einer Chorwoche stehen, die blinde, sehbehinderte und sehende Chorsängerinnen und -sänger im Helmut Kreutz-Haus zusammenbringt.

Ein durchaus ambitioniertes Projekt — denn es werden A-Cappella-Chor-Werke aus unterschiedlichen Epochen der Musikgeschichte zu Gehör gebracht. Im Vorlauf der Chorwoche werden die Teilnehmenden mit den Noten (im Normaldruck und in Blindennotenschrift) versorgt und üben zu Hause ihre Stimmen selbstständig ein, damit in Wernigerode direkt mit der musikalischen Arbeit begonnen werden kann.

Die Chorproben werden ehrenamtlich von professionellen blinden und sehbehinderten Chorleiterinnen und Chorleitern aus der Fachgruppe Musik im DVBS e.V. durchgeführt. Die Mitglieder der Fachgruppe Musik werden Anfang März die ausführliche Einladung zu dieser Chorwoche per Post oder E-Mail erhalten. Ebenso kann diese in der Rubrik Seminare dann von der Homepage des DVBS heruntergeladen werden oder auch per Telefon in der Geschäftsstelle angefordert werden (Andreas Wohnig, Tel.: 06421 9488823). Weitere Informationen zum Inhalt der Veranstaltung gibt Ihnen auch gerne Erika Reischle-Schedler, Mitglied im Leitungsteam der Fachgruppe Musik (Tel.: 0551 5078851) ab dem 6. März.

Erfreulich ist, dass die Aktion Mensch im Rahmen ihrer Förderaktion "Noch viel mehr vor" diese Veranstaltung finanziell unterstützt. So kann der Teilnahmebeitrag für die komplette Woche auf 250 Euro (inklusive Unterkunft und Verpflegung) festgelegt werden.

Melden Sie sich — nach Möglichkeit unbedingt zusammen mit chorerfahrener sehender Begleitperson — bis spätestens 1. Mai 2015 zu dieser Chorwoche an, damit das Motto "So klingen wir gemeinsam" in der Probenarbeit und im Konzert umgesetzt werden kann.

Für die Anmeldung (Postadresse: DVBS-Geschäftsstelle, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) sind folgende Angaben unbedingt erforderlich: Vollständige Kontaktdaten (auch der Begleitpersonen) einschließlich Postanschrift und Stimmlage sowie die Angabe, ob Noten in Blinden- oder Normalschrift gebraucht werden.


Aus der blista

Inklusiv gewinnt - Judo und Rudern ausgezeichnet

Die Sportfreunde Blau-Gelb Marburg erhalten bei der Abstimmung im Online-Wettbewerb der Sparkasse Marburg-Biedenkopf die meisten Stimmen und auch der Ruder- und Sportverein Steinmühle wird mit 2.000 Euro ausgezeichnet. Wer würde bei dieser Nachricht darauf tippen, dass beide Vereine sich nicht zuletzt dadurch auszeichnen, dass bei ihnen blinde und sehbehinderte Sportlerinnen und Sportler das Vereinsleben maßgeblich mitprägen. Im Fall der Judoabteilung der Sportfreunde Marburg übrigens schon mehr als 30 Jahre.

Dass die Vereine mit ihren Aktivitäten auch in der Öffentlichkeit gut ankommen, zeigte sich beim Wettbewerb der Sparkasse. In nur elf Tagen mussten Vereine für einen selbst gedrehten 60-sekündigen Film so viele Stimmen wie möglich sammeln. Die 25 besten der insgesamt 42 Bewerber erhielten dafür jeweils 2.000 Euro. Vier Wochen lang hatte jeder Verein Zeit, um den Videoclip zu produzieren und im sozialen Netzwerk Facebook hochzuladen, in dem er - häufig mit viel Humor - darlegte, warum gerade er die 2.000 Euro dringend benötige. Danach waren Vereinsmitglieder, Freunde und Bekannte am Zug, um für ihren Verein abzustimmen. Die Sportfreunde Blau-Gelb Marburg erhielten als Sieger 355 "likes" der insgesamt 6.000 abgegebenen Stimmen.

Die prämierten Vereine hätten unterschiedlicher nicht sein können: Sportvereine, Schützenvereine, Naturschutzvereine und soziale Institutionen waren dabei. So war auch die von den Preisträgern vorgetragene Verwendung der Spenden äußerst unterschiedlich. Sanierung des Sportgeländes, Anschaffung neuer Sportgeräte, Ansiedlung von Flusskrebsen in regionalen Gewässern und tiergestützte Therapien für Kinder sind nur einige Beispiele. Die Judokas wollen mit ihrem Preisgeld sehbehinderte Trainer ausbilden und so einen weiteren Beitrag zum selbstverständlichen Miteinander im Verein leisten.

Machen Sie sich selbst ein Bild! Film Sportfreunde Blau-Gelb Marburg: http://www.youtube.com/watch?v=AJGXV7yVh_w

Bildbeschreibung: Das Foto zeigt das Marburger Judoteam. Die zwölf Jungen und Mädchen und ihre beiden Betreuer tragen weiße und blaue Judoanzüge und haben sich für das Foto auf dem Judomatten aufgestellt. Acht stehen in einer Reihe, davor knien die übrigen sechs Personen auf dem Boden. Alle lachen und wirken ausgelassen und fröhlich. Foto: Bruno Axhausen


100 Jahre blista – Die Vorbereitungen für das Jubiläum haben begonnen

Im September 2016 feiert die blista ihren 100. Gründungstag und schaut damit auf eine 100-jährige, bewegte Geschichte zurück. Viele tausend Menschen haben in dieser Zeit ihr Gesicht geprägt und wurden von ihr geprägt. Seit der Gründung während des Ersten Weltkriegs 1916 bis heute ist es das zentrale Ziel, Menschen jeden Alters trotz einer massiven Seheinschränkung Chancen zu eröffnen und sie darin zu unterstützen, dass sie ihre Talente entdecken und entfalten können. Das Motto des Jubiläumsjahres lautet deshalb "100 Jahre — 100 Talente".

Wir wollen das Jahr nutzen, um sich zu erinnern, sich auszutauschen und nach vorne zu sehen. Wir werden gemeinsam feiern und wollen den Kontakt zu unseren ehemaligen Schülerinnen und Schülern intensivieren und von ihren Erfahrungen für die heutige Schülergeneration lernen.

Schon jetzt sollten Sie sich diesen Termin fest vormerken:

"Treffen für Ehemalige im Rahmen des Louis Braille Festivals"

1. Juli 2016, 15:30 bis 18:30 Uhr auf dem blista-Campus Am Schlag

100 Jahre - 100 Geschichten: Erzählen Sie eine davon!

2016 feiert die blista ihren 100. Geburtstag! Aus diesem Anlass planen wir unter dem Motto "100 Jahre — 100 Geschichten" die Veröffentlichung eines Jubiläumsbandes. Die Hauptrolle darin spielen — Sie! Wir suchen dafür Ihre persönliche blista-Geschichte — also Lustiges, Kurioses, Spannendes, Nachdenkliches... kurzum: Erzählenswertes rund um Ihre Zeit an der blista. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie selbst — oder Ihre Kinder — in Marburg zur Schule gegangen sind, Sie an der blista gearbeitet haben oder ob Sie in anderer Form mit der blista und ihren Menschen Berührungspunkte hatten. Wenn Sie Lust haben, uns und die Leserinnen und Leser unseres Jubiläumsbuches an Ihren Gedanken, Erlebnissen und Geschichten teilhaben zu lassen, freuen wir uns sehr über Ihre Texte! Diese sollten bis maximal 2500 Zeichen (inklusive Leerzeichen) umfassen. Natürlich hat so ein Buch nicht unendlich viele Seiten. Geschichten, die es deshalb nicht ins Buch schaffen, werden wir im Internet veröffentlichen.

Bitte schicken Sie uns Ihren Beitrag bis spätestens zum 30. August 2015 an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Über ein Foto, das zu Ihrer blista-Geschichte passt, würden wir uns ebenfalls sehr freuen.

Wenn Sie nicht so gerne etwas schreiben möchten, aber vielleicht noch Fotos aus Ihrer blista-Zeit haben, warten wir auch auf Ihre fotografischen Erinnerungen.

Es wäre toll, wenn Sie helfen, diesen Aufruf bekannt zu machen und weiterzuleiten. Denn blista-Geschichten gibt es viele. Sie warten darauf, erzählt zu werden.


Ferienfreizeit für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche

Probier" Dich aus und mach" Dich fit - im Sommercamp!

Auch in diesem Jahr bietet die blista in Kooperation mit dem Jugendclub des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) ein Sommercamp für blinde und sehbehinderte Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren. Im Mittelpunkt stehen dabei Abenteuer, Spiel, Sport, Musik und Spaß. Kanufahren auf der Lahn, Schatzsuche in den Lahnbergen, sein Glück auf dem Rücken eines Pferdes suchen, mit dem Tandem zur Eisdiele radeln oder Lego-Roboter am Computer programmieren gehören zum abwechslungsreichen Ferienprogramm. Und wer lieber in den Seilen hängt, ist beim Klettern sicher gut aufgehoben. Während der fünf Tage in Marburg wohnen die Kinder in einer Wohngruppe der blista, in der sie von Pädagoginnen und Pädagogen betreut werden. Das Sommercamp findet vom 28. August bis 3. September 2015 statt und kostet 320 Euro (Anmeldeschluss: 15. Juni 2015).

Für weitere Informationen und Anmeldung wenden Sie sich bitte an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


Jetzt die Weichen für Schulwechsel stellen

blista-Orientierungswochen für Schülerinnen und Schüler am allgemeinen und beruflichen Gymnasium

Im kommenden Frühjahr laden wir sehbehinderte und blinde Schülerinnen und Schüler wieder dazu ein, sich im Rahmen von Orientierungswochen mit dem Leben und Lernen an der blista vertraut zu machen.

Mit den Orientierungswochen verfolgen wir das Ziel, die Schülerinnen und Schüler mit dem Wohnen im dezentralen Internat, dem Lernen und Arbeiten in den einzelnen Schulformen und unserem AG- und Freizeitangebot bekannt zu machen. Zugleich möchten wir einen Eindruck über die Neigungen, Interessen und Förderbedarfe jedes einzelnen Schülers gewinnen.

Die Termine:

Klassen 9, 10 und berufliche Schulzweige: Sonntag, 8. März (Anreisetag) bis Freitag, 13. März (Abreisetag)

Zielklasse 07/08 und Nachzügler 11: Sonntag, 3. Mai (Anreisetag) bis Freitag, 8. Mai (Abreisetag)

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Britta Landmesser. Tel.: 06421 606-361, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Bildbeschreibung: Das Foto ist im Biologieunterricht an der Carl-Strehl-Schule entstanden. Drei Schüler sitzen am Tisch und betrachten ein tastbares Modell. Links von ihnen beugt sich der Lehrer über den Tisch und erklärt ihnen das Modell. Foto: Bruno Axhausen


Impressum

Impressum

Herausgeber: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion: DVBS (Uwe Boysen, Andrea Katemann und Christina Muth) und blista (Isabella Brawata, Thorsten Büchner, Rudi Ullrich und Marika Winkel)

Koordination: Christina Muth, Geschäftsstelle des DVBS, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-13, Fax: 06421 94888-10, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.): Uwe Boysen (DVBS) und Rudi Ullrich (blista)

Erscheinungsweise: Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und auf einer CD-ROM, die die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version und die Braille-, RTF- und PDF-Dateien enthält.

Jahresbezugspreis: 22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe, 35 Euro für alle übrigen Ausgaben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonten des DVBS: Sparkasse Marburg-Biedenkopf IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80 (BIC: HELADEF1MAR) - Postbank Frankfurt (für Überweisungen aus dem nicht-europäischen Ausland), IBAN: DE95 5001 0060 0149 9496 07 (BIC: PBNKDEFFXXX)

Verlag: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg, ISSN 0724-7389, Jahrgang 77

Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg

Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg

Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Titelbild: Sozialleistungen auf dem PrüfstandFoto: Volker Lenk/DBSV

Nächste Ausgabe (horus 2/2015): Schwerpunktthema: Sport und Abenteuer, Erscheinungstermin: 26. Mai 2015, Anzeigenannahmeschluss: 30. April 2015, Redaktionsschluss: 31. März 2015


Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht

horus 1/2015, Jg. 77

"Sozialleistungen auf dem Prüfstand"

Vorangestellt

In eigener Sache

Schwerpunkt: "Sozialleistungen auf dem Prüfstand"

  • Mammutprojekt Teilhabegesetz
  • Nada Hohmann und Dr. Michael Richter: Zehn Jahre Hartz IV auch für blinde und sehbehinderte Menschen
  • Uwe Boysen: Der Kampf ums Blindengeld - eine unendliche Geschichte mit verschiedenen Ausgängen
  • Dr. Herbert Demmel und Christiane Möller: Rechtfertigung des Blindengeldes im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes
  • Michael Herbst: Vergessen gilt nicht

Bildung und Wissenschaft

  • Dr. Heinz Willi Bach: Blinde Menschen im Erwerbsleben (Teil III)
  • Rudi Ullrich: Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt
  • Abitur, was nun?
  • RTFC, Computerwissen und Theater: Fortbildungsangebote der blista

horus-Zeitreisen

  • dr. phil. F. Hastenpflug: Über das Studium der Philologie
  • Dr. v. Gerhardt: Über das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften

Bücher

  • Sabine Hahn: Hörtipps
  • Savo Ivanic: Buchtipps aus der blista
  • Das Sportjahr 2015
  • Manfred Duensing: "Uli Hoeneß - Alles auf Rot" als DAISY-Hörbuch in der DBH

Panorama

  • DVBS und DBSV positionieren sich
  • "In Bewegung" - das Louis Braille Festival 2016
  • Deutscher Hörfilmpreis wird am 17. März verliehen
  • Freiwillige leben länger

Barrierefreiheit und Mobilität

  • Ulrich Kalina: blista-Stand auf der 3D-Drucker-Messe FabCon in Erfurt

Berichte und Schilderungen

  • Rita Schroll: Ein spielerisches Wochenende
  • Sebastian Hofmann: Zeitenwende - vom Leben nach der blista

Aus der Arbeit des DVBS

  • Reiner Spring: Bericht von der Arbeitsausschusssitzung
  • Christina Muth: Jetzt für das ICC 2015 anmelden!
  • Beate Schultes und Dr. Christina Ernst: Ein konsequenter Schritt: Zur Auflösung der Fachgruppe Theologie
  • Rechtzeitig die Ermäßigung des Mitgliedsbeitrags beantragen!
  • Christina Muth: Auf die Plätze, fertig, TriTeam!
  • Terminvorschau
  • Chorwoche für Blinde, Sehbehinderte und Sehende

Aus der blista

  • Rudi Ullrich: Inklusiv gewinnt - Judo und Rudern ausgezeichnet
  • Rudi Ullrich: 100 Jahre blista - Die Vorbereitungen für das Jubiläum haben begonnen
  • Ferienfreizeit für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche
  • Jetzt die Weichen für Schulwechsel stellen

Impressum