Liebe Leserinnen und Leser, liebe DVBS-Mitglieder,
„Recht“ ist ein schillernder Begriff. Er kann zu einem Kampfruf werden, wenn jemand behauptet, „Das ist mein Recht“ und sich, wie immer häufiger zu beobachten, davon auch durch gute Argumente nicht abbringen lässt. Aber auch, wenn jemand „Recht hat“, genügt das oft nicht. Dieses Recht muss durchgesetzt werden, und dabei tun sich mannigfache Hindernisse auf.
Rechtliche Verfahren sind für Laien oft undurchsichtig und erscheinen mühselig und zeitraubend. Hier beginnt die Sphäre der Juristinnen und Juristen. Sie können, wenn sie Rechtsberater oder Rechtsberaterinnen sind, den Betroffenen einen Weg durch den Paragrafen- und Verfahrensdschungel bahnen.
Doch bevor sie sich in dieser Profession bewähren, müssen sie eine lange Durststrecke, sprich Ausbildung, durchhalten. Das gilt sowohl für Jurastudierende, aber auch für Menschen, die sich dem Beruf des Rechtspflegers oder der Rechtspflegerin zugewandt haben, der den meisten Nichtjuristen nicht so bekannt sein dürfte. Welche Aufgaben hier auf Menschen mit einer Sehbehinderung warten, berichten Julia Kuchelmeister mit Blick auf ihre Ausbildung und Birgit Kaiser aus ihrer praktischen Tätigkeit. Eine erfüllende Berufspraxis beschreibt auch Pamela Pabst, die den für blinde Menschen eher ungewöhnlichen Beruf der Strafverteidigerin gewählt hat.
Natürlich benutzt auch die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe das Instrumentarium des Rechts, um ihre berechtigten Anliegen zu untermauern. Wie sich das für Christiane Möller, heute stellvertretende Geschäftsführerin des DBSV, im Einzelnen entwickelt hat, beschreibt sie im Interview. Dabei wird deutlich, dass juristische Arbeit der Selbsthilfe auch immer von anderen Maßnahmen flankiert werden muss, soll sie erfolgreich sein.
Aber kehren wir noch einmal zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen zurück: Rechtlosen eine Stimme zu geben und sie nicht denjenigen auszuliefern, die Recht nur als Recht des Stärkeren begreifen, das scheint mir in der heutigen Zeit wichtiger denn je zu sein. Wie geht es sehbehinderten und blinden Menschen, die sich Kriegen ausgesetzt sehen und täglich um ihr Leben fürchten müssen, obwohl diese Kriege von vielen Juristinnen und Juristen als völkerrechtswidrig gebrandmarkt werden? Von ihnen erzählen uns die veröffentlichten Medien nicht. Vielleicht wäre es im nächsten Jahr eine Aufgabe des horus, ihnen eine Stimme zu geben.
Das wünscht sich jedenfalls
Ihr und Euer
Uwe Boysen
Bild: Uwe Boysen trägt einen roten Pullover und eine dunkle Brille, sein Haar ist weiß. Das Sonnenlicht wirft gerade Flächen von Licht und Schatten an die Wand, auf Uwe Boysen fällt Licht. Er lächelt. Foto: DVBS