Von Rita Schroll

Vor einiger Zeit las ich von einem Angebot für eine kostenlose Yogastunde am Samstag. Diese, so hieß es in der Ankündigung, werde via Zoom angeboten. Das Angebot richtete sich speziell an blinde und sehbehinderte Menschen, denn alle Übungen sollten so verbalisiert werden, dass sie auch ohne zu sehen nachvollzogen und mitgemacht werden können.

Ich war sehr skeptisch. Erinnerte ich mich noch gut an ein Sport-Angebot via Zoom: Alle Teilnehmenden waren verunsichert, ob sie von der Kursleitung ausreichend gesehen werden, um ggf. korrigiert werden zu können. So entstand bisweilen ein akustisches Durcheinander. Doch hatte ich an besagtem Samstagmorgen Zeit und nutzte gerne die Gelegenheit, Yoga, das in meinem Bekanntenkreis sehr viel praktiziert wird, auszuprobieren: extra für blinde und sehbehinderte Menschen konzipiert und zudem nicht nur wohnortnah, sondern direkt am Wohnort. Niedrigschwelliger geht es ja gar nicht mehr.

Hanna Wroblewski, die Yogalehrerin, die in England lebt und auch dort Kurse anbietet, vermittelte von Anfang an viel Sicherheit. Es wurde schnell klar, dass sie ein schon oft praktiziertes Kurskonzept hat und sehr geübt im genauesten Verbalisieren der Übungen und in der Beobachtung aller Teilnehmenden ist. Zu Anfang teilte Hanna uns mit, ob und wenn ja wie wir uns besser ausrichten müssten, damit sie uns alle sieht. Doch danach: Oh Schreck. Hanna kündigte an, dass sie uns ab jetzt alle stumm schaltet, dass sie uns alle im Blick hat und ggf. korrigiert. Sie teilte auch mit, dass am Ende der Stunde noch Zeit für unsere Fragen sei. Keine Zeit mehr für ein „Ja, aber …“ oder „und wenn …?“, denn direkt nach ihrer Ankündigung erfolgte gleich die Tat – wir waren stummgeschaltet.

Die Übungen wurden perfekt beschrieben, Korrekturen erfolgten dann, wenn nötig. Ganz in Ruhe für sich, durch Zoom verbunden mit Anderen, ohne Zwischenfragen Yoga kennenzulernen, war für mich eine gute Erfahrung.

Yoga bietet mir Gelegenheit, einerseits meine Beweglichkeit und Dehnfähigkeit zu trainieren, und andererseits mich nur auf mein Tun zu konzentrieren und sehr genau meinen Körper und die Auswirkung der jeweiligen Übung zu spüren.

Neben einem Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs gibt es monatlich die Möglichkeit, für eine Stunde Yoga kostenlos zu probieren. Zudem bietet Hanna auch einen Podcast mit Yoga-Sequenzen zum Mitmachen an, der zu spezifischen Thematiken erscheint und eine gute Möglichkeit für Übungswillige und Disziplinierte ist, außerhalb des wöchentlichen Yogakurses Yoga zu praktizieren.

Hanna Wroblewski ist es wichtig, allen interessierten blinden und sehbehinderten Menschen die Teilnahme an ihren Kursen zu ermöglichen. Deshalb gibt es für ihre Kurse eine gestaffelte Kursgebühr mit zwei kostenlosen Plätzen, falls jemand sich die Teilnahme finanziell nicht leisten kann.

Hanna Wroblewski hat über 20 Jahre pädagogische Erfahrung im inklusiven Yoga und Tanzbereich. Die Augenerkrankung ihres Vaters inspirierte sie, sich auf die Arbeit mit sehbehinderten Menschen zu konzentrieren. 2021 entstand das Angebot: „HERU – Yoga for the Blind“ zunächst als Podcast. Seit 2022 gibt es monatlich eine kostenlose Online-Samstagsstunde sowie die regelmäßigen Online-Kurse. 2022 erhielt sie von der englischen Regierung den Points of Light Preis für ihr freiwilliges Engagement. Seit 2023 unterrichtet sie außerdem in London an der international renommierten Rambert School of Ballet and Contemporary Dance zeitgenössischen Tanz für blinde Menschen.

Kontakt:
hello@hannawroblewski.com

Den Yoga-Podcast gibt es unter:
https://www.podcast.de/podcast/2859158/heru-yoga-fuer-blinde-menschen 
sowie unter:
https://podcasts.apple.com/gb/podcast/heru-yoga-f%C3%BCr-blinde-menschen/id1566022121

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