Von Kaushik Krishnamoorthy

Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) in Gießen dient als erste Anlaufstelle für Flüchtlinge im Bundesland Hessen. Während des Asylverfahrens ist die EAEH für deren Unterbringung und Versorgung verantwortlich. Die Aufenthaltsdauer in der Einrichtung variiert je nach Bleibeperspektive der Schutzsuchenden. Personen mit einer guten Bleibeperspektive werden schneller in die Kommunen weitergeleitet, während jene mit geringerer Bleibeperspektive länger in der Einrichtung bleiben. Auch schutzbedürftige Personen mit Behinderungen gehören zu den Betroffenen. 

Die Landessozialarbeiter erhalten werktäglich eine Liste mit als vulnerabel eingestuften Personen, darunter auch Menschen mit Behinderungen. Nach der Identifikation blinder oder hochgradig sehbehinderter Personen kontaktieren sie die Betroffenen, um zu klären, ob sie im Herkunftsland bereits Kenntnisse in Orientierung und Mobilität (O&M) oder anderen Fähigkeiten für den Alltag erworben haben, ob sie eine Schule besucht oder einen Beruf ausgeübt haben. Fehlen solche Kenntnisse, werden erste Schritte zur Rehabilitation eingeleitet.

Blinde Flüchtlinge erhalten lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Eine Eingliederungshilfe gemäß SGB IX steht ihnen erst nach einer Anerkennung als Schutzberechtigte oder nach 15 Monaten im Asylverfahren zu. Kosten für ein O&M-Training werden im Rahmen des AsylbLG nicht übernommen. Daher erhalten die Betroffenen zunächst gespendete Langstöcke. 

Die EAEH ist auf die Unterstützung ehrenamtlicher Lehrkräfte angewiesen, die O&M-Trainings anbieten. Besonders pensionierte Trainer wie Gert Willumeit, der viele Jahre als Rehalehrer an der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) Marburg gearbeitet hat, leisten hier wertvolle Hilfe. Interessierte Bewohnerinnen und Bewohner werden mit einem passenden Langstock ausgestattet, und es werden Termine mit einem Trainer sowie Dolmetschern organisiert. In den Unterrichtseinheiten, die meist vormittags und nachmittags stattfinden und jeweils 120 Minuten dauern, werden grundlegende Techniken wie Langstocknutzung, Treppentechniken sowie taktile und akustische Orientierung vermittelt. 

Sehbehinderte können häufig schon nach einem Tag sicher im Umfeld navigieren, während blinde Menschen hierfür ein bis zwei weitere Termine benötigen. Diese Schulungen verbessern nicht nur die Startchancen für weiterführende O&M-Kurse, sondern stärken auch das Selbstwertgefühl der Betroffenen und fördern ihre soziale Integration. 

Neben Gert Willumeit konnte die EAEH mittlerweile weitere Unterstützung gewinnen, darunter die durch Monika Vestweber, Fachkraft der Blinden- und Sehbehindertenrehabilitation. Sie trainiert aktuell eine blinde Bewohnerin aus Syrien. Weitere Trainer haben ihre Hilfe angeboten. Zudem arbeitet die Einrichtung mit der Deutschen Blindenstudienanstalt e.V. (blista) und der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte (SBS Frankfurt) zusammen, die Schulungsprogramme und Hilfsmittel bereitstellen. 

Um die Integration weiter zu erleichtern, unterhält die EAEH eine Liste von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in hessischen Landkreisen, Kommunen und Städten, die bei der Unterbringung von Personen mit besonderen Bedürfnissen unterstützen. Vor der Zuweisung kontaktieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EAEH die dortigen Verantwortlichen, um eine bedarfsgerechte Unterbringung sicherzustellen. Zusätzlich erhalten schwerbehinderte Asylsuchende Informationen über Frühförderzentren, Förderschulen und Behindertenwerkstätten, um Verzögerungen bei der Integration zu vermeiden.

Nähere Informationen zur Arbeit der EAEH gibt es auf

https://rp-giessen.hessen.de/integration-und-asylrecht/erstaufnahmeeinrichtung-des-landes-hessen.

Kontakt

Wenn auch Sie blinde oder sehbehinderte Flüchtlinge der Einrichtung unterstützen möchten, wenden Sie sich gerne an 

Kaushik Krishnamoorthy (Landessozialarbeiter an der EAEH und selbst blind)
E-Mail: kaushik.krishnamoorthy@rpgi.hessen.de
Tel.: 0641 303 8551

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