horus 4/2024
Schwerpunkt: Kunst und Literatur

Auszüge aus horus 4/2024 stehen Ihnen bereits jetzt zur Verfügung. Die gesamte Ausgabe wird nach Erscheinen von horus 1/2025 online gestellt. Wenn Sie eine kostenlose Probeausgabe des horus erhalten wollen (Print, Braille, per Download-Link oder auf CD-ROM mit DAISY-Hörversion), wenden Sie sich an die DVBS-Geschäftstelle, Tel.: 06421 94888-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


Inhalt

nach oben


Schwerpunkt: "Kunst und Literatur"

Leben und Chancen einer blinden Autorin auf dem Buchmarkt

Von Dr. Elke Irimia

Wer schreibt, sollte sich irgendwann die Frage stellen: Für wen schreibe ich? Erzähle ich für mich und meine Angehörigen, hat das andere Folgen für mein Schreiben, als wenn ich für die Öffentlichkeit und damit für den Buchmarkt schreibe. Ich richte mich mit meinem Schreiben an den Buchmarkt, damit an Publikumsverlage. Deshalb greife ich im Folgenden Chancen und Schwierigkeiten auf, die mir im Zusammenhang mit dem Buchmarkt begegnen.

Grundsätzlich ist die Ausgangssituation für alle Schreibenden, blind oder sehend, die gleiche: Am Anfang steht die Kurzgeschichte, die für eine Anthologie geschrieben wird, oder der Roman. Und der Text muss gut sein, sonst wird es ein Ladenhüter. Was gut ist, bestimmt der Buchmarkt, also Verlage und Lesererwartungen.

Doch eines ist klar: Blinde schreiben anders als Sehende.

Während Patrick Süskind ("Das Parfum") oder Robert Schneider ("Schlafes Bruder") große Erfolge erzielten, indem sie ihre Protagonisten mit einem dominanten Sinn, Geruchssinn bzw. Hörsinn, ausstatteten, ist der Buchmarkt heute weitgehend vom visuellen Sinn beeinflusst. Das rührt von der weiten Verbreitung der Streamingdienste her. Die sehende Leserschaft setzt nicht auf den Film, der vor dem inneren Auge abläuft, sondern auf den des Displays. Für den Buchmarkt gilt, vor allem für Fantasy, Frauenromane oder Familien-Sagas und historische Romane, dass sie weitschweifende Landschafts- und Tierbeschreibungen enthalten. Aber auch die anderen Genres leben vor allem von der möglichst realistischen Beschreibung der Umgebung. Die ist in erster Linie visuell. Eine Landschaftsbeschreibung etwa gibt die Atmosphäre und Stimmung der Figur wieder und steigert die Spannung. Das macht den Roman lebendig. Vernachlässigt dagegen werden die anderen Sinneseindrücke. Eine Dominanz des auditiven Sinns etwa ist dem Publikum trotz des o. g. Titels fremd.

In Romanen blinder Schreibender findet sich oft eine Ansammlung von Formulierungen anderer (sehender) Schreibender, um die visuellen Eindrücke von Landschaften zu beschreiben. Das Zurückgreifen auf Formulierungen Sehender wirkt wie ein Abklatsch. Sehende verpacken einen visuellen Eindruck in ein Bild. Bildersprache ist sehr abwechslungsreich und einzigartig. Oft werden visuelle Eindrücke auch durch Lautmalerei beschrieben. Sie gibt unter anderem den ganz persönlichen Stil des Autors wieder. Blinde Schreibende sind auf die Formulierungen der sehenden Assistenzen angewiesen.

Oft verzichten vollblinde Schreibende ganz auf die Beschreibung visueller Eindrücke, was an ihrem gewohnten Alltag liegt. Auch die Beschreibung der nonverbalen Kommunikation, die bei Sehenden den größten Teil der menschlichen Interaktion ausmacht, wird immer vergessen.

Da ich als Vollblinde meine Umgebung oder Personen nicht visuell, sondern nur anhand meiner verbliebenen Sinne beschreiben kann, behelfe ich mir mit diversen Apps, wie etwa Flora Incognita oder Be My Eyes zur Bildbeschreibung. Doch zuverlässig sind diese Hilfsmittel nicht immer, weshalb ich häufig auf persönliche Assistenz angewiesen bin. Das Inklusionsamt sagt dazu jedoch: "Schreiben ist Liebhaberei und keine Berufstätigkeit, weshalb hierfür eine Assistenz aus Mitteln der Ausgleichsabgabeverordnung nicht bewilligt werden kann." Weder meine Veröffentlichungen unter Pseudonym in Anthologien noch die Ansicht des Finanzamts, das die "Absicht, dauerhaft mit dem Schreiben Gewinn zu erzielen," anerkannt hat, stimmen das Inklusionsamt um. Zurzeit bezahle ich die Assistenzen selbst. Da Menschen unterschiedlich beschreiben, achte ich sehr darauf, mit den gleichen Personen zu arbeiten. Das ist vor allem bei einem Roman wichtig. Meine Assistenzen habe ich darin geschult, worauf sie achten müssen und worauf es bei der Beschreibung ankommt.

Ich liebe die Recherche vor Ort. Während meine Assistenz mir die Umgebung beschreibt, nehme ich die Atmosphäre mit allen mir verbliebenen Sinnen, Empfindungen und Gefühlen auf. Die Atmosphäre vor Ort macht den Roman oder die Geschichte lebendig und spannend und ist deshalb unverzichtbar. Eine Recherche der Assistenzen auf Google Maps kann das nicht bieten und ist für mich lediglich die zweite Wahl.

Schwierig sind für mich häufig Messebesuche oder Lesereisen, die mich in unbekannte Regionen führen. Hier bin ich auf Hilfe angewiesen, um nicht schon völlig ausgelaugt am Zielort anzukommen. Messebesuche sind wichtig, um sich Verlagen vorzustellen oder mit anderen Schreibenden zum Austausch zu vernetzen.

Schreiben ist eine sehr einsame Tätigkeit. Während des Schreibprozesses verbringe ich viele Stunden allein mit meinem PC, meinem Schreibtisch und meinen Figuren. Was aber, wenn ich an einer Stelle plötzlich nicht mehr weiterkomme? Hier helfen andere Schreibende weiter. Sie sind in der gleichen Situation und verstehen mich. Diskussionen über Plots, die nicht funktionieren, und eigensinnige Figuren, die ganz unverhofft ein Eigenleben entwickeln, sind ihnen nicht fremd. Der Zusammenschluss mit anderen Schreibenden bietet mir auch die Möglichkeit, vor einem Publikum zu lesen.

Lesungen bringen mich in Kontakt mit Lesenden. Wir Schreibenden können uns vor einem Publikum "ausprobieren". Aber in der direkten Kommunikation der Lesenden erfahren wir auch, was sie von unseren Geschichten halten und ob wir ihre Erwartungen erfüllen.

Nicht immer ist es mir möglich, meine Assistenzen zu einer Lesung oder einem Messebesuch mitzunehmen oder bei anderen Schreibenden mitzufahren. Dann greife ich auf die örtlichen Hilfsangebote zurück oder ich beiße mich tatsächlich alleine durch. Letzteres dient zwar nicht gerade dazu, das Ziel ausgeruht zu erreichen, bietet mir aber häufig bereits eine erste Anekdote, um in meine Lesung einzusteigen. Auf diese Weise bin ich gleich zu Beginn im Austausch mit dem Publikum.

Noch bin ich, was die Beschreibung betrifft, auf der Suche nach dem idealen Weg zwischen visuellen Eindrücken und anderen Sinneskanälen. Mein Romandebüt habe ich vom Lektorat zur Überarbeitung zurückbekommen. Die visuellen Eindrücke müssen stärker in den Vordergrund treten.

Zur Autorin

Dr. Elke Irimia, Jahrgang 1966, arbeitet als Krimi-Autorin (Pseudonym: Elke Jan), Sensitivity Readerin und Hörfilmtexterin. Ehrenamtlich engagiert sich Dr. Irimia im Leitungsteam der DVBS-Bezirksgruppe Bayern. Auf der Webseite https://www.elkes-schreibatelier.de gibt es Aktuelles über ihre Arbeit.

Bild: Dr. Irimia lächelt. Sie hat blaue Augen und trägt ihr silbergrau schimmerndes Haar kurz geschnitten. Foto: privat

nach oben


Berichte und Schilderungen

Kunst, Kultur und Geschichte vermitteln - Menschen im Rahmen eines Museums- oder Theaterbesuchs eine schöne Zeit zu bereiten, das ist mein Anspruch und meine Leidenschaft

Von Claudia Böhme

Es gab für mich immer wieder Momente im Leben, in denen Personen in Gesprächen mit mir Impulse gaben, die mich zu wichtigen Entscheidungen bewegt haben. Das begann eigentlich schon mit dem Studium.

Meine damalige Situation lässt sich wie folgt beschreiben: Ich war knapp 36 Jahre alt, getrennt lebend, hatte ein Abitur, eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokraft, drei Kinder zwischen acht und 13 Jahren und eine lange Familienzeit hinter mir. In den erlernten Beruf wollte und konnte ich nicht zurück. Den Gedanken, ein Studium zu organisieren, hatte ich mit der Geburt meines ersten Kindes eigentlich aufgegeben.

Ein Studium wagen

Ein Therapeut nahm das Thema Studium auf und legte mir dar, wie ich Uni und Kinder miteinander vereinbaren könnte. Auch Tage später konnte ich mir noch vorstellen, das hinzubekommen. Ausschlaggebend waren die Argumente, dass es lange vorlesungsfreie Zeiten gibt und ich mir die Präsenzzeiten passend einteilen könnte. Hinzu kam Unterstützung aus einem Kreis fortbildungsenthusiastischer und engagierter Mittdreißiger*innen mit Kindern, in dem ich mich damals befand. Diese Frauen schienen permanent damit befasst zu sein, etwas Neues zu lernen.

Eine nachmittägliche Betreuung für meine Kinder konnte ich, der Einführung der Ganztagsschule sei Dank, organisieren.

Die Entscheidung für Geschichte und Literaturwissenschaften als Studienfächer war dann eher eine praktische. Beide Themenfelder sind mir immer leichtgefallen und ich habe mich damit bewusst gegen die Empfehlung des Studienberaters gestellt, Jura zu studieren. Ein konkretes berufliches Ziel hatte ich zunächst nicht im Auge. Ich war mir anfangs gar nicht sicher, ob ich es überhaupt schaffen würde, zumal sich die Themen "Assistenz im Studium" und "Hilfsmittel" nicht so schnell klären ließen.

Zu einem frühen Zeitpunkt im Studium fragte mich eine Dozentin, was ich mit meinem Geschichtsstudium im Sinn hätte. Sie war nicht für die Berufsberatung von Studierenden zuständig. Meine immer noch anhaltende Orientierungslosigkeit aufgreifend, kam sie mit dem Gedanken, ich könne doch in Museen etwas für blinde und sehbehinderte Menschen tun. Da gäbe es doch nichts.

Das war richtig. Wir waren im Jahr 2007. Von Inklusion war noch keine Rede. Über Museum hatte ich auch schon nachgedacht, aber diesen Ort nicht ernsthaft als mögliches Arbeitsfeld in Betracht gezogen. Die Dozentin empfahl mir Seminare einer Kollegin. Die Veranstaltungen zu Museumsthemen habe ich dann auch fleißig besucht, denn ich hatte sehr schnell Feuer gefangen, den Weg in Richtung Museum gehen zu wollen.

Inzwischen hatte sich die Frage der Assistenz dahingehend geklärt, dass es keinerlei Leistungen für mich geben würde, weil ich bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung hatte.

Assistentinnen und Assistenten hatte ich mir bis dahin selbst organisiert und aus meinem Blindengeld bezahlt. Mir kam zugute, dass die Uni einen Blindenarbeitsplatz einrichtete, der von mehreren Studierenden genutzt wurde. So brauchte ich ab dem dritten Semester nur noch Assistenz beim Heraussuchen von Literatur, gescannt habe ich selbst. Mit dieser technischen Möglichkeit war es einfach, vieles an Literatur zugänglich zu machen. Ich würde fast so weit gehen zu sagen, ohne den Blindenarbeitsplatz wäre ich im Studium gescheitert.

Im auslaufenden Magisterstudium wurde ich auf einen Masterstudiengang aufmerksam, der sich mit Didaktik, u. a. auch für Museumsarbeit, auseinandersetzte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich nicht mehr viel Energie, um noch weiter zu studieren.

Nun waren es die Mitarbeitenden vom Lehrstuhl der Didaktik der Geschichte, die mich mit der Tatsache aus dem Gespräch über das Masterstudium entließen, dass viele Leistungen aus dem Magisterstudium angerechnet werden können. Unter dem Strich wäre gar nicht mehr so viel zu tun und man könne sich vorstellen, dass zur Didaktik der Geschichte die Didaktik der Kunstpädagogik gut passen würde. Die Professorin und ein Mitarbeitender des Lehrstuhls hatten sich richtig Zeit für mich genommen, und für beide war es vollkommen selbstverständlich, dass ich den Master studieren würde. Skeptisch war ich in dieses Gespräch gegangen, mit dem Gefühl, unterstützt zu werden, habe ich es verlassen. Diese Unterstützung durch das Team des Lehrstuhls bestand während des gesamten Masterstudiums.

Mit abgeschlossenem Magisterstudium und laufendem Masterstudium ging es nun aber auch ums Geldverdienen. Die Zeit der regelmäßigen Einkünfte aus BAföG war vorüber.

Weiterbildungen und freiberufliches Arbeiten

Über die Seminare zu Museumsthemen konnte ich Kontakte zu Museumsmenschen knüpfen, jedoch reichten die Einnahmen aus den ersten Aufträgen nicht aus, um mein Leben und das meiner Kinder zu finanzieren.

Aus einem dieser Kontakte ergab sich die Möglichkeit, an einer Ausbildung für Stadtführer*innen in Augsburg teilzunehmen. Eine Listen-E-Mail machte mich auf ein Seminar für Audiodeskription aufmerksam. All das hatte wenig bis gar nichts mit dem Museum zu tun, spielte zunächst aber keine Rolle. Gleichzeitig war ich damit beschäftigt, mich bei verschiedenen Institutionen zu bewerben, auch als Quereinsteigerin. Hätte sich eine Anstellung ergeben, hätte ich das Masterstudium aufgegeben. Es ergab sich aber nichts, nicht einmal ein Vorstellungsgespräch. So begann ich allmählich, mich mit dem Gedanken an eine freiberufliche Tätigkeit auseinanderzusetzen.

Inzwischen war Inklusion ein Thema. Dafür wollte ich mich einsetzen. Ich wollte mithelfen, Führungen und Ausstellungen inklusiv zu gestalten. Ich habe mir in den folgenden Jahren viele barrierefrei gestaltete Museen in Deutschland und - wenn es möglich war - auch in anderen Ländern angesehen. Ich habe an Führungen für blinde und sehbehinderte Menschen teilgenommen. Ich habe jede Tagung besucht, auf der Inklusion und Barrierefreiheit in Museen ein Thema war. So kam es nach und nach zu Kontakten und zu Aufträgen in der Museumsberatung. Meine Masterarbeit 2015 beleuchtete dann schließlich auch die damalige Situation blinder und sehbehinderter Menschen in Museen und Ausstellungen.

Heute, im Jahr 2024, arbeite ich erfolgreich als freie Museumsberaterin und Autorin in der Audiodeskription.

Über die Filmbeschreibung bin ich in den letzten Jahren vermehrt zur Beschreibung von Gemälden, Kunstobjekten und anderen Museumsexponaten gekommen. Unter anderem war ich als Teil eines Teams für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden tätig, wie auch für das Deutsche Museum München und das Klostermuseum Ottobeuren.

Ich konnte regelmäßige Vorstellungen mit Audiodeskription am Staatstheater Augsburg anstoßen, auch ein Arbeitsfeld, das mich immer wieder begeistert.

Auf dem Gebiet der Museumsberatung erinnere ich mich sehr gern an ein Projekt für das Stadtpalais in Stuttgart 2023/2024. Als ein Team aus drei blinden bzw. sehbehinderten Personen durften wir eine Ausstellung im Dunkeln von Beginn an konzipieren und verantworten.

Stets mit neuen Themen unterwegs: Museums- und Touristenführerin

Immer wieder führe ich, sei es allein oder mit einem blinden Kollegen, Sensibilisierungsworkshops für Museumspersonal durch. Zudem bin ich regelmäßig Teil von Guide-Tandems. Für dieses Format erstelle ich Konzepte für Museumsführungen, die so gestaltet sind, dass sehende, blinde und sehbehinderte Menschen gleichberechtigt daran teilnehmen können. Oft gefallen sehenden Menschen detaillierte Werkbetrachtungen sehr gut und es ergibt sich ein anregender Austausch zu Exponaten, Kunst oder Künstlern.

Ich führe aber auch allein, zum Beispiel durch Augsburg, die Stadt, in der ich seit 1992 lebe. Inzwischen bin ich als gesetzlich blinder Touristguide wahrscheinlich für einen Großteil der Kolleg*innen selbstverständlich. Zu Beginn meiner Gästeführer*innentätigkeit musste ich dem Auftraggeber mehrmals versichern, dass ich Touristen ebenso gut begleiten kann wie eine sehende Person. Die Gäste fühlen sich stets gut unterhalten und informiert. Nach manchmal anfänglicher Skepsis kommen sie gut damit zurecht, dass ein blinder Mensch sie führt. Jedenfalls habe ich nichts Gegenteiliges gehört.

Ich schätze meine Arbeit sehr, auch deswegen, weil sie immer wieder neue Herausforderungen und Themen bietet. Ich kann meine Begeisterung für das wissenschaftliche Arbeiten und das Lesen immer wieder im Rahmen von Recherchen ausleben. Dazu darf ich weiterhin den Blindenarbeitsplatz in der Uni-Bibliothek nutzen.

Die meisten der Tätigkeiten, die ich erwähnt habe, funktionieren nicht ohne Unterstützung durch Assistent*innen. Vor jeder Stadtführung müssen Tickets gescannt oder augenscheinlich kontrolliert werden, ich muss mich in Listen eintragen, um zu dokumentieren, dass ich mit den Gästen bestimmte Orte besichtige. Auf Tagungen helfen mir Arbeitsassistenzen, Personen zu finden, mit denen ich sprechen möchte. Wenn ich mir Ausstellungen in anderen Städten ansehe, sind sie für die Orientierung vor Ort und das Beschreiben der Ausstellung von großer Bedeutung. Eine Audiodeskription von Kunstgegenständen oder Theaterstücken wäre mir allein genauso wenig möglich wie Bibliotheksrecherchen. Die Assistent*innen organisiere ich selbst. Glücklicherweise hatte ich bisher so gut wie keinen Wechsel beim unterstützenden Personal.

Es freut mich, dass in den zurückliegenden Jahren auch andere blinde oder sehbehinderte Menschen sich auf dem Gebiet der Kultur beruflich engagieren. Wir arbeiten alle mit ein bisschen anderen Schwerpunkten und sind dabei in einem guten Austausch untereinander. So ein Netzwerk ist, wie ich finde, sehr hilfreich, wenn man sich in einer Sache unsicher ist oder die Meinung eines Kollegen/einer Kollegin zu einem Thema hören möchte. Auch geht es um den Austausch zur Arbeitssituation blinder und sehbehinderter Menschen oder Assistenzorganisation.

Rückblickend war die Entscheidung für das Studium eine der besten meines Lebens. Dass ich heute auf einem Arbeitsfeld angekommen bin, das nie geplant war, hat in meinem Fall viel mit der Unterstützung und dem Vertrauen anderer Menschen zu tun. Mich auf Stellen zu bewerben, habe ich vor einigen Jahren aufgegeben. Ich hatte häufig das Gefühl, nur wegen der Schwerbehinderung eingeladen worden zu sein. Oft war die Stelle schon vergeben.

Und ganz ehrlich: Auch wenn die Freizeit manchmal etwas zu kurz kommt, so spiegeln mir das meine inzwischen selbst berufstätigen Kinder, möchte ich genau so arbeiten, wie ich es tue und insbesondere blinden und sehbehinderten Menschen zu freudigen Kulturerlebnissen verhelfen.

Bild: Tourguide Claudia Böhme steht im großen, mit barocken Elementen verzierten Goldenen Saal des Augsburger Rathauses und spricht. Sie hat blaue Augen, rotblondes, kurzes Haar und trägt zu Turnschuhen und Jeans ein pinkes Shirt und einen hellen Cardigan. Foto: privat

nach oben


Aus der Arbeit des DVBS

"Save the Date": DVBS-Selbsthilfetage vom 29. bis 31. Mai 2025 in Marburg

Liebe DVBS-Mitglieder!

Ende Mai 2025 ist es endlich wieder soweit! Wir können uns treffen, engagiert ins Gespräch kommen, miteinander lernen und nicht zuletzt ein wenig feiern! Vor allem aber wählen wir nach acht Jahren wieder unseren Vorstand in Präsenz.

In der Zeit vom 29. bis zum 31. Mai 2025 finden wieder unsere Selbsthilfetage auf dem Gelände der blista statt. An allen drei Tagen werden wir von einem bewährten, Marburger Caterer bewirtet werden.

Folgender Ablauf der Selbsthilfetage 2025 ist derzeit geplant:

  • Donnerstag, 29. Mai, das traditionelle, abendliche Stelldichein,
  • Freitag, 30. Mai, Sitzungen der Fach- und Interessengruppen, vereinsweite Veranstaltungen und der Kulturabend,
  • Samstag, 31. Mai, Mitgliederversammlung mit einem Schwerpunktthema und vor allem den Vorstandswahlen.

2025 geht die vierjährige Amtszeit des jetzigen DVBS-Vorstandes zu Ende. Zu wählen sind die/der 1. Vorsitzende, die/der 2. Vorsitzende und drei Beisitzerinnen und Beisitzer. Nicht nur die Mitglieder haben ein Mitspracherecht, die selbst zur Mitgliederversammlung kommen. Indirekt nehmen auch die Bezirks-, Fach-, Projekt- und Interessengruppen Einfluss auf diese Wahl. Sie haben nämlich ein Vorschlagsrecht: Nur ein ordentliches Mitglied, das von zwei Vereinsgliederungen vorgeschlagen ist, kann von der Mitgliederversammlung in den Vorstand gewählt werden.

Die Nominierung erfolgt durch die Bezirks-, Fach-, Projekt- und Interessengruppen unseres Vereins. Sie muss nach § 10 unserer Satzung drei Monate vor der Mitgliederversammlung abgeschlossen sein. Deshalb möchten wir darum bitten, dies bei Eurer/Ihrer Planung der nächsten Veranstaltungen in den Gliederungen zu berücksichtigen.

Termin der Mitgliederversammlung ist der 31. Mai 2025. Um Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand nominieren zu können, müsste spätestens Mitte Februar 2025 eine Versammlung der jeweiligen Bezirks-, Fach-, Projekt- oder Interessengruppe durchgeführt werden.

Also frisch ans Werk!

Ihr/Euer

Werner Wörder
1. Vorsitzender des DVBS

Marburg, im Oktober 2024

nach oben


Aus der blista

Der blista auf den Fersen: Zwei neue blista-Angebote machen Lust auf mehr

Von Thorsten Büchner

Der Alltag auf dem und um den blistaCampus hält so viele Geschichten, interessante Meldungen und spannende Menschen bereit, dass es kaum ausreicht, diesen Alltag auf der blista-Webseite und dem Magazin "blista-News" einzufangen. Deswegen hat das Team der blista-Öffentlichkeitsarbeit, Cecilia Röhler und Thorsten Büchner, seit Anfang September schon unzählige Posts und Slides bei Instagram eingestellt.

Auf https://instagram.com/blistacampus gibt es mehrmals pro Woche Neuigkeiten aus der und über die blista. Cecilia und Thorsten laden sich regelmäßig Personen aus dem blista-Kosmos ein, die einen kurzen, lebendigen Einblick in ihren Arbeitsalltag geben. Damit das eher bildorientierte Instagram für alle Menschen einen Mehrwert hat, sprechen Cecilia und Thorsten kleine Audio-Schnipsel in den Hörbuchstudios der "Deutschen Blinden-Bibliothek" (DBB) auf, in denen es Zusatzinfos, Originaltöne der Interviewgäste und die obligatorischen Bildbeschreibungen zu hören gibt.

In den ersten Monaten konnten die Follower*innen so beispielsweise einen Blick ins "Zentrum für Barrierefreiheit" werfen, konnten dem Trainer der Blindenfußballer, Manfred Duensing, bei der Saisonanalyse lauschen oder den zweiten Platz der Goalballerinnen bei der Frauen-Meisterschaft feiern. blista-Events wie die Einschulungsveranstaltungen der neuen Schüler*innen, aber auch Besuche von Gästen aus Korea oder Staatssekretärinnen aus hessischen Ministerien finden genauso Platz im neuen Insta-Channel.

"Wir möchten gerne die Vielfalt der blista in all ihren Abteilungen und Aufgaben möglichst charmant und kurzweilig präsentieren", fasst Cecilia Röhler die Philosophie hinter dem Social-Media-Auftritt zusammen. "Alle, die uns folgen, können so - hoffentlich - mit Cecilia und mir die blista und die Menschen, die dahinterstecken, kennenlernen", sagt Thorsten Büchner.

Daher freuen sich beide über fleißiges Folgen. Und wer weiß ... vielleicht gibt es in der Zukunft auch eigene Videobeiträge.

Schon etwas länger ist "blista-leselust - Der DBB-Podcast" am Start. Seit Anfang Mai erscheint der erste blista-Podcast ungefähr alle zwei Wochen. Die beiden Hosts, Andrea Katemann und Thorsten Büchner, werfen darin einen Blick hinter die Kulissen der "Deutschen Blinden-Bibliothek" (DBB) und erfahren beispielsweise, wie ein Punktschriftbuch produziert wird oder wie jeden Freitag in den Hörbuchstudios das Nachrichtenmagazin "DER SPIEGEL" aufgesprochen und produziert wird. In fast jeder Folge sind Gäste aus dem Umfeld der DBB mit von der Partie, die sich über die Schulter schauen lassen. Im Mittelpunkt des Podcasts stehen aber vor allen Dingen persönliche Buchtipps, die allesamt im breit gefächerten Angebot der DBB zum Download zur Verfügung stehen. Die Folgen dauern zwischen 20 und 30 Minuten, je nachdem, wie viele Hörbücher Andrea Katemann und Thorsten Büchner unbedingt empfehlen möchten.

Unter https://katalog.blista.de/podcast sind alle bisher erschienenen Folgen zu finden. Den Podcast gibt es überall, wo es Podcasts gibt.

Bild: Cecilia Röhler und Thorsten Büchner sitzen in einer der Sprecherkabinen, um die Audios für Instagram-Posts aufzunehmen. Beide tragen Kopfhörer, Cecilia Röhler sitzt vor einem Bildschirm und lächelt gut gelaunt in die Kamera. Foto: blista

Bild: Das Logo des DBB-Podcasts "blista leselust" zeigt die drei Buchstaben dbb in Grün. Ihre Bäuche sind mit der Farbe jeweils ausgefüllt und mit einem Startbutton, drei Büchern und einem handlichen Abspielgerät plus Downloadsymbol verziert. Logo: blista

nach oben


>Bücher

Aus der Braille-Druckerei: Es weihnachtet schon wieder!

Von Wencke Lutz-Gemril und Jochen Schäfer

Wieder ist ein Jahr vergangen, in dem so viel passiert ist. Man merkt's schon am Namen der Autorin. Vom Co-Autor und allen Lesenden herzlichen Glückwunsch, liebe Wencke, zur Hochzeit, und viele gemeinsame Jahrzehnte mit deinem Mann und deiner großen Familie wünschen wir Dir!

Jetzt steht Weihnachten vor der Tür und wir haben wieder ein prallvolles Programm an Neuerscheinungen, die vielleicht bald unterm Weihnachtsbaum liegen werden und auf neugierige Kinder und Jugendliche warten.

Margit Auer: Die Schule der magischen Tiere, Bd. 15: Vierundzwanzig

Carlsen, Hamburg, 2024. 3 Bände in reformierter Kurz- und Vollschrift, Bestell-Nr. 6383.

Es gibt Neuigkeiten von den "magischen Tieren"! Dazu eine kleine Geschichte vom Co-Autor: Im September meldete sich Miss Cornfield mal wieder. Es war mir eine Ehre, dass sie in der Bibliothek angerufen hat, aber wir kannten uns ja schon etwas. "Ich wollte nur Bescheid sagen, dass es ein neues Abenteuer von den magischen Tieren gibt, und fragen, ob Sie es wieder übertragen wollen?" Natürlich stimmte ich sofort zu, und auch Wencke war total begeistert. Daraufhin fragten wir unseren Abteilungsleiter. "Na klar!", sagte der nur, und dann wurde es zur Übertragung angemeldet und gleich im Oktober korrigiert. Ja, so schnell geht das bei uns, damit Ihr möglichst spannende, aktuelle Literatur zu lesen bekommt.

In Band 15 ist Miss Cornfields Klasse ganz aufgeregt: Nur noch vierundzwanzig Tage bis Weihnachten! In der Klasse wird gewichtelt. "Cool, Baby!", findet nicht nur die magische Ratte Cooper. Alle Kinder basteln, grübeln und tuscheln mit ihren magischen Tieren. Auch Miss Cornfield soll ein Geschenk bekommen, aber psst! - das wird die größte Überraschung. Ihr könnt also gespannt sein, was sie bekommt.

Charlotte Habersack: Bitte nicht öffnen

Carlsen, Hamburg, 2020-21.

In dieser Serie geht es um Nemo und seine Freunde in der Kleinstadt Boring (siehe horus 1/2024). Nun gibt es zwei neue Bände. Jeder beginnt mit der Lieferung eines Päckchens.

Was ist diesmal drin? Wow! Ein Einhorn namens Magic. Es gibt ganz eigenartige Geräusche von sich - und das Beste: Es kann Wünsche erfüllen! Nemo, Oda und Fred können ihr Glück kaum fassen. Jetzt können sie all ihre Träume wahr werden lassen! Und die der Boringer Bürger. Und das ist doch super - oder etwa nicht?  

Ein anderes Päckchen beschert Nemo und seinen Freunden einen rostigen Roboter, der ganz abgehackt spricht. Plötzlich sind alle "völlig schwerelos", sie schweben. Ja, da muss man sich schon ordentlich "beschweren" - aber nicht motzen, sondern schwere Dinge mit sich herumtragen, um die Schwerkraft wieder zu aktivieren. Dazu wird auch noch der Boringer Spielwarenhändler entführt. Wie wird das nur ausgehen für Nemo, seine Freunde und die Boringer Bürger?

Bd. 5: Magic (Bestell-Nr. 6306) und Bd. 6: Rostig (Nr. 6308). Jeweils 2 Bände in reformierter Kurz- bzw. 3 in Vollschrift. Es werden noch weitere folgen, Ihr dürft Euch also schon aufs nächste Jahr freuen.

Susin Nielsen: Optimisten sterben früher

Urachhaus, Stuttgart, 2021. 4 Bände in reformierter Kurz-, 5 in Vollschrift, Bestell-nr. 6249.

Nanu, wie kommt denn das? Heißt es doch üblicherweise "Optimisten leben länger". Aber bei den Jugendlichen in diesem Buch ist alles ganz anders. Alle sagen Petula, dass sie keine Schuld am Tod ihrer kleinen Schwester hat. Aber so einfach ist das nicht. Petula ist überzeugt, dass das Schicksal ein mieser Verräter ist und hinter jeder Ecke mit einer bösen Überraschung auf sie lauert. Als sie Jacob kennenlernt, kann Petula ihre maßlosen Ängste Schritt für Schritt hinter sich lassen. Bis zu dem Tag, als sie erfährt, dass Jacob nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat. Susin Nielsen erzählt die Geschichte einer Handvoll Jugendlicher, die alle Schweres durchgemacht haben und sich, jeder auf seine Weise, schuldig fühlen. Dabei gelingt es ihr, ein ernstes Thema mit großartigem Humor zu vereinen.

Dieser Jugendroman wurde auch in der DBH als DAISY-Buch produziert (Nr. 1555741).

Bestelladresse

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
blistaCampus
Am Schlag 2-12
35037 Marburg
Tel.: 06421 606-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
oder über unseren barrierefreien Online-Katalog
https://katalog.blista.de
bzw. die populäre App "Leselust".

Wenn Sie Vorschläge oder Wünsche für Neuübertragungen von Büchern in Punktschrift haben, dann mailen Sie uns, wir freuen uns auf Ihre/Eure Anregungen.

nach oben


Panorama

"Bei Anruf Kultur": Erste Fußballmuseen im Programm

Mit dem FC St. Pauli-Museum und dem HSV-Museum haben sich im Juli dieses Jahres nun auch die ersten Museen von Bundesliga-Clubs dem Angebot "Bei Anruf Kultur" angeschlossen, um Menschen unabhängig von einer Behinderung, dem Wohnort oder der Mobilität einen Zugang zu ihren Ausstellungen zu ermöglichen. Durch ihre Teilnahme öffnen sich die beiden Museen für Fußballkultur neuen Zielgruppen.

Bereits zwei Mal führte 2024 Kulturvermittler Peter Böhmer telefonisch unter dem Motto "KIEZBEBEN - Wie wurde der FC St. Pauli, was er heute ist?" durch die Dauerausstellung, zu der eine Teilrekonstruktion der alten Gegengerade des Millerntor-Stadions in Originalgröße gehört, und beschrieb die visuellen Inhalte und Erfahrungen. Mit dem HSV-Museum beteiligt sich auch der zweite Hamburger Bundesligist an "Bei Anruf Kultur", der regelmäßig Führungen am Telefon anbieten wird. Die Termine beider Museen für 2025 werden derzeit abgestimmt.

Für "Bei Anruf Kultur" laden bundesweit viele weitere spannende Museen von Bremerhaven bis München und von Trier bis Chemnitz in ihre Ausstellungen ein. Nach einer Anmeldung erhalten Interessierte die telefonischen Zugangsdaten und können sich am Veranstaltungstag bequem von zu Hause für eine rund einstündige kostenlose Führung einwählen. Noch können geschlossene Gruppen keine eigenen Telefonführungen buchen, aber auch dieses Angebot ist für die Zukunft geplant.

Anmeldungen

Online unter www.beianrufkultur.de
E-Mail: buchung@beianrufkultur
Tel.: 040 209404-36

Programmabruf: Tel. 040 209404-69
https://www.beianrufkultur.de/programm

nach oben