Bericht vom zweiten Treffen unseres „AK Inklusion“

Der Rahmen:

Am Samstag, 03. November 2018 zwischen 11:30 und 16:45 Uhr fand das zweite Treffen des AK Inklusion im „Haus der Begegnung St. Vinzenz“ in Marburg statt.

Beim ersten Treffen hatten wir einen Internetauftritt auf der Seite des DVBS beschlossen.

Nach vielen Vorarbeiten war es dann 2017 endlich soweit!

Der Internetauftritt bedarf jedoch der Pflege. Diese kann nicht nur durch organisatorische und inhaltliche Absprachen bei Telefonkonferenzen geleistet werden. Da wir auch konzeptionell weiterkommen wollten, vereinbarten wir ein zweites Treffen in Marburg.

Für dieses hatten wir uns neben einem Gedankenaustausch über unsere Erfahrungen und Positionen zur schulischen Inklusion von Schüler*innen und Lehrkräften vorgenommen, viele kleine, vor allem praxisnahe Ideen für den Webspace Inklusion zu entwickeln.

In sehr angenehmer Atmosphäre bei Tee, Kaffee, Wasser und Gebäck sowie einer leckeren griechischen Stärkung zur Mittagsstunde nahmen wir uns viel Zeit für einen Gedankenaustausch, der bei mir den guten Eindruck hinterlassen hat, dass wir an diesem Samstag etwas geschafft haben.

Skizzierung Unserer Ergebnisse:

Wir beschlossen eine behutsame Aktualisierung unseres Internetauftritts, die Erstellung eines Interviewleitfadens und nicht zuletzt ein drittes Treffen - wahrscheinlich innerhalb des nächsten halben Jahres in Nordrhein-Westfalen.

Bei unserem biographisch gefärbten Gedankenaustausch waren wir uns selbstverständlich im Klaren darüber, dass die Forderung nach der Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems in Deutschland vor dem Hintergrund utopisch erscheint, dass sie schon vor hundert Jahren zu Beginn der Weimarer Republik und seitdem immer wieder gescheitert ist. Dafür, dass sich eine Kultur der Inklusion auch in sehr heterogenen Klassen zu entwickeln beginnt, gibt es aber immerhin seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2009 durchaus ermutigende Anzeichen. Inklusion ist oft eine Erfolgsgeschichte.

Auf der anderen Seite kostet Inklusion Geld, das unter den Bedingungen einer strikten Austeritätspolitik auf Bundesebene und vor allem in den für Kultuspolitik zuständigen Bundesländern nicht einmal ansatzweise ausreichend zur Verfügung steht.  Im oft bedrückenden inklusiven Alltag drängt sich sogar nicht selten der Eindruck auf, dass die Inklusion als eine Art Sparschwein betrachtet wird: Leistungen erreichen nicht einmal das Niveau der Zeit, in der von Integration und gemeinsamen Unterricht gesprochen wurde.

Entsprechend gibt es unter Betroffenen und Experten inzwischen eine große Ernüchterung, der nur durch ausreichende Ressourcen begegnet werden kann.

Dies bedeutet aus unserer Sicht, dass z. B. Klassen kleiner werden müssen; darüber hinaus sind multiprofessionelle Teams vonnöten, die der Heterogenität in einem inklusiven Unterricht Rechnung tragen würden. Heterogenität heißt in diesem Zusammenhang, dass z. B. in einer Grundschulklasse sowohl Kinder mit Beeinträchtigungen als auch solche mit internationaler Geschichte oder schwierigen häuslichen Verhältnissen neben Hoch- und Normalbegabten zu unterrichten sind. Es bedarf also unbedingt individueller Lösungen, die aber teuer wären!

Für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen muss auch aus Gründen der Selbstvergewisserung der eigenen Rolle bedacht werden, dass der Austausch und die Begegnung mit Gleichbetroffenen, die in der inklusiven Beschulung nicht selten zu kurz kommen, zu fördern sind. Auch dafür müssen Förderschulen als Ressourcenzentren erhalten werden, in denen darüber hinaus Kompetenzen wie etwa die Blindenschrift oder die Gebärdensprache noch vorhanden sind.

Inklusion kann überdies nur gelingen, wenn sie ganzheitlich gedacht wird. Neben dem Lernerfolg müssen Kinder und Jugendliche auch sozial inkludiert werden, was oft spätestens in der Pubertät schwierig wird. In jedem Falle müssen alle Beteiligten - die Betroffenen, ihre Mitschüler*innen, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen etc. - engagiert und willens sein, Inklusion gelingen zu lassen. Der menschliche Faktor ist also entscheidend, damit sich alle auf den Weg machen. Dieser ist mühevoll - ein utopisches Endziel gibt es nicht! Um diesen Weg aber mit mehr Aussicht auf Erfolg beschreiten zu können, bedarf es eines professionellen Unterstützungssystems.

Nach den von uns angestellten, noch unfertigen Überlegungen ist die sogenannte Schulbegleitung unbedingt zu professionalisieren. Ständig wechselnde Laien dürfen nicht durch ihre Kompetenz über den Schulerfolg von Menschen mit Beeinträchtigungen entscheiden. Die Integrationshelfer*innen müssen beispielsweise Blindentechniken, aber auch die Gebärdensprache beherrschen, sodass sie Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen unterstützen können.

Unter vielem bleibt aber die Diagnostik weiterhin die vornehme Aufgabe von Förderschullehrkräften, die mit mehr sächlichen Mitteln und größerem Stundendeputat ausgestattet werden müssen.

Zusammenfassend und auf den Punkt gebracht bedeutet dies aus unserer Sicht, dass die/der Klassenlehrer*in die Kompetenz hat, wenn es um den Lernstoff und seine Vermittlung geht, und die/der Förderlehrer*in, wenn diagnostische und soziale Fragen im Vordergrund stehen; die/der Integrationshelfer*in sorgt in diesem Kontext für die Aufbereitung des Materials nach Vorgabe durch die Förderschullehrkräfte.

Um an ebenso lebendige wie anschauliche und informative Praxiserfahrungen für unseren „AK Inklusion“ auf der Seite des DVBS zu gelangen, werden wir zeitnah einen Interviewleitfaden erstellen. Dieser ist für Betroffene - sehr gerne z. B. Mitglieder unseres Vereins, aber auch Lehrkräfte und Eltern etc. -, bestimmt; er soll die Barriere, die durch die Erstellung eines zeitaufwändig ausformulierten Berichts entstehen könnte, abbauen, indem jede/r kurz, knackig und schnell auf die Fragen des Leitfadens antwortet. Die Ergebnisse sollen dann einvernehmlich auf unserer Seite eingestellt werden.

Wer an einer Mitarbeit in unserem kleinen, aber feinen Kreis interessiert ist, melde sich bitte bei Werner Wörder, F: 06421-163820 (AB) oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! !

Werner mit engagierter Unterstützung von Claudia und Sabrina