horus 1/2018
Schwerpunkt: "Selbsthilfe auf dem Weg"

Inhalt

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Vorangestellt

Uwe Boysen

Liebe Leserinnen und Leser, liebe DVBS-Mitglieder,

wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg; der Weg ist das Ziel; viele Wege führen nach Rom. Das Wort „Weg“ hat die Sprichwortproduktion ordentlich angekurbelt. Kein Wunder, befinden wir uns doch alle ständig auf dem Weg irgendwohin. Bisweilen führen diese Wege steil nach oben auf einen Gipfel oder nach unten in einen Abgrund, manchmal in die Irre, stellen sich also als Ab- oder Umwege heraus. Dann haben wir die Orientierung verloren, wissen nicht mehr wohin und müssen unser Ziel neu bestimmen. Gut ist es, wenn man in diesem Augenblick mit einem Kompass umzugehen versteht oder - moderner - ein Navigationssystem zur Verfügung hat. Häufig hilft auch der Rat des Beifahrers oder des Wandergenossen, wenn man nicht mutter- oder vaterseelenallein unterwegs ist. Wie eine der oben zitierten Spruchweisheiten andeutet, ist es aber auch gut, wenn man sein Ziel kennt und sich über den Weg dorthin Klarheit verschafft. Orientierung tut schließlich immer Not.

Das gilt auch für die sehbehinderten- und Blindenselbsthilfe und den Zusammenschluss behinderter Menschen ganz allgemein. Deshalb hat sich die Redaktion entschlossen, 100 Jahre nach der ersten Ausgabe unserer Zeitschrift (siehe dazu J. Schäfer) den Titel „Selbsthilfe auf dem Weg“ als Schwerpunkt dieses Heftes zu wählen.

Wie die „große Politik“ die Selbsthilfe betrachtet, darüber geben Auszüge aus der Rede des Bundespräsidenten zum 50-jährigen Jubiläum der BAG Selbsthilfe aus dem vergangenen September Aufschluss. Speziell zur Situation unserer Organisationen habe ich eine Reihe von DVBS-Mitgliedern befragt und hoffe, dass ihre Anregungen und Einsichten in den kommenden Heften des horus zu einer regen Diskussion führen und dann auch in unserer täglichen Arbeit ihren Niederschlag finden werden.

All das kann uns aber nur nach vorn bringen, wenn Sie und Ihr, unsere Mitglieder und Förderer, an die Mission dieses Vereins glauben und auch bereit sind, sich – in welcher Weise auch immer – dafür einzusetzen, dass sehbehinderte und blinde Menschen einen ihren Fähigkeiten und Neigungen angemessenen Beruf finden und sich gesellschaftlich nicht alleingelassen fühlen. Das wünscht sich auch 100 Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe unserer Zeitschrift immer noch und weiter

Ihr und Euer

Uwe Boysen

Foto: Uwe Boysen. Foto: DVBS (Auf dem Portraitfoto trägt Uwe Boysen einen roten Pullover und eine dunkle Brille, seine Haare sind weiß. Das Sonnenlicht wirft gerade Flächen von Licht und Schatten an die Wand, auf Uwe Boysen fällt Licht. Er lächelt.)

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In eigener Sache

Hundert Jahre horus

Ja, Sie haben richtig gelesen: Unser horus wird dieses Jahr 100 Jahre alt! Warum die aktuelle Printausgabe aber trotzdem nicht als "100. Jahrgang" zählt, erfahren Sie in unserer vierteiligen Serie "100 Jahre horus", die in der vorliegenden Ausgabe beginnt. Sie löst unsere Rubrik "horus-Zeitreisen" ab. Die Redaktion freut sich darauf, mit Ihnen weitere historische Spuren zu verfolgen: Neben den Themen aus hundert Jahren interessiert uns auch, wer wann Redaktionsmitglied wurde - und wann war es noch mal, dass die erste Frau ins Team kam? Die Spuren lassen vermuten, dass 1918 die Herausgabe ausschließlich Chefsache war, Prof. Alfred Bielschowsky war schließlich Direktor der Marburger Universitäts-Augenklinik und der Blindenstudienanstalt. Wer hat protokolliert, Texte getippt, wie wurden die Braille-Ausgaben hergestellt? Nicht alles ist aus den "Marburger Beiträgen zum Blindenbildungswesen", wie horus lange hieß, selbst zu erfahren.

Heute sind wir zu siebt in der Redaktion, darunter zwei Männer, und ohne Teamarbeit läuft nichts. EDV und Internet erleichtern uns die Arbeit - und Leserinnen und Lesern den Zugang zum Fachmagazin. Mit Juliane Taubner ist im Februar eine neue DVBS-Kollegin zu uns gestoßen. Herzlich willkommen! Sie wird sich Ihnen in der nächsten Ausgabe vorstellen. Wir freuen uns darauf, für Sie alle auch in den kommenden Jahren weiter aktuelle Themen aufzugreifen und mit dem horus eine Zeitschrift zu publizieren, die Sie informiert, zu Diskussionen anregt und Mut macht, das Leben mit Blindheit oder Sehbehinderung aktiv zu gestalten. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, anlässlich von "100 Jahre horus" ein herzliches Dankeschön für Ihre Treue und kritische Begleitung!

horus 2/2018

Ab horus 2/2018 übertragen wir die Brailleausgabe nach der neuen Blindenschriftsystematik, die das Brailleschriftkomitee deutschsprachiger Länder (BSKDL) beschlossen hat (vgl. Richard Heuer gen. Hallmann in horus 3/2016 usw.). Die Systematik gilt seit dem 1. Januar 2018.

Das Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe lautet "Zugängliche Kultur". Wie offen ist der Kulturbereich für Blinde und Sehbehinderte? Wie gestalten wir "Kultur" mit, wie nehmen wir sie wahr? Hier geht es etwa um öffentliche Räume, Ausstellungskonzepte, Theaterarbeit, um bildende Kunst, Literatur oder Musik. Wenn Sie von ihrem Werdegang, von ihrem persönlichen Bezug zu Handwerk und Kunst, von ihren Wünschen, Zugängen, Barrieren und (Um-)wegen berichten möchten, dann senden Sie uns Ihren Beitrag bis zum 3. April 2018 per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Artikel für den Schwerpunkt können bis zu 12.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) lang sein, allgemeine Berichte bis zu 4.000 Zeichen, kürzere Meldungen bis 2.000 Zeichen.

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Schwerpunkt: "Selbsthilfe auf dem Weg"

Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier

Zum 50-jährigen Bestehen der BAG Selbsthilfe e.V. - Rede vom 22. September 2017, gehalten in der Katholischen Akademie in Berlin*

Vor ein paar Wochen bin ich beim Zeitunglesen auf eine kleine Nachricht gestoßen, eher darüber gestolpert. Da hieß es: Das Wort "Barrierefreiheit" hat es in die neue Ausgabe des Duden geschafft. Natürlich nicht alleine, sondern begleitet von vielen anderen Wörtern, die mehr oder weniger wichtige Entscheidungen oder Entwicklungen widerspiegeln – "Willkommenskultur" hat zum Beispiel Einzug gehalten in den Duden, "Flexitarier", "Selfiestick" und "liken". Aber ich bin natürlich nicht als Sprachprediger zu Ihnen gekommen, sondern mir fiel nur auf, dass man "Barrierefreiheit" jetzt auch mit Erlaubnis des Duden ganz offiziell "liken" darf. Und das ist doch wirklich eine ganz schöne Entwicklung.

Mancher von Ihnen wird jetzt denken: Ja, ganz nett – aber was nützt mir der Duden, wenn mir gleich wieder eine Treppe den Weg versperrt? Oder wenn ich nicht alles lesen kann, was im Internet zum Beispiel über diese Matinee berichtet wird? Der Einwand ist natürlich höchst berechtigt. Trotzdem: Wenn ein Wort, das ein so wichtiges Ziel bezeichnet, in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeht, dann ist das doch ein wichtiges Zeichen für den gesellschaftlichen Wandel, der sich in den vergangenen Jahren ganz offenbar zugetragen hat. Es ist ein Wandel, den Sie alle miteinander vorangebracht haben. Und schon darauf dürfen Sie miteinander stolz sein.

Wenn wir heute Mittag, in dieser Feierstunde, auf ein halbes Jahrhundert zurückblicken, ich glaube, erst dann wird uns bewusst, wie unglaublich viel Sie tatsächlich erreicht haben.

1967, im Gründungsjahr der Bundesarbeitsgemeinschaft, wurde eine Behinderung in der Bundesrepublik vielfach noch als individuelles Defizit verstanden. Menschen, die mit Beeinträchtigungen lebten, galten als Objekte paternalistischer Fürsorge. Sie lebten oft isoliert von den vermeintlich "Normalen", abgeschottet hinter Mauern in Heimen und Anstalten. Getrennte Schulen, getrennte Arbeitsstätten trugen ebenfalls dazu bei, dass Menschen mit und ohne Behinderung kaum miteinander wirklich in Kontakt traten.

Im Alltag standen Behinderte vor unzähligen Hürden: Wahllokale und Hörsäle blieben vielen genauso unzugänglich wie Kinos oder Restaurants. Man mag es heute kaum glauben, aber wer im Rollstuhl saß und mit der Bundesbahn fahren wollte, der musste damals im Gepäckwagen reisen.

Auf der anderen Seite steht das Jahr 1967 für einen politischen und gesellschaftlichen Aufbruch, gerade auf dem Feld der Behindertenpolitik. Als die Hippies in Kalifornien den "Summer of Love" ausriefen und die Studenten in Berlin gegen den Schah protestierten, da tauchte in der Bundesrepublik der Begriff "Werkstatt für Behinderte" erstmals in einem Gesetz auf. Zwei Jahre später war es Willy Brandt, der behinderte Menschen erstmals in einer Regierungserklärung erwähnte. Und weitere zwei Jahre später, 1971, sprach der Bundespräsident zum ersten Mal Behinderte als Bürger an.

Und in dieser Zeit wuchs auch das Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderung. Sie begannen nun, für sich selbst zu sprechen. Sie machten darauf aufmerksam, dass viele ihrer Schwierigkeiten weniger mit individuellen Beeinträchtigungen zu tun hatten, sondern vor allem das Resultat gesellschaftlicher Bedingungen waren. Sie wehrten sich gegen Bevormundung und Ausgrenzung und brachten das voran, was man aus heutiger Sicht rückblickend den Paradigmenwechsel nennt.

Und dafür steht die BAG Selbsthilfe bis heute: Seit einem halben Jahrhundert setzt sie sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung am gesellschaftlichen Leben tatsächlich teilnehmen können, selbstbestimmt und gleichberechtigt.

Diesen Weg und diese 50 Jahre, und das, was erreicht ist, das kann man gar nicht genug würdigen. Sie alle hier im Saal sind Pioniere der Inklusion – ein Wort übrigens, das 1967 allenfalls Anhängern der Mengenlehre, die damals in Mode kam, ein Begriff gewesen sein dürfte. Ich jedenfalls bin heute gekommen, um Ihnen allen ganz herzlich zu danken und meinen tiefen Respekt zu zeigen.

Die Selbsthilfebewegung ist ein leuchtendes Beispiel für das bürgerschaftliche Engagement in unserer Demokratie. Von Anfang an verfolgte sie zwei Ziele: Sie wollte für den einzelnen Menschen da sein. Und sie wollte die Gesellschaft verändern.

Wer mit Mitgliedern spricht, der versteht ganz schnell, was Selbsthilfegruppen für den Einzelnen bedeuten. Hier trifft man auf Menschen mit ähnlichen Beeinträchtigungen, die Verständnis für die eigene Lage haben. Hier kann man Probleme des Alltags gemeinsam lösen und sich über neue Therapieangebote informieren. Selbsthilfegruppen stiften Gemeinschaft und Lebensfreude. Und natürlich tragen sie dazu bei, dass Menschen neuen Mut schöpfen, um wieder am Leben teilzunehmen.

Die Gruppen wirken aber eben auch in die Gesellschaft hinein. Sie sind auch Keimzellen der Demokratie. Hier entstehen Impulse, bestehende Strukturen, die vielleicht verknöchert, verkrustet sind, umzugestalten und für gemeinsame Rechte zu kämpfen. Hier wächst der Wunsch, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die eigenen Anliegen zu schärfen.

Selbsthilfegruppen wirken vor der eigenen Haustür – etwa dann, wenn Mitglieder die Sparkasse beim Umbau beraten, so dass auch Blinde und Rollstuhlfahrer die Geldautomaten nutzen können. Oder wenn Menschen, die an Knochenschwund leiden, in Schulen gehen, um dort über ihre Krankheit und Möglichkeiten der Vorbeugung aufzuklären. An unzähligen Orten in unserem Land tragen sie dazu bei, dass behinderte Menschen nicht nur Zugang zum gesellschaftlichen Leben haben, sondern sich dort auch willkommen fühlen.

Die organisierte Selbsthilfe wirkt aber auch in den Gremien des Gesundheitswesens und den politischen Institutionen: Es ist auch das Verdienst der BAG, dass der Satz "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" seit 1994 im Grundgesetz steht. Es ist auch Ihr Verdienst, dass im Jahr 2006 die UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet werden konnte. Und es ist gut, dass Sie sich mit Leidenschaft für die Umsetzung der Konvention engagieren und weiterhin dafür einsetzen.

Sie alle hier im Saal sind Demokratiearbeiter, im wahrsten Sinn des Wortes. Sie wissen, wie mühsam der politische Prozess manchmal ist. Wie anstrengend es sein kann, Kompromisse zu erarbeiten, sie zu ertragen und in der eigenen Organisation zu vermitteln. Es geht nicht immer auf geradem Weg voran. Vor allen Dingen nicht so schnell, wie man gerne würde. Aber die Geschichte der Behindertenpolitik beweist: Engagement lohnt sich, und zwar für alle. (…)

Die Selbsthilfe wird auch in Zukunft unverzichtbar sein. Deshalb braucht sie vor allen Dingen eines: Junge Menschen, die sich freiwillig engagieren. Ich weiß, nicht nur von der BAG, sondern auch von vielen anderen Vereinigungen, wie schwierig es ist, Nachfolger zu finden, wenn zum Beispiel die Leiterin einer Selbsthilfegruppe ihr Ehrenamt nach Jahrzehnten aufgeben will oder vielleicht sogar aufgeben muss. Aber es gibt auch Beispiele, die Mut machen. Ich habe von jungen Menschen mit Hörbehinderung gelesen, die sich über soziale Medien austauschen, Blogwerkstätten organisieren und sogar diejenigen in ihrem Verein begeistern, die keine Digital Natives sind. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass sich solche Beispiele noch weiter herumsprechen.

Ich möchte noch eine Gruppe erwähnen, deren Leistung viel zu selten im öffentlichen Fokus steht: die Angehörigen von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung. Jene, die sich um ihre Partner, Kinder, Eltern oder Großeltern kümmern – und das ganz oft zusätzlich zum Beruf. Für diese Menschen ist es ganz selbstverständlich, Verantwortung zu übernehmen, für andere da zu sein und ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Nicht selten gehen sie dabei bis an ihre körperlichen und seelischen Grenzen, manche sogar darüber hinaus. Ich habe allergrößten Respekt vor dem, was Sie leisten. Und ich finde, auch das ist heute einen Beifall wert.

Seit meinem Amtsantritt, der ist ja noch nicht ganz so lange her, haben mich schon viele Zuschriften auch zum Bereich der Behindertenpolitik erreicht. Einige, die mir schreiben, sind verzweifelt, weil sie gegen Widerstände kämpfen müssen oder weil sie kämpfen müssen, um die Unterstützung zu bekommen, die sie brauchen – sei es nun ein Rollator, sei es eine Prothese oder das persönliche Budget.

Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen, deren Mann körperlich behindert und zusätzlich an Demenz erkrankt ist, schrieb mir vor wenigen Monaten, kurz nach meiner Rede beim Jahresempfang der Behindertenbeauftragten: "Ich brauche keine schönen Worte auf Papier (…). Ich brauche die Dinge, die mir das Leben erleichtern."

Es folgt dann ein Satz, den ich nicht vergessen kann. Die Frau schreibt: "Manchmal habe ich den Eindruck, dass alte und kranke Menschen nur ein Unkostenfaktor in der Gesellschaft sind."

Ich möchte in einem Land leben, in dem kein Mensch einen solchen Eindruck haben muss. In dem man nicht mehr in Festreden erwähnen muss, dass Behinderte keine Bittsteller sind, die auf Mitleid oder Wohlwollen hoffen müssen. In meiner Amtszeit jedenfalls will ich dazu beitragen, das Bewusstsein für die gesellschaftlichen Barrieren zu schärfen, vor denen Menschen heute immer noch stehen, allen Fortschritten zum Trotz. Ich will dazu beitragen, dass das Thema Inklusion noch mehr Gehör erlangt.

"Es ist normal, verschieden zu sein." Diesen Satz hat Bundespräsident Richard von Weizsäcker gesagt, 1993 bei der Eröffnung einer Tagung der BAG in Bonn. Ich zitiere ihn, weil es ein wichtiger Satz ist. Ein Satz, der geblieben ist und der den Geist unserer Verfassung sehr schön widerspiegelt. (…)

Ich will hier heute in aller Deutlichkeit sagen: Es verträgt sich nicht mit der Demokratie, wenn Menschen ausgeschlossen werden. Es widerspricht unserer Vorstellung von einer offenen Gesellschaft, wenn Menschen im Alltag auf Hürden stoßen, die sie daran hindern, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Inklusion, das ist eben nicht nur Behindertenpolitik, das ist gelebte Demokratie!

"Es ist normal, verschieden zu sein." Aber es ist in unserem Land noch längst nicht überall normal, dass alle Menschen in ihrer Verschiedenheit dabei sein können, wenn sie das wollen – im Kindergarten und in der Schule, am Arbeitsplatz und im Wohnviertel, im Theater oder auf dem Sportplatz. Es ist noch längst nicht überall normal, dass Behinderung als Teil menschlicher Vielfalt respektiert oder dass Differenz als Bereicherung wirklich wertgeschätzt wird. Unser Miteinander im Alltag wird immer noch behindert: von Barrieren in der Umwelt, klar, über die reden wir, aber mindestens genauso – wenn nicht noch mehr – von Barrieren in den Köpfen.

Inklusion ist heute, 50 Jahre nach Gründung der BAG, immer noch eine große Aufgabe. Sie ist es für die Politik, aber auch für die Gesellschaft als Ganze.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir noch mehr über gelungene Inklusion nachdenken und öffentlich darüber sprechen. Natürlich gibt es Schwierigkeiten, natürlich gibt es Konflikte. So ist das in Gesellschaften, in denen Verschiedene miteinander leben und leben müssen. Das ist aber kein Grund, alles schlechtzureden und Inklusion da, wo sie noch nicht geglückt ist, vorschnell für gescheitert zu erklären. Denn an unzähligen Orten in unserem Land gelingt das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung heute durchaus in glücklicher Weise. (…)

Inklusion geht nicht nach dem Muster "one fits all". Wir können Inklusion nicht standardisieren. Menschen mit Behinderung sind so unterschiedlich wie Menschen ohne Behinderung, sie leben auch so unterschiedlich und legen genauso viel Wert auf ihre Unterschiedlichkeit – und damit eben auch auf ihre unterschiedlichen Bedürfnisse.

Es gibt ein Foto, das mich sehr beeindruckt hat. Es entstand im vergangenen Sommer, zur Zeit der Fußball-Europameisterschaft. Zu sehen sind Fans, die beim Public-Viewing in Düsseldorf die deutsche Nationalelf anfeuern. Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass manche von denen gar nicht auf die Leinwand schauen, sondern einem Blindenreporter zuhören. Dass andere auf einem Podest stehen, um überhaupt etwas sehen zu können. Menschen mit und ohne Behinderung konnten sich hier als Fußballfans begegnen. Ich bin sicher: Von solchen Erlebnissen brauchen wir noch sehr viel mehr in unserem Alltag. Sie stärken den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Damit die positiven Beispiele weiter zunehmen, brauchen wir politische Anstrengungen in Bund, Ländern und Gemeinden – ganz unabhängig davon, wer die jeweiligen Wahlen gewinnt. Inklusion ist und bleibt eine der großen politischen Aufgaben, die auch noch Geld kosten, viel Geld kosten. Das sage ich besonders mit Blick auf die Schulen oder genauer gesagt: Wenn Inklusion das erklärte Ziel der Schulpolitik ist – und das ist es, glaube ich, inzwischen in allen Ländern –, dann muss sie im Schulalltag auch möglich gemacht werden – mit geeigneten Räumen, mit barrierefreien Texten, mit gut ausgebildeten Lehrkräften und was sonst noch dazugehört.

Aus meiner Sicht jedenfalls bleibt es dabei, und das ist auch die Erkenntnis der Kultusminister der Länder: Die Schule ist der Schlüssel zu einer inklusiven Gesellschaft. Je mehr junge Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet werden, desto weniger Vorurteile wird es geben, desto eher wird das Miteinander auch tatsächlich gelingen. (…)

Wenn ich mir heute zum 50. Jubiläum der BAG etwas wünschen dürfte, dann wäre es dies: Bleiben Sie leidenschaftliche Zeitgenossen. Wirken Sie weiter hinein in die demokratische Debatte, erheben Sie Ihre Stimme und mischen Sie sich weiter ein. Sie sind es, die unsere Gesellschaft voranbringen.

Zum Autor

Dr. Frank-Walter Steinmeier ist seit Februar 2017 Bundespräsident. Der 62-Jährige hatte zuvor, seit 2013, das Amt des Außenministers inne.

Der gebürtige Detmolder hat Rechts- und Politikwissenschaften studiert. Seine Promotion zum Dr. jur. schloss er 1991 mit der Arbeit "Bürger ohne Obdach: zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum. Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit" ab.

Weitere Informationen bietet die Webseite http://www.bundespraesident.de.

 

* Der Wortlaut wurde leicht gekürzt. Die ungekürzte Rede ist zugänglich unter http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2017/09/170922-BAG-Jubilaeum.html;jsessionid=95EBD3ECDA6FFE9DFA4E6169EA93FE13.2_cid362?nn=9042544

 

Foto 1: Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede zum 50-jährigen Bestehen der BAG SELBSTHILFE (mit Gebärdensprachdolmetscherin). Foto: BAG SELBSTHILFE / A. Rippl (Blick auf die Tribüne. Links spricht Dr. Steinmeier hinter dem Rednerpult. Nahezu mittig im Hintergrund ist auf großer heller Leinwand zu lesen: "Festrede zum 50-jährigen Bestehen der BAG SELBSTHILFE. Frank Walter Steinmeier Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Vor der Leinwand gebärdet die dunkel gekleidete Dolmetscherin.)

Foto 2 Dr. Frank-Walter Steinmeier. Foto: Bundesregierung / Steffen Kugler (Auf dem Portraitfoto trägt Dr. Steinmeier zum weißen Hemd ein dunkles Jackett und eine dunkelblaue, weiß gepunktete Krawatte. Er ist Brillenträger und hat weiße, zu Seite gescheitelte Haare. Er lächelt.)

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Lea Widmer

"Selbsthilfe bedeutet vor allem, sich nicht zu verstecken“ - Die Sicht auf Selbsthilfe erweitern

Seit vielen Jahren bin ich Mitglied des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS). Ich habe viele Seminare besucht, viele Gespräche mit anderen Mitgliedern geführt und dadurch viele Erfahrungen gewonnen. Anfangs war ich überzeugt: „Selbsthilfe ist, wenn sich Gleichbetroffene austauschen und so gemeinsam Lösungen für ihre Schwierigkeiten erarbeiten und entdecken.“ Dabei ist es jedoch nicht geblieben.

„Selbsthilfe“ und „Gesellschaft“

Als junge Abiturientin war mir die Rolle der Gesellschaft, in der wir leben, in der wir „behindert werden“ oder uns „behindern lassen“, weil wir uns noch nicht vorstellen können, wie es sich ohne Barrieren in den Köpfen anfühlt, noch nicht sonderlich bewusst. Doch seit ich mich in einigen Bereichen persönlich sehr engagiere und beschlossen habe, mich nicht zu verstecken, hat sich mein Verständnis von "Selbsthilfe" wesentlich geändert und erweitert.

Seit ich in Fulda lebe, fehlt mir oft eine Hilfsperson, die mich im Alltag unterstützt. Mein Restsehen reicht nicht aus, um mir in fremder Umgebung Wege komplett selbstständig zu erarbeiten. So kann z. B. eine Baustelle ein riesiges Problem sein, falls ich keinen alternativen Weg kenne. Auf Ämtern finde ich mich nicht alleine zurecht und Formulare kann ich nicht alleine ausfüllen. Beispiele gesellschaftlicher „Nicht-Teilhabe“ gibt es viele.

Nachdem ich an passender Stelle nachgefragt habe, warum das denn so ist, merkte ich schnell, dass einige Menschen zwar ein offenes Ohr für diese Probleme haben, aber leider z. B. "jetzt gerade selbst nichts tun können", ihnen "die Hände gebunden sind" oder "gerade kein Geld dafür da ist", usw. usw.

Es blieb mir nur die Flucht nach vorne.

„Teilhabe-Engagement“

Als Konsequenz ergaben sich für mich drei Möglichkeiten, auf die Lage zu reagieren: a) Resignieren und Aufgeben, b) weiter die Leute nerven und um Hilfe bitten oder aber c) mir Gedanken machen, wie und auf welchen Wegen sich diese Probleme grundsätzlich mittelfristig beeinflussen lassen. Es ging also darum, wie ich "persönlich" mit der Situation umgehen möchte und wie viel mir „selbstständige“ Teilhabe wert ist.

Mein Eindruck war und ist, dass sich viele Betroffene nicht als gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlen und daher auch keine Gleichberechtigung einfordern. Ich habe festgestellt, dass zu wenige ihre Bedürfnisse mitteilen und dass daher oft einzelne „dahergelaufene Behinderte“ nicht beachtet werden. Unsere Schwierigkeiten haben - meiner Meinung nach - etwas damit zu tun, wie „vielfältig“ wir unsere Gesellschaft empfinden und ob wir dem Rechnung tragen wollen. Mir wurde klar, dass ich alleine nicht weiterkomme. Ich kam zum Schluss, dass ich mir selbst nur helfen kann, wenn ich allen Betroffenen helfe und wenn ich es schaffe, inklusiveres Denken anzustoßen und zu fördern. Das ist für mich Selbsthilfe.

Lokales Engagement im Bereich Barrierefreiheit

Der Zufall wollte es, dass ich auf der Straße von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen angesprochen wurde, ob ich Lust hätte, dem Verein „Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda“ beizutreten. Ich führte mit ihnen viele spannende Diskussionen, gerade auch zum Thema Selbsthilfe, und wollte nicht länger hinnehmen, was um mich herum schief läuft. Als ich erfuhr, dass ich mich im Verein ganz gezielt im Rahmen einzelner Aktionen oder zeitlich begrenzter Projekte engagieren kann, wurde der Verein für mich sehr interessant: Hier fand ich Mitstreiter! Ich trat bei und engagiere mich seitdem nicht nur für blinde Menschen, sondern auch für die Belange anderer Behinderter. Denn wir können als Gesellschaft Barrierefreiheit "für alle“ nur sinnvoll gestalten, wenn wir versuchen, möglichst allen Menschen mit Einschränkungen gleichzeitig gerecht zu werden.

In unserem Verein wird mein Thema, dass wir uns „nicht verstecken“ sollten, als ein zentrales Anliegen gelebt und umgesetzt. Wir organisieren Veranstaltungen und Aktionen in Fulda, bei denen Menschen einen persönlichen Eindruck unseres Lebens und von Barrieren mittels Selbsterfahrung gewinnen. Wir bieten beispielsweise Führungen mit verbundenen Augen und Blindenstock durch die Innenstadt an und wollen damit auch unseren lokalen Politikern „die Augen öffnen“. So wird die Summe der Menschen, die unsere Ziele direkt oder auch nur indirekt unterstützen, immer größer.

Behindertenbeirat der Stadt

Seit letztem Sommer bin ich gewähltes Mitglied im Behindertenbeirat der Stadt Fulda. Diese Aufgabe hatte ich mir lange gewünscht -  ich musste vier Jahre warten, bis ich kandidieren konnte, weil ich erst 2012 kurz nach der Wahl des ersten Fuldaer Behindertenbeirats von der Existenz des Gremiums erfahren hatte. Ich empfinde diese Aufgabe als sehr anspruchsvoll, durch sie kann sehr viel bewegt werden, wenn man die nötige Ausdauer, Weitsicht und Diplomatie aufbringt.

Diese Arbeit ermöglicht mir zum Beispiel, die Stadt bei der Planung von barrierefreien öffentlichen Flächen, wie Straßen, Ampelkreuzungen, Plätzen und Bushaltestellen, zu beraten. Gerne suche und finde ich optimale Lösungen für spezielle örtliche Verhältnisse, z. B. wenn für Bodenindikatoren nach DIN-Norm der Platz fehlt.

Gelegentliche positive Rückmeldungen von Amtsleitern und Politikern tragen dazu bei, diese Tätigkeit nicht nur als fordernd, sondern auch als sehr bereichernd zu empfinden.

Es freut mich sehr, dass ich „vor meiner Haustüre“ etwas bewegen kann. Denn hier bin ich Expertin, hier bewege ich mich jeden Tag, und es ist mir ein Anliegen, dass Ortsfremde sich hier ebenfalls selbstständig bewegen und orientieren können.

Die Themen und Aufgaben eines Behindertenbeirates sind unerschöpflich. Sicher abgesperrte und mit Rollstuhl passierbare, also barrierefreie Baustellen, zugängliche Internetseiten der Stadt sowie barrierefreie Teilnahme an in den nächsten Jahren in Fulda geplanten kulturellen Großveranstaltungen sind nur wenige Beispiele.

Selbsthilfe in der Freizeit

Aber auch außerhalb meines Engagements in einer Interessenvertretung begegnen mir im Alltag und in meiner Freizeit zahlreiche Möglichkeiten der Selbsthilfe. Hierzu zwei Beispiele:

Ich spiele Marimba, nehme Unterricht und trete regelmäßig mit einem Percussion-Ensemble auf. Damit ich mich bei Bühnenauftritten am Auf- und Abbau unseres vielfältigen Equipments genauso wie andere Musiker beteiligen kann, entwickle ich zusammen mit den anderen bestimmte Tricks und Techniken. Dass ich eine Behinderung habe, fällt dem Publikum erst auf, wenn ich meinen Taststock benutze. Von außen als gleichwertiges Mitglied des Ensembles wahrgenommen zu werden, ohne meine Behinderung dabei verstecken zu müssen, bedeutet für mich gemeinsam gelebte Inklusion. Unbeabsichtigt sind wir „Vorbild“, und das ist auch „Selbsthilfe“.

Aus Interesse an Bergsport und Klettern bin ich im Deutschen Alpenverein Fulda. Hier entdecke ich mit meinen sehenden Kletterpartnern meine besondere Wahrnehmung. Für meine Partner ist das immer wieder eine Herausforderung, weil sie damit keine Erfahrung haben. Oft aber vergessen alle - auch ich -, dass ich „anders sehe“, weil es so gut funktioniert. Dort bedeutet erfolgreiche "Selbsthilfe" für mich, dass durch mein Teilnehmen ein inklusives Klima entsteht, von dem möglicherweise einmal auch andere blinde Menschen im Verein profitieren.

Selbsthilfe und Teilhabe

Selbsthilfe muss immer wieder neu „erfunden" werden. Sie entsteht aus der aktuellen Situation heraus und muss von der Gesellschaft gepflegt und gefördert werden. Dabei sollten wir unsere kreativen Ressourcen nutzen. Je öfter wir als Betroffene Teilhabe in allen Bereichen der Politik, im privaten Umfeld, in Einrichtungen, am Arbeitsplatz oder im Verein aktiv oder passiv zum Thema machen, desto selbstverständlicher werden Mitmenschen ohne Behinderung animiert, ihre Fähigkeiten zugunsten unserer Bedürfnisse einzubringen.

Wenn wir uns alle verstecken und nichts sagen, dann bekommen unsere Mitmenschen - zu Recht – keine Vorstellung davon, wo wir Hilfe brauchen und was uns an gleichberechtigter Teilhabe hindert … Eine Gesellschaft besteht aus „allen ihren Mitgliedern“, aktiv gestaltet wird sie aber von denjenigen, die etwas bewegen oder etwas anstoßen.

Jeder, der sich „nicht versteckt“, macht „Selbsthilfe“

Selbsthilfe fängt für mich im Kleinen „vor der eigenen Haustüre“ an. Indem ich unter Leute gehe und mit meinem Blindenstock gesehen werde, Bewunderung, Entsetzen oder bestenfalls ein „Nachdenken“ über Möglichkeiten und Grenzen, mit Behinderung zu leben, auslöse, beeinflusse ich langfristig und meist unbemerkt die Gesellschaft in meinem Umfeld. Indem ich z. B. den Betreiber eines Cafés lobe, weil er Stufen mit weißem Klebeband markiert, helle Beleuchtung über manchen Tischen oder eine Rollstuhlrampe hat, fördere ich inklusives Denken und Handeln. Wenn ich ihm gegenüber erwähne, dass es viele ältere Menschen gibt, denen man Einschränkungen nicht ansieht, die aber doch gerne mal ins Café gehen würden, dann zeige ich damit auch: Nicht nur ich profitiere als Kundin, sondern es geht hier um viele.

Die Rolle der Selbsthilfeorganisationen

Verbände und Interessenvertretungen können die überaus notwendige und hilfreiche Rolle der Vernetzung und Unterstützung ausüben. Selbsthilfeorganisationen sollten ihren Mitgliedern neben Austausch und gegenseitiger Unterstützung auch Möglichkeiten bieten, Selbstbewusstsein im Umgang nicht nur mit der Behinderung, sondern auch im Umgang mit der Gesellschaft zu entwickeln. So können sie, langfristig gedacht, jedes noch so kleine Engagement unterstützen und nicht nur die „Teilhabe“, sondern auch die „Teilnahme" am gesellschaftlichen Leben fördern. Dazu braucht es das Selbstbewusstsein, sich nicht zu verstecken.

Zur Autorin

Die 34-jährige Lea Widmer ist Diplom-Musiktherapeutin und lebt in Fulda. Sie engagiert sich in der Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda e. V. für eine inklusive Stadt und ist Mitglied des städtischen Behindertenbeirats.

 

Foto 1:Lea Widmer mit Helfer Matthias Liegert und drei weiteren Teilnehmenden beim Bergwandern im Allgäu (Transalp-Inklusiv-Projekt des Bundesverbandes des Deutschen Alpenvereins, 2017) Foto: Hanns Lösch 2017

(In einem Tobel, einer Art Schlucht, führt der steile Weg über Wurzeln und Steine an Felsen entlang. Der Wegabschnitt ist mit Drahtseilen zur Selbstsicherung versehen. Lea geht voran, die anderen folgen dicht. Da Absturzgefahr besteht, führt der Helfer Lea Widmer mit zwei Bändern am Klettergurt.)

Foto 2: Stadtführung als Selbsterfahrung für Sehende: Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld sucht mit Augenbinde und Blindenstock den Weg durch die Fuldaer Altstadt. Lea Widmer nimmt ihn aus Sicherheitsgründen am Arm. Foto: IGBFD / Simone Theele (Dr. Wingenfeld nutzt den Blindenstock mit seiner rechten Hand, Widmer mit links. Im Vordergrund links befindet sich ein schmaler grüner Poller. Es regnet, das Kopfsteinpflaster schimmert nass. Dr. Wingenfeld trägt zu dunkler Hose eine blaue Jacke. Lea Widmer hat die Kapuze ihrer roten Regenjacke hochgezogen, sie trägt rote Schuhe und einen Rucksack.)

Foto 3: Lea Widmer. Foto: privat. (Portraitfoto mit Wintermütze vor verschneiter Landschaft.)

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Isabella Brawata

Locken statt warten - Wie man Neubetroffene für die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe gewinnen kann

Erfahrungen und Anregungen aus der Arbeit von Dipl.-Psych. Annette Stelker

Die Organisationen der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe sind auf neue Mitglieder angewiesen, um wirksam die Belange blinder und sehbehinderter Menschen vertreten zu können. Diplom-Psychologin Annette Stelker, Leiterin der Abteilung blindentechnische Grundrehabilitation (BtG) an der Deutschen Blindenstudienanstalt e. V. (blista), unternimmt große Anstrengungen, um Rehabilitandinnen und Rehabilitanden für die Selbsthilfe zu begeistern. Die Blindentechnische Grundrehabilitation ist ein Rehabilitationsangebot, das dazu dient, Menschen, die ihre Sehkraft fast oder ganz vollständig verloren haben, für den Alltag als blinde oder stark sehbehinderte Person in Schule und Beruf fit zu machen. Die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden erhalten im Rahmen einer BtG Unterrichtsstunden in Orientierung und Mobilität sowie lebenspraktischen Fähigkeiten, sie lernen Punktschrift, bekommen Computerschulungen, lernen Freizeitaktivitäten, die man trotz Blindheit oder Sehbehinderung ausüben kann, kennen und erhalten psychologische Unterstützung bei der Behinderungsbewältigung. Ich wollte von Stelker wissen, wie es ihr gelingt, ihre Rehabilitandinnen und Rehabilitanden davon zu überzeugen, sich einer Organisation der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe anzuschließen.

Stelker ist mit vier Jahren erblindet. Sie kann sich noch an den Sehverlust erinnern. Auch die Eindrücke aus ihrer Zeit als sehender Mensch sind ihr noch im Gedächtnis geblieben. Während ihres Psychologiestudiums trat sie dem DVBS bei und wurde Mitglied in der Fachgruppe Ausbildung. Nach dem Studium wurde sie Mitglied im DBSV, dem sie bis heute angehört. Sie ist kein aktives Mitglied und nimmt kaum Angebote des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen e.V. (BSBH) wahr, aber sie findet es wichtig, dass blinde und sehbehinderte Menschen sich in Selbsthilfeverbänden organisieren, die auf politischer Ebene die Belange der Betroffenen vertreten. „Wir brauchen eine Lobby“, begründet Stelker ihre Mitgliedschaft.

Wenn Stelker Kontakt mit Interessierten an einer BtG aufnimmt, ist eine ihrer ersten Fragen, ob die betreffende Person Mitglied in einem Verband der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe ist. Manchmal ist dies der Fall, aber oft hört sie im Erstgespräch heraus, dass die Person sehr einsam ist und keinerlei Beschäftigung nachgeht.

Stelker stellt ihren Rehabilitanden die Organisationen, die es gibt, ausführlich vor, berichtet über deren Zielsetzung und erläutert deren Angebote. Sie macht sich Gedanken, welcher Verein zu wem besser passen könnte und mit welchem Angebot man eine Person am ehesten motivieren und aktivieren kann.

Doch für Neubetroffene ist der Kontakt mit Langebetroffenen nicht immer leicht. Manche fühlen sich überfordert, weil sie die Befürchtung haben, nie so fit zu werden wie die anderen blinden und sehbehinderten Menschen um sie herum. Sie vergleichen sich mit anderen Betroffenen und haben den Eindruck, dass sie bei diesem Vergleich schlecht abschneiden. Personen, die schon lange mit ihrer Behinderung leben, sollten Neubetroffenen jedoch klarzumachen versuchen, dass ihrer beider Situation nicht vergleichbar ist. Die „Profiblinden“ sollten nicht zu sehr den Eindruck vermitteln wollen, dass „alles easy“ ist. Aufmunternde Sätze wie „Das klappt schon!“ oder „Das ist alles nicht so schwierig!“ können bei einigen Neubetroffenen „wie Gift wirken“, gibt Stelker zu bedenken. Manche Neuerblindeten fühlen sich hingegen in der Selbsthilfe unterfordert, weil in ihrem Ortsverein nur alte Mitglieder sind. Das lässt sich natürlich nicht ändern, aber Organisationen der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe könnten sich stärker bemühen, neben Angeboten für Jugendliche oder Senioren vielleicht bezirksgruppenübergreifende Angebote für Menschen im mittleren Alter zu schaffen.

Menschen, deren Behinderung noch nicht lange besteht, sind häufig in einer seelischen Verfassung, in der man ihnen wenig recht machen kann. Sie stecken oft noch voller Wut und Trauer. Doch auch wenn sie über die Blinden- und Sehbehindertenorganisationen meckern, weil ihnen das Angebot nicht gefällt oder wenn sie sich zurückziehen möchten, weil ihnen alles zu viel wird, bleibt Stelker „am Ball“. Sie lässt nicht locker, sagt nicht gleich: „Dann lassen Sie es doch sein“, sondern bemüht sich, die Betroffenen Stück für Stück zu motivieren, „tritt“ ihnen auch mal auf die Füße und unternimmt ihr Möglichstes, die Betroffenen zum Verbleib in der Selbsthilfe zu bewegen.

Denn die Selbsthilfe bringt Neubetroffenen viele Vorteile. Von Blindheit oder Sehbehinderung neu betroffene Personen haben häufig zu Beginn ihrer Behinderung nicht viele Kontakte. Durch die Teilnahme an einer BtG werden sie für mehrere Monate aus ihrem Wohnumfeld herausgenommen und sind oft für die Möglichkeit dankbar, sich mit ähnlich Betroffenen in der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe austauschen und an Veranstaltungen teilnehmen zu können. Am Wohnort ist der Freundes- und Bekanntenkreis häufig mit der Situation überfordert, sodass ein Betroffenenverband Halt und Stütze sein kann.

Personen, die nicht mehr berufstätig sein können, kann die Selbsthilfe durch Freizeitaktivitäten eine Tagesstruktur geben. Wenn der Verein den neuen Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet, selbst Aufgaben zu übernehmen und aktiv zu werden, kann die Vereinsarbeit die Lebensqualität der Betroffenen sehr verbessern. Stelker berichtet von einem ehemaligen Rehabilitanden, dem es nach seinem Sehverlust sehr schlecht ging. Mittlerweile engagiert er sich in einem Verein, der sich für das selbstbestimmte Leben behinderter Menschen einsetzt, ist dort sehr aktiv und zeigt anderen Menschen den Umgang mit dem Smartphone.

Doch solche „Erfolgsgeschichten“ entstehen nicht von alleine. Stelker verwendet viel Zeit darauf, mit den Rehabilitandinnen und Rehabilitanden zu überlegen, welche Aktivitäten sie ausfüllen könnten, bestärkt sie darin, ihren Interessen nachzugehen, begleitet sie zu den örtlichen Blinden- und Sehbehindertenverbänden oder anderen Behindertenorganisationen, informiert sich vor Ort über deren Angebot und erörtert mit allen Beteiligten, wie sich ihre Rehabilitanden sinnvoll einbringen könnten. „Wenn ich alles einfach nur laufen ließe, ohne mich dahinterzuklemmen, würde nichts passieren“, betont Stelker. Blinden- und Sehbehindertenverbände sollten versuchen, neu erblindete Personen in den Verein einzubinden, indem sich Vereinsmitglieder mit den „Neuen“ zusammensetzen und sie ermutigen, an Freizeitaktivitäten teilzunehmen und Aufgaben im Verein zu übernehmen.

Die Leiterin der BtG möchte den Kontakt zu den örtlichen Bezirksgruppen der Blinden- und Sehbehindertenverbände weiter ausbauen, um die Verantwortlichen kennenzulernen und ihre Rehabilitanden leichter „vermitteln“ zu können.

Neubetroffene an einen Verein zu binden, ist eine herausfordernde Aufgabe. Stelker weist darauf hin, dass Neuerblindete sich am Anfang des Bewältigungsprozesses ihrer Sehbehinderung befinden. Sie haben große Ängste, enttäuscht zu werden oder Ablehnung zu erfahren. Da viele Neubetroffene zu Beginn ihres Daseins als blinder oder sehbehinderter Mensch viel allein sind, haben sie aufgrund ihrer Einsamkeit und ihrer neuen, aufwühlenden Lebenslage ein großes Redebedürfnis. Daher rät Stelker, den neu erblindeten Menschen einfach nur zuzuhören, „die Person dort abzuholen, wo sie sich befindet“, nicht zu versuchen, ihr etwas aufdrücken zu wollen. „Das kann aber für die Beteiligten manchmal sehr anstrengend und nervig sein, bloß zuhören zu sollen und die eigene Meinung zurückstecken zu müssen“, erläutert sie. Vereinsmitglieder, die sich um Neubetroffene kümmern möchten, sollten vielleicht ein wenig geschult in der Beratung anderer Menschen sein.

Der erste und wichtigste Schritt besteht darin, Vertrauen aufzubauen. Das kann dadurch passieren, dass es zunächst eine feste Kontaktperson gibt, die sich um das neue Mitglied kümmert und „spürt, wie es ihm geht“. Die Kontaktperson sollte in der Lage sein, ihre Grenzen zu erkennen und zu merken, wenn Angst oder Trauer des Neubetroffenen so groß sind, dass die Hilfe eines Therapeuten nötig ist und sie sollte im Stande sein, das neue Mitglied auf seine Probleme anzusprechen und mit ihm gemeinsam nach einem therapeutischen Angebot zu suchen.

Menschen, die Neubetroffene begleiten, sollten viel Geduld mitbringen, sie sollten die Neubetroffenen am Anfang erstmal reden lassen, sie annehmen, wie sie sind und nicht gleich versuchen, etwas bewegen zu wollen.

Da sich Neubetroffene in einer schwierigen Situation befinden, sind sie in der Beratung mit der Aufnahme von Informationen schnell überfordert. Man sollte daher langsam vorgehen, nicht gleich alle Informationen auf einmal weitergeben wollen und die Geduld aufbringen, das Gesagte mehrmals wiederholen zu müssen.

Um ihr Angebot für neu betroffene Mitglieder zugänglicher zu machen, sollten sich Organisationen der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe mehr Gedanken darüber machen, wie Menschen, die sehr ländlich wohnen, an den Angeboten teilnehmen könnten, indem man zum Beispiel einen Sammelbus organisiert, der alle Mitglieder von ihrem Zuhause abholt.

Stelker empfiehlt, auf potenzielle Interessenten oder neu in den Verein eingetretene Mitglieder aktiv zuzugehen, sich bei ihnen persönlich oder telefonisch vorzustellen. Stelker ist der Ansicht, dass sich die Haltung der Aktiven in den Blinden- und Sehbehindertenverbänden ändern müsste. Um vor allem späterblindete neue Mitglieder zu gewinnen oder neu eingetretene Vereinsmitglieder stärker an die Selbsthilfeorganisation zu binden, hält es Stelker für notwendig, dass Verantwortliche nicht warten, bis die Interessierten oder Neuen auf sie zukommen, sondern aktiv die Initiative ergreifen und sich nicht scheuen, von sich aus den Erstkontakt herzustellen. Da neu erblindete Menschen sich häufig noch nicht mit Hilfsmitteln wie Daisy-Player oder Vorlesesystem auskennen, rät Stelker davon ab, einen Brief in Schwarzschrift, Punktschrift oder auf CD zu schicken, den sich Neubetroffene aufgrund noch unzureichender Kenntnisse nicht zugänglich machen können, wodurch sich das Gefühl der Hilflosigkeit verstärkt. Stelker hält einen Anruf eines Vereinsmitglieds bei der neu erblindeten Person für den besten, weil für den Neubetroffenen angenehmsten und einfachsten Weg, um den Kontakt zu vertiefen.

Sie würde sich wünschen, dass die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe einen Telefonservice einrichten würde, an dessen Team Leistungserbringer, die mit von Blindheit oder Sehbehinderung neu betroffenen Menschen arbeiten, nach erfolgtem Einverständnis die Kontaktdaten von Neubetroffenen weitergeben, damit das Telefonserviceteam die Interessenten anrufen kann. Mit Hilfe des Telefonservices kann eine erste Verbindung zum neu erblindeten Menschen aufgebaut werden. Stelker hat nämlich die Erfahrung gemacht, dass neu von Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung betroffene Menschen häufig gerne telefonieren. Weil sie noch nicht mobil sind, sich jedoch einsam fühlen, ist das Telefon eine gute Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und sich aussprechen zu können. Stelker stellt sich einen Telefondienst vor, der aus mehreren Personen besteht, die sich abwechseln und regelmäßig Neubetroffene anrufen, um sich zu erkundigen, wie es ihnen geht und ihnen mit Auskünften zur Seite stehen. Wichtig ist, dass nicht die Mitgliederwerbung im Vordergrund steht, sondern echtes Interesse an den ratsuchenden Menschen und die Bereitschaft, ihnen ein gutes Stück der eigenen Zeit zu widmen.

Um neu erblindete Menschen für die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe zu gewinnen, muss man ein Überzeugungstäter sein. Man muss an die Idee von Selbsthilfe glauben, sich viel Zeit für die Betroffenen nehmen, ihnen zuhören, für sie da sein, ihr Vertrauen erwerben, Einfühlungsvermögen für ihre schwierige Lebenssituation aufbringen, sie ermutigen, ohne zu überfordern, eigene Grenzen wahrnehmen und leidenschaftlich gerne telefonieren.

Kontakt

Blindentechnische Grundrehabilitation an der blista, Dipl.-Psych. Annette Stelker, blista-Campus, Am Schlag, 35037 Marburg, Telefon: 06421 606-195, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Zur Autorin

Die 39-jährige Isabella Brawata arbeitet als Reha-Beraterin und Blickpunkt-Auge-Beraterin an der blista. 2017 hat sie nebenberuflich an der Universität Marburg den Zertifikatskurs "Grundlagen inklusiver Pädagogik bei Blindheit und Sehbehinderung" erfolgreich absolviert. Sie ist außerdem Mitglied der horus-Redaktion.

 

Foto 1: Neue Vereinsmitglieder anrufen, zuhören: Das Telefon ist ein ideales Mittel, um Kontakte in schweren Zeiten zu knüpfen oder Rat zu finden. Foto: Bruno Axhausen (Portrait einer jungen Frau, die ein Mobiltelefon vor ihre Augen hält und mit ihrem rechten Zeigefinger das Display berührt. Sie hat schulterlange, rot-blonde Haare und trägt einen dunkelblauen Pullover.)

Foto 2: Isabella Brawata. Foto: privat (Isabella Brawata trägt ihre dunkelbraunen Haare zu einem Zopf nach hinten gekämmt. Sie lächelt.)

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Uwe Boysen

Ein lohnendes Experiment

I. Die Idee

Schon immer war es eine Stärke des DVBS, darüber nachzudenken und zu diskutieren, welche Zukunftsaufgaben vor unserer Organisation liegen und wie wir sie bewältigen können. Das erfordert sowohl einen Blick nach innen auf die Strukturen des Vereins wie eine Analyse der Außenverhältnisse; denn ohne Letzteres bleiben innervereinliche Bestrebungen fast zwangsläufig auf halbem Wege stecken, und das können wir uns nicht leisten.

In einer ganzen Reihe von Artikeln haben sich verschiedene Autoren schon früher mit solchen Fragen auseinandergesetzt (z. B. auch in unserer Rubrik „Vorangestellt“).

Diesmal war es mir stattdessen wichtig, Entscheidungsträger und Interessierte Mitglieder unseres Vereins zu ihren Auffassungen über zukünftige Orientierungen des DVBS zu befragen und daraus ein kleines Kaleidoskop unserer Ansätze und Möglichkeiten zu entwickeln.

II. Die Anlage der Befragung

1. Die Auswahl der Befragten

Die Auswahl geht ausschließlich auf meine Erfahrungen und Intuition zurück. Nicht alle Fach- oder Bezirksgruppen wurden einbezogen. Im Nachhinein fallen mir durchaus noch Personen ein, die ich hätte berücksichtigen sollen. Aber vielleicht ergibt sich dazu ja auch nach Lektüre dieses Artikels noch die Möglichkeit. Auch wenn die Befragung folglich nicht repräsentativ ist, verschafft sie einigen Aufschluss darüber, wie eine Reihe unserer Mitglieder die aktuelle Situation des DVBS beurteilt.

2. Die Fragen

Ich habe meine Befragten gebeten, Stellung zu folgenden Fragen zu nehmen:

  • Wie gut ist die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aufgestellt?
  • Welche Schwächen gibt es? Wo liegen unsere Stärken?
  • Welche sozialpolitischen Themen müssen / sollen wir in den nächsten Jahren vorrangig bearbeiten?
  • Was würdet Ihr Euch für die Zukunft von den Organisationen der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe, insbesondere vom DVBS, in erster Linie wünschen?
  • Wie kann es gelingen, weitere Mitglieder zu finden und die bereits vorhandenen zu motivieren, sich ehrenamtlich zu engagieren?
  • Wie können wir unsere finanzielle Situation verbessern?
  • Wo seht Ihr die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe in 10 Jahren?

III. Die Ergebnisse

Für die folgende Darstellung gelten zwei Einschränkungen. Zum einen dürfte schon durch die Formulierung offener Fragen und die willkürliche Auswahl der Partnerinnen und Partner klar geworden sein, dass die Antworten keine harten Fakten im Sinne sozialwissenschaftlicher Ansprüche sein können. Jedoch stellen sie Denkanstöße dar, die es lohnen, zukünftig auf allen Vereinsebenen weiter diskutiert zu werden. Zum anderen bitte ich um Verständnis, dass nicht jede Stellungnahme und nicht jeder gemachte Vorschlag Eingang in meine Faktensammlung finden konnte.

  1. Die ziemlich abstrakte Frage, wie gut die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aufgestellt ist, führte natürlich zu unterschiedlichen Beurteilungen. Insgesamt überwog aber die Einschätzung, dass unsere Organisationen bei allen möglichen regionalen und thematischen Unterschieden generell gut funktionieren. Das zeige sich an den überzeugend geführten Kämpfen um den Erhalt des Blindengeldes und bei der Einführung des BTHG. Ebenso könne Menschen, die sich mit Fragen an die Selbsthilfe wenden würden, gut und schnell geholfen werden. Angemahnt wurde teilweise eine bessere horizontale wie vertikale Vernetzung sowohl im Verein wie mit anderen Behindertenverbänden, da es sich überschneidende Interessen gebe.
  2. Als Schwäche wurde teilweise ein nicht mehr ausreichend klares Profil des DVBS beklagt. Andere Verbände oder Institutionen seien „spritziger". Auch die Seminare des Vereins würden nicht mehr so angenommen wie früher. Es gelte, unsere Aktivitäten und Projekte transparenter und besser nach außen darzustellen mit einem Markenkern an positiver Ausstrahlung, um so an Attraktivität zu gewinnen. Als weiterer Punkt wurde häufig das Problem des schlummernden Mitglieder-Engagements benannt. Mitglieder, die „fest im Sattel sitzen“, seien nicht auf Selbsthilfe angewiesen. Sie zögen keinen unmittelbaren „Profit“ aus einer Mitgliedschaft mehr, während diejenigen, die Hilfe benötigten, aktiv wären. Weiter erschwere auch der demografische Wandel, konkret die Tatsache, dass immer mehr Menschen im höheren Alter mit Sehverlust zu kämpfen hätten, die Gewinnung von Ehrenamtlern. Bei Berufstätigen wachse die Beanspruchung durch den Beruf permanent, so dass auch sie sich nicht engagierten. Zur Sprache kam in den Antworten natürlich auch eine Aufteilung der Selbsthilfe in verschiedene teilweise konkurrierende Verbände. Es werde zu viel nebeneinanderher gearbeitet, statt die Kräfte zu bündeln. Auch doppelte Mitgliedsbeiträge stellten für viele durchaus ein Problem dar.
  3. Als Stärke wurde unsere große Expertise im Feld Ausbildung und Beruf vermerkt, auch durch unsere Aktivitäten im Bereich des Mentoring (TriTeam) oder der Fortbildung (iBoB). Hervorgehoben wurde weiter unsere gute Beratungskompetenz und die Möglichkeit des persönlichen Austausches zu Fragen der Sehbehinderung, der, sofern man ausschließlich mit sehenden Kollegen zusammenarbeite, gut über unsere Seminare möglich sei. Darüber hinaus wurde – gemeinsam mit dem DBSV - große Kompetenz im politischen Bereich konstatiert.
  4. Bei der Frage nach zukünftigen sozialpolitischen Aktivitäten wurde neben dem Erhalt unserer Nachteilsausgleiche die Umsetzung des BTHG, aber auch die Gewinnung und Sicherung von Arbeitsmöglichkeiten für sehbehinderte und blinde Menschen genannt. Mehrfach wurde dazu gefordert, die Auswirkungen des digitalen Wandels auf unsere Arbeits- und Lebenswelt intensiv in den Blick zu nehmen.
  5. Beim Thema Mitgliedergewinnung und der Steigerung ihrer Motivation (siehe dazu auch schon oben unter III.2.) wurde zunächst insofern eine Veränderung der Situation konstatiert, als dass wir neue Mitglieder heute nicht mehr so sehr über die Förderschulen gewinnen können und deshalb neue Kontaktpunkte schaffen müssen. Von Bedeutung bleibt hier die individuelle Beratung. Es gilt aber auch, blinde und sehbehinderte Menschen, die zwar in sozialen Medien, aber nicht in unseren Verbänden aktiv sind, dort abzuholen. Neue Ehrenamtler dürften nicht mit unseren hergebrachten Vorstellungen eines möglichst unbegrenzten Engagements „überrollt“ werden. Teilweise sah man eine Chance in besserer Information, aber auch in „Mund-zu-Mund-Propaganda“. Vielleicht könne auch die Kreierung neuer ehrenamtlicher Aufgaben im Bildungsbereich nutzbringend sein. Ob kulturelle Aktivitäten des DVBS zur Mitgliedergewinnung hilfreich sein könnten, wurde wegen der zunehmenden Möglichkeiten der Inklusion eher skeptisch beurteilt. Letztlich bleibe wirklich nur die Begeisterung für die Sache und die Überzeugung, gemeinsam eine wahrnehmbare politische Kraft zu bilden.
  6. Die Existenz eines Vereins hängt nicht nur vom Engagement seiner Mitglieder, sondern wesentlich auch von seinen finanziellen Ressourcen ab. Die Antworten auf die Frage, wie wir unsere finanzielle Situation verbessern könnten, blieben häufig recht vage. Sie erschöpften sich meist in der Idee nach verstärkter Spendenwerbung für den Verein, aber auch im Hinblick auf unsere Stiftung. Zwei andere Ansätze verdienen es jedoch, hier hervorgehoben zu werden. So wurde gefordert, der DVBS müsse seine Kernkompetenzen klären und sich die Frage stellen, was das für seine Geschäftsstelle bedeute. Dazu gehöre es auch, sich zu fragen, welche Aktivitäten denn bei einer besseren finanziellen Ausstattung in Angriff genommen werden sollten. Ein anderer für mich interessanter Vorschlag lautete: „Weg vom Jahresbeitrag, hin zu monatlichen Beiträgen, bestehend aus einem eher geringen allgemeinen Beitrag (Basisbetrag) und einem persönlichen finanziellen Leistungsanteil, der zweckbestimmt wird. Die Organisation bildet den Katalog dieser Leistungszwecke anhand ihres Wirtschaftsplanes ab. Mögliche Spender sind so zu betrachten und zu suchen wie beispielsweise Spender bei politischen Parteien und Gewerkschaften. Der Mitgliedsbeitrag als solcher orientiert sich an den Gepflogenheiten sozialpolitisch relevanter Organisationen. In Absprache mit diesen Organisationen sollte ein gemeinsamer Basisbetrag festgesetzt werden.“
  7. Wünsche an den DVBS gibt es naturgemäß viele. Einige ergeben sich fast zwangsläufig aus den obigen Ausführungen. So wurde mehrfach eine klarere Profilierung gefordert, ebenso attraktive Angebote für Berufstätige, um sie im Verein zu halten und so die Ratsuchenden zu unterstützen, darüber hinaus jedoch die Berücksichtigung der Belange älterer nicht mehr berufstätiger Menschen. Auch Vernetzungen auf lokaler Ebene zwischen den einzelnen Bezirksgruppen sowie vielleicht lokale Seminare fanden als Ideen Erwähnung. Außerdem sollte der DVBS bei Abbau bürokratischer Hürden in Ausbildung und Beruf helfen, z. B. durch Zurverfügungstellung von Formularen oder Musterschreiben. Ein Befragter erklärte: „Ich wünsche mir einen Verein, der mit großen privaten Arbeitgebern auf Augenhöhe spricht und erfolgreich Blinde und Sehbehinderte da in der Privatwirtschaft unterbringt, wo diese effizient und produktiv arbeiten können, und Pioniere auf ihrem Weg begleitet.“
  8. Auch die Frage nach den Zukunftsvisionen meiner Auskunftspersonen für die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe ergab ein differenziertes Bild. Nur in einer Antwort wurde konkret die Hoffnung ausgesprochen, dass der DVBS in 10 Jahren ordentliches Mitglied des DBSV und dass die Sehbehindertenselbsthilfe dann vielleicht nicht mehr nach „Sparten“, sondern nach Generationen gegliedert sei. (Dass dieser Wunsch von einem hochrangigen Vertreter unseres Spitzenverbandes stammt, wird nicht verwundern.) Andere äußerten Zweifel, ob es in 10 Jahren noch einzelne Behindertenverbände geben werde. Jedenfalls die kleineren lokalen Vereine würden wohl nicht überleben. Auch die Befürchtung, dass unser politischer Einfluss und Ideenreichtum bei zurückgehendem Engagement schwinden könne, wurde geäußert. 

IV. Meine Schlussfolgerungen

Den Titel dieses Aufsatzes hatte ich schon gewählt, bevor ich mir die Antworten im Einzelnen angeschaut hatte. Ich habe indes jetzt keine Veranlassung, ihn zu revidieren. In der Tat hat es sich (hoffentlich auch für Sie) gelohnt, die Überlegungen meiner Auskunftspersonen als Grundlage für weitere Diskussionen zu nutzen. Diese Diskussionen sollten wir dringend auf allen Ebenen führen. Zu einer ganzen Reihe von Punkten juckt es mich schon jetzt in den Fingern, einiges dazu zu sagen. Ich will dem jedoch heute noch widerstehen, wünsche mir aber, dass im horus wie in anderen unserer Medien hier ein weiterer reger Austausch zustande kommt, der uns weiterbringt, vielleicht aber auch klären kann, welche Motive unsere Mitglieder bewegen, sich diesem Verein anzuschließen und ihm treu zu bleiben. Hier wurde in den Antworten einerseits der Trend zum Singledasein beschrieben, aber andererseits auch eine Sentenz geprägt, mit der ich diesen Beitrag beschließen möchte: „Ich glaube immer noch daran, dass ein Verein eben auch 'vereinen' muss, sonst laufen ihm die Mitglieder davon.“

Zum Autor

Uwe Boysen, Richter i. R., ist seit den 1960er Jahren aktives DVBS-Mitglied. Von 1992 bis 2004 war er zweiter, von 2004 bis 2016 erster Vorsitzender des Vereins. Seit 2011 ist er Mitglied der horus-Redaktion. Sein besonderes Engagement gilt derzeit dem Thema Barrierefreie Digitalisierung.

Foto 1: Uwe Boysen. Foto: DVBS

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Frauke Onken

Mit der Digitalisierung im Beruf Schritt halten - Ziele und Angebote des Projekts iBoB. Eine Zwischenbilanz*

Einleitung

Ob betriebsinterne Schulung an neuer (Fach)Software, fachspezifische Fortbildungen oder berufsfachqualifizierende Weiterbildungen: Berufliche Weiterbildung ist inzwischen selbstverständlicher und notwendiger Bestandteil des Arbeitsalltags. Allerdings stehen blinde und sehbehinderte Erwerbstätige hier vor gravierenden Problemen, da es bisher kaum barrierefreie und inklusive Weiterbildungsangebote gibt.

Hier setzt seit November 2016 das DVBS-Projekt "inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren" (iBoB) an, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales über eine Laufzeit von drei Jahren aus Mitteln des Ausgleichsfonds gefördert wird (vgl. horus 1 und 3/2017).

Ich möchte Ihnen das Projekt heute etwas genauer vorstellen und die Gelegenheit zu einer Zwischenbilanz nutzen.

Zielsetzung des Projekts

"Das Modellprojekt iBoB hat die Zielsetzung, blinde und sehbehinderte Berufstätige mittels der Schaffung einer webbasierten barrierefreien Informationsplattform besser als bisher in die Lage zu versetzen, mit der fortschreitenden Digitalisierung des Berufslebens Schritt zu halten. Auf diesem Wege sollen Betroffene durch die Sicherung ihrer Teilhabe an berufsrelevanten Weiterbildungsangeboten zugleich in die Lage versetzt werden, dem rasanten Wandel gewachsen zu sein und drohender Ausgrenzung vorzubeugen." (Projektantrag, Marburg, 5.4.2016)

Die wesentlichen Arbeitsfelder des iBoB-Projekts sind:

      1. eine auf Bedarfs- und Angebotsanalyse basierende, adressatengerechte Angebotspalette zur Verfügung stellen;
      2. eine webbasierte Weiterbildungsplattform entwickeln;
      3. Weiterbildungsberatung für blinde und sehbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und andere Akteure anbieten;
      4. Richtlinien für barrierefreie Teilnehmerunterlagen und Konzepte zur Barrierefreiheit für Weiterbildungsanbieter erstellen;
      5. Öffentlichkeitsarbeit und Projektmarketing zur Verbreitung der Projektanliegen und -ergebnisse leisten, um blinde und sehbehinderte Erwerbstätige, Bildungsanbieter, Integrationsfachleute und Leistungsträger zu informieren.

Die Arbeitsfelder werden von unserem 9-köpfigen Projektteam (Umfang: sechs Vollzeitstellen) unter Leitung des DVBS-Geschäftsführers Klaus Winger bearbeitet, das Projektmanagement liegt bei Ursula Müller und mir. Wir kooperieren mit 21 Partnern, die ihre Expertise und zum Teil auch ihre Leistungen in das Projekt einbringen. Zu unseren Partnern gehören die Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke mit Fachschwerpunkt "Sehen", verschiedene Bildungsträger wie die blista oder die TU Dresden, Integrationsfachdienste, Schwerbehindertenvertretungen und selbstverständlich Verbände der Selbsthilfe.

Arbeitspakete

1. Analyse der Weiterbildungsbedarfe und Akquise von Weiterbildungsanbietern

Ausgangspunkt war eine Umfrage unter Betroffenen, Arbeitgebern, Schwerbehindertenvertretern und Weiterbildungsanbietern, die zu den drei thematischen Schwerpunkten Weiterbildungserfahrungen, Weiterbildungsbedarfe und Erwartungen gegenüber den Veränderungen am Arbeitsmarkt befragt wurden.

Barrierefreiheit und Inklusion sind im Allgemeinen kein Qualitätsmerkmal dieser Angebote. Nichtsdestotrotz stellen wir überrascht fest, dass viele der befragten Weiterbildungsanbieter angeben, dem Thema Inklusion bzw. Barrierefreiheit grundsätzlich offen bis wohlwollend gegenüberzustehen.

Zum größten Erfolg der bisherigen Akquise zählt die Kooperation mit der Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD), die mit über 200 zugelassenen Kursen bundesweit zu den fünf größten Fernlehreunternehmen gehört. Die SGD wird kurzfristig mindestens fünf ihrer Angebote als barrierefreie Weiterbildungen anbieten und im Weiteren sukzessive große Teile ihres Angebotes inklusiv gestalten. Zudem bietet die SGD allen DVBS-Mitgliedern einen erheblichen Preisnachlass für die Teilnahme an ihren Weiterbildungen an. (siehe Pressemitteilung iBoB 2/2017: http://ibob.dvbs-online.de/infothek/nachrichten/oktober-2017/kooperation-zwischen-sgd-und-ibob/)

Aber es gibt durchaus jetzt schon Experten in barrierefreier Lehre: Bis zum Jahresende 2017 konnte iBoB bereits auf 82 barrierefreie Bildungsangebote von acht verschiedenen Anbietern verweisen. (Näheres zur Befragung vgl. Artikel von Reiner Filla im nächsten Heft.)

2. Entwicklung und Betrieb einer Weiterbildungsplattform

Diese Angebote präsentieren wir momentan noch auf der iBoB-Webseite im Bereich "Weiterbildungsplattform". Sie sollen ab April 2018 auf einer eigenständigen webbasierten Plattform stehen. Die Plattform wurde von der Agentur anatom5 entwickelt und wird auf der iBoB-Seite von Christian Axnick betreut.

Die primäre Zielgruppe der Plattform sind blinde und sehbehinderte Weiterbildungsinteressierte. Neben den üblichen Informationen zu Kursinhalten, Zertifizierung des Anbieters oder Kosten finden sie zu jedem Angebot auch Angaben zur Qualität der Barrierefreiheit. Wir haben uns hier bewusst für konkret-beschreibende statt abstrakter Angaben in Graden oder Prozenten entschieden. Das heißt, es sind tatsächlich verwendete Dateiformate, Alternativen für ausschließlich visuelle Medien, Angaben zum Anmeldeverfahren oder die Prüfungen angeführt.

Weiterbildungsanbieter wiederum können sich auf der Plattform mit Nutzerkonto freischalten lassen und ihre Angebote selbstständig verwalten. Die Qualität der Angebote bzw. deren Barrierefreiheit wird selbstverständlich durch das iBoB-Team geprüft werden.

3. Weiterbildungsberatung und Mentoring

Weiterbildungsberatung wird immer wichtiger. Neben dem "klassischen" Thema, wie individuelle Voraussetzungen und berufliche Bedingungen mit den Vorstellungen des Anfragenden abgeglichen werden können, klärt die iBoB-Beratung die für unsere Zielgruppe spezifischen Themen, etwa Arbeitsplatzausstattung, Möglichkeiten der finanziellen Förderung, (sozial)rechtliche Fragen, Assistenzansprüche, Folgen der zunehmenden Sehbehinderung.

Thérèse Dudeck und Petra Hünert bauen daher gemeinsam mit unseren Partnern ein flächendeckendes Beratungsnetzwerk auf, um im Bedarfsfall Anfragende schnell an Spezialistinnen und Spezialisten für Low Vision, Hilfsmittelausstattung, Rechtsberatung etc. weitervermitteln zu können. Das Beratungsangebot soll im Laufe des Jahres 2018 auch weiteren Zielgruppen, vor allem Schwerbehindertenvertretungen und Arbeitgebern, zur Verfügung stehen.

Ab Februar 2018 bieten wir an beruflicher Neuorientierung oder einem Status-Feed-Back Interessierten das Kompetenzdiagnostik-Verfahren KODE an. In diesem fragebogengestützten Verfahren spielen formale Qualifikationen und der berufliche Werdegang keine zentrale Rolle. Vielmehr werden Potentiale und Kompetenzen einer Person ermittelt und in einem anschließenden Beratungsgespräch mit (neuen) Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung abgeglichen.

Vier iBoB-Teammitglieder wurden als KODE-Beratende qualifiziert: Thérèse Dudeck, Petra Hünert, Ursula Müller und Rainer Filla.

An diejenigen, die eine intensivere, erfahrungsorientierte und ggf. längere Begleitung für ihre berufliche Weiterentwicklung wünschen, richtet sich unser Angebot des peer-to-peer basierten Mentorings.

Mit Mentoring wird eine gleichberechtigte Beziehung zwischen einer beruflich erfahrenen Person (Mentorin oder Mentor) und einer beruflich weniger erfahrenen Person (Mentee) beschrieben. Mentoring kann die persönliche und berufliche Entwicklung des Mentees fördern und diesem Hilfe zur Selbsthilfe anbieten.

Der Mentoring-Prozess wird durch iBoB-Kolleginnen begleitet, die Mentorinnen bzw. Mentoren bei Bedarf unterstützen, ohne in den Mentoring-Prozess einzugreifen.

Das Interesse, sich in iBoB aktiv als Mentor oder Mentorin einzubringen, war unerwartet groß. Die Kolleginnen haben mehr als 100 telefonische Interviews mit potentiellen Mentorinnen und Mentoren geführt und inzwischen 66 Teilnehmende für das Programm gewinnen können. Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist mit 47 weiblichen und 53 männlichen Mentoren fast ausgeglichen; das durchschnittliche Alter liegt bei 44 Jahren. Zudem haben wir Menschen aus nahezu allen relevanten Berufsfeldern gewinnen können.

Die Mentorinnen und Mentoren werden in einem zweitägigen Workshop auf ihre Rolle und ihre Aufgaben vorbereitet.

4. Barrierefreiheit

Wenn wir über den Begriff Barrierefreiheit im Kontext von Weiterbildungen sprechen, wenden wir ihn auf eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Gegenstände und Zusammenhänge an, etwa auf die für Dokumente gewählten Dateiformate oder auf die eingesetzten Technologien wie Software oder internetbasierten Anwendungen.

Ob Dokumente und Technologien als barrierefreie Informationsträger geeignet sind, wird durch ihren jeweiligen technischen Aufbau, der spezifischen Standards genügen muss, bestimmt.

Uns geht es aber nicht nur um den standardkonformen Aufbau von Dokumenten oder Webseiten, sondern auch um eine Methode, mit der für visuelle Informationsträger wie Grafiken oder Tafelbilder notwendige alternative Beschreibungen so erstellt werden können, dass sie nachvollziehbar sind. Hierfür müssen die entsprechenden Anforderungen entwickelt werden.

Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, haben Anja Fibich und ich zunächst ein systematisches Anforderungsprofil für barrierefreie Weiterbildungsanbieter entwickelt. Entlang den drei Phasen einer Weiterbildung (Anmeldung, Verlauf, Prüfung) haben wir die für unsere Zielgruppe kritischen Aspekte identifiziert. Hieraus haben wir Anforderungen zur barrierefreien Gestaltung von Angebotsinformationen, Anmeldeverfahren, Lehrmaterialien oder Prüfungen abgeleitet. Dieses Anforderungsprofil nutzen wir bereits in der Akquise von Weiterbildungsangeboten.

Ergänzt wird es um Erstellungsanleitungen diverser Dokumentenformate und um Anleitungen zur Prüfung auf Barrierefreiheit. Für Dokumente und die Technologien haben wir uns für den Normen-Katalog der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines, Richtlinien für barrierefreie Webseiten) entschieden. Wir erarbeiten gerade in enger Kooperation mit der TU Dresden eLearning-basierte Schulungen für Dozenten.

In 2018 werden wir uns gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern verstärkt der Methode für alternative Beschreibungen zuwenden.

5. Öffentlichkeitsarbeit und Projektmarketing

Wir halten Projektpartner und Interessierte regelmäßig über unseren Newsletter auf dem Laufenden. Savo Ivanic bedient zudem die sozialen Medien, Internetradios, Verteiler der Selbsthilfe und die Presse mit aktuellen Informationen.

Erste Bilanz und Ausblick

Wir haben im bisherigen Projektverlauf viele Entwicklungen anstoßen können. Hierzu gehören:

  • Ein erfolgreicher Auftakt mit unseren Kooperationspartnern und deren Einbindung in die verschiedenen Arbeitskontexte. Nun gilt es, diese Partnerschaften zu festigen und zu Netzwerken auszubauen.
  • Die Akquise von Weiterbildungsangeboten wurde aufgenommen. Sie wird in den nächsten zwei Jahren kontinuierlich weiter verfolgt.
  • Wir arbeiten daran, neben der SGD weitere große Partner für barrierefreie / inklusive Weiterbildungsangebote zu gewinnen, zu unterstützen und zu begleiten.
  • Die Entwicklung der webbasierten Plattform zeigt erste Ergebnisse.
  • Wir haben das Beratungsangebot für blinde und sehbehinderte Arbeitnehmende auf den Weg gebracht und es mit dem KODE-Angebot vervollständigt. Unser Beratungsangebot soll für weitere Akteure erweitert werden.
  • Das Mentoring-Programm konnte mit den Mentoren-Schulungen starten. Das Mentoren-Netzwerk soll kontinuierlich ausgebaut werden.
  • Es ist uns gelungen, ein systematisches Anforderungsprofil für barrierefreie Weiterbildungsanbieter zu erarbeiten. Wir können Weiterbildungsanbietern erste Handreichungen zum Thema Barrierefreiheit anbieten und für die Optimierung ihrer Angebote ab Frühjahr nächsten Jahres auch die passenden Schulungen.

Über den Verlauf des Projekts werden wir auch im "horus" berichten. Unsere Webseite erreichen Sie unter http://ibob.dvbs-online.de, dort können Sie unter anderem unseren Infobrief abonnieren.

(*) Vortrag anlässlich der Tagung des DVBS-Arbeitsausschusses am 18.11.2017

 

Foto 1: Der Kontakt zwischen dem DVBS-Projekt iBoB und dem Weiterbildungsanbieter Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD) hat zu einem Kooperationsvertrag geführt. Andreas Vollmer (SGD) und Ursula Weber (1. Vorsitzende des DVBS) freuen sich mit DVBS-Geschäftsführer Klaus Winger über die Unterzeichnung. (Die drei sitzen hinter einem Tisch und lächeln. Ursula Weber hat ein Papier vor sich liegen und hält einen Stift in der Hand. Auf dem Tisch stehen Namenschilder, ein zugeklappter Laptop und Getränke.)

Foto 2: Das iBoB-Team setzt sich aus sehbehinderten und sehenden Projektmitarbeitenden zusammen. V. l. n. r.: Frauke Onken, Dipl.-Päd. Ursula Müller, Dipl.-Medieninform. Anja Fibich, Dipl.-Soz.Arb. Petra Hünert, Dipl.-Psych. Thérèse Dudeck, Christian Axnick, Dipl.-Päd. Klaus Winger, Dipl.-Pol. Savo Ivanic, Dipl.-Betriebswirt (FH) Reiner Filla. Foto: DVBS (Fünf Frauen und vier Männer haben sich zum Gruppenfoto vor hellblauem Hintergrund in zwei Reihen aufgestellt und lächeln den Betrachtenden freundlich an.)

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Bildung und Wissenschaft

Prof. Dr. Henning Daßler

Das Aktionsbündnis Teilhabeforschung

Hintergrund: Das aktuelle Verständnis von Teilhabe und Behinderung

Das Verständnis von Behinderung hat in den vergangenen 20 Jahren eine wesentliche Wandlung erfahren. Diese findet ihren Niederschlag in der Sozialgesetzgebung, in den Konzepten und Arbeitsmodellen der Rehabilitation und Behindertenhilfe und in den Publikationen und Forschungsaktivitäten der wissenschaftlichen Disziplinen in diesem Bereich.

Diese Entwicklung findet ihren sprachlichen Ausdruck im Begriff der „Teilhabe“, der seit der Jahrtausendwende mit der Aufnahme in das SGB IX das Behindertenrecht maßgeblich prägt und mittlerweile als „Leitgedanke des deutschen Rehabilitationsrechts“ bezeichnet werden kann (Brütt u.a. 2016). Diese Entwicklung wurde mit dem aktuellen Bundesteilhabegesetz noch einmal verstärkt, welches explizit das Ziel einer „vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“ für Menschen mit Beeinträchtigungen formuliert und damit der Formulierung in den Artikeln 1 und 3 der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung trägt.

Neben der Intention einer Verbesserung der Lebensverhältnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen spiegelt sich hier ein verändertes Verständnis von Gesundheit / Krankheit und Behinderung wider, das als „bio-psycho-soziales Modell“ bekannt geworden ist (Engel 1977). Nach diesem Modell ist Behinderung nicht als eine reine Krankheitsfolge zu begreifen, sondern entsteht aus einer komplexen Wechselwirkung zwischen körperlichen/psychischen Prozessen, Umweltvariablen und Merkmalen der Person. Die von der Weltgesundheitsorganisation entwickelte Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) versucht dieser Komplexität Rechnung zu tragen, indem sie zwischen Komponenten der Funktionsfähigkeit / Behinderung und umwelt-/personenbezogenen Kontextfaktoren unterscheidet (DIMDI 2004). So wird es möglich, realistischer und umfassender zu erfassen, wie sich die Teilhabesituation von Menschen mit Beeinträchtigungen darstellt. Die Frage, ob Betroffene in einer großstädtischen oder ländlichen Umgebung wohnen, inwieweit sie Unterstützung in der Familie haben und ob sie in ihrem Umfeld mit ihrer Beeinträchtigung akzeptiert werden oder Unverständnis und Ablehnung erfahren, spielt damit für das Verständnis von Behinderung eine wichtige Rolle. Damit rückt insbesondere der Aspekt der gesellschaftlichen Barrieren in den Fokus, die einer gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe entgegenstehen.

Nicht nur für das Verständnis von Behinderung ist der Begriff der Teilhabe immer wichtiger geworden, auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und in der Sozialberichterstattung erlangte das Konzept der Teilhabe wachsende Bedeutung (Bartelheimer 2007). Damit entsteht aber auch die Frage, was in den unterschiedlichen Politikfeldern jeweils unter Teilhabe verstanden wird.

Entstehung und Zielsetzung des Bündnisses

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Behinderung ist davon geprägt, dass unterschiedliche Disziplinen und Forschungsfelder (z.B. Erziehungswissenschaft, Ethik, Anthropologie, Disability Studies, Gerontologie, Medizin, Ökonomie, Philosophie, Politikwissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie, Technikwissenschaften, Gender Studies) mit jeweils eigener Tradition und unterschiedlichem Selbstverständnis nebeneinander existieren und eigene theoretische und methodische Zugangsweisen zum Thema entwickelt haben. Hier ist das Bedürfnis gewachsen, über den Blickwinkel der jeweiligen Einzeldisziplinen hinaus Teilhabeforschung als ein interdisziplinäres Forschungsfeld zu begreifen und sich gemeinsam um die Schaffung von Rahmenbedingungen zu bemühen, die wissenschaftlichen Austausch und Forschung fördern (Aktionsbündnis Teilhabeforschung 2015a).

Das Aktionsbündnis Teilhabeforschung ist ein Zusammenschluss von derzeit ca. 140 Organisationen und Einzelpersonen aus den Bereichen Wissenschaft, Betroffenenorganisationen, Fach- und Wohlfahrtsverbänden, die in dem Themenfeld Rehabilitation und Behinderung engagiert sind. Das Bündnis hat sich 2015 konstituiert. Als Aktionsbündnis bildet es keine juristische Person. Es ist organisatorisch an das Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft (IMEW) in Berlin angebunden und finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen.

Ziele und Aufgaben des Aktionsbündnisses sind (Aktionsbündnis Teilhabeforschung 2015b):

  • Bündelung, Integration und Vernetzung von teilhabeorientierten Forschungsaktivitäten
  • Vernetzung beteiligter Forschender
  • Profilierung einer neuen Querschnittsdisziplin der Teilhabeforschung
  • Formulierung von prioritärem, zukunftsorientiertem und innovativem Forschungsbedarf
  • Aufbau und Koordination von Nachwuchsförderung
  • Bewusstseinsbildung bei Fachöffentlichkeit, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Entscheidungstragenden
  • Ansprache von Forschungsförderern, Stimulation von Forschungsförderung
  • Initiierung eines bundesweiten Forschungsförderprogramms „Teilhabeforschung“

Die gemeinsame Basis der Mitglieder im Aktionsbündnis liegt in der konzeptionellen Ausrichtung auf die UN-Behindertenrechtskonvention. Die Bündnispartner begreifen ihr Engagement als Beitrag zur Umsetzung der in den Artikeln 4 und 31 der Konvention formulierten Forderung an die Vertragsstaaten, Forschung und Entwicklung im Interesse von Menschen mit Behinderungen und im Einklang mit den menschenrechtlichen Prinzipien Partizipation, Inklusion, Barrierefreiheit und Gleichstellung zu betreiben.

Der interdisziplinären Ausrichtung des Forschungsbündnisses entspricht eine breite Orientierung hinsichtlich der Anwendung wissenschaftlicher Methoden mit einem besonderen Interesse an partizipativen Forschungsansätzen, die Betroffene in den Forschungsprozess integrieren. Außerdem wird ein besonderes Gewicht auf die Praxisrelevanz von Forschung gelegt, da es ein wichtiges Ziel von Teilhabeforschung ist, Transformationsprozesse in Hinblick auf eine inklusive Gesellschaft voranzutreiben (Aktionsbündnis 2015a: 6). Übereinstimmend wird auch das Ziel geteilt, eine einseitig auf den deutschsprachigen Raum beschränkte Perspektive zu überwinden und den Anschluss an den internationalen Stand der Teilhabeforschung herzustellen.

Arbeitsgruppen

Zur Umsetzung der genannten Zielsetzungen haben sich im Rahmen des Aktionsbündnisses verschiedene Arbeitsgruppen gebildet:

  • AG Internationalisierung (Leitung: Prof. Dr. Matthias Otten, TH Köln) / Prof. Dr. Sabine Schäper, Katholische Hochschule NRW, Münster)
  • AG Öffentlichkeit und Vernetzung (Leitung: Barbara Vieweg, Tätigkeit derzeit ruhend)
  • AG Partizipative Forschung & Forschungsmethoden (Leitung: Dr. Vera Tillmann, Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport, Köln)
  • AG Teilhabeberichterstattung (Leitung: Andreas Bethke)
  • AG Förderung von Teilhabeforschung (Leitung: Vertr. Prof. Dr. Monika Schröttle, TU Dortmund / Dr. Susanne Dibbelt, Reha-Klinik Bad Rothenfelde)
  • AG Begriffe und Theorien (Leitung: Prof. Dr. Henning Daßler, Fulda)

Die Arbeitsgruppen erarbeiten Positionen und Stellungnahmen zu den jeweiligen Themenbereichen. Diese werden im Rahmen von jährlichen Fachtagen des Aktionsbündnisses vorgestellt und diskutiert.

Aktivitäten

Das Bündnis bringt sich über seine gewählten Sprecher (derzeit: Barbara Vieweg und Prof. Dr. Markus Schäfers) auch in aktuelle Debatten und sozialpolitische Diskussionen ein. So erfolgten Stellungnahmen des Bündnisses zu Fragen der Begleitforschung im Rahmen der Einführung des Bundesteilhabegesetzes und zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl.

Die bereits angesprochenen jährlichen Bündnisversammlungen sind mit Fachtagungen zu aktuellen Themen und Fragen verknüpft. Auf der letzten Bündnistagung im November 2017 stand eine umfassende Auseinandersetzung mit dem aktuellen Teilhabebericht der Bundesregierung im Vordergrund, von der ich nur einige Aspekte herausgreifen möchte.

Frühere Behindertenberichte beschränkten sich auf eine Darstellung staatlicher Leistungen für Menschen mit Behinderungen. Im Zuge der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Bundesregierung dazu verpflichtet, regelmäßig über die Lebenslage und Teilhabesituation behinderter Menschen Bericht zu erstatten. Dazu fehlen aber zum einen noch notwendige Daten, zum anderen sind auch wichtige Grundbegriffe, auf die der Teilhabebericht Bezug nimmt, sowohl rechtlich als auch wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Außerdem wurde die Frage aufgeworfen, wie eine aktive (d.h. forschende) Beteiligung von Menschen mit Behinderungen im Forschungsprozess gefördert werden kann.

Um das Problem der fehlenden Datengrundlage zu lösen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) in Bonn mit der Durchführung einer "Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" (Teilhabe Survey) beauftragt. Dabei handelt es sich um die erste bundesweit repräsentative Erhebung zu den Lebensumständen behinderter Menschen in Deutschland, die 21.000 Betroffene einbezieht und von Prof. Elisabeth Wacker (TU München) und Prof. Markus Schäfers (Hochschule Fulda) wissenschaftlich begleitet wird (BMAS 2017).

Eine weitere Klärung von Begriffen wie „Behinderung“ und „Teilhabe“ ist erforderlich, damit die Aussagekraft der Teilhabeberichterstattung erhöht und die Ergebnisse von Forschung verglichen und bewertet werden können. Hier wird sich die Arbeitsgruppe „Begriffe und Theorien“ im intensiven Austausch zwischen Wissenschaftlern, interessierten Praxisvertretern und Vertretern von Betroffenenorganisationen – u.a. Herrn Boysen vom DVBS - um eine weitere Klärung bemühen.

Literatur

Aktionsbündnis Teilhabeforschung (2015a): Gründungserklärung vom 4.2.2015. https://teilhabeforschung.bifos.org/index.php/ueber-uns/gruendungserklaerung [12.1.2018]

Aktionsbündnis Teilhabeforschung (2015b): Statut. https://teilhabeforschung.bifos.org/index.php/ueber-uns/statut [12.1.2018]

Bartelheimer, P. (2007): Politik der Teilhabe - ein soziologischer Beipackzettel. library.fes.de/pdf-files/do/04655.pdf (2.1.2018).

BMAS: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2017): Startschuss für repräsentative Studie zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. http://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2017/startschuss-repraesentative-studie-zur-teilhabe-menschen-mit-behinderungen.html [20.12.2017].

Brütt, A. L., Buschmann-Steinhage, R., Kirschning, S., & Wegscheider, K. (2016): Teilhabeforschung. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 59(9), 1068-1074.

DIMDI: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Hrsg.) (2004): Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Köln.

Engel, G. L. (1977). The need for a new medical model: a challenge for biomedicine. Science, 196(4286), 129-136.

Zum Autor

Prof. Dr. Henning Daßler (52) lehrt an der Hochschule Fulda am Fachbereich Sozialwesen die Themengebiete Gemeindepsychiatrie, Rehabilitation und Beratung. Er hat am Fachbereich für Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig promoviert und in der gemeindepsychiatrischen Versorgung, der Behinderten- und Wohnungslosenhilfe gearbeitet. Prof. Daßler ist außerdem Mitglied im Aufsichtsrat des Bathildisheim e. V. in Bad Arolsen und im Vorstand des Vereins Ambet e.V. in Braunschweig.

Foto 1: Prof. Dr. Henning Daßler. Foto: privat (Auf dem Portraitfoto vor grünen Bäumen und  Büschen trägt Prof. Daßler einen schwarzen Anzug und ein schwarzes Hemd. Er hat kurz geschnittene graue Haare und eine schmale Brille.

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100 Jahre horus

Jochen Schäfer

Die ersten 100 Jahre - eine historische horus-Revue in vier Teilen

Teil 1, 1918 - 1929: Von der „Nullnummer“ zur Zeitschrift

Vorbemerkung

Seit genau 100 Jahren gibt es die „Beiträge zum Blindenbildungswesen“, wie der „horus“ zu Anfang hieß. Dieses Jubiläum liefert einen guten Anlass, sich der Geschichte der Zeitschrift zu widmen, die vier Teile umfassen wird - hatte ich doch bereits in horus 5/2003 unter dem Titel „Die oberen Zehntausend“ einen größeren historischen Überblick versprochen.

Als Betreuer des horus-Archivs habe ich seit 1994 viele Einblicke gewinnen und Bezüge herstellen können, an denen ich Leserinnen und Leser gerne teilhaben lassen möchte. Ich widme diese Serie Thomas Wendling, meinem ehemaligen Anleiter, der am 18. August 2013 - auf den Tag genau 42 Jahre nach Carl Strehl - starb, und dem ich sehr zu Dank verpflichtet bin.

Bei den nötigen Quellenangaben beschränke ich mich neben Autor und Titel auf Erscheinungsjahr und Heft in Punktschrift (PS) bzw. Schwarzschrift (SS). Lassen Sie sich nicht verwirren, wenn es Jahre  gibt, in denen sich die Artikelangaben in PS und SS unterscheiden - es liegt daran, dass von 1930 bis 1944 parallel zur monatlich erscheinenden PS-Ausgabe eine quartalsweise, abgespeckte SS-Version erschien. Bei der Angabe des Jahrgangs unterscheiden sich die PS- und SS-Ausgabe ohnehin, was Sie nach der Lektüre der Serie verstehen werden.

Viele Artikel der vergangenen rund 100 Jahre liegen heute digital vor, nämlich jene, die in nur einer Ausgabe (PS oder SS) erschienen sind und ab 1990 alle.

1918: Die erste Nummer der „Beiträge zum Blindenbildungswesen“

Über die erste Ausgabe berichtete bereits Prof. Dr. Heinrich Scholler in den „Marburger Beiträgen (MB)“ H. 6/1971 (PS) / horus H. 1/1972 (SS): Diese Nummer enthält gerade mal zehn „Beiträge“ und gibt einen ersten Einblick in das damalige Leben der Blindenstudienanstalt, die diese Publikation alleine herausgab.

Sie beginnt mit einem Geleitwort von Dr. F. Schmidt, dem damaligen Minister für geistliche und Unterrichts-Angelegenheiten, gerichtet an Prof. Dr. Alfred Bielschowsky, den Direktor der Marburger Universitäts-Augenklinik und der Blindenstudienanstalt, die er 1916 gegründet hatte. Es ist datiert vom 6. April 1918, wurde also noch während des 1. Weltkriegs verfasst.

Diesem Geleitwort folgt ein sehr ausführlicher Artikel von Bielschowsky über „Entwicklung und Ziele der Hochschulbücherei, Studienanstalt und Beratungsstelle für blinde Akademiker in Marburg a. L.“, in dem es um das Studium sowie die berufliche Integration von Kriegsblinden geht, die an der Blindenstudienanstalt entsprechende Kurse absolvierten, um auf die Situation besser vorbereitet zu sein, als Blinde unter Sehenden zu studieren bzw. zu arbeiten. Daher erklärt sich der noch heute gültige Name „Blindenstudienanstalt“. Die Kurse wurden vom selbst blinden Carl Strehl durchgeführt, der damals als blista-Geschäftsführer arbeitete.

Er gibt im Anschluss an Bielschowskys Artikel den ersten blista-Geschäftsbericht, wieder abgedruckt in MB 2 und 3/1991 (PS) / horus 1/1991 (SS). Es folgen Berichte dreier ehemaliger blista-Absolventen, nämlich über das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften (Dr. von Gerhardt), der Philologie (Dr. phil. Hastenpflug) und der Theologie (Karl Klügel). Mit den ersten beiden Berichten begannen wir unsere „horus-Zeitreisen“ in H. 1/2015, der Autor des dritten ist später Pfarrer geworden, worüber er 1926 in einem dreiteiligen Artikel ausführlich berichtete (H. 1-3, PS).

Nach dieser ersten „Zeitenwende: vom Leben nach der blista“ (wie’s etwa 100 Jahre später heißt) folgt ein weiterer Beitrag von Strehl: „Angebliche und tatsächliche Verbesserungen in technischen Fragen des Blindenbildungswesens“, in dem es um die damaligen Hilfsmittel geht, wiederabgedruckt in MB/horus 2/1976.

Im Anschluss daran folgt ein sehr ausführlicher Beitrag: „Die Berufsfragen des blinden Akademikers“ von Dr. Friedrich August Pinkerneil, dem damaligen Direktor des Akademischen Hilfsbundes und der Deutschen Zentralstelle für Berufsberatung der Akademiker. Pinkerneil war einer der blista-Mitbegründer und nach dem 2. Weltkrieg sogar deren 1. Vorsitzender.

Nach diesem Beitrag folgt „Die rechtliche Stellung der Blinden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch“ von Dr. jur. A. Grah. Die Publikation schließt ab mit einer „Chronik des Blindenbildungswesens im Jahre 1917/18“, in der man u. a. erfährt, dass Dr. Friedrich Mittelsten Scheid, einer der späteren blinden blista-Lehrer, in Göttingen promoviert hat.

1924: Die Zeitschrift in Punktschrift

Nach dieser „Nullnummer“ sollte es fast sechs Jahre dauern, bis aus den „Beiträgen zum Blindenbildungswesen“ eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift mit demselben Namen wurde, vorerst nur in Punktschrift und in monatlicher Erscheinungsweise. Sie war die jüngste der damals führenden Publikationen zum Blindenwesen. Wurden die anderen jedoch nur von einer Organisation herausgegeben, so gab es bei den „Beiträgen“ ab 1924 zwei herausgebende Körperschaften: neben der Blindenstudienanstalt auch den „Verein der blinden Akademiker Deutschlands (VbAD)“, so der erste Name unseres heutigen DVBS.

Es bildete sich die erste Redaktion, geleitet von Dr. Carl Strehl, der außerdem angehörten: Privatgelehrter Eduard Güterbock, Berlin (vor allem für die Auslandsberichterstattung), Dr. Wilhelm Steinberg, Breslau (vor allem für psychologische Beiträge) sowie Dr. Rudolf Kraemer, Heidelberg (hauptsächlich für rechtliche Beiträge).

Mit den beiden herausgebenden Organisationen konnten nun sowohl die Blindenselbsthilfe wie auch -fürsorge und -pädagogik bedient werden, außerdem wurde regelmäßig über das Blindenwesen anderer Länder berichtet. Es gab Rubriken wie „Aus aller Welt“, „Psychologie“, „Forum“ (Blindheit und Recht), aber auch Berichte aus VbAD und blista kamen nicht zu kurz. So erfahren wir z. B. in H. 1/1924 im Bericht über die 5. VbAD-Hauptversammlung 1923, dass Prof. Dr. Bielschowsky 1924 einem Ruf an die Universität Breslau folgen und daher Marburg verlassen würde. Als sein Nachfolger wurde Prof. Dr. Karl Stargardt Direktor der Marburger Augenklinik und der blista sowie 1. Vorsitzender des VbAD. Strehl dankt Bielschowsky ausführlich für seine Verdienste um blista und VbAD.

Einen besonderen Stellenwert hatten von Anfang an Berichte von Blinden, die beruflich erfolgreich waren, aber auch Buchbesprechungen sowie Beiträge über Hilfsmittel. Dabei ließ man es sich manchmal nicht nehmen, Bedienungsanleitungen abzudrucken, z. B. für Rechenmaschinen, insbesondere einer für Blinde besonders geeigneten Maschine namens „Triumphator“ (Käthe Mittelsten Scheid in H. 6/1926) sowie des Selbstanschluss-Telefon-Apparates durch Blinde (Emil Becker in H. 2/1930).

Die erste fürsorgerechtliche Neuerung der Zeit ist die Änderung des § 6e der „Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge“ in der Fassung vom 04.12.1924, in der bestimmten Behindertengruppen (u. a. Blinden) das Recht auf Erwerbsbefähigung zugesprochen wurde (siehe dazu u. a. Strehls Jahresrückblick in H. 12/1924).

Blindenwohlfahrtskongresse

Seit 1873 tagten in regelmäßigen Abständen die Blindenlehrerkongresse, die es noch heute gibt. 1924, 1927 und 1930 wurden diese ausgebaut zu Blindenwohlfahrtskongressen. Der erste Kongress fand in Stuttgart, der zweite in Königsberg und der dritte in Nürnberg statt. So waren Blindenselbsthilfe und -pädagogik an einem Ort versammelt und besprachen wichtige Aspekte des deutschen Blindenwesens. Diese Tagungen sollten aber danach nicht mehr stattfinden, nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nur noch die Blindenlehrerkongresse. Der erste Blindenwohlfahrtskongress wird sehr ausführlich behandelt (siehe dazu die Berichte von Klügel in H. 10 sowie den Zweiteiler von Strehl in H. 10 und 11/1924). Die Ergebnisse des zweiten bzw. dritten Kongresses werden ebenfalls von Strehl abgedruckt (Königsberg: H. 10/1927, Nürnberg: H. 9/1930 PS / H. 2/1930 SS).

Ein wichtiger Aspekt des Königsberger Kongresses 1927 war der Entwurf eines Blindenrentengesetzes von Dr. Dr. Rudolf Kraemer aus Heidelberg, der in den Jahren 1926 und 1927 in den „Beiträgen“ ausführlich abgedruckt ist. Die Blindenrente ist der Vorläufer unseres heutigen Blindengeldes, die sich jedoch damals nicht durchsetzen sollte. Der Entwurf war sehr gut durchdacht, für den Staat dennoch zu teuer. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sollte ein Umdenken eintreten, was wir in Teil 3 behandeln werden.

Diderot: Brief über Blinde für Sehende

In einem Jahrgang hat man sogar ein komplettes Buch abgedruckt (beginnend in H. 5/1926, endend in H. 4/1927, jeweils zu Anfang jeder Ausgabe). Dabei handelt es sich um ein fundamentales Standardwerk der Blindenpädagogik, verfasst 1749 vom französischen Autor Denis Diderot: „Lettre sur les aveugles, à l’usage de ceux qui voient“ (Brief über Blinde für Sehende) in der deutschen Übersetzung von Alexander Reuß.

Es ist ein höchst interessantes Werk von historischem Wert, wenn man bedenkt, dass es entstand, bevor die erste Blindenschule der Welt gegründet und die Braille’sche Punktschrift entwickelt wurde. Viel kann man hierin über den damaligen Stand der Bildung bzw. Bildungsfähigkeit blinder Menschen erfahren, aber auch darüber, wie Blinde ihre Welt wahrnehmen. Der Titel ist in Punktschrift als Sonderabdruck erschienen, leihweise in alter Kurzschrift bei der Emil-Krückmann-Bibliothek und käuflich in reformierter Kurzschrift bei der Braille-Druckerei erhältlich.

Veränderungen 1927: Marburg wird zum Kongressort

Am 12. April 1927 verstarb Prof. Dr. Karl Stargardt (siehe H. 4/1927). Zu seinem Nachfolger in den Marburger Blindeneinrichtungen -nicht aber als Direktor der Augenklinik - wurde Dr. Carl Strehl. Er sollte seine Ämter bis 1965 bzw. 1968 innehaben.

Eine seiner ersten Aktionen bestand darin, einen großen Kongress nach Marburg zu holen, nämlich den 3. der „Association Internationale des Étudiants Aveugles (AEA)“ (Internationaler Verein blinder Akademiker), dem auch der VbAD angehörte. Er fand statt vom 11. bis 12. September 1927. Die AEA mit Sitz in Genf wurde 1900 von Jean Jaques Monnier gegründet, der auch 1927 noch deren Vorsitzender war. Strehls Kongressbericht finden wir in H. 11/1927. In Marburg wurde u. a. beschlossen, einen internationalen Blindenvorkongress abzuhalten, was vom 14. bis 17. Juli 1929 in Wien geschah (siehe dazu Strehls zweiteiligen Bericht in H. 9 und 10/1929).

Düstere Vorboten

Schon vor den 20er Jahren warf die „braune“ Ideologie ihre brenzligen Schatten voraus. Im ersten Jahrgang der „Beiträge“ wurden einige Schriften aus älteren Zeiten in mehrteiligen Abhandlungen abgedruckt. Eine davon mit dem harmlosen Titel „Blindenwesen“, geschrieben von Dr. A. Crzellitzer im „Handwörterbuch der sozialen Hygiene“ (erschienen 1912 in Leipzig), hat es in sich. Denn außer allgemeinen Ausführungen über das Blindenwesen werden dort Thesen vertreten, die aus heutiger Sicht unfassbar erscheinen. So fordert Crzellitzer u. a., sämtliche Blinden nicht nur zu sterilisieren, sondern auch zu asylieren (also isolieren) bzw. kasernieren (also in Spezialanstalten oder Heime zu stecken). Die Sterilisierung begründet er damit, Blindheit für die kommenden Generationen verhüten zu können. Man sieht hieran, dass sogar schon vor dem 1. Weltkrieg solche Ideologie auftrat und offenbar Verbreitung fand. In Punktschrift wurde sie verbreitet als vierteilige Abhandlung in H. 3-6/1924. Dass sie nur in Punktschrift erschienen ist, wirft einige Fragen auf. Warum haben Strehl und seine blinden Redaktionsmitglieder solche Abhandlungen abgedruckt und welchen Zweck sollte das haben?

Davon nicht genug. 1924 informierte aus aktuellem Anlass „Der Blindenfreund“, die älteste Zeitschrift zum Blindenwesen, unter dem Titel „Sterilisierung der geistig Minderwertigen“ (H. 2/1924) über einen kurz zuvor gehaltenen Vortrag von Dr. Boeters aus Zwickau, in dem er die Sterilisierung sämtlicher blind, taubstumm und „blödsinnig“ Geborenen forderte. Dieser Artikel wurde auch in den „Beiträgen“ abgedruckt (H. 4/1924), worauf es 2 Leserbriefe gab, nämlich von Dr. Karl-Otto Endemann (H. 5), der einen Unterschied zwischen Blinden und geistig Minderwertigen machte, und Dr. Hans Hirschstein (H. 8), der den Sachverhalt neutraler bewertete. Es ist erstaunlich, dass Blinde einen Unterschied der Behinderungen bei einem so heiklen Thema gemacht haben.

Die Forderungen von Dr. Boeters gipfelten ein Jahr später in einem Gesetzentwurf, der als „Lex Zwickau“ bekannt wurde (siehe H. 12/1925), sich aber damals (noch) nicht durchgesetzt hat. Solchen Forderungen schloss sich in diesen Jahren auch der damals populäre Schriftsteller Ernst Mann an. Dr. Wilhelm Steinberg stellte sich ihnen entgegen in seinem Beitrag „Wie sollen wir uns zu dem Schriftsteller Ernst Mann stellen?“ (H. 8/1927).

Mit solchen „Entgleisungen“ werden wir uns in Teil 2 dieser Serie leider noch häufiger zu beschäftigen haben. Dieser beginnt aber ganz neutral mit der Einführung der Schwarzschriftversion der „Beiträge“.

Zum Autor

Jochen Schäfer ist Mitarbeiter der blista und betreut seit dem 1.12.1994 das horus- sowie seit Januar 2017 das gesamte blista-Archiv. Er ist noch heute den beiden blinden Dokumentarinnen Lydia Steinhorst und Beate von Malottki für ihre Vorarbeiten dankbar, die sie im Rahmen von Praktika für das Archiv geleistet haben. Wer sich mit Fragen an Jochen Schäfer wenden möchte, erreicht ihn per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Foto 1: Titelblatt der "Beiträge zum Blindenbildungswesen", Heft 1, 1918. Foto: blista (Das grau-blaue Originalheft im Format 14,5 x 22 cm trägt die Aufschrift: "Beiträge zum Blindenbildungswesen Heft 1. Zugleich erster Jahresbericht der Hochschulbücherei, Studienanstalt und Beratungsstelle für blinde Akademiker e. V. Mit einem Geleitwort Seiner Exzellenz des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten in Preußen Dr. F. Schmidt. Herausgegeben von Professor Dr. A. Bielschowsky Direktor der Kgl. Universitäts-Augenklinik und der Blinden-Studienanstalt in Marburg (Lahn). Mit 3 Textabbildungen und 8 Tafeln. Berlin Verlag von Julius Springer 1918.")

Foto 2: Ein Foto aus Heft 1/1918, untertitelt: "Hochschulbücherei, Studienanstalt und Beratungsstelle für blinde Akademiker in Marburg e. L." Bielschowsky erläutert: "Das (…) Institut (…) liegt wenige Minuten von der Universität innerhalb eines 2400 qm großen Gartens (…), hat elektrisches Licht, Zentralheizung und Warmwasserversorgung" (ebd., S. 10). (Außenansicht eines Backsteingebäudes mit zwei in der Sonne liegenden Balkone, auf denen Menschen sitzen und stehen.)

Foto 3: Blick in die Geschäftsstelle 1918 - die "Bureaus" lagen im Erdgeschoss. Foto: blista Schwarz-weiß-Foto. )Zentral im Raum stehen aneinandergestellt zwei Tische, an denen drei Frauen mit gebeugten Köpfen sich Papieren widmen. Rechts im Bild ein höherer Schreibtisch, an dem eine Frau in dunklem knöchellangem Rock und weißer Bluse an einer Schreibmaschine arbeitet. Im Hintergrund des Raumes stehen zwei Männe, einer blickt den Betrachtenden an, der zweite blickt auf die Gruppe der Frauen am Tisch.)

Foto 4: Alfred Bielschowsky mit seinen Kindern Peter und Ingeborg um 1907, noch vor seiner Marburger Zeit. Foto: aus: Angelika Katharina Kaufmann: Alfred Bielschowsky (1871-1940), Ein Leben für die Strabologie. Gießen, 1997. (Gruppenportrait in Schwarz-Weiß. Bielschowsy sitzt mit überschlagenen Beinen auf einem hellen Korbstuhl. Er trägt zu einem dunklen Anzug ein helles Hemd mit Stehkragen, Schnurbart, Scheitelfrisur, Brille und Ehering. Peter, ein blonder Knabe in kurzen Hosen und heller Jacke mit Matrosenkragen, lehnt sich eng stehend an sein linkes Bein. Mit seinem rechten Arm stützt Bielschowsky seine kaum zweijährige Tochter, die in hellem Kleidchen auf der Armlehne des Stuhls sitzt. Alle drei blicken zum Betrachtenden.)

Foto 5: Jochen Schäfer. Foto: blista. (Portraitfoto Jochen Schäfer vor dicht gefüllten Archivregalen. Er hat kurze, dunkle Haare und trägt ein dunkles Shirt mit schmalen weißen und roten Streifen.)

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Recht

Uwe Boysen

Gesetzesänderungen im Sozialrecht

Nach einer Meldung des DPWV gibt es ab dem 1. Januar 2018 zahlreiche Gesetzesänderungen, von denen vorliegend einige kurz benannt werden.

1. Neudefinition des Behinderungsbegriffes

Der Behinderungsbegriff wird in Anlehnung an die UN-Behindertenrechtskonvention konkretisiert (§ 1 und 2 SGB IX).

2. Verfahrensvorschriften für alle Rehabilitationsträger

Dazu gehören die Einführung des Teilhabeplanverfahrens, des Teilhabeplans und der Teilhabekonferenz (Kapitel 4, Koordinierung der Leistungen §§ 14 ff. SGB IX). Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) arbeitet derzeit an einer "Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess" für die Umsetzung dieser Regelungen. Nach dem offiziellen Beteiligungsverfahren soll die Empfehlung zum 01.08.2018 in Kraft treten. Darin werden Aspekte der trägerübergreifenden Leistungen, der Koordination, der Instrumente für die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs, der Beteiligung bei der Bedarfsfeststellung, der Beratung sowie Zuständigkeits- und Abgrenzungsfragen erläutert. Des Weiteren gilt das Gesamtplanverfahren für die Träger der Eingliederungshilfe, mit dem eine zwingende Orientierung an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) bei der Bedarfsfeststellung festgeschrieben wurde (§§ 141 ff. SGB IX).

3. Beratung

Mit der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung nach § 32 SGB IX soll den Leistungsberechtigten zumindest verfahrensrechtlich eine Wahrnehmung ihrer Rechte auf Augenhöhe ermöglicht werden. Das ergänzende Beratungsangebot erstreckt sich auf die Information und Beratung über Rehabilitations- und Teilhabeleistungen nach dem SGB IX. Es soll möglichst auch eine Beratung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung geben. Für die Förderung stellt die Bundesregierung 58 Millionen Euro ab 2018 vorerst für drei Jahre zur Verfügung (vgl. www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/bundesteilhabegesetz/ergaenzende-unabhaengige-beratung/).

Alle Rehabilitationsträger müssen ab dem 1. Januar 2018 Ansprechstellen benennen, die barrierefreie Informationen zur Inanspruchnahme von Leistungen und zu Beratungsangeboten für Antragsteller, Arbeitgeber und andere Behörden bereitstellen.

4. Teilhabeverfahrensbericht

Die Rehabilitationsträger sind nunmehr verpflichtet, eine gemeinsame Statistik über die Erbringung von Rehabilitationsleistungen sowie die Anzahl und die Dauer der Verwaltungsverfahren zu erstellen. Der Teilhabeverfahrensbericht wird erstmals 2019 veröffentlicht.

5. Bildung

Neu eingeführt wird im Teil 1 des SGB IX die Leistung zur Teilhabe an Bildung als eigene Leistungsgruppe (§ 75 SGB IX).

6. Frühförderung

Seit dem Bestehen der Regelungen zur Komplexleistung Frühförderung ist deren Umsetzung auf Länderebene problematisch. Jetzt enthält § 46 SGB IX eine Definition der Komplexleistung und die Beschreibung der Leistungsbestandteile. Neu ist, dass gemäß § 46 Abs. 2 neben Frühförderstellen nach Landesrecht unter Sicherstellung der Interdisziplinarität andere Einrichtungen zugelassen werden können.

7. Modellprojekte und Evaluierung

Das BMAS wurde ermächtigt, im Einvernehmen mit den Trägern der Eingliederungshilfe die Ausführung der Leistungen der Eingliederungshilfe zu untersuchen und die Umsetzung zu begleiten und zu unterstützen (Art. 25 BTHG). Damit können beispielsweise vor Inkrafttreten der sehr umstrittenen Regelungen zum berechtigten Personenkreis (§ 99 SGB IX) Daten zur Fragestellung erhoben werden, ob es zu einer Ausweitung oder zu einer Einschränkung des Personenkreises kommt (vgl. www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/bundesteilhabegesetz/modellprojekte/).

8. Träger der Eingliederungshilfe

Die Länder bestimmen die für die neue Eingliederungshilfe zuständigen geeigneten Träger (§ 94 Absatz 1 SGB IX).

9. Neue Regelbedarfe - SGB XII

Ab dem 1. Januar 2018 gelten neue Regelbedarfe in der Sozialhilfe (SGB XII)

  • für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung lebt und für die nicht die Regelbedarfsstufe (RBS) 2 gilt: 416 Euro (RBS 1)
  • für jede erwachsene Person, wenn sie in einer Wohnung mit einem Ehegatten, Lebenspartner oder sonstigem Partner zusammenlebt: 374 Euro (RBS 2)
  • für eine erwachsene Person, die in einer stationären Einrichtung lebt: 332 Euro (RBS 3)
  • für Jugendliche vom Beginn des 15. Lebensjahres bis unter 18 Jahre: 316 Euro (RBS 4)
  • für Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 296 Euro (RBS 5)
  • für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 240 Euro (RBS 6).

10. Kindergeld - Beschränkung bei rückwirkender Auszahlung

Bisher konnte Kindergeld für das laufende Jahr sowie die letzten vier Jahre rückwirkend beantragt und auch – sofern der Anspruch für die gesamte Dauer bestand – von den Familienkassen ausgezahlt werden. Ab 2018 ist das nur noch für die letzten sechs Monate vor dem Monat der Antragstellung möglich (Art. 7 – Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz [StUmgBG], § 66 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes [EStG]). Diese Fristverkürzung kann Eltern mit älteren (erwachsenen) Kindern mit Behinderung betreffen, die möglicherweise gar nicht wussten, dass sie Anspruch auf Kindergeld hatten.

11. Verbesserte Absicherung bei Erwerbsminderung

Ab 2018 bleibt bei Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge (z. B. Riester-Renten oder Betriebsrenten) bei der Berechnung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Hilfe zum Lebensunterhalt ein Sockelbetrag von 100 Euro monatlich anrechnungsfrei. Ist das Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge höher als 100 Euro, werden weitere 30 Prozent bis zu einem Höchstbetrag von derzeit 208 Euro (50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 in 2018) nicht angerechnet. Bei einem Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge in Höhe von insgesamt 400 Euro bleibt daher beispielsweise ein Betrag von 190 Euro anrechnungsfrei. Diese Regelungen gelten auch bei der Berechnung der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt in der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz.

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Bücher

Thorsten Büchner

Hörbuchtipps aus der blista: Neue Hörbücher aus der DBH

Andreas Michalsen: Heilen mit der Kraft der Natur

Insel-Verlag, Berlin, 2017 Bestellnummer: 825421 Laufzeit: 12 Std. 16 Min.

Massive Nebenwirkungen und mangelndes Vertrauen - die Medikamenten-Medizin steckt in einer Sackgasse. Immer mehr Forscher interessieren sich deshalb für die Wirkprinzipien traditioneller Heilverfahren. Der Professor für Klinische Naturheilkunde und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus in Berlin erzählt, warum er den konventionellen Pfad der Medizin verlassen hat und welches Potenzial der Natur er mit seinen Patienten täglich neu entdeckt.

Charlotte Wiedemann: Der neue Iran. Eine Gesellschaft tritt aus dem Schatten

Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2017 Bestellnummer: 830871 Laufzeit: 10 Std. 19 Min.

Wussten Sie, dass im Iran ... mehr Frauen als Männer studieren? Die Islamische Republik Iran steht heute für eine autoritäre, auf Technologie und Militär fixierte Moderne, in der sich gleichwohl eine genuin iranische Kultur behaupten konnte. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist tief und birgt sozialen Sprengstoff. Zugleich ist das Land weitaus offener als seine Nachbarn. Innerhalb der Gesellschaft herrscht aber Uneinigkeit: Welche Rolle sollen Tradition und Religion im Iran der Zukunft spielen? Wie viel Verwestlichung ist erwünscht? Leben im Iran, diesem Vielvölkerstaat von bald 80 Millionen Menschen, ist ein permanenter Prozess des Aushandelns. Wiedemann führt durch ganz unterschiedliche Milieus der Gesellschaft: von der Theaterszene zum schiitischen Volksislam, vom kurdischen Sufi-Kloster zum Sabbat in einer jüdischen Familie.

Sandra Schulz: „Das ganze Kind hat so viele Fehler“. Die Geschichte einer Entscheidung aus Liebe

Rowohlt Polaris, Reinbek, 2017 Bestellnummer: 832201 Laufzeit: 6 Std. 20 Min.

Wie fast jede werdende Mutter nutzte auch die Journalistin Sandra Schulz alle Möglichkeiten, die ihr, der mit 39 Jahren Spätgebärenden, die Pränataldiagnostik bietet. Und wie jede hoffte sie auf ein gutes, sogenanntes unauffälliges Ergebnis. Doch leider kam es anders als erwartet: "Das ganze Kind hat so viele Fehler", weitere Erkrankungen neben dem Down-Syndrom. Vom Tag der Diagnose bis zum zweiten Lebensjahr ihrer Tochter schreibt Schulz Tagebuch. Emotional berührend und schonungslos offen erzählt sie von ihrer schwierigen Schwangerschaft, den ambivalenten Gefühlen, den aufflackernden Hoffnungen, vor allem von dem dramatischen Konflikt: Abbruch ja oder nein.

Peter Berthold: Unsere Vögel. Warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können

Ullstein, Berlin, 2017 Bestellnummer: 825411 Laufzeit: 9 Std. 14 Min.

Das aufblitzende Blau eines Eisvogels. Das Gelb des Pirols im Blätterdach eines Auwaldes. Ein Schwan vor dunklem Schilf … Die Vogelwelt ist von atemberaubender Schönheit. Auch der Morgenchor in unseren Wäldern oder das Abendlied einer Amsel über den Dächern der Stadt machen uns staunen, so wie die schwebende Möwe im Sturm oder der Adler im Aufwind. Vögel sind allgegenwärtig. Und sie sind uns ans Herz gewachsen. Doch Vögel sind auch unsere wichtigsten Bioindikatoren. Ihr zunehmendes Verschwinden zeigt uns, dass es um ihren und unseren Lebensraum in diesem Land nicht gut bestellt ist. Denn das Artensterben hat inzwischen alle Gruppen von Tieren und Pflanzen erfasst und macht auch vor dem Menschen nicht Halt.

Peter Berthold, Deutschlands renommiertester Ornithologe, zeigt uns in seinem faszinierenden Buch die Vielfalt unserer Vogelwelt und was wir tun können, um sie zu erhalten.

Foto 1: Eisvogel. Foto: pixelio/Re.Ko (Portraitfoto eines Eisvogels in Rückenansicht. Er sitzt auf einem Ast und wendet seinen Kopf mit seinem langen schmalen Schnabel nach rechts. Vom Kopf abwärts ziehen sich blau schimmernde Federn über Rücken und Flügel. Die orangeroten Federn seiner Vorderseite tauchen auch in einer schmalen Linie unter seinen kleinen dunklen Augen auf.)

Karen Krüger: Eine Reise durch das islamische Deutschland

Rowohlt Berlin, Berlin, 2016 Bestellnummer: 811761 Laufzeit: 10 Std. 09 Min.

Deutschland diskutiert immer wieder über Islam und Kopftuch, über Integration und Mohammed-Karikaturen - aber nachgesehen, was es mit dem Islam hierzulande wirklich auf sich hat, das hat bislang kaum jemand. Karen Krüger macht sich auf eine Deutschlandreise der besonderen Art. Sie sucht Muslime und deren Lebenswelten auf, trifft Leute, die ihren muslimischen Glauben ganz abgelegt haben, und solche, die am liebsten schon morgen als Dschihadisten in den Nahen Osten aufbrechen würden. Ihre Reise führt sie zu prominenten "Vorzeige-Türken", zu muslimischen Bundeswehrsoldaten, Lehrern, Kommunalpolitikern, zu Imamen und Religionskritikern. Immer leitet sie die Gretchenfrage: Wie hältst du's mit der Religion? Was bedeutet Islam für dich? Und was heißt das für die deutsche Gesellschaft?

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Thorsten Büchner

Buchtipps aus der Brailledruckerei

Peter Wohlleben: Das Seelenleben der Tiere. Liebe, Trauer, Mitgefühl – Erstaunliche Einblicke in eine verborgene Welt

Ludwig, München, 2016. Bestellnummer: 4857, 2 Bände, KR, 43 Euro (in Papier, für Braillezeile und mit synthetischer Stimme erhältlich)

Fürsorgliche Eichhörnchen, treu liebende Kolkraben, mitfühlende Waldmäuse und trauernde Hirschkühe - sind das nicht Gefühle, die allein dem Menschen vorbehalten sind? Der passionierte Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben lehrt uns das Staunen über die ungeahnte Gefühlswelt der Tiere. Anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und anschaulicher Geschichten nimmt er uns mit in eine kaum ergründete Welt: die komplexen Verhaltensweisen der Tiere im Wald und auf dem Hof, ihr emotionales und bewusstes Leben.

Shirin/Alexandra Cavelius: Ich bleibe eine Tochter des Lichts: Meine Flucht aus den Fängen der IS-Terroristen

Europa-Verlag, Berlin, 2016. Bestellnummer: 4845, 3 Bände, KR, 64,50 Euro (in Papier, für Braillezeile und mit synthetischer Stimme erhältlich)

Shirin will gerade ihr Abitur abschließen, als IS-Terroristen in ihr Dorf einfallen. Sie wird entführt, mehrfach als Braut verkauft und als Sex-Sklavin gehalten. Ihr gelingt die Flucht dank der Hilfe des neunten Mannes, an den sie weitergegeben wird. Mit anderen schwer traumatisierten Jesidinnen (religiöse Minderheit im Nordirak) kommt sie nach Deutschland und lebt im Rahmen eines speziellen Flüchtlingsprojekts in Baden-Württemberg. Shirin ist heute 19 Jahre alt.

Tobias Elsäßer: Zwischenlandung

Fischer Sauerländer, Frankfurt/Main, 2015. Bestellnummer: 4870, 2 Bände, KR, 43 Euro (in Papier und für Braillezeile erhältlich)

Wenn Gregor einen Raum betritt, scheint die Sonne heller und die Welt dreht sich ein wenig langsamer. Mit ihm ist alles strahlender, intensiver und lustiger – weil er ein Spaßvogel ist und ein Frauentyp. Dass er zwar alle Mädchen bekommt, aber nur Mira will, kann er ihr jedoch nicht mehr sagen: Denn ausgerechnet in dem Moment, als er ihr seine Liebe gestehen will, wird Gregor von einem Golfball am Kopf getroffen und ins Wachkoma befördert. Als Gregor nach vielen Wochen die Welt langsam wieder wahrzunehmen beginnt, sitzt Mira an seinem Bett. Die zauberhafte, wild gelockte Mira, der er doch nicht ganz egal zu sein scheint. Und da beschließt Gregor zu kämpfen für das ganz große Glück. Wird es ihm gelingen, die unsichtbare Mauer zu durchbrechen, die ihn von Mira und der Welt dort draußen trennt?

Jürgen Schwandt / Stefan Krücken: Sturmwarnung: Das aufregende Leben von Kapitän Schwandt

Ankerherz-Verlag, Hollenstedt, 2016. Bestellnummer: 4858, 1 Band, KR, 21,50 Euro (in Papier und für Braillezeile erhältlich)

Ein Leben wie ein ewiges Abenteuer: Orkane auf See, Stürme im Rotlicht der Häfen. Momente zwischen Leben und Tod. Kapitän Jürgen Schwandt, Jahrgang 1936, hat alles erlebt. Aufgewachsen in den Trümmern Hamburgs, ging er früh zur See - und tauchte ein in jene exotische Welt aus Fernweh und Sternenstaub, von der er immer geträumt hatte. Dabei lernte er auch früh die Schattenseiten der Seefahrt kennen: den unbarmherzigen Ozean und die harte Arbeit. "Sturmwarnung" ist eine liebevoll und mit Augenzwinkern erzählte Lebensgeschichte. Eine turbulente Biografie voller Weisheit, Toleranz und Zigaretten.

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Horst Lehnert*

Buchbesprechung: „Die blista im Nationalsozialismus“

Zur Geschichte der Blindenstudienanstalt Marburg (Lahn) von 1933 bis 1945. Von Klaus-Peter Friedrich und Wolfgang Form. Marburg 2016.

Als die blista sich entschied, im Rahmen der Feierlichkeiten ihres hundertjährigen Bestehens auch eine Ausstellung über 100 Jahre Blindenbildung in Marburg zu erarbeiten, musste auch die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus dargestellt werden. Sehr schnell wurde deutlich, dies wird eine heikle Aufgabe. Sinnvollerweise hat sich die blista dabei externer Expertise bedient; Dr. Wolfgang Form hat sich freundlicherweise bereit erklärt, diese Zeitspanne für die Ausstellung zu bearbeiten. Der Vorbereitungsgruppe für die Ausstellung und Dr. Form wurde schnell klar, dass es bei der Bearbeitung für die Ausstellung nicht bleiben konnte. Zudem kam der historischen Untersuchung – wie so oft – der Zufall zu Hilfe. Schon Dr. Malmanesh hatte bei seiner Arbeit „Blinde unter dem Hakenkreuz“ (Marburg, 2002) nicht über alle relevanten Akten verfügen können. Ein Teil war nicht aufzufinden. Nun förderte ein Wasserrohrbruch im Gebäude der Blindenhörbücherei einige durchnässte Kartons zu Tage. Darin fanden sich dann durchaus interessante Unterlagen aus der Zeit, die es zu untersuchen galt.

Die Autoren haben eine sehr faktenreiche Darstellung aus den Beständen der blista und der zuständigen Staatsarchive in Marburg und Wiesbaden erarbeitet, dennoch bin ich der Überzeugung, dass noch nicht alles zu Tage gefördert werden konnte. Dazu war dann wohl auch die Zeit zu knapp. Deshalb unterstütze ich die Feststellung Claus Dunckers, dem Direktor der blista, im Vorwort, dies sei bestimmt nicht die letzte Veröffentlichung zu diesem Thema, ausdrücklich.

Neben dem Vorwort von Claus Duncker besteht der Band aus einer Einführung der Autoren. Danach folgt eine Chronik über die Jahre 1931 bis 1947, es schließen sich eine Darstellung der Bildungseinrichtungen, 1933 und die Folgen, der Direktor Carl Strehl, über Lehrer, Schülerinnen und Schüler und über jüdische Studierende an. Ein wichtiger Teil ist das Kapitel über das Erbgesundheitsgesetz und die Blindenstudienanstalt. Es wird die Rolle der neuen Kriegsblinden, die Entwicklung der Blindenstudienanstalt im 2. Weltkrieg und der schwierige Neuaufbau nach 1945 beleuchtet.

In der Einführung wird der Prozess der Gründung der blista kurz angerissen. Dabei wird deutlich, dass der Mythos, die blista sei durch Carl Strehl gegründet worden, einer Überprüfung nicht standhält. Die ersten und wohl auch wichtigsten Impulse gingen von Prof. Dr. Alfred Bielschowsky, dem damaligen Leiter der Universitätsaugenklinik in Marburg, aus. Er hatte schon 1915 erblindeten Soldaten in seiner Klinik eine, heute würde man sagen, Grundrehabilitation angedeihen lassen und diese durch Carl Strehl ausführen lassen. Am 17. September 1916 traf man sich dann unter Vermittlung des dortigen Direktors der Universitätsaugenklinik Prof. Dr. Emil Krückmann mit Vertretern der preußischen Ministerien und der Selbsthilfe. Dies darf man als das Gründungsdatum der blista ansehen, sie wurde dann auch in Berlin und nicht in Marburg in das Vereinsregister eingetragen.

Es folgt eine Chronik für die Jahre 1931 bis 1947. Der Zeitraum ist auf den ersten Blick klug gewählt. Mit Informationen aus der Zeit von 1933 hätte man besser beurteilen können, ob der Prozess der Unterwerfung unter die nationalsozialistischen Verhältnisse aus eigener Überzeugung oder aus den Notwendigkeiten der Zeit erfolgte. Dies gibt dann die Chronik aber leider nicht her. Auch die Auswahlkriterien der Informationen der Chronik bleiben aus meiner Sicht leider unklar. Es wird jedoch deutlich, dass in den Verlautbarungen der Vertreter der Kriegsblinden die Zustimmung zum Führer, der Antisemitismus und die Befürwortung der eugenischen Standards des nationalsozialistischen Systems am stärksten ausgeprägt waren. Übrigens haben auch die Verbände der Kriegsblinden stark protestiert, als das Blindengeld in den 50er Jahren auch an Zivilblinde gezahlt werden sollte.

In dem Kapitel „Die Bildungseinrichtungen“ wird die Entwicklung des Systems blista dargestellt. Es entstand ein enges Geflecht von Bildungseinrichtungen und Selbsthilfeorganisationen, ein Verlag und dann auch Werkstätten zur Herstellung von Hilfsmitteln. Im Mai 1924 empfing man den General Erich Ludendorff mit größter Freude, jener Ludendorff, der mit seiner „Dolchstoßlegende“ und der Beteiligung am Hitler-Putsch im November 1923 in München ein wichtiger Totengräber der Demokratie war. Die Einrichtung wuchs, staatliche Stellen beteiligten sich an der Finanzierung des Ausbaus. Die Schule wurde 1940 als Vollschule anerkannt.

Der Prozess der Gleichschaltung wird in dem Kapitel „1933 und die Folgen“ beleuchtet. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft finden sich bei den Beschäftigten und dem Lehrpersonal (noch) keine Mitglieder der NSDAP. Alle Verbände der Blinden haben dann recht bald in ihren Organen die Unterstützung des neuen Systems zum Ausdruck gebracht. Die Zeitschrift des Blindenlehrerverbands (Der Blindenfreund) erschien mit einem nazibraunen Umschlag mit Hakenkreuz. Es wurden in den Satzungen Paragrafen aufgenommen, die die Mitgliedschaft an die arische Abstammung koppelten. Selbst die Kriegsblinden jüdischer Abstammung wurden ausgeschlossen. Besonders in der Zeitschrift „Der Kriegsblinde“ kam es zunehmend zu übler antisemitischer Hetze. Auch unter den von der blista betreuten Studierenden und den Schülern und Schülerinnen wurden die Menschen jüdischer Herkunft ausgegrenzt. Nachdem die Blindenstudienanstalt ab Sommer 1933 der „Volkswohlfahrt der NSDAP“ (NSV) unterstellt war, dürfte es keine Menschen jüdischer Herkunft an der blista gegeben haben. Exakte Unterlagen über diese Entwicklung konnten bisher nicht gefunden werden.

Das Kapitel „Direktor Carl Strehl“ hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die auch schon in dem Buch von Dr. Malmanesh zu erkennen sind. Es ist schwierig herauszuarbeiten, was die Einstellung der Person Strehl zum Nationalsozialismus war und was er getan hat, bzw. was er aus seiner Sicht tun musste, um sein Hauptziel zu verfolgen, die Blindenstudienanstalt in ihrem Bestand zu sichern. In meinen Führungen durch die Ausstellung habe ich dies mit der Aussage "Wer mit dem Teufel zu Tisch sitzt, braucht einen langen Löffel" zu charakterisieren versucht. Legt man seinen Werdegang zu Grunde, Freimaurer und Kandidatur für eine liberale Gruppierung in Marburg, wird er der Überzeugung nach kein Nationalsozialist gewesen sein, vor allem wenn man bedenkt, dass Marburg von 1933 überdurchschnittlich stark nationalkonservativ gestimmt war (Die Ergebnisse für die DNVP lagen immer deutlich über Reichsdurchschnitt). Manche von ihm getroffene Aussagen und Maßnahmen bleiben im Nachhinein jedoch zumindest befremdlich. Dennoch sollte man mit Demut vor der historischen Entwicklung sich hüten, allein heutige Maßstäbe anzusetzen. Die Selbstständigkeit der Selbsthilfe und der Blindenstudienanstalt waren sein Hauptziel und bei der Verfolgung dieses Zieles war er für die Behörden des Nationalsozialistischen Staates durchaus auch ein unangenehmer Partner. Er hat es jedoch trotz vieler Anfeindungen von nationalsozialistischen Funktionären geschafft, sein Ziel weitgehend zu erreichen.

Bei der Darstellung der Lehrer ist vor allem die Kontroverse eines Kurses der Kriegsblinden mit ihrem Deutsch- und Geschichtslehrer Dr. Friedrich Bunnemann erwähnenswert. Er wurde nach einer Auseinandersetzung im Geschichtsunterricht angeschwärzt. Er soll im Unterricht Werbung für das Freimaurertum gemacht haben. Dr. Bunnemann hat wohl erwähnt, dass Symbole der mittelalterlichen Bauhütten auch Eingang in die Symbolik der Freimaurer gefunden haben. Die Beschwerde landete beim Oberstabsarzt, der das Reservelazarett 3 leitete, die Kursteilnehmer waren wohl de jure noch Mitglieder der Wehrmacht. Hier war Strehls Verhandlungsgeschick gefragt. Es gab Vernehmungen und Besprechungen. Als Vorwurf stand im Raum, er habe die Freimaurerei erwähnt, ohne gleichzeitig auf ihre Verbrechen hinzuweisen. Da diese Kontroverse m. E. besonders gut geeignet ist, die damaligen Verhältnisse zu beschreiben, sei hier etwas ausführlicher zitiert: “Für die ohnehin privilegierten Wehrmachtsangehörigen reihte sich der Vorfall jedenfalls in eine ganze Liste von Beschwerden ein.“ Bunnemann vermutete hinter den „Anschuldigungen der völlig nazistisch eingestellten Kriegsblinden” überdies ein Komplott gegen Strehl persönlich, der als früherer Freimaurer besonders angreifbar war. Am 1. August 1945 schrieb er an Strehl, dass die Kriegsblinden wahrscheinlich von Erich Kittel aufgehetzt worden seien. 1947 hielt Bunnemann Strehl zugute, dass „durch seine Mitwirkung die Entscheidung zu meinen Gunsten fiel. Dem persönlich ihm [Strehl] erteilten Rat des Oberschulrats Zühlke [...], mich zur Vermeidung von weiteren Schwierigkeiten nicht mehr zu beschäftigen, gab er nicht statt”. Strehl selbst gestand 1945, dass er „seelisch unter der ganzen Angelegenheit unendlich lange habe leiden müssen", zumal er sich als ehemaliger Freimaurer in seiner „Stellung von 1933 bis 1945 vielfach Anfeindungen ausgesetzt" sah.“ (Seite 48, a.a.O.)

Das Leben der Schüler und Schülerinnen veränderte sich wie in der Gesamtgesellschaft. Es gab eine HJ-Gruppe, die sich auch mit anderen Gruppen in der Stadt traf. Der Zugang zur höheren Bildung stand aber zunehmend in Frage. Die Verbände der Selbsthilfe und vor allem Carl Strehl intervenierten immer wieder,um den Zugang zur höheren Bildung für die blinden Menschen zu erhalten. Es gab jedoch auch Auseinandersetzungen in Schülerschaft. Ein Fall ist dokumentiert. Ein Schüler hatte sich kritisch über die Kirchenpolitik geäußert, ein anderer hatte dies gehört und interveniert. Dr. Mittelsten Scheid konnte den Konflikt dann beilegen.

Das Erbgesundheitsgesetz stellte für viele, die nicht durch Kriegseinwirkung erblindet waren, eine starke Belastung dar. Wolfgang Form schildert die Auswirkungen auf die Blindenstudienanstalt. Die Position Strehls wird dabei als zwiespältig beschrieben. Einerseits begrüßte er die Maßnahmen des Staates zur Erbgesundheit, andererseits versuchte er im Einzelfall zu helfen und hat zahlreiche Eingaben gemacht, um die gesellschaftliche Stellung auch der erblich erblindeten Menschen zu sichern. Eine besondere Problematik bestand auch darin, dass Prof. Dr. Pfannenstiel Mitglied im Vorstand der Blindenstudienanstalt war. Er war einer der führenden Rassehygieniker des NS-Staates und SS-Standartenführer. Neben den Schülern und Schülerinnen waren jedoch auch Mitarbeiter der Blindenstudienanstalt betroffen. Ausführlich wird der Fall von Dr. Friedrich Mittelsten Scheid geschildert. Zunächst wird die Gefahr, er könne die Blindheit vererben, vom Gesundheitsamt Marburg bejaht. Auf seinen Widerspruch erklärt das Erbgesundheitsobergericht in Kassel, dass die Entscheidung der Vorinstanz in Marburg richtig sei, man müsse jedoch berücksichtigen, dass die Frau von Dr. Mittelsten Scheid kurz vor der Menopause stehe und er so von seiner Frau im Alltagsleben so abhängig sei, dass er nicht in die Gelegenheit käme, außerehelich Kinder zu zeugen.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Dr. Mittelsten Scheid in dieser Zeit vor allem erbblinden jungen Frauen beistand und versucht hat, sie von der Sterilisation abzuhalten. Über Dr. Mittelsten Scheid liegt eine interessante Schülerarbeit von Silke Köstler vor: „Dr. Friedrich Mittelsten Scheid – Ein stiller Held“. Die Arbeit wurde angeregt von Herrn Uwe Sparenberg, der als Geschichtslehrer viel für die Erinnerungskultur der Blindenstudienanstalt geleistet hat.

Während der Kriegszeit änderte sich vieles an der Blindenstudienanstalt. Lehrer wurden eingezogen, ebenso auch Mitarbeiter aus dem Verlag und den Werkstätten. Die blista war jedoch auch als „kriegswichtiger Betrieb“ anerkannt. Man setzte Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter ein und profitierte von Arisierungen. Strehl veröffentlichte Stellungnahmen, die den Krieg rechtfertigten, und verbreitete Durchhalteparolen. Insgesamt hat die blista den Krieg jedoch weitgehend unbeschadet überstanden. Dies dürfte jedoch auch damit zusammenhängen, dass Marburg vom Luftkrieg und vom Endkampf weitgehend verschont blieb.

Zum Schluss kommt Herr Form zu einer Einschätzung der Rolle der Blindenstudienanstalt: „Das Leben an der Blindenstudienanstalt unter dem Nationalsozialismus passte sich an die politischen Erwartungen an, die das Regime an die deutschen Bildungsinstitutionen richtete. Dabei kam sie den neuen Machthabern durch eigene Initiativen entgegen. Doch scheint sich dies erst langsam auf den Unterrichtsalltag ausgewirkt zu haben. Zur gleichen Zeit schwächte die nationalsozialistische Politik der Kriegsvorbereitung mit ihrer Betonung uneingeschränkter physischer Leistungsfähigkeit die gesellschaftliche Position der Blinden und ihrer Verbände. Strehl war bemüht, die Selbsthilfe der Blinden, die ihm zeitlebens am Herzen lag, gegen Einmischung von Ämtern und NSDAP-Stellen zu verteidigen. Er verstand es, dafür auch im NS-Staat Verbündete und unter den Blinden gleichgesinnte loyale Mitarbeiter zu gewinnen. Doch teilte er- wie die meisten seiner Landsleute - die von Staat und Partei propagierten nationalistischen Überzeugungen. Während des Kriegs band er sich und seine Studienanstalt immer stärker an den kritiklos verehrten 'Führer', und dieser Treue fühlte er sich bis zuletzt verpflichtet. Aussagen zu den NS-Verbrechen und Reaktionen darauf sind nicht überliefert. Erst der völlige Zusammenbruch des Dritten Reichs scheint eine Umorientierung ermöglicht zu haben, die Strehl und die von ihm geleitete Einrichtung - im Zeichen des Wiederaufbaus - an Entwicklungen der späten 1920er und frühen 1930er Jahre neu anknüpfen ließ.“ (a.a.O. S. 92)

Die Broschüre bietet einen sehr konkreten und interessanten Überblick über die blista im Nationalsozialismus. Ich hätte mir an manchen Stellen etwas mehr Struktur und auch Einordnung der Fakten gewünscht. Hier muss jedoch die Kürze der Zeit und die unvollständige und nicht strukturierte Quellenlage berücksichtigt werden.

Auffallend ist auch, dass sich die Erinnerungskultur an der blista lange nicht entwickelt hat. Vieles ist verloren gegangen, manches wird wohl auch zurückgehalten. Es wurde erst sehr spät wieder an Prof. Bielschowsky, den eigentlichen Gründer, gedacht.

Ich hoffe, dass dieser verdienstvollen Arbeit über die blista noch weitere folgen werden.

*Der Autor ist ehemaliger Geschichtslehrer der Carl Strehl-Schule.

 

Die blista im Nationalsozialismus. Zur Geschichte der Blindenstudienanstalt Marburg (Lahn) von 1933 bis 1945. Friedrich, Klaus-Peter; Form, Wolfgang, Marburg 2016.

Schwarzschriftausgabe: 103 Seiten, ISBN: 3-89642-037-2, 7,50 EUR
Hörbuch: Bestellnummer: 817291, Laufzeit: 4 Std. 33 Min., 7,50 EUR

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:
Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
Öffentlichkeitsarbeit
Am Schlag 2-12, 35037 Marburg
Tel.: 06421 606-0, Durchwahl: 06421 606-220
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Foto 1. Lesens- und Hörenswert: "Die blista im Nationalsozialismus". Foto: blista (Titelblatt der Publikation plus DAISY-CD)

Foto 2: Carl-Strehl (1986-1971) im Jahr 1938. Foto aus: Dr. Hans Ludwig: Carl Strehl. Ein Leben im Dienste der Blinden. Verlag Deutscher Blindenverband, Bad Godesberg, 1969. (Carl Strehl auf einem Schwarzweiß-Portraitfoto in Anzug und Krawatte.)

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Panorama

Kieler Erklärung

Forderungen der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen von Bund und Ländern an die neue Bundesregierung

Bei den Koalitionsverhandlungen müssen bedeutende Weichen in der Politik von und für Menschen mit Behinderungen in den kommenden Jahren gestellt werden. Diese Chance muss genutzt werden, das erwarten die Menschen mit Behinderungen in unserem Land. Als Beauftragte von Bund und Ländern für die Belange der Menschen mit Behinderungen fordern wir, dass folgende Vorhaben in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden:

1. Wahlrechtsausschlüsse abschaffen

Über 80.000 Menschen mit Behinderungen und einer Betreuung in allen Angelegenheiten wurden bei der Bundestagswahl von dem grundlegenden Recht ausgeschlossen, wählen zu dürfen. Diese Wahlrechtsausschlüsse sind menschenrechtswidrig und widersprechen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Bestehende Wahlrechtsausschlüsse müssen in den Wahlgesetzen von Bund und Ländern gestrichen werden.

2. Private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichten

Menschen mit Behinderungen treffen im Alltag immer noch auf viele Barrieren. Stufen zu Arztpraxen und Restaurants, Fernsehsendungen ohne Untertitel und Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher, für blinde und sehbehinderte Menschen nicht zugängliche Webseiten, das sind vielfältige Barrieren, die Menschen mit Behinderungen diskriminieren und von ihrem Recht auf Teilhabe ausschließen. Auch private Anbieter von öffentlich zugänglichen Angeboten müssen endlich zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Dazu gehört auch der Zugang zu Dienstleistungen und Produkten. Hier ist eine Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes notwendig und der Prozess auf europäischer Ebene zur Schaffung einheitlicher Standards beim Thema Barrierefreiheit ist zügig fortzusetzen.

3. Inklusion stärken – das Bundesteilhabegesetz anpassen

Auch mit dem Bundesteilhabegesetz können Menschen mit Behinderungen gezwungen werden, in besonderen Wohnformen (Wohnheimen) zu leben. Das widerspricht Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Zumutbarkeit des Zusammenlegens (Poolens) von Assistenzleistungen stellt eine Einschränkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen dar. Diese Regelungen müssen im Bundesteilhabegesetz geändert werden und weitere Schritte zur Freistellung der Teilhabeleistungen vom Einkommen und Vermögen der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen festgelegt werden.

Außerdem ist bei der Ausführung in den Ländern auf eine umfassende Beteiligung der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen und der Landesbeauftragten zu achten. Dafür sind ihnen auskömmliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sind Strategien zu entwickeln, damit die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen gestärkt wird und Einrichtungen abgebaut werden. De-Institutionalisierung, der Abbau von Sonderwelten für Menschen mit Behinderungen, ist aktiv voranzutreiben. Dafür sind in den Aktionsplänen von Bund und Ländern verbindliche Vorgaben zu entwickeln, um die Aufträge aus der Staatenberichtsprüfung im Rahmen der Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2015 umzusetzen. Die Neuregelung für den Zugang zu Leistungen der Eingliederungshilfe darf nicht zum Ergebnis führen, dass Menschen aus dem Leistungsbezug gedrängt werden.

4. Inklusive Lösung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen umsetzen

Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Eingliederungs- und der Kinder- und Jugendhilfe bereitet Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Schwierigkeiten. Die sogenannte inklusive Lösung, also die Zusammenführung der Leistungen für alle Kinder und Jugendlichen unter dem Dach des Sozialgesetzbuches 8 (SGB VIII), ist jetzt endlich umzusetzen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die lang bewährten Standards für Hilfen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung beibehalten werden und keine Leistungskürzungen eintreten.

5. Länder für die Inklusion im Bereich Bildung unterstützen

Gemeinsamer Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen ist leider immer noch nicht der Normalfall. Besonders mit einer Lockerung des Kooperationsverbotes müssen den Ländern Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden, um ein funktionsfähiges inklusives Schulsystem nach gleichen Standards zu entwickeln.

6. Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen schaffen – einen inklusiven Arbeitsmarkt gestalten

Menschen mit Behinderungen sind immer noch überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Über 300.000 Menschen mit Behinderungen arbeiten in den Werkstätten für behinderte Menschen außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Zugang von Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt muss erleichtert werden. Die Verpflichtung der Unternehmen, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, muss konsequenter umgesetzt werden. Dafür ist mehr Bewusstsein bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern notwendig, weitere Anreize zu geben und die Wirkung der Ausgleichsabgabe zu prüfen und gegebenenfalls zu erhöhen. Rahmenbedingungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt sind auch bei der Digitalisierung der Arbeitswelt zu schaffen.

7. Barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum schaffen

Bundesweit und besonders in den Ballungsgebieten herrscht ein Mangel an barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum. Das ist eines der größten Hindernisse für die Verwirklichung inklusiven und selbstbestimmten Wohnens. Wir fordern mehr Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung und daran geknüpfte Verpflichtungen zur Schaffung von barrierefreiem und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarem Wohnraum.

8. Barrierefreie Mobilität ausbauen

Zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Bussen und Bahnen müssen Länder, Kommunen und Verkehrsunternehmen unterstützt werden. Bis zum Jahr 2022 ist nach dem Personenbeförderungsgesetz vollständige Barrierefreiheit umzusetzen. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn nicht zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Wir fordern ein Investitionsprogramm des Bundes und der Länder zum Ausbau barrierefreier Verkehrsinfrastruktur im ÖPNV und ein weiteres Förderprogramm zum barrierefreien Umbau von Bahnstationen. Inklusion und die Verwirklichung der gleichberechtigten Teilhabe von und für Menschen mit Behinderungen sind nur in einer vielfältigen und weltoffenen Gesellschaft möglich. Als Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen von Bund und Ländern rufen wir alle Abgeordneten auf, denen entschieden entgegenzutreten, die Ausgrenzung und Ressentiments in den Parlamenten propagieren.

9. Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen verbessern

Menschen mit Behinderungen müssen einen gleichberechtigten Zugang zu allen Bereichen des Gesundheitswesens haben. Sie sind beim Arztbesuch, bei Krankenhaus- und Reha-Aufenthalten sowie bei der Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln noch immer benachteiligt. Auch ist der behinderungsbedingte Mehraufwand im Gesundheitswesen nicht ausreichend abgebildet. Von der neuen Bundesregierung erwarten wir, dass die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für ein inklusives Gesundheitswesen auch im Hinblick auf eine Digitalisierung im Gesundheitswesen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention geschaffen werden.

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Richard Heuer gen. Hallmann

Neues vom Brailleschriftkomitee

Die personelle Zusammensetzung des Brailleschriftkomitees der Deutschsprachigen Länder (BSKDL) hat sich im Herbst 2017 geändert.

Die Mediengemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen (MEDIBUS) wird jetzt durch Dr. Aleksander Pavkovic (München) und die Blindenschriftkommission der Schweiz durch Markus Feer (Basel) vertreten. Als einer der beiden Delegierten des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) wurde Peter Brass (Berlin) neu benannt.

Auf der BSKDL-Tagung vom 23. bis 25. November 2017 in Frankfurt a.M. wurde Richard Heuer gen. Hallmann (Dortmund) erneut zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt.

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Kommunale Politik für ältere Menschen

Neues Positionspapier der BAGSO erschienen

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) fordert Kommunen auf, Rahmenbedingungen für ein aktives Altern der Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Zudem sollen Schutz und Hilfe für diejenigen gewährleistet werden, die infolge von Unterstützungs- und Pflegebedürftigkeit, Krankheit oder Behinderung hierauf angewiesen sind.

"Kommunen sollen  ihren älteren Bürgerinnen und Bürgern – insbesondere auch älteren Menschen mit Beeinträchtigungen – ein selbstbestimmtes, selbstständiges, an Teilhabe orientiertes, aktives und möglichst gesundes Leben ermöglichen", so lautet die wesentliche Forderung, die im November 2017 vom Vorstand der BAGSO verabschiedet wurde.

Die Leitlinien des sieben Seiten umfassenden Positionspapiers beziehen sich insbesondere auf die Bereiche Gesundheit und Pflege, Wohnen und Wohnumfeld, Mobilität und Verkehr, Engagement und Partizipation, Bildung und lebenslanges Lernen sowie Digitalisierung und digitale Teilhabe. Die BAGSO fordert Kommunen außerdem auf, zur Stärkung eines differenzierten Altersbildes beizutragen, "das sowohl die Verletzlichkeit als auch die Potenziale des Alters abbildet", und dies auf allen Ebenen der Kommunalpolitik konzeptuell umzusetzen.

Das Positionspapier steht auf www.bagso.de zum Download bereit.

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Bürgerschaft beschließt ein Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg

Seit 2014 streiten der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH), die Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V. (LAG) und der Verein Barrierefrei Leben e.V. dafür. Nun soll es endlich 2018 kommen: ein Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg. Dies beschloss die Hamburgische Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 20. Dezember 2017.

Das Kompetenzzentrum berät zukünftig Behörden, Ämter und öffentliche Institutionen zu allen Fragen der Barrierefreiheit, z.B. im öffentlichen Raum, im Personennahverkehr (ÖPNV) oder der Informationstechnik.

„Der Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft, ein Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit einzurichten, ist ein Meilenstein für behinderte Menschen in Hamburg“, erklärt Karsten Warnke, früherer zweiter Vorsitzender des DVBS und Mitglied im Vorstand des BSVH. Er ist seit Jahren als Berater für öffentliche Stellen tätig und hat das Konzept für das Kompetenzzentrum maßgeblich erarbeitet. „Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert Barrierefreiheit als Voraussetzung für eine inklusive, diskriminierungsfreie Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen. Wir haben nun deutlich bessere Bedingungen, um diesen Anspruch voranzutreiben“, so Warnke.

1991 wurde zur Förderung der Barrierefreiheit das „Beratungsstellennetzwerk Hamburger Straße“ gegründet. Diesem gehören die LAG, Barrierefrei Leben, der BSVH sowie der Bund der Schwerhörigen an. Seitdem beraten und unterstützen „Betroffenen-Experten“ öffentliche Stellen und Planungsbüros bei der barrierefreien Gestaltung Hamburgs durch umfassende Stellungnahmen, durch Teilnahme an Ortsbegehungen und Mitarbeit in Gremien, z.B. beim HVV.
Hauptsächlich wurde diese ehrenamtlich geleistet. Aufgrund des stetig steigenden Beratungsbedarfs stoßen die Experten jedoch seit Jahren an ihre Kapazitätsgrenzen. Das bereits vorhandene Know-how soll nun im neu zu schaffenden Kompetenzzentrum gebündelt, koordiniert und durch die Schaffung hauptamtlicher Stellen weiterentwickelt und von Hamburg finanziert werden.

 

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Sabine Hahn

SightCity 2018

Die größte internationale Fachmesse für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel in Deutschland findet dieses Jahr vom 25. bis 27. April in Frankfurt am Main statt. An drei Tagen werden ab 10 Uhr die Türen des Sheraton Frankfurt Airport Hotels für Messebesucherinnen und -besucher geöffnet. Rund 130 deutsche und internationale Aussteller präsentieren dort in Terminal 1 Hilfsmittel oder stellen Informationsangebote und Serviceleistungen vor. Zu den Ausstellenden gehören neben Hilfsmittelfirmen auch Hörbüchereien, Selbsthilfeverbände, Berufsbildungswerke oder andere Anbieter, die sich explizit an blinde und sehbehinderte Kundinnen und Kunden richten. Vorträge im SightCity-Forum informieren über aktuelle Trends und Themen. Der Eintritt ist frei.

Begleithunde sind willkommen und der Messebesuch wird blinden und sehbehinderten Gästen durch ein Leitsystem erleichtert. Außerdem gibt es sowohl am Frankfurter Fern- als auch am S-Bahnhof wieder einen kostenlosen Abholservice zur SightCity. Gebucht werden kann aber auch ein (kostenpflichtiger) persönlicher Messeguide mit Deutsch- und Englischkenntnissen, der einzelne Gäste oder Kleingruppen stundenweise über die Messe begleitet.

Die SightCity wurde 2003 ins Leben gerufen, ihre Besucherzahl lag im letzten Jahr bei 3.800 Menschen. Blista und DVBS werden an Stand D 17, rechts neben der Hallentür, vertreten sein. Die Messetüren werden am Mittwoch und Donnerstag um 18 Uhr, am Freitag gegen 16 Uhr schließen.

Weitere Informationen erhalten Sie unter http://www.sightcity.net - oder achten Sie in den nächsten Wochen verstärkt auf die Mitteilungen Ihres Selbsthilfeverbandes.

Foto 1: Ob mit oder ohne tierischen Begleiter - auf der SightCity erleichtert ein Wegeleitsystem die Orientierung. Foto: SightCity/ Kerstin Philipp (Besucherin mit dunkler Brille und aufmerksamem Blindenhund an der Leine. Ihr rechter Fuß steht auf der geriffelten Bodenmarkierung, der Hund mit seiner rechten Vorderpfote.)

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Karlsruher Institut für Technologie

Orientierungsveranstaltung für alle Studieninteressierte

Studieninteressierte mit Seheinschränkung sollen selbständig darüber entscheiden können, ob sie sich einem Studium mit seinen speziellen Anforderungen gewachsen fühlen und welche Dinge rechtzeitig vor Studienbeginn in die Wege geleitet werden sollten. Daher bietet das Studienzentrum für Sehgeschädigte in Karlsruhe für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis 13 sowie für Studieninteressierte aus dem deutschsprachigen Raum vom 7. bis 9. Mai 2018 eine Orientierungsveranstaltung an. Ziel ist, alle Themenbereiche eines Studiums unter den speziellen Bedingungen der Sehbehinderung/Blindheit anzusprechen. Zugleich können Netzwerke mit anderen Studieninteressierten und bereits Studierenden geknüpft werden. Zu den unterschiedlichen Themenkomplexen referieren unter anderem Orientierungs- und Mobilitätstrainer, Experten des Integrationsamtes und des Studentenwerks sowie Juristen und KIT-Studierende mit Seheinschränkung aus höheren Semestern. Die Veranstaltung spricht auch Schülerinnen und Schüler an, die Karlsruhe voraussichtlich nicht als Studienort wählen werden

Nähere Information und Anmeldung:

Karlsruher Institut für Technologie
Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS)
Tel.: +49 (0) 721 608-41937
Fax: +49 (0) 721 608-42020
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Barrierefreiheit und Mobilität

Dr. Rüdiger Leidner

Teilhabe ohne Barrierefreien Tourismus – geht das? Teil 2: Verlässliche Informationen über Barrierefreiheit durch das bundeseinheitliche Informations- und Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“

1. Vorbemerkung

Im 1. Teil wurde die Teilnahme behinderter Menschen am allgemeinen Tourismus als wesentlicher Bestandteil von mehr Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben und somit mehr Inklusion herausgearbeitet (siehe horus 4/2017). Dabei war mehrfach auf die Bereitstellung verlässlicher Informationen über Barrierefreiheit als unverzichtbare Voraussetzung hingewiesen worden. Im zweiten Teil wird als konkrete Lösung hierfür das neue bundeseinheitliche Informations- und Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ vorgestellt, das ab Mitte 2018 Online-Recherchen in der dann auf mehreren Websites bereitgestellten Datenbank ermöglichen wird.

2. „Reisen für Alle“, das neue bundeseinheitliche Informations- und Kennzeichnungssystem

Da fast alle in Deutschland bestehenden Kennzeichnungssysteme für barrierefreie touristische Angebote auf nicht überprüften Selbstauskünften der Anbieter beruhen und daher für die Betroffenen vielfach unzureichend bzw. sogar unzuverlässig sind, beauftragte das Bundeswirtschaftsministerium 2011 das Deutsche Seminar für Tourismus Berlin (DSFT), in Kooperation mit der NatKo (Tourismus für Alle Deutschland e.V.) ein bundeseinheitliches Informations- und Kennzeichnungssystem für barrierefreie touristische Angebote zu entwickeln.

2.1 Der Aufbau des neuen Kennzeichnungssystems

„Reisen für Alle“ beruht auf folgenden Grundelementen:

  • Es handelt sich um ein insgesamt dreistufiges System, beginnend mit einer „Informationsstufe“, gefolgt von den Stufen „teilweise barrierefrei“ und „barrierefrei“.
  • Es beschränkt sich nicht auf den Hotel- und Gaststättenbereich, sondern ist für Angebote entlang der gesamten touristischen Leistungskette geeignet, also z.B. auch für Museen, Beförderungsmittel sowie Freizeitangebote unterschiedlichster Art.
  • Die Erfüllung der festgelegten Barrierefreiheitskriterien, die als „Qualitätskriterien“ bezeichnet werden, wird von externer Seite, sog. „Erhebern“, die von DSFT und NatKo geschult werden, überprüft.

Es wurden sieben Gästegruppen gebildet, für deren behinderungsspezifische Anforderungen in Abstimmung mit Vertretern der Behindertenselbsthilfe, Tourismuswirtschaft und -politik Kriterien entwickelt wurden, nämlich

  • Reisende mit einer Gehbehinderung,
  • Rollstuhlfahrende,
  • Reisende mit einer Sehbehinderung,
  • blinde Reisende,
  • schwerhörige sowie gehörlose Reisende,
  • Reisende mit kognitiven Beeinträchtigungen.

Das Kennzeichnungssystem ist mehrstufig, um die Erlangung eines Zertifikats zu erleichtern und sichtbare Anreize zu setzen, die Angebotsqualität hinsichtlich Barrierefreiheit zu verbessern.

So gehört zu den Anforderungen der Stufe "teilweise barrierefrei" bei sehbehinderten und blinden Reisenden z.B. das Vorhandensein visuell bzw. taktil kontrastierender Bodenindikatoren im Außenbereich sowie bei Gebäuden mit Aufzug das Vorhandensein einer Sprachausgabe. Die Qualitätskriterien der Stufe "barrierefrei" sind umfangreicher und detaillierter. Sie erstrecken sich auch auf die Orientierung in einem Gebäude, die Präsentation von Informationen an Exponaten usw. Für die Gruppe blinder Reisender gehört in dieser Stufe auch die Möglichkeit der Mitnahme eines Blindenführhunds dazu. Alle Qualitätskriterien sind auf der Projekt-Website www.reisen-fuer-alle.de einsehbar. Sie bietet auch bereits Recherchemöglichkeiten innerhalb der dort gelisteten zertifizierten Angebote.  

Um ein solches Zertifikat zu erhalten, meldet eine touristische Einrichtung, also z.B. ein Hotel, diesen Wunsch normalerweise bei der regional zuständigen Tourismusmarketingorganisation. Von dort werden die Erheber entsandt, die die Erfüllung der festgelegten Kriterien überprüfen. Ihr Datensatz wird vom DSFT ausgewertet und festgestellt, ob und für welche Gästegruppe die Kriterien erfüllt sind.

Eine touristische Einrichtung, der das entsprechende Zertifikat verliehen wurde, kann ihr Angebot durch spezielle - im Rahmen des Projekts entwickelte - Piktogramme kennzeichnen.

Das nachstehende Piktogramm kennzeichnet Angebote, die sowohl für blinde als auch für sehbehinderte Reisende als „teilweise barrierefrei“ bewertet wurden.

Das „i“ in den Piktogrammen dieser Stufe deutet darauf hin, dass nicht alle Anforderungen der nächsthöheren Stufe erfüllt sind und Reisende sich über die Erfüllung weiterer für sie wichtiger Anforderungen selbst informieren müssen, z.B. im „Bericht für den Gast“, der als Ergebnis der Prüfung erstellt wird. Bei den – sonst identischen – Piktogrammen zur Kennzeichnung von Angeboten, die alle Qualitätskriterien erfüllen, also als „barrierefrei“ bewertet wurden, fehlt dieses „i“.

Da bei der Prüfung eines Angebots immer die Kriterien für alle sieben Gästegruppen erfasst werden, bedeutet die Kennzeichnung mit einem dieser Piktogramme nicht, dass nur für diese Gästegruppen ein geeignetes Angebot vorhanden ist. Vielmehr zeigt es an, dass für diese Gästegruppen die gestellten Anforderungen teilweise oder ganz erfüllt werden, die Eignung des Angebots für andere Reisende von diesen selbst geprüft werden muss.

Das bedeutet, dass auch ein Angebot, das als „barrierefrei für gehbehinderte Gäste“ bewertet wurde, möglicherweise die Mitnahme von Blindenführhunden erlaubt, taktile Nummern an den Zimmertüren hat, sonst aber keine der Qualitätskriterien zur Erreichung der Stufen 1 oder 2 für blinde bzw. sehbehinderte Gäste erreicht hat. Im „Bericht für den Gast“, der Ergebnis jeder Zertifizierung ist, können solche Details aber nachgelesen werden.

Auch eine Einrichtung, die nach Auswertung der Datenerhebung für keine der sieben Gästegruppen eine dieser beiden Stufen erreicht, stellt daher für behinderte Reisende verlässliche Informationen bereit. Denn die bei der Prüfung erhobenen Angaben werden trotzdem in den Datenbanken des Kennzeichnungssystems erfasst und können recherchiert werden. Für diese Einrichtungen gibt es ein „Informationssymbol“ ohne Zuordnung zu einer der genannten Gästekategorien.

Es signalisiert den Reisenden, dass geprüfte Informationen vorliegen, sie aber selbst - und noch mehr als bei Verleihung des Zertifikats für die Stufe „teilweise barrierefrei“ - bewerten müssen, ob das Angebot geeignet ist.

Neben der Erfüllung bestimmter Kriterien ist Voraussetzung für die Verleihung eines Reisen-für-Alle-Zertifikats, dass mindestens eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Einrichtung an einer von DSFT und NatKo entwickelten Online- oder Präsenzschulung teilgenommen hat.

Die Bedeutung der „Informationsstufe“ wird oft unterschätzt.

Wenngleich es unbestreitbar vorzuziehen und anzustreben ist, dass möglichst viele Einrichtungen die Anforderungen der Stufe 2 erfüllen, ist bis zur flächendeckenden Erreichung dieses Ziels die Informationsstufe für behinderte Reisende ein wichtiges Element des Informations- und Kennzeichnungssystems. Sie bietet geprüfte Informationen, um selbst und ungefiltert durch Mindestanforderungen entscheiden zu können, ob ein bestimmtes Angebot für die eigenen Bedürfnisse geeignet ist. Denn die Einteilung in nur zwei Kategorien kann, wie jede Klassifizierung, zu unbefriedigenden Ergebnissen führen.

So würde für einen blinden Reisenden ohne Führhund die Beschränkung seiner Suche auf die Kategorie „Barrierefrei für blinde Reisende“ zu weniger Angeboten führen, als er nutzen könnte, da dieses Piktogramm nur verwendet werden darf, wenn das Mitbringen eines Führhunds erlaubt ist.

2.2 Der aktuelle Stand des Projekts (Herbst 2017)

Nachdem die Checklisten für die Prüfung der Angebote erarbeitet waren, wurden die Anforderungen an die geplante Datenbank festgelegt. Diese Datenbank, auf die Partner wie die Tourismusmarketingorganisationen der Bundesländer wie auch DZT und ADAC zugreifen können, ermöglicht dann den betroffenen Reisenden, (voraussichtlich ab Mitte 2018) umfassend im Internet zu recherchieren. Internet-Nutzer können ihre Filterkriterien dann auch individuell setzen, so dass die Klassifizierung nach „teilweise barrierefrei“ und „barrierefrei“ nur noch für Leser gedruckter Informationen bedeutsam ist.

2017 waren in den 11 Bundesländern, die „Reisen für Alle“ anwenden[1], etwa 1900 touristische Angebote auf die Erfüllung der Qualitätskriterien überprüft. Die regionale Verteilung dieser Angebote hängt nicht nur von der Größe der Bundesländer und der unterschiedlichen Bedeutung des Tourismus, sondern auch der jeweiligen finanziellen Förderung der Zertifizierungen ab.

Die meisten der für Stufe 1 (teilweise barrierefrei) und Stufe 2 (barrierefrei) erteilten Zertifikate beziehen sich auf Reisende mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrer. Hinsichtlich der Gruppe blinder bzw. sehbehinderter Reisender erfüllt derzeit nur ein verschwindend kleiner Anteil die Qualitätskriterien der Stufen 2 oder 1. Wie erwähnt, kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass nicht auch die anderen Einrichtungen, über die geprüfte Informationen zur Barrierefreiheit vorliegen, geeignete Angebote enthalten.

Mit einem Anteil von etwa 40 % an den insgesamt überprüften 1900 Einrichtungen liegt der Schwerpunkt der überprüften Einrichtungen derzeit eindeutig auf Beherbergungsbetrieben.

3. Ausblick

Die Tatsache, dass zurzeit knapp 2000 touristische Angebote überprüft bzw. zertifiziert wurden, macht zwar deutlich, dass „Reisen für Alle“ die Startlöcher verlassen hat, zeigt aber auch, dass im Vergleich zum gesamten touristischen Angebot in Deutschland derzeit nur ein verschwindend kleiner Bruchteil von dem neuen Kennzeichnungssystem erfasst ist. Auch die etwa 800 überprüften Beherbergungsbetriebe stellen nur einen Bruchteil der vielen tausend Betriebe in Deutschland dar.

Damit „Reisen für Alle“ in der deutschen Tourismuswirtschaft für alle sichtbar ankommt und in nennenswertem Umfang barrierefreie touristische Serviceketten entstehen, bleibt daher noch sehr viel zu tun.

Wichtig für die Verbreitung des Systems ist auch, dass blinde bzw. sehbehinderte Reisende in Hotels, Museen oder anderen von ihnen besuchten touristischen Einrichtungen fragen, warum sich der Anbieter nicht zur Überprüfung der Barrierefreiheitskriterien bei „Reisen für Alle“ angemeldet hat.

Darüber hinaus ist aber auch die Politik gefordert, die Verbreitung verlässlicher Informationen über Barrierefreiheit im Tourismus sicherzustellen.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat erste Konsequenzen gezogen und die NatKo Mitte 2017 beauftragt, die Einführungsphase zu flankieren. Damit es gelingt, das neue Kennzeichnungssystem in Deutschland zu verbreiten, wird die NatKo die Behindertenverbände einbinden und Verbände und Mitglieder um aktive Unterstützung bitten.

Mit diesem Anschlussprojekt ist auch gewährleistet, dass der mit der ersten Zielvereinbarung 2005 in Gang gekommene Dialog zwischen Tourismuswirtschaft und Behindertenverbänden fortgesetzt werden kann. Dieser Dialog ist einer der wichtigsten Nebeneffekte dieser formalen Vereinbarungen und Grundlage für die Weiterentwicklung in Richtung einer inklusiven Gesellschaft.

Umso unverständlicher erscheint es daher, wenn das Ministerium gleichzeitig ein Tourismuskompetenzzentrum des Bundes einrichtet, in dem Kompetenz und Leistungen der NatKo unberücksichtigt bleiben sollen. Dieser Ansatz ist nicht inklusiv und trägt damit auch nicht zur Erhöhung der Geschwindigkeit auf dem Weg zur Barrierefreiheit bei.

Abbildung Kombinationspiktogramm „teilweise barrierefrei“ für blinde und sehbehinderte Reisende. (Das Piktogramm besteht aus vier Elementen: v. l.: Schriftzug "Barrierefreiheit geprüft", Haken in Schwarz-Rot-Gelb, stilisierte Brille, im oberen rechten Feld ein "i", stilisierte Person mit Blindenstock, im oberen rechten Feld ein "i")

Abbildung Piktogramm der Informationsstufe „Geprüfte Informationen über Barrierefreiheit". (Das Piktogramm besteht aus zwei Teilen. Links der Schriftzug "Information zur Barrierefreiheit", rechts der Haken mit dem Aufwärtsbogen in Schwarz-Rot-Gelb.)

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"BIK für Alle"

Neuer Test unterstützt die Barrierefreiheit von Webangeboten

Das neue Testverfahren von BIK für Alle bietet nun auch die Möglichkeit, sich am internationalen Standard für Barrierefreiheit im Web zu orientieren, den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).

Ein barrierefreies Web bietet viele Vorteile, nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für Webanbieter – beispielsweise sind barrierefreie Seiten besonders suchmaschinenfreundlich. Zudem wird Barrierefreiheit durch Vorgaben der Europäischen Union (EU) für immer mehr Webanbieter verpflichtend. Doch wie findet man eigentlich heraus, ob ein Webangebot für alle Menschen zugänglich ist? Unterstützung bietet ein neues Testverfahren des Projekts "BIK für Alle".

Neue EU-Richtlinien verpflichten nicht nur den öffentlich-rechtlichen Sektor zu barrierefreien Webangeboten, sondern zukünftig auch Webanbieter verschiedener privatwirtschaftlicher Branchen. Welche Anforderungen erfüllt werden müssen, definieren die WCAG. Genügen Webangebote den „Erfolgskriterien“ der WCAG, sind sie für Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen zugänglich: Für blinde und sehbehinderte, gehörlose und schwerhörige Menschen ebenso wie für Nutzer mit motorischen oder kognitiven Einschränkungen. Doch wie kann die Einhaltung des Standards überprüft werden?

Mit dem neuen WCAG-Test des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekts "BIK für Alle" werden die WCAG-Erfolgskriterien der gängigen Konformitätsstufe "AA" überprüf- und handhabbar gemacht. Der neue WCAG-Test ergänzt den etablierten BIK BITV-Test, der die Einhaltung der deutschen Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) unterstützt.

„Da die Anforderungen der BITV 2.0 inhaltlich denen der WCAG 2.0 entsprechen, ist es möglich, ein gemeinsames Testverfahren zu nutzen“, sagt Sonja Weckenmann von der Testentwicklung des Projekts. Mit Unterstützung eines Expertenkreises wurde der bestehende BITV-Test komplett überarbeitet – mit ihm lassen sich nun die Erfolgskriterien der WCAG abbilden. Unterschiede zwischen BITV- und WCAG-Test gibt es erst bei der Auswertung der Testergebnisse: Während dem BITV-Test eine graduelle Bewertung der Zugänglichkeit über ein Punkteschema zugrunde liegt, müssen gemäß WCAG alle Erfolgskriterien für eine Webseite erfüllt sein, damit sie WCAG-konform ist.

Der WCAG-Test wird von den Experten des deutschlandweiten BITV-Test-Prüfverbunds angeboten. Auf Basis des erstellten Prüfberichts können Webanbieter eine, von neutraler Stelle bestätigte, WCAG-Konformitätserklärung abgeben. Daneben kann der Test auch als entwicklungsbegleitende Prüfung bzw. als kostenfreie Selbstbewertung durchgeführt werden. In allen Fällen ist es möglich, die BITV- und WCAG-Testergebnisse zu vergleichen, denn die Auswertung nach WCAG wird kostenfrei mitgeliefert.

Informationen zum WCAG-Test und das vollständige Prüfverfahren gibt es unter www.bitvtest.de. Praxishilfen, wie Webinare oder Leitfäden für Webanbieter, Online-Redakteure und Agenturen, bietet "BIK für Alle" auf der Website www.bik-für-alle.de.

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Berichte und Schilderungen

Ann-Kathrin Hesse, Abitur 2012

Zeitenwende – vom Leben nach der blista

Duales Studium zur Verwaltungsinspektorin

Schau mal genauer hin

Meine Schulzeit ist zu Ende, aber ich kann den Gong der Schulklingel immer noch hören. Damals wünschte ich mir, ich könnte ihn noch ein Jahr länger vernehmen. Aber das Leben ging weiter - und vor allem erst richtig los.

Die Frage nach dem "Wo geht es mit mir hin? Was will ich eigentlich?" wird am Ende der Schullaufbahn mit Sicherheit oft gestellt. Auch ich hatte 2012 viele Fragen und wenig Antworten. Ich entschied mich zunächst, meinen Kopf ein wenig freizubekommen, die Welt und vor allem mich etwas besser kennen zu lernen. Im Juli 2012, kurz nach meiner Abifeier, entschwand ich mit einer Freundin, viel Gepäck und einem Tandem auf den spanischen Jakobsweg, den Caminho del Norte (Küstenweg). 800 Kilometer später kamen wir in Santiago de Compostela an, und ich hatte auf diesem Weg wieder ein Stück mehr über mich selbst erfahren. Weitere Reisen, zum Beispiel eine Wanderung von Bayern (Dreiländereck) nach Niedersachsen, schlossen sich an. Es wurde ein Jahr voller Erlebnisse und Ideen, die mich meinen eigenen Vorstellungen näher bringen sollten, und ich fühlte mich jetzt besser gewappnet für den Wahnsinn, der nun kommen würde.

2013 begann ich ein duales Studium bei der Stadt Bremen mit der Aussicht, einmal verbeamtet zu werden. Ich sollte also lernen, wie man Kaffee trinkt, vielleicht auch noch, wie man welchen kocht - wenn nicht gerade Praktikanten da sind, die diese Aufgabe übernehmen -, wie man auf der Tastatur möglichst unauffällig schläft und wie man die eigenen Zuständigkeiten und Aufgaben an die Kollegen delegiert. Solche und ähnliche Vorurteile begleiteten und begleiten wohl immer noch das Beamtentum, und nun würde ich vielleicht bald dazugehören.

Mein duales Studium gliederte sich abwechselnd in Praxis- und Theoriephasen. Den Bachelor in Public Administration absolvierte ich an der Hochschule Bremen, meine Laufbahnausbildung zur Verwaltungsinspektorin hatte ich bei der Stadt Bremen zu meistern. Inhaltlich musste ich mich in dieser Zeit u.a. mit Staats- und Verfassungsrecht, Finanzwirtschaft, Sozialrecht, EU-Politik und EU-Recht, aber auch mit Rhetorik und wissenschaftlichem Arbeiten, Finanzmathematik und Ökonomie auseinandersetzen. Dabei erschwerten viele Hürden und Hindernisse meinen Weg.

Ich musste schnell feststellen, dass eine Sehbehinderung in der Gesellschaft, aber vor allem in Wissenschaft und Lehre, immer noch als etwas Exotisches angesehen wird. Dazu muss ich sagen, dass ich seit meiner Kindheit nur noch hell und dunkel und bei optimalen Lichtverhältnissen auch noch teilweise Farben und auch Umrisse erkennen kann. An der Uni musste ich fortan mehr denn je lernen, für mich selbst einzustehen und einen langen Atem zu entwickeln. Und ich sah mich hin und wieder auch gezwungen, meinen Dozenten tierisch auf die Nerven zu gehen. Mal ging es um die Weigerung vorzulesen, was gerade an die Tafel geschrieben wurde, dann war es die Ausgabe von nicht barrierefreien Dokumenten, wenn sie denn überhaupt in digitalisierter Form vorlagen. Ich musste mir auch diskriminierende Aussagen anhören wie: "Wir sind so langsam, weil Frau Hesse so langsam ist". Klingt alles etwas haarsträubend und kritisch, und das war es auch. Trotzdem muss ich im Nachhinein sagen, dass diese Zeit zwar hart für mich war, aber gut. Hart, weil ich lernen musste, dass kein Welpenschutz aufgrund meiner Behinderung bestand und die Behinderung schlichtweg oft auch ignoriert wurde. Gut, weil ich gelernt habe, mich zu behaupten, für meine Rechte einzustehen und Entscheidungen zu treffen und auch zu vertreten. Deshalb ist es wichtig, dass man selbst weiß, was man will und wo die eigenen Ziele liegen, welche Mittel man zur Verfügung hat und welche Mittel man braucht, um ans Ziel zu gelangen, oder ob man vielleicht sein Ziel ändern muss. Die Zeit meines Bachelors war also ein ständiger Prozess des Hinterfragens, der zudem viel Kreativität erforderte. Da ich von Natur aus eher eine Kämpferin bin, habe ich mich nicht entmutigen lassen und im Jahr 2016, genau in der Regelstudienzeit, mein duales Studium erfolgreich abgeschlossen. Mein Bachelorthema habe ich aus eigenem Interesse heraus über den Marrakeschvertrag geschrieben.

Doch es sollte noch weitergehen, noch hatte ich nicht genug

Mein Arbeitgeber (Stadt Bremen) übernahm mich nach meinem Bachelorabschluss ins Beamtenverhältnis auf Probe und ich landete beim Verbraucherschutz. Hier beschäftige ich mich unter anderem mit Versicherungsmodellen, verschiedenen Rechtsgrundlagen und Projekten für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist das sogenannte EU-Schnellwarnsystem, welches ich mitbetreue. Hier werden Beanstandungen bei Lebensmitteln, Futtermitteln und bei Bedarfsgegenständen bearbeitet, die z.B. Rückstände oder andere Makel aufweisen. Ich kann nur sagen, eine sehr spannende Arbeit mit wirklich tollen Kollegen.

Im August hatte ich mein duales Studium abgeschlossen, und im September 2016 begann ich mit meinem Master in Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in Bremen. Ich entschied mich für diesen Master, da ich an Wirtschaft und Psychologie gleichermaßen interessiert war und meinen Horizont erweitern wollte. Zudem bin ich der Auffassung, dass gerade Menschen mit Behinderungen mehr Qualifikation benötigen als Nichtbehinderte, um in der Gesellschaft, bei Vorgesetzten oder übergeordneten Instanzen die gleiche Anerkennung zu finden. Das war unter anderem ein Grund für mich, neben meiner Vollzeitstelle den Master draufzusatteln und mich fortan in Themenfeldern wie Sozialpsychologie, entscheidungsorientiertes Management, Arbeits- und Organisationspsychologie oder Führungspsychologie einzuarbeiten, wobei ich mich schwerpunktmäßig mit Organisationsgestaltung und -entwicklung beschäftige. Die Veranstaltungen an der Hochschule finden in der Regel alle zwei Wochen an zwei Abendterminen und ganztägig samstags statt.

Ich war völlig überwältigt von dem Engagement der FOM-Studienberatung und der Dozenten. Alle waren total interessiert und begeistert. Auch wenn noch nie eine blinde Studentin am Bremer Standort der FOM gewesen war, versuchten alle, mir einen guten Studienstart sicherzustellen. Ein paar kleine Stolpereien gab es zwar, allerdings waren die nicht nennenswert, und vor allem wurden Unzulänglichkeiten, z.B. bei der Barrierefreiheit von Texten, nicht mir angelastet. Ich war so viel behindertenfreundliches Verhalten gar nicht mehr gewohnt und war froh, dass sich alle Beteiligten so darauf eingelassen haben.

Nun stecke ich mitten in meiner Masterarbeit und habe meine Theorie so weit geschafft. Jetzt stellt sich mir natürlich die Frage: was mache ich danach? Ich bin ein sehr dynamischer, aktiver und wissbegieriger Mensch und möchte die Welt kennen lernen. Neben meinen Hobbies Laufen (z.B. Halbmarathon) und Reisen, will ich mich auch weiterbilden. Meine Freude am Reisen hat in den letzten Jahren eher zugenommen, so dass ich sogar während meiner Bachelorarbeit drei Wochen in die Vereinigten Staaten gereist bin, um Kultur, Leute und Land näher kennen zu lernen. Weitere Reiseziele waren Moskau, London, Lissabon und Wien. Ich bin mir sicher, dass noch viele weitere Ziele folgen werden.

Just do it

Auch aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ist im Studium und in der Ausbildung für Menschen mit Behinderung vieles erheblich leichter geworden als noch vor 20 Jahren. Ich bin 1992 geboren worden und habe die Erfahrung machen müssen, wie es ist, die erste blinde Schülerin an einem Regelschulgymnasium zu sein. Von seinen Mitschülern wurde man nicht als „gleichwertig“ wahrgenommen, teilweise ignoriert, indem man z.B. bei Gruppenarbeiten nicht einbezogen wurde. Einige Lehrer waren der Ansicht, dass ich mich zu sehr auf meiner Behinderung ausruhe, wieder andere waren der Auffassung, dass ich auf eine Sonderschule gehöre, aber natürlich gab es auch einige, die sich total reingehängt haben. Ich selbst hatte an mich den Anspruch, gute Noten zu erzielen, und ich bin vor allem auch ein Mensch, der sehr viel Wert auf soziale Interaktion und Kommunikation legt – und dann macht einem ein schwergängiges, ignorantes Schulumfeld doch sehr zu schaffen.

Unter diesen Umständen wollte ich auf der Regelschule nicht bleiben und habe deshalb in eigener Regie den Wechsel zur blista im Jahre 2009 vorgenommen. Meinen damaligen Entschluss habe ich nicht bereut, da ich so einen Abschluss erwerben konnte, der mich heute weiterbringt. Dennoch lege ich großen Wert darauf, dass ich nicht "anders" oder "besonders" bin, nur weil ich eine Behinderung habe. Deshalb studiere ich dort, wo ich möchte, lerne das, was ich will, und mache die Dinge, die mich interessieren und begeistern.

Ich lege allen Lesern ans Herz, sich nicht von den Schlägen des Lebens unterkriegen zu lassen, beim Hinfallen sich zu überlegen, wie man wieder auf die Beine kommt, und zu lernen, wie man sich selber schützen oder zurückschlagen kann. Ich bin mir sicher, dass man als Mensch mit Behinderung an andere Grenzen stößt als ein Mensch ohne Behinderung, aber seien wir mal ehrlich: Jeder hat seine Macken, seine Fehler, seine Mankos, aber in letzter Konsequenz sind wir alle Menschen. Auch wenn sich die Gesellschaft und auch die Möglichkeiten für blinde Menschen in den letzten Jahren stark gewandelt haben, ist ein Leben mit Behinderung kein einfaches Pflaster. Deshalb sollten Eltern ihre Kinder von Anfang an fördern und sie zum eigenständigen Denken anregen, damit sie lernen, selbstständig, verantwortungsbewusst und selbstbestimmt vorzugehen.

Zu guter Letzt mein persönliches Motto, welches ich von ganzem Herzen lebe: Es gibt für alles eine Lösung. Wenn es keine Lösung gibt, findet sich eine Alternative!

Foto 1: Nach dem Abi erst mal die Welt kennen lernen - z. B. die Kathedrale von Santiago de Compostela als Ziel des Jakobswegs. Foto: privat / Ann-Kathrin Hesse. (Blick auf das Portal der Kathedrale und ihre Treppenstufen. Im Vordergrund befinden sich Menschen in Sommerkleidung, teils Barfuß und mit Rucksäcken, auf dem Platz.)

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Dr. Otto Hauck

Keyvan Dahesch - ein unermüdlicher Kämpfer für behinderte Menschen

In den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2018 verstarb nach langer, schwerer Krankheit Keyvan Dahesch.

Er wurde am 26. Dezember 1941 in Teheran blind geboren. Er wuchs in bedrückenden Verhältnissen auf: Die Bildungsmöglichkeiten für Blinde waren im Iran äußerst beschränkt und sein Elternhaus durfte er nur selten verlassen. Nur zeitweilig besuchte er ohne jegliche Unterstützung eine Normalschule. Erst als seine Eltern beschlossen hatten, ihn zur Behandlung seines Augenleidens nach Deutschland zu schicken, kam er für kurze Zeit in die Blindenschule der Christoffel-Blindenmission in Isfahan, wo er ein wenig Deutsch und Blindenschrift lernte.

Im Alter von 16 Jahren kam er 1958 nach Deutschland. Hier stellte sich heraus, dass seine Augenerkrankung unheilbar war. Er entschied sich, nicht nach Hause zurückzukehren, sondern – wie er sich auszudrücken pflegte – in Deutschland „seine zweite Heimat“ zu suchen und hier „sein zweites Leben“ zu beginnen. Er besuchte zunächst für anderthalb Jahre die Blindenschule in Stuttgart und ließ sich dann zum Masseur und medizinischen Bademeister ausbilden. Diesen Beruf übte er zehn Jahre lang aus. Er nutzte jede sich bietende Gelegenheit zur Fortbildung und sog gewissermaßen das ihm angebotene Wissen in sich auf. Mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung begann er 1971 ein Kurzstudium der Soziologie und Volkswirtschaft an der Akademie für Arbeit in Frankfurt. Nachdem er von 1972 bis1975 den Vorbereitungsdienst für die gehobene Beamtenlaufbahn mit sehr gutem Erfolg absolviert hatte, wurde er beim Hessischen Landesamt für Versorgung und Soziales eingestellt und war dort für viele Jahre als Pressesprecher tätig.

Dabei knüpfte er enge Kontakte zu Journalisten. Außerdem besaß er inzwischen ausgezeichnete Deutschkenntnisse. Deshalb entschloss er sich, neben seiner Berufstätigkeit als freier Journalist für Presse und Rundfunk zu arbeiten. Er schrieb viele Artikel für namhafte überregionale Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere die „Frankfurter Rundschau“, die „Süddeutsche Zeitung“ und „DIE ZEIT“, aber auch für den "horus". Des Öfteren war er im Rundfunk zu hören, meistens in den Frühsendungen des Deutschlandfunks. Anschaulich und eindrucksvoll schilderte er hierbei die Lebensumstände, die Leistungen und die Sorgen behinderter Menschen, um für deren Bedürfnisse bei Staat und Gesellschaft Verständnis zu wecken.

Auch im DVBS, dem er 1965 beitrat, war Dahesch aktiv. Er gehörte dem „Arbeitskreis Nachteilsausgleiche (AKN)“ seit dessen Gründung im Jahre 1997 an. Dieser Arbeitskreis besteht aus blinden und sehbehinderten Juristen und Öffentlichkeitsarbeitern. Seine Aufgabe ist es, auf sozialrechtlichem Gebiet Grundlagenarbeit zu leisten, daraus Forderungen abzuleiten und Initiativen so zu gestalten, dass sie in der Öffentlichkeit und bei den Politikern Gehör finden. Als selbst betroffener Experte und hervorragender Journalist trug er diese Positionen überzeugend in die Medien und warb unablässig für die Anliegen blinder und sehbehinderter Menschen.

Für sein engagiertes Wirken erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, vor allem das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und die Goldene Ehrennadel des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Dahesch war ein Mensch voller Ideen, Energie und Tatendrang. Er sagte von sich selbst: „Oft gehe ich Menschen mehr auf die Nerven als sie zu faszinieren.“ Aber er tat es in dem Bestreben, Behinderten zu helfen. Auf diesem Gebiet leistete er außerordentlich wertvolle Arbeit.

Dahesch liebte es, Tandem zu fahren und mit Begleitung zu joggen. Unmittelbar nach einer Tandemtour im Sommer 2013 bekam er plötzlich unerträgliche Kopfschmerzen. Die Ärzte stellten eine Erkrankung des Gehirns fest, vermochten ihm jedoch nicht zu helfen. Daher kam er in eine Bad Homburger Pflegeeinrichtung und war fortan außerstande, seine Kontakte zur Außenwelt aufrechtzuerhalten. Auch sein Handy, das ihm stets so unentbehrlich gewesen war, konnte er nicht mehr bedienen.

Am Beginn des neuen Jahres folgte er seiner sehbehinderten Ehefrau Anni, die bereits 2016 verstorben war.

Beide hatten schon 2006 mit ihrem Vermögen die Anni und Keyvan Dahesch-Stiftung zugunsten schwerbehinderter Menschen gegründet, wie es ganz ihrem Denken und Handeln entsprach.

Anmerkung der Redaktion

Mehr über das Leben und Wirken von Keyvan Dahesch erfahren Sie in der Biographie „Keyvan Dahesch. Mit Fingerspitzengefühl – Biographie eines Blinden“, die Christian Mürner im Jahr 2013 geschrieben hat. Das Buch ist als DAISY-Hörbuch in der Deutschen Blinden-Bibliothek unter der Bestellnummer 742831 erhältlich oder kann über den online-Katalog (www.katalog.blista.de) heruntergeladen werden.

Foto 1: Keyvan Dahesch. Foto: privat (Portraitfoto Keyvan Daheschs in dunklem Anzug, hellem Hemd und Krawatte. Er hat dunkle Augen, ist glatt rasiert und trägt zu seiner Halbglatze die grauen Haare sehr kurz geschnitten. Er lächelt.)

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blista

Dr. Matthias Weström mit Carl-Strehl-Plakette geehrt

Beispielhaftes Engagement in Georgien

Als Anerkennung für sein herausragendes Engagement bei der Förderung der Bildung und Rehabilitation blinder und sehbehinderter Menschen in Georgien haben die blista und der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) den ehemaligen Schulleiter, Dr. Matthias Weström, mit der Carl-Strehl-Plakette ausgezeichnet.

Sein Interesse an den großartigen Kulturdenkmälern und den Zeugnissen einer der ältesten christlichen Kulturen hatte ihn mehrmals nach Georgien geführt. Im Herbst 2005 ging Matthias Weström schließlich der Frage nach, wie es wohl um das Blindenwesen in Georgien bestellt ist. Die Ergebnisse seiner Recherchen waren eher trostlos.

Die einzige Blindenschule des Landes zeichnete sich durch düstere Gänge ohne ausreichende Beleuchtung, enge, schlecht beleuchtete und unbeheizte Klassenzimmer sowie marode sanitäre Anlagen aus. Blinden- oder sehbehindertenspezifische Hilfsmittel und Lehr- und Lernmittel, wie zum Beispiel Punktschriftmaschinen, Bildschirmlesegeräte, andere vergrößernde Sehhilfen waren nicht vorhanden oder verstaubten im Keller. Angebote der Frühförderung, Low Vision–Beratung, Unterricht in Orientierung und Mobilität und Lebenspraktischen Fähigkeiten waren unbekannt. Die Situation erwachsener Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung war durch Arbeitslosigkeit und Armut geprägt. Insgesamt war bei den Betroffenen, aber auch bei den pädagogischen und politischen Verantwortlichen, eine resignative Haltung vorherrschend, da staatliche finanzielle Mittel zur Verbesserung der Situation nicht in Aussicht standen. Die Idee, dass Veränderungen auch durch Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement im Sinne der Selbsthilfe erreicht werden können, war vollkommen fremd.

Auszug aus der Laudatio von Dr. Werner Hecker, Leiter der Reha-Abteilung der blista

"… Andere hätten sich in dieser Situation vermutlich von dieser resignativen Haltung und der scheinbaren Aussichtslosigkeit anstecken lassen und nach diesem Ausflug in die Trostlosigkeit ihren Blick wieder stärker den Kulturdenkmälern und der schönen Landschaft Georgiens zugewandt. Nicht so Matthias Weström. Er zog den Schluss, dass hier geholfen werden muss, und widmete sich seitdem mit außerordentlichem Engagement dem Ziel, die Bildung und Rehabilitation von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung in Georgien aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Ich nenne im Folgenden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige wesentliche Etappen seines Engagements:

  • Zunächst warb Matthias Weström sehr erfolgreich Geldmittel und verschiedene Sachspenden ein, um die mediale Ausstattung der Blindenschule zu verbessern. Die blista und auch der DVBS unterstützen hierbei sehr großzügig.
  • Er initiierte die Einrichtung einer Lehrküche an der Blindenschule für den Unterricht in LPF, die – finanziert durch die Deutsche Botschaft – in 2008 eingeweiht wurde.
  • Im Jahr 2009 gründete er den „Verein der Freunde und Förderer der Blindenschule Tbilisi e.V.“. Der Verein sollte die Aktivitäten zur Förderung der Bildung und Rehabilitation in Georgien finanziell und fachlich unterstützen.
  • Im September 2010 organisierte er einen Besuch von Vertretern der georgischen Blindenunion und Verantwortlichen aus der Blindenschule hier an der blista. Ziel war es, die Gäste über die persönliche Erfahrung vom Nutzen von Bildung und Rehabilitation und dem Grad der erreichbaren Selbstständigkeit blinder und seh­behinderter Menschen zu überzeugen.
  • Der Besuch sollte einen Impuls setzen, sich stärker für die Entwicklung entsprechender Angebote in Georgien einzusetzen.
  • Ohne entsprechendes Know-how, ohne spezifische Fachkompetenz der Fachkräfte ist eine qualifizierte Rehabilitation nicht möglich.

Ein weiterer, und wahrscheinlich der wichtigste Schwerpunkt von Matthias Weströms Engagement, war in der Folgezeit die Qualifizierung von Fachkräften. Matthias Weström plante und organisierte seit 2011 verschiedene Fortbildungsreihen, in denen Fachkräfte in Georgien durch Experten aus Deutschland für das Fachgebiet der Rehabilitation bei Blindheit und Sehbehinderung weiterqualifiziert wurden. Themen der verschiedenen Fortbildungen waren die Frühförderung blinder Kinder und mehrfachbehinderter Kinder mit Sehbehinderung sowie Grundqualifizierungen zur Schulung in O&M und LPF. Die Fortbildungen wurden zunächst in Tbilisi für dort ansässige Fachkräfte angeboten; aktuell hat im September eine weitere 3-phasige Fortbildungsreihe für Fachkräfte in Westgeorgien begonnen, die in Batumi stattfindet.

Wie sind nun die Wirkungen von Matthias Weströms Aktivitäten zu beurteilen? Konnten trotz der trostlosen Ausgangslage, die in 2005 vorherrschte, durch die verschiedenen Initiativen tatsächlich nachhaltige Verbesserungen erzielt werden?

Die Antwort ist eindeutig: „Ja!“

  • Die verschiedenen Sachspenden haben zu einer verbesserten Ausstattung der Blindenschule beigetragen. …
  • Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbildungsveranstaltungen sind zwar nicht alle, aber doch etliche im Rehabilitationsunterricht für blinde und sehbehinderte Schüler oder in der Frühförderung eingesetzt.
  • An der Blindenschule findet nun tatsächlich Förderung in lebenspraktischen Fähigkeiten und der Orientierung und Mobilität statt. Die Lehrküche wird zweckgemäß genutzt.
  • Der größte Effekt ist meines Erachtens aber die Tatsache, dass die Erkenntnis der Notwendigkeit spezifischer Rehabilitationsangebote für blinde und sehbehinderte Menschen bei den Verantwortlichen in Georgien angekommen ist. Damit ist eine wichtige Basis für die weitere Entwicklung geschaffen. Dazu hat Matthias Weström meines Erachtens durch seine Initiativen und seine vielen und beharrlichen Gespräche mit Vertretern des Ministeriums für Erziehung und Wissenschaft, der georgischen Blindenunion, der Blindenschule und Vertretern von Universitäten entscheidend beigetragen.

Angesichts der hoffnungslos erscheinenden Ausgangslage können diese Veränderungen nicht hoch genug gewürdigt werden. Mit der Carl-Strehl-Plakette werden Personen geehrt, die sich besondere Verdienste um blinde und sehbehinderte Menschen erworben haben. Ich denke, es ist für alle deutlich geworden: Matthias Weström hat sich durch sein außergewöhnliches Engagement große Verdienste um die Belange von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung in Georgien erworben."

Foto 1: Dr. Weström engagiert sich mit Herz und Organisationstalent für die Blindenschule in Tbilisi (Georgien). V. l.: Bernd Höhmann (blista-Verwaltungsratsvorsitzender), Ursula Weber (1. Vorsitzende des DVBS), Claus Duncker (Direktor der blista), Dr. Matthias Weström. Foto: blista. (Dr. Weströhm hält die Plakette in ihrem offenen schwarzen Etui in der Hand. Claus Dunker steht zwischen Ursula Weber und Dr. Weström etwas zurückgesetzt und umarmt mit seiner linken Hand Dr. Weström.)

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Aus der Arbeit des DVBS

Norbert Bongartz

Ein Verein im Wandel - DVBS-Arbeitsausschuss 2017

Einmal jährlich trifft sich der Arbeitsausschuss des DVBS, bestehend aus den Leiterinnen und Leitern seiner Bezirks-, Fach- und Interessengruppen, um über die Geschicke des Vereins zu beraten, diesmal - verbunden mit einem Wochenendseminar für Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler - vom 17. bis zum 19. November 2017 in Bad Soden.

Der DVBS im Wandel

Traditionell steht am Anfang dieses Treffens der Bericht des Vorstandes. Die 1. Vorsitzende, Ursula Weber, berichtet einleitend von Umbrüchen innerhalb des Vereins und Veränderungen nach außen im ersten Geschäftsjahr des neuen Vereinsvorstandes: Am Ende eines längeren Bewerbungsverfahrens konnte ein Nachfolger für den derzeitigen Geschäftsführer des DVBS gefunden werden, der in Kürze seine Stelle antritt und in die Aufgaben eingearbeitet wird. Die Kernthemen der Vereinsarbeit, Teilhabe in Bildung, Beruf und Digitalisierung, wurden präzisiert und operationalisiert. Der Arbeitskreis Arbeit und Beruf hat sich unter Moderation von Dr. Heinz Willi Bach und Erwin Denninghaus im Frühjahr 2017 neu aufgestellt und beteiligt sich an der Überarbeitung des Wegweisers Sozialpolitik, begleitet die gut angelaufenen Projekte iBoB (inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren) und AKTILA-BS (Aktivierung und Integration [langzeit-]arbeitsloser blinder und sehbehinderter Menschen), an denen der DVBS beteiligt ist, und erarbeitet Stellungnahmen zu relevanten aktuellen Fragen für den DVBS und den DBSV. Der DVBS ist auch beteiligt am Projekt AKTIF (einem Netzwerk von Forschenden mit Behinderungen). Am ICC 2017 in Belgien hat der DVBS mit sechs Teilnehmern mitgearbeitet und mehrere Workshops angeboten. Die Arbeitsgruppe Inklusion hat eine eigene Abteilung auf der DVBS-Website gestaltet.

Andrea Katemann, Beisitzerin im Vorstand des DVBS, berichtet, dass die „intern“ im Dezember 2017 letztmalig erschien. Ein vereinsinterner Podcast soll „intern“ ersetzen. Sie berichtet weiter von der erfolgreichen Arbeit der Redaktion des horus.

Der 2. Vorsitzende, Uwe Bruchmüller, sprach über das Angebot für Berufstätige. In 2017 waren 18 Seminare geplant, 12 Seminare mit 180 Teilnehmenden konnten bis Jahresende realisiert werden. Für 2018 sind bisher 13 Seminare im Angebot. Die Teilnehmerzahlen in berufs- und studienbezogenen Seminaren sind rückläufig. Dagegen treffen Querschnittsthemen wie Teilhabestärkung, Selbstmarketing o.ä. auf steigendes Interesse. Generell müsse die Seminararbeit im DVBS thematisiert werden. In einigen Bezirks-, Fach- und Interessengruppen gab es im Jahresverlauf personelle Wechsel. In einem Spitzengespräch zwischen DVBS und DBSV wurden die Kooperationsbereiche besprochen und die Themenschwerpunkte festgelegt. So bearbeitet der DVBS im Rahmen des Gesamtthemas Digitalisierung die Schwerpunkte: Bildung, Beruf, E-Government und Schule.

Harald Schoen, Beisitzer im Vorstand des DVBS, skizziert sodann die politischen Themen, mit denen sich der Vorstand in den Jahren 2016 und 2017 befasst hat: Entwicklung und Inkraftsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), EU-Richtlinie für barrierefreie Websites auch auf Landes- und Kommunalebene, Gefährdung des Blindengeldes durch die Erhöhung der Freigrenzen für Blindenhilfe im BTHG.

Der Geschäftsführer des DVBS, Klaus Winger, und die Leiterin der Fachgruppe Soziale Berufe und Psychologie, Claudia Gerike, berichteten, dass der Webspace der AG Inklusion auf der DVBS-Website weiter wachsen soll. Die AG sucht nach ehrenamtlichen Helfern für die Herstellung der Barrierefreiheit der dort abgelegten Dokumente. Im Jahr 2018 soll eine Interessengruppe initiiert werden, die sich mit der Barrierefreiheit von zunehmend stärker genutzter Lernsoftware im Schulunterricht auseinandersetzt.

Uwe Bruchmüller erläutert den Jahresabschluss 2016, der mit einem erheblichen Defizit geendet hat. Wesentliche Ursachen waren die Aktivitäten zum 100sten Jubiläum von DVBS und blista und die Erneuerung der IT in der Geschäftsstelle des DVBS in Marburg. Er weist darauf hin, dass sich die finanzielle Lage des DVBS angesichts des Rückgangs von Buß- und Spendengeldern und der Niedrigzinspolitik letztlich nur durch eine Erhöhung der Mitgliederzahl kompensieren lässt.

Nach der Feststellung des Jahresabschlusses 2016, der Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2016, der Verabschiedung des Wirtschaftsplans für 2018 und einem Bericht über die Situation der Gemeinschaftsstiftung für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf beschäftigten sich die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler im Seminarteil der Arbeitsausschusssitzung mit Aspekten der „Sicherung der beruflichen Teilhabe sehbehinderter und blinder Menschen unter den Bedingungen der Digitalisierung der Arbeitswelt“.

Der Seminarteil

Zunächst stellte iBoB-Projektmanagerin Frauke Onken die Ergebnisse der im Projekt durchgeführten Bildungsbedarfserhebung vor und informierte ausführlich zum aktuellen Projektstand (vgl. Beitrag in diesem und dem nächsten horus).

Am Nachmittag hörten die Teilnehmenden von Dr. Dietrich Engels, Leiter des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik Köln (ISG), den Vortrag zu „Chancen und Risiken der Digitalisierung der Arbeitswelt für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen“. Sein kritisches Fazit ist:

  1. Im IKT-Bereich ist die Erwerbstätigkeit von Menschen mit Behinderung ein Drittel niedriger als diejenige von Menschen ohne Behinderung, bei behinderten Menschen gibt es kaum Beschäftigungszuwachs; im Bereich der Spitzentechnologie lässt sich eine leichte Zunahme feststellen.
  2. Der Prozess der Digitalisierung verstärkt Barrieren aufgrund zunehmender Visualisierung und Komplexität von Arbeitsprozessen sowie Zeitdruck; dies senkt Beschäftigungschancen.
  3. Assistive Technologien können dazu beitragen, dass insbesondere Körper- und Sinnesbeeinträchtigungen teilweise kompensiert werden – sofern die Umgebungsbedingungen darauf abgestimmt werden.
  4. Eine hohe Qualifikation ist für Menschen mit Beeinträchtigungen von Vorteil, wenn diese sehr spezifisch ist und auf eine Nachfrage trifft, in deren Rahmen behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden können.

Zusammenfassend kommt das Plenum zu folgenden Ergebnissen:

  1. Durch die Digitalisierung entstehen erhebliche Exklusionsrisiken, hochqualifizierte und (um-)lernbereite Beschäftigte haben bessere Chancen, Jugendliche müssen das Thema Digitalisierung bei der Berufswahl bedenken.
  2. Zur Sicherung der Teilhabe behinderter Menschen an der Digitalisierung bedarf es der Schaffung einer entsprechenden Koalition der Selbsthilfeverbände. Bei den Sozialversicherungsträgern müssen regionale Spezialistenzentren für Beratung und Vermittlung von Kunden aus quantitativ kleineren Behindertengruppen eingerichtet werden, um eine ausreichende Know-how-Basis sicherstellen zu können und gerade angesichts der Digitalisierungsauswirkung muss die Ausgleichsabgabe reformiert werden, um die Beschäftigung behinderter Menschen zu stärken.
  3. Barrierefreiheit muss mit in das Curriculum für Web- und Anwendungsentwickler eingebaut werden.

Am Sonntag der Blick zurück und nach vorn

Am Sonntagmorgen hörten die Teilnehmenden die Berichte aus den Arbeitsgruppen des DVBS und aus der Arbeit der organisationsübergreifenden Gremien.

Einen Schwerpunkt der Beratungen an diesem Morgen stellte die Frage nach einem möglichen neuen Namen für den DVBS als Ergebnis der im Jahr 2016 durch eine Satzungsänderung angepassten Ziele und des Profils des DVBS dar. Dr. Johannes-Jürgen Meister stellte die Ergebnisse und Vorschläge der im letzten Jahr eingesetzten Arbeitsgruppe zur Namensänderung vor, die intensiv diskutiert wurden. Der Arbeitsausschuss beauftragte sodann den Vorstand, er möge sich mit der Entwicklung eines Lösungsvorschlags für die Änderung des Vereinsnamens befassen und der nächsten MV fristgerecht einen Lösungsvorschlag zur Entscheidung vorlegen.

Abschließend dankte der Vorsitzende des Arbeitsausschusses, Norbert Bongartz, für das große Engagement der Teilnehmenden und warb darum, dieses auch in Zukunft fortzusetzen.

Foto 1: Mitglieder des DVBS-Arbeitsausschusses hören den Berichten zu. Foto: DVBS / Stefanie Görge. (Die Mitglieder sitzen an Tischen, die hufeisenförmig aneinander gestellt wurden. Auf den Tischen stehen Gläser und Getränke.)

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Mitgieder gewinnen: Für eine starke Gemeinschaft

Als DVBS-Mitglied unterstützen Sie den DVBS auch durch Ihre Empfehlung und Mitgliederwerbung im Bekannten- und Kollegenkreis. Mit jedem neuen Mitglied gewinnen wir an Stärke und Expertise bei unserem Engagement für bessere Teilhabechancen im Beruf und beim Lebenslangen Lernen.

Mitglieder profitieren von unseren Angeboten zur Vernetzung, von Fachinformationen und DVBS-Seminaren, von Beratung, Coaching oder Mentoring und unserer Zusam­menarbeit mit Weiterbildungsanbietern im Rahmen aktueller Projekte.

Fördermitglieder helfen uns ideell.

Weitere Infos: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS), Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-0, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Andreas Wohnig

Bitte vormerken: Selbsthilfetage des DVBS in Marburg!

Vom 10. - 12. Mai 2018 finden die Selbsthilfetage des DVBS in Marburg statt. Knüpfen Sie neue Kontakte oder frischen Sie alte wieder auf. Vielfältige Veranstaltungen bieten dafür reichlich Gelegenheiten: am Donnerstag traditionsgemäß beim "Stelldichein" mit Speis und Trank, am Freitag bei den Treffen der Fach- und Interessengruppen, dem kulturellen Abend und zum Abschluss am Samstag bei der Mitgliederversammlung - dieses Mal im Bürgerhaus Marburg-Marbach. In der Geschäftsstelle laufen schon die Vorbereitungen und alle Mitglieder erhalten die Einladung rechtzeitig per Post zugeschickt. Wir freuen uns auf Sie!

 

Komm' mit zu „Campus visually impaired - Studying in Europe without borders“

Blinde und sehbehinderte Studierende aus verschiedenen europäischen Ländern sind eingeladen, vom 15. bis 19. August 2018 am DVBS-Seminar „Campus visually impaired - Studying in Europe without borders in Frankfurt am Main teilzunehmen. Wer 18 bis 29 Jahre alt ist und sein erstes Studiensemester bereits hinter sich hat, ist mit und ohne Auslandserfahrung herzlich in Frankfurt willkommen.

Die Veranstaltung will den Austausch und die Vernetzung zwischen Studierenden mit Sehbeeinträchtigung fördern. Etwa 20 Teilnehmende aus verschiedenen Ländern Europas lernen einander kennen und tauschen sich über Studienbedingungen und das alltägliche Leben in ihren jeweiligen Heimatländern aus. Berichte von Studierenden mit Auslandserfahrung werden Mut für einen Auslandsaufenthalt machen. Der geplante Campus in Frankfurt bietet hierfür die idealen Voraussetzungen.

Die Teilnehmenden erwartet an den fünf Tagen ein vielfältiges Programm mit unterschiedlichen Workshops, zum Beispiel zu den Themen:

  • Studienbedingungen in den einzelnen Ländern
  • Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes
  • Neue Hilfsmittel und Technisches für das Studium
  • Studium und Inklusion im europäischen Kontext

Außerdem werden Kontakte und Informationen zu den verschiedenen Blindenorganisationen und Institutionen in Europa vermittelt.

Nähere Infos gibt es beim Team von campus visually impaired, der DVBS-Arbeitsgruppe, die dieses Europaseminar plant, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Um Anmeldung wird möglichst bis zum 31. März 2018 gebeten.

Foto 1: Wer an einem DVBS-Seminar teilnimmt, lernt viel dazu. Foto: pixabay / Andre Grunden (Im Vordergrund rechts sind Rücken und Kopf eines Mannes zu sehen, der sich einer Gruppe Menschen zuwendet, die an hellen Tischen sitzen - eine typische Seminar-Situation.)

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Andreas Wohnig

DVBS-Seminarvorschau 2018

  • 17.-18.3.2018: Gestik, Mimik und Körpersprache: Wie wirke ich bei öffentlichen Auftritten? (Ehrenamtsakademie des DVBS); Kassel
  • 19.-22.4.2018: Zurückblicken, um nach vorn zu schauen: ein Zugang über das biografische Theater - Arbeitsbiografien im Rückblick und Weichenstellungen für die Zukunft (durch die Integrationsämter anerkanntes Fortbildungsseminar); fachgruppenübergreifendes Seminar der FG Wirtschaft, Herrenberg
  • 21.-24.6.2018: Nicht sehend - nicht blind: Fortbildungsseminar der Interessengruppe Sehbehinderte, drei themenbezogene Workshops; Herrenberg
  • 19.-22.7.2018: Fortbildungsseminar der Fachgruppe Wirtschaft in Herrenberg
  • 15.-19.8.2018: Europaseminar der Fachgruppe Studium und Ausbildung in Frankfurt - Campus Visually Impaired: Studying in Europe without Borders
  • 14.-16.9.2018: Fortbildungsseminar der Fachgruppe Musik in Hannover
  • 14.-16.9.2018: Statistik-Workshop für blinde und sehbehinderte Studierende zum Programm SPSS; Fachgruppe Studium und Ausbildung; Marburg
  • 29.9.-6.10.2018: Seminar "Altern und Blindheit" der Gruppe Ruhestand in Saulgrub

Die Fachgruppe Studium und Ausbildung plant noch zwei weitere Wochenendseminare. Die genauen Termine werden so bald wie möglich auf der DVBS-Homepage veröffentlicht:

  • Rhetorik-Workshop für blinde und sehbehinderte Studierende mit Zusatzmodul Auslandsstudium über das Erasmus-Förderprogramm; Kassel
  • Hochschulsport für Blinde und Sehbehinderte - Erfahrungsaustausch mit Übungsleitern und Trainern zum Aufbau und zur Weiterentwicklung von Inklusionssportkursen; Berlin

Aktualisierte Termine und Ausschreibungen zu allen Seminaren finden Sie auf der Homepage des DVBS, weitere Informationen auch gerne telefonisch unter 06421 94888-23.

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Aus der blista

Dr. Imke Troltenier

Der blista-Campus wächst und gewinnt an Vielfalt - Ab dem Schuljahr 2018/19 laden wir auch junge Menschen ohne Seheinschränkung dazu ein, Teil unserer Schul-Gemeinschaft zu werden.

Vielfalt bereichert! Der blista-Campus umfasst neben dem Carl-Strehl-Gymnasium auch Fachober- bzw. Berufsschulen. Seit drei Jahren ergänzt die Montessori-Schule, eine sechsjährige Grundschule, unsere Campus-Gemeinschaft auf großartige Weise. Seit August ist die blista Träger dieser Grundschule.

Langjährige Erfahrungen in der Kooperation mit Marburger Schulen haben gezeigt, dass in diesem Miteinander Synergien geweckt werden können, die erst dieses besondere Setting ermöglicht. Nach intensiver Vorarbeit und sorgfältiger Abstimmung mit unseren Schülern und ihren Eltern wurde eine „Schule in Vielfalt“  durch das staatliche Schulamt genehmigt.

Dafür bietet die blista ihren Schülerinnen und Schülern ein rundum stimmiges Konzept. Die Lerngruppen sind klein und die Einzelnen zählen. Freunde finden, tolle Erfolge erleben, eine Sportart für sich entdecken, Theater spielen, sich in der Inklusion erproben.

Das Konzept der blista zielt darauf hin, schulische Inklusion über die  Erweiterung der Förderschule voranzubringen. Denn aus langjähriger Erfahrung weiß man hier sehr genau, dass hochqualifizierte und ganzheitliche Förderung für ein Miteinander auf Augenhöhe unverzichtbar sind.

„Wir freuen uns auf die vielen neuen Schülerinnen und Schüler aus der Stadt“, sagt Claus Duncker, Direktor der blista. „Ein vielfältiger Bildungscampus ist eine Bereicherung für alle.“ Schulsprecher Umut Özdemir findet „die Idee ziemlich gut und fast schon überfällig. Wir sind bereit, es auszuprobieren“. Matilda, Klassensprecherin in einer 7. Klasse, ergänzt: "Ich freue mich auch drauf. Man kann neue Freunde finden und sich gegenseitig helfen. Das ist doch einfach praktisch.“

Raum für die Gemeinschaft - Zeit für den Einzelnen

An der blista lernt man in kleinen Lerngruppen. Eine ruhige, entschleunigte Lernatmosphäre und Erfahrungen mit allen Sinnen sind Pfeiler des Erfolgsrezeptes. Damit führt man hier – basierend auf den klassischen Rahmenlehrplänen - die Schülerinnen und Schüler erfolgreich zum regulären hessischen Landesabitur (G9).

Für nähere Informationen: Peter Audretsch (Schulleiter) und Karin Edtmüller (stellv. Schulleiterin), Tel. 06421 606-361, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.blista.de/carl-strehl-gymnasium

Foto 1: Betreten ausdrücklich erlaubt: Das Campus-Gelände der blista lädt bei gutem Wetter zum Chillen ein. Foto: blista (Blick auf das Außengelände der blista im Sommer, Besucherinnen und Besucher nutzen die Freiflächen.)

Foto 2: (v.l.n.r.) Markus Biber (Schulentwicklung), Peter Audretsch (kommissarischer Schulleiter), Claus Duncker (Direktor der blista) Matilda Book (Kl. 7), Umut Özdemir (Schulsprecher). Foto: blista. (Gruppeportrait vor taktilem Plan des blista-Campus.)

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Brigitte Römstedt

Blind - und doch mobil: Mehr Selbstständigkeit ist ein Herzenswunsch - Blinde Schüler testen den autonomen Bus der R+V – eingeladen vom R+V Innovation Lab MO14

Spontan ins Auto springen und zu einem Konzert fahren oder eine fremde Stadt erkunden: Für sehende Autofahrer sind solche Ausflüge selbstverständlich. Blinde Menschen hingegen sind dabei auf Helfer angewiesen oder müssen oft umständliche Fahrten mit Bussen und Bahnen in Kauf nehmen. Kann fortschrittliche Automobiltechnik Blinden und Sehbehinderten in Zukunft das Leben erleichtern und ihnen zu mehr Selbstständigkeit verhelfen? Ein Team des Innovation Labs MO14 der R+V Versicherung wollte mehr über die Wünsche und Bedürfnisse dieser Menschen wissen und lud Schüler und Mitarbeiter der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) in Marburg zu einer Fahrt mit dem selbstfahrenden Kleinbus der R+V ein. In einem eigenen Forschungsprojekt beschäftigt sich das Wiesbadener Versicherungsunternehmen derzeit mit den Chancen und Risiken des autonomen Fahrens.

Leise Elektroautos sind für Blinde riskant

Der öffentliche Nahverkehr ist allen vertraut, die Fahrt mit einem selbstfahrenden Bus jedoch Premiere für die blinden Fahrgäste. Und so fallen der siebenköpfigen blista-Gruppe auf der Teststrecke bei den Behringwerken sofort die Unterschiede zu konventionellen Fahrzeugen auf: „Wo ist bei dem Auto eigentlich vorne und hinten?“ „Gibt es hier kein Lenkrad?“ Stefan Häfner, Marcel Heinz und Verena Reuber vom InnoLab MO14 erklären ihren Gästen, dass das Fahrzeug ohne Fahrer in beide Richtungen fahren kann, lassen sie den Joystick ertasten, mit dem der Operator das Fahrzeug auch manuell steuern kann. Das sorgt für Lacher: Die Schüler kennen diese Geräte von Spielkonsolen und können kaum glauben, dass damit so ein großes Fahrzeug gesteuert werden soll.

Spannend finden die blinden Fahrgäste die Erklärungen zu den verschiedenen Sensorsystemen, die die Umgebung permanent scannen. Taucht ein Hindernis auf, stoppt das Fahrzeug sofort. Das begeistert alle, denn die Angst, angefahren zu werden, schwingt im Straßenverkehr immer mit. Besonders riskant sind für sie die nur leise surrenden Elektroautos. „Wenn die Autos langsam fahren, hören wir im belebten Stadtverkehr noch nicht einmal die Rollgeräusche der Räder und den Fahrtwind – das macht die Technik für uns leider unberechenbar“, erzählt Thorsten Büchner, der in der Kommunikationsabteilung der blista arbeitet und sich auch im Marburger Verkehrsausschuss für die Belange blinder und sehbehinderter Menschen einsetzt.

Operator vermittelt Sicherheit

Orientierungslinien am Boden, Beschriftungen in Blindenschrift, akustische Signale oder Automaten mit Vorlesefunktion: Obwohl sich in den vergangenen Jahren vieles für Blinde und Sehbehinderte getan hat, gibt es noch immer Verbesserungsbedarf. Auch im R+V-Bus fällt den blinden Fahrgästen einiges auf. So ist beispielsweise beim Einsteigen Hilfe notwendig, da der Fahrzeugboden relativ hoch ist. „Barrierefreiheit ist ein wichtiges Thema für uns. Stufen sind immer potenzielle Stolperfallen“, bemerkt Thorsten Büchner und denkt dabei auch an Gehbehinderte oder Rollstuhlfahrer. Das gleichmäßige Fahrgefühl empfinden jedoch alle als angenehm, „ein bisschen wie in einer Gondel“. Özgün Dogan fand die Fahrt auch „cool“ – nur deutlich schneller wäre sie liebend gern gefahren. Derzeit fährt der Shuttle aus Sicherheitsgründen nur mit etwa Tempo 20. Trotz der geringen Geschwindigkeit zucken dann doch einige zusammen, als das Fahrzeug plötzlich abrupt stoppt – ein Lkw hat unvermittelt den Weg des Shuttles gekreuzt. Wie gut, dass im Bus grundsätzlich alle sitzen müssen.

Trotz anfänglicher Bedenken fühlen sich die blinden Fahrgäste bei ihrer ersten Fahrt mit einem selbstfahrenden Fahrzeug sicher. Dazu trägt ganz wesentlich der Operator bei, der im Notfall manuell eingreifen kann. Maurice Diegel würde heute ohne menschlichen Ansprechpartner auf keinen Fall in ein selbstfahrendes Shuttle einsteigen: „Was soll ich denn machen, wenn das Auto auf freier Strecke hält und nicht weiterfährt? Ich weiß ja gar nicht, wo ich bin.“ Beruhigend ist auch, dass sich die Türen automatisch öffnen, wenn sich der Computer, der das Fahrzeug steuert, einmal „verschluckt“ – so kann niemand bei Gefahr im Auto eingesperrt werden.

Wünsche an die Mobilität der Zukunft

Hochautomatisierte Autos wie der R+V-Bus, die auf einer einprogrammierten Strecke quasi auf virtuellen Schienen fahren, sind erst der Anfang. Die Vorstellung, dass Fahrzeuge eines Tages komplett selbstständig fahren und für individuelle Touren bestellt werden können, ist für die Blinden sehr reizvoll: „Wenn die Technik eines Tages so weit ist, kommen auch wir problemlos überall hin – ganz selbstständig.  Ich würde gerne auf dem Land leben. Aber gerade in abgelegenen Dörfern fahren heute oft nur zwei oder drei Busse am Tag. Ohne Auto ist man da verloren“, bedauert Maurice Diegel.

Jalea Warten hingegen träumt davon, alleine Auto fahren zu können. Sie hatte schon einmal die Chance, selbst am Steuer zu sitzen – dirigiert von einem Fahrlehrer als Beifahrer. Bei der Erinnerung an das einzigartige Gefühl von Freiheit strahlt sie noch immer: „Ich wünsche mir ein Fahrzeug für Blinde, das dem Fahrer beispielsweise über Töne und Vibrationen alle Informationen liefert, die er zum Lenken, Beschleunigen und Bremsen braucht.“

Levin Scharmberg, der seit Jahren mit dem Zug zwischen seiner Heimatstadt München und Marburg pendelt, möchte mehr über seine Umgebung erfahren. Zwar kann er jede Station auf der Strecke aufzählen – was dazwischen ist, bleibt ihm bisher jedoch leider verborgen. Deshalb wünscht er sich in den öffentlichen Verkehrsmitteln der Zukunft einen GPS-gesteuerten Audioguide, der ihm interessante Informationen zur Umgebung als Hörtext liefert. 

Ob selbst fahren oder gefahren werden: Wenn die Technik eines Tages ausgereift ist, können autonome Autos in Zukunft blinden Menschen das Leben erleichtern, so das einhellige Fazit der blista-Schüler nach ihrer ersten Testfahrt mit dem hochautomatisierten Bus der R+V. Und auch für das Team vom InnoLab MO14 war der Besuch der blista-Schüler eine Bereicherung, sagt Stefan Häfner: „Wir haben im offenen Austausch einen tollen Einblick in die Welt blinder Menschen bekommen und werden versuchen, die Wünsche und Anregungen unserer blinden Gäste in unserem Forschungsprojekt aufzugreifen.“

Foto 1: Die blista-Gruppe nach einer Testfahrt im selbstfahrenden Kleinbus. Foto: R+V / Brigitte Römstedt (Die Testfahrer-Gruppe hat sich zum Gruppenbild vor dem Bus aufgestellt.)

Foto 2: Coole Testfahrt - Die Fahrgäste hatten ihren Spaß. Foto: R+R / Birgitte Römstedt. (Blick auf drei Schülerinnen und Schüler während der Fahrt im Inneren des Busses. Die Schüler tragen Winterkleidung und haben Blindenstöcke dabei.)

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Dr. Imke Troltenier

Wir haben alle viel voneinander gelernt - Ende Oktober schloss die Intensivklasse der blista für unbegleitete minderjährige Geflüchtete mit einer bemerkenswerten Bilanz - ein Rückblick.

Insgesamt 16 geflüchtete Jugendliche, ausschließlich Jungen, hatte die blista Ende 2015 aufgenommen – vom Analphabeten bis zum Abiturienten. Während der Unterricht im Rahmen der ausgesprochen heterogenen Intensivklasse erfolgte, wohnten die 15- bis 17-Jährigen in betreuten Gruppen der Jugendheim Marbach GmbH und des Elisabeth-Vereins.

Die Zuweisung war über die Clearingstelle Gießen erfolgt und mit dem staatlichen Schulamt abgesprochen. Die Schüler aus Afghanistan, Iran und Syrien galten alle als unbegleitete minderjährige Ausländer. Sechs Wochen später kamen auf Bitten der Clearingstelle drei weitere Jugendliche hinzu, drei andere Schüler schieden aus: Einer ging bereits im März 2016 freiwillig nach Albanien zurück, der Zweite nahm in den Sommerferien 2016 eine Ausbildungsstelle an und der Dritte wechselte an die Universität, nachdem das Abiturzeugnis anerkannt worden war.

Vier junge Männer haben jetzt im zweiten Jahr ihren Hauptschulabschluss geschafft und drei von ihnen bereits eine Lehrstelle gefunden. Augenoptiker, Hotelkaufmann, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik – so individuell die beruflichen Ziele sind, so überzeugend konnten Sie diese bei den jeweiligen Bewerbungsverfahren in deutscher Sprache vertreten. Der Vierte möchte weiter lernen und strebt den Realschulabschluss an.

Einem Schüler gelang ein faszinierender Schnellstart: Seiner nur 3-monatigen Schulerfahrung auf einer Koranschule und seiner Lernbehinderung zum Trotz erreichte er einen hervorragenden B1-Abschluss für sein deutsches Sprachniveau. Er überzeugte zudem bei der Bewerbung um eine Ausbildungsstelle und möchte nun Koch werden.

Je zwei junge Männer besuchen die Carl-Strehl-Schule in den Klassenstufen 10 und 11. Die weiteren nehmen an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) teil, ein junger Mann zog zu seiner Familie ins Erzgebirge.

„Es war nicht einfach nur Unterricht, sondern eine sehr intensive, schöne Zeit mit den Jungs“, resümiert Klassenlehrer Balintfy. „Das war eine Gruppe ganz toller Menschen, aber natürlich sind die Flucht, das fremde Land, die unbekannte Sprache und die oft grässlichen Erfahrungen große Herausforderungen. Hier waren sie alle höflich, anständig, nett, nah und bemerkenswert herzlich – ohne jemals aufdringlich zu sein.“

„Die Menschen müssen zusammenhalten, denn eine Hand alleine kann nicht klatschen", Rostam Nazari ist einer von ihnen. Er hat ein Buch über seine Flucht geschrieben, ist heute in der Marburger Friedensbewegung aktiv und bietet interkulturellen Austausch beim „Kochen mit Rostam“ an. Andere thematisierten ihre Fluchterfahrungen beim „Hörprojekt Grenzenlos“. Manche konnten ihre Familien nachholen, einer ist in diesen Tagen Vater geworden.

„Schade, dass diese Maßnahme ‚Intensivklasse‘ an der blista nicht weitergeführt werden kann“, sagt Karin Edtmüller. Die stellvertretende Schulleiterin unterstreicht: „Wir haben alle viel voneinander gelernt, besonders spannend war die Gestaltung des Austauschs zwischen den blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern und den Geflüchteten.“

Foto 1: Die Intensivklasse vor dem Marburger Marktbrunnen. Foto: blista (Gruppenfoto: 12 Jugendliche in Jeans und warmen Jacken stehen vor und auf dem frostschutzsicher abgedeckten Brunnen)

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Dr. Imke Troltenier

Neubesetzung von Führungspositionen an der blista

Das bislang vom stellvertretenden blista-Direktor Jürgen Nagel geleitete Ressort „Rehabilitationseinrichtung für blinde und sehbehinderte Menschen“, RES, wurde in die zwei Bereiche „Rehabilitation“ und „Berufliche Qualifikation“ aufgeteilt.

Der stellvertretende RES-Ressortleiter, Dr. Werner Hecker, übernahm am 1. November 2017 die Leitung des neu zugeschnittenen Ressorts Rehabilitation, zeitgleich wurde die Leitung des Ressorts Berufliche Qualifikation an den vormaligen Stabsstellenleiter Otfried Altfeld übergeben.

Zum Schuljahresende verabschiedete die blista den langjährigen Leiter der Carl-Strehl-Schule, Joachim Lembke, in den Ruhestand (vgl. u.a. horus 3/2017). Seine Nachfolge trat der bislang stellvertretende Schulleiter Peter Audretsch zunächst kommissarisch an. Herr Audretsch hatte zuvor den Weiterbildungsmaster „Blinden- und Sehbehindertenpädagogik“ absolviert.

Foto 1: v.l.: Ehemaliger Leiter der Carl-Strehl-Schule Joachim Lembke, Kommissarischer Schulleiter Peter Audretsch und stellvertretende Schulleiterin Karin Edtmüller. Foto: blista (Gruppenfoto in einer Raumecke, in der bodenlange Fensterscheiben im Hintergrund einen Blick in grünes Außengelände ermöglichen).

Foto 1: Werner Hecker. Foto: blista (Portraitfoto vor grünen Büschen. Werner Hecker trägt ein blau-weiß kariertes Hemd. Er hat kurze, rotblonde Haare, eine Brille und lächelt.)

Foto 2: Otfried Altfeld. Foto: blista (Otfried Altfeld trägt über einem grauen Shirt ein schwarzes Jackett. Der Pony seiner braunen kurzen Haare fällt in seine Stirn. Er trägt eine Brille. Im Hintergrund führt eine Außentreppe nach oben.)

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blista-Verwaltungsrat neu gewählt

Bernd Höhmann, Andreas Bethke, Hans-Werner Lange, als Vertreter des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, Dr. Michael Richter, Christiane Möller, Manfred Scharbach und Ursula Weber, als Vertreterin des Deutschen Vereins der blinden und sehbehinderten in Studium und Beruf, werden die Geschicke der blista im Verwaltungsrat für die nächsten vier Jahre mitgestalten.

Fünf der sieben Verwaltungsratsmitglieder haben ihr Abitur an der blista gemacht und bringen heute ihre vielfältigen beruflichen und persönlichen Erfahrungen zur Weiterentwicklung des Vereins und seiner Arbeit ein.

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Benefizkonzert "Verloren - Vergessen - Vergangen"

Eine musikalisch-literarische Betrachtung bedeutender Tanzdramen des 19. und 20. Jahrhunderts am 15. März 2018 um 18:00 Uhr auf dem blista-Campus, Am Schlag 2 (Aula) in Marburg

Mitwirkende

Am Flügel: Ellen Greiner, Repetitorin für Ballett; Sprecher: Ulrich Steiner, Musiktheaterproduzent; Ansprache: Pit Metz. Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Peter Jarchow, Berlin.

In dieser Vorstellung erklingen dramatische Schlüssel-Szenen mit in sich geschlossener Handlung aus großen Bühnenwerken des 19. und 20. Jahrhunderts, u. a. von Adolphe Adam, Igor Strawinsky und dem Choreografen Kurt Jooss mit Musik von F. a. Cohen. Die Texte sind in Erzählform gehalten und schildern in Wort und Ton nacheinander die dramatischsten Augenblicke. Pantomimik – ohne Tänzer – wird somit hörbar und vor dem inneren Auge sichtbar gemacht. Spannender als auf diesem Wege kann Darstellende Kunst mit ihren vielfältigen Effekten nicht vermittelt werden. Die Veranstaltung ist für Kinder unter 12 Jahren nicht empfehlenswert. Blindenführhunde sind gestattet, sollten aber den Konzertablauf nicht schreckhaft beeinträchtigen.

Kurzprofil der Pianistin

Die blinde Pianistin Ellen Greiner (geb. 1969) besuchte 1987 – 1992 die blista in Marburg. Im Anschluss studierte sie den Diplomstudiengang Klavierpädagogik und Ballettkorrepetition in Utrecht, Dresden und Leipzig, wonach direkt ein Engagement für mehrere Jahre am Staatstheater Mainz folgte. Im Rahmen dieser Tätigkeit arbeitete sie mit namhaften Choreografen der Niederlande, Schweiz und aus England zusammen. Seit 2008 ist Ellen Greiner als Klavierpädagogin in Köln tätig. 2015 kehrte sie für ein Jahr an die blista zurück, um im Rahmen einer Blindentechnischen Grundrehabilitation ein berufsbegleitendes Studium und Praktikum an der blista zu absolvieren. Nach längerer Bühnenpause und Erblindung fand am 24.06.2017 die Premiere des Sprechkonzerts statt.

Eintritt

5,00 € zugunsten der Abteilung Frühförderung der Deutschen Blindenstudienanstalt e. V. (blista), Kartenvorverkauf ab sofort bei Herrn Pit Metz (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder unter 0163-6013115), Wegbeschreibung: www.blista.de/Ihr-Weg-zu-uns

Foto 1: Die Pianistin Ellen Greiner ist eine ehemalige blista-Schülerin. Foto: privat. (Schwarzweiß-Portrait: Ellen Greiner sitzt in einem Korbsessel und liest mit ihren Händen in einem Ordner.)

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Impressum

Herausgeber

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion

  • für den DVBS: Uwe Boysen, Andrea Katemann und Mirien Carvalho Rodrigues
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier

Koordination

DVBS-Geschäftsstelle, Sabine Hahn, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-0, Fax: 06421 94888-10, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck ‑ auch auszugsweise ‑ nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)

Uwe Boysen (DVBS) und Dr. Imke Troltenier (blista)

Erscheinungsweise

Der „horus“ erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.

Jahresbezugspreis

  • 22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe,
  • 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonto des DVBS

Sparkasse Marburg-Biedenkopf IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80 BIC: HELADEF1MAR

Verlag

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg, ISSN 0724-7389

  • Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg
  • Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
  • Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen

Die Herausgabe der Zeitschrift „horus“ wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der „Glücksspirale“ unterstützt.

horus 1/2018, Jg. 80 der Schwarzschriftausgabe

Titelbild

Wandergruppe auf schmalem Pfad. Lea Widmer, hochgradig sehbehindert, mit Helfer Matthias Liegert beim Bergwandern im Allgäu. Foto: Hanns Lösch

(Beschreibung: Am steilen Hang geht Lea Widmer mit Rucksack und zwei Stöcken auf einem schmalen Pfad bergauf. Dicht hinter ihr folgen zwei Wanderer, auch sie in regenfester Kleidung und mit Rucksack. Im Hintergrund links unten befindet sich ein tobender Bergbach, über den ein schmaler eiserner Steg führt. Am Anfang des Stegs stehen zwei weitere Wandernde. Widmer erläutert das Foto: "Sehr steiles Gelände mit sehr schmalen und steinigen Wanderwegen. Da hier Absturzgefahr besteht, muss Matthias Liegert jeden Stein und jede Wurzel genau ansagen oder Lea Widmer mit Hilfe von Bändern, die am Klettergurt befestigt sind, präzise vorbeiführen.")

<Nächste Ausgabe (horus 2/2018)

Schwerpunktthema: „Zugängliche Kultur“ Erscheinungstermin: 28. Mai 2018 Anzeigenannahmeschluss: 27. April 2018 Redaktionsschluss: 3. April 2018

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BAGSO

Im Abonnement: Die BAGSO-Nachrichten

Die BAGSO-Nachrichten, die Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen für Aktive in Seniorenarbeit und Seniorenpolitik erscheinen vierteljährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema und aktuellen Informationen zu: Seniorenpolitik und Seniorenarbeit, Gesundheit und Pflege, Technik und Internet, Verbraucherfragen, Finanzen …

Sie können die BAGSO-Nachrichten abonnieren – für 16 €/Jahr inklusive Versand, Mitglieder eines BAGSO-Verbandes zahlen nur 12 €/Jahr.

Wir senden Ihnen gern ein Probeheft oder ein Abonnement-Formular zu. Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), Thomas-Mann Str. 2-4, 53111 Bonn, Tel.: 02 28 / 24 99 93 15, Fax: 02 28 / 24 99 93 20, www.bagso.de

blista

Schnuppern macht Spaß! Reinschauen in eine Schule mit einem einmaligen Profil: Ganzheitliche Förderung, spezifische Unterstützung und eine große Auswahl an qualifizierten Bildungsabschlüssen ... - wer die vielfältigen Möglichkeiten kennen lernen möchte, die genau auf die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit Seheinschränkungen abgestimmt sind, ist an der blista richtig!

Die blista bietet ein rundum stimmiges Konzept. Die Lerngruppen sind klein und die Einzelnen zählen. Freunde finden, tolle Erfolge erleben, eine Sportart für sich entdecken, Theater spielen, sich in der Inklusion erproben ... - hier in Marburg erwartet Kinder und Jugendliche eine spannende Zeit. Schnuppertage für Eltern und Schüler aller Jahrgangsstufen

      1. März 2018 - Anmeldeschluss: 28.02.2018
        5. Mai 2018 - Anmeldeschluss: 25.04.2018

Wir beraten Sie gern!

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
Am Schlag 2-12, 35037 Marburg
Tel.: 06421 606-339,
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.blista.de/schnuppertage

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Stuttgart 0711-2202299-0 Köln 0221-921556-0 Marburg 06421-690012-0 Lüneburg 04131-699698-0

PS: Besuchen Sie uns auf der SightCity, vom 25. bis 27. April 2018 am Stand B3.

Bildbeschreibung: Das Bild zeigt eine Collage der Handy Tech Braillezeilen aus der Active-Serie. Auf der linken Seite ist die Active Star zu sehen. Auf dieser befindet sich ein Notebook. Die ausziehbare Stellfläche lässt sich flexibel an die Tiefe eines Notebook anpassen. Zudem gibt es für die Active Star auch eine passende PC-Tastatur, die über eine Magnetverbindung ohne zusätzliche Befestigung stabil auf der Active Star platziert werden kann. Das Bild rechts neben der Active Star zeigt einen jungen Schüler, der auf seiner Active Braille liest. Die Active Braille ist mit ihrer integrierten, ergonomisch gestalteten Brailleeingabetastatur ein perfektes Ein- und Ausgabesystem für mobile und stationäre Geräte. Mit nur 860 g und einer Akkulaufzeit von 20 Stunden ist die Active Braille für Sie überall, auch mobil einsetzbar. Das Bild darunter zeigt das Actilino – eine neue Handy Tech Braillezeile. Das Actilino ist Braillezeile und Notizgerät in einem. Die 16 piezokeramischen Punktschrift-Ausgabeelemente sowie die geräuschlose Brailletastatur machen das Actilino zu einem diskreten Begleiter: Ob unterwegs im Zug oder Bus, gemütlich im Garten oder konzentriert bei der Arbeit.

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Schenken macht Sinn ... zum Beispiel mit einem Jahresabonnement der Fachzeitschrift „horus“. Für nur 22 Euro jährlich (Inlandspreis) erfahren die Beschenkten,

  • wie blinde und sehbehinderte Menschen Beruf und Alltag bewältigen und ihre Träume leben,
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Das SmartVision 2 ist mit Funktionalitäten speziell für Sehgeschädigte ausgestattet. In der Premiumversion ist für Sie zusätzlich eine Navigation mit Kartenmaterial, eine OCR sowie ein Bookreader und -creator im Paket enthalten.

Interessiert? - Sprechen Sie uns an!

Tel.: 0511 9363090 E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Web: www.ipd.gmbh

Papenmeier: Braillex EL 80c

BRAILLEX EL 80c & ich – einfach effizient
Glauben Sie nicht? Dann erfahren Sie, warum die BRAILLEX Braillezeile im Job unverzichtbar ist. F.H. Papenmeier GmbH & Co. KG, Talweg 2, 58239 Schwerte, Telefon: 02304-946-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.papenmeier.de

Bildbeschreibung: BRAILLEX EL 80c & ich – einfach effizient“, ist eine blinde Frau zu sehen. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch und arbeitet mit der Papenmeier Braillezeile BRAILLEX EL 80 c.

RTB

Das Schwarzweiß-Foto zeigt eine singende junge Frau in schwarzer Lederjacke mit einem Mikrofon in der Hand. Neben ihr steht ein Scheinwerfer.

Dazu folgender Text:

RTB: Sie gibt den Ton an. Wir auch! Akustik für Lichtzeichenanlagen

www.rtb-bl.de
RTB GmbH & Co. KG Tel. 0049 (0)5252 9706-0

SightCity

April 2018! Sightcity Frankfurt, 25. - 27. April 2018, Sheraton Frankfurt Airport Hotel, 25. + 26. April 10 bis 18 Uhr, 27. April 10 bis 16 Uhr.

Die weltweit führende Fachmesse für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel

  • Freier Eintritt
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  • Persönliche Messeguides
  • Hersteller präsentieren Neuheiten und Bewährtes auf 2 Ebenen

Hochklassiges Vortrags-Programm

  • Medizinische Fachvorträge, Fortbildungen und Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen
  • Weiterbildungen für Ärzte und Fachberufe
  • Beratung durch Selbsthilfegruppen und Institutionen
  • BBWs und BFWs informieren über Arbeit, Ausbildung und Beruf

Für medizinische Fragen rund um das Thema Augen steht Ihnen werktags unsere Telefon-Hotline 01805 870018 bereits von Dienstag, den 24.04.2018 bis Freitag, den 04.05.2018 von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr zur Verfügung.

Veranstaltungsort: Sheraton Frankfurt Airport Hotel, Hugo-Eckener-Ring 15, 60549 Frankfurt/M.

Kontakt: SightCity GmbH, c/o Metec AG, Hasenbergstrasse 31, D-70718 Stuttgart,Telefon: -49 (0) 711 6660318, Fax: +49 (0) 711 6660333, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; www.sightcity.net

SynPhon

Der Produkt-Erkennungs-Ordnungshelfer

Der EinkaufsFuchs sagt Ihnen einfach was Sache ist. Das handliche Hilfsmittel liest mit einem Pieps klar und deutlich von Verpackungen ab, was sich darin befindet. Drei Bedienschalter genügen, um viele viele Millionen Handelsgüter zu erkennen. Müheloser kann Unterscheiden eigentlich nicht mehr sein.

Was der EinkaufsFuchs ausnahmsweise mal noch nicht erkennt, können Sie selbst zuordnen und aufsprechen, denn der schlaue Alltagshelfer merkt sich, was Sie ihm anvertrauen.

Deshalb macht er sich auch nützlich, wo Sie etwas selbst kennzeichnen möchten, das es nirgends zu kaufen gibt. Einschalten und einfach loslegen. Er ist im Hilfsmittelkatalog der Krankenkassen gelistet.

Der Helfer zur Selbsthilfe

SynPhon - Elektronische Hilfen für Sehgeschädigte GmbH, Im Steinig 6, 76703 Kraichtal, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon 07250 929555, www.synphon.de

Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH

Non-24.de. Non-24: Eine zyklische Schlaf-Wach-Rhythmusstörung bei völlig blinden Menschen.

Sind Sie völlig blind? Haben Sie Schwierigkeiten, nachts zu schlafen und sind tagsüber häufig sehr müde? Fühlen Sie sich oft nicht leistungsfähig und haben Probleme, sich zu konzentrieren?

Weitere Fragen? Antworten erhalten Sie unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 2432124 oder auf www.non-24.de. Dies ist ein Service der Firma Vanda Pharmaceuticals Germany GmbH

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[1] Noch nicht beteiligt sind Baden-Württemberg, Bremen, Saarland und Sachsen. Brandenburg beabsichtigt, neben dem vorhandenen Kennzeichnungssystem ab 2018 auch mit Zertifizierungen nach „Reisen für Alle“ zu beginnen.