horus 1/2013 - Technische Revolution - mittendrin, außen vor oder wo sonst?


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Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder,

Technik hat blinden und sehbehinderten Menschen im Laufe der Geschichte eine ganze Reihe von Vorteilen gebracht, teilweise neue Berufsfelder erschlossen und im Freizeitbereich zu vielen positiven Veränderungen geführt. Wie hätten blinde Menschen sonst ohne die Erfindung der Schreibmaschine Stenotypisten und ohne Telefon Telefonisten werden können? Gleichzeitig zeigt sich aber an diesen Beispielen auch, dass technischer Fortschritt Berufschancen auch wieder zunichte machen kann; denn heute wird in der Ausbildung weit mehr verlangt als nur nach Diktat zu schreiben oder Telefonverbindungen herzustellen. Ähnliche Ambiguitäten finden wir im akademischen Bereich. Wer heute als Studierender eine Hausarbeit mit einer Menge von Rechtschreibfehlern abgibt, muss sich die Frage gefallen lassen, warum er kein Rechtschreibprogramm verwendet hat. Andererseits ist eine fehlerfreie Arbeit dann aber auch kein "Markenzeichen" für den Verfasser mehr.

Nachdem der Kollege Computer vor ca. 30 Jahren langsam, aber unaufhaltsam Einzug in unsere Büros und häuslichen Arbeitszimmer gehalten hat, aber mit Smartphones und anderen Miniaturgeräten inzwischen sogar bis in die Schlafzimmer der Nation vorgedrungen ist, hielt die Redaktion es für reizvoll, für uns eine erste Bilanz auf verschiedenen technischen Feldern zu versuchen. So berichtet Heinz Mehrlich in seiner äußerst lesenswerten Abhandlung geradezu euphorisch von den vielen Möglichkeiten, die insbesondere die neuesten technischen Entwicklungen für Sehbehinderte bieten. Michael Herbst beleuchtet demgegenüber kritisch und pointiert, welche Anforderungen wir an Technik stellen müssen und wie wir uns gegenüber wohlmeinenden Anbietern positionieren sollten.

Eine Frage bleibt für mich jedoch nach wie vor diskussionswürdig: Wie beschreiben wir bei weiterem technischen Fortschritt das Verhältnis von Technik und persönlicher Assistenz? Brauchen wir nicht auch oder sogar gerade bei wachsender Selbstständigkeit durch Technik den persönlichen Kontakt zu anderen Menschen, und wie lässt sich dieser trotz oder mit Technik erhalten und stabilisieren? Darüber sollten wir weiter gemeinsam nachdenken. Das wünscht sich, Ihnen und Euch

Uwe Boysen

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In eigener Sache

Hier kommt Farbe ins Spiel!

Neues Jahr, neue Ideen: Der horus hat ein neues Erscheinungsbild bekommen und wird ab sofort auch im Innenteil farbig gedruckt. Ansprechende Fotos und farbige Elemente gehören ebenso zum "neuen" horus wie farbige Anzeigen. Blättern Sie durch die aktuelle Ausgabe und machen Sie sich Ihr eigenes Bild.

SightCity 2013 steht vor der Tür

Vom 24. bis 26. April 2013 findet die diesjährige Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel-Messe SightCity im Sheraton Hotel am Flughafen Frankfurt statt. Zum 11. Mal stellen die Hilfsmittelhersteller ihre Neuheiten vor, und auch blista und DVBS sind mit dem Gemeinschaftsstand D17 am bekannten Standort im Foyer auf der Messe vertreten. Schauen Sie doch einmal bei uns vorbei und informieren Sie sich über neue Projekte und Angebote. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Tour de Kultur

Besuchen Sie gerne Museen und Theateraufführungen? Haben Sie schon einmal daran gedacht, künstlerisch tätig zu werden - auch mit Blindheit oder Sehbehinderung? Und wie gehen blinde Musiker in ihrem Arbeitsalltag mit dem Werk blinder Komponisten um? Diesen und anderen Fragen gehen wir in der nächsten Ausgabe horus 2/2013 nach, die mit dem Schwerpunktthema "Tour de Kultur" erscheinen wird. Gerne können Sie Ihre Erfahrungen an die Redaktion schicken und zur Gestaltung der Ausgabe beitragen. Vielleicht arbeiten Sie als blinder oder sehbehinderter Regisseur oder im Kulturmanagement? Auch diese Themen gehören zur "Tour de Kultur".

Ihre Berichte zum Schwerpunktthema können bis zu 10.000 Zeichen lang sein, kürzere Meldungen sollten eine Länge von etwa 2.000 Zeichen nicht überschreiten, Berichte können 4.000 lang werden. Redaktionsschluss für die Ausgabe 2/2013 ist am 9. April, die Ausgabe erscheint am 3. Juni 2013. Ihre Beiträge können Sie per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! schicken. Weitere Informationen gibt es in der Redaktion, Tel.: 06421 9488813.

Die horus-Redaktion freut sich auf Ihre Beiträge und wünscht viel Spaß bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe!

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Schwerpunkt: Technische Revolution - mittendrin, außen vor oder wo sonst?

Andrea Katemann

DAISY - Chancen und Herausforderungen

Dieser Artikel möchte einerseits Lesern, die nichts bzw. wenig mit dem in Blinden- und Sehbehindertenkreisen geläufigen Format DAISY (digital accessibility information system) anfangen können, informieren, andererseits werden Besonderheiten dieses im Prinzip komfortablen Formates herausgearbeitet, die auch nicht jedem "Insider" geläufig sind.

Was ist DAISY?

Es ist zu einem Ritual geworden. Jeden Abend vor dem Einschlafen höre ich Bücher mit meinem sogenannten "DAISY-Player". Wenn ich dann meinen Sleeptimer an dem Player auf 30 bzw. 60 Minuten stelle, denke ich so manches Mal vorausschauend an die Vorteile, die mir das DAISY-Format bietet, denn am Beginn des neuen Tages merke ich oft, dass ich schneller eingeschlafen bin, als ich vermutet habe. Somit muss man die Stelle, an die man sich noch erinnern kann, wiederfinden, um am nächsten Abend den Hörgenuss fortsetzen zu können.

Dazu bietet DAISY eine Menge Möglichkeiten. Zunächst einmal sind (im Gegensatz zu den Hörbüchern, die man kaufen kann) die DAISY-Bücher in Kapitel und die entsprechenden Unterkapitel aufgeteilt. Konkret habe ich also die Möglichkeit, jedes Kapitel mit meinem DAISY-Player direkt aufzufinden. Jedes DAISY-Buch beinhaltet auch eine sogenannte "Phrasennavigation", die es mir im besten Fall ermöglicht, jeden Satz anzuspringen. Einige DAISY-Bücher wurden von den Blindenhörbüchereien so aufbereitet, dass auch das seitenweise "Blättern" möglich ist, man springt also per Knopfdruck von Seite zu Seite. Außerdem kann jeder DAISY-Player auch vor- bzw. zurückspulen, zumindest ähnlich wie bei dem guten alten Kassettengerät.

Technisch gesprochen basiert DAISY auf einem XML- bzw. HTML-Standard, durch den gewährleistet wird, dass die soeben beschriebene Strukturierbarkeit von Inhalten machbar ist. Für die Festlegung und Weiterentwicklung dieses weltweit gültigen Standards ist ein "DAISY-Konsortium" verantwortlich (vgl. www.daisy.org). Für den deutschsprachigen Raum gibt es einen Leitfaden, der von Medibus (Mediengemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen) erstellt wurde und der festlegt, dass bestimmte Inhalte immer an derselben Stelle eines Buches auffindbar sind. Jeder Nutzer wird beispielsweise immer am Beginn etwas über die Strukturierung und über Navigationsmöglichkeiten, die ein Buch bietet, erfahren.

DAISY bietet viele unterschiedliche Zugänge zu Informationen

Für die meisten Blindenhörbüchereien und damit einhergehend für die Mehrzahl der blinden und sehbehinderten Nutzer ist DAISY ein reines Audioformat. Und auch die DAISY-Player sind vorwiegend dahingehend ausgelegt, den Nutzerinnen und Nutzern ein reines Hörbucherlebnis anzubieten. Die unterschiedlichen "DAISY-Versionen", gemeinhin als DAISY-Standards bezeichnet, stellen jedoch technisch eine Menge interessanter Funktionalitäten zur Verfügung. Möchte man das DAISY-Format über die gebräuchlichen Hörbuchfunktionalitäten hinausgehend nutzen, so hat man schon in dem in Deutschland üblichen DAISY 2-Standard die Möglichkeit, geschriebenen Text mit Audio zu kombinieren. Möchte der Nutzer sowohl auf die textlichen als auch auf die Audioinhalte zugreifen, so ist er darauf angewiesen, als "Abspielgerät" den PC zu nutzen. Die beiden Abspielprogramme "Max DAISY-Player" und das Programm "Amis" ermöglichen eine vielfältige Nutzung komplex aufbereiteter DAISY-Bücher.

Als Produzent kann man beispielsweise ein Buch mit einem einzubindenden Text für Brailleschriftleser in Blindenkurzschrift erstellen, in dem der Text an der Braillezeile genutzt werden kann, oder eines für blinde und sehbehinderte Menschen produzieren, bei dem dann der Text in "gewöhnlicher" Schrift am Bildschirm bzw. an der Braillezeile während des Hörens mitzuverfolgen ist. Selbstverständlich ist es für den Nutzer auch möglich, nur innerhalb des Textes oder ausschließlich innerhalb des gesprochenen Buches zu navigieren. Möchte man beispielsweise den in einem Buch vorhandenen Text verwenden, so ist dies einerseits über die verwendete DAISY-Abspielsoftware oder bei optimaler Aufbereitung des Textes über den bevorzugten Standardbrowser am PC machbar, da der Text im DAISY 2-Standard als gewöhnliches HTML eingebunden wird und einem damit einhergehend die gleichen Navigationsmöglichkeiten wie auf Internetseiten zur Verfügung stehen. Sehbehinderte Nutzer können somit auch ihre gewöhnlichen Vergrößerungsprogramme verwenden, um den Text am Bildschirm besser nachvollziehen zu können.

Analog zu den reinen Audio-DAISY-Produktionen lassen sich auch ausschließlich textliche Inhalte als DAISY-Buch produzieren. Diese Bücher sind einerseits am PC mit entsprechender DAISY-Abspielsoftware nutzbar, doch andererseits auch über viele DAISY-Player, da die meisten Geräte inzwischen eine Vorlesefunktion über eine synthetische Stimme beinhalten. Diese Art der Produktion gibt es in Deutschland bisher kaum. Technisch ist diese Art der Produktion jedoch bei gut aufbereitetem Datenmaterial kein Problem (solche Werke lassen sich beispielsweise mit der Software Easy Publisher der Firma Dolphin erstellen. Außerdem bietet das DAISY-Konsortium auf seiner Homepage das kostenlose Programm DAISY-Pipeline für solche Produktionen an).

In dem in Deutschland bisher nicht gebräuchlichen DAISY 3-Standard wird es technisch machbar sein, mathematische, bildliche und Videoinhalte in ein DAISY-Buch zu integrieren, was zumindest theoretisch für den Einsatz in Aus- und Weiterbildung interessante Chancen bieten könnte.

Erste Erfahrungen mit Komplexen DAISY-Produktionen

Gesprochen werden kann ein Buch bei solchen durchaus aufwändigen Produktionsmöglichkeiten entweder von menschlichen Sprechern oder synthetischen Stimmen. Für die Aufbereitung mit Hilfe von synthetischen Stimmen gibt es das auch für blinde und sehbehinderte Menschen sehr gut nutzbare Programm "RTFC". Mit diesem von Wolfgang Hubert entwickelten Tool lässt sich jedes gut bearbeitete Worddokument vergleichsweise einfach in Braillekurzschrift mit Audio oder in Text mit Audio als DAISY-Buch umsetzen. Erheblich mehr Aufwand betreiben muss man, wenn man beispielsweise Braillekurzschrift mit einer menschlichen Stimme kombinieren möchte. Jeder Satz eines Textes muss dem entsprechenden Audioteil individuell mit Hilfe eines Computerprogrammes zugeordnet werden.

Die Deutsche Blindenstudienanstalt (blista) hat all die beschriebenen Möglichkeiten inzwischen hinreichend ausprobiert und im Produktionsprozess einige Erfahrungen sammeln können. Inzwischen sind wir in der Lage, dem Nutzer regelmäßig DAISY-Produktionen zur Verfügung zu stellen, die Audio und Text kombinieren. Die Frauenzeitschrift "Unter uns" gibt es seit November 2012 als DAISY-Produktion, die den Text in Braillekurzschrift und das zu hörende Material von einer synthetischen Stimme gesprochen beinhaltet. Auf dieselbe Weise sind auch einige Sach- und Jugendbücher aus unserem Sortiment käuflich zu erwerben. Beispielhaft genannt seien hier: "Hinter dem Horizont links" von Christopher Many, "So wie ich will" von Melda Agbas und "Das Geheimnis der Wände" von Tatjana de Rosnay. Die beiden DIN-Normen "DIN 18040-1 barrierefreies Bauen" und "DIN 32975 Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum" haben wir unter anderem als DAISY, bestehend aus einer Kombination einer menschlichen Stimme einerseits und dem Text in Braillekurzschrift andererseits, produziert. Bei der Norm "32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum" haben wir uns an eine weitere Möglichkeit herangewagt. Der Text ist in Braillekurzschrift zu lesen, den größten Teil der Norm sprechen zwei synthetische Stimmen, doch die vorkommenden mathematischen Formeln werden von einer menschlichen Stimme (namentlich von Stefan Grimmeisen) gesprochen.

Wie nutzt wer wann komplex strukturierte DAISY-Bücher?

Die Frage nach dem "Wie" ist vergleichsweise einfach zu beantworten. Wie bereits erwähnt, benötigt man, wenn man die vollen Funktionsmöglichkeiten eines DAISY-Buches, nutzen möchte, das sowohl Text als auch Audio beinhaltet, einen PC, denn es gibt keinen DAISY-Player (als Gerät), an den man eine Braillezeile anschließen könnte. Die Frage nach dem "Wann" ist schon erheblich komplizierter zu beantworten. Hier lässt sich feststellen, dass es sich gerade bei komplizierteren, möglicherweise wissenschaftlichen, Werken lohnt, für die Nutzer eine kombinierte Aufbereitung von Audio mit menschlicher Stimme und Text zu machen. Im Text lassen sich dann Dinge wie die Schreibweise von Fachbegriffen und Namen nachvollziehen. Es kann jedoch noch ein spannender Punkt hinzukommen. Im Text ist es dann auch für den Leser, der mit einem Werk sehr gründlich arbeiten möchte, möglich, Inhalte unterzubringen, die einen Hörgenuss eher stören könnten. Hier sei auf ein Projekt der blista verwiesen: Gerade produziert unsere Hörbücherei die Bibel in der Luther-Übersetzung als wissenschaftliche Ausgabe mit den dazugehörigen Anmerkungen. Der zu hörende Teil ist von professionellen Schauspielern gesprochen. Zwar ist er, wie in einer Bibel sinnvoll, versweise navigierbar, doch sprechen die Schauspieler die Versnummern nicht mit. Im Text jedoch sind die Versnummern exakt gekennzeichnet, sodass der fachkundige Nutzer eine zitierfähige Ausgabe erhält, der Hörgenuss aber keineswegs beeinträchtigt ist. Dieses oder ein ähnliches Verfahren lässt sich sicherlich noch für einige Bücher anwenden. Doch auch bei einfach strukturierten Werken aus der Belletristik erreicht man mit einer Einbindung des Textes möglicherweise neue Zielgruppen. Sehbehinderte Menschen möchten häufig lieber Texte auch am Bildschirm nachvollziehen können als diese ausschließlich zu hören. Doch auch für blinde Menschen kann es schon allein für die Kommunikation mit sehenden Freunden sinnvoll sein, über die Schreibweise von buchspezifischen Begriffen informiert zu sein.

DAISY-Bücher in der Schule

In Bezug auf die Frage des nutzenden Personenkreises kommt man schnell zu der Feststellung, dass reine Schulbücher im DAISY-Format praktisch nicht vorhanden sind. Möchte man in der Schule mit Büchern arbeiten, die digital verfügbar sind, hat man sich für blinde und sehbehinderte Menschen auf den sogenannten "E-Buch-Standard" der Medienzentren geeinigt (vgl. zum E-Buch-Standard www.augenbit.de). In den USA hingegen scheint DAISY in der Aus- und Weiterbildung von blinden und sehbehinderten Menschen durchaus mehr verbreitet zu sein als in Deutschland. Dies mag unter anderem daran liegen, dass man hier stärker auf "Text-DAISY" setzt, in dem sich dann seitenweise navigieren lässt. Somit ist das Auffinden von Text vergleichsweise leicht möglich, der Lehrer kann am PC nachvollziehen, an welchem Punkt der Schüler sich gerade befindet, und außerdem lassen sich Rechtschreibung und Zeichensetzung leichter trainieren als mit reinem Audio-DAISY. In deutschen Schulen jedenfalls scheint man mit reinem Audio-DAISY nicht viel anfangen zu können. Auch übliche Schullektüren wie beispielsweise Goethes "Die Leiden des jungen Werther" oder Hermann Hesses "Unterm Rad" werden, so meine Wahrnehmung, durchaus in anderen Formaten bevorzugt. Es kommt jedoch noch ein ganz anderes Problem hinzu. Die bisher kostenlos verfügbare Abspielsoftware von DAISY-Büchern ist keineswegs perfekt. So macht es beispielsweise immer noch Probleme, ein Buch nach Begriffen zu durchsuchen. Auch das Anspringen von Seitenzahlen und außerdem die Orientierung innerhalb eines Buches, auf welcher Seite in welchen Absatz man sich gerade befindet, ist bei den DAISY Abspielprogrammen keineswegs zufriedenstellend gelöst. Dies bestätigt auch ein in den USA durchgeführter Test innerhalb des Projektes "Diagramcenter" (vgl. www.diagramcenter.org). Keine der getesteten DAISY-Abspielsoftware erfüllte alle dort gestellten Anforderungen.

Fazit

DAISY bietet erheblich mehr Möglichkeiten, als man spontan denkt. Doch muss sich in der Entwicklung von DAISY-Playern und in der Entwicklung von DAISY-Abspielsoftware noch eine ganze Menge tun, damit sehr aufwändig und gut aufbereitete Bücher in ihrer vollen Bandbreite nutzbar sind. Wird die Weiterentwicklung insbesondere der DAISY-Abspielsoftware noch verbessert, oder man nutzt eine Entwicklung von Apps für die auch bei blinden und sehbehinderten Menschen weit verbreiteten Smartphones, so ließen sich gut aufbereitete Bücher noch effektiver nach individuellen Nutzergewohnheiten verwenden. Ein Stück weit ist dies heute schon der Fall. Möchte man beispielsweise die Bibel lediglich als informative, doch zugleich unterhaltende Lektüre vor dem Einschlafen hören, benutzt man mit seinem DAISY-Player ausschließlich die Audiofunktionalität. Muss man sich mit diesem Werk jedoch am nächsten Tag oder überhaupt wissenschaftlich beschäftigen, ist einem der PC nützlich.

Insgesamt bietet die Digitalisierung von Büchern (im Gegensatz zur Kassette) blinden und sehbehinderten Menschen schon heute einen vergleichsweise schnellen Zugang zu aktuellen Bestsellern aus dem Bereich der Belletristik. Doch bei den Sachbuchneuerscheinungen ist nach wie vor nur ein Bruchteil zugänglich. Dabei bringt uns die Chance auf ein handelsübliches E-Book möglicherweise gar nichts, kommt es doch bei Sachbüchern durchaus darauf an, Abbildungen, Tabellen, Grafiken und möglicherweise auch sonstige Hervorhebungen und Markierungen exakt zu erfassen. Wünschenswert wäre es daher, man hätte hier als Medienproduzent für blinde und sehbehinderte Menschen noch mehr finanzielle und technische Ressourcen und vielleicht auch technisch effektivere Möglichkeiten für eine schnelle und aktuelle DAISY-Buchproduktion zur Verfügung. Denn insgesamt ist DAISY für blinde und sehbehinderte Menschen ein sehr gut und schnell und vielseitig zugängliches Format.

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Mit Tasten oder ohne - Welches Handy passt zu mir?

Sprechende Mobilfunkgeräte

Isabella Brawata im Gespräch mit Oliver Nadig, Mitarbeiter der Rehabilitationseinrichtung für Blinde und Sehbehinderte (RES) an der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista), selbst blind und für PC-Schulungen verantwortlich

Brawata: Inzwischen sind Mobilfunkgeräte wie das iPhone und andere Handys auf dem Markt, die kleinen Computern gleichen und deshalb als Smartphones (smart = schlau) bezeichnet werden. Welche Mobilfunkgeräte, die für Blinde und Sehbehinderte nutzbar sind, sind derzeit auf dem Markt?

Nadig:Genau wie Computer, die unter Windows, dem Apple Mac-OS oder Linux laufen, verfügen auch moderne Handys über unterschiedliche Betriebssysteme. Ob man ein Handy "zum Reden bringen" kann, hängt von dessen Betriebssystem ab. Es gibt aktuell vier Smartphone-Betriebssysteme im deutschsprachigen Raum, für die praxistaugliche Sprachausgaben erhältlich sind:

  1. Symbian S60
  2. Windows Mobile 6
  3. Apple IOS und
  4. Android

Die Blütezeit des Betriebssystems Symbian S60 ist vorbei. In der Vergangenheit wurde es auf zahlreichen Geräten der Firma Nokia eingesetzt. Heute findet man es nur noch auf sehr wenigen zeitgemäßen Smartphones. In noch stärkerem Maße gilt diese Aussage für das Betriebssystem Windows Mobile 6, da es von den Nachfolgern Windows Phone 7 und Windows Phone 8 abgelöst worden ist, für die allerdings derzeit keine Sprachausgabelösungen existieren. Das Betriebssystem IOS verrichtet in den verschiedenen Varianten des Apple iPhones seinen Dienst. Die meiste Entwicklung findet derzeit auf dem Gebiet der Smartphones statt, die mit dem von Google entwickelten Betriebssystem Android arbeiten.

Bei einigen Betriebssystemen wird ein Sprachausgabeprogramm bereits von vornherein gratis mitgeliefert. Wenn man sich ein Mobiltelefon mit dem entsprechenden Betriebssystem zulegt, ist eine Sprachausgabe also bereits vorhanden und muss weder nachinstalliert noch nachgekauft werden.

Weder Windows Mobile 6 noch Symbian S60 haben von Hause aus ein Sprachausgabeprogramm mit an Bord. Das bedeutet für die meisten kompatiblen Nokia-Geräte, dass man eines der beiden kostenpflichtigen Vorleseprogramme Mobile Speak oder Talks benötigt. Talks und Mobile Speak haben beide eine gut verständliche, klare Sprache. Unter den kompatiblen Smartphones sind sowohl solche, die über Tasten steuerbar sind, als auch Modelle, die mit einem berührungsempfindlichen Touchscreen bedient werden.

Es gibt mittlerweile aber auch einige wenige Smartphones von Nokia, auf denen man ein kostenloses Vorleseprogramm namens Nokia Screenreader installieren kann. Dazu zählen derzeit die Tastentelefone Nokia C5.00 und Nokia C5.00 5MP. Das C5.00 5MP verfügt hierbei über die hochauflösendere Kamera, was für sehbehinderte Nutzer wichtig sein könnte. Außerdem lässt sich das Touchscreen-Handy Nokia c5.03 mit dem kostenlosen Nokia Screenreader bestücken. Allerdings klingen die zugehörigen Sprachausgaben etwas dumpf und daher ein wenig undeutlich. Sie erinnern ein bisschen an ein altes Dampfradio und könnten daher für Menschen, die nicht gut hören, problematisch sein.

Während einige Smartphones von Nokia noch eine Tastatur besitzen, werden alle aktuellen Smartphones der anderen Anbieter nur tastenlos über Touchscreens bedient.

Das wohl populärste Beispiel ist das Mobiltelefon von Apple, das iPhone. Es läuft unter dem Betriebssystem IOS. Hier wird das Vorleseprogramm VoiceOver ab Werk mitgeliefert. VoiceOver spricht mit einer gut verständlichen weiblichen Sprache.

Für das Android-Betriebssystem existieren gleich mehrere Sprachausgabelösungen. Die beiden Programme Talkback und Spiel sind kostenlos. Talkback ist verbreiteter und dürfte auf allen aktuellen Android-Geräten mittlerweile vorinstalliert sein. Die "Mobile Accessibility Suite" ist ein kostenpflichtiges Vorleseprogramm für Android-Geräte, das hochwertige Sprachausgaben beinhaltet und die Bedienung des Smartphones auf vielfältige Weise erleichtert.

Einige aktuelle Android-Smartphones sind beispielsweise das Google Nexus, das Galaxy S2, das Galaxy S3 und das Nexus4.

Brawata: Wie kann man als blinder oder stark sehbehinderter Mensch einen Touchscreen bedienen?

Nadig: Ein Touchscreen ist ein berührungsempfindlicher Bildschirm. Er wird bedient, indem man auf seiner glatten Oberfläche verschiedene Arten von Fingerbewegungen macht. Diese Klopf-, Streich- oder Schnipp-Bewegungen werden allgemein als "Gesten" bezeichnet. Jeder Aktion ist eine bestimmte Geste zugeordnet. Möchte ein sehender Benutzer beispielsweise ein Programm öffnen, tippt er einfach mit einem Finger auf das entsprechende Symbol auf dem Touchscreen.

Vorleseprogramme wie Talks bzw. Mobile Speak auf einem Touchscreen-Handy von Nokia, VoiceOver auf dem iPhone oder Talkback auf einem Android-Handy definieren die Bedeutung der Gesten so um, dass man auch als Nicht-Sehender in der Lage ist, einen Touchscreen sicher zu bedienen. Ein blinder Nutzer muss sich ja erst einmal mit Hilfe der Finger auf dem Touchscreen das richtige Symbol heraussuchen. Deshalb verrät das Sprachausgabeprogramm bei einfacher Berührung erst einmal nur, auf welchem Symbol man sich gerade befindet, und es sagt auch an, mit Hilfe welcher Gesten es bedient werden kann. Ein Programm auf dem iPhone wird beispielsweise durch zweimaliges Tippen mit einem Finger geöffnet. Da das iPhone sich merkt, welches Symbol zuletzt berührt und damit markiert wurde, muss man beim Doppeltippen nicht die Stelle treffen, an der das Symbol auf dem Touchscreen abgebildet ist.

Es gibt ungefähr drei Dutzend verschiedene blindenspezifische Gesten, von denen man jedoch längst nicht alle bei der alltäglichen Arbeit benötigt. Es gibt beispielsweise Gesten, um zum nächsten, zum vorigen, zum ersten oder zum letzten auf dem Touchscreen angezeigten Element zu gelangen. Es gibt Gesten zum Blättern durch Bildschirme und Menüs, zum Vorlesen von Text, zum Annehmen von Anrufen und zum Starten und Stoppen der Wiedergabe von Musik. Auf Wunsch gibt das Sprachausgabeprogramm Hilfestellungen, was man in der jeweiligen Situation tun kann. Orientierungs- und Bestätigungstöne unterstützen die Arbeit mit dem Touchscreen-Gerät ebenfalls.

Obwohl die Bedienoberfläche völlig glatt ist, kann man sich dennoch auf dem Handy zurechtfinden, denn die Symbole auf dem Bildschirm sind nicht willkürlich angeordnet. Sie sind in den meisten Situationen gitterartig strukturiert wie in einer Tabelle mit Zeilen und Spalten. Beim iPhone findet man beispielsweise am oberen Rand immer die Statusleiste. Da kann man erfahren, wie voll der Akku oder wie gut der Mobilfunk-Empfang ist. Unten auf dem Bildschirm findet man die nach Meinung des Herstellers wichtigsten Bedienelemente wie Telefon, Email, den Internet-Browser und das Programm zum Abspielen von Musik. Um das Smartphone bedienen zu können, muss man allerdings nicht unbedingt wissen, wie der Bildschirm aufgebaut ist, denn es gibt eine Geste - auf dem iPhone ist es eine Wischbewegung von links nach rechts oder von rechts nach links -, mit der man zum nächsten oder vorangegangenen Bedienelement springen kann. Diese Funktion kann man mit der Tab-Taste oder den Pfeiltasten auf dem Computer vergleichen. Desweiteren gibt es Spracheingabeprogramme wie Siri fürs iPhone oder Voicecommand für das Nokia-Handy. Mit einem Spracheingabeprogramm kann man dem Handy einfach sagen, was es tun soll. Insbesondere der auf dem iPhone verfügbare Sprachassistent Siri funktioniert erstaunlich gut, sodass man sich recht selten mit dem Touchscreen auseinandersetzen muss, um das iPhone zu nutzen. Man hat außerdem die Möglichkeit, über eine drahtlose Funkverbindung, die Bluetooth genannt wird, eine Schwarzschrifttastatur oder ein Braillenotizgerät an das Handy zu koppeln.

Brawata: Was können die modernen Smartphones?

Nadig: Neben der Telefon- und SMS-Anwendung sind alle modernen Geräte mit einer Kontaktverwaltung, einem Kalender, Uhr-, Wecker- und Erinnerungs-Anwendungen, einem E-Mail-Programm, einem Internet-Browser und Wiedergabemöglichkeiten für Musik und Videos ausgestattet. Auch die sozialen Netzwerke YouTube, Twitter und Facebook haben auf den Smartphones Einzug gehalten. Die Möglichkeiten des Smartphones lassen sich jedoch nahezu beliebig erweitern, und zwar dadurch, dass man sich aus dem Internet sogenannte Apps herunterlädt und installiert. Apps sind "kleine Programme" bzw. Anwendungen, die häufig kostenlos oder aber für kleines Geld (in der Regel weniger als 5 Euro) zu haben sind.

Apps werden dazu entwickelt, eine bestimmte, klar umrissene Aufgabe zu erfüllen und verfügen deshalb meist über eine simpel zu durchschauende Bedienoberfläche. Für unseren Personenkreis sind gerade diejenigen Apps interessant, die die vielfältigen "Sensoren" der Smartphones nutzen und damit die durch unsere Blindheit bzw. Sehbehinderung entstehenden Wahrnehmungsmöglichkeiten erweitern oder auszugleichen helfen.

Bei den "Sensoren" der Smartphones denke ich besonders an den integrierten GPS-Empfänger und die Kamera. Der GPS-Empfänger lässt sich mit Orientierungs- und Navigations-Apps nutzen, die auch für Fußgänger immer besser werden. Mit Hilfe des Navigationssystems kann man sich informieren, in welcher Straße man sich gerade aufhält, wie man zu einem bestimmten Ort kommt oder welche Restaurants oder Sehenswürdigkeiten in der Nähe sind. Zusätzlich wird die Mobilität durch Apps erweitert, die Bus- und Zugverbindungen heraussuchen können.

Mit Hilfe der eingebauten Kamera und entsprechenden Apps kann man das Smartphone dazu bringen, Farben zu identifizieren, gedruckte Texte vorzulesen oder anhand des auf einer Verpackung aufgedruckten Strichcodes zu erkennen, um welches Produkt es sich handelt. Ob eine derartige App dabei in der Lage ist, ein klassisches Blindenhilfsmittel wie ein Farb- oder Produkterkennungsgerät zu ersetzen, muss jeder selbst entscheiden - es gibt gute Gründe für die friedliche Koexistenz beider Lösungen.

Ein modernes Smartphone kann auch die Informationsmöglichkeiten sehbehinderter und blinder Menschen verbessern: Es gibt Apps zum Radio-Hören und Fernseh-Schauen, Apps zum Lesen von Nachrichten und Zeitungen sowie Apps für elektronische Bücher und Hörbücher.

Zur Bedienbarkeit von Apps ist allgemein zu sagen, dass die Apps, die beim Kauf des Handys mitgeliefert werden, etwa die Musik- oder Internetfunktion, gut bedienbar sind. Die Bedienbarkeit von Apps, die man sich zusätzlich holt, ist sehr unterschiedlich. Manche Apps lassen sich perfekt nutzen, bei anderen muss man ein wenig fummeln oder kann sie nur eingeschränkt verwenden, und einige sind für Blinde und sehbehinderte gar nicht zugänglich.

Brawata: worin unterscheiden sich das iPhone und die Android-Handys?

Nadig: Beim iPhone sind das Vorleseprogramm und die Sprachausgabe schon ab Werk mit an Bord und können mit wenig technischem Aufwand vom blinden Nutzer selbst in Betrieb genommen werden. Bei den Android-Geräten muss man unter Umständen sehende Hilfe in Anspruch nehmen, um erstmalig das Vorleseprogramm zu starten; eine hochwertige Sprachausgabe muss nachinstalliert werden. Dafür hat man eine größere Wahlfreiheit, denn das Android-Betriebssystem ist viel offener gestaltet, sodass man sich die einzelnen Bedienkomponenten nach seinen Bedürfnissen selbst zusammenstellen kann. Man kann sich beispielsweise zwischen mehreren Vorleseprogrammen und vielen Stimmen entscheiden, was beim iPhone nicht möglich ist.

Die Android-Handys sind also eher etwas für Experimentierfreudige, die eine gewisse Technikbegeisterung mitbringen.

Was die Zugänglichkeit und Bedienbarkeit für blinde und sehbehinderte Nutzer angeht, so werden die Unterschiede zwischen iPhone und Android-Geräten immer geringer, je mehr Fortschritte die Barrierefreiheit in Android macht.

Brawata: Wie ist das Preis-Leistungsverhältnis der Geräte?

Nadig: Wenn man vom Normalpreis ausgeht, ist das Tasten-Handy Nokia C5.00 mit kostenlosem Nokia Screenreader zum Preis von 150 Euro ein Schnäppchen. Allerdings ist die Sprache ein wenig dumpf. Wer sich für ein Nokia-Handy und eines der beiden kostenpflichtigen, dafür aber sehr deutlich sprechenden Vorleseprogramme Talks oder Mobile Speak entscheidet, muss etwa 280 bis 300 Euro zusätzlich einplanen. Android-Geräte liegen zwischen 199 und 399 Euro, bei denen die Sprachausgabe Talkback aber bereits enthalten ist. Aus rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus bieten sie das beste Preis-Leistungsverhältnis, weil man für das geringste Geld die meiste Funktionalität in einem hochaktuellen Smartphone bekommt.

Mit rund 700 Euro für das neueste Modell ist das iPhone, was den Preis anbelangt, Spitzenreiter, dafür bekommt man ein Rundum-sorglos-Paket, denn das Vorleseprogramm VoiceOver inklusive hochwertiger Sprachausgabe sind einschaltfertig an Bord.

Wer vorher ein Mobiltelefon mit Tasten besessen hat und nun auf ein Smartphone mit Touchscreen umsteigt, braucht eine Umgewöhnungs- und Einarbeitungszeit, die durchaus von mehreren Tagen bis zu einigen Wochen dauern kann. Wenn man sich aber einmal eingearbeitet hat, muss man kein Technikfreak sein, um mit einem tastenlosen Smartphone gut zurechtzukommen.

Brawata: Wie weiß ich denn, welches Handy zu mir "passt"?

Nadig: Sehr wichtig ist, die Handys persönlich im Laden oder bei Bekannten intensiv auszuprobieren und sich damit auch einmal in "Extremsituationen" zu begeben. Damit meine ich, in lauter Umgebung, in einem Bus oder einer Bahn, und im Stehen oder Gehen zu versuchen, mit Hilfe des Touchscreens eine Nummer zu wählen und ein Gespräch zu führen.

In der RES hat man ebenfalls die Möglichkeit, sich fachkundig beraten zu lassen und die unterschiedlichen Smartphones zu testen. Eine individuelle Beratungseinheit von 45 Minuten kostet 78 Euro. Bei Interesse erhalten Sie weitere Informationen bei Oliver Nadig, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 606 512

In ihrem Fortbildungskalender bietet die blista zu diesem Thema im Herbst ein Seminar mit Oliver Nadig und Uwe Klose an: "FB 22 - Smartphones und Tablet-PCs für Blinde und Sehbehinderte - Welches Gerät passt zu mir?"

Weitere Informationen erhalten Interessierte unter: www.blista.de/bildung/fortbildung/index.php

Wer die Stimmen der verschiedenen Smartphones kennen lernen möchte, kann sich das Interview mit Oliver Nadig hier anhören: www.blista.de/aktuelles/index.php/nr=411

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Dr. Eberhard Hahn

Vom Punkt zum Bit - Meine Erfahrungen mit moderner Technik

Wer wie ich heute auf gut sieben Lebensjahrzehnte zurückblicken kann, der kommt um die Feststellung schlechterdings nicht herum, dass während dieser Zeit eine so unvorstellbare Menge an technischen Neuerungen entstanden ist, dass man sehr wohl von einer technischen Revolution sprechen kann - einer Revolution allerdings, deren Ende noch längst nicht abzusehen ist. Lassen Sie mich erzählen, wie diese technische Revolution mein Leben geprägt hat.

Meine angeborene Netzhauterkrankung hat mir auf beiden Augen ein extrem kleines zentrales Gesichtsfeld übrig gelassen, das es mir ermöglicht, Gegenstände in meiner Nähe in groben Zügen optisch "abzutasten". Dankbar darf ich allerdings feststellen, dass sich dieser bescheidene Sehrest im Laufe meines Lebens nicht wesentlich verschlechtert hat.

Da ich ja noch ein bisschen sehen konnte, schickte man mich mit sechs Jahren zunächst in unsere örtliche Dorfschule. Mit einer Lupe gelang es mir, unter größter Anstrengung die groß gedruckten Buchstaben in meiner Anfängerfibel der Reihe nach zu entziffern. Auch das Schreiben von Schwarzschrift habe ich gelernt, ohne allerdings meine eigene Schrift lesen zu können. Nach zwei "Volksschuljahren" bestanden meine Lehrer darauf, dass man mich in eine Blindenschule schickte.

Hier machte ich Bekanntschaft mit der Brailleschrift und war sofort hellauf begeistert. Die Buchstaben und auch die Musiknoten lernte ich recht schnell, wahrscheinlich, weil ich beides von der Schwarzschrift her bereits kannte. Die Möglichkeit, nun plötzlich selber in brauchbarer Weise lesen und schreiben zu können, empfand ich schon als Kind wie den Eintritt in eine völlig neue, faszinierende Welt.

Ein ganz wesentlicher Aspekt bei meiner spontanen Begeisterung für die Punktschrift war sicher, dass es sich hier um einen einfachen binären Code handelt. Ein A war einfach der Punkt 1, nichts weiter. Da kam kein Lehrer und meckerte: "Dein A steht aber schräg, der Mittelstrich steht über, und überhaupt sieht es einfach nicht schön aus."

Als ich dann während meines Mathematikstudiums meine erste Bekanntschaft mit einer "Rechenanlage" (einer Siemens 2002) machte, fühlte ich mich bei deren Zeichencodierung sofort wie zu Hause. Das Eingabemedium war ein Fünfkanal-Lochstreifen, der auf einem Fernschreiber gestanzt wurde. Meine Kommilitonen waren froh, wenn ich das Tippen übernahm, denn ich beherrschte ja das Zehnfingersystem (Fräulein Faser sei Dank!).

Als ich meine Arbeitsstelle im Zentrum für Datenverarbeitung der Uni Tübingen antrat, waren die Lochstreifen durch Lochkarten verdrängt worden, die ein wesentlich angenehmeres Arbeiten ermöglichten. Diese etwa 19 Zentimeter langen und 8 Zentimeter breiten Zettelchen aus relativ starkem Papier eigneten sich auch gut für Punktschriftnotizen. Zum Stanzen der Lochkarten benutzte man ebenfalls Geräte mit normaler Schreibmaschinentastatur, mit der ich ja, wie gesagt, gut zurechtkam.

Ein großes Problem stellte jedoch das Ausgabemedium des Computers dar. Alle Ergebnisse wurden von einem Zeilendrucker auf breites Endlospapier gedruckt. Mit Hilfe von Kontaktlinsen und einer Lupenbrille gelang es mir immerhin, einige wenige Zeichen eines Ausdrucks zu entziffern, was häufig für die Ergebniskontrolle bereits ausreichte.

Damals machte ich eine für mein Gefühl recht interessante Beobachtung: Eben weil es mir so schwer fiel, die Ergebnisse meiner Arbeit abzulesen, gewöhnte ich mir eine regelrecht pedantische Arbeitsweise an. Jedes Programm, das ich schrieb, las ich mehrmals gründlich durch, ehe ich es auf Lochkarten übertrug und zur Ausführung in den Maschinenraum brachte. Tippfehler bemerkte ich ja ohnehin meist direkt beim Schreiben und konnte dann die vertippte Textzeile sofort wiederholen und die fehlerhafte Karte entfernen. In der Regel liefen meine Programme deshalb auf Anhieb, während meine Kollegen oft mehrere Anläufe brauchten, bis sie alle Schreibfehler aus ihren Programmen entfernt hatten. Unser Arbeitstempo war also im Endeffekt durchaus vergleichbar.

Die entscheidende Wende kam nun Mitte der 1970er Jahre. Ich erfuhr, dass am Institut für Feinwerktechnik der Uni Stuttgart ein junger Mann namens Klaus-Peter Schönherr an der Entwicklung eines Lesegeräts für Blinde arbeitete. Sogleich besuchte ich ihn und ließ mir sein bereits vorhandenes Labormodell vorführen. Die erkannten Buchstaben wurden von einem Streifenschreiber ausgegeben. Ich meinte, dass ein längerer Text von einer Stenorolle doch recht mühsam abzulesen sei, und ob man sich nicht eine Art Display vorstellen könne, auf dem durch selektives Anheben von Stiftchen veränderlicher Punktschrifttext angezeigt würde. Schönherr nahm mich mit ins Nebenzimmer und skizzierte auf der Wandtafel ein Punktschriftmodul, bei dem die Stiftchen elektromagnetisch angehoben und durch nachgezogene Metallkügelchen mechanisch verriegelt wurden. Um es etwas theatralisch zu sagen: Die Braillezeile war geboren.

Die Konstruktion des Lesegeräts verlief bald im Sande, was aus heutiger Sicht nicht schlimm ist, weil die inzwischen verfügbaren Scanner wesentlich bessere Möglichkeiten zur optischen Zeichenerkennung liefern. Hingegen hat Schönherr seine Braillezeilen zur Serienreife gebracht und sie in seiner Firma EHG in Horb-Nordstetten in größerer Stückzahl hergestellt. Ich durfte für die ersten noch sechspunktigen Zeilen eine Zeichentabelle entwickeln. Den Prototyp der Schönherr-Zeile hatte ich dann längere Zeit an meinem Arbeitsplatz in Gebrauch.

Das Prinzip der Magnetzeile erwies sich allerdings bald als problematisch, weil die mechanischen Teile leicht verschmutzten und die Stifte deshalb häufig hängen blieben. Die Piezozeilen, die noch heute im Gebrauch sind, galten bald als die bessere Alternative, wenn sie auch in der Herstellung merklich teurer waren.

Nach Einführung der Braillezeile hatte ich zunächst das Gefühl, als seien meine Kollegen und ich völlig gleichwertige Computerbenutzer geworden. Ich mochte zwar im Ablesen von Bildschirminhalten langsamer sein, konnte aber durch meine pedantische Arbeitsweise auch immer wieder Zeit einsparen.

Das änderte sich erst, als man in den 1990er Jahren auch am Zentrum für Datenverarbeitung zu grafischen Benutzeroberflächen wie MS-Windows überging. Zwar haben sich unsere Hilfsmittelhersteller redlich bemüht, uns auch das Arbeiten mit Windows zu ermöglichen, aber diese Adaptionen liefen anfangs noch nicht sonderlich stabil, und es fehlten wichtige Funktionen. Vor allem jedoch war für den blinden Endbenutzer ein erheblicher Lernaufwand nötig, damit er schließlich mit dem Computer wenigstens annähernd das wieder machen konnte, was er zuvor mit Leichtigkeit bewältigt hatte. Weil überdies an meiner Arbeitsstelle darauf gedrängt wurde, dass die Umstellung zügig erfolgte, hielt ich es für besser, mit 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen, was mir ja ohne Abzüge möglich war.

Als Ruheständler konnte ich mir die nötige Zeit nehmen, mich mit der neuen Arbeitsweise am Computer anzufreunden. Vor allem konnte ich nun endlich meine beiden Hobbys, Musik und Computerei, zusammenbringen. So unterstützt mich der Computer tatkräftig beim Erstellen der Übungs-CDs und auch der Schwarzschriftnoten für meine Chorarbeit. Gerade auf diesem Gebiet sind mir heute Dinge möglich, von denen ich noch vor 20 Jahren nicht zu träumen gewagt hätte.

Die technische Revolution während der letzten Jahrzehnte ist also keineswegs spurlos an mir vorbeigegangen. Ich glaube sogar, dass ich im Vergleich mit meinen sehenden Mitmenschen eine Menge davon profitiert habe. Die Punktschrift als binärer Code und die häufige Notwendigkeit zu abstraktem Denken haben mir sicher sehr geholfen, mich in der modernen Welt aus Bits und Bytes zurechtzufinden. Dass ich die Entwicklung der Braillezeile sozusagen an vorderster Front miterleben durfte, erfüllt mich noch heute mit Freude und Dankbarkeit. Wenn ich mir freilich die vielen jungen Leute mit ihren Smartphones und iPads betrachte, dann habe ich den Eindruck, als falle es mir altem Kerl doch allmählich schwer, noch mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.

Über den Autor

Dr. Eberhard Hahn ist Mitglied im Leitungsteam der Gruppe Ruhestand im DVBS und Redakteur der Fachgruppen-Informationen. Er war von 1955 bis 1962 Schüler der Carl-Strehl-Schule in Marburg. Nach seinem Abitur studierte er Mathematik an der Universität Tübingen und arbeitete anschließend am dortigen Zentrum für Datenverarbeitung. Seit 2001 ist Dr. Hahn Ruheständler.

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Heinz Mehrlich

Smartphones und Tablet-PCs - hoher Nutzen und "Sehverstärker" für Sehbehinderte

Überblick

Meine Einschätzungen äußere ich bewusst aus meiner eigenen Betroffenheit als Sehbehinderter. Mit der Nutzung des iPads und iPhones haben sich für mich viele Einschränkungen durch diese Behinderung dramatisch erleichtert. Jetzt habe ich fast vollständig Zugang zu Informationen, Zeitschriften und Büchern - und zur neuen digitalen Welt. Noch mehr: Die visuelle Welt hat sich mir damit in unerwarteter Weise breiter und farbiger erschlossen (siehe unten "visual literacy").

1. Verwirrende Vielfalt

Obwohl erst im Frühjahr 2010 auf den Markt gekommen, sind wir beim iPad bereits bei der vierten Generation. Es gibt unzählige daraus abgeleitete Geräteformen, die sich vor allem nach Größe des Bildschirms unterscheiden. Es gibt viele Betriebssysteme: Apple IOS, Microsoft Windows 8, Google Android, usw. ... Natürlich sind damit jeweils andere Nutzungskonzepte für die Zugänglichkeit (E-accessibility) verbunden. Ziel sollte es sein, möglichst ähnliche Bedienkonzepte zu erreichen, damit für Behinderte eine durchgängig anwendbare Kompetenz für diese Geräte möglich wird.

2. Worin liegen die Vorteile dieser Geräte?

2.1 Vergrößerung durch Annäherung

Durch die kleine Bauform können mobile Geräte leicht an das Auge herangeführt werden. Durch Nähe, häufig "Nasen-Distanz", wird Vergrößerung erreicht. Für Sehbehinderte gilt es, einen Kompromiss zwischen Handhabbarkeit und einem möglichst großen Bildschirm andererseits zu treffen.

2.2 Bildschirme

Heutige mit LED hintergrundbeleuchtete Bildschirme sind sehr leuchtstark, sodass sie auch weitgehend bei Sonnenlicht abgelesen werden können. Nicht unstrittig ist unter Sehbehinderten die Bildschirm-Auflösung. Die enorm hohe Auflösung, die beim iPad 3 höher als bei einem großflächigen Fernsehers ist, nehme ich auch als Gewinn an Bildschärfe wahr.

Am wichtigsten ist die große Winkelunabhängigkeit, da beim nahen Herangehen große Einblickwinkel nach außen entstehen. Bei schlechten Bildschirmen werden vom Auge entferntere Bildschirmteile dunkler oder farbverfälscht wiedergegeben. Die Farbtreue ist beeindruckend und weit besser als bei Notebooks. Bei diesen leuchtenden Bildschirmen kann ich auch Text lesen, der bis um die Hälfte kleiner sein kann als gedruckter Text.

Eine wissenschaftliche Untersuchung von Daniel Roth (2012) ergab eine deutliche Erhöhung der Lesegeschwindigkeit bei Sehbehinderten aufgrund des hohen Kontrastgewinns (contrast sensivity). Für mich ganz klar: Man muss die Bildschirme für sich ausprobieren, um richtig entscheiden zu können.

Allgemeine Zoom-Funktion

Bedienelemente, Schriften in Menüs und vielen Texten lassen sich nicht vergrößern oder sind wegen des schlechten Kontrasts ohne Vergrößerung für mich nicht lesbar. Ich gehe davon aus, dass dies für die meisten Sehbehinderten gilt.

Inzwischen sind in allen wichtigen Betriebssystemen allgemeine Zoomfunktionen vorhanden.

Andere Vergrößerungskonzepte

Schriften lassen sich in betriebssystemintegrierten Anwendungen wie dem Mail-Programm in mehreren Stufen wählen. Bei Internetbrowsern lässt sich der Text häufig um mehr als das Doppelte vergrößern. Am erstaunlichsten ist dabei die randscharfe Vergrößerung von Buchstaben.

Weitere Konzepte zur Verbesserung der Erkennbarkeit und Lesbarkeit:

Die wichtigste Funktion ist für mich der Neuaufbau der Textinformation in einem neuen Fenster. Diese Technik ist schon länger vom Adobe-Reader als "reflow" bekannt.

Im Internetbrowser Safari von Apple kann man, wenn oben im Internetadressenfenster "reader" erscheint, den "Haupt"-Text in einem etwas schmaleren Fenster den Text neu mit frei wählbarer Schriftgröße und mit automatischen angepasstem Zeilenumbruch darstellen. Die Bilder werden integriert. Der Text ist mit "VoiceOver" vorlesbar.

In Zeitschriftenanwendungen kann häufig zwischen mehreren Schriftgrößen gewählt werden. In Buchleseanwendungen lassen sich neben Buchstabengröße, Fonttyp, Zeilenbreite und -abstand viele typografische Gestaltungsmerkmale ändern. Leider sind in keinem Buchleseprogramm alle Möglichkeiten ausgeschöpft.

Markierungen von Wort und Satz zur Orientierung zum Lesen von Text sind in Buchleseprogrammen selten (read2go), jetzt ansatzweise aber auch im Buchleseprogramm von Google (play books). Zur Führung des Auges wäre das eventuell auch ohne Vorlesen nützlich.

Bildschirmfarben sind invertierbar. Leseanwendungen bieten mit dem Nachtmodus den gleichen Effekt.

Die Beleuchtungsstärke des Bildschirms ist manuell oder mit dem eingebauten Lichtsensor automatisch steuerbar, da auch zu hohe Leuchtstärke blenden kann.

Steuern durch Berühren

Der Kernpunkt der Tablet-PCs und Smartphones ist die berührungssensible Oberfläche (TUI, touchable user interface). Wie von der grafischen Benutzeroberfläche (GUI) mit Maus-Bedienung gewohnt, können wie üblich Bedienungsflächen durch Antippen ausgelöst oder die Einfügemarke mit dem Finger bewegt werden. Eher unerwartet sind komplexe Gesten, zum Beispiel beim iPad zum Aufrufen des Zooms mit zweimal Tippen mit drei Fingern und zur Anpassung der Zoomstufe das Auseinanderziehen mit zwei Fingern. Bei Androidgeräten geht das natürlich mit anderen Fingerbewegungen. Seltenere und schwierigere Kommandos mit den Fingern liegen eben "nicht auf der Hand", bzw. in den Fingern.

Leider sind in verschiedenen Anwendungen Fingergesten für die Ausführung von gleichen Aktionen nicht dieselben, und umgekehrt lösen gleiche Gesten andere Aktionen aus.

Erweiterte Ausgabemöglichkeiten

Am bekanntesten dürfte inzwischen die Sprachausgabe "VoiceOver" von Apple sein, die anderen Betriebssysteme leisten mit "Narrator" oder "Talkback" das Gleiche, sind aber bei weitem nicht so ausgefeilt. Ich benutze es fast nur für das Vorlesen auf Textebene.

Eine große Erleichterung können taktile Rückmeldungen sein. Man erhält beim Antippen eines Buchstabens eine kurze Vibration, für andere Aktionen sogar Vibrationsmuster. Bildschirminhalte, Musik, Bilder und Videos lassen sich auf anderen Geräten über Kurzstreckenfunk (Bluetooth, etc.) wiedergeben. Man kann die Bildschirminhalte auf größeren Geräten, z.B. auf dem Fernseher oder Beamer darstellen (sog. "mirrowing"). Fotos, Filme, Präsentationen bewirken dann in "groß" noch ganz andere Seherlebnisse. Auch umgekehrt kann man sie als Ausgabebildschirm für andere Geräte nutzen, z.B. als Kamera-Sucher oder zur Einstellung der Waschmaschine.

Erweiterte Eingabemöglichkeiten

Der Spracheingabe Siri (Apple) kann man schon allgemeine Fragen stellen, z.B. wie heute das Wetter wird. Das Diktieren von Text reicht für mittelschwere Texte. Siri gibt sogar auf Beschimpfungen Antwort!

Zukünftig soll berührungslose Gestenerkennung die Bedienung erweitern. Smartphones (und einige Tablet-PCs) haben eine hochauflösende Frontkamera und eine für Videotelefonie (Skype) ausreichende Rückseitenkamera. Diese kann leicht als Spiegel genutzt werden.

Die Frontkamera reicht sogar zum Einscannen von Text und zum Vorlessen nach OCR mit Stimme - und das für weniger als 20 Euro. Das ersetzt kein professionelles bis zu mehreren tausend Euro teures System, reicht aber mit Geduld für Zeitungsausschnitte oder private Schriftstücke.

Die Geräte sind mit komplexen Sensoren ausgestattet: GPS, Ortung von WLAN Stationen, Beschleunigungs- und Lagesensoren, etc. …

Sonderfall E-Book-Reader

Mit sehr kleinen schwarzen und weißen Kügelchen erzeugen E-Book-Reader das kontrastreichste Bild. Sie dienen vorwiegend zum Lesen von Text. In einem wissenschaftlichen Test kamen damit die meisten Sehbehinderten dennoch eher deutlich schlechter zurecht. Die neuesten Geräte sind nun hintergrundbeleuchtet. Das geringe Gewicht, "Jackentaschen-Fähigkeit" und die wirklich bessere Ablesbarkeit bei Licht sind es wert, sie auszuprobieren.

3. Spezielle Benutzeroberflächen für Sehbehinderte?

Eindeutig, ja! Ich fühle mich als Sehbehinderter häufig als Wanderer zwischen den Welten: Ich nutze jeweils Arbeitstechniken für voll Sehende, für Sehbehinderte und für Blinde. Genauer betrachtet, verändere ich damit die von mir auswertbare Informationsmenge und passe sie an die Aufgabe an (z.B. anspruchsvolle Grafik im Wechsel mit Lesen von einfachem Text).

Für das Betriebssystem Android gibt es übersichtliche, sehbehindertenfreundlich gestaltete Apps mit den Grundfunktionen eines Telefons (biglauncher) oder mit weit mehr Funktionen (georgie mit GPS, Öffentliche Verkehrsmittel, etc.).

Durch wenige große Bedienelemente gewinnt man mehr Übersichtlichkeit und eine bewusste Komplexitätsreduktion. Ich habe den Eindruck, dass eine systematische Anpassung der Benutzer-Oberflächen auf verschiedene Formen der Sehbehinderung nicht erfolgt.

4. Eignung für Mehrfach-Behinderungen

Nicht selten liegen Mehrfachbehinderungen mit motorischen oder kognitiven Einschränkungen vor. Hier hat Apple einen umfassenden Ansatz. Mit "assistive touch" können komplexe Fingerbewegungen durch einfachere, aufeinanderfolgende Bewegungen aufgelöst werden.

5. Eingebaute Zugänglichkeit

Zugänglichkeit "out of the box" ist eine Entwicklung, die Kosten spart, aber auch die gesellschaftliche Anerkennung Behinderter zum Ausdruck bringt. Bisher war Apple dafür der Trendsetzer, Microsoft und Google Android sind gefolgt. Lupen-Apps, die elektronischen Lupen in ihrer Leistungsfähigkeit immer weniger nachstehen, sind zahlreich zu finden. Damit ergeben sich zwei Probleme: Es wird nur noch sehr zurückhaltende Kostenerstattung für spezielle Geräte geben. Und, der Schulungsbedarf wird noch weniger als jetzt finanziert werden.

Als Sehbehindertem werden für mich eher konventionelle Anwendungen zugänglich, als dass ich im engeren Sinne hilfsmittelspezifische Funktionen bräuchte. Ich brauche eher eine angepasste Darstellung z.B. von Karten, um nicht auf die allgemeine Zoomfunktion (mit Verlust von Übersichtlichkeit) angewiesen zu sein.

6. E-Health, Hilfen im Alltag

Scheinbar einfache Probleme - wie nutze ich ohne Hilfe eine Waage oder ein Blutdruckmessgerät - werden auch hier mit der Auslagerung des Displays und der Bedienung auf dem Smartphone gelöst. Bei meiner Jogging-Anwendung erhalte ich die Informationen über den Puls und Zeiten per Sprachausgabe.

Andere Gesundheits-Apps bieten die Abholung von Labordaten oder die wichtige Langzeitdokumentation von Erkrankungen.

Eine wichtige Funktion werden diese Geräte zukünftig beim Einkaufen haben. Durch die Innenraumnavigation werden wir wissen, wo welche Waren sind. Mit Informationsketten durch optische Codes (QR- und Barcodes) und elektronische Nahfeldsensoren (NFC, RFID) werden wir im Laden wissen, welches Produkt wir vor uns haben.

Eine für mich unangenehme Situation ist das Bezahlen mit der "Nase im Geldbeutel". Das wird zukünftig auch über diese Geräte (NFC) möglich sein.

7. Grundtechniken: Schreiben und Lesen

7.1 Schreiben

Viele Sehbehinderte sind sich nicht so bewusst, dass sie auch schreib- und lesebehindert sind. Im Englischen heißt das "print disabled". Die Verschriftlichung ist mir kaum noch durch Handschrift möglich. Dazu sind diese Geräte ideal, mit der Bildschirmtastatur (etwas beschwerlich mit dem Einfingersystem der nicht das Gerät haltenden Hand) und den verschiedensten externen Tastaturen.

Eine entscheidende Innovation ist die mit Mustererkennung arbeitende Swype-Tastatur (Android), bei der mit einem stets aufliegenden Finger von Buchstabe zu Buchstabe gefahren wird. Das Wort entsteht mit dem "Wischen", mit etwas unruhiger Wortvorhersage (sie "klebt" am Finger).

Die Spracheingaben sind eine große Hilfe. In der Regel müssen die Texte aber stark nachbearbeitet werden. Die Erkennung von Schreibschrift mit einem Stift ist inzwischen schnell genug, um in normalem Tempo mitgeschriebenen Text zu erkennen.

7.2 Lesen

Die von unseren Interessenverbänden ausgerufene Aktion "book-famine" betrifft mich jetzt anders. Mein "Buch-Hunger" ist durch die weitestgehende, aber nicht komfortable Zugänglichkeit durch E-Books und E-Paper gestillt. Ich lese fast nichts mehr auf Papier und meine geliebten Bücher habe ich einscannen lassen. Leider wurden unsere Anforderungen noch nicht systematisch ermittelt und formuliert, gesetzlich abgesicherte Ansprüche fehlen. Das Geschenk der Zugänglichkeit von Gedrucktem für Sehbehinderte hat oft noch den Beigeschmack eines Almosens. Zeitschriften- und Buchverlage haben keine Konzepte für die Zugänglichmachung ihrer Inhalte.

Es muss egal sein, warum man normalen Druck nicht lesen kann. Natürlich haben auch alle Sehbehinderten, die mehr als 10 v.H. (amerikanischer Richtwert für "legally blind") sehen, das Recht zu lesen.

8. Neues Sehen und "visual literacy"

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Sehbehinderte wollen ihr, wenn auch eingeschränktes Sehvermögen nutzen. Tablet-PCs und Smartphones sind im umfassenden Sinne "Sehverstärker".

Zur Erläuterung: In Zeitschriften kann ich nun die Fotos vergrößern, den Menschen in die Gesichter sehen (bei privaten Aufnahmen natürlich auch). Eine neue Kompetenz: Es ist nicht sonderlich schwer, mit diesen Geräten selbst Fotos und Filme aufzunehmen und zu bearbeiten.

Unerwartet kann man auch bei Filmen das allgemeine Zoomen einsetzen: Filme und die Filmsprache verstehe ich nun besser, die optimale Blickspanne hilft mir.

Visual literacy (John Debes 1969) betont im Gegensatz zu Lesen und Schreiben (linguistic literacy) die Fähigkeit, visuelle Botschaften und Sprache in jeder Form zu interpretieren und auch selbst herzustellen. Außerdem wird die Kulturtechnik Lesen zur Zeit durch zusätzliche Bilder, Panoramabilder oder Videokolumnen in E-Paper-Zeitschriften und E-Books "angereichert ("enriched").

Berufliche Nutzung

Da immer mehr Mitarbeiter ihre hochwertigen Geräte mit an ihren Arbeitsplatz bringen wollen (BYOD, "bring your own device"), müssen die Firmen die organisatorischen und sicherheitstechnischen Probleme mit entsprechender Technik lösen. Für Behinderte bleibt damit IT-Kompetenz in einer bekannten Geräte- und Softwareumgebung erhalten.

Ideen und Teilkonzepte, z.B. für einen Artikel wie diesen, lassen sich auf dem iPad erstellen, die notwendige Übersicht bietet nur ein großer Bildschirm am "normalen" Arbeitsplatz. Auf Geschäftsreisen sind die Geräte aber inzwischen unverzichtbar: Hotelsuche und -buchung, Fahrpläne und -karten, Notizen in Besprechungen, ein leicht verbergbarer Blick durch die Kamera, um zu sehen, wer an der Konferenz teilnimmt …

9. Technische und Gesellschaftliche Zukunft

Das beliebteste Presse-Erzeugnis im Bundestag ist das iPad, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Trotz großer Vorteile durch diese "smarten" Geräte, stellen sie uns Betroffene vor große Herausforderungen:

  • Das Bewusstsein für Inklusion in der digitalen Welt wächst trotz großer Anfangserfolge (und rechtlicher Verankerung) nur langsam und ist im Alltag nur wenig vorhanden.
  • Den Betroffenenverbänden fehlt es noch an Konzepten, vor allem für wirkungsvolle Interessenvertretung, für Beratung und Schulung.
  • Aufgrund der sehr schnellen Entwicklung veralten auch IT-Fähigkeiten zunehmend; sie müssen durch neu zu erlernende Fertigkeiten ersetzt werden. Es ist unklar, woher die Finanzierung von Geräten und Schulungen kommen soll.

Es droht ein "digitaler Graben" (digital devide). Das Ziel einer umfassenden Inklusion in alle Aspekte der digitalen Welt (E-inclusion) muss durch die Umsetzung des Zugangs auf Software- und Technik-Ebene ("E-accessibilty") und der Schulung der Betroffenen (E-literacy) Gestalt annehmen.

Über den Autor:

Heinz Mehrlich lebt in Nürnberg und ist Mitglied im Leitungsteam der Fachgruppe Sehbehinderter im DVBS. Zudem ist er Delegierter für den DVBS im FBS - Fachausschuss für die Belange Sehbehinderter im DBSV. Mehrlich ist sehbehindert mit einem Restsehvermögen von 10 und 5 Prozent. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Jochen Seidel

Die iPad-Klasse am bbs Nürnberg - Arbeiten mit modernen Informations- und Kommunikationsmitteln im Unterricht mit blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern

Der technische Fortschritt - gerade was immer kleinere und leistungsfähigere elektronische Hilfsmittel angeht - hat in den vergangenen Jahren auch den Bereich blind/sehbehindert nachhaltig beeinflusst. Smartphones und Tablet-PCs sind in Windeseile zu einem wichtigen Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte geworden. Insbesondere die Firma Apple hat mit den Geräten der iOS-Reihe (also alle Versionen der iPhones und iPads) großen Anteil daran, dass viele Barrieren im Umgang mit elektronischen Medien gefallen sind. Beachtlich ist daran, dass ein grafisches System mit einer stark visuell orientierten Bedienung einen ausgereiften und sicheren Zugang für Menschen mit Sehschädigung bietet.

Hier nun soll das Projekt iPad-Klasse am bbs nürnberg genauer vorgestellt werden. Für den Start dieses Projektes Ende 2011 wurde eine Klasse der beruflichen Schulen ausgewählt, in der Kaufleute für Bürokommunikation und Informatikkaufleute ausgebildet wurden. Die Klasse setzte sich aus 13, dem inklusiven Konzept des bbs nürnberg folgend, blinden, sehbehinderten und sehenden Schülerinnen und Schülern zusammen.

Die für das Projekt eingesetzte, umfangreiche technische Ausstattung wurde einzig und allein durch Spendengelder finanziert.

Warum Apple iPads?

Das Apple iOS-Betriebssystem liefert bereits "ab Werk" zahlreiche Hilfsprogramme mit, die die Bedienung für Behinderte wesentlich vereinfachen. VoiceOver als Screenreader mit Sprachausgabe und Braillezeilenansteuerung, eine einfach zu bedienende Vergrößerungsfunktion und andere assistive Technologien sind fester Bestandteil des Betriebssystems. Derartige Hilfsprogramme sind zum aktuellen Zeitpunkt bei anderen Betriebssystemen noch nicht in dem Maße fortentwickelt, wie es bei den iPads der Fall ist.

Das drahtlose Ankoppeln einer Braillezeile an ein iPad ist in wenigen Augenblicken erledigt. Es ist erstaunlich, wie problemlos das Zusammenspiel und wie gering der Konfigurationsaufwand ist. Auch die individuelle Einstellung von Kontrasten, Schriftgrößen und Vergrößerung auf dem Display ist schnell geschafft. Die individuelle Anpassung der Sprachausgabe ist ein Kinderspiel. Jeder Schüler konnte sich so in kurzer Zeit seine für ihn am besten geeignete Konfiguration einstellen.

Das iPad ist sicherlich kein vollwertiger Ersatz für die vielen Spezialgeräte wie Lupe, Farberkenner oder Barcode-Leser. Andererseits gibt es für all diese Anwendungsgebiete Apps, die die Aufgabe annähernd im gleichen Maße bewältigen können. Das Tablet ist dadurch tatsächlich eine eierlegende Wollmilchsau, die modern, schick und einfach "in" ist, und dabei nicht den oftmals ungewünschten "Hilfsmittelcharakter" hat. Wie vollzieht sich nun das Arbeiten ganz konkret?

Zu Beginn des iPad-Projekts war noch nicht vollends klar, in welchen schulischen Bereichen sich der Einsatz der Geräte etablieren würde. Deshalb wurden vor allem solche Apps installiert, die innerhalb, aber auch außerhalb des Unterrichts sinnvoll einsetzbar sind. Dazu zählen Informations-Apps wie die Wikipedia- oder Tagesschau-App. Für den Englischunterricht bietet sich das kostenlose Wörterbuch dict.cc an. Natürlich durfte ein Taschenrechner nicht fehlen. Über eine QR-Code-App (QR: Quick Response) ist es möglich, Zimmerbeschriftungen oder den täglichen Speiseplan auf dem digitalen Schwarzen Brett in der Aula bequem auszulesen. Im Laufe des Projekts kamen neue, hilfreiche Apps hinzu, wobei die Schüler einen wertvollen Beitrag leisteten und immer wieder auf sinnvolle Anwendungen hinwiesen.

Für klassische Büroarbeiten wurden drei kostenpflichtige Anwendungen erworben: Pages, Numbers, Keynote. Diese drei Apps bieten im Wesentlichen die Funktionalität der Windows-Anwendungen Word, Excel und Powerpoint. In Verbindung mit der Bluetooth-Tastatur kann hier ebenso schnell gearbeitet werden wie mit einem Laptop. Im Laufe des Projekts kam noch eine weitere, vielleicht bessere, Office-App hinzu: Quickoffice Pro HD. Sie hat einige sehr nützliche Vorteile: Die App vereint Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationssoftware unter einem Dach; die App liest und schreibt Windows Office-Dateien und kann nahtlos mit dem Dropbox-Konto verbunden werden; und schließlich: Es ist nun erstmals wirklich möglich, sich ein eigenes Dokumentenablagesystem mit Ordnern auf dem iPad einzurichten.

Ein weiterer Aspekt ist bei unserem iPad-Projekt bemerkenswert. Gleich nach der Verteilung der Geräte an die Schüler zeigte sich, dass man als Lehrer nur wenige einführende Worte verlieren musste. Den Umgang mit dem iOS-Gerät erlernten die Schüler schnell; entweder, weil sie bereits Erfahrungen hatten oder aber weil die Bedienung weitestgehend intuitiv ist. Viel häufiger wurde jedoch die Beobachtung gemacht, dass sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig die nötigen Fertigkeiten beibrachten. Dabei ist die Bedienung der Geräte mithilfe der Bedienungshilfe VoiceOver zunächst vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig - zumal für Sehende, die sich gerade erst mit Wischen, Schieben, Tippen und sonstigen Gesten vertraut gemacht haben. Aber auch dies gelingt unseren Schülern leicht und schnell. Faszinierend ist es allemal, einem blinden Schüler beim Umgang mit dem iPad zuzusehen. Mit einem Finger wird der Bildschirm abgefahren, wobei VoiceOver stets das aktuelle Element auf dem Display vorliest. Mit einem anderen Finger kann dann das Element bzw. die Funktion ausgeführt werden. Schnell wird dann klar, wo sich wichtige Informationen finden (etwa Statusmeldungen am oberen Bildschirmrand, oder wichtige Apps am unteren). So entsteht ein Gefühl für den Kontext und die Beziehung zwischen Objekten auf dem Bildschirm.

Viele Schülerinnen und Schüler verwenden das Tablet im Schulalltag als stets einsatzbereiten Helfer zum Notizen-Machen etwa bei Besprechungen, als Terminkalender oder nutzen die eingebaute To-Do-Liste. Ein sehr häufiges und geeignetes Anwendungsfeld der iPads ist das Referat bzw. die Präsentation. Es dient als Notizzettelersatz, den man fest in den Händen hält und der nicht durcheinandergeraten kann, sowie als Präsentationsmedium. Eine Keynote-Präsentation kann direkt auf dem iPad erstellt und von dort per WLAN mittels AppleTV an den Beamer gesendet werden. Der Referent hat alle Bewegungsfreiheit und kann sich voll und ganz auf die Zuhörer konzentrieren, während er - per Gestensteuerung - zwischen den einzelnen Folien wechselt.

Für die Lehrer stellte sich die Frage, wie sie ihre unterrichtsbegleitenden Materialien auf alle iPads der Klasse verteilen können, wo doch der sonst übliche Weg über USB-Stick oder freigegebenen Netzwerkordner nicht möglich ist. Um den Datenaustausch so einfach wie möglich zu gestalten, wurde die kostenlose App "Dropbox" eingesetzt. Der Vorteil dieser Anwendung liegt darin, dass sie für praktisch alle Betriebssystem-Plattformen verfügbar ist und sich eine Dateisynchronisation zwischen den Betriebssystem-Welten denkbar einfach gestaltet. Um die Sache noch weiter zu vereinfachen, wurde die Dropbox noch um die Möglichkeit erweitert, Dateien per Mail an das Dropbox-Konto zu senden (SendToDropbox).

Als gemeinsame Plattform für den Austausch, das Lernen und Weiterbilden wurde zu Beginn des Projekts eine eigene Webseite eingerichtet. Da natürlich auch die Lehrkräfte noch am Anfang ihrer Arbeit mit den iPads standen, hatte es sich angeboten, ein projektbegleitendes Weblog einzurichten. Neben allgemeinen Hinweisen auf neue, interessante Apps wurden hier vor allem Bedienungsanleitungen und Tipps hinterlegt, die weitestgehend aus der Feder einzelner Schüler stammten: Wie wird VoiceOver aktiviert, und wie funktionieren die wichtigsten Gesten? Welche Schritte sind nötig, um ein E-Mail-Konto einzurichten oder wie kann man seine Dokumente auf dem WLAN-Drucker ausdrucken? Mit der Zeit ist so ein umfangreiches Online-Nachschlagewerk entstanden.

Das innovative iPad-Projekt am bbs nürnberg wurde ein halbes Jahr später ausgewertet. Die wichtigsten Ergebnisse der Schülerbefragung seien hier zusammengefasst:

  • Die iPads werden sehr häufig und praktisch überall verwendet.
  • Die zur Verfügung gestellten Bluetooth-Tastaturen werden von allen gerne und sehr intensiv genutzt.
  • Die von den Lehrkräften erstellten und zur Verfügung gestellten iBooks werden gern verwendet. Darüber hinaus wünschen sich die Schülerinnen und Schüler (Hör-)Bücher zur Freizeitlektüre.
  • Mehr als die Hälfte der Schüler/innen nutzt die verfügbaren Nachrichten-Apps, um sich regelmäßig über das aktuelle Tagesgeschehen zu informieren.
  • Das iPad wurde erfolgreich verwendet, um Referate zu erstellen und zu halten.
  • Ist das iPad-Projekt ein Erfolgsmodell? Was hat sich verändert, und wie geht es weiter?

Moderne Technologien haben schon immer das Lehren und Lernen mit und von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung erheblich verändert beziehungsweise verbessert. Mit den iPads ist nach unserer Auffassung so etwas wieder geschehen.

Die unproblematische Anbindung von Braillezeilen über Bluetooth-Technik, Anpassung von Schrift, Schriftgröße und Kontrasten sowie weitere VoiceOver-Angebote lassen ein einfaches und relativ uneingeschränktes Benutzen zu.

Wenn man in der Klasse einmal ganz praktisch erlebt hat, wie sich die Schüler/innen über AppleTV auf den Beamer aufschalten und eine Präsentation durchgehen, wird schnell deutlich, dass hier ein großer Schritt nach vorne gemacht worden ist. In manchen alltäglichen Situationen hat das iPad sogar das Notebook verdrängt, da es schneller einsetzbar, mobiler und vernetzter ist.

Wir sind uns darüber klar, dass im professionellen Bereich der Standard-PC mit Braillezeile und Screenreader dadurch nicht ersetzt wird; die im Büroalltag benötigten Funktionalitäten werden beim iPad in der benötigten Bandbreite (noch) nicht abgebildet. Für das bbs Nürnberg stand schnell fest, dass eine Fortsetzung und Ausweitung des iPad-Projekts für weitere Klassen erfolgen wird. Inzwischen wurde bereits eine weitere Klasse im beruflichen Schulbereich mit der neuen iPad-Generation mit verbesserten Displayeigenschaften ausgestattet. Diesmal ist eine kombinierte Klasse von Schülern der Massage bzw. Physiotherapie in den Genuss der Geräte gekommen. Es ist zu erwarten, dass sich hier schnell ganz neue Anwendungsgebiete auftun werden. Anatomische bzw. medizinische Apps gibt es in großer Zahl. Die umfangreichen Lehrskripte, die bislang hohe Druckkosten verursachten, können als elektronische Bücher bequem in iBooks eingestellt werden.

Über den Autor:

Jochen Seidel ist Systembetreuer und Webmaster für Berufliche Schulen und leitet die iPad-Klasse am bbs Nürnberg. Der projektbegleitende Blog ist zu erreichen unter der URL: www.jochen-seidel.de

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Marcus Meier

Aktuelle Umfrage zum Hilfsmitteleinsatz blinder PC-Nutzer: Kombiniertes Arbeiten auf dem Vormarsch

Um mehr über die Bedürfnisse der blindheitsgemäß arbeitenden PC-User zu erfahren, führten Ernst Heßdörfer und Monika Weigand, beide Mitarbeiter am Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg, 2012 eine umfangreiche Online-Befragung durch. Mehr als 200 Newsletter-Abonnenten des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB) beteiligten sich Mitte des Jahres an der Erhebung, deren detaillierte Ergebnisse nun veröffentlicht werden.

"Unsere Motivation war es, genaue Kenntnisse über die Arbeitsumgebung und die Arbeitsweise unserer Zielgruppe zu erlangen", betont der gelernte Diplom-Informatiker Ernst Heßdörfer, der sich im BFW auf das Einrichten und Anpassen der optimalen Arbeitsplatzausstattung bei Arbeitgebern spezialisiert hat. Auch seine TeleCoach-Kollegin Monika Weigand sieht einen unmittelbaren Nutzen der Erhebung: "Als Verantwortliche für das barrierefreie eLearning am BFW Würzburg möchten wir unsere Angebote auf die Bedürfnisse der Anwender maßschneidern." Zu diesem Zweck wurden den rund 2.000 angemailten BBSB-Computernutzern drei kurze Fragen gestellt.

JAWS führt das Feld an

Die erste Frage nach der Screenreader-Nutzung zeigt, welche Bildschirmleseprogramme zurzeit vorwiegend genutzt werden. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten (63,57 Prozent) setzen das Programm JAWS in verschiedenen Versionen bei der PC-Arbeit ein. Gefolgt wird der internationale Marktführer von COBRA bzw. dessen Vorgänger Virgo mit 13,75 Prozent. An dritter Stelle liegt mit 7,81 Prozent das Open-Source-Produkt NVDA. Die Kommentare der Befragten zeigen, dass dieses Produkt fast ausschließlich ergänzend zu einem kommerziellen Screenreader, häufig im privaten Bereich, eingesetzt wird. Die übrigen Nennungen verteilen sich auf Window-Eyes (2,60 Prozent) und einige weitere Produkte wie Blindows, Hal, Supernova, VoiceOver, Talks und andere, die zu einer Gruppe "Sonstige" (5,95 Prozent) zusammengefasst wurden.

Kombiniertes Arbeiten auf dem Vormarsch

Interessant sind auch die Ergebnisse auf die zweite Frage, die die bevorzugte Arbeitsweise der blinden PC-Nutzer mit Monitor, Braille und Sprachausgabe beleuchtet. Die abgegebenen Antworten zeigen, dass sich kaum jemand auf ein einziges Ausgabegerät verlässt, sondern ganz allgemein kombiniert gearbeitet wird. Vor allem die Brailleausgabe, in früheren Zeiten das einzige verfügbare Ausgabemedium für blinde User, wird kaum noch exklusiv genutzt. Ein einziger Befragter (0,44 Prozent) gab an, ausschließlich mit Braille zu arbeiten. 8,00 Prozent der Befragten arbeiten ausschließlich mit der Sprachausgabe, 4,00 Prozent ausschließlich mit dem Monitor. Alle anderen Nutzer gaben an, bei der PC-Arbeit je nach Aufgabenstellung und Situation verschiedene Ausgabegeräte zu kombinieren. Weiter zeigt sich, dass sich die Sprachausgabe zum bevorzugten Ausgabegerät entwickelt hat. 45,33 Prozent der Befragten arbeiten überwiegend mit der Sprachausgabe und setzen die Brailleausgabe nur unterstützend ein. Der Anteil der User, der überwiegend mit der Brailleausgabe arbeitet und nur ergänzend die Sprachausgabe einsetzt, ist mit 25,33 Prozent deutlich geringer. Weitere 8 Prozent setzen Braille und Sprache gleichrangig ein, 8,44 Prozent kombinieren die Sprachausgabe mit dem Monitor. Einer der Befragten (0,44 Prozent) arbeitet mit einer Kombination aus Monitor, Sprache und Brailleausgabe.

PC-Anwender sind meistens erfahren

Die letzte Frage zielt auf die Selbsteinschätzung der Befragten ab und klärt, für wie versiert sich die PC-User halten. Fast drei Viertel der Befragten (70,22 Prozent) schätzen sich selbst als erfahren im Umgang mit ihren individuellen elektronischen Hilfsmitteln ein. Nur 6,22 Prozent halten sich für Anfänger im Hilfsmitteleinsatz und ein knappes Viertel (23,56 Prozent) sieht sich als Hilfsmittelprofi.
"Aus unserer Befragung lassen sich viele interessante Schlüsse ziehen", betonen die beiden Initiatoren Monika Weigand und Ernst Heßdörfer. Die beiden BFW-Mitarbeiter planen, die gewonnenen Erkenntnisse künftig bei der Erstellung von Medien, der Gestaltung von Softwareoberflächen für blinde und sehbehinderte Anwender und beim Einrichten von blindheitsgemäßen Arbeitsplätzen zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Befragung im Überblick:

Die Mehrheit der Anwender nutzt den Screenreader JAWS in unterschiedlichen Versionen. Die Marktführerschaft dieses Produkts ist in Deutschland jedoch weniger deutlich als in anderen Ländern.

Neben den beiden am weitesten verbreiteten Screenreadern JAWS und COBRA spielt das Open-Source-Produkt NVDA, vor allem im privaten Bereich, eine immer größere Rolle.

Die Zielgruppe der seheingeschränkten Computeranwender nutzt die vorhandenen Ausgabegeräte ganz unterschiedlich. Im Wesentlichen ist zwischen einer größeren Gruppe von Anwendern, die überwiegend mit Sprache arbeitet, und einer deutlich kleineren Gruppe zu unterscheiden, die überwiegend mit der Brailleausgabe arbeitet. Dazwischen gibt es fließende Übergänge. Nahezu alle Betroffenen kombinieren verschiedene Ausgabemedien.
Die Brailleschrift wird heute zunehmend durch eine Sprachausgabe ergänzt. Das Erlernen der Punktschrift ist jedoch Grundvoraussetzung, um am PC beruflich verwertbare Ergebnisse zu erzielen.

Die Dokumentation der Erhebung kann bei Monika Weigand und Ernst Heßdörfer unter der E-Mail-Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! kostenlos angefordert werden.

Das Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg mit Sitz in Veitshöchheim ist ein überregionales Kompetenzzentrum für die berufliche Bildung von erwachsenen blinden und sehbehinderten Menschen. Der Großteil der Lehrgangsteilnehmer des BFW Würzburg war vor der Seheinschränkung berufstätig. Konkretes Ziel ist die nahtlose Wiedereingliederung der Teilnehmer in das berufliche und gesellschaftliche Leben. Das 1962 gegründete BFW Würzburg hat seinen Firmensitz seit 1980 in Veitshöchheim und verfügt über 200 Ausbildungsplätze in mehr als 20 verschiedenen Ausbildungsberufen und Berufsvorbereitungen.

Mehr Informationen zum BFW Würzburg finden Sie im Internet unter www.bfw-wuerzburg.de

Über die Autoren:

Ernst Heßdörfer ist IT-Systemkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker und seit über 10 Jahren im BFW Würzburg beschäftigt. Sein Aufgabengebiet umfasst die Einrichtung und Anpassung von blindheitsgemäßen Praktikums- und Arbeitsplätzen. Darüber hinaus ist er verantwortlicher Programmierer der barrierefreien eLearning-Plattform BFW online. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Monika Weigand ist ausgebildete Gymnasiallehrerin mit Masterabschluss in Medien und Bildung und seit 29 Jahren im BFW Würzburg beschäftigt. Sie ist verantwortlich für das Corporate Design und die Online-Angebote des Bildungsunternehmens, insbesondere für Homepage und Intranet. Ein weiteres Aufgabengebiet ist die didaktische Konzeption sowie das Design der hauseigenen eLearning-Plattform BFW online. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Michael Herbst

... und alle meinen sie es gut

Blinde und Sehbehinderte als Konsumenten

Eine Softwareschmiede will eine Smartphone-App entwickeln, mit deren Hilfe eine Community zuvor fotografierte, unbekannte Gegenstände für den blinden User identifiziert. Ein Makler will einen Versicherungsdienst speziell für Blinde und Sehbehinderte gründen. Zwei post graduates wollen eine Art Facebook für Blinde programmieren. Dinge, die man als Selbsthilfefunktionär wöchentlich präsentiert bekommt. Alle meinen sie, sie haben eine gute Idee und wollen engagiert ans Werk gehen. Doch die Gegenstandsidentifizierung lösen Smartphone-Freaks längst mit zugänglichen Apps, die potentiell versicherten Blinden und Sehbehinderten sind zu 70 Prozent älter als 60 Jahre, und Facebook könnte zwar barrierefreier sein, aber mit ein paar Tricks und Dank der Mobilseiten geht es auch so.

Eine Universität bittet um einen Vortrag zur Demografie Blinder und Sehbehinderter. Mit den vorhandenen Erkenntnissen kann man eventuell 20 Minuten füllen, wenn man langsam spricht und die ein oder andere wissenschaftlich nicht erhärtbare Beobachtung mit einflicht. Aber Vorsicht: Bisweilen taucht solcherlei dann in der Literatur wieder auf, und wenn man als Urheber identifiziert wird, hat man dann gewisse Probleme bei der Quellenangabe. Die Recherche zur Konsumforschung Blinder und Sehbehinderter bringt keinen Erkenntnisgewinn. Was kann man also sagen, erklären, verständlich machen, um Forschern, Entwicklern und Vermarktern dabei zu helfen, blinden- und sehbehindertengerecht zu forschen/entwickeln/vermarkten? Einige Gedanken als Essenz aus einem Workshop, den der Autor gemeinsam mit DVBS-Pressesprecherin Christina Muth vor Wissenschaftlern durchführte.

Konsumgüter und Hilfsmittel

Wenn ein Konsumgut ein Produkt für die Nutzung im Alltag ist, dann ist ein blinden- bzw. sehbehindertengerechtes Konsumgut eines, das die Betroffenen voll umfänglich nutzen können. Ein Hilfsmittel wäre dann als ein Produkt zu beschreiben, bei dem es sich entweder um ein bewusst blinden- bzw. sehbehindertengerecht gestaltetes Konsumgut handelt oder um ein Spezialprodukt, das bei der Konsumgüternutzung oder sonstwie hilft. "Fühlen" wir uns doch einmal um: Ein Feuerzeug liegt da, voll umfänglich nutzbar, bisweilen sogar als Flaschenöffner genutzt. Ein Kopfhörer, eine Brotbox… Dann ist da das Mischpult. Wenn man sich einmal gemerkt hat, welcher Regler was regelt und ein Übersteuern hören und auf die Anzeige notfalls verzichten kann, dann leistet es auch dem Blinden gute Dienste. Da ist der kleine Weltempfänger. Wenn man sich die Wellenbereiche merken kann, die auswählbar sind, wenn man von Wellenlängen auf Frequenzbereiche schließen kann und umgekehrt, dann kommt man blind damit zurecht. Da ist schließlich das "Systemtelefon". Damit kann man telefonieren, auch blind, aber viele der unzähligen sonstigen Funktionen sind nur über kontextabhängige Menüs nutzbar und also eben nicht blind.

Das Mobiltelefon wird im vorliegenden Fall erst durch ein Hilfsmittel in Gestalt einer Software voll umfänglich nutzbar. Zuvor ist es ein Telefon. Die Tasten des Kassettenrecorders (was macht der denn eigentlich noch hier?) hat der Hersteller komfortablerweise blindenbeschriftet. Der PC wird erst Dank Hilfsmittelsoftware und Blindenschriftzeile zum Arbeitsgerät des Blinden. Fazit: Manche Konsumgüter sind sozusagen "aus Versehen" blindengerecht, bei manchen helfen Hilfsmittel, Adaptionen und - last but not least - das eigene Hirn bei der Nutzbarmachung.

Umgekehrt sind die in Reichweite befindlichen Blindenhilfsmittel mitnichten Konsumgüter für alle. Einen Blindenstock brauchen Sehende nicht. Ein Blindenhund wäre für sie ein überqualifiziertes Haustier. Gut, der portable DAISY-Player und der DAISY-Recorder sind zwar im Prinzip für Sehende nutzbar, aber nur dann, wenn sie sich für die Zeit der Nutzung mit einer Sprachausgabe an Stelle eines Displays zufrieden geben. Auch der PDA ist für Sehende uninteressant. Kein Bildschirm zeigte je, was er speichert. Nun gut, das "p" steht schließlich für "personal".

Es stellt sich die Frage: Wann greift der blinde bzw. sehbehinderte Konsument zum Hilfsmittel und wann zur Massenware? Vom Preis und der Geschmackstoleranz mag abhängen, ob die schicke Blindenuhr vom Hilfsmittelversand oder die sprechende Variante aus dem Kaufhaus das Rennen macht. Bedienungskomfort und spezielle Funktionalitäten sprechen für den DAISY-Player, der Preis und mitunter auch das Design dagegen. Wie oft man Medikamente nehmen muss und ob immer jemand da ist, der nötigenfalls helfen kann, entscheidet womöglich über das Vorhandensein eines Tropfenzählers im Haushalt. Ob man zum Blindenstock oder zum Führhund greift oder sich auf fremde Augen verlässt, ist eine Frage von Selbständigkeit oder Abhängigkeit usw. Merke: Es geht bei der Kaufentscheidung auch bei Blinden und Sehbehinderten wahrhaftig um persönliche Umstände, Präferenzen etc.

Kaufen oder kaufen lassen?

Im Zweifel werden Blinde und Sehbehinderte zum Massenprodukt greifen und dann erst nach adaptierten bzw. adaptierbaren Alternativen suchen. Zuletzt, nämlich bei Alternativlosigkeit oder großem Nutzungsvorteil, hoher Nutzungshäufigkeit etc. fällt die Wahl auf ein Hilfsmittel. Es sei denn, dieses Hilfsmittel wird bezahlt. Die gesetzlichen Krankenversicherer finanzieren z.B., was der medizinischen Grundversorgung dient (Blindenstock, Führhund, Hilfsmittelsoftware für den privaten PC-Gebrauch…). Die Sozialämter leisten Eingliederungshilfe in der Bildung, beim Leben in der Gesellschaft. Entsprechende wirtschaftliche Bedürftigkeit des Antragstellers vorausgesetzt. Diverse sozialrechtliche Kostenträger bezahlen je nach Ausgangslage des Antragstellers, was an technischem Equipment im Job notwendig ist.

In blindentechnischen Grundausbildungen sollten Betroffene lernen, was sie an Arbeitstechniken, zur Bewältigung ihrer Mobilität und ihres Alltags wissen müssen. Wer aber Sehverlust erst im Alter erleidet, dem fehlt oftmals der Finanzier für derartige Lerninhalte, denn für ihn geht es aus Sicht der Sozialversicherung nicht mehr um Teilhabe an Bildung oder Beruf. Immerhin, auch er hat das Blindengeld. Jenen Nachteilsausgleich, der bei der Hilfsmittelfinanzierung helfen soll, der behinderungsbedingte höhere Lebenshaltungskosten ermöglicht und der es vor allem leichter macht, sich Hilfe zu organisieren. Wer sozialhilfeberechtigt ist, kann mit rund 600 Euro monatlich rechnen. Der einkommens- und vermögensunabhängige Anteil davon hängt in seiner Höhe vom Bundesland ab, in dem der Betroffene lebt. Zusammengefasst: Blinde und Sehbehinderte sind weder in der Fremdfinanzierbarkeit von Hilfsmitteln noch in ihrer Beherrschung blindenspezifischer Techniken oder ihrem "Behinderungsbewältigungsbudget" eine homogene Gruppe.

Was für wen?

Man mag sich z.B. entlang der Haushaltsausstattung und der Behinderungsbewältigung noch Typisierungen einfallen lassen können: Den "Profiblinden" z.B., der alles hat, was ihm zu mehr Selbständigkeit verhilft. Den "blinden Mitbewohner", der an Nutzungsfällen abwägt, ob er Hilfsmittel oder Hilfspersonen einsetzt. Den "Altersblinden", der sich Hilfsmittel für Hilfsmittel mehr Selbständigkeit erkämpft, ohne über grundlegende Techniken zu verfügen… Es muss aber der Marktforschung vorbehalten bleiben, solcherlei spezielle Konsumentengruppen von ihrem Konsumverhalten her zu definieren, zu quantifizieren und mit gängigen sozio-ökonomischen Milieus zu verknüpfen. Halten wir fest:

Wer ein Hilfsmittel entwickeln will ...

  • muss sich über die Kernzielgruppe innerhalb der Blinden und Sehbehinderten im Klaren sein.
  • muss wissen, ob das Hilfsmittel Chancen auf Fremdfinanzierung hat.
  • muss herausfinden, wie Blinde und Sehbehinderte sich bzgl. der Funktionalität des Hilfsmittels zurzeit behelfen.
  • muss prüfen, welche alternativen Hilfsmittel, adaptierte Konsumgüter oder nutzbare Konsumgüter es gibt.
  • muss ein Bedienungskonzept für Blinde und Sehbehinderte haben, ohne die Bedürfnisse Sehender zu vernachlässigen.

Wer ein Konsumgut auch für Blinde und Sehbehinderte entwickeln will ...

  • muss auf fühl- und unterscheidbare Bedienungselemente achten.
  • muss Menüstrukturen möglichst linear und verzweigungslos und damit leichter merkbar gestalten und kann keine kontextabhängigen Strukturen nutzen.
  • muss für eine gute Lesbarkeit des Displays sowie der Bedienungselemente und deren Beschriftung sorgen (Kontrast, Schriftgröße…).
  • kann durch simple Signal- und Quittungstöne an den richtigen Stellen im Zustandsautomatismus Displayrückmeldungen ergänzen.
  • muss für eine taktile Unterscheidbarkeit verschiedener Produktvarianten sorgen.

Damit wären wir bereits einen großen Schritt weiter. Dass Apple und die Android-Familie ihren Smartphones ein eigenes Bedienkonzept nebst Sprachausgabe für das Ein-/Ausgabegerät Touch Screen verpassen, dass Panasonic beginnt, Fernseher mit Sprachausgabe in der Bedienung zu konzipieren, darf durchaus als vorbildhaft gelten. Wer sich "umfühlt", merkt, viele, sehr viele Konsumgüter sind zumindest in ihren Kernfunktionalitäten blind bzw. sehbehindert nutzbar, und sei es mit Hilfsmitteln, die es natürlich trotzdem geben muss. Es mögen wenige Menschen sein, die sich mit blinden- und sehbehindertengerechten Produkten beschäftigen, aber es sind genug, um manches zu erreichen, und alle meinen es gut.

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Bildung und Forschung

Sven Degenhardt

Der Weg zur Inklusiven Schule - Momentaufnahmen von Brückenschlägen und Grabenkämpfen und von Ansprüchen an die inklusive beschulung blinder und sehbe

(Teil 2) Fortsetzung des in horus 4/2012 erschienenen, gleichnamigen Artikels

Nun ist es, wie es ist, und wir sollten ein wenig mehr in der Diskussion die britische Intention beimengen: Das Ziel ist eine hoch qualitative Beschulung aller Kinder in einem inklusiven Schulsystem. Dieses Schulsystem ist jedoch in sich nicht monolithisch, es gewinnt nach innen und in seiner Struktur von der Heterogenität seiner Schüler/innen/schaft und den Profilen der Schulen. Es muss also nicht immer für alle Kinder die Grundschule-um-die-Ecke sein (vielleicht sind die konkreten sozialräumlichen und familiären Strukturen auch nicht auf Freundschaften in der direkten Nachbarschaft ausgelegt). Manchmal ist die "richtige" Schule für ein Kind eine andere Regelschule, manchmal ist es eine Nesterschule, vielleicht aber auch eine Sonderschule, die dann aber auf Zeit und gebunden an spezifische Förderaufgaben Schüler/innen aufnimmt. Wenn ein musikalisches Kind die Schulzeit mit anderen musikalischen Kindern verbringen möchte, dann muss es möglich sein, eine Musikschule zu besuchen. Gleiches gilt für Fußballspieler/innen und (angehende) Mathematiker/innen; spezielle Schulen bereichern das Schulsystem. Die Mehrzahl (zumindest ein relevanter Teil) der Sonderschulen hingegen muss erst noch zu dieser Art von Bereicherung werden. Es ist derzeit in vielen Fällen noch ein Riesen-Unterschied zwischen der Entscheidung von Eltern für eine Sportschule (und gegen eine Regelbeschulung und nachmittäglichem Training) und dem Szenario der Entscheidung des Lernortes bei SPF (sonderpädagogischer Mehrbedarf). Sonderschulen (und damit auch Blinden- und Sehbehindertenschulen) müssen sich vor diesem Hintergrund quasi neu erfinden. Sie sind nicht per se, weil es am Türschild steht, die Medien- und Hilfsmittelsammlung beachtlich ist und die personelle Expertise konzentriert vorliegt, die "bessere Wahl"! Es ist auch nicht das Wiederbeleben des Streits Sonderschule vs. Integration angesagt, es geht nicht um den "Grabenkrieg 2.0". Es gilt die Frage zu beantworten, wie sich eine phasenweise (!) exkludierende Schule in ein inklusives Schulsystem einbettet. Die konsequente Umsetzung der Idee, dass basierend auf dem Spezifischen Curriculum zum Förderschwerpunkt Sehen ein individueller Bildungsplan für jeden/jede Schüler/in entworfen, umgesetzt und evaluiert wird, könnte ein Weg hin zu der zu belegenden spezifischen Angebotsstruktur auch an einer Blinden- und/oder Sehbehindertenschule sein.

Für die Entwicklung eines hoch qualitativen inklusiven Schulsystems müssen jedoch - und das sind die klassischen Eulen, die nach Athen getragen werden - die Ressourcen "stimmen". Und hier tobt aktuell der Kampf um das "richtige" Modell für die Ressourcensteuerung.

In fast schon skandalöser Einfältigkeit werden der (Fach-)Öffentlichkeit Berechnungen vorgelegt, die in ihrer Einfachheit kaum zu überbieten sind: So rechnet Klemm, ein ausgewiesener emeritierter Bildungsforscher: Gesamt(mehr)kosten für Sonderschulen durch Anzahl der Schüler/innen mit SPF durch durchschnittliche wöchentliche Lehrverpflichtung ergibt 2,4 Wochenstunden pro Förderschüler (18). Die später folgende "Differenzierung" für Schüler/innen mit spezifischem SPF (Nicht-Lernen) in der Spanne von 1,71 bis 5,15 hilft da ebenso wenig wie die im Gespann mit Preuss-Lausitz verbreiteten Gutachten, in denen die Aussage getroffen wird, dass im Förderschwerpunkt Sehen alles nach dem Modell der schleswig-holsteinischen "Schule ohne Schüler" (19) zu regeln wäre. Wie dies mit den errechneten Wochenstundenzuweisungen von 3,3 Stunden je Schüler/in mit SPF im Bereich Sehen zu bewerkstelligen sein soll, bleibt offen! Nur, das Saatkorn ist gelegt und auf Sparsamkeit trainierte Bildungspolitiker/innen springen natürlich willfährig auf den Zug; es gibt ja renommierte Gutachten. Nach den bisher gesammelten Aspekten, die häufig mit dem So-geht-es-Nicht verbunden sind, ist es nun an mir, einige Entwürfe, Ideen vorzustellen.

Seit Jahren werde ich nicht müde, die Nesterschule (20) als eine mögliche schulorganisatorische Form innerhalb eines inklusiven Schulsystems zu bewerben. Mittlerweile hat sie in der Bezeichnung als Schwerpunktschule Eingang in die eine oder andere Schulgesetzgebung gefunden. Wichtig ist an dieser Stelle nochmals darauf zu verweisen, dass die Nesterschulen wachsen müssen; mit Dienstanweisungen und am Reißbrett werden sie nicht zu schaffen sein. Sie sind auch nicht dazu da, in einer Region ein hoch qualifiziertes System individueller Lösungen (Integration / gemeinsamer Unterricht) zu verdrängen. Mit Schulteilen oder besonderen Fluren in Regelschulen hat die Idee übrigens auch nichts gemein. Nesterschulen, wie z. B. die Taipei Wu-Chang elementary school, binden die blinden und sehbehinderten Schüler/innen in verschiedene Klassen ein; in den Pausen und vor und nach dem Unterricht haben die Schüler/innen jedoch die Möglichkeit, wenn sie wollen, miteinander Zeit zu verbringen. Die spezifische Expertise der Kolleg/inn/en wächst von Jahr zu Jahr, die Medien- und Hilfsmittelsammlung ebenso und das Thema Sehen und Nicht-Sehen ist das PROFIL der Schule, nach innen und außen.

Ein m. E. tragfähiges Organisationsmodell für die inklusive Schullandschaft, maßgeblich beeinflusst von den Impressionen aus Andalusien/Spanien, besteht aus folgenden drei Ebenen:

(1) Im Zentrum steht ein Verbund von bis zu vier/fünf Schulen (in Brennpunkten oder bei großen Einrichtungen kann es auch eine Schule allein sein). Jede Schule hat eine/n Inklusionskoordinator/in mit der Aufgabe, alle Programme im Kontext der Heterogenität der Schüler/innen/schaft im Blick zu haben und zusammenzuführen (Mehrsprachigkeit, Behinderung, Gesunde Ernährung etc.). Darüber hinaus wird durch diese Fachkraft (entsprechende Weiterbildungen und/oder weiterbildende Studiengänge gilt es zu entwerfen) die Einbindung in die Region gestaltet; das Schlagwort von der Sozialraumorientierung könnte z. B. durch regionale Bildungskonferenzen (21) gestaltet werden.

(2) Für die Unterstützung der Kolleg/inn/en (Klassen- und Fachlehrer/innen, Teamleiter/in etc.) steht ein Inklusionsteam zur Verfügung. Dieses Team ist zwar in die schulischen Strukturen eingebunden, übernimmt jedoch keine "Standardaufgaben" (Abdeckung des Unterrichtsangebots durch Vertretung etc.). Die Kernaufgabe des Teams ist die Erweiterung des Hypothesenraums: Wenn die diagnostischen und intervenierenden Instrumentarien der Fachdidaktiker/innen nicht (mehr) greifen, wenden sie sich an die Kolleg/inn/en vom Inklusionsteam. Hier erfolgt eine "Erweiterung des Hypothesenraums". Erschwernisse und Barrieren aus den "Heterogenitätsfeldern" werden hinzugezogen, intensiv wird das Umfeld der Kinder und Jugendlichen einbezogen. Wenn die Expertise und die Ressourcen der Kolleg/inn/en aus dem Inklusionsteam nicht mehr zielführend erscheinen, greifen diese auf überregionale Förderzentren zurück (22).

(3) Die Überregionalen Förderzentren (Schulen ohne Schüler, oder angebunden an Nester- oder Schwerpunktschulen oder Sonderschulen/Förderzentren mit Schüler/inne/n auf Zeit …) liefern dann die Expertise in Diagnostik und Intervention in einem spezifischen sonderpädagogischen Kontext. Der Hauptfokus wird in der Qualifizierung des Inklusionsteams und der Kolleg/inn/en zur Gestaltung barrierefreien Lernens liegen. Die überregionalen Förderzentren bringen über das Instrument der Spezifischen Curricula die Spezifik(a) in den Prozess der Ausgestaltung der individuellen Bildungspläne ein.

Das Modell liegt damit "zwischen" zwei aktuellen Polen in der aktuellen Debatte um die Organisationsformen: das "Gießkannenprinzip" und die "Doppelsteckung". Leider - so sehe ich das jedenfalls - gewinnt derzeit das flächenmäßige Verteilen von Sonderpädagog/inn/en (resp. deren Anteil bei kleinen Schulen) als Modell-der-Wahl die Oberhand. Kolleg/inn/en werden an die Regelschulen "verteilt" und sollen es dort unterstützend "richten". Zumeist werden sie dienstrechtlich der Regelschule "unterstellt"; das Drohszenario von den "vereinsamten" Sonderpädagog/inn/en, die mit den Jahren im Team der Regelschule unsichtbar werden, wird dabei von einigen Befürworter/inne/n sogar als ausdrückliches Ziel benannt. Offen bleibt aus meiner Sicht jedoch die Frage, wie die spezifische Expertise (in allen Förderschwerpunkten), die zum o. g. Erweitern des Hypothesenraums notwendig ist, so gehalten und/oder auf- und ausgebaut werden kann. Besonders kritisch wird es, wenn mit dem Blick auf die ggf. Jahrzehnte zurückliegende universitäre Schwerpunktsetzung in diesem Stil auch in den "kleinen" Förderschwerpunkten verfahren wird. Freischwebende Blinden- und Sehbehindertenpädagog/inn/en ohne verlässlichen Zugriff auf Medienzentren, ohne intensive fachliche Netzwerke … da fehlt mir die Phantasie. Gelungene internationale Beispiele verweisen auch ausdrücklich auf den Bedarf eben dieser belastbaren Anbindungen.

Als Gegenentwurf zum Gießkannenprinzip wird gerne von Seiten vieler Lehrer/innen selbst und einiger Fachverbände die "Doppelsteckung" angeführt. Neben der kaum umzusetzenden Finanzierung bleibt auch zu fragen, ob die o. g. Herausforderungen, die jeweils gelebte allgemeine und Fachdidaktik an spezifische Didaktiken anschlussfähig zu machen, sie von Barrieren zu befreien und die Teilhabe von Schüler/inne/n mit jeweils spezifischen Förderbedarfen zu ermöglichen, wirklich immer einer Doppelbesetzung und des Teamteaching mit zwei Lehrer/inne/n bedarf. Eine wechselnde und den konkreten Situationen entsprechende personelle Ressource ist hier wohl realistischer und m.E. auch fachlich angesagt. Das gilt i.Ü. auch für den Hyp um personelle Assistenz; diese ist nicht per Existenz förderlich. Auch hier sind Expertise und Einfühlungsvermögen gefragt.

Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem drängen m. E. aktuell drei weitere Themen darauf, beachtet zu werden:

  • das Neujustieren des Verhältnisses zwischen der Diskussionsstränge um Bildungsstandards auf der einen und um eine inklusive Schule auf der anderen Seite,
  • die potentiellen Wirkmechanismen von Einstellungen bei der Ausformung einer inklusiven Schule und
  • die Anforderungen an eine Lehrer/innen/bildung unter den Vorzeichen einer inklusiven Schule.

In aller Kürze an dieser Stelle: Der Widerspruch zwischen der Debatte um Bildungsstandards und um das Entwickeln einer inklusiven Schule wird mehrheitlich als antagonistisch empfunden, als solcher bezeichnet und dann ggf. als Ursache für das Scheitern des Projektes (wobei interessanterweise das Projekt Inklusion als scheiternd gewählt wird) herangezogen. Und es ist auch zumindest in der bildungspolitischen Kommunikation ein wenig verwunderlich zu verfolgen: Einerseits wird der Leistung i.e.S. gehuldigt. PISA, TIMMS und andere schwappen übers Land und Bundesländer des Südens rühmen sich ihrer herausragenden Stellung bei der Leistungserbringung ihrer Schüler/innen. Andererseits wird der "weiche" Standard einer Schule, die alle Kinder willkommen heißt, die Teilhabe aller Kinder an einer (und genau genommen einer gemeinsamen) Bildung eher mit der Konnotation Wenn-wir-uns-danach-noch-etwas-leisten-Können hinzugefügt. Das mag ein wenig daran liegen, dass "leistungszugewandten" Bildungspolitiker/innen die Debatte um Inklusion schwer fällt, weil diese i.e.S. auch eine Gerechtigkeits- und Verteilungsdebatte ist und eine solche im konkreten politischen Gesamtkonzept eher zurücksteht, es mag aber auch daran liegen, dass sich in der bundesdeutschen Debatte noch zu wenig darum Gedanken gemacht wurde, dass auch eine inklusive Schule evaluierbare Standards formulieren kann und muss. So ist der auf Basis der Spezifischen Curricula entwickelte individuelle Bildungsplan für jede/n Schüler/in auch ein Instrument für eine regelmäßige Evaluation. Wenn alle Schüler/innen einen Leistungsvergleichstest schreiben, dann heißt das in einer inklusiven Schule auch ALLE. Dabei können die Instrumente des Nachteilsausgleichs ebenso gezogen werden wie die Herausforderung, jedem/r Schüler/in auf Basis des individuellen Bildungsplans eine Aufgabe stellen zu können. Das Bezugssystem ist dann nicht die Klasse, das Bundesland, der Staat, Europa …, sondern allein die Bildungsbiographie des/der einzelnen Schüler/in. Dass es eine derartige Auflösung des Widerspruches gibt, leben uns andere Länder bereits seit Jahren vor. Diese gelebten Beispiele und die fachliche Herausforderung an sich führen auch auf Seiten der erziehungswissenschaftlichen Bildungsforschung zu einer zunehmenden Thematisierung (23)

Das Thema Einstellung und Inklusion wird, wie zu Beginn der Integrationsbewegung in der Bundesrepublik Deutschland, allzu oft ausschließlich als Henne-und-Ei-Problem diskutiert: Braucht eine inklusive Schule als Voraussetzung eine entsprechend offene und empathische Einstellung oder entwickelt sich durch die inklusive Schule ein diskriminierungsfreies System von Einstellungen gegenüber behinderten Menschen? Es scheint so gut wie jedes Argument bereits ausgetauscht; dennoch ist festzustellen, dass seit der Hochzeit der Einstellungsforschung mittlerweile etliche Jahre vergangen sind und ein belastbares empirisches Datenmaterial nicht vorliegt. Entsprechende Forschungsansätze aus den USA, Australien (24) etc. finden aktuell ihren Weg nach Europa (25) und in aktuelle bundesdeutsche Forschungsprojekte (26). Zu diesem Themenbereich muss es zukünftig auch im Kontext einer zu entwickelnden inklusiven Beschulung blinder und sehbehinderter Schüler/innen einen verstärkten Austausch zwischen allen Beteiligten geben.

Die Notwendigkeit, die Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrer/innen aller Lehramtstypen auf die Herausforderungen einer inklusiven Schule einzustellen, ist mittlerweile unbestritten. Wie auch beim Modell einer inklusiven Schule gehen hier jedoch die Ideen weit auseinander: Der Idee der ausschließlich systemischen Intervention folgend werden ausdifferenzierte "Lehramtstypen" (sonderpädagogische Lehrämter in den durch die KMK vorgegebenen Förderschwerpunkten) kaum benötigt. Folgt man der Idee einer weiterhin bestehenden personenbezogenen Diagnostik und Intervention zumindest bei einem Teil der Schüler/innen mit SPF, steigt eigentlich der Anspruch an die zu vermittelnde und auszubauende Expertise. Strittig sind dann immer noch die Schnittstellen zu den allgemeinen Lehrämtern und die Orte und die Zeiten, an und zu denen die spezifische Expertise zu vermitteln ist.

Hier sind in den kommenden Jahren - so ist es leider zu erwarten - noch einige "Schlachten" zu schlagen. Die Positionierung der Verbände wird wesentlich dazu beitragen, in welchen Varianten und mit welchen Trägern die Vermittlung und der Ausbau einer forschungsbasierten und partizipativen blinden- und sehbehindertenpädagogischen Expertise realisiert wird und sich den Herausforderungen einer inklusiven Schul- und Bildungslandschaft stellen kann (27).

Über den Autor:

Prof. Dr. Sven Degenhardt lehrt an der Universität Hamburg, Fakultät EPB, Institut für Behindertenpädagogik, Blinden- und Sehbehindertenpädagogik.

Anmerkungen

(18) "Jahr für Jahr werden in Deutschland derzeit (2007/08) gleichwohl etwa 2,6 Milliarden Euro zusätzlich für den Unterricht an Förderschulen ausgegeben. Dabei umfasst dieser Betrag allein die Ausgaben für das lehrende Personal an Förderschulen, die über die Ausgaben hinausgehen, die an den allgemeinen Schulen für Lehrkräfte angefallen wären. Wenn diese finanziellen Mittel in ein inklusives Schulsystem mit Gemeinsamem Unterricht fließen würden, stünden je Schüler oder Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Durchschnitt aller Bundesländer und aller Förderschwerpunkte zusätzlich zu den im allgemeinbildenden Schulsystem angesetzten Unterrichtsstunden 2,4 Wochenstunden zur Verfügung" (Klemm 2009, S. 7). zurück

(19) Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 91 zurück

(20) u.a. Degenhardt 2009b, S. 174 f. zurück

(21) vgl. u.a. http://www.hamburg.de/rbk zurück

(22) siehe auch Degenhardt 2011 zurück

(23) dazu u.a. Tagung "Bildungsforschung 2020 - Herausforderungen und Perspektiven" in Berlin / Forum 8 "Ist Inklusion eine Illusion? Politischer Anspruch, pädagogische Wirklichkeit und die Möglichkeiten der Bildungsforschung" (http://www.bildungsforschungstagung.de/shared/downloads/bifo_tagungsmappe.pdf), entnommen am 29.05.2012) sowie die Hauptvorträge von Weißhaupt und Hillenbrand auf dem XXXV. Kongress für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, Chemnitz zurück

(24) u.a. Stanley et.al. 2003 zurück

(25) vgl. Kunz et.al. 2010 zurück

(26) z.B.: studentisches Forschungskolloquium an der Universität Hamburg "Skala zur Einstellung von Lehrpersonen zur Inklusion (SELI)" / SoSe 2012 zurück

(27) vgl. dazu u.a. Degenhardt/Denninghaus 2009, Bericht des VBS-Vorstandes 2011/2012 (blind-sehbehindert Heft 2/2012, S. 124) und Positionen des AK Hochschulen 2012 zurück

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Dr. Heinz Willi Bach

Licht und Schatten bei der Arbeitsvermittlung

DVBS lädt ZAV-Fachleute ein

Seit 2009 steht die besondere Vermittlungsstelle in der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung in Bonn (ZAV) unseren Arbeitsuchenden mit akademischer Vorbildung wieder zur Verfügung. Die Vermittlungsstelle für besonders betroffene schwerbehinderte Akademiker, wie sie im Amts- und Gesetzesdeutsch genannt wird, ist 2006 abgewickelt und nicht zuletzt durch massiven Einsatz des DVBS drei Jahre später in neuer Form als sogenannter Arbeitgeberservice wiedererrichtet worden. Diese Organisationsform soll zu einer Kooperation der am Wohnort tätigen Beraterinnen und Berater für behinderte Menschen in den Einrichtungen der deutschen Arbeitsvermittlung mit den Fachleuten in Bonn führen, die bundesweit tätig sind. Die Initiative zur Zusammenarbeit soll von den örtlichen Einrichtungen ausgehen, die auf Wunsch der Bewerberinnen und Bewerber eine sogenannte Mitführung in der ZAV einleiten. Das Verfahren der Beteiligung der ZAV an Arbeitsvermittlung und Beratung ist in einer detaillierten Vorschrift geregelt, die als HEGA 7/2009 der Bundesagentur für Arbeit bezeichnet wird. Diese Verfahrensvorschrift findet man übrigens leicht auf der Homepage des DVBS (www.dvbs-online.de/horus/2009-4-4585.htm).

Seit 2005 sind nicht mehr nur die Agenturen für Arbeit die richtige Anlaufstelle für Bewerberinnen und Bewerber. Durch das Sozialgesetzbuch, Zweites Buch "Grundsicherung für Arbeitsuchende" sind neue Arten von Behörden entstanden, die mittlerweile als Jobcenter oder volkstümlich als Hartz IV-Behörden bezeichnet werden. Diese sind für arbeitslose Arbeitsuchende zuständig, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I besitzen und bedürftig sind in dem Sinn, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Vermögen oder anderen Einkommen bestreiten können.

Regelmäßig werden blinde und sehbehinderte Hochschulabsolventen Kunden der Jobcenter, da sie sehr selten Ansprüche auf Arbeitslosengeld I erworben haben. Berufseingangsarbeitslosigkeit ist bei unseren Mitgliedern zumeist das größte Problemfeld. Es liegt nun in der Initiative dieser Einrichtungen, die Klienten mit den ZAV-Fachleuten in Bonn in Kontakt zu bringen. Während die Agenturen für Arbeit verpflichtet sind, besondere Vermittlungsstellen für (schwer-)behinderte Arbeitsuchende einzurichten, die auch personell entsprechend ausgestattet sein sollen, ist dies den Jobcentern lediglich empfohlen, letztlich aber in ihr Belieben gestellt worden. Der DVBS hat sich mehrfach bei der Bundesagentur für Arbeit wie auch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales BMAS bis hoch zur Ministerin für eine solche Verpflichtung eingesetzt - wie man sieht, bisher leider vergeblich.

Der Gesetzgeber hat entschieden, dass die Jobcenter in zwei unterschiedlichen Organisationsformen gestaltet werden können. Die überwiegende Organisationsform ist die der Gemeinsamen Einrichtungen (GE), die auch als ARGEn bekannt geworden sind. Sie sind unter anderem dadurch charakterisiert, dass die Städte und Kreise hier paritätisch mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) zusammenarbeiten und das Personal von beiden gestellt wird. Zugleich nutzen die GE die IT-Plattform der BA, sodass dort alle relevanten Informationen zur Vermittlung behinderter Akademiker durch die ZAV ebenso zur Verfügung stehen wie in den Arbeitsagenturen. Dem DVBS wird jedoch häufig die Erfahrung von Arbeitsuchenden berichtet, dass die dortigen Vermittlungskräfte die ZAV-Vermittlungsstelle nicht kennen und erst von ihnen auf diese Möglichkeit hingewiesen werden. So zahlt sich gute Informiertheit der DVBS-Mitglieder aus, die ihren Vermittlern die HEGA 7/2009 nachweisen, manchmal auch ausgedruckt mitbringen.

Erheblich schwieriger liegt der Fall, wenn es sich beim Jobcenter um einen sogenannten zugelassenen kommunalen Träger (zkT, auch Optionskommune genannt) handelt. Die 120 Städte und Landkreise, die sich für diese Organisationsform entschieden haben, arbeiten nicht mit der BA zusammen, sondern erbringen alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende eigenständig. Diese Organisationsform ist vom Gesetzgeber bewusst als eine Konkurrenz zur BA eingerichtet worden. Etwa jede vierte Gebietskörperschaft in Deutschland ist mittlerweile eine Optionskommune. Dies erkennt man als Arbeitsuchender aber nicht so leicht.

Es ist aber von großer Bedeutung, da von dort der Zugang zu der behinderte-Akademiker-Vermittlung der ZAV alles andere als geebnet erscheint. Denn diese Optionskommunen nutzen z.B. eine völlig andere IT-Plattform (ProSoz), mit der sie nicht in Kontakt zur ZAV-Vermittlung treten können. Schwer wiegen auch die Erfahrungen von DVBS-Mitgliedern, die man so zusammenfassen kann: Nur dort, wo ehemaliges BA-Personal mit seinen speziellen Fachkenntnissen in den Optionskommunen arbeitet, erleben die Beratenen vergleichbare Rehabilitations- und Vermittlungsleistungen zu denjenigen der Agenturen für Arbeit oder GE. In den übrigen Einrichtungen liege Vieles im Argen, wird berichtet.

Der DVBS hat sich mit diesen Fragen an die Bundesagentur für Arbeit gewandt. Er hat von dort zugesichert bekommen: "Für die zugelassenen kommunalen Träger kann die BA keine Aussage treffen. Grundsätzlich können diese die besondere Vermittlungsstelle der ZAV für schwerbehinderte Akademikerinnen und Akademiker in Anspruch nehmen." (Schreiben des Vorstandes der BA vom 19. November 2012) Dies ist eine wichtige Aussage, denn die BA sieht sich ebenfalls in Konkurrenz zu den Optionskommunen.

Ungeachtet dessen können diese also die ZAV-Vermittlungsleistungen in Anspruch nehmen, müssen es aber nicht. Diesen Umstand empfindet der DVBS zumeist als erheblichen Nachteil für Bewerber, die von Optionskommunen betreut werden. Die Bewerber haben keine Möglichkeit, eine andere Vermittlungseinrichtung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, sie verlagerten ihren Wohnsitz in das Gebiet einer GE. "Es kann doch nicht vom Zufall des Wohnsitzes abhängen, wie arbeitslose DVBS-Mitglieder vermittlerisch betreut werden", schrieb der DVBS an den Vorstand der BA.

Praktische Hilfen

Was ist Bewerberinnen und Bewerbern in dieser Situation zu empfehlen?

Ob Agentur für Arbeit oder GE: Man sollte vorbereitet sein, die HEGA 7/2009 kennen, besser noch zum Gespräch mitnehmen; das spart Zeit! Wird man von einer Optionskommune betreut, empfiehlt es sich zusätzlich, das Vermittlungspersonal zu bitten, telefonisch oder per Mail Kontakt zur ZAV-Vermittlungsstelle aufzunehmen. Noch wichtiger erscheint es, dass man als Bewerberin oder Bewerber für sich ein sogenanntes Profil in der Bewerber-Datenbank der Jobbörse der BA anlegt (www.arbeitsagentur.de und dort den link "direkt zur Jobbörse"). Nur dann kann man von den Fachleuten der ZAV-Vermittlungsstelle gefunden werden. Wie erwähnt, benutzen die Optionskommunen eine völlig andere, inkompatible IT-Plattform.

"Fit für den Job" - Bewerbertag in Marburg

Am 24. Januar 2013 hatten Vorstand und Geschäftsleitung des DVBS den Leiter der ZAV-Vermittlungsstelle, Torsten Prenner, nach Marburg zu Gesprächen über weitere Kooperations- und Optimierungsmöglichkeiten eingeladen. An diesem Tag standen Prenner und andere Fachleute der Agentur für Arbeit, des Kreisjobcenters und eines Bildungsträgers, die der DVBS eingeladen hatte, auch Bewerbern und Interessierten, z.B. Examenssemestern, zum Gespräch zur Verfügung. Darüber wird in der nächsten Ausgabe des horus berichtet.

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Ulrike Schönhagen

Was passiert eigentlich im Kunstunterricht mit sehgeschädigten Schülern? - Überlegungen zum Fach Kunst im inklusiven Unterricht

Der Diskurs über die inklusive Beschulung blinder und hochgradig sehbehinderter Schüler greift auf eine Fülle von ethischen und politischen Argumenten zurück. Überlegungen zu der mit der Inklusion einhergehenden fachlichen Qualität von schulischer Bildung sind jedoch unbedingt erforderlich. Der folgende Beitrag stellt sich diesem Aspekt am Beispiel des Faches Kunst. Grundlage sind in diesem Zusammenhang das aktuell vorgelegte Kerncurriculum für das Fach Kunst in der Sekundarstufe I (Hessen) sowie in Auszügen der Kernlehrplan Kunst NRW in G8. In beiden wird einleitend der spezifische Bildungsanspruch des Faches für die weiterführenden allgemeinen Schulen beschrieben.

1. Der besondere Charakter des Kunstunterrichts in der schulischen Bildung

"Lernen mit Kopf, Herz und Hand", so bringt die Reformpädagogik schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts den Anspruch auf ganzheitliche Bildung auf eine griffige Formel. Inwieweit dieses Konzept innerhalb des gegenwärtigen Schulalltags umgesetzt wird, mag man an dem Phänomen ablesen, dass Fächer wie Kunst und Sport mit ihrer Vielseitigkeit im Bewusstsein vieler Schüler immer noch Ausnahmecharakter haben. Hier wird mit Recht nicht die eng getaktete Lernzielorientierung erwartet, sondern ein Raum, der sich individueller Entwicklung und Motivation öffnet.

Vergleicht man diese Erwartungen mit dem im Kerncurriculum Hessen (2011)(1) formulierten allgemeinen Bildungsbeitrag des Faches Kunst, ist entsprechend zu lesen:

"Die Lernenden erleben im Kunstunterricht eine Verknüpfung von Wahrnehmen, Handeln, Nachdenken und Mitteilen. Ihre Persönlichkeitsentwicklung steht dabei im Vordergrund. […] Sie erweitern ihr Vorstellungsvermögen, gewinnen Einblicke in fremde Welten und Zeiten. Zugleich steigert die Berührung durch inhaltlich e Aspekte und emotionale Gehalte - der Dialog mit dem Dargestellten - die Empfindsamkeit und fördert die persönliche Anteilnahme."

Kerncurriculum Hessen; Sek.I; Gymnasium; Kunst ; Teil B, S.11

2. Was geschieht im inklusiv unterrichteten Fach Kunst mit den sehgeschädigten Schülern?

Im Kollegium "Kunst" an der Carl-Strehl-Schule (CSS), dem Gymnasium der Deutschen Blindenstudienanstalt in Marburg (blista), werden wir mit dieser Frage, gestellt von Besuchern, Kollegen aus der Regelschule, häufig konfrontiert.

Die Vermutung, dass sehgeschädigte Schüler in der Inklusion an diesem ganzheitlichen Bildungscharakter des Faches Kunst nur in Ansätzen oder gar nicht teilnehmen können, verfestigt sich mit jedem Schuljahr, in dem in der Carl-Strehl-Schule Quereinsteiger von ihren bisherigen Erfahrungen im Kunstunterricht berichten.

Welche Ursachen liegen dem zugrunde?

Das Fach Kunst, wie es an den Regelschulen unterrichtet wird und im Bewusstsein verankert ist, orientiert sich vornehmlich an Phänomenen der visuellen Kultur. So formuliert aktuell das Kerncurriculum Kunst/ Hessen:

"In der tätigen und betrachtenden Begegnung mit Bildern schärfen sie ihr Wahrnehmungsvermögen und differenzieren ihr Sehen." (Hessen 2011)

Die "visuelle Kultur" ist auch in den weiteren Ausführungen der zentrale Bezugspunkt der Kerncurricula, auch wenn in einer Fußnote erklärt wird:

"Bilder, hier verstanden als umfassender Begriff für zwei- und dreidimensionale Objekte, Artefakte, visuell geprägte Informationen, Prozesse und Situationen visueller Erfahrungen." (a.a.O.; S.11)

In dieser klein gedruckten Formulierung aber liegt unserer Meinung nach die Chance für eine Öffnung des Kunstunterrichts in der Inklusion für sehgeschädigte Schüler. Diese Auflistung deutet einen veränderten Korpus der Gegenstände an, anhand derer das Phänomen Kunst vermittelt werden kann. Hier geht es um das Phänomen der Objekte, die nicht mehr nur visuell rezipiert werden können.

Ein Blick in aktuelle Unterrichtswerke zeigt, dass auch diese in ihrem Kunstbegriff offener sind als die Kerncurricula und zahlreiche Anregungen zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Objektkunst mit ihren vielfältigen Arbeitsverfahren innerhalb des Kunstunterrichts anbieten.

Eine erste Folgerung könnte daher sein:

Der Kunstunterricht in der Inklusion kann in der Wahl seiner Objekte die Wahrnehmungsbedingungen sehgeschädigter Schüler berücksichtigen, sich von der Dominanz der visuellen Kunst lösen und gleichzeitig den zentralen Bildungsanspruch des Faches verwirklichen. Besonders Arbeitsformen der zeitgenössischen Künstler mit der ihnen eigenen Vielfalt an sinnlichen Zugängen erweisen sich als "barrierefrei"(2).

3. Bildungsaspekte des Faches Kunst für Sehgeschädigte im Einzelnen, veranschaulicht an Beispielen aus dem Unterricht an der CSS

Verknüpfung von Wahrnehmen, Handeln, Nachdenken und Mitteilen

Die "Verknüpfung von Wahrnehmen, Handeln, Nachdenken und Mitteilen" wird im Kerncurriculum Kunst, Sek I, Hessen sowie NRW als ein zentrales Bildungselement formuliert. Damit entspricht das Fach in seinem spezifischen Charakter hervorragend wesentlichen didaktischen Ansprüchen der Sehgeschädigten-Pädagogik, für die stellvertretend die Forderung Hudelmayers (1975)(3) nach verstärkter Konkretisierung im Unterricht, die Warnung vor dem "Verbalismus" erwähnt werden soll.

Wie dies speziell in der Didaktik des Kunstunterrichts verankert ist, soll am Beispiel einer Unterrichtsreihe in einer 6. Klasse veranschaulicht werden.

In einer Lerngruppe mit blinden und hochgradig sehbehinderten Schülern befindet sich auch der blinde Schüler B., der in der Lerngruppe bislang eher eine Außenseiterrolle hat. Das neue Thema wird in einer Gesprächsrunde vorbereitet und es wird deutlich, dass die Vorstellung einer Schiffsform bei ihm nur wenig differenziert ist. B. reagiert darauf mit sichtlicher Aufregung, es irritiert ihn, dass er bei seinen Vorschlägen von falschen Annahmen über die Form eines Schiffes ausgeht. Die aus acht Schülern bestehende Gruppe hat das Ziel, ein Modell eines Spielplatz-Schiffes gemeinsam herzustellen, um damit am Wettbewerb zur Neugestaltung des Schulhofes teilzunehmen. B. erfährt zunächst verbal Details des Schiffes. Die praktische Aufgabe erfordert dann genauere Formkenntnisse von ihm, damit er bestimmen kann, welches Detail in welcher Größe er erstellen möchte. Er überprüft seine Vorstellungen in Folge sehr gewissenhaft an einem Modell aus Knete, das ihm von einem Mitschüler erstellt wurde. B. entscheidet sich, eine Strickleiter herzustellen. Wieder setzt die gleiche Auseinandersetzung mit dem Phänomen ein. Zunächst die Überlegung mit einem Mitschüler (Nachdenken) zur Beschaffenheit des Gegenstandes, dann eine modellhafte Formulierung (erstes Handeln, Wahrnehmen), diesmal auf einer Zeichenfolie durch die Zweidimensionalität des Gegenstandes, und daran anschließend die Suche nach dem richtigen Material, das die Funktion der Modellstrickleiter gewährleistet, im Team die Diskussion der passenden Dimension (Mitteilen). Über einen längeren Zeitraum arbeitet er an seinem Beitrag, indem er erste Versuche ausprobiert und sich technische Fertigkeiten, wie Messen, Schneiden mit einer Schere, paralleles Anbringen der Querstreben aneignet.

B.s Arbeitsphase ist durchsetzt von Verzweiflungsattacken, seine Ausdauer und Frustrationsfähigkeit ist gefordert, aber er hält durch, ist hochmotiviert, seinen Beitrag zum phantasierten Schiff zu leisten, das dann nach einigen Wochen als Objekt, als Beispiel der Umsetzung einer fantasierten, begrifflichen Vorstellung in eine reale Form vor der hochzufriedenen Klasse steht.

Unterrichtsgegenstand ist ein dreidimensionales Objekt, eine Gruppenarbeit, die Umsetzung von Imaginiertem. Diese Arbeit entspricht u.a. dem als Kompetenzbereich beschriebenen "Gestalten, Planen und Handeln" aus dem Kerncurriculum Kunst (Hessen, a.a.O., S. 22) und soll daher beispielhaft für eine mögliche Umsetzung im inklusiven Kunstunterricht stehen. Die hier geschilderte Unterrichtssequenz steht auch für eine im Fach Kunst mögliche Verknüpfung von emotionaler Besetzung, inhaltlichen und instrumentellen Lernzielen. Damit rückt eine weitere Dimension in den Blick:

Persönlichkeitsentwicklung

B.s Kämpfe um Ausdauer, sein Überwinden des zeitweiligen Misserfolgs, seine sich entwickelnde Fähigkeit, in der Klasse seine Vorstellungen zum Prozess zu äußern, haben ihn positiv verstärkt und durch viele weitere, ähnliche Situationen nachhaltig verändert. Motivierende schnelle Belohnungen sind die vielen im Kunstunterricht entstandenen Produkte, die mit Stolz gezeigt werden können.

Auf weitere personale und soziale Kompetenzen, die der relativ offenere Unterricht im Fach Kunst in besonderem Maße fördert, verweisen die detaillierten Ausführungen der Kerncurricula. Praktisches Arbeiten fordert dem sehgeschädigten Schüler Orientierung am Gegenstand, im Raum, Organisation des Arbeitsplatzes, relativ selbstregulierten Umgang mit dem Zeitbudget etc. ab. In der Erarbeitung und Beurteilung wird er zur selbstkritischen Begegnung mit den eigenen Produkten angeleitet, muss bei der Werkbesprechung fähig sein zur Rücksichtnahme und Solidarität, wird ermutigt, sich mit der eigenen Sicht und Wahrnehmung zu zeigen.

Welthaltigkeit

Als weiteres Bildungselement des Faches Kunst wird die Welthaltigkeit des Fachgegenstandes betont. "Sie (die Schüler) erweitern ihr Vorstellungsvermögen, gewinnen Einblicke in fremde Welten und Zeiten."(s.o.) Damit wird betont, dass sich der Kunstunterricht nicht auf künstlerisch-handwerkliches Handeln beschränkt, sondern dass in besonderer, fächerübergreifender Weise im Fachgegenstand, der Kunst, sich kulturelle, biologische, physikalische etc. Phänomene zeigen und zu thematisieren sind.

4.Impulse zur Entwicklung schuleigener Curricula für das Fach Kunst in der Inklusion

Soll der Kunstunterricht in der inklusiven Beschulung die o.g. Bildungsmöglichkeiten des Faches verwirklichen (Persönlichkeitsentwicklung, Welthaltigkeit), so bedeutet dies:

  • für die sehgeschädigten Schüler die Fähigkeit, offensiv mit ihren Bedingungen umzugehen, ihren Zeitbedarf, ihre Arbeitsverfahren selbstbewusst zu vertreten, aber auch mit Neugier den Phänomenen der visuellen Welt zu begegnen, die Fähigkeit, von der haptischen Erfahrung zu abstrahieren und mit Modellen, taktilen Abbildungen umgehen zu können.
  • für die Lerngruppe die Bereitschaft, sich auf andere Arbeitsbedingungen einzulassen, Neugierde auf die Erweiterung der sinnlichen Wahrnehmungsfähigkeit, Einsicht in die Unterschiedlichkeit der Vorstellungswelt, auch über Strecken der Verzicht auf nur visuell bestimmte Werke und beliebte optische Verfahren.
  • für die Lehrenden das Agieren zwischen unterschiedlichen didaktischen und methodischen Anforderungen, eine große Fähigkeit zu innerer Differenzierung, das Mitdenken einer nicht visuell vermittelten Welterfahrung bei der Auswahl und Erarbeitung der Unterrichtsgegenstände, bei der Versprachlichung aller Hinweise ein reicher Fundus an guten taktilen Abbildungen, Modellen; Schwerpunktsetzung im Bereich der zeitgenössischen Moderne, Entwicklung eines Kunstunterrichts vom Inhalt herkommend und nicht von der Technik, sensibles Management des sozialen Klimas.
  • für den immer anwesenden Betreuungslehrer: gute Kooperation mit dem Fachlehrer, damit das didaktische Ziel vom betreuten Schüler in einer adäquaten Weise eigenständig erreicht werden kann, eventuell Entwicklung von Förderkonzepten, die in den Unterricht eingebettet sind (Feinmotorik, Arbeitsplatzorganisation, Handlungsplanung…).

Über die Autorin:

Ulrike Schönhagen ist Lehrerin für Deutsch und Kunst und unterrichtet an der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) in Marburg.

Anmerkungen

(1) Ähnliches gilt für den kompetenzorientierten Kernlehrplan Kunst G8 (veröffentlicht vom NRW Schulministerium 2012; S.9) zurück zum Text

(2) Wir verfolgen damit einen anderen Ansatz als den von Sarah-Anna Brock und Simone Winzer in Lang, Hofer, Beyer: Didaktik des Unterrichts mit blinden und hochgradig sehbehinderten Schülerinnen und Schülern Kohlhammer 2011, S. 168 f.;vorgetragenen. zurück zum Text

(3) Dieter Hudelmeyer: Die Erziehung Blinder. In: Deutscher Bildungsrat, Gutachten und Studien der Bildungskommision (52), Sonderpädagogik 5; Stuttgart 1975; S. 89. zurück zum Text

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Berichte und Schilderungen

Christoph Kaercher

Surfurlaub am Chiemsee - blista-Surfschein macht es möglich

Ich habe 2011 während des "Oberstufenkurses Surfen" meinen Surfschein an der blista erhalten und habe sofort Spaß am Surfen gefunden. Als ich im vergangenen Sommer am Chiemsee, einem Paradies für Surfer und Segler, Urlaub machte, wollte ich ebenfalls die Gelegenheit zum Surfen nutzen. Ich fand im Ort Chieming eine Surfschule und erkundigte mich vor Ort beim Chef der Schule, ob es möglich wäre, dass ich einen Lehrer, der mit mir surft, bekommen könnte, weil ich blind bin. Ich zeigte ihm meinen Surfschein.

Der Chef der Surfschule war zunächst etwas verunsichert und skeptisch, aber ich merkte auch, dass er mir weiterhelfen wollte. Ich vereinbarte mit ihm, dass er mit mir in seiner Mittagspause aufs Wasser ging und wir es einfach mal ausprobierten. Er begleitete mich in seinem Motorboot, so hatte er die Möglichkeit, jederzeit einzugreifen. Schnell merkte er, dass ich die Techniken gut beherrsche und dass ich nur eine Person brauche, die mir die Richtung ansagt. Wir vereinbarten, dass ich immer in der Mittagspause und abends vorbeikommen konnte. Dann gingen wir - sofern es der Wind zuließ - aufs Wasser. Es machte uns beiden Spaß und wir haben uns gut verstanden. Am Ende des Urlaubs äußerte er sogar das Interesse, mit mir Regatten zu fahren. Er übte auch schon mit mir, mich um Bojen zu lotsen. So wie wir herausgefunden haben, gibt es bis jetzt nur im Bereich Segeln Regatten für Behinderte. Doch wir stehen noch in Kontakt, um dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen.

Ich kann jedem, der surfen kann, nur empfehlen, bei einer Surfschule anzufragen, ob sie es sich zutrauen, mit einem Blinden zu surfen - schwierig ist es nicht. Der Surfschein erleichtert es natürlich einem Surflehrer, seinen Schüler einzuschätzen und hilft, die anfängliche Hemmschwelle zu überwinden.

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Recht

Heilpraktiker: Auch nach Erblindung darf der Beruf ausgeübt werden

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz auch im Fall einer blinden Antragstellerin erfüllt sein können (Aktenzeichen 3 C 26.11).

Die 1971 geborene Klägerin leidet an einer Netzhautdegeneration und ist seit 2005 vollständig erblindet. Ihren Antrag auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass ihr aufgrund ihrer Erblindung die gesundheitliche Eignung fehle, den Heilpraktikerberuf auszuüben.

Auf die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin den Beklagten verpflichtet, den Antrag der Klägerin erneut zu bescheiden und dabei zugrunde zu legen, dass ihr die Berufstätigkeit erlaubt werden könne, sofern sie zusätzlich zu der bereits bestandenen allgemeinen Kenntnisprüfung in einer ergänzenden Prüfung unter Beweis stelle, dass sie sich der aus ihrer Blindheit folgenden Grenzen und erhöhten Sorgfaltspflichten für ihre Tätigkeit bewusst sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sprungrevision des Beklagten zurückgewiesen. Nach Auffassung des BVerwG besteht nach den Vorschriften des Heilpraktikergesetzes ein Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung, wenn kein Versagungsgrund nach der Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz eingreift. Die Blindheit der Klägerin begründe keinen Versagungsgrund im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Zwar könne sie solche Heilpraktikertätigkeiten nicht ausüben, die eine eigene visuelle Wahrnehmung voraussetzen. Es verblieben daneben aber, wie die Vorinstanz für das Revisionsgericht bindend festgestellt hat, Bereiche, auf denen sie selbstverantwortlich heilpraktisch tätig sein kann. Dazu gehöre insbesondere die Behandlung all jener Erkrankungen, die sich allein mit manuellen Methoden diagnostizieren und therapieren lassen. Hiernach sei es unverhältnismäßig, der Klägerin die Heilpraktikererlaubnis unter Hinweis auf eine mangelnde gesundheitliche Eignung zu versagen. Das folge sowohl aus dem Grundrecht auf freie Berufswahl als auch aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Dem öffentlichen Belang des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung werde hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin die Erlaubnis nur unter der Voraussetzung einer ergänzenden Prüfung erlangen kann, in der sie nachweist, dass von ihrer Tätigkeit als Heilpraktikerin keine Gefahren zu erwarten sind.

(Quelle: Juris, 13. Dezember 2012)

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Bücher

Sabine Hahn

Hörtipp

John Weitzmann: Arbeitsalltag digital: Rechtsfragen einfach auf den Punkt gebracht.

Herausgegeben von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit iRights.info - Urheberrecht in der digitalen Welt. Berlin, 2012 (CC BY-Sa 3.0 de)

Vom Plagiat zur Affäre vergeht manchmal viel Zeit, die Konsequenzen sind allerdings nachhaltig und heftig. Liegt es am weit verbreiteten "Google-Copy-Paste-Syndrom" - ein Begriff, der den Buchtitel des österreichischen Medienwissenschaftlers Stefan Weber zitiert? Sind wir zu bequem geworden, um ordentlich Quellen und Urheber anzugeben? Oder ist die Materie zu komplex?

Wer rechtliche Grundsätze respektieren möchte, muss sich informieren und Regeln konsequent anwenden, auch wenn dies etwas Zeit kostet. Die Broschüre "Arbeitsalltag digital" bietet eine knappe Hilfe. Hier geht es im ersten Teil um Copyright und Co, im zweiten Teil um Persönlichkeitsrechte und Datenschutz am Arbeitsplatz. Herausgegeben von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) erhalten Internet-Nutzer Basis-Informationen, die "auf den Punkt gebracht" wurden.

Beantwortet werden etwa die Fragen: Mit welchem Material muss man vorsichtig sein, was kann rechtlich geschützt sein? Für was muss eine Erlaubnis eingeholt werden? Wie kann eine Erlaubnis aussehen und wie bekommt man sie? Welche Sonderregelungen gelten bei Software? Wie kann man mit Verträgen eigene Rechte regeln, wer ist für Rechtsverletzungen verantwortlich? Und gerade im Arbeitsalltag wichtig: Welche allgemeinen Persönlichkeitsrechte muss der Arbeitgeber beachten, wie sieht es mit dem Datenschutz der Kundendaten oder bei der Nutzung sozialer Netzwerke aus?

Die rund eineinhalb Stunden Hördauer vergehen wie im Flug. Und hinterher sind Sie klüger.

Kontakt für die DAISY-Hörversion: DVBS-Textservice, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Bestellnummer 16817 (Euro 11,75). Tel.: 06421 94888-22, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Die Broschüre steht auch zum Download zur Verfügung: http://www.lfm-nrw.de/nrwdigital/digitalkompakt

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Savo Invanic

Buchtipps aus der blista

Auch in den blista-Buchtipps geht es diesmal schwerpunktmäßig um das Thema Technik. Außerdem hat unsere Druckerei wieder ein paar spannende Neuerscheinungen auf Lager. Viel Spaß beim Stöbern und Lesen.

Reischl, Gerald: Die Google-Falle. Die unkontrollierte Weltmacht im Internet

Wien: Ueberreuter, 2008, Bestell-Nr.: 4559, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde., 280 S., 43 €; auch als barrierefreies PDF erhältlich

Mit der Suchmaschine Google, dem Dienst Google Street View, den Satellitenkarten Google Maps und Google Earth, mit der Volltextsuche in Google Books, der Plattform Google Play, dem Mail-Programm Google Mail, der Übersetzungs-Software Google Translate, seinem Browser Chrome und vielen weiteren Services hat sich die Firma zur unkontrollierten Weltmacht im Internet entwickelt. Diese Monopolstellung ist für eine Wissensgesellschaft gefährlich. Sie erleichtert viele Arten von Zensur und das Ausspionieren unserer Privatsphäre.

Boeing, Niels: Nano?! Die Technik des 21. Jahrhunderts

Berlin: Rowohlt Berlin, 2004, Bestell-Nr.: 4411, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde., 286 S., 48,20 €

Der Autor - Physiker und Journalist - erläutert den Forschungsstand zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung, die Bedeutung und Funktion der Nanotechnik, die Diskussion um Für und Wider sowie mögliche Gefahren.

Singh, Simon: Geheime Botschaften. Die Kunst der Verschlüsselung von der Antike bis in die Zeiten des Internet

München: Hanser, 2000, Bestell-Nr.: 4119, reformierte Kurzschrift (K.98), 5 Bde., 776 S., 107,50 €

Geheimsprachen werden benutzt, um zu verhindern, dass wichtige Informationen in die falschen Ohren geraten. Das haben die alten Griechen genauso gehalten wie Maria Stuart oder die Generäle des 20. Jahrhunderts. Dieses Buch erzählt von dem 2000-jährigen Kampf um die Verschlüsselung - von einfachen mechanischen Vorrichtungen in der Antike bis zu komplizierten Computerprogrammen zur Chiffrierung und Dechiffrierung.

Isaac Asimov präsentiert: Die besten Computer-Krimis

Bergisch-Gladbach: Bastei Lübbe, 1987, Bestell-Nr.: 3273, reformierte Kurzschrift (rk.), 3 Bde., 528 S., 64,50 €

Der 1992 verstorbene Biochemiker und Science-Fiction-Autor reflektiert im Vorwort zu dieser Sammlung über den Stellenwert, den der Computer Mitte der 1980er Jahre erreicht hatte.

Heizmann, Patric: Ich bin dann mal schlank. Das Koch- und Rezeptbuch

Leipzig: Draksal Fachverlag, 2010, Bestell-Nr.: 4690, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde, 1 Hbd., 57,50 €; auch als DAISY-CD erhältlich

Gemüse ist gesund, aber langweilig. Salat macht dünn - aber dummerweise nicht satt. Fisch sollte regelmäßig auf den Tisch kommen, ist aber doch eher was für Spitzenköche, oder? Es gibt viele Gründe, nicht zu kochen. Manch Esser tut es vielleicht trotzdem, wenn Sport-Manager und Personal-Trainer Patric Heizmann ihm dabei hilft.

Rosnay, Tatiana de: Das Geheimnis der Wände

Berlin: BvT, 2009, Bestell-Nr.: 4699, reformierte Kurzschrift (KR), 1 Bd., 21,50 €; auch als DAISY-CD erhältlich

Paris, Quartier Montparnasse. Pascaline Malon hat sich gerade von ihrem Mann Frédéric getrennt und will noch mal ganz von vorne anfangen. Sie beschließt, sich neue Freunde zu suchen, und bezieht eine hübsche Zweizimmerwohnung in der Rue Dambre. Kaum angekommen, erfährt sie von einer Nachbarin, dass in den Räumen vor Jahren eine junge Frau umgebracht worden ist. Panisch verlässt sie die Wohnung, nimmt sich ein Hotelzimmer, kann sich der Geschichte der Toten aber nicht entziehen.

Beckett, Bernard: Das neue Buch Genesis

Bindlach: Script5, 2009, Bestell-Nr.: 4702, reformierte Kurzschrift (KR), 1 Bd., 21,50 €; auch als DAISY-CD erhältlich

Ein Land, abgeschnitten vom Rest der Welt, am Ende des 21. Jahrhunderts: Anax steht vor der Prüfungskommission der Akademie. Fünf Stunden hat sie Zeit, um zu beweisen, dass sie würdig ist, in diese mächtige Institution aufgenommen zu werden. Ihr Prüfungsthema kennt sie so gut wie ihre eigene Geschichte: Adam Forde ist der Held ihrer Kindheit, der Mann, dessen Rebellion ihr Land für immer prägte. Doch Anax weiß längst nicht alles über die Rolle, die Adam gespielt hat. Zu diesem Titel existiert auch eine Lehrer-Handreichung in Schwarzschrift, kostenlos erhältlich unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Balci, Güner Yasemin: Arabboy: Eine Jugend in Deutschland oder Das kurze Leben des Rashid A.

Frankfurt/Main: Fischer, 2010, Bestell-Nr.: 4679, reformierte Kurzschrift (KR), 2 Bde., 43 €; Vollschrift, 2 Bde., 1 Hbd., 57,50 €; auch als DAISY-CD erhältlich

Gewalt ist für Rashid und seine Gang nichts Besonderes. Zu Hause und auf der Straße gehört sie zum Alltag. Ein intensiver, harter Bericht aus jener oft zitierten, aber bislang doch weitestgehend unbekannten Parallelwelt, die für viele Jugendliche in Deutschland die bittere Realität ist.

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:

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Panorama

Nominierungen für den 11. Deutschen Hörfilmpreis stehen fest

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) hat die Nominierungen für die 11. Verleihung des Deutschen Hörfilmpreises im Jahr 2013 bekannt gegeben. Aufgrund der hohen Zahl der Einreichungen werden die Nominierungen erstmals in zwei Kategorien aufgeteilt:

Kategorie Kino

  • 9einhalbs Abschied (2010, Regie: Halina Dyrschka), eingereicht von HW Leasing
  • Dreiviertelmond (2011, Regie: Christian Zübert), eingereicht von Majestic Filmverleih
  • Janosch - Komm wir finden einen Schatz (2012, Regie: Irina Probost), eingereicht von MFA+ Filmdistribution
  • Türkisch für Anfänger (2012, Regie: Bora Dagtekin), eingereicht von Highlight Communications / Constantin Film
  • Ziemlich beste Freunde (2011, Regie: Olivier Nakache und Eric Toledano), eingereicht von Senator Home Entertainment

Kategorie TV

  • Bloch - Der Fremde (2012, Regie: Elmar Fischer), eingereicht vom Südwestrundfunk
  • Der letzte schöne Tag (2012, Regie: Johannes Fabrick), eingereicht vom Westdeutschen Rundfunk
  • Eine Frau verschwindet (2012, Regie: Matti Geschonnek), eingereicht vom ZDF
  • Meine Schwester (2011, Regie: Sascha Bigler), eingereicht von Degeto Film
  • Tatort - Dinge, die noch zu tun sind (2012, Regie: Claudia Garde), eingereicht vom Rundfunk Berlin Brandenburg

Die festliche Preisverleihung findet am 9. April 2013 in Berlin im historischen Atrium der Deutschen Bank Unter den Linden statt. Schirmherrin ist bereits zum fünften Mal Schauspielerin Christine Neubauer, die Moderation wird ZDF-Fernsehjournalistin Dunja Hayali übernehmen. Die Arbeit der prominent besetzten Jury hat begonnen. Wieder mit dabei sind Claudia Roth (Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen), Schauspielerin Brigitte Grothum, Regisseur Lars Kraume sowie Filmredakteur Lars-Olav Beier (Der Spiegel).

Der Deutsche Hörfilmpreis wird seit 2002 vom DBSV verliehen und von der Aktion Mensch unterstützt. Weitere Informationen unter www.deutscher-hoerfilmpreis.de


Blinde Richter in Österreich

Auf Einladung des schwerbehinderten Nationalratsabgeordneten Franz Huainigg führte DVBS-Vorsitzender Uwe Boysen am 13. November 2012 in Wien ein Gespräch mit der österreichischen Justizministerin Prof. Beatrix Karl, bei dem es um die Frage ging, warum der Richterberuf blinden Juristinnen und Juristen in unserem Nachbarland bisher immer noch verschlossen ist. In dem rund 90-minütigen Gespräch, an dem teilweise auch der Obmann der ÖVP-Fraktion im Nationalrat, Karlheinz Kopf, teilnahm, erläuterte Boysen - selbst 30 Jahre Richter in Bremen - die deutschen Erfahrungen. Dem stellte die Ministerin insbesondere den Punkt des nach ihrer Auffassung nicht möglichen Lokalaugenscheins durch blinde Personen zur Rechtfertigung ihrer Haltung gegenüber, der praktisch in jedem Fall in Österreich erforderlich sei. Anschließend konnte Boysen auch ein Gespräch mit der gehörlosen Abgeordneten Helene Jarmer führen, die sich ebenfalls für den Einsatz blinder Richter in Österreich engagiert, und beantwortete Fragen von Journalisten.

Abschließend empfahl er den Befürwortern einer Beschäftigung blinder Richter, die Einwände der Ministerin wissenschaftlich genauer überprüfen zu lassen und in die kommenden Diskussionen sowohl die Richterschaft wie auch die Rechtsanwaltschaft einzubinden. Diese Empfehlung scheint Früchte zu tragen: So ist für Mai 2013 eine entsprechende Veranstaltung geplant, an der voraussichtlich auch eine blinde Kollegin aus Deutschland teilnehmen wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich Wege finden lassen, den Richterberuf, der in Deutschland nach wie vor für blinde und sehbehinderte Juristinnen und Juristen erhebliche Bedeutung hat, auch in Österreich zu etablieren.

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Kongress der World Blind Union (WBU) in Bangkok

Vom 12. bis 16. November 2012 fand in Bangkok die 8. WBU-Generalversammlung statt. Erstmals hielten WBU und ICEVI (International Council for Education of People with Visual Impairment) ihre Generalversammlungen gleichzeitig am selben Ort ab. Neben getrennten Tagungen veranstalteten beide Organisationen eine Reihe gemeinsamer Workshops, unter anderem zum Recht auf Lesen, zu barrierefreier Technologie, zur beruflichen Beschäftigung sowie zu Erziehung und Bildung und dokumentierten so ihren Willen zu einer engeren strategischen Zusammenarbeit auf globaler Ebene.

WBU-Präsidentin Maryanne Diamond stellte in ihrem Rechenschaftsbericht fest, dass ein Großteil der Ziele des Strategischen Plans 2008-2012 erreicht wurde. Hierzu zählen z.B. das Abkommen mit der Weltpostunion, das die Beibehaltung der gebührenfreien Blindensendung weltweit sichert; die Ergebnisse der Leipziger Konferenz des Weltrates für Braille; der Aufbau einer Datenbank zur Karriereplanung; eine von der ONCE ausgerichtete Konferenz über die Stärkung von Basisressourcen in Entwicklungsländern; Fortschritte bei den WIPO-Verhandlungen zur weltweiten Ausleihbarkeit von Blindenschrift, Umsetzung der BRK in den Mitgliedsregionen der WBU und die Gründung des Netzwerkes sehgeschädigter älterer Menschen.

Zum neuen Präsidenten der WBU wurde Arnt Holte (Norwegen) gewählt. Seine Stellvertreter sind Fred Schroeder (USA) und Enrique Perez (Spanien). Als Schatzmeister wurde A.K. Mittal (Indien) bestätigt, während WBU-Generalsekretärin nunmehr Rina Prasarani (Indonesien) ist.

In 13 Resolutionen, u.a. zur Förderung der beruflichen Bildung, zum Wahlrecht, zur Verbesserung von technischen Hilfsmitteln und zu E-Books, erteilten die Delegierten dem Präsidium konkrete Arbeitsaufträge, die in den kommenden vier Jahren umzusetzen sind.

Die Generalversammlung hat gezeigt, dass auf globaler Ebene viele wichtige Prozesse von der WBU beeinflusst werden können, die Auswirkungen auf die Regionalunionen und die einzelnen Mitgliedsländer haben und so den Alltag blinder und sehbehinderter Menschen auch in Deutschland prägen.

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Orientierungsveranstaltung für Oberstufenschüler

Jährlich bietet das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) blinden und sehbehinderten Oberstufenschülern/innen und Schulabsolventen/innen aus ganz Deutschland eine Orientierungsveranstaltung an. Über drei Tage können Fragen zu Universitäten und Hochschulen, Studienfächern und -abschlüssen, fachlichen Anforderungen, einzelnen Studienorten, studentischem Wohnen, Orientierung und Mobilität und vor allem zu spezifischen pädagogischen und technischen Unterstützungen im Studium diskutiert werden.

Dazu stehen Experten der jeweiligen Themenkomplexe, studentische Vertreter und sehgeschädigte Studierende aus höheren Semestern zur Verfügung.

Die Orientierungsveranstaltung ist so angelegt, dass sie auch Student/Innen anspricht, die nicht in Karlsruhe ihr Studium aufnehmen werden.

Die nächste Informationsveranstaltung findet vom 6. bis 8. Mai 2013 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) statt. Für interessierte Eltern, die ihre Tochter/ihren Sohn begleiten möchten, wird ein gesondertes Programm angeboten. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei; Anfahrt und Unterkunft müssen von den Teilnehmenden selbst getragen werden. Detaillierte Informationen, einschließlich Programm und Anmeldung, gibt es online oder telefonisch. Um rechtzeitige Anmeldung bis spätestens 9. April wird gebeten.

Anmeldung und nähere Informationen:

Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) Susanne Schneider Engesserstr. 4 (Campus Süd), 76128 Karlsruhe, Tel: 0721 / 608-41937, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, http://www.szs.kit.edu

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Europäisches Parlament beschließt Schutz vor leisen Autos

Elektroautos und Hybridfahrzeuge sollen zukünftig mit einem speziellen akustischen System (AVAS) ausgestattet werden, das blinde und sehbehinderte Fußgänger vor nahenden Fahrzeugen warnt. In seiner Plenarsitzung am 6. Februar musste das Europäische Parlament über einen Verordnungsentwurf entscheiden, der strengere Obergrenzen für die Lärmbelastung durch Kraftwagen und LKWs festlegt. Der ursprüngliche Text des Entwurfs sah vor, dass die Ausrüstung geräuscharmer Fahrzeuge mit einem AVAS freiwillig bleibt. Dank einer Kampagne der Europäischen Blindenunion (EBU) konnte in letzter Minute ein Änderungsantrag ins Plenum getragen werden, der die Automobilindustrie zum Einbau eines AVAS verpflichtet.

EBU-Präsident Wolfgang Angermann begrüßte in einer ersten Stellungnahme die Entscheidung des Europäischen Parlaments: "Der barrierefreie und sichere Zugang zur Umwelt ist gemäß Artikel 9 der Behindertenrechtskonvention ein Menschenrecht. Ich freue mich, dass sich das Europäische Parlament mit seinem Votum zur Behindertenrechtskonvention bekannt hat. Es beweist damit, dass es seine Verpflichtung ernst nimmt, blinden und sehbehinderten Menschen eine sichere Teilnahme am Verkehr zu ermöglichen."

Mit der Entscheidung im Europäischen Parlament wurde ein erster wichtiger Teilerfolg erzielt. Nun müssen Parlament und Rat der Europäischen Union sich auf eine gemeinsame Fassung einigen. (Quelle DBSV-Direkt)

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Reisen mit anders-sehn 2013

Erstmals bietet anders-sehn eine Tangoreise an; außerdem gibt es noch freie Plätze auf den NaturWanderreisen Hallig Hooge, Hiddensee und Südtirol und auf einigen Städtereisen, z. B. nach Dresden.

Den Katalog zum Hören oder Lesen können Sie kostenlos anfordern unter der neuen Telefonnummer 04721/699 8567 oder per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Seminar für Führhundhalter

Der Arbeitskreis Führhundhalter im BBSB lädt zu seinem Seminar für Führgespanne vom 2. bis 5. April ein. Das abwechslungsreiche Programm bietet Wissenswertes in Theorie und Praxis zu den folgenden Themen:

  • Lernmechanismen des Hundes sowie Verhalten in häuslicher Umgebung;
  • Nahzielführung: Wie bringe ich meinem Hund bei, Ziele wie z.B. "Bäcker" auf ein Hörzeichen hin anzusteuern?
  • Einführung in Maulkorbtraining: Wie wird das Anlegen eines Maulkorbs zu einem positiven Erlebnis?
  • Der älter werdende Hund: Welche Aspekte muss man in Betracht ziehen, wenn die Pensionierung des Führhundes näher rückt?
  • Erste Hilfe am Hund: Wie erkennt man Notsituationen und wie kann man den Hund erstversorgen?
  • Propriozeptionstraining: Eine Hundephysiotherapeutin führt in dieses spezielle Balancetraining ein, das zur Stärkung der gesamten Muskulatur, vor allem der Rückenmuskulatur des Hundes dient. Die Teilnehmer können unter Anleitung Übungen auf Wackelbrett oder Balancekissen mit ihren Hunden durchführen.

Gute Trainingsmöglichkeiten bietet ein Hindernisparcours, bei Problemen in der Führarbeit können die Gespanne von erfahrenen O&M-Lehrern, Führhundausbildern und Hundetrainern unterstützt werden. Es besteht die Möglichkeit, seinen Führhund von einer Hundephysiotherapeutin behandeln zu lassen, sowie in Einzelberatungen bei den Trainern individuell an Problemen zu arbeiten.

Die Teilnehmerbegrenzung liegt bei maximal 20 Gespannen.

Veranstaltungsort und Anmeldung: Aura Hotel Kur- und Begegnungszentrum Saulgrub, Alte Römerstr. 41 - 43, 82442 Saulgrub, Tel.: 08845/ 9 90. Anmeldeschluss ist der 15. März 2013.

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UN-Behindertenrechtskonvention (BRK)

Dr. Heinz Willi Bach

Konvention der Vereinten Nationen zu den Rechten behinderter Menschen

Parallelbericht wird in Kürze vollendet

In horus 2/2012 habe ich von der Gründung der BRK-Allianz berichtet. Sie hat sich zur Aufgabe gestellt, als eine Einrichtung der Zivilgesellschaft den Parallelbericht - auch Schattenbericht genannt - zum Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zu erstellen. Die Bundesrepublik hat 2009 die Behindertenrechtskonvention unterzeichnet und ratifiziert. Damit hat sie sich wie alle Vertragsstaaten verpflichtet, einen Aktionsplan und nach zwei Jahren - später alle vier Jahre - einen Staatenbericht an die Vereinten Nationen zu erstellen.

Von der Möglichkeit, einen Parallelbericht zu gestalten, haben mittlerweile 78 Behindertenverbände, -vereine und -einrichtungen Gebrauch gemacht, deren Arbeit durch die BRK-Allianz gesteuert und koordiniert wird (Genau genommen handelt es sich um deutsche Nichtregierungsorganisationen [NGOs], die sich für die volle Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Eine NGO ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht gewinnorientiert ausgerichtet und parteipolitisch unabhängig ist, sowie keinen staatlich/öffentlich-rechtlichen Status bzw. keine staatlich/öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu erfüllen hat, so 3.1 des Statuts der BRK-Allianz).

Ich darf bewundernd sagen: Diese organisatorische Mammutaufgabe ist erfolgreich geschultert worden. Insgesamt zehn Gruppen haben sich gebildet, um Teilbereiche des Berichtes zu erarbeiten. In sieben dieser Teilbereichsgruppen (TBG) sind Vertreter der Blinden- und Sehbehinderten-Selbsthilfe aktiv. Große TBG haben weitere Untergliederungen vorgenommen, wie ich es für die TBG 10, in der ich mitgearbeitet habe, exemplarisch beschrieben habe. Die Koordinierungsgruppe der BRK-Allianz fügt die Ergebnisse der TBG zum Gesamtbericht zusammen.

BRK-Parallelbericht

Seit November 2012 liegt der Gesamtbericht in der ersten Fassung vor. Insgesamt zwei Korrekturrunden werden bis Anfang 2013 durchgeführt.

Am 17. Januar 2013 wurde die Endfassung des Parallelberichtes, die zuvor den Beteiligten übersandt worden war, in einem Plenum in Berlin zur finalen Zustimmung gestellt. Ab diesem Zeitpunkt besteht die Möglichkeit zur Unterzeichnung für die Gremien der Verbände der BRK-Allianz und für andere Verbände, die den Text unterstützen möchten. Die BRK-Allianz hat, das darf ich bemerken, eine organisatorische und logistische Meisterleistung vollbracht.

Am 26. März 2013, dem vierten Jahrestag des Inkrafttretens der BRK in der Bundesrepublik Deutschland, wird die Zustimmungsrunde enden, dann erfolgt die Veröffentlichung des Parallelberichtes in der deutschen Fassung. Nach Übersetzung ins Englische wird er dem zuständigen Fachausschuss der UN zugeleitet und gemeinsam mit dem Staatenbericht behandelt.

Deutschland vor dem Menschenrechtsrat

Deutschland wird im Mai 2013 zum zweiten Mal nach 2009 vom UN-Menschenrechtsrat im Rahmen des sogenannten UPR-Verfahrens (Universal Periodic Review) auf die Umsetzung aller UN-Menschenrechtsübereinkommen hin überprüft. Auf dem Weg zur Erarbeitung des Parallelberichts hat die BRK-Allianz einen 16-seitigen Kurzbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland beim UN-Menschenrechtsrat in Genf eingereicht. Die Allianz hat sich in diesem Kurzbericht nur auf einige ausgewählte Aspekte der Umsetzung konzentrieren können, da sie eine enge Umfangsvorgabe vom Menschenrechtsrat hatte. Der Bogen der Kritik und der jeweiligen Empfehlungen der BRK-Allianz reicht dennoch vom Fehlen angemessener Vorkehrungen und mangelnder Barrierefreiheit über Betreuungsrecht, Gewalt, Zwangsbehandlungen, Assistenz, Inklusion in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt bis hin zum Ausschluss vom Wahlrecht. Eine allgemeine Einschätzung zur Umsetzung der UN-BRK und eine kritische Bewertung des Nationalen Aktionsplans sowie der fehlerhaften deutschen Übersetzung sind ebenfalls in diesem Bericht zu finden.

Das UPR-Verfahren ist nicht mit den Prüfungen durch die jeweiligen UN-Fachausschüsse zu verwechseln, die es zu jedem einzelnen Menschenrechtsübereinkommen gibt! Der Ausschuss, der zur Behindertenrechtskonvention arbeitet und für den die BRK-Allianz den Parallelbericht zum ersten Deutschen Staatenbericht erstellt, tagt derzeit zweimal im Jahr in Genf (April und September). Ein genauer Prüfungstermin für das erste Staatenberichtsverfahren für Deutschland steht jedoch noch nicht fest. Man spricht als Termin von 2014 oder 2015.

Nähere Informationen und den deutschen und englischen Text des Kurzberichts der BRK-Allianz für den Menschenrechtsrat 2013 (UPR-Verfahren) findet man unter www.brk-allianz.de

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Dr. Heinz Willi Bach

Teilhabebericht der Bundesregierung - so heißt der neue Behindertenbericht

Was ist neu? Was ist interessant?

Seit den 1980er Jahren hat jede Bundesregierung während einer Legislaturperiode die Pflicht, einen sogenannten Behindertenbericht zu erstellen und zu veröffentlichen, so ist es vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Die bisher erschienenen Berichte der Bundesregierung waren recht umfangreich und informativ, stießen jedoch auch (nicht nur) bei Betroffenen auf Kritik. Sie stellten in erster Linie die Schwerpunkte der Behindertenpolitik dar und die Leistungen der jeweiligen Bundesregierung heraus.

Deutschland hat 2009 die Übereinkunft der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen (BRK) ratifiziert und somit als völkerrechtlichen Vertrag zu deutschem Recht gemacht. Diese Konvention legt den Vertragsstaaten umfangreiche Pflichten auf, um die Menschenrechte von behinderten Menschen zu verwirklichen. Dazu ist an anderer Stelle in dieser Zeitschrift bereits ausführlich berichtet worden. Darüber hinaus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Beginn des neuen Jahrhunderts eine "Internationale Klassifikation der Körperfunktion, Behinderung und Gesundheit" verabschiedet, die Behinderung in einem ganz anderen Licht als dem überkommenen betrachtet. Während traditionell eine Behinderung vor allem als persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet wurde, dieser somit als mit Defiziten (Blindheit, Taubheit, spastische Lähmung, geistige Behinderung …) behaftet gesehen wurde, gehen ICF und BRK einen neuen Weg, der eher den Lebensrealitäten der betroffenen Menschen entspricht.

Beeinträchtigt ist man, behindert wird man

Körperliche, geistige, seelische oder Sinnesbeeinträchtigungen liegen in der Person selbst. An Aktivitäten und an Bereichen der Lebensgestaltung/Teilhabebereiche (Partizipation) behindert ist man eher selten durch diese selbst. Zumeist sind es sogenannte Kontextfaktoren, durch die man angesichts von Beeinträchtigungen behindert wird. Solche Kontextfaktoren können vor allem folgende sein:

a) die physischen Umweltbedingungen. Dies leuchtet angesichts mangelnder Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer unmittelbar ein.

b) Einstellungen, Klischees, Voreingenommenheit anderer Menschen. Durch Blindheit und Sehbehinderung beeinträchtigte Menschen z. B. erleben dies oft, indem sie von anderen einem Klischee von Hilflosigkeit ausgeliefert werden und, z.B. bei der Arbeitssuche, trotz guter Qualifikation überhaupt keine Bewährungschance erhalten (Diskriminierungen).

c) Bedingungen, die in der beeinträchtigten Person selbst liegen. Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Selbstvertrauen, Hemmungen, Einstellung zu den eigenen Beeinträchtigungen, Möglichkeiten, Chancen und Grenzen u.a.m. spielen eine Rolle. Von mir selbst und anderen sehbeeinträchtigten Menschen ist mir durchaus das Schamgefühl über die eigene Beeinträchtigung geläufig, die uns erheblich im Wege steht und vielfach Mut und Optimismus beeinträchtigt (Empowerment).

Diesen Dreiklang von Beeinträchtigung, Aktivitäten und Teilhabe an Lebensbereichen macht sich der neue Behindertenbericht der Bundesregierung zu eigen. Er trägt daher den Titel: "Teilhabe - Beeinträchtigung - Behinderung, Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen".

Die Konzeption

Bereits zu Beginn 2011 wurde eine Vorstudie erstellt, die die Möglichkeiten und Grenzen auslotete, mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Instrumenten einen solchen an Lebenslagen orientierten Bericht zu erstellen (1). Seit Herbst 2011 ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut damit beschäftigt, den Bericht auf der neuen Basis zu erstellen. Das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen interdisziplinär besetzten Wissenschaftlichen Beirat berufen, der die Erstellung des Berichtes unterstützt, kritisch begleitet und selbst Analysen und Kommentare verfasst, die Teil des Berichtes werden. Unter den acht Wissenschaftlern befinden sich drei von Beeinträchtigungen (schweren und schwersten Behinderungen) Betroffene; Dr. Swantje Köbsell, Uni Bremen, Behindertenpädagogik/Inklusive Pädagogik, Dr. Volker Sieger, Geschäftsführer des VdK-Instituts für barrierefreie Gestaltung und Mobilität in Mainz und Dr. Heinz Willi Bach, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarktpolitik, Behinderten- und Rehapolitik. Wir drei wurden auf Vorschlag des Deutschen Behindertenrates in den Beirat berufen.

Vorsitzende des Beirates ist Prof. Dr. Elisabeth Wacker, TU Dortmund, Lehrstuhl für Rehabilitationssoziologie, die übrigen Wissenschaftler sind:

Prof. Dr. Iris Beck, Uni Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Prof. Dr. Hans Förstl, TU München, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. Andreas Kruse, Ruprecht-Karls-Uni Heidelberg, Institut für Gerontologie, Prof. Dr. Eibe Riedel, Geneva Academy of International Humanitarian Law and Human Rights, Chaire Suisse de Droits Humains, Genf, und Prof. Dr. Gudrun Wansing, Uni Kassel, Institut für Sozialwesen, Fachgebiet Behinderung und Inklusion.

Bereits zu Beginn der Arbeit stellte sich heraus, dass bei der gegenwärtigen empirischen Datenlage mit diesem, dem ersten Bericht neuer Art, das Ziel, die Lebenslagen beeinträchtigter Menschen in den verschiedenen Lebens- bzw. Teilhabebereichen durch aussagekräftige Indikatoren abzubilden, nur sehr eingeschränkt erreicht werden kann. In Deutschland existieren zwar verschiedene statistische Berichtssysteme, die über spezielle Fragen von Behinderung Auskunft geben, aber nur sehr wenige, die den gestellten Anforderungen entsprechen können. Das Ziel besteht darin, die Lebenslagen von verschiedenartig beeinträchtigten Menschen differenziert darzustellen. Das bedeutet - den Einschätzungen der Betroffenen folgend - ihre Behinderungen bei verschiedenartigsten Aktivitäten und den Grad ihrer Inklusion in oder Exklusion aus Lebensbereichen darzustellen sowie ihre Stabilität und Vulnerabilität. Als Lebensbereiche werden z.B. Bildung, Arbeit und Beruf, Gesundheit, Partnerschaft und Familie, Kultur, Sport, Sicherheit, politische Teilhabe angesehen. Zum Teil ist erstaunlich, was man trotz aller Beschränkungen bereits mitteilen kann, z.B. aus dem Lebensbereich Erwerbsleben. Dennoch wird dieser Bericht lediglich ein erster Aufschlag werden auf dem Weg zu einer wirklich vielseitigen Berichterstattung über die Lebenslagen der betroffenen Menschen. Zu diesem Zweck werden die empirischen und Forschungsdefizite differenziert dargelegt. In der nächsten Legislaturperiode kann unverzüglich mit Forschungen und Befragungen eine solide Grundlage für den nächsten Teilhabebericht erarbeitet werden. Die dafür erforderliche empirische Studie zur Teilhabe wird bereits vorbereitet, das Vergabeverfahren für eine Vorstudie ist bereits eingeleitet worden.

Entstehung, Ablauf

Am bald vorliegenden Teilhabebericht wird seit Herbst 2011 mit Hochdruck gearbeitet. Auch unter einigen Nachteinsätzen haben das beauftragte Forschungsinstitut, das Ministerium und der Wissenschaftliche Beirat im November die endgültige Vorlage erstellt, die im Dezember in die sogenannte Hausabstimmung ging, in die kritische Durchsicht aller Abteilungen des BMAS. Danach hat in den letzten Tagen die Ministerin den Bericht abgenommen, nachdem sich zuvor ihre Staatssekretärin vielfach mit seinen verschiedenen Entwicklungsstadien beschäftigt hat. Im Januar/Februar wird der Teilhabebericht in die sogenannte Ressortabstimmung gehen, er wird von allen übrigen Bundesministerien gegengelesen. Die Ausführungen des Wissenschaftlichen Beirates sind allerdings nicht Gegenstand der verschiedenen Abstimmungsprozesse. In der Fassung, die der Teilhabebericht dann haben wird, wird er zur Kabinettsvorlage und nach Billigung durch das Bundeskabinett dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Damit ist er als Bundestags-Drucksache veröffentlicht.

Bis zu diesem Zeitpunkt sind alle Beteiligten, also auch die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats, zur Diskretion verpflichtet. In der nächsten Ausgabe des horus kann ich Näheres über wichtige Ergebnisse des neuen Teilhabeberichtes der Bundesregierung ausführen.

Ich setze mich dafür ein, dass der Bericht für blinde und sehbehinderte Menschen auch hinsichtlich Tabellen und Abbildungen zugänglich und barrierefrei gestaltet wird, und dass er zusätzlich zur broschierten Ausgabe in verschiedenen barrierefreien Versionen zur Verfügung gestellt wird. Dazu zählen neben einer Kurzfassung in sogenannter "einfacher Sprache" eine barrierefreie PDF-Fassung, eine Fassung in Word sowie eine akustische Ausgabe.

Anmerkung

(1) Vgl. Hornberg, Claudia et al. (2011): Endbericht "Vorstudie zur Neukonzeption des Behindertenberichtes", Bielefeld, Bochum,Frankfurt a. M.

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Barrierefreiheit und Mobilität

Franziska Engesser

Nervig oder nützlich? Meine Sicht auf den Unterricht in "Orientierung & Mobilität"

Ich bin 18 Jahre alt und konnte noch nie sehen. Aber eine ganz neue Sicht auf meine Situation dämmerte mir, als ich vor einem Jahr zum Besuch der "Fachoberschule Sozialwesen" an die blista kam. Die Aussicht auf ein sechsmonatiges Praktikum nach dem ersten halben Jahr bestimmte mein schulisches Dasein. Gelandet war ich in der allerentlegensten Wohngruppe, die die blista zu bieten hat, in der Gisselberger Straße 21.

Bis dahin war mir noch nicht bewusst, wie immobil und abhängig ich eigentlich war. Fahrdienst zur Schule, Fahrdienst nach Hause, Fahrdienst ins Kino, immer war ich auf diesen Hilfsdienst angewiesen, und alle anderen Schüler gingen mühelos irgendwohin. Im Internat war es unbeschreiblich schön. Ich fühlte mich gleich zu Hause. Die Klasse war lustig, aber dazwischen fehlte der freie Auslauf. Nun stand Unterricht in "Orientierung & Mobilität" (O&M) auf dem Programm: Schulgebäude, Stockhaltung, Pendeltechnik, Gangrhythmus, räumliche Körperwahrnehmung, Schulgelände, taktile Pläne, noch mehr Grundkenntnisse - ich dachte, ich dreh' durch!

Zu Beginn des Unterrichts habe ich es noch nicht so wirklich begriffen, warum, wofür und wie wichtig dieser Unterricht ist. Ich wollte sogar weniger Stunden absolvieren, da ich kaum Freizeit und Zeit für mich selbst hatte. Zum Glück hat meine Trainerin Nadine Schmitz das nicht zugelassen, und wir haben unser Programm streng weiter durchgezogen. Später hat es dann plötzlich "klick" gemacht, ich merkte, wie meine Eigenständigkeit und mein Selbstbewusstsein wuchsen, und ich wusste nun, wie wichtig und unverzichtbar der Unterricht in "Orientierung & Mobilität" ist. Danke, Nadine!

Mein Praktikum habe ich in einer Blindeneinrichtung gemacht. Dort wurde ich im Schulbetrieb eingesetzt. Und ausgerechnet ich, die ich in Marburg eher mit vergleichsweise großen Schwierigkeiten in der Mobilität kämpfen musste, habe mir in der Arbeit nach und nach den Schwerpunkt gesucht, bei den mir anvertrauten Kindern auf Mobilität und lebenspraktische Fähigkeiten (LPF) zu achten. LPF hatte mir zuvor meine Familie schon früh abverlangt.

Über die Unterstützung meiner Kollegen im Grundschulunterricht in Musik, Punktschrift, Textverarbeitung, Deutsch, Mathematik und die Hausaufgabenbetreuung hinaus habe ich mir nämlich weitere Betätigungsfelder gesucht. Mit einem Mädchen, das sehr große Orientierungsprobleme hatte, habe ich wochenlang Raumerkundungen geübt. Angestoßen dadurch, dass ich diese Erkundungen zunächst selbst brauchte und in Marburg selbst erst kürzlich erlernt hatte, habe ich sie für meine Arbeit verwertet. Ich habe Pläne und Modelle von Klassenzimmern gebastelt, meine anleitende Lehrerin war begeistert.

Mein Praktikumsprojekt stand eigentlich schon nach ein paar Wochen fest, als ich immer häufiger bemerkte, wie Schüler in Panik verfielen, wenn ihre Freunde nicht bei ihnen waren und sie allein die Schule finden mussten. Andere Kinder hatten Schwierigkeiten beim Essen oder Ankleiden, und auch dort fehlte es an Übung. In diese Richtung lenkte ich mein in der Fachoberschule verlangtes Projekt. Mir tut es richtig weh, wenn ich andere Menschen so hilflos erlebe. Ich hatte ja selbst die "besten" Erfahrungen damit gemacht.

Ich habe ein Projekt zu Alltagsfertigkeiten vorbereitet. Knöpfe schließen, Schleifen binden, T-Shirts falten, zweiteilige Reißverschlüsse zusammenführen, Münzen sortieren und Orientierung im Speisesaal waren die Aktivitäten, die ich mit einzelnen Kindern durchführte. Darüber hinaus war ich an der Förderplanung eines Schülers beteiligt und auch an der Elternarbeit. An meinem Infostand am Elterntag führte eine Schülerin stolz das Gelernte vor.

Ich bin meiner Praktikumsstelle sehr dankbar dafür, dass ich als blinde Praktikantin so vieles ausprobieren durfte und dass meine Schwerpunktsetzung willkommen war.

Inzwischen bin ich in meinem Fachabitur-Jahr, muss daher viel für die Schule lernen und setze mein Orientierungs- und Mobilitätstraining hoch motiviert fort, weil ich endlich begriffen habe, dass "O&M" nicht nur ein Training mit Langstock und den verbliebenen Sinnen ist. Es bietet viel mehr. Wenn man verstanden hat, um was es in diesem Unterricht geht, hat man ihn bekommen: den kostbaren Schlüssel, der einem die Tür zur Unabhängigkeit und Selbstständigkeit öffnet.

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Aus der Arbeit des DVBS

Christina Muth

Chinesische Delegation zu Gast in Marburg

Weit gereiste Gäste besuchten im November 2012 die DVBS-Geschäftsstelle in Marburg: Zu Gast war eine sechsköpfige Delegation aus der 28-Millionen-Einwohner-Stadt Chongqing, China. Bereits im Sommer ging in der Geschäftsstelle die erste Kontaktanfrage ein - doch dann herrschte eine lange Zeit "Funkstille", und so richtig wollte niemand mehr an einen Besuch aus China glauben.

Im Oktober wurde es "ernst", und nach vielen Telefonaten und E-Mails war klar: Die Delegation wird im November kommen. Ziel des Besuchs sollte es sein, einen Überblick über die berufliche Situation blinder und sehbehinderter Menschen in Deutschland zu bekommen und darüber hinaus, zu erfahren, wie Menschen mit Behinderungen in weiteren Lebensbereichen unterstützt werden. Die Vertreter der Delegation aus Chongqing sind in Behindertenverbänden verschiedener chinesischer Regionen tätig. Peng Meiyun, Leiter der Delegation, ist Vizepräsident des Behindertenverbandes von Chongqing.

Am 19. November 2012 war es schließlich so weit: In chinesischer Schrift wurden die Gäste im Seminarraum willkommen geheißen, und die Beschriftung der Getränke, ebenfalls in chinesischen Schriftzeichen, stieß sofort auf Begeisterung. DVBS-Geschäftsführer Michael Herbst und Pressesprecherin Christina Muth erklärten gemeinsam die Aufgaben und Leistungen des Vereins - simultan übersetzt von Dolmetscher Oliver. Herbst berichtete aus der Praxis und erläuterte den Besuchern, dass es in Deutschland spezielle Schulen für Blinde und Sehbehinderte gibt und dass ein Studium an einer allgemeinen Universität mit Hilfsmitteln und Assistenz bewältigt werden kann.

Schnell wurde im Verlauf des Gespräches klar, dass es gravierende Unterschiede zwischen Deutschland und China gibt, was das Blinden- und Sehbehindertenwesen betrifft. Die Möglichkeiten der nichtstaatlichen Unterstützung für Behinderte, wie sie etwa der DVBS bietet, stießen bei den Gästen aus China auf Verwunderung - kennen sie doch ausschließlich das System des kommunistischen Staates.

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International Computer-Camp ICC 2013 für sehgeschädigte Jugendliche

Der DVBS lädt blinde und sehbehinderte Jugendliche von 16 bis 20 Jahren zum "19th International Camp on Communication & Computers (ICC)" ein. Die bundesweit aktive Selbsthilfeorganisation hat die nationale Koordination dieses einzigartigen europaweiten Programms vom Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie übernommen.

Zusammen mit Gleichaltrigen aus bis zu 30 Ländern lernen Sehgeschädigte neue Informationstechnologien, blinden- und sehbehindertenspezifische Geräte und alles, was mit Zugänglichkeit zusammenhängt, kennen. Darüber hinaus widmen sich weitere Workshops der Verbesserung der eigenen Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten, eröffnen internationale und interkulturelle Erfahrungen und geben Studien- und Berufsperspektiven. Campsprache ist Englisch.(siehe: www.icc-camp.info)

Das ICC 2013 findet vom 15. bis 22. Juli 2013 in Telc in der Tschechischen Republik statt. Telc liegt im Dreieck zwischen Brünn, Prag und Wien und steht seit 1992 auf der UNESCO-Liste. Der Veranstaltungsort ist ein 2011 völlig renoviertes ehemaliges Jesuitenkolleg und ist Weiterbildungszentrum der Masaryk-Universität in Brünn.

Bewerben können sich Sehgeschädigte im Alter von 16 bis 20 Jahren. Pro Land werden sechs Teilnehmer zugelassen. Die Zulassung erfolgt nach Eingang der Bewerbungen. Die Teilnehmergebühr beträgt 400 Euro und umfasst Unterkunft, Verpflegung und das gesamte Workshop- und Freizeitangebot. Nicht enthalten sind An- und Abreise. Der DVBS ist Dank der freundlichen Unterstützung der Reinhard Frank-Stiftung Hamburg im Bedarfsfall in der Lage, finanzielle Unterstützung zu leisten.

Nähere Informationen zum ICC 2013 können bei Joachim Klaus, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, oder Tel.: 0049 171-366 83 10 eingeholt werden.

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Klaus Sommer

"Vom Wort zum Sinn zur Kraft zur Tat" - der Arbeitsausschuss des DVBS tagte in Marburg

Am 24. November 2012 traf sich der Arbeitsausschuss (AA) zu seiner jährlichen Sitzung in Marburg. Klaus Sommer, Leiter des Gremiums, begrüßte 24 Stimmberechtigte Bezirks- und Fachgruppenleiter/innen. Außerdem wohnten zahlreiche Gäste, die am Tag zuvor das Kennenlernenseminar "DVBS hautnah" besucht hatten, der Sitzung bei. Die Deutsche Blindenstudienanstalt (blista) stellte für die Tagung wieder ihren Bielschowsky-Konferenzraum zur Verfügung.

Der Vereinsvorsitzende Uwe Boysen stellte den Tätigkeitsbericht 2012 des Vorstandes unter das obige Goethe-Zitat aus dem "Faust". Dann trugen die fünf Vorständler aus ihren jeweiligen Arbeitsschwerpunkten vor, die hier allerdings nur schlaglichtartig wiedergegeben werden können.

Arbeit und Beruf. Im Frühjahr 2013 soll der "Teilhabebericht" der Bundesregierung erscheinen. Im "Teilhabebericht" wird nicht mehr von behinderten, sondern von beeinträchtigten Menschen die Rede sein, die auf Grund ihrer Beeinträchtigung gesellschaftlich behindert werden. Die "BRK-Allianz" (bestehend aus 75 Behindertenselbsthilfeorganisationen) erarbeitet einen "Schattenbericht" zum Staatenbericht Deutschlands über die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (BRK).

Rechts- und sozialpolitische Entwicklungen. Auf dem Themenfeld "E-Justice" und "E-Government" kämpfen DVBSler um die Berücksichtigung der Barrierefreiheit, damit sehgeschädigte Berufstätige hier nicht ins Abseits geraten.

Das "Forum behinderter Juristinnen und Juristen" hat den Entwurf eines Gesetzes zur sozialen Teilhabe (GST) erarbeitet. Mit der Umsetzung des GST und der Reform der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII ist jedoch frühestens in der nächsten Wahlperiode des Deutschen Bundestages zu rechnen.

Innerverbandliche Gremienarbeit. Im Berichtszeitraum beschäftigte sich der Vorstand auch intensiv mit dem Thema Datenschutz, nachdem dies der Arbeitsausschuss 2011 auf seiner Sitzung problematisiert hatte. Nach einhelliger Meinung darf der Datenschutz die Selbsthilfearbeit des Vereins nicht beeinträchtigen. Gleichwohl ist der DVBS bestrebt, im Rahmen seiner Möglichkeiten den formalen Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes nachzukommen.

Ebenfalls einer Empfehlung des AA folgend, wird der Vorstand im Jahr 2013 erstmals eine Ehrenamtlerschulung anbieten.

Zur Beantwortung der Frage, "braucht der DVBS eine Reform seiner jetzigen Bezirksgruppenstruktur", hatte der AA im Jahre 2011 eine Kommission gebildet. Sie sprach nun folgende Empfehlungen aus:

  • Vorrangig sollte in jedem Bundesland eine Bezirksgruppe (BG) gebildet werden, damit der DVBS im Rahmen seines Vertretungsanspruchs auch auf Landesebene jederzeit mit einer Stimme zu aktuellen Themen präsent sein kann. Gleichwohl sollte eine BG eine Mindestgröße von ca. 15 bis 20 Mitgliedern umfassen. Dort, wo sich wegen der Flächengröße eines Bundeslandes zwei BG etabliert und bewährt haben, oder dort, wo wegen der geringen Mitgliederzahl in einem Bundesland eine BG sich über zwei Länder erstreckt, soll dies toleriert werden.
  • In der Geschäftsstelle sollte eine "Coachingstelle" etabliert werden, die für eine enge Verzahnung der Zusammenarbeit zwischen Vorstand und den BG-Leitungen da ist. Ein rascher und aktueller Informationsaustausch sowie ein koordiniertes Handeln in gegebener Situation sollen durch diese Stelle gesichert werden.
  • In jeder BG soll eine Mailingliste eingerichtet werden.
  • In der Geschäftsstelle sollte ein Anrufbeantworter eingerichtet werden, bei dem die in den einzelnen BG aktuell anstehenden Veranstaltungen und Aktivitäten abgefragt werden können. So kann auch eine BG-übergreifende Teilnahme von Mitgliedern befördert werden.
  • Für die BG-Leitungen sollten geeignete Fort- und Weiterbildungen angeboten werden.

Auf Antrag beschloss der AA ab Januar 2013 die Zusammenführung der bisherigen BG Baden und Württemberg zu einer BG Baden-Württemberg. Außerdem beschloss der AA, dass die Fachgruppe "Verwaltung - für mittlere und gehobene Berufe" künftig den Namen "Fachgruppe Verwaltung" führt.

Vereinskommunikation, Medienfragen.

Andrea Katemann ist seit September 2012 mit im Vorstand von MEDIBUS.

Der vom AA angeregte DVBS-Auftritt auf Facebook wird vom Vorstand vorbereitet.

Der Relaunch der Homepage wurde interessanter, intuitiver und interaktiver gestaltet. Die Inhalte werden vermehrt durch Bilder und graphische Elemente aufgelockert.

Die Geschäftsstelle hat einen Ehrenamtlerleitfaden auf CD-ROM herausgebracht. Dieses Medium wird künftig an alle neuen Funktionsträger versandt.

Gemeinschaftsstiftung für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf.

Das Stiftungskapital beläuft sich inzwischen auf 1,42 Mio. Euro und zusätzlich 64.000 € an Werterhaltungsrücklagen. Im Jahre 2011 erhielt der Verein 35.000 € auf der Stiftung.

Haushaltsangelegenheiten.

Der 2013er Haushaltsplan beläuft sich in Einnahmen und Ausgaben auf 1.340.400 €. Dabei sind Rücklagenentnahmen von 12.000 € geplant.

Arbeitsausschuss unter neuer Leitung.

Das bisherige Leitungsteam aus Ria Becker, Dr. Michael Richter und Klaus Sommer stand für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung. Das Gremium wählte in die neue Leitung als Leiter Reiner Spring aus Erfurt, und zu seinen Stellvertretern Norbert Bongartz aus Ludwigshafen und Dr. Johannes-Jürgen Meister aus Freising.

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Mitgliedsbeitragsermäßigung: Beantragungsfrist endet!

Der Antrag auf Ermäßigung des DVBS-Mitgliedsbeitrages für das Jahr 2013 muss bis spätestens 28. Februar 2013 formlos schriftlich, per Fax oder per E-Mail (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) in der Geschäftsstelle eingegangen sein. Fristgerechte Anträge werden bestätigt und die Mitgliedsdaten in der Datenbank angepasst. Die Bestätigung, und ausschließlich sie, gilt als Nachweis gegenüber dem Verein. Anträge, die nicht fristgerecht bei uns eintreffen, können nachträglich leider nicht mehr genehmigt werden. Mitglieder, denen im vergangenen Jahr eine Ermäßigung bis auf Widerruf gewährt wurde (z.B. Mitglieder, die im Ausland leben, oder Ruheständler, die eine Beitragsermäßigung beantragen), sind von der jährlichen Antragstellung ausgenommen. Auskunft erteilt Stefanie Görge, Tel.: 06421 94 888-16, montags bis freitags, von 8 bis 12 Uhr, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Michael Herbst

Rechtsberatung binnen zwei Tagen

Ein neues System soll DVBS-Mitgliedern helfen, schnell Rechtsrat zu bekommen. Ab sofort können Sie sich in der DVBS-Geschäftsstelle melden. Dort geben Sie an, um welche Rechtsangelegenheit es geht und wie Sie binnen der nächsten zwei Tage telefonisch und ggf. per E-Mail zu erreichen sind. Die Anfrage wird an die "Rechte behinderter Menschen (RbM) gGmbH" weitergeleitet, die sich mit Ihnen in Verbindung setzt.

Mit dieser Neuerung reagiert der DVBS nicht zuletzt auf Rückmeldungen von Mitgliedern, die zu den Sprechzeiten bei der RbM telefonisch nicht durchkommen. Die RbM-Rechtsdienstleistungen sind gefragter denn je. Von deren hoher Qualität können die DVBS-Mitglieder aber nur profitieren, wenn diese tatsächlich auch zugänglich sind. Schließlich sind die Mitglieder seit langem daran gewohnt, in sozial- und verwaltungsrechtlichen Fragen, die im Zusammenhang mit der Sehbeeinträchtigung stehen, beraten und - wo nötig - auch vertreten zu werden.

Natürlich steht das Rechtsberatungsangebot auch jenen Betroffenen zur Verfügung, die beim DVBS als "Nichtmitglieder" z.B. zu Bildungs- und Berufsperspektiven beraten werden. Um auch in den Genuss einer Rechtsvertretung zu kommen, ist die DVBS-Mitgliedschaft weiterhin Voraussetzung. Der Verein schloss mit der RbM einen Dienstleistungsvertrag, der womöglich pionierhaft für die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe sein wird. Natürlich bedeutet das, der DVBS muss Geld in die Hand nehmen. Natürlich kommt ein wenig Mehrarbeit auf das Geschäftsstellenteam zu. Doch die Verantwortlichen sehen vor allem die Vorteile: Schnelle Verfügbarkeit, den Überblick über das Arbeitsaufkommen und ein Beitrag zur Sicherstellung der Arbeit der RbM als Dienstleister. Also: Bei Anruf Rat!

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Terminvorschau

Seminartermine 2013:

28. Februar bis 3. März: Seminar "Nicht sehend - nicht blind" der FG Sehbehindertein Herrenberg

22. bis 24. März: Seminar der Fachgruppe Ausbildung: Workshop zur Auszeichnungssprache LaTeXin Marburg

19. bis 21. April: Seminar der Fachgruppe Verwaltungin Erfurt

14. bis 16. Juni: Qi Gong und Selbstverteidigung, fachgruppenübergreifendes Seminarin Marburg

25. bis 28. Juli: Fortbildungsseminar der FG Wirtschaft, Reden und Präsentieren vor großen und kleinen Gruppen,in Herrenberg

6. bis 8. September: Energydance, fachgruppenübergreifendes Seminarin Hannover

20. bis 22. September: Fortbildungsseminar der FG Jura in Kassel

27. bis 29. September: Bundesweites Treffen Studierender der Fachgruppe Ausbildung in Bad Homburg

7. bis 14. Oktober: Seminar der Gruppe Ruhestand in Timmendorfer Strand

11. bis 13. Oktober: Psychodrama-Selbsterfahrungsseminar (fachgruppenübergreifend) in Saulgrub

18. bis 20. Oktober: Fortbildungsseminar der FG Soziale Berufe und Psychologie in Hünfeld/Hessen

24. bis 27. Oktober: Fortbildungsseminar der FG Wirtschaft, Zeit- und Selbstmanagement, in Herrenberg

22. bis 24. November: Fortbildungsseminar für Ehrenamtliche im DVBS in Marburg

Weitere Informationen zu den Terminen finden Sie unter www.dvbs-online.de/php/aktuell.php

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Aus der blista

Thorsten Büchner

"Der literarische Kaufmann"- blista-Vorstand Arno Kraußmann verabschiedet sich

Nach zehn Jahren geht blista-Vorstandsmitglied Arno Kraußmann in den Ruhestand. Als Verantwortlicher für die Bereiche "Finanzen" und "Bauen" hat er in dieser Zeit maßgeblich an der positiven Entwicklung der blista mitgewirkt. Verwaltungsrat, Vorstand und Kollegen dankten ihm in einer kleinen Feierstunde für sein Engagement und die geleistete Arbeit. Mehrere Redner betonten die positive Rolle, die Kraußmann während der Umbruchphase in der medialen Versorgung - weg von der Kassette, hin zur digitalen Hörbuchproduktion - gespielt hat. blista-Direktor Claus Duncker hob das vertrauensvolle Miteinander hervor und bedankte sich für die konstruktive und zuverlässige Art, in der Kraußmann sein Amt ausgeübt habe. Besonders habe er den Humor und seine Literaturleidenschaft schätzen gelernt. "Deine Lektüretipps haben immer einen Platz in meinem Urlaubsgepäck gefunden und waren immer absolute Volltreffer", beschreibt Duncker eine Qualität Kraußmanns, die nichts mit Neubauten oder Wirtschaftsplänen zu tun hat. Schulleiter Jochen Lembke hob besonders den stets von Ironie und Augenzwinkern begleiteten, aber immer kollegialen und fairen Kommunikationsstil von Kraußmann hervor. Er verbinde den "Habitus eines anti-autoritären Ökolinken mit der strukturierten, verlässlichen Art eines Kaufmannes", so der Schulleiter. Für die Belegschaft bedankte sich Manfred Duensing bei Kraußmann für die Art und Weise, in der Kraußmann den nicht immer einfachen Umstrukturierungsprozess innerhalb der DBB angegangen ist, immer darauf bedacht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen und sie nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Und wie sieht Arno Kraußmann selbst seine Zeit an der blista?

Hier seine persönliche Bilanz:

"Nur zehn Jahre ist es her, dass ich als kaufmännischer Geschäftsführer an die blista kam. Das war eine Entscheidung, die ich nie bereut habe. Bis dahin war ich beim Paritätischen Landesverband Thüringen. Als eingeborener Hinterländer kannte ich natürlich die blista und auch Marburg als die "Stadt der Blinden". Mit Sehbehinderung allerdings hatte ich in meiner Arbeit bis dahin nichts zu tun, trotz einer "Grundausbildung" als Lehrer vor ewigen Zeiten. Und mittlerweile bin ich sehr froh darüber, mich gerade auf diesem Feld im letzten Abschnitt meiner beruflichen Biografie getummelt zu haben. Mehr als jemals zuvor habe ich hier eine Aufgabenvielfalt vorgefunden, die das persönliche Engagement geradezu anstachelt. Und ich habe eine große Zahl beeindruckender Menschen - mit und ohne Behinderung - kennen gelernt, denen ich mannigfaltige Erkenntnisse verdanke und deren Einsatz und Wirken höchst eindrucksvoll ist. Gerade das selbstverständliche Neben- und Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung führt zu einem bisher nicht gekannten Maß an Normalität im täglichen Umgang. Meine Aufgabe war es also, mich mit Fragen der Wirtschaft und Verwaltung zu befassen. Als Bonbon kam hinzu, mich kommissarisch um die Blindenbibliotheken zu kümmern, deren Leitungsstelle soeben vakant geworden war. Das vor allem war Terra incognita für mich und von daher eine höchst reizvolle Herausforderung.

Die blista hat sich in den zehn Jahren weiterentwickelt und befindet sich auf einem materiell und fachlich außergewöhnlich hohen Niveau. Ich will mich allerdings nicht mit reichlich fremden Federn schmücken, denn das, was in diesen zehn Jahren erreicht werden konnte, geht auf den Ideenreichtum und die Einsatzfreude von 400 Menschen zurück, die bei zahllosen Gelegenheiten zeigen, dass ihnen die blista ein durchaus persönliches Anliegen ist. In einer kleinen Feierstunde hatte ich Gelegenheit, mich von allen blistanern zu verabschieden. Und eins ist sicher: Ich werde dieser wunderbaren Einrichtung - hoffentlich - noch lange Zeit ehrenamtlich zur Verfügung stehen."

Seit November 2011 ist Arno Kraußmann Schatzmeister des Vereines der "Freunde und Förderer der Carl-Strehl-Schule" und engagiert sich so weiterhin für die Arbeit der blista. Mit seiner literarischen Leidenschaft - er ist seit Jahrzehnten mit einer Buchhändlerin verheiratet und hat so immer 10 bis 15 Bücher auf dem Nachttisch - bleibt Arno Kraußmann erfreulicherweise der Redaktion des "Kopfhörers", dem Hörmagazin der DBB, erhalten. Mittlerweile ist Kraußmann auch als Hörbuchsprecher in der DBH tätig und erweckt mit seiner prägnanten Stimme Romane und Sachbücher zum Leben. Außerhalb der blista engagiert er sich als Vorsitzender eines Kulturvereins in seinem Heimatort im Marburger Hinterland. So wird Arno Kraußmann auch weiterhin viele unterschiedliche Tätigkeiten ausüben, genauso wie er es in den zehn Jahren blista-Zugehörigkeit getan hat.

Dazu wünschen wir ihm alles Gute und weiterhin so viel Energie wie bisher!

 

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Rudi Ullrich

164 Jahre Engagement für die blista - Staffelübergabe im Verwaltungsrat der Deutschen Blindenstudienanstalt

Am 3. November fand die Mitgliederversammlung 2012 der blista in den Räumen des neuen Oberstufengebäudes statt. Turnusmäßig stand, wie alle vier Jahre, die Wahl des Verwaltungsrates auf der Tagesordnung. Doch die diesjährige Wahl war alles andere als Routine, hatten doch langjährige und hochverdiente Mitglieder des siebenköpfigen Aufsichtsgremiums bereits seit längerem angekündigt, aus Altersgründen ihren Sitz zur Verfügung zu stellen, um jüngeren Vereinsmitgliedern Platz zu machen. Im Protokoll liest sich das dann ganz nüchtern etwa so: Wiedergewählt wurden Andreas Bethke, Dr. Michael Richter und Manfred Scharbach. Neu im Verwaltungsrat sind: Uwe Boysen, Bernd Höhmann, Hans-Werner Lange und Reinhard Zimmermann, Christa Schmidt, Dr. Otto Hauck, Hubertus Ellerhusen und Paul Marx standen nicht mehr zur Wahl. Doch ganz so nüchtern, da waren sich die Vereinsmitglieder und der Vorstand einig, durfte man mit dem Ausscheiden dieser verdienten Persönlichkeiten nicht umgehen. Ihnen zu Ehren gab es daher im Anschluss an die Mitgliederversammlung einen kleinen Empfang, an dem neben den Vereinsmitgliedern, leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der blista unter anderem auch Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel teilnahm.

Bereits bei der Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden Claus Duncker, der zur Vorbereitung seiner Ansprache Schüler- und Mitarbeiterakten gewälzt sowie Vorstands- und Verwaltungsratsprotokolle studiert hatte, wurde deutlich, dass es sich wirklich um ein Ereignis mit historischen Ausmaßen handelte. 164 Jahre Verbundenheit und Engagement galt es zu würdigen, so hatte Duncker ausgerechnet.

Die scheidenden Verwaltungsratsmitglieder hätten in ihrer jetzigen Funktion im Verwaltungsrat oder früheren Funktion im Vorstand die Geschicke der blista zum Teil über Jahrzehnte gelenkt und sich große Verdienste beim Erhalt und der Weiterentwicklung der Einrichtung erworben. "164 Jahre Engagement für eine gerechtere Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen an der Gesellschaft. Dafür möchten wir uns heute bei Ihnen, Frau Schmidt, Herr Dr. Hauck, Herr Ellerhusen, Herr Marx und Herr Kraußmann bedanken", so Duncker. Diese Zeit sei wie so vieles im Leben manchmal recht stürmisch gewesen. "Ob aber gutes oder schlechtes Wetter, Sie haben das Schiff blista immer sicher geführt. Und wenn Sie jetzt Ihren persönlichen Hafen angelaufen haben, so können Sie stolz auf die durch Sie geleistete Arbeit blicken. Die Nachfrage nach unserer schulischen Qualifikation ist ungebrochen. In der Rehabilitation und in der Versorgung blinder und sehbehinderter Menschen sind wir in Europa mit führend. Finanziell hat die blista sich gut konsolidiert, so dass wir aktiv die Zukunft der blista gestalten können. Sie verlassen Ihre verantwortungsvollen Positionen und übergeben uns die blista ,im besten Zustand". Dass wir Ihre Arbeit auch in Ihrem Sinne weiterführen, darauf werden Sie sicherlich auch zukünftig achten. Denn Sie werden der blista in der einen oder anderen Aufgabe treu bleiben. Im Namen des Vereins möchte ich mich für Ihr großes persönliches Engagement und Ihre geleistete Arbeit sehr herzlich bedanken. Erlauben Sie mir aber an dieser Stelle auch einen persönlichen Dank. Einen Dank für die sehr gute Zusammenarbeit, für das kollegiale bis herzliche Umgehen miteinander. Konflikte, wenn es sie überhaupt gab, haben wir immer kollegial und sachbezogen ausgetragen."

Auch aus den Worten von Manfred Scharbach, der im Namen der drei verbliebenen Verwaltungsratsmitglieder dankte, wurde deutlich, dass die Zusammenarbeit nicht nur wegen der hohen Fachlichkeit, sondern auch wegen der kollegialen Grundstimmung besonders effektiv und befriedigend war. "Ihr habt uns Jüngere von Anfang an ernst genommen und wir durften von Eurem immensen Wissen und der Erfahrung der ,Alten Hasen" profitieren. Das war für uns eine große Ehre", so Scharbach.

In einer gemeinsamen Talkrunde unter der Moderation von Andreas Bethke konnten die Gäste dann noch einmal eine kleine Zeitreise von den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis heute unternehmen. Im Zeitraffer wurden 164 Jahre voller Bilder und Anekdoten lebendig. So unterschiedlich die Erfahrungen jedes Einzelnen auch sind, eines hatten alle Berichte und Antworten gemeinsam: Man spürte die tiefe Verbundenheit und dass die blista jedem ans Herz gewachsen ist. Mehr noch: Die blista ist ein Teil ihres Lebens geworden. Umso verständlicher ist es, dass alle zum Ausdruck brachten, dass sie sich aus Vernunftgründen zur Aufgabe ihrer Ämter entschieden hätten, dass dies aber keineswegs ein Abschied von der blista sei.

Auch die horus-Redaktion sagt ein herzliches Dankeschön!

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"Wegweiser durch die digitale Welt" jetzt auch als Hörbuch für blinde und sehbehinderte Menschen

Die von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) herausgegebene Broschüre "Wegweiser durch die digitale Welt für ältere Bürgerinnen und Bürger" ist jetzt auch als Hörbuch für blinde und sehbehinderte Menschen erschienen. Freundschaften pflegen, Einkäufe tätigen, Behörden kontaktieren - das Hörbuch und die Broschüre bieten besonders älteren Menschen wertvolle Ratschläge zum sicheren Surfen im Internet und erläutern die Chancen und Risiken des World Wide Web. Aber auch junge Internetnutzer dürften zahlreiche nützliche Tipps finden.

Mit Unterstützung des Bundesverbraucherministeriums konnte die BAGSO die Informationen in Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) nun auch für blinde und sehbehinderte Menschen als Hörfassung aufbereiten. Die CD mit Hinweisen zur barrierefreien Internetnutzung wurde im DAISY-Format erstellt. Mit einem entsprechenden Abspielgerät kann man im Text navigieren. Auch mit gängigen CD-Playern lässt sich die CD anhören, sofern die Player MP3-fähig sind.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts leiden sechs Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre unter großen Sehschwierigkeiten oder vollständigem Sehverlust. Mit steigender Lebenserwartung nimmt die Anzahl altersbedingter Augenerkrankungen zu. Gerade für Menschen mit wenig oder ohne Sehvermögen bietet das Internet neue Informations- und Kommunikationswege. So können etwa Nachrichten vergrößert am Monitor gelesen werden statt kleingedruckt in Zeitungen. Webinhalte können mithilfe eines "Screenreaders" vorgelesen werden. Auf diese Weise kann das Internet mit seinen Informationen und Ratschlägen zu Gesundheit, barrierefreiem Reisen, zum Einkauf oder zu Bankgeschäften für Personen mit eingeschränktem Sehvermögen ein lohnender Ort für die Recherche und ein hilfreiches Instrument werden, den Lebensalltag zu erleichtern.

Das Hörbuch "Wegweiser durch die digitale Welt für ältere Bürgerinnen und Bürger" kann kostenfrei als CD kostenfrei bei den Kooperationspartnern bestellt oder heruntergeladen werden:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO), Bonngasse 10, 53111 Bonn, Tel.: 02 28 / 24 99 93-0, Fax: 02 28 / 24 99 93-20, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.bagso.de

Deutsche Blindenstudienanstalt e. V. (blista), Am Schlag 8/10, 35037 Marburg, Tel.: 0 64 21 / 60 60, Fax: 0 64 21 / 60 62 29, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.blista.de

Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV), Rungestraße 19, 10179 Berlin, Tel.: 0 30 / 28 53 87-0, Fax: 0 30 / 28 53 87-200, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.senioren.dbsv.org

Die Printversion der Broschüre "Wegweiser durch die digitale Welt" - ohne den Spezialteil für blinde und sehbehinderte Personen - kann zudem bestellt werden beim: Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 48 10 09, 18132 Rostock, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, oder telefonisch unter der Rufnummer 0 18 05 / 77 80 90, (0,14 €/Min, abweichende Preise aus den Mobilfunknetzen möglich)

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Impressum

Herausgeber:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion:

DVBS (Uwe Boysen, Michael Herbst, Andrea Katemann und Christina Muth) und blista (Isabella Brawata, Thorsten Büchner, Rudi Ullrich und Marika Winkel)

Koordination:

Christina Muth, Geschäftsstelle des DVBS, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon: 06421 94888-13, Fax: 06421 94888-10, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.):

Michael Herbst (DVBS) und Rudi Ullrich (blista)

Erscheinungsweise:

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und auf einer CD-ROM, die die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version und die Braille-, RTF- und PDF-Dateien enthält.

Jahresbezugspreis:

22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe, 35 Euro für alle übrigen Ausgaben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonten des DVBS:

Sparkasse Marburg-Biedenkopf (BLZ 533 500 00), Konto 280

Commerzbank AG Marburg (BLZ 533 400 24), Konto 3 922 945

Postbank Frankfurt (BLZ 500 100 60), Konto 149 949 607

Verlag:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg, ISSN 0724-7389, Jahrgang 75

  • Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg
  • Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg
  • Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Titelbild:

Technische Revolution - mittendrin, außen vor oder wo sonst? Foto: Christina Muth

Nächste Ausgabe (horus 2/2013):

Schwerpunktthema: Tour de Kultur

Erscheinungstermin: 3. Februar 2013

Anzeigenannahmeschluss: 3. Mai 2013

Redaktionsschluss: 9. April 2013

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Die BAGSO-Nachrichten, die Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen für Aktive in Seniorenarbeit und Seniorenpolitik erscheinen vierteljährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema und aktuellen Informationen zu: Seniorenpolitik und Seniorenarbeit, Gesundheit und Pflege, Technik und Internet, Verbraucherfragen, Finanzen …

Sie können die BAGSO-Nachrichten abonnieren - für 16 €/Jahr inklusive Versand, Mitglieder eines BAGSO-Verbandes zahlen nur 12 €/Jahr.

Wir senden Ihnen gern ein Probeheft oder ein Abonnement-Formular zu.

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), Bonngasse 10, 53111 Bonn, Tel.: 0228 - 24999315, Fax: 0228 - 24999320, www.bagso.de


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